Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.09.2013, Az.: 13 LA 259/12

Schließung einer konkreten Bedarfslücke im öffentlichen Rettungsdienst hinsichtlich des qualifizierten Krankentransports durch einen privaten Unternehmer

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
17.09.2013
Aktenzeichen
13 LA 259/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 45804
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2013:0917.13LA259.12.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Stade - 17.09.2012 - AZ: 6 A 78/11

Fundstellen

  • NVwZ-RR 2014, 190-193
  • NdsVBl 2013, 3-4

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Besteht im öffentlichen Rettungsdienst hinsichtlich des qualifizierten Krankentransports (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NRettDG) eine konkrete Bedarfslücke, die der Träger des Rettungsdienstes nicht in einer nach den Umständen des Einzelfalls angemessenen Zeit schließt, die jedoch ein privater Unternehmer durch ein entsprechendes Angebot i.S.d. § 19 NRettDG schließen will, so ist eine ernstliche und schwerwiegende Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem funktionierenden Rettungsdienst i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 2 NRettDG (Funktionsschutzklausel) nicht zu erwarten. Dann ist dem Träger des Rettungsdienstes aufgrund dieser Vorschrift kein Ablehnungsermessen eröffnet.

  2. 2.

    Ein Beauftragter des Rettungsdienstes (§ 5 NRettDG) kann nach dem dem NRettDG zugrunde liegenden Trennungsmodell nicht zugleich Genehmigungsinhaber nach §§ 19 ff. NRettDG sein. Personell und gesellschaftsrechtlich eng miteinander verbundene Mutter- und Tochtergesellschaften sind für diese Prüfung als Einheit zu betrachten (Fortführung der Senatsrechtsprechung, vgl. Beschluss vom 10. Juni 2013 - 13 LA 108/12 -). Die einem Beauftragten gleichwohl nach § 19 NRettDG erteilte Genehmigung ist gegenstandslos.

Gründe

I.

Der Beklagte ist Träger des öffentlichen Rettungsdienstes für sein Gebiet. Seit 1955 hatte er den B. e.V. mit der Erbringung der Rettungsdienstleistungen beauftragt. 2003 gründete dieser die C. gGmbH aus, die in die Beauftragtenverpflichtungen eintrat. 2005 gründete letztere Gesellschaft die D. gGmbH aus, die wiederum die Verpflichtungen als Beauftragte übernahm. Am 29. Januar 2009 beantragte die C. gGmbH bei dem Beklagten die Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung qualifizierter Krankentransporte außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes nach § 19 des Niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes (NRettDG) mit zwei Krankentransportwagen (KTW) im Rettungsdienstbereich des Beklagten mit Standort E.. Unter dem 15. September 2010 beantragte die Klägerin, ein privates Krankentransportunternehmen, eine solche Genehmigung für drei Fahrzeuge mit Standort E. und/oder F.. Der Beklagte sah Bedarf nach weiteren Krankentransporten im Umfang des Einsatzes zweier KTW. Nach Anhörung der Kostenträger des Rettungsdienstes lehnte er den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 22. Dezember 2010 ab. Auf die hiergegen erhobene Klage - nach deren Erhebung der Beklagte (mit Bescheid vom 7. Februar 2011) der C. gGmbH die beantragte Transportgenehmigung gewährt hat - hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 17. September 2012 den Beklagten zur Erteilung der begehrten Genehmigung an die Klägerin bezogen auf zwei zeitabhängig besetzte KTW für den Landkreis Stade mit Betriebssitz in E. verpflichtet. Der ablehnende Bescheid leide unter einem unheilbaren Ermessensausfall. Die Sache sei allerdings wegen einer Ermessenreduktion auf Null zugunsten der Klägerin im Sinne eines Vornahmeurteils spruchreif. Nach dem vom Beklagten eingeholten Gutachten der Forschungs- und Planungsgesellschaft für Rettungswesen, Brand- und Katastrophenschutz mbH (FORPLAN) bestehe eine Bedarfslücke im Umfang von zwei zeitabhängig besetzten KTW. Nur das Angebot der Klägerin könne diese Lücke schließen. Ermessensfehlerfrei könnten Krankentransporte allein ihr genehmigt werden, weil noch keinem privaten Unternehmen eine solche Genehmigung erteilt worden sei. Dass der Beklagte zwischenzeitlich eine Transportgenehmigung an die C. gGmbH erteilt habe, sei nicht zu berücksichtigen, weil letztere personell und gesellschaftsrechtlich so eng mit einer Beauftragten (D. gGmbH) verbunden sei, dass eine Umgehung der Vorgaben des § 19 Satz 1, 2. HS. NRettDG zu befürchten sei. Auch sei diese Genehmigung nicht spätestens gleichzeitig mit der Ablehnung gegenüber der Klägerin erlassen worden, sondern später. Dass die C. gGmbH ihren Antrag zeitlich früher als die Klägerin gestellt habe, sei nicht entscheidend, zumal er bei Eingang des klägerischen Antrags noch nicht zur Entscheidung angestanden habe.

