Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 02.08.2021, Az.: 11 ME 104/21

Abstandsgebot; Auswahlverfahren; Berufsfreiheit; Erlaubnis, glücksspielrechtliche; Mindestabstand; Schule

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
02.08.2021
Aktenzeichen
11 ME 104/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 70907
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 26.04.2021 - AZ: 1 B 8/21

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die vom niedersächsischen Gesetzgeber in § 10 a Abs. 3 bis 9 NGlüSpG eingeführten Regelungen genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen an ein sachgerechtes Auswahlverfahren für die Auflösung von Konkurrenzsituationen bei aufgrund des Abstandsgebots konkurrierenden Spielhallen.
2. Das in § 10 a Abs. 6 NGlüSpG normierte Auswahlkriterium des Abstands zu Schulen unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 1. Kammer - vom 26. April 2021 geändert.

Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat Erfolg.

Die Antragstellerin betreibt am Standort „D.“ im Stadtgebiet der Antragsgegnerin eine Spielhalle. Im baulichen Verbund dazu befindet sich eine von der E. - einer Schwestergesellschaft der Antragstellerin - betriebene Spielhalle. Gemeinsame Muttergesellschaft beider Gesellschaften ist die F.. In einem Abstand von unter 100 Meter zu der Spielhalle der Antragstellerin betreibt die Beigeladene am Standort „C-Straße“ eine Spielhalle.

Im Jahr 2016 stellten sowohl die Antragstellerin als auch ihre Schwestergesellschaft und die Beigeladene Anträge auf Erteilung einer ab dem 1. Juli 2017 neben der Genehmigung nach § 33 i Gewerbeordnung (GewO) notwendigen glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach dem Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) i.V.m. dem niedersächsischen Glücksspielgesetz (NGlüSpG). Die Antragsgegnerin führte zwischen den drei Spielhallen ein Auswahlverfahren mittels Losentscheidung durch. Dabei wurde die Spielhalle der Schwestergesellschaft der Antragstellerin als Siegerin gezogen. Der Antrag der Antragstellerin auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis wurde mit Bescheid vom 26. Augst 2016 abgelehnt. Auch die Beigeladene erhielt einen Ablehnungsbescheid.

Auf die von der Antragstellerin am 22. und 26. September 2016 erhobenen Klagen gegen den Ablehnungsbescheid vom 26. August 2016 und gegen die ihrer Schwestergesellschaft erteilte Erlaubnis hob das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 17. Mai 2017 (1 A 294/16) die angefochtenen Bescheide auf und verpflichtete die Antragsgegnerin, über den Antrag der Antragstellerin auf Erlaubniserteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht insbesondere an, dass die Auswahlentscheidung mittels Los rechtswidrig gewesen sei. Das Urteil ist seit dem 12. März 2021 rechtskräftig, nachdem die Antragsgegnerin und die Antragstellerin im Berufungsverfahren ihre Berufungen (teilweise) zurückgenommen bzw. das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben (11 LC 194/17). Den zwischenzeitlich gestellten Antrag der Antragstellerin, den Betrieb ihrer Spielhalle bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu dulden, lehnte der Senat mit Beschluss vom 21. November 2017 ab (11 MC 195/17).

Mit weiterem Bescheid vom 11. Mai 2017 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag der Antragstellerin auf Erteilung einer Härtefallerlaubnis ab. Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 29. Mai 2017 Klage, über die noch nicht entschieden worden ist (1 A 567/17).

Nachdem die Antragstellerin den Betrieb ihrer Spielhalle aufgrund der Ablehnungsentscheidungen zwischenzeitlich eingestellt hatte, erteilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin am 21. Dezember 2017 eine bis zum 31. Dezember 2018 befristete Erlaubnis. Der Senat hatte in einem Parallelverfahren die Entscheidungspraxis mittels Losverfahren für rechtswidrig erklärt. Die Antragstellerin nahm daraufhin den Betrieb ihrer Spielhalle wieder auf. Die glücksspielrechtliche Erlaubnis für ihre Spielhalle wurde bis zum 31. Oktober 2020 verlängert. Der Schwestergesellschaft der Antragstellerin wurde eine zuletzt bis zum 30. Juni 2021 befristete Erlaubnis zum Betrieb ihrer Spielhalle erteilt.

Am 28. Juli 2020 stellte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Wiederholung des Erlaubnisverfahrens, der von der Neufassung des NGlüSpG vorgesehen ist. Auch die Beigeladene beantragte die Wiederholung des Erlaubnisverfahrens. Die Antragsgegnerin wies die Antragstellerin mit Schreiben vom 15. September 2020 darauf hin, dass bei der Abstandskonkurrenz mit einer weiteren Spielhalle eine Auswahlentscheidung aufgrund der sog. Gebietsformel nach § 10 a Abs. 3 Satz 1 NGlüSpG nicht möglich sei, und bat um Mitteilung, ob Erklärungen nach § 10 a Abs. 4 und Abs. 5 NGlüSpG abgegeben werden. Die Beigeladene und die Antragstellerin gaben diese Erklärungen ab. In dem sich anschließenden Auswahlverfahren stellte die Antragsgegnerin fest, dass die Entfernung von berufsbildenden und allgemeinbildenden Schulen i.S.v. § 10 a Abs. 6 NGlüSpG - hier: der Drei-Religionen-Schule/Johannisgrundschule (G.) - zur Spielhalle der Beigeladenen 99,7 Meter und zur Spielhalle der Antragstellerin 88,6 Meter beträgt.

