Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.09.2013, Az.: 8 LB 205/12

Rücknahme der Förderung einer Entwicklung einer 3D-Messtechnik zur Toleranzanalyse bei großflächigen Rotorblättern von Multi-Megawatt-Windenergieanlagen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
26.09.2013
Aktenzeichen
8 LB 205/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 47973
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2013:0926.8LB205.12.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Stade - 10.11.2011 - AZ: 6 A 946/10

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Wenn ein Zuwendungsgeber in seiner ständigen Verwaltungspraxis unter bestimmten, regelmäßig in einer Förderrichtlinie dokumentierten Voraussetzungen die Gewährung einer Zuwendung versagt, so verletzt er das Gleichbehandlungsgebot in seiner objektiv-rechtlichen Funktion, wenn er sich im Einzelfall ohne rechtfertigende Gründe über seine Verwaltungspraxis hinwegsetzt und trotz des Fehlens ansonsten geforderter Voraussetzungen die Leistung gewährt.

  2. 2.

    Für den Fall, dass der Zuwendungsbewerber das geplante Vorhaben ohne die beantragte Zuwendung mangels finanzieller Mittel gar nicht durchgeführt hätte, das Vorhaben aber als förderwürdig eingestuft wird, soll die Zuwendung gewährt werden.

  3. 3.

    Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG beginnt, erst dann zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahme erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind.

  4. 4.

    Grundsätzlich ist der Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrages als Vorhabensbeginn zu werten.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Rücknahme einer Zuwendung, die ihr von der Beklagten im Rahmen des Niedersächsischen Innovationsförderprogramms gewährt worden war.

Die Klägerin erbringt unter anderem Ingenieurdienstleistungen für hochgenaue dreidimensionale Messaufgaben, wie beispielsweise die berührungslose 3D-Vermessung von großen Objekten in der Luftfahrt- oder Windenergieindustrie und die Auswertung und Interpretation der entsprechenden Messdaten.

Im Januar 2009 fand eine erste Vorbesprechung zwischen den Beteiligten über Fördermöglichkeiten statt. Anschließend reichte die Klägerin im April 2009 die Skizze eines Projektes "Entwicklung einer 3D-Messtechnik zur Toleranzanalyse bei großflächigen Rotorblättern von Multi-Megawatt-Windenergieanlagen" bei der Beklagten ein. Maßgebliches Ziel des Projektes ist die Entwicklung einer Messvorrichtung auf Basis eines Laserradars, mit dem die aerodynamische Blattgeometrie von circa 60 m langen Rotorblättern für die genannten Windenergieanlagen in einem Bereich von Zehntelmillimetern genau vermessen werden kann. Die Innovationszentrum Niedersachsen GmbH beurteilte das Projekt unter dem 27. Mai 2009 als nicht förderungswürdig und unter dem 6. Juli 2009 als unter Auflagen förderungswürdig.

Unter dem 17. Juli 2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten für das Projekt die Gewährung einer Zuwendung im Rahmen des Niedersächsischen Innovationsförderprogramms in Höhe von 200.000 EUR. In dem Antrag bezifferte die Klägerin die ihr entstehenden Gesamtkosten des Projekts auf 444.500 EUR zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer, wovon 74.500 EUR als Eigenmittel und 170.000 EUR als Kreditmittel zur Verfügung stünden. Ein erheblicher Teil der Gesamtkosten entfalle auf ein anzuschaffendes Laserradarsystem (LRS). Als Zeitpunkt des Projektbeginns bezeichnete die Klägerin den 1. August 2009. Die Klägerin erklärte in dem Antrag dass mit dem Vorhaben noch nicht begonnen worden sei. Sie habe noch keine projektbezogenen Lieferungs- oder Leistungsverträge abgeschlossen. Ihr sei bekannt, dass bei vorzeitigem Maßnahmebeginn eine Förderung des Vorhabens nicht erfolgen könne. Die Klägerin beantragte eine Ausnahme vom Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns zum 1. August 2009.

Mit Bescheid vom 18. August 2009 gewährte die Beklagte der Klägerin die beantragte Zuwendung als nicht rückzahlbaren Zuschuss bis zur Höhe von 200.000 EUR. Nach Nr. 2 des Zuwendungsbescheides ist die Zuwendung zweckgebunden und ausschließlich für die Durchführung des genannten Projekts entsprechend den Regelungen der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen im Rahmen des Niedersächsischen Innovationsförderprogramms zu verwenden. Das Projekt ist in der Zeit vom 18. August 2009 bis zum 18. Januar 2012 durchzuführen. Nach Nr. 12 des Zuwendungsbescheides sind dessen Bestandteil auch der Antrag der Klägerin vom 17. Juli 2009, die darin benannten Unterlagen (mit Ausnahme des Ausgaben- und Finanzierungsplans), die §§ 23, 44 der Niedersächsischen Landeshaushaltsordnung, die dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften und die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen im Rahmen des Niedersächsischen Innovationsförderprogramms.

Unter dem 4. Dezember 2009 forderte die Klägerin bei der Beklagten einen ersten Teil der gewährten Fördermittel in Höhe von 104.538,93 EUR an. Der Mittelanforderung war unter anderem eine Rechnung der Firma E. Sales & Service Europe NV, Interleuvenlaan 86, 3001 Leuven, Belgien, vom 26. März 2009, ausweislich des Eingangsstempels bei der Klägerin eingegangen am 30. März 2009, über ein "Laser-Radar MV 224 Including Power Cabinet 230V, 36'', Tube Extension. SA Leica Laser, SA Leica Laser Tracker interface. SA Faro Laser Tracker interface. MV driver software, SA core + All Modules + Laser radar interface. SA Core + All Modules Direct CATIA v5 Module for SA, Training Laser Radar/SpatialAnalyzer, Hotel and living cost" für insgesamt 348.292,98 EUR und Seite 2 eines zugrunde liegenden Angebotes beigefügt. Mit Vermerk vom 7. Januar 2010 wurde die Mittelanforderung dem zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten, Herrn F., mit der Bitte um Prüfung eines vorzeitigen Vorhabenbeginns vorgelegt. Dieser telefonierte daraufhin am gleichen Tag mit dem Geschäftsführer der Klägerin, Herrn G., und gab den Inhalt dieses Telefongesprächs in einer unter dem 10. August 2010 angefertigten Telefonnotiz wieder.

Mit Schreiben vom 8. Januar 2010 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Rücknahme des Zuwendungsbescheides an. Sie gehe aufgrund der vorgelegten Rechnung vom 26. März 2009 von einem vorzeitigen Vorhabenbeginn aus.

Die Klägerin äußerte sich durch ihren Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 26. Januar 2010. Sie habe sich nicht bereits im März 2009 rechtsverbindlich zum Erwerb des LRS verpflichtet und auch keinen Kaufvertrag geschlossen. Das LRS sei ihr vor der Antragstellung bei der Beklagten von der Firma E. lediglich zur Verfügung gestellt worden, um überprüfen zu können, ob dieses für die Projektdurchführung geeignet sei. Nachdem sich die Eignung für das Projekt herausgestellt habe, sei das System bei der Klägerin verblieben. Ein Entgelt für diese Überlassung sei nicht vereinbart worden. Es sei lediglich eine Kautionszahlung erfolgt. Die Klägerin habe mit der Firma E. vereinbart, dass das LRS zurückgegeben werden könne, falls die beantragte Subvention nicht gewährt werde. Eine auf den Abschluss eines rechtsverbindlichen Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung habe die Klägerin erst mit Schreiben vom 19. August 2009, in dem es heißt: "Hiermit bestellen wir, wie im Angebot 090107-TH. -80344-3 vom 07.01.2009 aufgeführt das Laser/Radar MV 224.", und damit einen Tag nach Gewährung der Zuwendung abgegeben.

