Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 06.09.2013, Az.: 5 LA 10/13

Kürzung der Versorgungsbezüge des Ausgleichspflichtigen i.R.d. Versorgungsausgleichs nach Scheidung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
06.09.2013
Aktenzeichen
5 LA 10/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 45718
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2013:0906.5LA10.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 27.11.2012 - AZ: 2 A 5255/11

Gründe

Der Antrag des Klägers, der mit Ablauf des Monats 2010 in den Ruhestand versetzt wurde, auf

Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses die Kürzung der Versorgungsbezüge des Klägers mit Wirkung vom 1. November 2010 und die Rückforderung der für diesen Monat überzahlten Versorgungsbezüge für rechtmäßig erachtet hat,

hat keinen Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung liegen nicht vor.

Ernstliche Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschluss vom 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 30.4.2008 - 5 LA 200/07 -; BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, DVBl. 2004, 838).

Ausgehend von diesen Grundsätzen führt das Vorbringen des Klägers nicht zur Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Der Kläger hat keine gewichtigen, gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sprechenden Gründe aufgezeigt, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das Verwaltungsgericht hat im Einzelnen und ausführlich begründet, warum es zu der von dem Kläger angegriffenen Einschätzung gelangt ist (UA S. 4 - 8). Der Senat macht sich die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils zu Eigen und verweist auf sie (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren ist das Folgende hervorzuheben bzw. zu ergänzen:

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte rechtmäßig die Kürzung der Versorgungsbezüge des Klägers auf die Vorschrift des § 55 c Abs. 1 des Soldatenversorgungsgesetzes in der ab dem 1. September 2009 geltenden Fassung - SVG 2009 - des Art. 8 Nr. 3 a) des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs vom 3. April 2009 (- VAStrRefG -, BGBl. I S. 700) gestützt hat. Nach dieser Vorschrift werden - wenn durch Entscheidung des Familiengerichts Anwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1587b Absatz 2 BGB in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung oder Anrechte nach dem Versorgungsausgleichsgesetz vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700) - VersAusglG - übertragen oder begründet worden sind - nach Wirksamkeit dieser Entscheidung die Versorgungsbezüge der ausgleichspflichtigen Person und ihrer Hinterbliebenen nach Anwendung von Ruhens-, Kürzungs- und Anrechnungsvorschriften um den nach Absatz 2 oder Absatz 3 berechneten Betrag gekürzt (Abs. 1 Satz 1). Das Ruhegehalt, das der verpflichtete Ehegatte im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Entscheidung des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich erhält, wird erst gekürzt, wenn aus der Versicherung des berechtigten Ehegatten eine Rente zu gewähren ist; dies gilt nur, wenn der Anspruch auf Ruhegehalt vor dem 1. September 2009 entstanden und das Verfahren über den Versorgungsausgleich zu diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (Abs. 1 Satz 2).

Das in § 55c Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz SVG 2009 geregelte sog. Pensionistenprivileg kommt dem Kläger nicht zu Gute. Denn er erfüllt die Voraussetzung des zweiten Halbsatzes nicht, wonach der Anspruch auf Ruhegehalt vor dem 1. September 2009 entstanden sein muss. Der Anspruch des Klägers auf Ruhegehalt ist erst mit seiner Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des Monats 2010 entstanden.

Entgegen der Auffassung des Klägers gebietet hier die allgemeine Übergangsvorschrift des § 48 Abs. 1 VersAusglG keine Anwendung des § 55c Abs. 1 S. 2 SVG in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung, also ohne den im Zuge der Neuordnung des Versorgungsausgleichsrechts zum 1. September 2009 in Satz 2 eingefügten zweiten Halbsatz.

Nach § 48 Abs. 1 VersAusglG ist in Verfahren über den Versorgungsausgleich, die vor dem 1. September 2009 eingeleitet worden sind, das bis dahin geltende materielle Recht und Verfahrensrecht weiterhin anzuwenden. Verfahren über den Versorgungsausgleich gemäß § 48 Abs. 1 VersAusglG sind Versorgungsausgleichssachen im Sinne des § 217 FamFG, sei es gemäß § 137 Abs. 2 FamFG als Folgesache zu einem Scheidungsverfahren, sei es als isoliertes Versorgungsausgleichsverfahren (vgl. BT-Drs. 16/10144 S. 86). Die Vorschrift gilt demnach nur für solche gerichtliche Verfahren (vgl. auch Breuers, in: jurisPK-BGB Band 4, § 48 VersAusglG Rn. 9). Streitgegenstand im vorliegenden Fall ist aber die Kürzungsentscheidung der Wehrbereichsverwaltung West gemäß § 55c Abs. 1 SVG. Diese Kürzungsentscheidung stellt sich - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat - nur als versorgungsrechtliche Umsetzung der im Verfahren über den Versorgungsausgleich ergangenen Entscheidung des Familienrechts dar und ist kein Verfahren über den Versorgungsausgleich im Sinne von § 48 Abs. 1 VersAusglG.