Mit Bescheid vom 28. Oktober 2020 lehnte die Antragsgegnerin die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis gegenüber der Antragstellerin ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf den Abstand zur Drei-Religionen-Schule/Johannisgrund-schule abgestellt, der bei der Beigeladenen größer sei. Da die Spielhalle der Antragstellerin näher an der Schule liege, sei die Erteilung der Erlaubnis ihr gegenüber zu versagen gewesen. Der Beigeladenen wurde mit Bescheid vom gleichen Tage eine Erlaubnis erteilt.

Gegen den Ablehnungsbescheid vom 28. Oktober 2020 hat die Antragstellerin am 27. November 2020 Klage erhoben (1 A 219/20). Außerdem hat sie am gleichen Tag Drittanfechtungsklage gegen die der Beigeladenen erteilte Erlaubnis erhoben (1 A 220/20). Über beide Klagen hat das Verwaltungsgericht noch nicht entschieden. Der Antragstellerin wurde eine Frist zur Schließung ihres Betriebes bis zum 31. Januar 2021 eingeräumt.

Auf den am 3. Februar 2021 gestellten Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Betrieb der Spielhalle der Antragstellerin vorläufig zu dulden, bis das Hauptsacheverfahren rechtskräftig abgeschlossen worden ist.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ist zulässig und begründet. Die von ihr vorgetragenen Beschwerdegründe führen zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat dem vorläufigen Rechtsschutzantrag der Antragstellerin zu Unrecht stattgegeben, weil die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat.

Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Duldungsanspruch nicht zu, weil sie keinen Anspruch auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb ihrer Spielhalle am streitgegenständlichen Standort hat.

Der Erteilung einer Erlaubnis an die Antragstellerin steht die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin entgegen, auf deren Grundlage der Beigeladenen eine glückspielrechtliche Erlaubnis erteilt wurde, und die voraussichtlich rechtmäßig ist.

1. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 des am 1. Juli 2021 in Kraft getretenen Staatsvertrages zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland vom 29. Oktober 2020 (Nds. GVBl. 2021, 134) - GlüStV 2021 -, der mit § 24 Abs. 1 Satz 1 des bis zum 30. Juni 2021 geltenden Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 (Nds. GVBl. 2012, 190, 196) - GlüStV - übereinstimmt, bedürfen die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis. Zwischen Spielhallen ist nach § 25 Abs. 1 GlüStV 2021 - wie bereits nach § 25 Abs. 1 GlüStV - ein Mindestabstand einzuhalten. Die Erteilung einer Erlaubnis für eine Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex untergebracht ist, ist gemäß § 25 Abs. 2 GlüStV 2021 - ebenso wie nach § 25 Abs. 2 GlüStV - ausgeschlossen (Verbundverbot). Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 des Niedersächsischen Glücksspielgesetzes vom 17. Dezember 2007 (Nds. GVBl. 2007, S. 756, zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. Juni 2021 mit Wirkung zum 19. Juni 2021, Nds. GVBl. 2021, S. 367, - NGlüSpG -) muss der Abstand zwischen Spielhallen mindestens 100 Meter betragen, wobei die kürzeste Verbindung (Luftlinie) zwischen den Spielhallen maßgeblich ist. Bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse können die Gemeinden nach § 10 Abs. 2 Satz 3 NGlüSpG für ihr Gebiet oder Teile davon durch Verordnung einen geringeren Mindestabstand von mindestens 50 Meter oder einen größeren Mindestabstand von bis zu 500 Meter festlegen. Eine entsprechende Verordnung ist vorliegend nicht erlassen worden, so dass die Spielhalle der Antragstellerin einen Mindestabstand von 100 Meter zu anderen Spielhallen einhalten muss. Die Spielhallen der Antragstellerin und der Beigeladenen stehen danach in Abstandskonkurrenz im Sinne des § 25 Abs. 1 GlüStV 2021 in Verbindung mit § 10 Abs. 2 Satz 1 NGlüSpG, da sie in einem Abstand von unter 100 Meter Luftlinie voneinander entfernt liegen.

Können wegen der Regelungen über den Mindestabstand nicht alle beantragten Erlaubnisse erteilt werden, kommen die am 1. Juni 2020 in Kraft getretenen Vorschriften der §§ 10 a ff. NGlüSpG (Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Glücksspielgesetzes v. 12.5.2020, Nds. GVBl. S. 121) zur Anwendung. Nach § 10 a Abs. 1 NGlüSpG entscheidet die zuständige Behörde über die Erteilung der Erlaubnis in einem Auswahlverfahren nach Maßgabe der Absätze 2 bis 9. Die Auswahlentscheidung ist nach § 10 a Abs. 3 Satz 1 NGlüSpG so zu treffen, dass für die größtmögliche Anzahl von Spielhallen Erlaubnisse erteilt werden können. Ist eine Entscheidung nach § 10 a Abs. 3 NGlüSpG nicht möglich, sind die Absätze 4 bis 8 anzuwenden, die jeweils ein Auswahlkriterium regeln. Ist nach den Absätzen 3 bis 8 eine Entscheidung nicht möglich ist, trifft die zuständige Behörde die Auswahlentscheidung nach weiteren sachlich gerechtfertigten Gründen (§ 10 a Abs. 9 NGlüSpG).