Auf weitere Nachfragen der Beklagten teilte die Klägerin mit, dass ein schriftlicher Kaufvertrag mit der Firma E. nicht geschlossen worden sei. Der Kauf sei auch abweichend von dem Angebot der Firma E. vom 7. Januar 2009 abgewickelt worden. Der Rechtsnachfolger dieser Firma, die Firma I. J., bestätigte mit Schreiben vom 17. Februar 2010, dass das LRS der Klägerin zunächst nur zu Testzwecken geliefert worden und diese nur eine Kaution in Höhe von 322.000 EUR geleistet habe. Erst nachdem sich die Klägerin unter dem 19. August 2009 rechtsverbindlich für den Kauf entschieden habe, sei am 20. August 2009 eine Rechnung gestellt und die Kaution mit der Kaufpreiszahlung verrechnet worden. Zudem legte die Klägerin einen mit der Sparkasse K. am 27. März 2009 geschlossenen Darlehensvertrag über ein Darlehen in Höhe von 398.000 EUR vor. Als Sicherheit wurde von der Klägerin unter anderem eine "Sicherungsübereignung Laser Radar MV 224/260" gewährt.

Mit Bescheid vom 21. Juni 2010 nahm die Beklagte ihren Zuwendungsbescheid vom 18. August 2009 mit Wirkung für die Vergangenheit zurück. Die Zuwendung sei rechtswidrig gewährt worden, da die Klägerin mit dem geförderten Projekt schon vor dem 19. August 2009 begonnen habe. Sie habe bereits im März 2009 einen Liefer- und Leistungsvertrag über das bei dem Projekt eingesetzte und einen wesentlichen Teil der zuwendungsfähigen Ausgaben ausmachende LRS mit der Firma E. geschlossen. Die Rechnung vom 26. März 2009 belege dies. Von einer bloßen Überlassung zu Testzwecken und einem Kaufvertragsschluss erst nach dem 19. August 2009 könne nicht ausgegangen werden. Die Klägerin dürfe auf den Bestand des Zuwendungsbescheides nicht vertrauen, da sie ihn durch Angaben erwirkt habe, die in wesentlicher Beziehung unrichtig gewesen seien. Die Klägerin habe das Projekt auch ohne die Gewährung öffentlicher Zuwendungen durchführen wollen. Es sei ermessensgerecht, den Zuwendungsbescheid vollständig und für die Vergangenheit zurückzunehmen.

Die Klägerin hat gegen diesen Bescheid am 16. Juli 2010 vor dem - in der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides vom 21. Juni 2010 als zuständig bezeichneten - Verwaltungsgericht Lüneburg Klage erhoben, das sich mit Beschluss vom 26. Juli 2010 - 5 A 81/10 - für örtlich unzuständig erklärt und die Sache an das Verwaltungsgericht Stade verwiesen hat.

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren vertieft. Sie sei Ende 2008, als das später geförderte Projekt erste Formen angenommen habe, in Verhandlungen mit der Firma E. über den möglichen Erwerb des LRS getreten. Diese Verhandlungen hätten zu dem später angenommenen Angebot vom 7. Januar 2009 geführt. Daraufhin habe man sich darauf geeinigt, dass die Firma E. der Klägerin das LRS zunächst leihweise zu Testzwecken überlasse, von ihr aber eine Kaution in Höhe von 322.000 EUR zu leisten sei. Entsprechend dieser Vereinbarung sei das LRS "im Februar 2009" an sie geliefert worden und sie habe die vereinbarte Kaution in drei Raten geleistet. Die Rechnung vom 26. März 2009 habe sie selbst überrascht. Die Übersendung sei im Verlauf der Übernahme der Firma E. durch die Firma I. J. erfolgt und habe allein dazu gedient, die Bilanz aufzubessern und einen höheren Unternehmenskaufpreis auszuhandeln. Sie - die Klägerin - habe erst unmittelbar nach Zugang des Zuwendungsbescheides vom 18. August 2009 mit Schreiben vom 19. August 2009 das LRS unter Bezugnahme auf das Angebot vom 7. Januar 2009 bestellt. Etwas anderes habe ihr Geschäftsführer auch nicht im Telefonat mit der Beklagten am 7. Januar 2010 eingeräumt. Nach verbindlicher Bestellung habe die Firma E. die Kautionszahlung absprachegemäß mit der Kaufpreisschuld verrechnet. Den verbleibenden Kaufpreis in Höhe von 26.292,98 EUR habe sie am 28. September 2009 gezahlt. Soweit die Beklagte darüber hinaus einen vorzeitigen Vorhabenbeginn mit dem Abschluss des Darlehensvertrages begründe, liege ein unzulässiges Nachschieben von Gründen vor. Ein Darlehensvertrag sei auch kein einen vorzeitigen Vorhabenbeginn begründender Leistungsvertrag.

Die Klägerin hat beantragt,

den Rücknahmebescheid der Beklagten vom 21. Juni 2010 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat den angefochtenen Bescheid verteidigt. Die Klägerin habe vorzeitig das LRS angeschafft. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass die Klägerin mit der Mittelanforderung eine selbst als unzutreffend empfundene Rechnung der Firma E. eingereicht habe. Zudem sei ausweislich der Rechnung ein Rabatt von 2 % gewährt worden, was nach dem zugrunde liegenden Angebot vom 7. Januar 2009 die verbindliche Bestellung bis zum 10. Januar 2009 erfordert habe. Hierfür spreche auch die Lieferung des LRS am 22. Januar 2009. Es sei lebensfremd, dass einerseits die Firma E. ein Gerät im Wert von fast 350.000 EUR allein aufgrund einer Kaufabsichtserklärung liefere und andererseits die Klägerin für das LRS eine Kaution vor der angeblich verbindlichen Bestellung im August 2009 in Höhe von 93 % des Kaufpreises zahle. Unabhängig davon habe die Klägerin auch vorzeitig einen Darlehensvertrag über 398.000 EUR mit der Sparkasse geschlossen. Als Sicherheit für das Darlehen sei das LRS an die Sparkasse zu übereignen gewesen. Es könne davon ausgegangen werden, dass die Sparkasse die Eigentumsrechte der Klägerin an dem LRS vorab banküblich geprüft habe. Somit müsse sich das LRS bei Abschluss des Darlehensvertrages bereits im Eigentum der Klägerin befunden haben. Zumindest dürften dem Erwerb keine relevanten Hinderungsgründe entgegengestanden haben. Es sei jedenfalls nicht nachvollziehbar, dass die Sparkasse einen Kredit gegen eine Sicherheit gewährt habe, deren Existenz in diesem Zeitpunkt fragwürdig gewesen sei. Der Abschluss des Darlehensvertrages im März 2009 stelle einen vorzeitigen Vorhabenbeginn dar. Das Darlehen sei auch für den Erwerb des LRS gewährt worden. Ein derartiger Finanzierungsvertrag stelle einen der Ausführung zuzurechnenden Leistungsvertrag dar. Der Gesichtspunkt des vorzeitigen Abschlusses des Darlehensvertrages stelle kein unzulässiges Nachschieben von Gründen dar. Die Jahresfrist sei ebenfalls gewahrt. Sie, die Beklagte, habe das Anschreiben der Sparkasse vom 26. März 2009 und die dem Darlehensvertrag als Anlage beigefügte Sicherheitsliste erst mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 15. April 2010 erhalten.