Dagegen richtet sich der Zulassungsantrag des Beklagten.

II.

Der Antrag auf

Zulassung der Berufung

hat keinen Erfolg.

Die Zulassung der Berufung setzt nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO voraus, dass einer der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe dargelegt ist und vorliegt. Eine hinreichende Darlegung nach § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO erfordert, dass in der Begründung des Zulassungsantrags im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, weshalb der benannte Zulassungsgrund erfüllt sein soll. Zwar ist bei den Darlegungserfordernissen zu beachten, dass sie nicht in einer Weise ausgelegt und angewendet werden, welche die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (BVerfG, 2. Kammer des 2. Senats, Beschl. v. 12. März 2008 - 2 BvR 378/05 -; BVerfG, 2. Kammer des 1. Senats, Beschl. v. 24. Januar 2007 - 1 BvR 382/05 -; BVerfG, 1. Kammer des 2. Senats, Beschl. v. 21. Januar 2000 - 2 BvR 2125/97 -, jeweils zit. nach [...]). Erforderlich sind aber qualifizierte, ins Einzelne gehende, fallbezogene und aus sich heraus verständliche, auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogene und geordnete Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen.

1. Der vom Beklagten geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils setzen voraus, dass gegen dessen Richtigkeit gewichtige Gründe sprechen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein die Entscheidung tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -; BVerwG, Beschl. v. 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, jeweils zit. nach [...]). Da das Erfordernis der ernstlichen Zweifel auch auf die Ergebnisrichtigkeit abstellt, dürfen sich die Zweifel indessen nicht ausschließlich auf die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung beziehen, sondern es ist zusätzlich das Ergebnis, zu dem das Verwaltungsgericht gelangt ist, mit in den Blick zu nehmen. Für die Zulassung der Berufung wegen des Vorliegens ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen hingegen nicht vor, wenn zwar einzelne Rechtssätze oder tatsächliche Feststellungen, welche das Urteil tragen, zu Zweifeln Anlass bieten, das Urteil aber im Ergebnis aus anderen Gründen offensichtlich richtig ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, a.a.O.).

Der Beklagte hat die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Klägerin habe einen Anspruch auf die Genehmigung zum qualifizierten Krankentransport mit zwei zeitabhängig besetzten KTW, nicht mit durchgreifenden Argumenten in Zweifel zu ziehen vermocht. Im Ergebnis zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Funktionsschutzklausel des § 22 Abs. 1 Satz 2 NRettDG einem solchen Anspruch der Klägerin nicht entgegensteht. Tragend hierfür ist die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass im Rettungsdienstbereich des Beklagten - gutachterlich festgestellt und vom Beklagten unbestritten - ein ungedeckter Mehrbedarf an Krankentransporten mit zwei KTW besteht, die Klägerin ein entsprechendes Angebot zur Schließung der konkreten Bedarfslücke vorhält und die mit der Klägerin konkurrierende C. gGmbH nicht als alternative Genehmigungsadressatin in Betracht kommt. Angesichts dieser Erwägungen, die nicht zu beanstanden sind, ist die von § 22 Abs. 1 Satz 2 NRettDG tatbestandlich vorausgesetzte Erwartung einer (ernstlichen und schwerwiegenden) Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem funktionsfähigen, bedarfsgerechten, flächendeckenden und wirtschaftlichen Rettungsdienst nicht gegeben. Die hiergegen gerichteten Angriffe des Beklagten bleiben ohne Erfolg.