Keine andere Einschätzung ergibt sich hier aus Sinn und Zweck des § 48 VersAusglG und des § 55c Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz SVG 2009. Der Kläger wendet ohne Erfolg ein, § 48 VersAusglG diene der Herstellung von Rechtssicherheit vor dem Hintergrund der zum Stichtag 1. September 2009 erfolgten umfassenden Neuordnung des Versorgungsausgleichsrechts und dieses Bestreben nach Herstellung von Rechtssicherheit werde konterkariert, wenn "es zwischen der Einleitung des familiengerichtlichen Verfahrens über den Versorgungsausgleich und der verwaltungsmäßigen Umsetzung der in ihm getroffenen Entscheidung zu einem für den Kläger erheblichen Wechsel des zu Grunde legenden Rechtsregimes" komme.

§ 48 VersAusglG ist eine allgemeine Übergangsvorschrift für Verfahren über den Versorgungsausgleich. Diese Vorschrift soll neben der Anwenderfreundlichkeit der Anpassung an die geänderte Übergangsvorschrift des FGG-Reformgesetzes dienen (vgl. BT-Drs. 16/11903). Mit ihr soll der Gleichlauf der neuen materiell-rechtlichen und der neuen verfahrensrechtlichen Regelungen sichergestellt werden. Sie soll gewährleisten, dass Parteien, die bei der Einleitung des Versorgungsausgleichsverfahrens davon ausgegangen sind, der Versorgungsausgleich werde nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften durchgeführt, nicht im laufenden Verfahren mit dem neuen Ausgleichsrecht konfrontiert werden (BT-Drs. 16/10144 S. 86).

Demgegenüber stellt § 55c Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz SVG 2009 eine eigenständige Übergangsregelung betreffend das Pensionistenprivileg dar. Durch das VAStrRefG ist das Pensionistenprivileg zum 1. September 2009 aufgehoben worden. Die Übergangsvorschrift des § 55c Abs. 1 Satz 2, 2. HS SVG 2009 dient nicht der Angleichung von Vorschriften des Verfahrens in Familiensachen, sondern ist eine rentengleiche Folgeänderung zu den Änderungen in den §§ 101, 268a SGB VI (vgl. BT-Drs. 16/10144 S. 106). Sie soll als Besitzschutzregelung das Pensionistenprivileg für Soldaten aufrechterhalten, denen bereits vor Inkrafttreten des neuen Versorgungsausgleichsgesetzes ein Anspruch auf Ruhegehalt zustand. Diese Übergangsvorschrift stellt ausdrücklich klar, dass das Pensionistenprivileg von dem Zeitpunkt des Entstehens des Ruhegehaltsanspruchs abhängt.

Der Kläger kann sich aus diesen Gründen auch weder mit Erfolg darauf berufen, eine systematische Betrachtung, und zwar im Umkehrschluss zu den Ausnahmetatbeständen des § 48 Abs. 2 VersAusglG ergebe, dass § 48 Abs. 1 VersAusglG einen Besitzschutz fixiere, noch verfängt sein Hinweis, eine Anwendung des § 48 Abs. 1 VersAusglG scheitere nicht an § 48 Abs. 3 VersAusglG.

Das Verwaltungsgericht hat zudem zutreffend festgestellt, dass gegen die hier maßgeblichen Vorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Mit seinem Einwand, die von dem Verwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungs- und des Bundesverfassungsgerichts betreffe die hier maßgebliche Regelung nicht, lässt der Kläger unbeachtet, dass das Verwaltungsgericht unter Anwendung der in den Entscheidungen des Bundesverwaltungs- und Bundesverfassungsgerichts genannten Rechtsgrundsätze im Einzelnen begründet hat, warum gegen die hier streitige Regelung keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (siehe S. 5 - 6 UA). Der Senat folgt dieser Auffassung des Verwaltungsgerichts. Die Kürzung der Versorgungsbezüge des Klägers beruht auf § 55c Abs. 1 Satz 1 SVG 2009. Diese Kürzungsvorschrift ist mit höherrangigem Recht vereinbar (vgl. zu § 57 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. z.B. BVerfG, Beschluss vom 9.11.1995 - 2 BvR 1762/92 -, [...]). Die zur Vermeidung von Härten geschaffenen Regelungen der §§ 4 ff. des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (- VAHRG -) vom 21. Februar 1983 (BGBl. I S. 105; vgl. BVerfG, Beschluss vom 9.11.1995, a.a.O., Rn. 23) sind mit Inkrafttreten des VAStrRefG in §§ 32 ff. VersAusglG normiert. Dementsprechend hat - worauf auch das Verwaltungsgericht hingewiesen hat - das Amtsgericht C. Härtegesichtspunkte zu Gunsten des Klägers gemäß §§ 33, 34 VersAusglG geprüft (vgl. Beschluss vom 10.2.2011, S. 4 BA; Bl. 108 ff.BA A).