Gegen diese Regelungen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Das Abstandsgebot aus dem Glücksspielstaatsvertrag und das damit zusammenhängende Auswahlverfahren bei konkurrierenden Spielhallen nach § 10 a NGlüSpG und damit auch das streitige Auswahlkriterium nach § 10 a Abs. 6 NGlüSpG greifen in die Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. Die Tätigkeit als Betreiber einer Spielhalle stellt ein eigenständiges Berufsbild dar, in das die genannten Regelungen über die Zulassung und den Betrieb von Spielhallen eingreifen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017 - 1 BvR 1314/12 -, juris, Rn. 127 ff.).

Ein Eingriff in die Berufsfreiheit erfordert eine kompetenzgemäß erlassene gesetzliche Grundlage, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet (ständige Rspr.; vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.1.2016 - 1 BvL 6/13 -, juris, Rn. 47 ff.; Beschl. v. 14.1.2014 - 1 BvR 2998/11, 1 BvR 236/12 -, juris, Rn. 63 ff. und Beschl. v. 30. 11.2010 - 1 BvL 3/07 -, juris, Rn. 44 ff.). Reine Berufsausübungsbeschränkungen können grundsätzlich durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert werden, soweit Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen. Objektive und subjektive Berufswahlbeschränkungen sind dagegen nur zum Schutz überragender Gemeinwohlgüter zulässig (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.11.2010 - 1 BvL 3/07 -, juris, Rn. 45). Es ist vornehmlich Sache des Gesetzgebers, auf der Grundlage seiner wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele und unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Sachgebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will. Die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit fallen umso strenger aus, je mehr eine Regelung sich auf die Freiheit der Berufswahl auswirken kann. Wirkt eine auf die Berufsausübung zielende Regelung auf die Berufswahl zurück, weil sie in ihren Wirkungen einer Regelung der Berufswahl nahekommt, so ist ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung an den Anforderungen an Regelungen betreffend die Berufswahl zu messen (zum Vorstehenden: BVerwG, Urt. v. 16.12.2016 - 8 C 6/15 -, juris, Rn. 35 m.w.N.).

a. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass das in § 25 Abs. 1 GlüStV und § 10 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 NGlüSpG normierte Abstandsgebot verfassungsgemäß ist (vgl. Beschl. v. 5.9.2017 - 11 ME 169/17 -, juris, Rn. 8 ff.; siehe auch: Urt. v. 12.7.2018 - 11 LC 400/17 -, juris, Rn. 33 ff., 42 ff.).

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 7. März 2017 (- 1 BvR 1314/12 u.a. -, juris) festgestellt, dass das Abstandsgebot und das Verbot des Verbundes mehrerer Spielhallen mit dem Grundgesetz vereinbar sind und nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Zur Begründung hat das Bundesverfassungsgericht insbesondere ausgeführt, dass die Regelungen in Berlin und im Saarland zum Verbundverbot und zu den Abstandsgeboten den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG an eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung genügen. Die Regelungen dienten mit der Vermeidung und Abwehr der vom Glücksspiel in Spielhallen ausgehenden Suchtgefahren und dem Schutz von Kindern und Jugendlichen einem besonders wichtigen Gemeinwohlziel, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen, ihre Familien und die Gemeinschaft führen könne. Mit dem Verbundverbot und dem Abstandsgebot werde das Ziel der Spielsuchtbekämpfung durch eine Beschränkung des insgesamt verfügbaren Spielhallenangebots verfolgt (BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, a.a.O., juris, Rn. 131 ff.). Zweck des Abstandsgebots zu anderen Spielhallen sei die Herbeiführung einer Begrenzung der Spielhallendichte und damit eine Beschränkung des Gesamtangebots an Spielhallen. Diese Einschätzungen der Gesetzgeber seien nicht offensichtlich fehlerhaft. Das Verbundverbot und die Abstandsgebote seien konsequent am Ziel der Spielsuchtbekämpfung ausgerichtet, auch wenn Spielhallen, Spielbanken und Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt seien, unterschiedlichen Regelungen unterworfen seien. Die Gesetzgeber hätten im Rahmen des ihnen zustehenden und nur in begrenztem Umfang überprüfbaren Einschätzungs- und Prognosespielraums auch davon ausgehen dürfen, dass das Verbundverbot und die Abstandsgebote geeignete und erforderliche Mittel zur Bekämpfung der Spielsucht darstellten. Das Verbundverbot und die Abstandsgebote seien auch angemessen (BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, a.a.O., juris, Rn. 142 und Rn. 148 ff.). Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere der Eingriffe und dem Gewicht und der Dringlichkeit der sie rechtfertigenden Gründe wahrten die gesetzlichen Regelungen unter Berücksichtigung der weiteren einschränkenden Regelungen des Spielhallenrechts insgesamt die Grenze der Zumutbarkeit und belasteten die Betroffenen nicht übermäßig. Die Regelungen hätten zwar - gerade im Zusammenwirken mit bauplanungsrechtlichen Beschränkungen - eine deutliche Reduzierung der möglichen Spielhallenstandorte zur Folge und auch weitere Neuregelungen wirkten sich belastend aus. Die Gesamtbelastung lasse es möglich erscheinen, dass nicht nur in Einzelfällen Spielhallenbetreiber ihren Beruf aufgeben müssten, zumal die Zahl der attraktiven Standorte durch die Abstandsgebote stark beschränkt werde. Der verfolgte Hauptzweck der Bekämpfung und Verhinderung von Glücksspielsucht wiege jedoch besonders schwer, da es sich um ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel handele. Besonderes Gewicht bekomme dieses Ziel dadurch, dass nach maßgeblichen Studien vom Spiel an Geldspielgeräten die mit Abstand höchsten Suchtgefahren ausgingen. Für alle anderen relevanten Glücksspielformen habe bereits eine Begrenzung des Angebots in Form von Verboten, staatlichen Monopolen oder Konzessionsmodellen bestanden. Die Eigentumsfreiheit des Art. 14 Abs. 1 GG führe - soweit ihr Schutzbereich überhaupt eröffnet sei - hinsichtlich der beruflichen Nutzung des Eigentums jedenfalls nicht zu einem weitergehenden Schutz der Spielhallenbetreiber als die Berufsfreiheit (BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, a.a.O., juris, Rn. 169). Die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen bewirkten auch keine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Ungleichbehandlung von Spielhallenbetreibern gegenüber den Betreibern von Spielbanken und von Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt seien.