Das Verwaltungsgericht Stade hat die Klage mit Urteil vom 10. November 2011 abgewiesen. Der Rücknahmebescheid der Beklagten vom 21. Juni 2010 sei rechtmäßig. Der damit zurückgenommene Zuwendungsbescheid vom 18. August 2009 sei wegen Verstoßes der Klägerin gegen das Verbot eines vorzeitigen Vorhabenbeginns rechtswidrig gewesen. Die Klägerin habe bereits vor der Gewährung der Zuwendung am 18. August 2009 und auch schon vor der Antragstellung am 17. Juli 2009 die wirtschaftliche Entscheidung über die Anschaffung des LRS getroffen. Diese sei nicht mehr von der Gewährung der Zuwendung abhängig gewesen. Das LRS sei bereits am 22. Januar 2009 geliefert worden. Die Klägerin habe am 26. März 2009 ein Darlehen der Sparkasse erhalten, das auch der Anschaffung des LRS habe dienen sollen. Das LRS sei von der Klägerin an die Sparkasse zur Sicherheit übereignet worden. Nach Eingang der Rechnung der Firma E. vom 26. März 2009 und nach Unterzeichnung des Darlehensvertrages am 27. März 2009 habe die Klägerin am 1. April 2009 200.000 EUR, am 27. April 2009 100.000 EUR und am 3. Juni 2009 22.000 EUR an die Firma E. gezahlt. Lediglich ein Restbetrag von 26.292,98 EUR sei erst am 28. September 2009 und damit nach Gewährung der Zuwendung gezahlt worden. Schließlich habe der Geschäftsführer der Klägerin am 7. Januar 2010 in einem Telefonat mit dem Mitarbeiter der Beklagten, Herrn F., eingeräumt, das LRS schon vor dem 18. August 2009 angeschafft zu haben. Soweit die Beklagte die Rücknahme des Zuwendungsbescheides auch auf den Abschluss des Darlehensvertrages gestützt habe, liege ein unzulässiges Nachschieben von Gründen nicht vor, da der Verwaltungsakt weder in seinem Wesen verändert noch die Rechtsverteidigung der Klägerin beeinträchtigt werde. Auf ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Zuwendungsbescheides dürfe die Klägerin nicht vertrauen. Die Beklagte habe die Rücknahme auch frist- und ermessensgerecht verfügt.

Auf den Antrag der Klägerin hat der Senat mit Beschluss vom 7. November 2012 - 8 LA 242/11 - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen einer Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör und damit eines Verfahrensmangel nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zugelassen.

Die Klägerin hat ihre Berufung - nach Verlängerung der Begründungsfrist durch den Senatsvorsitzenden bis zum Ablauf des 9. Januar 2013 - mit Schriftsatz vom 8. Januar 2013 begründet.

Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht allein darauf abgestellt, ob sie - die Klägerin - die wirtschaftliche Entscheidung für die Durchführung des geförderten Projektes bereits getroffen habe. Maßgeblich sei, ob sie schon vor Gewährung der Zuwendung ein dem geförderten Vorhaben zuzurechnender Liefer- oder Leistungsvertrag geschlossen habe. Erst hieraus könne dann auf eine bereits getroffene wirtschaftliche Entscheidung geschlossen werden. Dies gelte aber auch nur, wenn der Zuwendungsempfänger sich aufgrund einer Vorbehalts- oder Rücktrittsklausel nicht mehr von den vertraglichen Verpflichtungen lösen könne. Hieran gemessen fehle es am Abschluss eines dem Vorhaben zuzurechnenden Liefer- oder Leistungsvertrages.

Einen Kaufvertrag über das LRS habe sie mit der Firma E. erst am 19. August 2009 geschlossen. Erst zu diesem Zeitpunkt habe sie eine Bestellung ausgelöst. Zuvor sei ihr das LRS nur leihweise zu Testzwecken gegen Zahlung einer Kaution überlassen worden. Die insoweit mündlich getroffenen Vereinbarungen habe die Firma I. J., die Rechtsnachfolgerin der Firma E., ausdrücklich schriftlich bestätigt. Die Verhandlungen für die Firma E. seien seiner Zeit von Herrn ... L. und Herrn ... H. geführt worden. Ihre Kaufabsichtserklärung vom 19. Dezember 2008/9. Januar 2009 dokumentiere noch keine Entscheidung für den Abschluss des Kaufvertrages. Die Rechnung der Firma E. vom 26. März 2009 habe sie mehrfach dieser gegenüber mündlich beanstandet, diese sei zu einem Storno aber nicht bereit gewesen. Die Rechnung vom 26. März 2009 sei entgegen den getroffenen Vereinbarungen von ihrer Steuerberaterin buchhalterisch erfasst und auch in der Umsatzsteuervoranmeldung für April 2009 berücksichtigt worden. Die nachfolgend korrigierte Rechnung und Gutschrift habe die Steuerberaterin hingegen nicht akzeptiert.

Der im März 2009 zwischen ihr und der Sparkasse geschlossene Darlehensvertrag sei kein dem geförderten Vorhaben zuzurechnender Liefer- oder Leistungsvertrag. Das Darlehen sei nicht zweckgebunden für den Erwerb des konkreten LRS gewährt worden. Das Darlehen hätte insoweit auch für die Anschaffung eines anderen Systems verwendet werden können. Die Sparkasse habe mit Schreiben vom 3. November 2010 ausdrücklich ihre Kenntnis davon bestätigt, dass sie - die Klägerin - im Zeitpunkt des Darlehensvertragsschlusses noch nicht Eigentümerin des LRS gewesen sei, der Erwerb vielmehr erst nach Bewilligung der Subvention erfolgen und die Sicherungsübereignung auch zu diesem Zeitpunkt wirksam werden sollte. Ein ausdrückliches Rücktrittsrecht sei mit der Sparkasse nicht vereinbart worden. Im Übrigen stelle die Bezugnahme der Beklagten auf den Darlehensvertrag ein unzulässiges Nachschieben von Gründen dar. Insoweit sei auch die Jahresfrist für eine Rücknahme abgelaufen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 6. Kammer - vom 10. November 2011 zu ändern und den Rücknahmebescheid der Beklagten vom 21. Juni 2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie sieht ihre Auffassung bestätigt, die Klägerin habe vor Gewährung der Zuwendung mit dem geförderten Projekt begonnen. Die Kaufabsichtserklärung der Klägerin vom 19. Dezember 2008/9. Januar 2009 dokumentiere klar, dass die Entscheidung für den Erwerb des LRS gefallen sei. Die Firma E. habe zuvor ausdrücklich einen "FINAL-Auftrag" bis zum 10. Januar 2009 eingefordert. Die anderslautende Behauptung der Klägerin, der Erwerb habe erst nach Gewährung der Zuwendung erfolgen sollen, sei unglaubhaft und in keiner Weise dokumentiert. Der Klägerin sei die Förderschädlichkeit eines vorzeitigen Vorhabenbeginns seinerzeit auch noch gar nicht bewusst gewesen. Erstmals am 13. Januar 2009 hätten die Beteiligten sich über Fördermöglichkeiten und deren Voraussetzungen unterhalten. Auch die weiteren tatsächlichen Umstände deuteten auf einen Vertragsschluss bereits vor dem 10. Januar 2009 hin.