Dass das Pensionistenprivileg gemäß § 55 Abs. 1 Satz 2 SVG 2009 nur noch zeitlich begrenzt zur Anwendung kommt, begegnet ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Die Regelung über das Pensionistenprivileg durchbrach den Grundsatz, dass der Versorgungsausgleich mit Rechtskraft der Entscheidung des Familiengerichts sofort und endgültig vollzogen ist. Sie wurde damit begründet, dass ein Versorgungsempfänger im Gegensatz zu einem aktiven Beamten aufgrund seiner geringeren Bezüge geringere finanzielle Möglichkeiten hat, die Kürzung des Ruhegehalts ganz oder teilweise auszugleichen. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Regelung "als jedenfalls vertretbar" angesehen (Beschluss vom 9.11.1995, a.a.O., Rn. 27 zu § 57 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG a.F.). Dass sie verfassungsrechtlich geboten wäre, hat das Bundesverfassungsgericht dagegen nicht festgestellt (vgl. auch Bay. VerfGH, Entscheidung vom 25.2.2013 - Vf. 17-VII-12 -, [...] Rn. 54).

Der Wegfall dieser Privilegierung beruht - wie schon oben erwähnt - auf einer rentengleichen Folgeänderung zu den Änderungen in den §§ 101, 268a SGB VI. Der Gesetzgeber hat die Abschaffung des Rentnerprivilegs folgendermaßen begründet (BT-Drs. 16/10144 S. 100 zu § 101 Abs. 3, 3a und 3b SGB VI):

"Mit der Neufassung des Absatzes 3 wird das bisherige sogenannte Rentnerprivileg aufgehoben. Die bisherige Begünstigung von Personen, die zum Zeitpunkt der Scheidung bereits eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen und bei denen bis zum Beginn der Rente der ausgleichsberechtigten Person (das heißt übergangsweise) keine Kürzung der Rente erfolgte, ist ohnehin eine Ausnahme von den den Versorgungsausgleich prägenden Grundsätzen, nach denen mit dem Versorgungsausgleich die beidseitig erworbenen Anrechte ausgeglichen werden. Das Rentnerprivileg wurde daher schon seit Längerem von verschiedenen Seiten in Frage gestellt. Das Rentnerprivileg führte in der bisheri- gen Form auch zu an sich schwer zu rechtfertigenden Belastungen des Versorgungsträgers der ausgleichspflichtigen Person. Hinzu kommt, dass mit der nun vorgesehenen neuen Struktur des Versorgungsausgleichs, insbesondere mit dem Grundsatz der internen Teilung aller Anrechte, das bisherige Rentnerprivileg in dieser Form ohnehin nicht aufrechterhalten werden kann. Denn künftig ist es möglich, dass eine Person zwar bezogen auf Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung ausgleichspflichtig, im Hinblick auf andere Anrechte jedoch zugleich ausgleichsberechtigt sein kann (in Folge der Abkehr vom "Einmalausgleich"). Die zeitweise Aussetzung einer Kürzung der Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung darf jedoch nicht dazu führen, dass gleichzeitig Leistungen aus anderen Anrechten bezogen werden können, die im Versorgungsausgleich erworben wurden."

Hieraus folgt, dass die Privilegierung der Ruhestandsbeamten nach der Reform des Versorgungsausgleichs strukturbedingt nicht beibehalten werden konnte. Die Aussetzung der Kürzung von Versorgungsbezügen bis zum Leistungsbezug durch den geschiedenen Ehegatten könnte - etwa nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze - sowohl bei der internen als auch bei der externen Teilung von Anrechten des Beamten zur Folge haben, dass nach einem Versorgungsausgleich zeitweise höhere Leistungen erbracht würden, als ihm ohne Versorgungsausgleich zustehen. Über den Bestandsschutz der selbst erworbenen Versorgungsbezüge hinaus hätte die Beibehaltung des Pensionistenprivilegs unter der Geltung des reformierten Versorgungsausgleichsrechts bedeutet, dass bis zum Ruhestandseintritt des Ehegatten auch ein Leistungszufluss aus dessen geteilten Anrechten möglich wäre (Bay. VerfGH, Entscheidung vom 25.2.2013, a.a.O., Rn. 55 zum Wegfall des Pensionistenprivilegs durch Art. 92 i.V.m. Art. 102 Abs. 2 BayBeamtVG). Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erkennen und von dem Kläger auch nicht substantiiert dargelegt, dass der Wegfall des Pensionistenprivilegs gegen Art. 14 GG oder das Alimentationsprinzip des Art. 33 Abs. 5 GG verstoßen würde (vgl. hierzu im Übrigen ausführlich Bay. VerfGH, Entscheidung vom 25.2.2013, a.a.O., Rnrn. 56 ff).

