Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 17.04.2003, Az.: 12 A 2769/02
Ashkali; Gefährdung; Jugoslawien; Kosovo; Minderheit; Serbien
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 17.04.2003
- Aktenzeichen
- 12 A 2769/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 48039
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 53 Abs 6 S 1 AuslG
- § 53 Abs 6 S 2 AuslG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Keine extreme allgemeine Gefährdungslage im Sinne der verfassungskonformen Auslegung des § 53 Abs. 6 AuslG für Ashkali im Kosovo.
2. Ist ein Ashkali ausschließlich wegen seiner Volkszugehörigkeit Opfer von Übergriffen geworden, begründet das kein individuelles (landesweites) Abschiebungshindernis des Opfers gemäß § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG, da sich mit dem Übergriff lediglich die allgemeine Gefährdung der Ashkali realisierte.
Tatbestand:
Der in S. (Kosovo) geborene Kläger ist serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger und nach eigenen Angaben Angehöriger der Gruppe der albanisierten Roma / Ashkali. Er reiste im Mai 2002 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag. Zur Begründung machte er im Wesentlichen geltend, er sei wiederholt von Albanern bedroht worden. Er sei schließlich von zwei Unbekannten brutal zusammengeschlagen und erheblich verletzt worden, weil er Angehöriger der Gruppe der Madjub bzw. Ashkali sei. Auch sei sein Vater, der weiterhin im Kosovo lebe, angesprochen worden, er könne dort nicht blieben, weil es "deren Land" sei. Er befürchte, im Falle der Rückkehr erneut verletzt oder sogar getötet zu werden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens bei der Anhörung vor dem Bundesamt wird auf die Niederschrift (Bl. 16 - 21 der Beiakte) verwiesen.
Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 18. Juni 2002 den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sowie Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen und forderte den Kläger unter Fristsetzung und Androhung der Abschiebung nach Jugoslawien (Kosovo) zur Ausreise auf.
Der Kläger hat am 26. Juni 2002 Klage erhoben. Er macht im Wesentlichen geltend, dass er als Angehöriger der Gruppe der Ashkali aus dem Kosovo nicht dorthin zurückkehren könne. Seine Eltern hätten mitgeteilt, dass zwei Männer gekommen seien und nach ihm gefragt hätten. Auch seine Eltern seien von den unbekannten Männern aufgefordert worden, das Land zu verlassen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 18. Juni 2002 zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG, hilfsweise des § 53 AuslG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört worden. Hinsichtlich des Ergebnisses der Befragung wird auf das Protokoll der Sitzung verwiesen.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge sowie der in der Erkenntnismittelliste (Bl. 28 ff. der Gerichtsakte) aufgeführten Unterlagen Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage, über die nach Übertragungsbeschluss der Kammer durch den Einzelrichter entschieden werden konnte, ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 18. Juni 2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 S. 1 VwGO).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Es liegen auch keine Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vor. Die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Beklagten sind ebenfalls nicht zu beanstanden.
Hinsichtlich des Begehrens auf Verpflichtung der Beklagten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, sieht der Einzelrichter in Anwendung des § 77 Abs. 2 AsylVfG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf die Gründe in dem angefochtenen Bescheid vom 18. Juni 2002, denen er unter Berücksichtigung der in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel weiterhin folgt.
Das Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Aus den vom Kläger geschilderten Übergriffen lässt sich eine unmittelbare oder mittelbare staatliche Verfolgung nicht ableiten. In dem angefochtenen Bescheid ist zutreffend ausgeführt, dass Gruppierungen der albanischen Bevölkerungsmehrheit - etwa die UCK oder die TMK - im Kosovo keine staatsähnliche Gewalt ausüben. Auch ist nach den in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln die UNMIK und KFOR als Einrichtungen, die die staatliche Gewalt derzeit im Kosovo ausüben, grundsätzlich in der Lage und bereit, Angehörigen ethnischer Minderheiten Schutz vor Übergriffen der albanischen Bevölkerungsmehrheit zu gewähren. Angesichts dessen, dass kein Staat einen lückenlosen Schutz vor Übergriffen Dritter gewährleisten kann und dass es im Kosovo weiterhin zu Übergriffen auf Angehörige ethnischer Minderheiten kommt, führt nicht zur asylrechtlichen Verantwortlichkeit der staatlichen Stellen im Kosovo. Demnach bedarf es auch keiner Entscheidung, ob das Vorbringen des Klägers wegen zahlreicher Unstimmigkeiten des Vorbringens in der mündlichen Verhandlung zu einzelnen Details und zum Geschehensablauf bezüglich des geltend gemachten Überfalls von zwei Albanern gegenüber seinen Angaben beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge glaubhaft ist.
