Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 03.03.2000, Az.: 12 L 778/00
Abschiebungshindernisse; Abschiebungsschutz; Asylrecht; Kosovo; Roma
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 03.03.2000
- Aktenzeichen
- 12 L 778/00
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2000, 41544
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - AZ: 5 A 168/99
Rechtsgrundlagen
- § 51 Abs 1 AuslG
- § 53 AuslG
- Art 16a GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Aus dem Kosovo stammenden Angehörigen der Bevölkerungsgruppe der Roma ist in der Regel Asyl und Abschiebungsschutz nicht zu gewähren, ihrer Abschiebung stehen in der Regel Abschiebungshindernisse nicht entgegen.
Gründe
Der Antrag, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg, die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist entgegen § 74 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG nicht hinreichend dargelegt.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur dann im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG zu, wenn sie in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht eine Frage aufwirft, die im Berufungsrechtszug entscheidungserheblich ist und die im Interesse der Rechtseinheit geklärt werden muss. Der Zulassungsantrag muss eine konkrete Frage aufwerfen, deren Entscheidungserheblichkeit erkennen lassen und (zumindest) einen Hinweis auf den Grund enthalten, der das Vorliegen der grundsätzlichen Bedeutung rechtfertigen soll (vgl. Berlit, in: GK-AsylVfG, Stand: Dez. 1998, RdNrn. 96 ff. zu § 78 AsylVfG m.w.N.). Wird im Rahmen eines Zulassungsgrundes nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG - wie hier - geltend gemacht, Tatsachenfragen müssten grundsätzlich geklärt werden, reicht es für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nicht aus, wenn lediglich Zweifel an der dem erstinstanzlichen Urteil zugrunde gelegten Tatsachenbasis und der Würdigung der Erkenntnismittel durch das Verwaltungsgericht geäußert werden oder die bloße Behauptung aufgestellt wird, dass sich die für die Verfolgungsprognose maßgeblichen Verhältnisse anders darstellten als vom Verwaltungsgericht angenommen; vielmehr bedarf es der Angabe konkreter Anhaltspunkte dafür, dass die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen - etwa im Hinblick auf hierzu vorliegende gegensätzliche Auskünfte und Erkenntnismittel - einer unterschiedlichen Würdigung und damit einer Klärung im Berufungsverfahren zugänglich sind. Der Zulassungsantrag muss sich daher mit den Gründen des angefochtenen Urteils im Einzelnen auseinandersetzen und erkennen lassen, dass er auf einer Sichtung und Durchdringung des Streitstoffes aufbaut (st. Rechtsprechung des beschließenden Senats, s. z.B. die Beschlüsse v. 18.6.1996 - 12 L 3464/96 - u. v. 8.1.1999 - 12 L 185/99; s. auch BVerfG, 1. Kammer des Zweiten Senats, Beschl. v. 7.11.1994 - 2 BvR 2079/93 -, NVwZ-Beilage Nr. 3/1995, 17 m.w.Nachw.).
Diesem Maßstab wird der Zulassungsantrag nicht gerecht, da seine Erwägungen sich als nicht erheblich darstellen. Der Zulassungsantrag kreist um die Frage, ob den Angehörigen der Bevölkerungsgruppe der Roma eine Rückkehr in den Kosovo zuzumuten ist, indessen hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung - tragend - darauf gestützt, der Kläger der vor seiner Ausreise in Serbien gelebt habe (außerhalb des Kosovo), könne dorthin zurückkehren (auf die Frage der Rückkehr nach Serbien geht der Zulassungsantrag nur in einem anderen rechtlichen Zusammenhang (Bestehen einer "inländischen Fluchtalternative" im Rahmen des § 53 AuslG) und damit nur indirekt ein). Die weiteren Erwägungen des Verwaltungsgerichts dazu, wie zu entscheiden wäre, wenn der Kläger entgegen der Bewertung des Verwaltungsgerichts vor seiner Ausreise im Kosovo gelebt hatte, sind die Entscheidung nicht tragende Hilfserwägungen.
Der Zulassungsantrag wäre aber auch dann nicht durchgreifend, wenn der Kläger in den Kosovo zurückkehren müsste. Insoweit misst der Zulassungsantrag - zunächst - der Frage grundsätzliche Bedeutung zu, "ob die Übergriffe im Kosovo auf die Roma größtenteils von der UCK organisiert sind und deshalb eine politische Verfolgung" darstellten. Insoweit ist der Zulassungsantrag unzulänglich, weil er sich damit begnügt, seine Sicht der Verhältnisse im Kosovo zu vermitteln, indessen nicht die rechtlichen Voraussetzungen anspricht, unter der die aufgezeichnete Frage eingeordnet werden muss.
Davon abgesehen kommt der Frage - richtig betrachtet - grundsätzliche Bedeutung nicht zu, weil sie in der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 24.2.2000 - 12 L 748/99 u.a. -) geklärt ist.