Der Senat hat sich diesen Ausführungen angeschlossen und dargelegt, dass die Begründung des Bundesverfassungsgerichts gleichermaßen für das niedersächsische Landesrecht gelte. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat zur weiteren Begründung auf seine Ausführungen in dem Beschluss vom 5. September 2017 (- 11 ME 169/17 -, juris, Rn. 13 ff., 15 f., siehe auch: Urt. v. 12.7.2018 - 11 LC 400/17 -, juris, Rn. 44). Diese Ausführungen gelten aufgrund der im Wortlaut unverändert gebliebenen maßgeblichen Regelungen zum Abstandsgebot in § 25 Abs. 1 GlüStV 2021 und § 10 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 NGlüSpG auch weiterhin.

b. Der niedersächsische Gesetzgeber hat mit den Regelungen in § 10 a Abs. 3 bis 9 NGlüSpG ein den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügendes sachgerechtes Auswahlverfahren für die Auflösung von Konkurrenzsituationen eingeführt.

Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 4.9.2017 - 11 ME 330/17 -, juris, Rn. 23 f.) steht dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum bei der Beurteilung der Frage zu, anhand welcher Kriterien und Maßstäbe eine Konkurrenzsituation bei Bestandsspielhallen aufgelöst werden soll und wie detailliert die Regelungen im Einzelnen ausfallen. Wie der Senat ausgeführt hat, ist nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. März 2017 (- 1 BvR 1314/12 - u.a., juris, Rn. 182 ff.) verfassungsrechtlich lediglich erforderlich, dass sich die wesentlichen Parameter der Auswahlentscheidung dem Gesetz entnehmen lassen. Bei der Auswahlentscheidung zwischen konkurrierenden Spielhallenbetreibern handelt es sich um eine komplexe Abwägungsentscheidung, bei der die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages und die grundrechtlichen Positionen der Spielhallenbetreiber in Einklang zu bringen sind. Das Bundesverfassungsgericht hat als wesentlichen Auswahlgrundsatz herausgestellt, dass die Auswahl anhand sachgerechter Kriterien vorzunehmen ist. Dabei bleibt es dem Landesgesetzgeber überlassen, wie detailliert er im Wege der Gesetz- oder Verordnungsgebung
oder auch mittels Verwaltungsvorschriften den zuständigen Behörden sachbezogene Auswahlkriterien für die Bewältigung von Konkurrenzsituationen an die Hand gibt (BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, juris, Rn. 185). Zudem ist der Gesetzgeber nicht gehindert, aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität im Rahmen seines Gestaltungsspielraums ein sachgerechtes Auswahlkriterium vorzusehen, das der Verwaltung die Bewältigung von schwierigen Konkurrenzsituationen möglichst effektiv, zeitnah und anwendungssicher ermöglicht (OVG Hamburg, Beschl. v. 20.10.2020 - 4 Bs 226/18 -, juris, Rn. 83). Daraus folgt, dass nicht nur ein bestimmtes Auswahlkriterium bzw. ein qualitativ oder quantitativ bestimmbares Bündel an Auswahlkriterien oder ein bestimmter Auswahlmechanismus verfassungskonform sein kann. Dementsprechend gibt es in den Bundesländern auch eine Vielzahl von unterschiedlich gestalteten Auswahlverfahren, die teilweise im Ermessen stehende Entscheidungen der Behörden ermöglichen bzw. bei der Auswahlentscheidung auf verschiedene, teils gewichtete Kriterien oder Kombinationen von Kriterien abstellen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 20.10.2020 - 4 Bs 226/18 -, juris, Rn. 99; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 10.3.2020 - 4 B 362/19 -, juris, Rn. 24 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24.7.2020 - OVG 1 N 77.19 -, juris, Rn. 6). Der Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ist für die Gerichte nur begrenzt auf das Vorliegen von Willkür bzw. der offensichtlichen Fehlsamkeit gesetzgeberischer Erwägungen hin überprüfbar (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017 - 1 BvR 1314/12 -, juris, Rn. 137; siehe auch: BVerfG, Beschl. v. 6.10.1987 - 1 BvR 1086/82 -, juris, Rn. 75; BVerfG, Beschl. v. 16.3.1971 - 1 BvR 52/66 -, juris, Rn. 67).