Es liegen auch keine Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vor.
Die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 bis 3 AuslG liegen ersichtlich nicht vor. Auch ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG in Verbindung mit Art. 3 EMRK ist nicht gegeben, da im vorliegenden Verfahren keine Gründe ersichtlich sind, dass eine grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Für die Feststellung entsprechender Gefahren bedarf es nämlich konkreter Anhaltspunkte, an denen es hier fehlt. Kriegs- und Bürgerkriegsgefahren wie auch Rechtsverletzungen durch beliebige private Dritte (verbrecherische Banden oder auch einzelne Kriminelle) werden vom Schutzbereich des Art. 3 EMRK nicht einbezogen. Ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG kommt nur in Betracht, wenn die dem Ausländer im Zielstaat drohende Misshandlung vom Staat oder von einer staatsähnlichen Organisation ausgeht oder zu verantworten ist
(BVerwG, Urteil vom 27. April 1998 - 9 C 13/97 -, NVwZ 1998, 973 f. m.w.N.; Urteil vom 15. April 1997 - 9 C 38.96 -, BVerwGE 104, 265; Urteil der Kammer vom 17. Oktober 2000 - 12 A 863/00 -).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor: Es kann nicht angenommen werden, dass eine Organisation der albanischen Bevölkerungsgruppe - etwa die UCK - eine staatsähnliche Herrschaftsmacht im Kosovo oder Teilen davon mit der Folge etabliert hat, dass die dort lebende Bevölkerung einer anderweitigen quasi staatlichen Hoheitsgewalt unterworfen ist
(vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 3. März 2000 - 12 L 778/00 -, V.n.b.).
Weiterhin liegen auch keine konkreten Hinweise und Anhaltspunkte einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG vor.
Diese Vorschrift setzt eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit für den betreffenden Ausländer voraus. Allgemeine Gefahren, die nicht nur dem betreffenden Ausländer, sondern zugleich der ganzen Bevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe drohen (§ 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG), begründen jedoch auch dann keine Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG, wenn sie den Ausländer konkret und individualisierbar betreffen
(vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 6.95 -, BVerwGE 99, 324, 328; Urteil vom 18. März 1998 - 9 C 36.97 -, juris; Urteil vom 27. April 1998 - 9 C 13.97 -, NVwZ 1998, 973; Urteil vom 8 Dezember 1998 - 9 C 4.98 -, BVerwGE 108, 77).
Das Vorliegen einer individuellen erheblichen konkreten Gefahr im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG begründet noch kein zwingendes Abschiebungshindernis. Diese Vorschrift ermächtigt die Ausländerbehörde lediglich, von der Abschiebung in den Staat, von dem die Gefahren drohen, nach pflichtgemäßem Ermessen abzusehen. Handelt es sich um allgemeine Gefahren im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG, so wird dieses Ermessen durch die obersten Landesbehörden gemäß § 54 AuslG mittels der Anordnung eines allgemeinen Abschiebestopps ausgeübt. Solche Abschiebestopp-Erlasse sind wegen ihrer weitreichenden Folgewirkungen als politische Grundsatzentscheidungen allein in das Ermessen der Innenministerien des Bundes und der Länder gestellt, so dass subjektive einklagbare Rechte einzelner Ausländer grundsätzlich ausgeschlossen sein sollen
(vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Oktober 1995, 18. März 1998, 27. April 1998, 8. Dezember 1998, a.a.O.).