Wie das Verwaltungsgericht festgehalten hat, ist dem Kläger wegen seiner Einreise auf dem Landwege Asyl nach Art. 16a Abs. 1 GG nicht zu gewähren (hierzu schweigt der Zulassungsantrag).
Zur Gewährung von Abschiebungsschutz hat der Senat in seinem Urteil vom 24. Februar 2000 (12 L 748/99) ausgeführt:
"Nach § 51 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Die Voraussetzungen der genannten Vorschrift sind mit Art. 16a GG deckungsgleich, soweit es die Verfolgungshandlung, das geschützte Rechtsgut und den politischen Charakter der Verfolgung betrifft. Sie führen auch hinsichtlich der Frage, ob die Gefahr politischer Verfolgung droht, zu keinen unterschiedlichen Ergebnissen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.1.1994 - BVerwG C 48.92 -, DVBl. 1994, 531 [BVerwG 18.01.1994 - BVerwG 9 C 48/92]; Urt. v. 10.5.1994 - BVerwG 9 C 501.93 -, DVBl. 1994, 940).
Gemäß Art. 16a Abs. 1 GG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetztes vom 28. Juni 1993 (BGBl. I S. 1002) genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Das Individualgrundrecht auf Asyl kann in Anspruch nehmen, wer politische Verfolgung erlitten hat, weil ihm in Anknüpfung an die politische Überzeugung, die religiöse Grundentscheidung oder andere unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen - dazu rechnen etwa auch ethnische Herkunft oder Volkszugehörigkeit -, gezielt intensive und ihn aus der übergreifenden Friedensordnung des Staates ausgrenzende Rechtsverletzungen zugefügt worden sind oder unmittelbar gedroht haben (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989 - 2 BvR 502, 1000, 961/86 -, BVerfGE 80, 315, 333, 335). Dem Asylgrundrecht liegt dabei die von der Achtung der Unverletzlichkeit der Menschenwürde bestimmte Überzeugung zugrunde, dass kein Staat das Recht hat, Leib, Leben oder die persönliche Freiheit des Einzelnen aus Gründen zu gefährden oder zu verletzen, die in diesen asylerheblichen Merkmalen liegen (BVerfG, Beschl. v. 4.2.1959 - 1 BvR 193/57 -, BVerfGE 9, 174, 180; Beschl. v. 2.7.1980 - 1 BvR 147, 181, 182/90 -, BVerfGE 54, 351, 356 f, 358; Beschl. v. 1.7.1987 - 2 BvR 478, 962/86, BVerfGE 76, 143, 157 f, 169).
Nach dem normativen Leitbild des Grundrechts ist typischerweise asylberechtigt, wer aufgrund - erlittener oder unmittelbar drohender - politischer Verfolgung gezwungen ist, sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz und Zuflucht zu suchen. Nach diesem Leitbild gelten für die Beurteilung, ob ein Asylsuchender politisch Verfolgter ist, unterschiedliche Maßstäbe, je nach dem, ob er seinen Heimatstaat auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen hat oder ob er unverfolgt in die Bundesrepublik Deutschland gekommen ist und für sein Asylbegehren auf Umstände verweist, die erst während seines Hierseins entstanden sind oder deren erst künftiges Entstehen er besorgt. Ist ein Asylsuchender wegen bestehender oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung ausgereist, so ist er asylberechtigt, es sei denn, er kann - wegen veränderter Umstände - in seinem eigenen Staat wieder Schutz finden. Ist die - fluchtauslösende - Verfolgungsgefahr zwischenzeitlich beendet oder haben sich die Umstände zwischenzeitlich verändert, scheidet eine Asylanerkennung dann, aber erst dann aus, wenn die Gefahr, erneut mit Verfolgungsmaßnahmen überzogen zu werden, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist (vgl. BVerfG, aaO). Bestehen an der Sicherheit des Asylbewerbers vor abermals einsetzender Verfolgung oder Rückkehr in den Heimatstaat ernstliche Zweifel, ist er anzuerkennen; insoweit gilt für die Prognose bei einer drohenden Verfolgung im Falle der Rückkehr bei vorverfolgt ausgereisten Asylbewerbern ein herabgestufter Wahrscheinlichkeitsmaßstab (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.9.1984 - BVerwG 9 C 17.84 -, BVerwGE 70, 169).