Der Senat hat gemäß Beschluss vom 26. September 2013 Beweis erhoben durch Vernehmung der Herren ... L., ... F. und ... M. als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26. September 2013 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakten A bis E) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die nach Zulassung durch den Senat statthafte, innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nach § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründete und auch den Anforderungen des § 124a Abs. 6 Satz 2 i.V.m. § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügende Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Der Bescheid der Beklagten vom 21. Juni 2010, mit dem diese ihren Zuwendungsbescheid vom 18. August 2009 zurückgenommen hat, ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Rücknahme des Zuwendungsbescheids ist § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG (vgl. zur Anwendbarkeit nationaler Vorschriften bei der Rücknahme von (auch) auf der Grundlage des Gemeinschaftsrechts erlassenen Zuwendungsbescheiden: Senatsurt. v. 11.3.2010 - 8 LB 43/08 -, [...] Rn. 36 m.w.N.). Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige Geldleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Die Rücknahme darf nach § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt erfolgen, in dem die Behörde von den die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat.

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Zuwendungsbescheid der Beklagten vom 18. August 2009 ist rechtswidrig im Sinne von § 48 Abs. 1 VwVfG (1.), die Klägerin kann sich nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG berufen (2.), die Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG ist gewahrt (3.) und relevante Fehler der der Rücknahmeentscheidung zugrunde liegenden Ermessensbetätigung der Beklagten sind nicht ersichtlich (4.).

1. Die Beklagte hat der Klägerin mit dem Bescheid vom 18. August 2009 zur Durchführung des Projektes "Entwicklung einer 3D-Messtechnik zur Toleranzanalyse bei großflächigen Rotorblättern von Multimegawatt Windenergieanlagen" aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sowie aus Mitteln des Landes eine Zuwendung als Projektförderung in Form der Anteilfinanzierung gewährt. Bewilligt wurde ein nicht rückzahlbarer Zuschuss bis zur Höhe von 200.000 EUR. Die Bewilligung erfolgte auf der Grundlage der vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr gemeinsam mit dem Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz erlassenen Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen im Rahmen des Niedersächsischen Innovationsförderprogramms - Förderrichtlinie -vom 23. Januar 2009 (Nds. MBl. S. 176), deren Bestimmungen nach Nr. 12 des Zuwendungsbescheides vom 18. August 2009 dessen Bestandteil geworden sind. Nach Nrn. 1.1 und 7.1 der Förderrichtlinie gelten für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides sowie die Rückforderung der gewährten Zuwendungen die Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Landeshaushaltsordnung - VV-LHO zu § 44 -, mit Ausnahme der dort in Nr. 8.7 getroffenen Bestimmung.

Ein möglicher Verstoß gegen die Förderrichtlinie führt allein allerdings noch nicht zur Rechtswidrigkeit des Zuwendungsbescheides. Rechtswidrig im Sinne des § 48 Abs. 1 VwVfG ist nur derjenige Verwaltungsakt, der durch die unrichtige Anwendung bestehender Rechtssätze zustande gekommen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.8.1961 - 4 C 86.58 -, BVerwGE 13, 28, 31), zu denen bloße ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften, anders als Gesetze und Rechtsverordnungen, nicht gehören (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.1.1996 - 11 C 5.95 -, NJW 1996, 1766, 1767 m.w.N.). Eine über die ihnen zunächst nur innewohnende verwaltungsinterne Bindung hinausgehende Außenwirkung wird nur durch den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG) vermittelt (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.4.1997 - 3 C 6.95 -, BVerwGE 104, 220, 223 f.; Urt. v. 17.4.1970 - 7 C 60.68 -, BVerwGE 35, 159, 161 f.) und dies nur in der Ausprägung, die die Verwaltungsvorschriften durch die ständige Verwaltungspraxis gefunden haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.4.2003 - 3 C 25.02 -, NVwZ 2003, 1384 f.; Senatsbeschl. v. 7.10.2011 - 8 LA 93/11 -, [...] Rn. 6 jeweils m.w.N.). Aus einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) bei der Bewilligung einer Zuwendung kann sich aber die Rechtswidrigkeit eines Zuwendungsbescheides ergeben. Dabei erlangt das Gleichbehandlungsgebot Bedeutung zu Lasten des Zuwendungsbewerbers. Versagt ein Zuwendungsgeber in seiner ständigen Verwaltungspraxis unter bestimmten, regelmäßig in einer Förderrichtlinie dokumentierten Voraussetzungen die Gewährung einer Zuwendung, so verletzt er das Gleichbehandlungsgebot in seiner objektiv-rechtlichen Funktion, wenn er sich im Einzelfall ohne rechtfertigende Gründe über seine Verwaltungspraxis hinwegsetzt und trotz des Fehlens ansonsten geforderter Voraussetzungen die Leistung gewährt. Dann führt die verwaltungsinterne Nichtbeachtung einer Verwaltungsvorschrift zu einem unmittelbaren Verstoß gegen den grundgesetzlichen Gleichheitssatz und zur Rechtswidrigkeit des darauf beruhenden Zuwendungsbescheides (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.4.2003, a.a.O., mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Nach diesen Maßgaben erweist sich der Zuwendungsbescheid der Beklagten, mit dem der Klägerin die Zuwendung unter Verstoß gegen das in Nr. 1.3 VV-LHO zu § 44 umschriebene Verbot eines vorzeitigen Vorhabenbeginns gewährt worden ist, als rechtswidrig. Denn die Beklagte wendet dieses Verbot in ihrer ständigen Verwaltungspraxis regelmäßig an und rechtfertigende Gründe für ein ausnahmsweises Absehen von diesem Verbot im vorliegenden Einzelfall sind nicht ersichtlich.

Nach der - mit dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Richtlinienbestimmungen zu vereinbarenden - Verwaltungspraxis, wie sie die Beklagte zuletzt im Schriftsatz vom 21. Januar 2013 zusammenfassend dargelegt hat, werden Zuwendungen zur Projektförderung nur für solche Vorhaben bewilligt, die noch nicht begonnen worden sind. Als Vorhabenbeginn ist grundsätzlich der Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrages zu werten. Das Verbot des vorzeitigen Beginns eines Vorhabens soll den die staatliche Förderung begehrenden Zuwendungsbewerber vor finanziellen Nachteilen bewahren, wie sie etwa durch vertragliche oder finanzielle Bindungen im Hinblick auf das zu fördernde Vorhaben vor Stellung des Förderantrages entstehen können. Es soll aber auch die Entscheidungsfreiheit und die haushaltsrechtliche Verantwortlichkeit der Bewilligungsbehörde schützen, deren Einwirkungsmöglichkeiten auf das Vorhaben sichern und unnötige Bewilligungen vermeiden. Die Zuwendung soll nur für den Fall gewährt werden, dass der Zuwendungsbewerber das geplante Vorhaben ohne die beantragte Zuwendung mangels finanzieller Mittel gar nicht durchgeführt hätte, das Vorhaben aber als förderwürdig eingestuft wird. Die Zuwendung soll also im Allgemeininteresse einen Anreiz zur Durchführung eines Vorhabens und zu privaten Investitionen schaffen. Demgegenüber ist es nicht Sinn und Zweck der Zuwendung, solche Vorhaben zu fördern, zu deren Ausführung und Finanzierung sich der Zuwendungsbewerber ohnehin entschlossen hat oder auch ohne staatliche Hilfe in der Lage ist. Der Zuwendungsbewerber muss sich mithin für den Fall der Versagung der beantragten Zuwendung rechtlich und tatsächlich ungebunden die Entscheidung vorbehalten haben, das Vorhaben nicht durchzuführen. Ist ein dem Vorhaben zuzurechnender Vertrag bereits geschlossen worden, erfordert ein solcher Vorbehalt ein eindeutiges und ohne Folgen bleibendes Recht zum Rücktritt für den Fall der Versagung der beantragten Zuwendung. Es reicht nicht aus, wenn eine Vertragsaufhebung lediglich im Kulanzwege in Aussicht gestellt wird (vgl. zu Vorstehendem: Senatsurt. v. 13.9.2012 - 8 LB 58/12 -, [...] Rn. 35 und 51 m.w.N.).