a) Soweit der Beklagte rügt, nicht jede bestehende strukturelle Lücke oder Unterdimensionierung des öffentlichen Rettungsdienstes dürfe im Rahmen einer "Vorab-Prüfung" ohne weiteres zu einem Genehmigungsanspruch privater Unternehmer führen, ist zu konstatieren, dass ein Rechtssatz dieses weiten Inhalts vom Verwaltungsgericht nicht zur Grundlage seines Urteils gemacht worden ist. Es hat vielmehr auf eine konkrete Bedarfslücke im tenorierten Umfang abgestellt, die (allein) die Klägerin zu schließen vermöge. Dass unter derartigen Umständen der Tatbestand des § 22 Abs. 1 Satz 2 NRettDG nicht erfüllt wird und folglich für den Träger des Rettungsdienstes kein Ablehnungsermessen eröffnet ist, hat der Senat bereits entschieden (vgl. insbes. Beschl. v. 19. Mai 2011 - 13 LA 2/11 -, S. 5 des Beschlussabdrucks, im Anschluss an die Rechtsprechung des vormals für das Rettungsdienstrecht zuständigen 11. Senats des Nds. OVG; Beschl. v. 17. Januar 2012 - 13 LA 65/11 -, [...] Rdnr. 4 und 14, ergangen zu dem vom Beklagten gerügten Urteil des VG Oldenburg v. 9. Februar 2011 - 11 A 1547/10 -, S. 8 des Urteilsabdrucks; gleicher Ansatz beim VG Hannover, Urt. v. 2. März 2010 - 7 A 2427/08 -, [...] Rdnr. 33). Er hat betont, die Auslegung des § 22 Abs. 1 Satz 2 NRettDG dürfe nicht dazu führen, dass der Anwendungsbereich des § 19 NRettDG praktisch leerliefe. Deshalb ist er davon ausgegangen, dass nur ernstliche und schwerwiegende Beeinträchtigungen des öffentlichen Interesses an einem auch in wirtschaftlicher Hinsicht tragfähigen öffentlichen Rettungsdienst, die wegen des Hinzutretens eines privaten Genehmigungsinhabers erwartet würden, geeignet seien, ein Ablehnungsermessen zu erzeugen (vgl. Beschl. v. 19. Mai 2011, a.a.O.). Scheidet die Erwartung einer derartigen Beeinträchtigung aus, hat der Antragsteller eines Genehmigungsantrags - bis zur "Verträglichkeitsgrenze" - einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung (vgl. Beschl. v. 17. Januar 2012, a.a.O., Rdnr. 4, und Beschl. v. 27. März 2012 - 13 LA 26/11 -, S. 5 des Beschlussabdrucks; Beschl. v. 17. Februar 2003 - 11 LA 323/02 -, Nds. VBl. 2003, 242, 245). So liegt es hier.

Der Fall gibt damit - anders als der Beklagte meint - dem Senat keinen Anlass, die Frage zu beantworten, ob eine bedarfsgerechte Ausgestaltung des Rettungsdienstes eine notwendige Bedingung einer zu erwartenden Beeinträchtigung und damit eines Ablehnungsermessens nach § 22 Abs. 1 Satz 2 NRettDG überhaupt darstellt, d.h. diese Vorschrift bereits beim Bestehen irgendeiner Unterdimensionierung schon nicht anzuwenden ist, wie dies teilweise in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (etwa VG Göttingen, Urt. v. 20. Juni 2013 - 4 A 98/11 -, S. 8 des Urteilsabdrucks) sowie in der Literatur (Ufer/Schwind, NRettDG, Stand: 7. NL Juni 2013, § 22 Anm. 3.1 m.w.N.) vertreten wird.