Die vom niedersächsischen Gesetzgeber getroffenen Regelungen zum Auswahlverfahren halten sich im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums. Er hat, wie nachfolgend dargestellt wird, ein Verfahren normiert, welches bestimmte Auswahlkriterien vorgibt, die in einer abgestuften Reihenfolge zu prüfen sind, und eine nach sachgerechten Kriterien zu treffende Auswahlentscheidung ermöglicht.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Hinblick auf die grundrechtlich geschützte Position der Spielhallenbetreiber als wesentlichen Auswahlgrundsatz herausgestellt, dass die zuständigen Behörden sich eines Verteilmechanismus bedienen, der die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität in dem relevanten Gebiet ermöglicht (Beschl. v. 7.3.2017 - 1 BvR 1314/12 -, juris, Rn. 185). Wie sich aus der Begründung zum Gesetzesentwurf (LT-Drs. 18/4945, S. 13 ff.) ergibt, hat der niedersächsische Gesetzgeber dieser sog. Gebietsformel durch § 10 a Abs. 3 NGlüSpG Vorrang eingeräumt und diese als erstes und damit wichtigstes Auswahlkriterium vorangestellt. Die nachfolgenden Kriterien in den Absätzen 4 bis 8 hat der niedersächsische Gesetzgeber bewusst abgestuft priorisiert. So hat er in Absatz 4 zunächst den Verzicht auf bestimmte Geldspielgeräte und in Absatz 5 das Rauchverbot in Spielhallen vorgesehen. Diese Regelungen hat er bewusst dem Abstand zu Schulen vorangestellt, damit die spielerschützenden Vorgaben in den Absätzen 4 und 5 von möglichst vielen Spielhallenbetreibern umgesetzt werden. Auch die nachfolgende Reihenfolge des Abstands zu Schulen in Absatz 6 vor dem Abstand zu Kinder- und Jugendeinrichtungen in Absatz 7 wurde bewusst gewählt, um eine rechtssichere und damit geeignetere Regelung zu treffen, welche auch die praktische Umsetzung vereinfachen soll. Der Abstand zu Alkohol anbietenden Gaststätten, der ebenso wie die Absätze 4 und 5 dem Spielerschutz dient, wurde erst nach Absatz 7 eingefügt, weil der Abstand zu Gaststätten nicht in der Hand des Spielhallenbetreibers liegt. Erst wenn die Kriterien in Absatz 3 bis 8 keine eindeutige Entscheidung ermöglichen, soll nach Absatz 9 die Auswahlentscheidung nach weiteren sachlich gerechtfertigten Kriterien getroffen werden, so dass Absatz 9 als Auffangregelung dient.

c. Der Landesgesetzgeber hat auch im Hinblick auf das hier maßgebende Auswahlkriterium des § 10 a Abs. 6 NGlüSpG die Grenzen des ihm zustehenden Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums nicht überschritten.

aa. Das in § 10 a Abs. 6 NGlüSpG normierte Auswahlkriterium des Abstandes zu Schulen unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Regelung dient einem legitimen Zweck (1). Das dazu gewählte Mittel ist aller Voraussicht nach geeignet (2) und erforderlich (3) sowie verhältnismäßig im engeren Sinne (4).

(1) Der Niedersächsische Gesetzgeber verfolgt mit dem Auswahlkriterium des Abstandes zu Schulen einen legitimen Zweck.

Nach der Begründung des Gesetzentwurfs dient der Abstand zu Schulen als Auswahlkriterium - ebenso wie die Mindestabstandsgebote in anderen Landesgesetzen - dem Schutz Jugendlicher, Heranwachsender und junger Erwachsener (Nds. Landtag, Drs. 18/4945, S. 15). Die Gewährleistung des Jugendschutzes ist nach § 1 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 GlüStV 2021 und § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 NGlüSpG ein gesetzgeberisches Ziel und damit ein legitimes Ziel des Gemeinwohls. Im Hinblick auf die bei Kindern und Jugendlichen bestehende höhere Beeindruckbarkeit kann der Gesetzgeber suchtpräventive Maßnahmen für besonders dringlich halten (BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017 - 1 BvR 1314/12 - u.a., juris, Rn. 139). Spielhallen üben einen „Reiz des Verbotenen“ aus, der gerade auf Kinder und Jugendliche anziehend wirkt (BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017 - 1 BvR 1314/12 - u.a., juris, Rn. 136). Mit der hier streitigen Regelung kann einer Gewöhnung von Kindern und Jugendlichen an die ständige Verfügbarkeit des Spielangebotes in Gestalt von Spielhallen in ihrem täglichen Lebensumfeld um Bildungseinrichtungen entgegengewirkt werden. Die Regelung dient der Suchtprävention durch einen Schutz von Kindern und Jugendlichen im Vorfeld des Betretens einer Spielhalle und der Teilnahme am Automatenspiel, welche schon nach § 6 Abs. 1 Jugendschutzgesetz (JuSchG) verboten sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016 - 8 C 6/15 -, juris, Rn. 59). Es liegt auf der Hand, dass es im Hinblick auf den Gewöhnungseffekt einen Unterschied macht, ob im Umfeld einer Schule eine oder mehrere Spielhallen vorhanden sind.