Wer nur von regionaler politischer Verfolgung betroffen ist, ist erst dann politisch Verfolgter im Sinne von Art. 16a GG, wenn er dadurch landesweit in eine ausweglose Lage versetzt wird. Das ist der Fall, wenn er in anderen Teilen seines Heimatstaates eine zumutbare Zuflucht nicht finden kann (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989, aaO - inländische Fluchtalternative -). Eine inländische Fluchtalternative besteht in anderen Landesteilen, wenn der Betroffene dort nicht in eine ausweglose Lage gerät. Das setzt voraus, dass er in den in Betracht kommenden Gebieten vor politischer Verfolgung hinreichend sicher ist und ihm dort auch jedenfalls keine anderen Nachteile und Gefahren drohen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer asylerheblichen Rechtsgutbeeinträchtigung aus politischen Gründen gleichkommen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989, aaO), sofern diese existenzielle Gefährdung am Herkunftsort - ohne die dortige Verfolgung - so nicht bestünde. Eine inländische Fluchtalternative besteht auch für den Ausländer, der sein Heimatland verfolgt verlassen hat, nunmehr aber in einem Teil seines Heimatlandes vor politischer Verfolgung hinreichend sicher ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.12.1998 - BVerwG 9 C 17.98 -, BVerwGE 108, 84); denn auch dieser Asylbewerber bedarf nach dem aufgezeigten Maßstab des Schutzes und der Zuflucht vor politischer Verfolgung im Ausland nicht.
Die Grundsätze über die inländische Fluchtalternative sind auch dann anzuwenden, wenn der Verfolgerstaat in einer Region seine Gebietsgewalt vorübergehend faktisch verloren hat (vgl. BVerwG, aaO). Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht (Beschl. v. 10.7.1989, aaO) die Rechtsfigur der inländischen Fluchtalternative am Beispiel eines "mehrgesichtigen" Staates entwickelt, der in einem Landesteil selbst als Verfolger auftritt oder Verfolgung durch Dritte geschehen lässt, gleichzeitig aber in anderen Landesteilen weder verfolgt noch Übergriffe Dritter duldet. Diese Überlegungen gelten nach dem Grundsatz der Subsidiarität des Asylrechtes auch, wenn der Verfolgerstaat in einem Gebiet faktisch seine Gebietsgewalt verloren hat. Dieser für das Asylrecht nach dem Grundgesetz geltende Grundsatz der Subsidiarität liegt auch Art. 1 A Nr. 2 Abs. 2 GK zugrunde (BVerwG, Urt. v. 6.8.1996 - BVerwG 9 C 172.95 -, BVerwGE 101, 328). Es ist dann dem in seinem Heimatstaat Verfolgten grundsätzlich zuzumuten, in faktisch verfolgungsfreie Gebiete seines Heimatstaates auszuweichen, bevor er asylrechtlichen Schutz im Ausland sucht. In Gebieten, in denen der Verfolgerstaat seine effektive Gebiets- und Verfolgungsmacht verloren hat, kann (erneute) politische Verfolgung durch denselben Verfolger regelmäßig nicht stattfinden, der Betroffene also auf absehbare Zeit verfolgungsfrei leben. Er bedarf deshalb des asylrechtlichen Schutzes vor dem Verfolger im Ausland nicht (BVerwG, aaO).
Diese Grundsätze gelten auch im Rahmen von § 51 Abs. 1 AuslG (BVerwG, Urt. v. 5.10.1999 - BVerwG 9 C 15.99 -, Asylmagazin 1999, 32); demnach schließt das Bestehen einer inländischen Fluchtalternative die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG aus.
Diese Überlegungen werden durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gießen (Urt. v. 1.9.1999 - 9 E 31706/94.A -, Asylmagazin 1999, 21, 26) nicht erschüttert. Das Verwaltungsgericht Gießen meint, die Rechtsfolgen der Asylberechtigung nach Art. 16a Abs. 1 GG und der Feststellung nach § 51 AuslG seien im Wesentlichen ungleich, woraus sich ergebe, dass auch die Voraussetzungen dieser Rechtsfolgen wesentliche Unterschiede aufweisen müssten. Das trifft indessen nicht zu (ebenso HessVGH, Beschl. v. 15.2.2000 - 7 UE 3645/99.A.), da sich zum einen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und des Art. 16a Abs. 1 GG nur in dem eben beschriebenen Umfang entsprechen - hierauf geht das Verwaltungsgericht nicht ein - und weil bei nur einem Teil übereinstimmender Voraussetzungen die Schlussfolgerung denkgesetzlich unzulässig ist, dass bei unterschiedlichen Rechtsfolgen a l l e Voraussetzungen für diese Rechtsfolgen auch verschieden sein müssten. Auch der Sache nach ist die vom Verwaltungsgericht Gießen gewünschte Unterscheidung nicht geboten. Kann ein Ausländer in Teile seine Heimatlandes zurückkehren, in denen er vor - abermaliger - Verfolgung hinreichend sicher ist, bedarf er nicht des Schutzes nach § 51 Abs. 1 AuslG (zur Frage des Rückkehrweges siehe die noch folgenden Erwägungen zur Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung).
Bei der erforderlichen Prognose - ob politische Verfolgung droht - ist der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzuwenden. Der sog. herabgestufte Maßstab gilt, wenn zu prüfen ist, ob einem vorverfolgten Ausländer die Rückkehr in sein Heimatland zuzumuten ist.