Damit ist § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG in einem Verfahren eines einzelnen Ausländers dann nicht anzuwenden, wenn dieselbe Gefahr zugleich einer Vielzahl weiterer Personen im Abschiebezielstaat droht. Nur dann, wenn dem einzelnen Ausländer keine Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1, 2, 3, 4 oder Abs. 6 Satz 1 zustehen, er aber gleichwohl ohne Verletzung höherrangigen Verfassungsrechts nicht abgeschoben werden darf, ist bei verfassungskonformer Auslegung und Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG im Einzelfall Schutz vor der Durchführung der Abschiebung nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu gewähren. Das ist der Fall, wenn die obersten Landesbehörden trotz einer extremen allgemeinen Gefahrenlage, die jeden einzelnen Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausliefern würde, von ihrer Ermessensermächtigung aus § 54 AuslG keinen Gebrauch gemacht haben, einen generellen Abschiebestopp zu verfügen. In einem solchen Fall gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, dem Ausländer unabhängig von einer Ermessensentscheidung nach § 53 Abs. 6 Satz 2, § 54 AuslG Abschiebungsschutz zu gewähren
(vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1995, a.a.O.; Urteil vom 19. November 1996 - BVerwG 1 C 6.91 -, BVerwGE 102, 249; Urteil vom 2. September 1997 - 9 C 14.96 -, BVerwGE 105, 187, 192; Urteile vom 18. März 1998 und vom 8. Dezember 1998, a.a.O.).
Diese qualifizierten Anforderungen an die Rechtsgutbeeinträchtigung rechtfertigen sich aus der nur eingeschränkten verfassungsrechtlichen Verantwortung der deutschen öffentlichen Gewalt für Grundsrechtsgefährdungen, die sich für einen Ausländer als Folge einer Abschiebung im Zielstaat ergeben. Soweit sich aus den beschriebenen Anforderungen gegenüber dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, der auch dem Begriff der Gefahr im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG immanent ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 1996, a.a.O.), erhöhte Anforderungen an die Eintrittswahrscheinlichkeit erschließen, ergeben sie sich aus dem selben Gesichtspunkt
(Nds. OVG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 12 L 748/99 -, V.n.b.).
Hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme einer derartigen extremen Gefahrenlage liegen für Angehörige der (albanisierten) Roma und Ashkali im Kosovo nicht vor. Zur Begründung im Einzelnen wird zunächst in Anwendung des § 77 Abs. 2 AsylVfG auf die Gründe in dem angefochtenen Bescheid Bezug genommen, denen der Einzelrichter unter Berücksichtigung der in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel weiterhin folgt. Auch die nach Erlass des angefochtenen Bescheides gewonnenen Erkenntnisse lassen eine Extremgefahr im o.a. Sinne nicht erkennen:
Der UNHCR verweist in seinen Stellungnahmen darauf, dass die Sicherheit der nicht zur Gruppe der Kosovo-Albaner gehörenden Bewohner des Kosovo dort weiterhin schwierig ist und Übergriffe nicht ausgeschlossen werden können. Diese Gefahren verhinderten auch einen gleichberechtigten Zugang zu Sozialleistungen, Gesundheitsversorgung, Bildung, Arbeitsmarkt und Wohnung. Weiterhin wird darauf verwiesen, dass die Sicherheitslage von Roma, Ashkali und Ägyptern veränderlich und brisant sei. Manche ihrer Gemeinschaften hätten ein Maß an Stabilität erreicht, bei dem gewaltsame Anschläge selten seien, während andere weiterhin unerbittlicher Gewalt und Einschüchterungsversuchen ausgesetzt seien. Bei diesen ethnisch-motivierten Angriffen seien in einigen Fällen Menschen zu Tode gekommen
(UNHCR vom April 2003, Positionspapier zur fortdauernden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo von Januar 2003, Stellungnahme vom 8. Mai 2002 an VG Kassel, Positionspapier vom April 2002 und März 2001; vgl. auch Lageberichte AA vom 27. November 2002, vom 4. Juni 2002 und 4. September 2001 wie auch die Monatsberichte Oktober und November und Dezember 2002 des Informationsbüros der Deutschen Caritas und Diakonie in Pristina).