(2) Das Auswahlkriterium stellt ein geeignetes Mittel dar, um das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel der Spielsuchtprävention bei Minderjährigen zu verfolgen.

Eine Regelung ist zur Zweckerreichung geeignet, wenn mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann, wobei die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.4.1997 - 2 BvL 45/92 -, juris, Rn. 61 m.w.N.). Davon ist hier auszugehen. Der Abstand zwischen Spielhallen und von Kindern und Jugendlichen besuchten Einrichtungen ist ein geeignetes Kriterium, um die Konkurrenzsituation zwischen Spielhallen effektiv aufzulösen und die Spielhallendichte in der Umgebung von Schulen zu reduzieren. Mit größerer Entfernung zur Schule verringert sich die Möglichkeit für die Minderjährigen, Spielhallen als gewöhnliches Freizeitangebot für Erwachsene wahrzunehmen, und sich an das Vorhandensein von Spielhallen zu gewöhnen. Infolgedessen besteht zumindest die Möglichkeit, dass weniger Jugendliche mit Erreichen der Volljährigkeit eine Spielhalle verstärkt besuchen und spielsüchtig werden. Die Einschätzung des niedersächsischen Landesgesetzgebers, der Spielsucht müsse bei Minderjährigen in einem möglichst frühen Stadium (ab Grundschulalter) entgegengewirkt werden, überschreitet nicht den ihm zustehenden weiten Beurteilungsspielraum (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016 - 8 C 6/15 -, juris, Rn. 60).

(3) Die Regelung des § 10 a Abs. 6 NGlüSpG ist zur Erreichung der legitimen Ziele voraussichtlich auch erforderlich.

Mildere, aber gleich wirksame Mittel sind nicht erkennbar. Der niedersächsische Landesgesetzgeber durfte im Rahmen seines Einschätzungsspielraums annehmen, dass das Zutrittsverbot nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 NGlüSpG und die Beschränkung der äußeren Gestaltung nach § 10 f NGlüSpG nicht genügen, um den Spielhallen den „Reiz des Verbotenen" für Minderjährige zu nehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016 - 8 C 6/15 -, juris, Rn. 60). Beide Regelungen sind zwar milder, sie sind jedoch zur Verhinderung eines Gewöhnungseffekts für Minderjährige in ihrem alltäglichen Lebensumfeld nicht gleich wirksam.

(4) Das in § 10 a Abs. 6 NGlüSpG geregelte Auswahlkriterium ist schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne.

(a) Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe führt zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit grundsätzlich gewahrt ist.

Zwar hat die Anwendung der Regelung zur Folge, dass der im Auswahlverfahren wegen des geringeren Abstandes zu einer Schule unterlegene Spielhallenbetreiber seine Spielhalle am bisherigen Standort nicht weiter betreiben kann, so dass die damit einhergehenden Beeinträchtigungen für ihn intensiv sind. Dem steht jedoch die überragende Bedeutung gegenüber, die der Gesetzgeber der Bekämpfung und Prävention der Glücksspielsucht angesichts des gerade vom Spielhallenangebot ausgehenden hohen Suchtpotenzials beimessen durfte (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016 - 8 C 6/15 -, juris, Rn. 50). Die hohe Bedeutung dieser Allgemeininteressen überwiegt die Grundrechtsbeschränkung des Spielhallenbetreibers und macht diese zumutbar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Spielhallenbetreiber als Inhaber von bis zum 28. Oktober 2011 erteilten gültigen Erlaubnissen nach § 33 i GewO aufgrund der Übergangsregelung in § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV für fünf Jahre nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages und damit bis zum 30. Juni 2017 von dem Abstandsgebot freigestellt waren. Zudem sind die Auswirkungen der betreffenden Norm bezogen auf ihren gesamten räumlichen Geltungsbereich, hier also in Bezug auf das Land Niedersachsen, zu betrachten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016 - 8 C 6/15 -, juris, Rn. 36 f.). Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Auflösung der Konkurrenzsituationen in Niedersachsen anhand des streitigen Auswahlkriteriums absehbar zu einer Erschöpfung der Standortkapazität für Spielhallen im gesamten Geltungsbereich der betreffenden Regelung und damit zu einer faktischen Kontingentierung führen könnte.

(b) Die Regelung in § 10 a Abs. 6 NGlüSpG ist auch nicht deshalb offensichtlich fehlerhaft oder willkürlich getroffen worden, weil sie auf die Luftlinienentfernung zur Schule und nicht auf die Wegstrecke abstellt und Abweichungs- und Ausnahmemöglichkeiten nicht vorgesehen sind.

Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität im Rahmen seines Gestaltungsspielraums ein sachgerechtes Auswahlkriterium vorzusehen, das der Verwaltung die Bewältigung von schwierigen Konkurrenzsituationen möglichst effektiv, zeitnah und anwendungssicher ermöglicht (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 20.10.2020 - 4 Bs 226/18 -, juris, Rn. 83). Hier hat der Landesgesetzgeber auf Empfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung (Nds. LT-Drs. 18/6401, S. 4) davon abgesehen, den Abstand zu Schulen - wie im Gesetzesentwurf ursprünglich vorgesehen - anhand der Wegstrecke zu ermitteln, und die Messung anhand der Luftlinie festgelegt. Ausschlaggebend dafür war, dass die Messung anhand der Luftlinie verwaltungspraktisch einfacher ist, weil mit der Wegstrecke häufig Einzelfallbeurteilungen erforderlich sind (vgl. Schriftlicher Bericht, Nds. LT-Drs. 18/6450, S. 5). Damit hat der Landesgesetzgeber die Messmethode nach verwaltungspraktischen Erwägungen ausgewählt und bewusst darauf verzichtet, mit einer Messung nach der Wegstrecke Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls wie besondere örtliche Gegebenheiten zu berücksichtigen.

Der Landesgesetzgeber hat mit dieser Regelung nicht offensichtlich fehlerhaft oder willkürlich gehandelt.

Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass bei der Anwendung dieses Auswahlkriteriums unter Umständen sehr knappe Messunterschiede maßgebend dafür sein können, welche Spielhalle im Auswahlverfahren obsiegt. Der Festlegung von Grenz- oder Schwellenwerten ist es immanent, dass auch ein sehr knappes Über- oder Unterschreiten der festgelegten Werte die jeweils dafür geltenden Rechtsfolgen auslöst. Der Gesetzgeber kann sich im Rahmen seines Gestaltungsspielraums aus Gründen der Praktikabilität für derartige Grenzziehungen entscheiden.

Weiter mag es Einzelfälle geben, in denen es aufgrund von schwer überwindbaren Verkehrsschneisen und sonstigen Zugangshindernissen weniger wahrscheinlich ist, dass Minderjährige mit einer nach der Luftlinie näherliegenden Spielhalle konfrontiert werden als mit einer nach der Luftlinie weiter entfernten Spielhalle (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016 - 8 C 4/16 -, juris Rn. 23). Denn durch die Vermessung anhand der Luftlinie werden tatsächliche Hindernisse ebenso wenig abgebildet wie ortsübliche fußläufige Verbindungen, die typischerweise von den Minderjährigen auf dem Schulweg genutzt werden.

Auch unter Berücksichtigung des Gewichts des Jugendschutzes ist es jedoch verfassungsrechtlich nicht zwingend geboten, dass der Gesetzgeber dem im Einzelfall Rechnung trägt. Dem Normgeber verbleibt bei dem Ausgleich der betroffenen Rechtsgüter verfassungsrechtlich ein Gestaltungsspielraum. Dass der Landesgesetzgeber angesichts des gesetzgeberischen Ziels der wirksamen und effizienten Reduzierung der Spielhallendichte verwaltungspraktische Erwägungen in den Vordergrund gestellt und von Einzelfallprüfungen abgesehen hat, ist nicht willkürlich und überschreitet nicht die Grenzen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraum.

Die von dem Verwaltungsgericht angeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 16.12.2016 - 8 C 4/16 - und Urt. v. 16.12.2016 - 8 C 6/15 -, jeweils juris) führen zu keinem anderen Ergebnis. Entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung lässt sich diesen Urteilen nicht entnehmen, dass eine Regelung für die Auswahlentscheidung von aufzulösenden Konkurrenzsituationen nur dann verhältnismäßig wäre, wenn ein Ermessen, die Einzelfallberücksichtigung und/oder die Berücksichtigung weiterer sachlicher Gründe normiert ist.

Die genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts sind u.a. zu Mindestabstandsregelungen in den Ländern Rheinland-Pfalz und Berlin ergangen, mit denen Mindestabstände zwischen Spielhallen und Einrichtungen für Minderjährige festgelegt worden sind. Diese Regelungen betreffen die für alle Spielhallenbetreiber geltenden Voraussetzungen für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis und nicht - wie im vorliegenden Fall - Kriterien, die in einem Auswahlverfahren der Auflösung von Konkurrenzsituationen dienen. Dass nach den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts die Zumutbarkeit der Mindestabstandsregelungen auch durch die Möglichkeit der Erlaubnisbehörde gewahrt wird, Ausnahmen zuzulassen (Urt. v. 16.12.2016 - 8 C 4/16 -, juris, Rn. 23), bzw. die Verhältnismäßigkeit der Soll-Vorschrift auch dadurch gesichert wird, dass von ihr in atypischen Fällen abgewichen werden muss (Urt. v. 16.12.2016 - 8 C 6/15 -, juris, Rn. 60), ist daher nicht ohne Weiteres auf den vorliegenden Fall übertragbar, in dem es um die Auflösung von Abstandskonkurrenzen aufgrund des - verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden (vgl. dazu unter 2.c.aa) - Mindestabstandsgebots zwischen Spielhallen geht und der für ein Auswahlverfahren geltende Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers maßgeblich ist. Wie vorstehend dargelegt worden ist, gibt es eine Vielzahl von unterschiedlich gestalteten Auswahlverfahren, die verfassungskonform sein können. Dazu gehört auch das in Niedersachsen normierte Auswahlverfahren mit dem hier streitigen Auswahlkriterium aus § 10 a Abs. 6 NGlüSpG, bei dem der Landesgesetzgeber in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise aus Gründen der wirksamen und effizienten Reduzierung der Spielhallendichte auf eine Einzelfallprüfung verzichtet hat.