Dieser Maßstab verlangt, dass ein Ausländer hinreichend sicher vor (erneuter) Verfolgung ist. Dem Ausländer ist Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG auch dann zu gewähren, wenn die fluchtbegründenden Umstände zwar entfallen sind, eine Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen aber nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989, aaO; BVerwG, Urt. v. 25.9.1984 - BVerwG 9 C 17.84 -, BVerwGE 70, 169). Allerdings genügt bei dem herabgestuften Maßstab nicht bereits die geringe Möglichkeit eines Verfolgungseintritts, also nicht jeder - auch nur entfernt liegende - Zweifel an der künftigen Sicherheit des Rückkehrers. Vielmehr müssen an seiner Sicherheit zumindest ernsthafte Zweifel bestehen, weshalb auch nicht vorausgesetzt werden kann, dass die dem Rückkehrer drohenden Gefahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können.
Insoweit vertritt der Senat nicht die Auffassung des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Urt. v. 30.9.1999 - 7 A 13272/94 A. OVG), bei einer vollständigen Änderung der Machtverhältnisse gelte auch bei einem Vorverfolgten der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit; denn diese Auffassung vernachlässigt den Aspekt, dass der Kosovo noch Bestandteil Jugoslawiens/Serbiens ist (staatsrechtlich/völkerrechtlich; vgl. hierzu auch: BVerwG, Urt. v. 18.2.1997 - BVerwG 9 C 9.96 -, BVerwGE 104, 97; Urt. v. 6.8.1996 - BVerwG 9 C 172.95 -, BVerwGE 101,328). Letztlich kann diese Frage offen bleiben, wenn auch die Anwendung des herabgestuften Maßstabes zu keinem anderen Ergebnis führt. Es ist daher - über eine "theoretische" Möglichkeit hinaus, Opfer eines Übergriffs zu werden - erforderlich, dass objektive Anhaltspunkte einen Übergriff als nicht ganz entfernt und damit durchaus als "reale Möglichkeit erscheinen lassen" (BVerwG, Urt. v. 8.9.1992 - BVerwG 9 C 62.91 -, NVwZ 1991, 191; Beschl. v. 10.7.1995 - BVerwG 9 B 18.95 -, InfAuslR 1996, 29). Bezogen auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) ist eine Prognose über einen in der Zukunft gerichteten absehbaren Zeitraum anzustellen (BVerwG, Beschl. v. 31.3.1981 - BVerwG 9 C 286.80,- EZAR 200 Nr. 3; Urt. v. 18.10.1983 - BVerwG 9 C 158.80 -, BVerwGE 68, 106; Urt. v. 8.12.1998, aaO, Urt. v. 5.10.1999, aaO). Diese Prognose hat eine überschaubare Zeit zu erfassen, hinreichende Sicherheit vor (abermaliger) Verfolgung ist nicht dann bereits anzunehmen, wenn bezogen auf den maßgebenden Zeitpunkt gegenwärtig oder unmittelbar bevorstehend Verfolgungsmaßnahmen ausgeschlossen werden können; hinreichende Sicherheit ist aber dann gegeben, wenn bei einer auf absehbare Zeit ausgerichteten Zukunftsprognose nicht ernsthaft mit abschiebungsschutzrechtlich relevanten Maßnahmen gerechnet werden muss. Hierbei sind alle festgestellten Umstände zu gewichten, gegeneinander abzuwägen und hinsichtlich ihrer Bedeutung zu bewerten."
Hiernach üben Organe des jugoslawischen oder serbischen Staates im Kosovo effektive Gebietsgewalt nicht mehr aus. Dazu hat der Senat in dem erwähnten Urteil weiterhin ausgeführt:
"Diese Einschätzung folgt auch - die Entscheidung insoweit selbständig tragend - aus dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8. Dezember 1999, Lageübersicht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von Oktober 1999 und den Stellungnahmen der Gesellschaft für bedrohte Völker und des UNHCR vom 17. August 1999 sowie 2. und 9. Dezember 1999. Allerdings ist der Kosovo völkerrechtlich weiterhin Teil der Bundesrepublik Jugoslawien und ein Teil der Republik Serbien, faktisch üben jedoch die Organe dieser Staaten im Kosovo Regierungsgewalt nicht aus. Nachdem die jugoslawische Staatsführung den G 8-Friedensplan angenommen hat, verabschiedete am 10. Juni 1999 der UNO-Sicherheitsrat die Kosovo-Friedensresolution (UN-Resolution Nr. 1244 (1999), AdG 1999, 43587/A v. 20.6.1999), die u.a. eine internationale Sicherheitspräsenz im Kosovo (KFOR) vorsieht, deren Fortsetzung über den Juni 2000 beabsichtigt ist und nur deren Abbruch einer Entscheidung des UN-Sicherheitsrates bedarf, die angesichts der Mehrheitsverhältnisse und des Vetorechts der Vereinigten Staaten von Nordamerika, des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland und der Republik Frankreich nicht zu erwarten ist. Bis zum 20. Juni 1999 sind alle serbischen bzw. jugoslawischen Truppen, sonderpolizeilichen Einheiten und paramilitärischen Gruppen, sowie die serbischen Bediensteten der Ordnungskräfte und Behörden aus dem Kosovo abgezogen (FAZ v. 27.7.1999). Auch wenn es Auseinandersetzungen zwischen der albanischen und der im Kosovo verbliebenen serbischen Bevölkerungsgruppe gibt (SZ v. 25.6.1999, FAZ v. 22.2.2000) und Angehörige dieser Bevölkerungsgruppe - etwa in Mitrovica - teilweise noch über Waffen verfügen (UNHCR, Kosovo Humanitarian Update Nr. 21 v. 11.2.2000), kann nicht die Rede davon sein, dass serbische oder jugoslawische Behörden im Kosovo noch Staatsgewalt ausübten. Das wäre auch dann zu verneinen, wenn es noch vereinzelnde Angehörige von paramilitärischen Gruppen geben sollte, die sich noch - an versteckten Orten - im Kosovo aufhalten (HAZ v. 22. u. 23.2.2000). Eine solche geringe Präsenz von Angehörigen der paramilitärischen serbischen Einheiten würde nicht dazu führen, dass angesichts der Stärke und der Präsenz der KFOR-Truppen und der internationalen Polizeikräfte (vgl. Lagebericht des AA v. 8.12.1999) noch serbische (jugoslawische) Staatsgewalt ausgeübt würde.
