Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 02.03.2000, Az.: 11 L 458/99

Rettungsdienst; rückwirkende Festsetzung; Schiedsstelle

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
02.03.2000
Aktenzeichen
11 L 458/99
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2000, 41831
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - AZ: 6 A 1312/97

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Schiedsstelle für den Rettungsdienst kann die Obergrenze der Entgelte für Leistungen des Rettungsdienstes auch für bereits abgelaufene Zeiträume festlegen.

Gründe

1

Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des Verwaltungsgerichts, der streitige Schiedsspruch habe sich Rückwirkung auf das Jahr 1993 zumessen dürfen.

2

Die Ansicht des Klägers, Schiedssprüche könnten nur mit Wirkung für die Zukunft erlassen werden, trifft nicht zu. Diesem bereits in erster Instanz erhobenen Einwand hat das Verwaltungsgericht zu Recht entgegengehalten, dass u. a. der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts im bereits zitierten Urteil vom 7. November 1997 - ohne dies zu problematisieren - davon ausgegangen ist, Schiedsstellenaussprüche könnten auch bereits abgelaufene Zeiträume erfassen.

3

Die gegenteilige, nicht näher begründete Ansicht von Ufer (NRettDG, Ziff. 4 zu § 18) ist nicht überzeugend. Sie berücksichtigt nicht hinreichend, dass dem Niedersächsischen Rettungsdienstgesetz bezüglich der Finanzierung des öffentlichen Rettungsdienstes nach der zentralen Vorschrift des § 15 Abs. 1 erkennbar das sog. Vereinbarungsmodell zwischen Rettungsdienst und Kostenträgern zugrunde liegt, das bei Nichteinigung durch die Möglichkeit der Anrufung der Schiedsstelle gemäß § 18 ergänzt wird, die zur Regelung der Streitfragen durch Verwaltungsakt befugt ist.

4

Demgegenüber begründet § 16 Abs. 1 Satz 1 NRettDG für den Träger des Rettungsdienstes nur eine subsidiäre Befugnis, Gebühren nach Maßgabe einer Gebührensatzung zu erheben (so auch Ufer a. a. O, Ziff. 1 zu § 16), auf die sich der Kläger für das Jahr 1993 unter Hinweis auf seine Satzung vom 23. Dezember 1992 und die Änderungssatzung vom 1. Juli 1993 beruft. Da Schiedsverfahren wegen der Schwierigkeit der aufgeworfenen Sachfragen und der Notwendigkeit weiterer Sachaufklärungen durch Einholen von Gutachten in aller Regel eine erhebliche Verfahrensdauer aufweisen (das zeigt exemplarisch der vorliegende Fall: das im Januar 1993 eingeleitete Schiedsverfahren wurde erst durch Beschluss der Beklagten vom 20. Juni 1997 abgeschlossen), würde das dem Niedersächsischen Rettungsdienstgesetz zugrunde liegende vorrangige Vereinbarungsmodell weitgehend leerlaufen, wenn Schiedssprüche nur mit Wirkung für die Zukunft erlassen werden dürften.

5

Dass auch der Gesetzgeber ersichtlich von der Möglichkeit rückwirkender Schiedssprüche ausgegangen ist, hat das Verwaltungsgericht zusätzlich überzeugend mit den Gesetzesmaterialien, insbesondere mit der Gesetz gewordenen Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses  (LT-Drucks. 12/3016), die entgegen der Ansicht des Klägers nicht als bloße "Meinung einzelner Abgeordneter" eingestuft werden kann, begründet. Dem steht ebensowenig entgegen, dass die vom Kläger vor Erlass des Schiedsspruchs aufgrund satzungsrechtlicher Grundlage erlassenen Gebührenbescheide überwiegend bestandskräftig geworden sein mögen, da sie im Verhältnis zu den beigeladenen Kostenträgern keine unmittelbaren Rechtswirkungen äußern.