b) Die Richtigkeit der Annahme, bei einer bestehenden konkreten Bedarfslücke, die allein von der Klägerin geschlossen werden könne, scheide im vorliegenden Fall eine zu erwartende Funktionsbeeinträchtigung des Rettungsdienstes aus, erschüttert der Beklagte auch nicht durch seinen Verweis auf die von ihm zitierte neuere Rechtsprechung des OVG Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 7. März 2007 - 13 A 3700/04 -, [...] Rdnr. 55 ff.; und v. 10. Juni 2008 - 13 A 1779/06 -, [...] Rdnr. 41 ff.). Nach dieser Rechtsprechung schütze die Funktionsschutzklausel in § 19 Abs. 4 Satz 1 des nordrhein-westfälischen Rettungsgesetzes (RettG NRW) nicht nur das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines funktionsfähigen, bedarfsgerechten, flächendeckenden und wirtschaftlichen Rettungsdienstes, sondern auch an der (Wieder-)Erlangung eines solchen; deshalb müsse eine "Vorab-Prüfung" struktureller Lücken, die zu einem Ausschluss von Funktionsschutz führten, generell unterbleiben. Die Frage, wie diese Vorschrift des nordrhein-westfälischen Landesrechts auszulegen und anzuwenden ist, besitzt im vorliegenden Fall, der anhand von § 22 Abs. 1 Satz 2 NRettDG entschieden werden muss, keine Relevanz. Sie gibt auch keinen Anlass, die bisher vom Senat gefundenen Maßstäbe für die Auslegung und Anwendung der niedersächsischen Funktionsschutzklausel zu hinterfragen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich das System des Rettungswesens in Nordrhein-Westfalen von der niedersächsischen Rechtslage grundlegend darin unterscheidet, dass dort privaten Unternehmern eine Genehmigung nach §§ 18 ff. RettG NRW nicht nur - wie hier nach §§ 19 ff. NRettDG - für den (qualifizierten) Krankentransport, sondern auch für die Notfallrettung erteilt werden kann. Ist dort mithin eine weitaus stärkere Einwirkung der Tätigkeit privater Genehmigungsinhaber auf den von Trägern und mitwirkenden Dritten (§ 13 RettG NRW) durchgeführten Rettungsdienst denkbar, mag ein früheres Eingreifen von Funktionsschutz naheliegen, ohne dass dies im vorliegenden Verfahren zu klären wäre.

Ob der Rettungsdienstträger nach niedersächsischem Rettungsdienstrecht bei Feststellung einer konkreten Bedarfslücke ein öffentliches Interesse an der Wiedererlangung eines bedarfsgerechten Rettungsdienstes - etwa in Bezug auf den Krankentransport - geltend machen kann, muss der Senat mit Blick auf den vorliegenden Fall nicht entscheiden. Denn selbst wenn dies zuträfe, könnte er dies nicht grenzenlos und dauerhaft den von privaten Unternehmern gestellten Genehmigungsanträgen entgegenhalten. Die Grenze ist jedenfalls im vorliegenden Fall erreicht. Anders als der Beklagte meint, führt dies nicht dazu, dass sein Organisationsermessen, den Rettungsdienst wirtschaftlich zu dimensionieren, übermäßig eingeschränkt würde.

Kraft seines Sicherstellungsauftrags (vgl. §§ 4 Abs. 2 Satz 1, 5 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 NRettDG) ist der Beklagte nämlich ohnehin dazu verpflichtet, einen bedarfsgerechten Rettungsdienst dauerhaft selbst vorzuhalten oder von nach § 5 NRettDG Beauftragten vorhalten zu lassen. Er muss deshalb seinen Rettungsdienstbedarfsplan regelmäßig fortschreiben und auf eintretende Unterdimensionierungen unverzüglich reagieren. Wieviel Zeit ihm hierfür nach erstmaliger Feststellung einer konkreten Bedarfslücke zuzugestehen ist, entzieht sich einer allgemeinen Beantwortbarkeit. Maßgebend sind vielmehr die Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Diese führen hier nach Auffassung des Senats dazu, dass der Beklagte sich nicht mehr auf ein "Recht des ersten Zugriffs" zum Zwecke einer Kapazitätsanpassung berufen kann. Den Mehrbedarf an qualifizierten Krankentransporten mit zwei KTW hat er bereits im Jahre 2010 festgestellt. Hinreichend konkrete Bemühungen seitens des Beklagten, die Lücke etwa durch eine Ausweitung der Beauftragung nach § 5 NRettDG zu schließen, sind bislang nicht erkennbar geworden. Stattdessen hat der Beklagte durchgehend - wie sich aus dem Verwaltungsvorgang ergibt - eine Genehmigungserteilung nach § 19 NRettDG gegenüber der mit der Klägerin konkurrierenden C. gGmbH favorisiert und diese erst im Februar 2011 verfügt. Das zögerliche Verhalten des Beklagten führt jedenfalls dazu, dass er gegenüber der Klägerin sein - nicht ausgeübtes - Organisationsermessen nicht als öffentliches Interesse an der Funktionsfähigkeit des Rettungsdienstes geltend machen kann.