Auch die OSCE in Zusammenarbeit mit dem UNHCR führt aus, dass (nur) eine graduelle Verbesserung der Sicherheitslage festzustellen sei. Auch gebe es einen Aufwärtstrend bei der Mobilität der Angehörigen von Minderheiten. Dennoch komme es weiterhin täglich zu Einschüchterungen und Schikanierungen sowie gelegentlich, wenn auch weniger häufig als früher, zu außerordentlich gewaltsamen, ethnisch motivierten Angriffen, die "manchmal" tödlich endeten (OSCE, Beurteilung der Situation der ethnischen Minderheiten für den Zeitraum vom September 2001 bis April 2002)
Entsprechend führt die Schweizerische Flüchtlingshilfe aus, dass zwar die Zahl der gewaltsamen inter-ethnischen Gewaltakte in den letzten Jahren zurückgegangen sei. Insgesamt sei die Situation, wenn auch verbessert, immer noch durch inter-ethnische Gewalt und ein hohes Maß an Rechtlosigkeit gekennzeichnet; die Sicherheitssituation könne nicht als stabil bezeichnet werden. So sei zwar die Zahl der Morde weiter zurückgegangen, doch hätten Überfälle und Brandstiftung im Jahr 2002 beträchtlich zugenommen. Zunehmend erfolgten die Übergriffe aufgrund von Eigentumsstreitigkeiten. Auch wenn die Zahl gravierender Zwischenfälle eindeutig zurückgegangen sei, habe es immer noch Steinwürfe (gegen Fußgänger), verbale Belästigungen oder auch physische Angriffe gegeben. Solche Vorkommnisse reichten aus, um die Minderheiten zu verunsichern und von einer Rückkehr in den Kosovo abzuschrecken. Ebenso sei eine wesentliche Besserung der allgemeinen sozialen und wirtschaftlichen Situation nicht festzustellen. Zwar gebe es auch Fortschritte im Bereich des Zugangs der Minderheiten zu öffentlichen Diensten, doch sei Diskriminierung auf der alltäglichen Ebene eine Realität, die den Zugang zu sozialen Diensten weiterhin behindere. Auch der Zugang zu Gesundheitsdiensten sei abhängig von der Bewegungsfreiheit. Hinsichtlich der verschiedenen Ethnien sei festzustellen, dass tendenziell Angehörige der Gruppe der Ashkali und Ägypter besser als Roma in ein albanisches Umfeld integriert werden könnten; ihre Kinder könnten albanische Schulen besuchen, der Zugang zu öffentlichen Diensten sei besser, wobei die Bewegungsfreiheit in der Regel auf die Region beschränkt bleibe. Eine freiwillige Rückkehr der Angehörigen ethnischer Minderheiten sei aber möglich (vgl. SFH, Situation der Minderheiten im Kosovo vom 2. und 3. April 2003 und vom 25. und 16. April 2002, ebenso UNHCR vom Juli 2002; zur Frage der Rückkehrmöglichkeiten vgl. auch UNHCR vom April 2003).
Zusammenfassend haben sich Sicherheitslage und Bewegungsfreiheit für Angehörige der Gruppe der Roma und Ashkali im Kosovo in den vergangenen drei Jahren stetig verbessert, obwohl die Lage weiterhin als besonders schwierig zu bezeichnen ist. Eine Gesamtschau der Erkenntnismittel führt zu dem Ergebnis, dass eine extreme allgemeine Gefahrenlage, die bei verfassungskonformer Auslegung und Anwendung des § 53 Abs.6 S. 2 AuslG im Rahmen der Feststellung zu § 53 Abs. 6 S. 1 zu berücksichtigen wäre, im Kosovo auch für Angehörige der Bevölkerungsgruppe der Roma und Ashkali nicht besteht (ebenso Nds. OVG, Beschluss vom 22. November 2001 - 8 LB 2106/01 m.w.N. der Rechtsprechung).