Die hinreichende Sicherheit vor abermaliger politischer Verfolgung besteht für die albanische Bevölkerungsgruppe für den im Rahmen der Prognose erforderlichen absehbaren Zeitraum.
Diese Auffassung teilen die Oberverwaltungsgerichte/Verwaltungsgerichtshöfe, die sich bisher mit diesem Problemkreis befasst haben (vgl. HessVGH, Beschl. v. 15.2.2000 - 7 UE 3645/99.A -, OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 16.12.1999 - 3 L 51/98 -, OVG Nordrhein-Westfalen, zuletzt: Urt. v. 10.12.1999 - 14 A 3768/94.A und ständige Rechtsprechung -, OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8.12.1999 - 7 A 12268/95.OVG -, Thüringisches OVG, Urt. v. 11.11.1999 - 3 K 199/96 -; OVG Saarland, Urt. v. 20.9.1999 - 3 R 29/99 -; Schleswig-Holsteinisches OVG, Beschl. v. 13.9.99 - 3 L 66/99 -; BayVGH, Beschl. v. 2.9.1999 - 19 B 96.30006 -, OVG der Freien Hansestadt Bremen, Beschl. v. 1.9.1999 - OVG 2 A 1999/97.A -; OVG Frankfurt/Oder, Beschl. v. 24.6.1999 - 4 A 157/96.A -. In Berufungszulassungsverfahren (Beschlüsse v. 10.1.2000 - 12 L 1630/99 u.a. -) hat sich der Senat diese Auffassung bereits zu eigen gemacht.
Die internationale Sicherheitspräsenz und eine im Aufbau befindliche "internationale zivile Präsenz" sind zunächst für ein Jahr vorgesehen mit der Maßgabe, dass dieser Zeitraum verlängert wird, wenn der UN-Sicherheitsrat nichts anderes beschließt, wofür für eine überschaubare Zeit Anhaltspunkte nicht vorliegen. Nur einige Hunderte jugoslawische und serbische Staatsbedienstete werden hiernach in den Kosovo zurückkehren dürfen, um sachlich und örtlich begrenzte Aufgaben bei den UN-Institutionen, bei der Markierung und Räumung von Minen, bei Städten des serbischen Kulturerbes oder an wichtigen Grenzübergängen wahrzunehmen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die KFOR und die internationale zivile Verwaltung (UNMIK) den Kosovo vorzeitig verlassen und serbischen oder serbisch dominierten jugoslawischen Kräften eine Wiederholung früherer Verfolgungen der albanischen Bevölkerung ermöglichen werden. Der Bundesrepublik Jugoslawien und der Republik Serbien fehlen auf absehbare Zeit die Fähigkeit, diese Verhältnisse zu ändern, selbst wenn angenommen werden sollte, sie hätten ihre Ziele im Kosovo nicht aufgegeben. Angesichts der Anwesenheit der KFOR-Truppen ist eine gewaltsame Aktion jugoslawischer oder serbischer Sicherheitskräfte im Kosovo auszuschließen. Wegen dieser Kräfteverhältnisse sind auch Äußerungen einzelner jugoslawischer Vertreter ohne Bedeutung, die eine "Rückeroberung des Kosovos" androhen (vgl. NZZ v. 9.9.1999 u. FR v. 28.12.1999, FAZ v. 22.2.2000). So schließt auch der KFOR-Kommandeur - der deutsche General Reinhardt - aus, dass die KFOR-Truppen vor einer Anwesenheit von mindestens fünf Jahren das Kosovo wieder verlassen (dpa v. 12.9.1999). Soweit der Kläger demgegenüber einwendet, die erforderliche Prognose dürfe sich nicht nur auf einen überschaubaren Zeitraum erstrecken, sondern müsse vielmehr - habe ein Ausländer bereits politische Verfolgung erlitten - jedenfalls die mutmaßliche Lebenszeit des Ausländers umfassen, überzeugt das nicht. Ihrer Eigenart nach sind Prognosen nur für einen überschaubaren Zeitraum möglich, es ist ausgeschlossen - je nach dem Lebensalter eines Ausländers - die Entwicklung der politischen Verhältnisse etwa auch für die nächsten 50 bis 60 Jahre zu prognostizieren. Das mag - beispielhaft - ein Blick aus dem Jahr 1900 auf das Jahr 1950 ausweisen, oder auch eine Sicht aus dem Jahr 1950 auf das Jahr 2000. Es ist offensichtlich, dass es ausgeschlossen ist, die Entwicklung für