Die Gewährung der Zuwendung an die Klägerin im Bescheid vom 18. August 2009 erfolgte entgegen dieser ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten. Denn die Klägerin hat, ohne dass ihr von der Beklagten ein vorzeitiger Vorhabenbeginn gestattet worden wäre, bereits vor dem 18. August 2009 mit dem geförderten Vorhaben begonnen.

Der Senat hat aufgrund der in der mündlichen Verhandlung durchgeführten Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, dass die Klägerin bereits vor dem 18. August 2009 einen rechtswirksamen Kaufvertrag mit der Firma E. Sales & Service Europe NV über das Laser Radar System MV 224 und damit einen dem geförderten Vorhaben zuzurechnenden Lieferungsvertrag geschlossen hat.

Die erst Ende 2008 gegründete Klägerin beabsichtigte nach ersten Markterkundungen, sich mit der Technologie zur berührungslosen 3D-Vermessung von großen Objekten in der Luftfahrt- und Windenergieindustrie näher zu befassen und einen wesentlichen Teil ihrer geschäftlichen Tätigkeit hierauf zu konzentrieren. Um ein für die berührungslose Vermessung erforderliches technisches System zu erwerben, trat die Klägerin in Kontakt mit der Firma E. und nahm Vertragsverhandlungen zum Erwerb eines Laser Radar Systems auf. Schon am 19. Dezember 2008 gab die Klägerin gegenüber der Firma E. eine "Kaufabsichtserklärung" ab. Darin heißt es: "Mit diesem Schreiben bekräftigen wir unsere Entscheidung ein Laser Radarsystem Typ MV 224 zzgl. noch zu verhandelnde Zusätze, zu kaufen (Leasing). Hierzu bedarf es noch einer expliziten Kaufverhandlung, da es noch Unklarheiten zu nachstehenden Punkten gibt ... Hierzu bedarf es noch zu konkreten Kaufverhandlungen. Wir sehen hier die Kalenderwoche 2/2009 in Stade."

Diese Absichtserklärung genügte der seiner Zeit in Übernahmeverhandlungen mit der Firma I. befindlichen Firma E. aber offenbar nicht. Denn der für die Firma E. tätige Zeuge L. forderte von der Klägerin mit E-Mails vom 26. Dezember 2008 und vom 29. Dezember 2008 eine "KaufENTSCHEIDUNG". Details könnten bei einer Zusammenkunft Anfang Januar in Stade besprochen werden und in die "FINAL Beauftragung" einfließen. Auch der "FINAL Auftrag muss vor 10/1 auf unseren Fax liegen". Nach weiterer telefonischer Abstimmung unterbreitete die Firma E. der Klägerin sodann mit Schreiben vom 30. Dezember 2008 ein modifiziertes Angebot über ein MV224 Laser Radar System für einen Einzelpreis von 241.100 EUR, ein Power Cabinet 230 V für einen Einzelpreis von 0 EUR, einen Software Treiber für das Laser Radar für einen Einzelpreis von 45.000 EUR, einen SA Core und alle verfügbaren Module und ein Laser Radar Interface für einen Einzelpreis von 24.304 EUR, ein SA Faro Laser Tracker interface für einen Einzelpreis von 7.650 EUR, eine Schulung für das Laser Radar und den Spatial Analyzer für einen Einzelpreis von 1.500 EUR sowie einen SA Core und alle Module für einen Einzelpreis von 13.043 EUR. Für eine Bestellung bis zum 10. Januar 2009 bot die Firma E. einen zusätzlichen Nachlass von 2 % und die Schulung der Mitarbeiter im Wert von 1.500 EUR kostenlos als zusätzliche Position an, so dass sich ein Preis für das Gesamtsystem in Höhe von 348.292,98 EUR ergibt. Auch die Zahlungskonditionen, die Lieferbedingungen, der Eigentumsübergang und die Garantiebedingungen sind im Angebot bestimmt. In den Bedingungen wird das Angebot als gültig bis zum 10. Januar 2009 bezeichnet.

Auf dieses Angebot hin übersandte der Geschäftsführer der Klägerin mit E-Mail vom 7. Januar 2009 die auf den 9. Januar 2009 datierte "Kaufentscheidung zum 10.1.2009". Die Klägerin gab damit der Firma E. ihre "Entscheidung, ein Laser Radarsystem Typ MV 224 zu kaufen", bekannt. Die Gesellschafterversammlung der Klägerin habe festgelegt, das LRS zu beschaffen. Mit dieser Erklärung hat die Klägerin das vorausgegangene annahmefähige Angebot vom 30. Dezember 2008 angenommen. Ein Kaufvertrag über das LRS ist damit bereits zu diesem Zeitpunkt, dem 10. Januar 2009, rechtswirksam zustande gekommen. Diese Feststellung wird schließlich, ohne dass es hierauf für die Überzeugungsbildung des Senats ankommen würde, bestätigt durch das am 7. Januar 2010 zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin und dem Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen F., geführte Telefonat. Der Zeuge F. hat gegenüber dem Senat widerspruchsfrei und detailreich schildern können, wie es zu dem Telefonat kam, unter welchen Umständen es geführt wurde und dass der Geschäftsführer der Klägerin darin den Kauf des LRS schon vor dem 26. März 2009 eingeräumt hat. Angesichts der vom Zeugen F. geschilderten besonderen Umstände, insbesondere des heimlichen Mithörens des Telefonates durch eine weitere Mitarbeiterin der Beklagten, vermag der Senat nachzuvollziehen, dass der Zeuge F. sich noch gut an den Inhalt des Telefonats erinnern konnte und dass er den Telefonvermerk erst auf Aufforderung am 10. August 2010 erstellt hat. Eine besondere, die Glaubwürdigkeit des Zeugen F. beeinträchtigende Bedeutung misst der Senat diesen Umständen nicht bei. Der Zeuge F. hat ersichtlich kein Eigeninteresse am Ausgang des Verfahrens und der Geschäftsführer der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung einen abweichenden Inhalt des Telefonats nicht ansatzweise dargestellt.