c) Ohne Erfolg bleibt ferner der Versuch des Beklagten, die Tauglichkeit der C. gGmbH als eine Genehmigungsinhaberin nach § 19 NRettDG zu begründen, die den festgestellten Mehrbedarf ebenso wie die Klägerin decken könne. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass diese Gesellschaft der Beauftragten (D. gGmbH) - einer 100%igen Tochtergesellschaft - so nahesteht und mit ihr personell und gesellschaftsrechtlich so eng verbunden ist, dass beide Gesellschaften als Einheit verstanden werden müssen, mögen sie auch - wie der Beklagte geltend macht - formal voneinander zu unterscheidende juristische Personen des Privatrechts sein. Dann aber kommt eine Genehmigungserteilung an die C. gGmbH nicht in Betracht. Denn das dem NRettDG zugrunde liegende Trennungsmodell (vgl. §§ 1 Abs. 1, 5 Abs. 3 und 19 Abs. 1, 2. HS. NRettDG) schließt es aus, einem bereits nach § 5 NRettDG Beauftragten zugleich eine Transportgenehmigung nach § 19 NRettDG zu erteilen (vgl. Beschl. d. Senats vom 10. Juni 2013 - 13 LA 108/12 -, [...] Rdnr. 6 f. m.w.N.; im Anschluss an das Urteil des früher für das Rettungsdienstrecht zuständig gewesenen 7. Senats d. Nds. OVG v. 17. April 1996 - 7 L 3226/95 -, NVwZ-RR 1997, 29, 32). Der zitierte Beschluss des erkennenden Senats betraf zwar eine Konstellation, in welcher die Tochtergesellschaft eines Beauftragten eine Genehmigung begehrte. Für den hier vorliegenden - umgekehrten - Fall, dass als Genehmigungsanwärterin die Muttergesellschaft eines Beauftragten auftritt, die zudem vor der Ausgründung der Tochtergesellschaft selbst die Beauftragte gewesen ist, kann unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Trennungsmodells nichts anderes gelten.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch den Umstand unberücksichtigt gelassen, dass der Beklagte der C. gGmbH mit Bescheid vom 7. Februar 2011 - ungeachtet der erwähnten Erteilungssperre - eine bis zum 31. Dezember 2012 befristete Transportgenehmigung erteilt hat. Hierauf kann sich der Beklagte gegenüber der Klägerin nicht berufen. Denn eine solche Genehmigungserteilung scheidet gemäß § 19 Abs. 1, 2. HS. NRettDG offensichtlich aus. Nach dessen unmissverständlichem Wortlaut wird die Genehmigung nur erteilt an Anbieter, die qualifizierten Krankentransport geschäftsmäßig durchführen wollen, "ohne Träger des Rettungsdienstes oder Beauftragter zu sein" (vgl. bereits Urt. d. 7. Senats des Nds. OVG vom 17. April 1996, a.a.O.). Vor diesem Hintergrund kann der Senat dahinstehen lassen, ob der Beklagte gegenüber der C. gGmbH eine Verlängerung der Genehmigung über den 31. Dezember 2012 hinaus verfügt hat, denn auch diese wäre gegenstandslos. Nach alledem bleibt auch für die Auffassung des Beklagten, der C. gGmbH habe ihrerseits ein Genehmigungsanspruch nach § 19 NRettDG zugestanden, dem er sich nicht habe widersetzen können, kein Raum.

d) Die Einwände des Beklagten gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, der gegenüber der Klägerin ergangene Ablehnungsbescheid leide an einem Ermessensausfall und das Ermessen sei zugunsten der Klägerin auf Null reduziert, vermögen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ebenfalls nicht zu begründen. Denn sie betreffen im Ergebnis nicht entscheidungserhebliche Fragen, weil der der Klägerin vom Verwaltungsgericht zugesprochene Genehmigungsanspruch - wie vom Senat ausgeführt - darauf beruht, dass dem Beklagten schon tatbestandlich kein Ablehnungsermessen nach § 22 Abs. 1 Satz 2 NRettDG eröffnet ist.