den von dem Kläger beschriebenen Zeitraum zu prognostizieren. Dabei hat sich der Senat nicht durch die Angabe einer bestimmten Zahl dahin festzulegen, welcher Zeitraum als überschaubar anzusehen ist. Auch insoweit gilt, ob bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände, die zu gewichten, gegeneinander abzuwägen und hinsichtlich ihrer Bedeutung zu bewerten sind, bei einer Rückkehr des Ausländers in sein Heimatland an seiner Sicherheit zumindest ernstliche Zweifel bestehen (s.o. zum herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab).
Hiernach ergibt sich aus dem oben Ausgeführten, dass für einen längeren Zeitraum weiterhin mit einer Anwesenheit der KFOR-Truppen sowie der zivilen UN-Mission im Kosovo (UNMIK, vgl. insoweit AA, Lagebericht v. 8.12.1999), zu rechnen ist. Auch insoweit ist auf die Resolution 1244 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999 hinzuweisen, die - unter Hinweis auf die Souveränität und territoriale Integrität der Bundesrepublik Jugoslawien - neben der Mandatierung der Militärpräsenz den UN-Generalsekretär autorisiert, eine internationale Zivilpräsenz im Kosovo einzusetzen, um dort eine Interimsverwaltung sicherzustellen, die die für eine demokratische und autonome Selbstverwaltung erforderlichen Übergangsstrukturen aufbaut (AA, Lagebericht v. 8.12.1999). Auch hieraus erschließt sich die vorgesehene längere Anwesenheit von UNMIK und KFOR im Kosovo, die auch aus Nr. 19 der Resolution folgt, wonach die internationale zivile Präsenz und die internationale Sicherheitspräsenz zunächst für einen Zeitraum von 12 Monaten einzurichten seien, der verlängert werde, sofern der Sicherheitsrat nichts anderes beschließe."
Als Verfolgungsmaßnahmen kommen nur staatliche oder dem Staat zurechenbare Handlungen in Betracht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989, aa0). Der abschiebungsrechtliche Eingriff kann entweder vom Staat oder seinen Organen selbst ausgehen oder von ihnen zu verantworten sein. Hierfür kommt es darauf an, ob der Staat den Betroffenen mit den ihm an sich zur Verfügung stehenden Mitteln Schutz gewährt. Es begründet (nur) die asylrechtliche oder abschiebungsschutzrechtliche Zurechnung, wenn der Staat zur Schutzgewährung entweder nicht bereit ist oder wenn er sich nicht in der Lage sieht, die ihm an sich verfügbaren Mittel im konkreten Fall gegenüber Verfolgungsmaßnahmen bestimmter Dritter einzusetzen. Anders liegt es, wenn die Schutzgewährung die Kräfte eines konkreten Staates übersteigt; jenseits der ihm an sich zur Verfügung stehenden Mittel endet seine abschiebungsschutzrechtliche Verantwortlichkeit. Ihre Grundlage findet die Zurechnung von Drittverfolgungsmaßnahmen nicht schon im bloßen Anspruch eines Staates auf das legitime Gewaltmonopol, sondern erst indessen - prinzipieller - Verwirklichung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989, aaO; BVerwG, Urt. v. 4.11.1997 - BVerwG 9 C 34.96 -, BVerwGE 105, 306 m.w.Nachw.). Träger von Herrschaftsmacht sind nämlich die Staaten, die hierdurch den Frieden im Inneren sichern und so dem Individuum ein menschenwürdiges Leben in der Gemeinschaft mit anderen ermöglichen. Politische Verfolgung ist gleichsam die Kehrseite hiervon, nämlich der Missbrauch hoheitlicher Herrschaftsmacht durch Ausgrenzung einzelner aus der übergreifender Friedensordnung. Diese Sichtweise begrenzt den Schutzbereich des § 51 Abs. 1 AuslG. Allenfalls solche staatsähnlichen Organisationen stehen dem Staat gleich, die den jeweiligen Staat verdrängt haben oder denen dieser das Feld überlassen hat und die ihn daher insoweit ersetzen.