Es sind auch keine Anhaltspunkte für darüber hinausgehende konkret-individuellen Abschiebungshindernisse gemäß § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG zugunsten des Klägers ersichtlich. Soweit der Kläger geltend macht, er werde von Angehörigen der UCK individuell verfolgt, führt dies aber nicht zu der Annahme, dass eine individuelle Gefährdung im Sinne des § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG vorliegt. Individuelle Gefährdungen des Ausländers, die sich aus einer allgemeinen Gefahr im Sinne des § 53 Abs. 6 S. 2 AuslG ergeben, können auch dann nicht als Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG berücksichtigt werden, wenn sie auch durch Umstände in der Person oder in den Lebensverhältnissen des Ausländers begründet oder verstärkt werden, aber gleichwohl insgesamt nur typische Auswirkungen der allgemeinen Gefahrenlage sind. Der Normzweck des § 53 Abs. 6 S. 2 AuslG in Verbindung mit § 54 AuslG lässt es nicht zu, den Ausländer aus der allgemein gefährdeten Bevölkerung oder Bevölkerungsgruppe aufgrund zusätzlicher individueller "Besonderheiten" oder Umstände auszugliedern, die bei wertender Betrachtung eine solche Differenzierung nicht rechtfertigen, weil sie lediglich zu einer Realisierung der allgemeinen Gefahr für den Einzelnen führen und die eine politische Leitentscheidung bedingende Typik unberührt lassen. In Anknüpfung hieran darf der Einzelne mithin nicht aus der Bevölkerung oder Bevölkerungsgruppe und damit aus dem Ermessens- und Entscheidungsvorbehalt der obersten Ausländerbehörde herausgenommen werden (BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 1998, a.a.O.).
Nach Maßgabe dessen lässt sich aus dem Vorbringen des Klägers - die Glaubhaftigkeit des Vorbringens unterstellt - eine auf seine Person beschränkte, individuelle Gefährdung nicht feststellen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass er allein als Angehöriger der Gruppe der Ashkali aus dem Kosovo Opfer der Übergriffe geworden ist und damit eine allgemeine Gefahr im Sinne des § 53 Abs. 6 S. 2 AuslG - nämlich die schwierige Sicherheitslage für Angehörige der ethnischen Minderheiten im Kosovo - sich in der Person des Klägers realisierte. Dies folgt daraus, dass die Täter unbekannt sind. Ziel ist nicht eine Bestrafung für ein in der Vergangenheit liegendes Handeln oder Unterlassen des Klägers, sondern dessen Vertreibung. Dabei ist nicht anzunehmen, dass dem Kläger als Angehöriger einer ethnischen Minderheit aus dem Kosovo, der nicht zu der Gruppe der Albaner gehört, wegen fehlender Unterstützung der UCK während des Kosovo-Konfliktes verfolgt wird. Dies findet darin eine Bestätigung, dass nach dem Angaben des Klägers auch seine Eltern von unbekannten Albanern bedroht und aufgefordert worden seien, ihr Land zu verlassen.
Daneben lässt sich dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen, dass die geltend gemachte individuelle Gefährdung landesweit besteht. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass er auch in anderen Landesteilen des Kosovo gesucht und einer entsprechenden Gefährdung ausgesetzt ist. Demnach bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob das Vorbringen des Kläger glaubhaft ist.
Über inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse ist in diesem Verfahren nicht zu entscheiden; sie stünden der Feststellung, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen, nicht entgegen.
Die Abschiebungsandrohung in dem angefochtenen Bescheid ist rechtlich nicht zu beanstanden; sie beruht auf §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylVfG. Soweit das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien angedroht hat, ist diese Zielstaatsbestimmung inhaltlich hinreichend bestimmt. Zwar erfolgte am 4. Februar 2003 durch Parlamentsbeschluss eine Umbenennung der Bundesrepublik Jugoslawien in Serbien und Montenegro. Nach der weiterhin gültigen Verfassung der Bundesrepublik Jugoslawien von 1992 besteht der Staat aus den gleichberechtigten Republiken Serbien und Montenegro (vgl. Homepage des Auswärtigen Amtes, Stand: Februar 2003, Länder- und Reiseinformationen). Damit sind gegenwärtig unter „Bundesrepublik Jugoslawien“ die gleichberechtigten Republiken Serbien und Montenegro zu verstehen.