Auch die anderslautende Einlassung des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, die "Kaufentscheidung zum 10.1.2009" sei noch keine wirksame Bestellung gewesen, hält der Senat für widerlegt. Unter Berücksichtigung der geschilderten Umstände und der nachfolgenden Entwicklung ist diese Einlassung nicht nachzuvollziehen. So ist, ohne dass weitere Kommunikation zwischen den Vertragsschließenden dokumentiert wäre, das LRS der Klägerin am 22. Januar 2009 geliefert worden. Nachdem die Sparkasse K. mit Schreiben vom 26. März 2009 eine Darlehenszusage über insgesamt 398.000 EUR für "Erwerb Laser Radar Messgerät, Software Arbeitsplatz" erteilt und der Geschäftsführer der Klägerin diese dem Zeugen L. per Mail übersandt hatte, legte die Firma E. gegenüber der Klägerin ebenfalls unter dem 26. März 2009, eingegangen bei der Klägerin am 30. März 2009, Rechnung. Die Rechnungspositionen entsprechen genau dem von der Klägerin angenommenen Angebot der Firma E. vom 30. Dezember 2008 über insgesamt 348.292,98 EUR. Auch der für die Annahme bis zum 10. Januar 2009 vereinbarte Rabatt von 2 % sowie die kostenlosen Mitarbeiterschulungen sind berücksichtigt.

Die Behauptung der Klägerin, die Rechnung gegenüber der Firma E. sei mündlich als falsch beanstandet worden, hat in der Beweisaufnahme keine Bestätigung gefunden. Die Ausführungen des Geschäftsführers hierzu sind, im Vergleich zu anderen Einlassungen, detailarm und oberflächlich. Konkrete Umstände oder auch nur ungefähre Zeitpunkte der behaupteten mündlichen Beanstandung konnte er ebenso wenig benennen wie Gründe für die unterbliebene schriftliche Beanstandung. Gegen eine solche Beanstandung spricht auch, dass die Rechnung in der Buchhaltung der Klägerin als zum 26. März 2009 bestehende Verbindlichkeit erfasst worden ist. In der Umsatzsteuervoranmeldung für April 2009 hat die Klägerin zudem für den innergemeinschaftlichen Erwerb des LRS zu einem Kaufpreis von 348.292,98 EUR die Erwerbsbesteuerung nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 5; 1a; 10; 13 Abs. 1 Nr. 6; 13a Abs. 1 Nr. 2 UStG im Bundesgebiet vorgenommen. Auch die von der Klägerin geleisteten und als Kaution bezeichneten Teilzahlungen sind buchhalterisch allein als Zahlungen auf die Rechnung der Firma E. vom 26. März 2009 unter dem Konto 71201 erfasst worden. Schließlich verdeutlichen die Ausführungen des Zeugen L. zur Rechnungslegungspraxis der Firma E., dass es sich bei der Rechnung an die Klägerin vom 26. März 2009 nicht nur um eine vorläufige "pro-forma-Rechnung", sondern um eine "normale und richtige Rechnung" gehandelt hat.

Die Klägerin vermochte den Senat auch nicht davon zu überzeugen, dass die Wirksamkeit des Kaufvertrages aufgrund einer Vereinbarung mit der Firma E. von der Gewährung der Zuwendung durch die Beklagte abhängen sollte.

Die Behauptung der Klägerin, gegenüber der Firma E. deutlich darauf hingewiesen zu haben, dass ein Erwerb des LRS vor Gewährung der Zuwendung förderschädlich sei, trifft zwar formal zu. So heißt es in der mit Wichtigkeit "Hoch" am 13. Januar 2009 um 16.50 Uhr vom Geschäftsführer der Klägerin an die Mitarbeiter der Firma E., die Herren L. und H., gesendeten E-Mail: "anbei die beiden Dokumente mit der vereinbarten Absprache, das eine offizielle Bestellung seitens A. nach erfolgtem Subventionseingangsbestätigung ausgelöst wird !!! Bitte die Auftragsbestätigung (E.) gemäß unserer offiziellen Bestellung auslösen. Nicht vor dem Bestelldatum! Dies ist für unsere Finanzierung signifikant wichtig !! Ansonsten no go, da die Subvention Bestandteil unserer Finanzierung ist". Dafür, dass zwischen den Beteiligten allerdings schon vor diesem Zeitpunkt über die Aufnahme einer wohl aufschiebenden Bedingung für die Wirksamkeit des Kaufvertrages verhandelt worden und diese Bestandteil des schon zum 10. Januar 2009 geschlossenen Kaufvertrages geworden ist, bestehen indes keinerlei Anhaltspunkte. Andere Details des auszuhandelnden Vertrages sind hinreichend dokumentiert (vgl. etwa die Kaufabsichtserklärung vom 19.12.2008: "Garantie, Software, Softwarelizenzen, Auftragsabwicklung, Schulungen, Auftragsbestandsabwicklung (E.), Zusammenarbeit mit E., Gebietsschutz"), nicht aber der nach dem Vorbringen der Klägerin entscheidende Vorbehalt der Bewilligung öffentlicher Fördermittel. Das erstmals in der E-Mail vom 13. Januar 2009 dokumentierte Bemühen des Geschäftsführers der Klägerin, einen Zusammenhang zwischen der Wirksamkeit des Kaufvertrages und der Gewährung der seiner Zeit erst noch zu beantragenden Zuwendung herzustellen, ist offenbar auf seinen Kontakt mit einem Berater der Beklagten an eben diesem Tage zurückzuführen. So hatte der Geschäftsführer der Klägerin erstmals mit E-Mail vom 13. Januar 2009, 11.10 Uhr, mit einem Mitarbeiter der Projektberatung Wirtschaftsförderung der Beklagten Kontakt aufgenommen, der ihm mit E-Mail vom 13. Januar 2009 um 17.08 Uhr einen konkreten Gesprächstermin in Stade vorschlug. Für den Senat drängt sich auf, dass in einem an jenem Tag geführten Telefonat vom Mitarbeiter der Beklagten darauf hingewiesen wurde, dass eine Förderung überhaupt nur bei noch nicht begonnenen Vorhaben gewährt werden könne. Erst als der Geschäftsführer der Klägerin dies erkannte, setzte er die E-Mail vom 13. Januar 2009, 16.50 Uhr, an die Mitarbeiter der Firma E. ab.

Ungeachtet dieser Umstände, die das Verhalten des Geschäftsführers der Klägerin nachvollziehbar machen, hat die Klägerin jedenfalls nicht nachgewiesen, dass die Wirksamkeit des hinreichend dokumentierten Kaufvertragsschlusses zum 10. Januar 2009 nachträglich wieder aufgehoben oder mit der aufschiebenden Bedingung der Gewährung der von ihr bei der Beklagten noch zu beantragenden Zuwendung versehen worden ist. Zwar wäre eine entsprechende nachträgliche Änderung des zum 10. Januar 2009 geschlossenen Kaufvertrages wohl möglich gewesen. Der Senat vermochte aber nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass die Vertragsparteien eine solche nachträgliche Änderung wirksam vorgenommen haben.

Der Senat hat bereits erhebliche Zweifel, ob die insoweit als Angebot einer Änderung anzusehende Erklärung der Klägerin in der E-Mail vom 13. Januar 2009 überhaupt wirksam gewesen ist. Schon der Wortlaut der Erklärung, der ersichtlich zwischen der bereits erfolgten Bestellung und einer "offiziellen Bestellung" zur Sicherung der seinerzeit noch zu beantragenden Zuwendung unterscheidet, deutet auf das Vorliegen einer nur zum Schein abgegebenen und damit nach § 117 Abs. 1 BGB nichtigen Willenserklärung hin.