Hiervon kann - wie allgemeinkundig ist - für die Verhältnisse im Kosovo ungeachtet seiner völkerrechtlichen und staatsrechtlichen Einordnung nicht die Rede sein. Staats- und Gebietsgewalt üben im Kosovo gegenwärtig UNMIK und KFOR aus. Das ist allgemeinkundig. Aus dem Gesagten folgt, dass es ausgeschlossen ist, dass neben einer bestehenden Staatsgewalt auf demselben Gebiet eine mit ihr konkurrierende Gewalt besteht, die - a u c h - staatliche Gewalt ausübt und verfolgungsmächtig ist. Es ist offensichtlich - allgemeinkundig -, dass eine Organisation der albanischen Bevölkerungsgruppe - etwa die UCK - auch nicht staatsähnliche Herrschaftsmacht auf einem abgegrenzten Gebiet des Kosovo effektiv durchgesetzt und mit der Folge etabliert hat, dass die dort lebende Bevölkerung einer anderweitigen quasi-staatlichen Hoheitsgewalt unterworfen ist. Auch ist allgemeinkundig, dass UNMIK - einschließlich der ihr zur Verfügung stehenden internationalen Polizeitruppe - und KFOR die Bevölkerungsgruppe der Roma mit allen ihnen an sich zur Verfügung stehenden Mitteln Schutz gewährt. Es kann nicht die Rede davon sein, UNMIK und KFOR seien zur Schutzgewährung nicht bereit, sie sind auch zur Schutzgewährung prinzipiell in der Lage, wenn es auch zu Übergriffen gegen Angehörige der Bevölkerungsgruppe der Roma kommt. Soweit in dem Zulassungsantrag die Auffassung vertreten wird, die UCK übe im Kosovo Staatsgewalt aus, beruht diese Auffassung, für die eine hinreichende Tatsachengrundlage nicht vermittelt wird, zudem auf einem fehlerhaften rechtlichen Ansatz (s. dazu die obigen Ausführungen zur Rechtslage). Angesichts der rechtlichen Voraussetzungen, die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (aaO) und des Bundesverwaltungsgerichts (aaO) geklärt sind, bedarf es auch insoweit nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens.
Der Zulassungsantrag greift auch nicht durch, soweit er sinngemäß der Frage grundsätzliche Bedeutung beimisst, ob "bei einer Rückkehr eines Angehörigen des Volks der Roma in den Kosovo für diesen eine allgemeine extreme Gefahrenlage gegeben" sei. Insoweit ist der Zulassungsantrag unzulänglich und entspricht dem Darlegungsgebot nicht, weil er die rechtlichen Voraussetzungen, an der er diese Frage anknüpft, nicht bezeichnet, sondern nur allgemein auf § 53 AuslG hinweist, der in seinen verschiedenen Absätzen unterschiedliche Tatbestände anspricht und regelt. Der Zulassungsantrag würde indessen auch dann nicht durchgreifen, wenn er dahin verstanden werden könnte, es komme der Frage grundsätzliche Bedeutung zu, ob den Angehörigen der Bevölkerungsgruppe der Roma, die aus dem Kosovo stammen, Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG zu gewähren ist.
§ 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG setzt eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit für den betreffenden Ausländer voraus, die deshalb stets individuell zu prüfen und zu bewerten ist. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 8.12.1998 - BVerwG 9 C 4.98 -, BVerwGE 108, 77 = InfAuslR 1999, 266) festgehalten, dass allgemeine Gefahren, die nicht nur dem betreffenden Ausländer, sondern zugleich der ganzen Bevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe drohen (allgemeine Gefahren im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG), auch dann nicht Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG begründen, wenn sie den Ausländer konkret und individualisierbar betreffen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.1995 - BVerwG 9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324). Allein das Vorliegen einer individuellen erheblichen konkreten Gefahr i.S. des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG begründet jedoch noch kein zwingendes Abschiebungshindernis. Die Vorschrift ermächtigt die Ausländerbehörde lediglich, von der Abschiebung in den Staat, von dem die Gefahren drohen, nach pflichtgemäßem Ermessen abzusehen. Handelt es sich um allgemeine Gefahren i. S. von § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG, so wird dieses Ermessen durch die obersten Landesbehörden gemäß § 54 AuslG mittels der Anordnung eines allgemeinen Abschiebestopps ausgeübt, ohne dass der Betroffene einen Anspruch auf Ermessensbetätigung der obersten Landesbehörde hätte (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.1995, aaO). Damit ist § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG in einem Verfahren eines einzelnen Ausländers dann nicht anzuwenden, wenn dieselbe Gefahr zugleich einer Vielzahl weiterer Personen im Abschiebezielstaat droht.