2. Die von der Antragsgegnerin durchgeführte streitgegenständliche Auswahlentscheidung ist danach rechtmäßig ergangen.

Das bereits im Jahr 2016 mittels Losentscheid durchgeführte Auswahlverfahren ist in zulässiger Weise wiederholt worden. Nach § 10 c Abs. 1 Satz 1 NGlüSpG ist auf Antrag des Betreibers einer Spielhalle, für die bis zum 31. Mai 2020 eine Auswahlentscheidung im Losverfahren getroffen wurde, das Erlaubnisverfahren nach Maßgabe des § 10 c Abs. 2 bis 5 NGlüSpG sowie des § 10 a NGlüSpG zu wiederholen. Der Antrag auf Wiederholung des Erlaubnisverfahrens konnte bis zum Ablauf des 31. Juli 2020 gestellt werden (§ 10 c Abs. 2 NGlüSpG). Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für die erneute Durchführung eines Erlaubnisverfahrens nach § 10 c Abs. 2 bis Abs. 5 NGlüSpG erfüllt. Zwischen den Spielhallen der Antragstellerin und der Beigeladenen wurde am 11. August 2016 und damit bis zum 31. Mai 2020 eine Auswahlentscheidung durch Losverfahren getroffen (§ 10 c Abs. 1 Satz 1 NGlüSpG) und beide Betreiber haben fristgemäß bis zum Ablauf des 31. Juli 2020 einen Antrag auf Wiederholung des Erlaubnisverfahrens gestellt.

Im vorliegenden Fall war eine Auswahlentscheidung nach § 10 a Abs. 3 bis 5 NGlüSpG nicht möglich, da eine Entscheidung nach der sog. Gebietsformel (§ 10 a Abs. 3 Satz 1 NGlüSpG) aufgrund der Beteiligung von nur zwei Spielhallen nicht in Betracht kam und sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene erklärt haben, auf die Aufstellung von Geldspielgeräten im Sinne des § 33 c GewO in einer Gruppe zu verzichten (§ 10 a Abs. 4 NGlüSpG) und das Rauchen in der Spielhalle zu verbieten (§ 10 a Abs. 5 NGlüSpG). In einem solchen Fall ist nach § 10 a Abs. 6 NGlüSpG bei Konkurrenz einzelner Spielhallen die Spielhalle auszuwählen, die am weitesten von berufsbildenden Schulen und allgemeinbildenden Schulen mit Ausnahme des Abendgymnasiums und des Kollegs entfernt liegt, gemessen zwischen der der Spielhalle nächstgelegenen Grundstücksgrenze des Schulgrundstücks und der Spielhalle. Maßgeblich ist die Luftlinie, wobei Schulen, die von einer Spielhalle mehr als 500 Meter entfernt liegen, gemäß § 10 a Abs. 6 Satz 2 NGlüSpG unberücksichtigt bleiben. Insofern hat die Antragsgegnerin zu Recht den Abstand der Spielhallen der Antragstellerin und der Beigeladenen zu der Drei-Religionen-Schule/Johannisgrundschule (G.) als maßgebend angesehen. Die Spielhalle der Beigeladenen ist danach weiter von der Drei-Religionen-Schule/Johannisgrundschule entfernt als die Spielhalle der Antragstellerin. Wie sich aus den beigezogenen Verwaltungsvorgängen der Antragsgegnerin ergibt, beträgt der Abstand zur Spielhalle der Beigeladenen 99,7 Meter und zur Spielhalle der Antragstellerin 88,6 Meter. Einer internen E-Mail vom 19. Oktober 2020 ist zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin bei der Messung die Entfernung zwischen der der Spielhalle nächstgelegenen Grundstücksgrenze des Schulgrundstücks und der konzessionierten Spielhallenfläche berücksichtigt hat (Beiakte 001, Bl. 41). Gemessen wurde die Luftlinie zwischen den so ermittelten Messpunkten (Beiakte 001, Bl. 45). Aus den dargelegten Gründen bewegt sich das Ergebnis der Auswahlentscheidung innerhalb des von der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers umfassten Rahmens.

Die verfassungsrechtlich gebotene Grenze der Zumutbarkeit wird auch im vorliegenden Einzelfall nicht überschritten. Die Antragstellerin war als Inhaberin einer bis zum 28. Oktober 2011 erteilten gültigen Erlaubnis nach § 33 i GewO aufgrund der Übergangsregelung in § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV bis zum 30. Juni 2017 von dem Abstandsgebot freigestellt. Zudem steht ihr die Möglichkeit offen, mit dem Betrieb der Spielhalle auf einen anderen Standort auszuweichen. Dass dies mit finanziellen Nachteilen für die Antragstellerin verbunden sein kann, führt nicht zur Unzumutbarkeit.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil sich die Beigeladene nicht am Verfahren beteiligt hat.