Jedenfalls aber fehlt es daran, dass die Firma E. ein solches Angebot angenommen hat. Eine ausdrückliche Annahmeerklärung der Firma E. ist nicht ersichtlich. Die dargestellte Abwicklung des Vertrages nach dem 10. Januar 2009 durch Lieferung des LRS am 22. Januar 2009 und Rechnungslegung am 26. März 2009 deuten vielmehr auf eine Ablehnung des Angebotes hin. Die im verwaltungsbehördlichen und nachfolgenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren erfolgten anderslautenden Einlassungen der Klägerin und der Firma I. sieht der Senat als unglaubhaft an.

Die Klägerin behauptet zwar, mit der Firma E. eine Vereinbarung zu einer nur leihweisen, gegen bloße Kautionszahlung erfolgten Lieferung des LRS vor der Gewährung der Zuwendung getroffen zu haben. Unter welchen nachprüfbaren Umständen und zu welchen Zeitpunkten diese Vereinbarung getroffen worden ist und welche konkreten Inhalte die behauptete Vereinbarung hatte, konnten aber weder der Geschäftsführer der Klägerin noch der Zeuge L. erläutern. Dabei war ihnen die Relevanz dieser Fragen durchaus bekannt. Bereits mit Verfügung vom 7. November 2012 hatte der Senat Fragen auch zu der insoweit behaupteten Vereinbarung gestellt ("Anhand welcher nachvollziehbaren Kriterien haben die Firma E. und die Klägerin die Höhe der behaupteten Kautionszahlungen von insgesamt 322.000 EUR vereinbart ? Nach dem Angebot vom 7. Januar 2009 lag der Einzelpreis für das Laser Radar System MV 224 nur bei 241.100 EUR. Warum sind die Kautionszahlungen nicht im Liquiditätsplan der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2009 dargestellt worden ? Wie sollte eine Rückabwicklung der behaupteten Lieferung zu "Testzwecken" gegen Kaution für den Fall, dass die beantragte öffentliche Förderung nicht gewährt wird, erfolgen ?"). Das Unvermögen gerade des Geschäftsführers der Klägerin, diese Fragen zu beantworten, vermag der Senat angesichts der Bedeutung der behaupteten Vereinbarung für die Zuwendung und damit auch das wirtschaftliche Wohl der erst kurze Zeit geschäftlich tätigen Klägerin nicht ansatzweise nachzuvollziehen. Im Übrigen sind die sonstige Kommunikation zwischen der Klägerin und der Firma E. weitgehend per E-Mail erfolgt und durchaus ordentlich dokumentiert. Zur behaupteten Vereinbarung einer nur leihweisen, gegen bloße Kautionszahlung erfolgten Lieferung des LRS vor der Gewährung der Zuwendung existiert hingegen nichts Schriftliches. Der Senat hält es für lebensfern, dass über derart wesentliche Umstände keine dokumentierte, jedenfalls aber keine konkrete Vereinbarung zwischen den Vertragsschließenden getroffen worden ist.

Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin auf die Bezeichnung der Teilzahlungen vom 27. April 2009 in Höhe von 100.000 EUR und vom 3. Juni 2009 in Höhe von 22.000 EUR im Verwendungszweck der Buchungen/Kontoauszüge als "Kaution". Diese Bezeichnung kann vom Geschäftsführer der Klägerin frei gewählt worden sein. Auch hat die Klägerin das LRS bereits unter dem 27. März 2009 an die Sparkasse K. sicherungsübereignet und in der Sicherungsvereinbarung unter Nr. 1.3 ausdrücklich versichert, Eigentümer des LRS zu sein und damit nach außen dokumentiert, das LRS nicht nur wirksam erworben zu haben. Aus dem insoweit im erstinstanzlichen Verfahren beigebrachten Schreiben der Sparkasse vom 3. November 2010 ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht Eigentümerin des LRS gewesen ist. Mit dem Schreiben gibt die Sparkasse nur Angaben der Klägerin ihr gegenüber wieder. Der als Zeuge geladene Mitarbeiter der Sparkasse, Herr M., hat gegenüber dem Senat den Hintergrund dieser Einlassungen zudem nur mit Hinweis auf einen möglichen Eigentumsvorbehalt begründet, aber erkennbar keine Kenntnis von der behaupteten nur leihweisen Überlassung des LRS gehabt. Schließlich hat die Klägerin selbst die Rechnung vom 26. März 2009 mit der ersten Mittelanforderung vom 4. Dezember 2009 bei der Beklagten eingereicht. Dies spricht, ebenso wie die vorstehend geschilderten Umstände, dafür, dass die Klägerin diese Rechnung und die zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vereinbarungen für wirksam hielt, zumal seinerzeit auch schon die nun als richtig bezeichnete Rechnung vom 20. August 2009 der Klägerin vorgelegen haben muss. Dieser misst der Senat daher ebenso wie der Bestellung der Klägerin vom 19. August 2009 keine weitere Bedeutung zu.

Die Ausführungen der Firma I. als Rechtsnachfolgerin der Firma E. sind bereits in sich widersprüchlich. Die "wunschgemäß" erfolgende Bestätigung im Schreiben der Firma I. vom 17. Februar 2010 beschreibt ein wirksames Zustandekommen des Kaufvertrages erst aufgrund der Bestellung vom 19. August 2009. Davor sei lediglich eine leihweise Überlassung zu Testzwecken gegen eine Kautionszahlung erfolgt. In dem weiteren Schreiben vom 4. Mai 2010, mit dem die Firma I. Fragen der Beklagten beantwortet, führt sie hingegen aus: "We were aware that there was a right to 'unwind' the transaction, as agreed betwenn E. and Quamt. This right was free of charge." Die Notwendigkeit der Vereinbarung eines Rücktrittsrechts ("a right to 'unwind' the transaction") erschließt sich vor dem Hintergrund der vorausgegangenen Ausführungen zur mangelnden Wirksamkeit des Kaufvertrages nicht. Diesen Widerspruch vermochte auch der Zeuge L., der seiner Zeit bei der Firma E. beschäftigt und bei den Vertragsverhandlungen beteiligt gewesen ist, nicht aufzuklären. Stattdessen machte er gegenüber dem Senat in der mündlichen Verhandlung geltend, "dass das Geschäft unter dem Vorbehalt der Finanzierung" bzw. "die Bestellung unter der aufschiebenden Bedingung durch die Finanzierung des Anschaffungsgeschäfts" gestanden habe. Die Behauptung der Klägerin, die Wirksamkeit des Kaufvertrages sei von der Gewährung der noch zu beantragenden Zuwendung abhängig gewesen, hat der Zeuge L. hiermit nicht bestätigt. Es mag sein, dass die Beteiligten seinerzeit Möglichkeiten einer Rückabwicklung bei mangelnder Finanzierung des Kaufpreises durch die Klägerin erwogen haben. Dass die Finanzierung aber eine solche durch öffentliche Zuwendungen sein müsse, ist ersichtlich nicht vereinbart worden. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für ein dahingehendes Interesse der Firma E.. Dem widerspricht auch die E-Mail des Geschäftsführers der Klägerin an den Zeugen L. vom 27. März 2009, wenn es dort nach Abschluss des Darlehensvertrages mit der Sparkasse K. heißt: "Die Finanzierung ist sicher. Entweder arbeiten wir mit einem Notaranderkonto oder wir zahlen nach dem Bescheid. ... Das Darlehen in Höhe von 398k€ beinhaltet das LR in Höhe von 348k€." Schließlich konnte der Zeuge L. nicht ansatzweise die Aufnahme von Zahlungen durch die Klägerin an die Firma E. ab dem 1. April 2009 erläutern. Die von der Klägerin und auch von der Firma I. noch im Schreiben vom 17. Februar 2010 behaupteten bloßen Kautionszahlungen waren dem Zeugen L. gänzlich unbekannt. Diese Unkenntnis versuchen die Klägerin und der Zeuge L. ohne Erfolg mit dessen mangelnder Beteiligung an der kaufmännischen und rechtlichen Abwicklung des Vertrages zu entschuldigen. Denn die leihweise Überlassung des LRS zu Testzwecken gegen Kautionszahlungen soll nach den Behauptungen der Klägerin während der Vertragsanbahnung und -verhandlungen vereinbart worden sein und nicht erst anlässlich der Vertragsdurchführung und -abwicklung. Der Zeuge L. war ausweislich der vorliegenden Korrespondenz aber maßgeblich an den Vertragsverhandlungen beteiligt; er ist von der Klägerin noch im Schriftsatz vom 8. Januar 2013 als Zeuge für den Inhalt der Vertragsverhandlungen und auch die behauptete Vereinbarung zur nur leihweisen Überlassung des LRS zu Testzwecken gegen eine Kautionszahlung benannt worden.