2. Die vorstehenden Angriffe des Beklagten gegen des erstinstanzliche Urteil rechtfertigen auch nicht die Zulassung der Berufung wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache auf, wenn sie mit einem Schwierigkeitsgrad verbunden ist, der signifikant über dem Durchschnitt vergleichbarer verwaltungsgerichtlicher Fälle liegt. Zwar dürfen insoweit die Darlegungserfordernisse nicht überspannt werden, weil sich ein nicht auf das jeweilige Rechtsgebiet spezialisierter Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand Erkenntnisse über das in vergleichbaren Streitverfahren übliche Maß an Komplexität nicht beschaffen kann, während sie dem angerufenen Gericht ohne weiteres zugänglich sind (BVerfG, 2. Kammer des 1. Senats, Beschl. v. 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, [...], Rdnr. 17). Andererseits reicht aber eine nochmalige Darstellung der Argumente, die bereits zur Begründung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils vorgebracht worden sind, eine Zulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO indessen gerade nicht zur Folge haben, nicht aus.

So liegt es hier. Der Beklagte hat sich darauf beschränkt, eine hohe Komplexität zweier rechtlicher Probleme ("Vorab-Prüfung" struktureller Lücken und Tauglichkeit der C. gGmbH als Genehmigungsadressatin) zu behaupten und im Übrigen auf seinen Vortrag zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung zu verweisen. Die Rechtssache wirft auch aus anderen Gründen keine besonderen - über dem Durchschnitt eines Krankentransportgenehmigungsfalls liegenden - rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten auf.

3. Der vom Beklagten weiterhin geltend gemachte Berufungszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wird ebenfalls nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt bzw. liegt nicht vor. Eine Rechtssache ist nur dann grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine höchstrichterlich oder obergerichtlich bislang noch nicht beantwortete Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die im Rechtsmittelverfahren entscheidungserheblich wäre und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist nur dann im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum die Frage im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren.

a) An einer ausreichenden Darlegung fehlt es, soweit der Beklagte die wenig eingegrenzte Frage aufwirft, "wie weit das Organisationsermessen von Trägern des öffentlichen Rettungsdienstes zugunsten privater Krankentransporte einzuschränken ist" (S. 15 des Schriftsatzes vom 28. Dezember 2012). Sollte er damit in der Gesamtschau mit der hierzu gegebenen Erläuterung präziser die konkrete Frage meinen, ob "jeder punktuelle Mangel ("Unterdeckung") der vorhandenen Krankentransportkapazitäten die Verträglichkeit von weiteren Genehmigungen nach § 19 NRettDG indiziert" (a.a.O.), besteht ebenfalls ein Darlegungsmangel, weil die Begründung des Zulassungsantrags nicht aufzeigt, dass diese weitgehende Frage im vorliegenden Fall entscheidungserheblich wäre (vgl. bereits die Ausführungen auf S. 5 dieses Beschlusses).

b) Soweit der Beklagte die Frage formuliert, "ob ein mit einem Beauftragten verbundenes Unternehmen tauglicher Antragsteller einer Genehmigung nach § 19 NRettDG sein kann", wird keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt, weil sich eine solche Frage fallübergreifender Klärung entzieht, für ihre Beantwortung vielmehr die (insbesondere die jeweilige gesellschaftsrechtliche Gestaltung betreffenden) Umstände des Einzelfalls maßgebend sind. Sollte der Beklagte damit konkreter die Frage meinen, ob eine Mutter- und eine Tochtergesellschaft für Zwecke der Abgrenzung der Beauftragten nach § 5 NRettDG von Genehmigungsinhabern nach § 19 NRettDG als Einheit zu betrachten sind, liegt eine grundsätzliche Bedeutung nicht vor, weil die hierfür geltenden Grundsätze durch den Beschluss des Senats vom 10. Juni 2013 - 13 LA 108/12 -, [...] Rdnr. 7, bereits hinreichend geklärt sind.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).