Nur ausnahmsweise, wenn einem Ausländer im Zielstaat so erhebliche konkrete Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit drohen, dass Verfassungsrecht (Art. 1 Abs. 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 GG) die Gewährung von Abschiebungsschutz uneingeschränkt gebietet, sind allgemeine Gefahren in dem verfassungsrechtlich gebotenen Umfang durch eine verfassungskonforme einschränkende Auslegung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urt. 17.10.1995, aaO). Das ist dann der Fall, wenn der Ausländer in seinem Heimatstaat einer extremen Gefahrenlage dergestalt ausgesetzt wäre, dass er im Falle seiner Abschiebung dort gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.1995, aaO; Urt. v. 19.11.1996 - BVerwG 1 C 6.91 -, BVerwGE 102, 249; v. 2.9.1997 - BVerwG 9 C 40.96 -, BVerwGE 105, 187). Diese qualifizierten Anforderungen an die Rechtsgutbeeinträchtigung rechtfertigen sich aus der nur eingeschränkten verfassungsrechtlichen Verantwortung der deutschen öffentlichen Gewalt für Grundrechtsgefährdungen, die sich für einen Ausländer als Folge einer Abschiebung im Zielstaat ergeben. Soweit sich aus den beschriebenen Anforderungen gegenüber dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, der auch dem Begriff der Gefahr im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG immanent ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.11.1996, aaO), erhöhte Anforderungen an die Eintrittswahrscheinlichkeit erschließen, ergeben sie sich aus demselben Gesichtspunkt.
Der Zulassungsantrag hat nicht aufgezeigt, dass für die Angehörigen der Bevölkerungsgruppe der Roma im Kosovo derartige extreme Gefahren bestehen, er teilt vielmehr unter Bezugnahme auf die von ihm bezeichneten Erkenntnismittel in allgemeinen Wendungen mit, "die Sicherheitslage für Roma und Aschkali im Kosovo (sei) katastrophal" und die "Versorgungslage ... äußerst erbärmlich ..., die Versorgung mit medizinischer Hilfe (sei) vollkommen unzureichend ... und die Rückkehrperspektiven (seien) durchweg extrem schlecht". All das zeigt nicht auf, dass nach den aufgezeigten Voraussetzungen für einen Angehörigen der Bevölkerungsgruppe der Roma bei einer Rückkehr in den Kosovo eine solch extreme Gefahrenlage dergestalt besteht, dass er im Falle seiner Abschiebung dort gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde. Davon abgesehen bezieht sich der Zulassungsantrag vornehmlich auf den Bericht der Gesellschaft für bedrohte Völker vom November 1999, der die aktuelle Lage nicht wiedergibt, nach dem Bericht des UNHCR vom 11. Februar 2000 über die Situation der Minderheiten im Kosovo hat sich die Lage der Bevölkerungsgruppe der Roma verbessert.
Aus dem Gesagten folgt zugleich, dass die bezeichnete Frage nicht in einem Berufungsverfahren zu klären ist, da sich bereits in diesem Berufungszulassungsverfahren eine hinreichende Klärung erreichen lässt, insbesondere aufgrund des eben bezeichneten Berichtes des UNHCR ergibt sich, dass die Bevölkerungsgruppe der Roma im Kosovo nicht der bezeichneten extremen Gefahrenlage ausgesetzt ist.
Der Zulassungsantrag würde aber auch dann nicht durchgreifen, wenn das Bestehen einer solchen extremen Gefahrenlage für den Kosovo im Hinblick auf die Bevölkerungsgruppe der Roma hinreichend dargelegt worden wäre und dies einer Klärung in einem Berufungsverfahren zugänglich wäre; denn der Zulassungsantrag ist in Bezug auf die - insoweit die Entscheidung auch tragende - Überlegung des Verwaltungsgerichts unzulänglich, es bestehe für Angehörige der Bevölkerungsgruppe der Roma die Möglichkeit, nach Serbien oder Montenegro auszuweichen, so dass sie sich der bezeichneten Gefahrenlage nicht aussetzen müssten. Insoweit benennt der Zulassungsantrag zur Stützung seiner Auffassung nur die Stellungnahme der Gesellschaft für bedrohte Völker vom November 1999, die indessen nicht hinreichend aufzeigt, die bezeichnete extreme Gefahrenlage bestehe auch in Montenegro; die Schilderung von schlechten Lebensverhältnissen führt nicht ohne weiteres auf diese Annahme.
Sollten sich möglicherweise für den Kläger bei Rückkehr in sein Heimatland allgemeine Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit ergeben, die unterhalb der für die gerichtliche Beurteilung allein maßgeblichen Schwelle einer extremen oder hochgradigen Gefahr liegen, so ist die Rechtsprechung hier nicht berufen und befugt, Schutz zu gewähren; die allgemeinen Verhältnisse im Zielstaat sind vielmehr ausschließlich von der Exekutive einzuschätzen und auf dieser Grundlage auch zu verantworten (vgl. §§ 53 Abs. 6 S. 2, 54 AuslG.
Gemäß §§ 166 VwGO, 114 ZPO ist Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten nicht zu gewähren.