Hat die Klägerin damit bereits zum 10. Januar 2009 einen rechtswirksamen Kaufvertrag mit der Firma E. über das Laser Radar System MV 224 und damit einen dem geförderten Vorhaben zuzurechnenden Lieferungsvertrag geschlossen, liegt ein vorzeitiger Vorhabenbeginn im Sinne der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten zu Nr. 1.3 VV-LHO zu § 44 vor.

Der Senat kann daher hier dahinstehen lassen, ob auch der zwischen der Klägerin und der Sparkasse K. unstreitig am 27. März 2009 geschlossene Darlehensvertrag, der jedenfalls in einem Teilumfang von 348.000 EUR zweckgebunden für den Erwerb eines Laser Radar Systems war, einen vorzeitigen Vorhabenbeginn dokumentiert und die Beklagte ihren Rücknahmebescheid auch hierauf stützen durfte. Der Senat weist insoweit lediglich kurz darauf hin, dass aus der teilweisen Zweckbindung des Darlehens durchaus auf einen Beginn des geförderten Vorhabens im Sinne der Nr. 1.3 VV-LHO zu § 44 geschlossen werden kann. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es dabei nicht entscheidend darauf an, ob der Darlehensvertrag als ein "der Ausführung zuzurechnender Lieferungs- oder Leistungsvertrag zu werten" ist. Nach dem Wortlaut der Bestimmung in Nr. 1.3 Satz 3 VV-LHO zu § 44 ist einem solchen Fall zwar auch von einem Vorhabenbeginn auszugehen. Der als solche nach Nr. 1.3 Satz 1 VV-LHO zu § 44 förderschädliche Vorhabenbeginn liegt nach der maßgeblichen Verwaltungspraxis der Beklagten aber auch schon dann vor, wenn der Zuwendungsbewerber sich zur Ausführung und Finanzierung des Vorhabens entschlossen hat, bevor die Zuwendung gewährt worden ist, diese also keinen Anreiz zur Durchführung des Vorhabens mehr darstellt. Genau diesen Entschluss der Klägerin dokumentiert der hier zweckgebundene Darlehensvertrag. Die Klägerin zeigte damit bereits vor der Gewährung und auch vor der Beantragung der Zuwendung, dass sie das LRS erwerben will. Sie verfügte aufgrund des gewährten Darlehens auch über die hierzu erforderlichen Mittel. Die gleichwohl zum Erwerb des LRS gewährte Zuwendung stellt damit einen bloßen Mitnahmeeffekt dar.

2. Die Klägerin kann sich nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen. Dieses ist nach § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG unter anderem dann ausgeschlossen, wenn der Begünstigte den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG).

So liegt es hier. Unter Nr. 5.4 ihres Antrags vom 17. Juli 2009 hat die Klägerin angegeben, mit dem Vorhaben noch nicht begonnen zu haben und noch keine projektbezogenen Lieferungs- oder Leistungsverträge abgeschlossen zu haben. Wie ausgeführt war diese Angabe in wesentlicher Beziehung unrichtig. Die Klägerin hatte bereits zum 10. Januar 2009 einen rechtswirksamen Kaufvertrag mit der Firma E. über das Laser Radar System MV 224 und damit einen dem geförderten Vorhaben zuzurechnenden Lieferungsvertrag geschlossen.

3. Die Rücknahme ist auch innerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erfolgt.

Diese Frist beginnt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.12.1984 - GrS 1 und 2/84 -, BVerwGE 70, 356, 364 f.), der der Senat folgt (vgl. Senatsbeschl. v. 6.10.2011 - 8 LA 19/11 -, Umdruck, S. 9 f.), und die den Gesetzgeber bisher nicht zu Gesetzesänderungen veranlasst hat (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes, BT-Drs. 10/6283, S. 5), erst dann zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahme erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Die bloße Kenntnis, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, setzt für sich allein die Rücknahmefrist daher nicht in Gang. § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG verlangt vielmehr, dass der Behörde auch sämtliche für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Hierzu gehören auch alle Tatsachen, die im Falle des § 48 Abs. 2 VwVfG ein Vertrauen des Begünstigten in den Bestand des Verwaltungsakts entweder nicht rechtfertigen oder ein bestehendes Vertrauen als nicht schutzwürdig erscheinen lassen, sowie die für die Ermessensausübung wesentlichen Umstände. Diese Tatsachen müssen vollständig, uneingeschränkt und zweifelsfrei ermittelt worden sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.12.1984, a.a.O.). Dies umfasst den Abschluss eines erforderlichen Anhörungsverfahrens (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.9.2001 - 7 C 6.01 -, NVwZ 2002, 485).

Hiernach wahrt der Rücknahmebescheid vom 21. Juni 2010 die Jahresfrist. Er ist innerhalb eines Jahres nach Erlass des zurückgenommenen Zuwendungsbescheides vom 18. August 2009 ergangen. Die Jahresfrist beginnt nach vorstehenden Ausführungen unter keinen Umständen vor Erlass des zurückgenommenen Bescheides zu laufen (vgl. Senatsbeschl. v. 14.2.2013 - 8 LA 133/12 -, Umdruck, S. 5 f.).

Ob auch die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 23. September 2010 gegebene weitere Begründung des Rücknahmebescheides, der am 27. März 2009 von der Klägerin abgeschlossene Darlehensvertrag führe ebenfalls zu einem vorzeitigen Vorhabenbeginn, innerhalb der Jahresfrist gegeben worden ist, bedarf hier keiner Entscheidung mehr.

4. Die Beklagte hat schließlich das ihr im Rahmen der Rücknahmeentscheidung eingeräumte Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt. Ermessenfehler sind nicht ersichtlich. Liegt, wie hier, ein Fall des § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG vor, lenkt § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG das der Behörde nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zustehende Ermessen, indem er die Rücknahme des Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit als Regel festlegt. Folgt das Verwaltungshandeln dieser Regel, müssen Ermessenserwägungen der Behörde im Rücknahmebescheid nicht näher dargestellt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.5.1996 - 3 C 13.94 -, Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 1 m.w.N.). Einen atypischen Sachverhalt, aufgrund dessen die Beklagte gezwungen sein könnte, von der Rücknahme ganz oder auch nur teilweise abzusehen, vermag der Senat hier nicht zu erkennen.