Die Stichtagsregelung in der Übergangsregelung des § 55c Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz SVG 2009, wonach der Anspruch auf Ruhegehalt vor dem 1. September 2009 entstanden sein muss, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie knüpft an den Zeitpunkt des Inkrafttretens des VAStrRefG an. Diese Besitzschutzregelung ist im Übrigen zugunsten der Personen, die bereits vor dem 1. September 2009 eine Rente bezogen haben, noch ausgeweitet worden. Denn der Besitzschutz greift bereits dann ein, wenn das Verfahren über den Versorgungsausgleich vor dem 1. September 2009 eingeleitet worden ist (BT-Drs. 16/11903 S. 60), und nicht erst, wenn die Entscheidung des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich vor dem 1. September 2009 wirksam geworden ist (BT-Drs. 16/10144 S. 102). Angesichts dieser großzügig ausgestalteten Übergangsregelung des § 55c Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz SVG 2009 kann es nicht als grob unbillig angesehen werden, wenn der nach dem Stichtag in den Ruhestand getretene Kläger nicht mehr die Möglichkeit hat, von dem Pensionistenprivileg zu profitieren (vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3.5.2012 - II-8 UF 202/11, 8 -, [...] Rn. 14 zu § 57 Abs. 1 BeamtVG).

Nach alledem hat das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden, dass der zurückgeforderte Betrag überzahlt gewesen ist.

Der Senat folgt ferner der Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass sich der Kläger nicht mit Erfolg auf den Wegfall seiner Bereicherung gemäß § 49 Abs. 2 Satz 1 SVG 2009 i.V.m. § 818 Abs. 3 BGB berufen kann.

Der Einwand des Klägers in seiner Zulassungsbegründung, er habe den überzahlten Betrag im Rahmen seiner normalen Lebensführung verbraucht und er hätte dies bei einem Hinweis des Verwaltungsgerichts glaubhaft machen können, geht ins Leere. Denn das Verwaltungsgericht hat unabhängig von dieser Frage seine Entscheidung selbständig tragend und überdies zutreffend darauf gestützt, dass der Kläger jedenfalls einer verschärften Haftung gemäß §§ 818 Abs. 4, 819 BGB unterliegt und sich deshalb nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann. Der Kläger hat aufgrund des ihm übersandten Merkblattes vom 6. Januar 2010 erkennen müssen, dass er aufgrund des durchgeführten Versorgungsausgleichs sein Ruhegehalt nicht in voller Höhe weiter beziehen kann. Weder die wirtschaftliche Lage des Klägers noch seine Annahme, er werde in den Genuss des Pensionistenprivilegs kommen, stehen seiner verschärften Haftung entgegen. Ob ferner eine Haftung des Klägers nach § 820 BGB in Betracht kommt, bedarf deshalb keiner abschließenden Klärung.

Die Billigkeitsentscheidung der Beklagten ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat der wirtschaftlichen Lage des Klägers hinreichend Rechnung getragen, indem sie monatliche Tilgungsraten in Höhe von 10,-- EUR brutto festgesetzt hat.

2. Es liegt auch kein Verfahrensfehler im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vor.

Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, das Verwaltungsgericht habe eine ihm obliegende Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verletzt.

Die Frage, ob das verwaltungsgerichtliche Verfahren an einem Mangel leidet, ist von dem materiell-rechtlichen Standpunkt aus zu beurteilen, den das Verwaltungsgericht eingenommen hat. Hiernach bedurfte es im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren keines richterlichen Hinweises, dass der Kläger den Verbrauch der überzahlten Bezüge substantiiert darlegen möge. Denn das Verwaltungsgericht hat hierauf nicht allein entscheidend abgestellt, sondern es hat - wie oben ausgeführt - die Rückforderung der überzahlten Versorgungsbezüge mit der die Entscheidung selbständig tragenden Begründung für rechtmäßig erachtet, dass der Kläger nach Maßgabe der §§ 818 Abs. 4, 819 BGB verschärft haftet und sich deshalb nicht auf eine Entreicherung berufen kann.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).