Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 08.07.2016, Az.: VgK-26/2016

Vergabe eines Dienstleistungsauftrags zur Personensonderbeförderung/Schülerbeförderung im Freistellungsverkehr; Verstoß gegen das Transparenzgebot wegen ungenügender Darstellung der Wertungskriterien; Intransparenz des in die Wertung einfließenden Zuschlagskriteriums "Qualität der Mustertourenpläne"

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
08.07.2016
Aktenzeichen
VgK-26/2016
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 22479
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx
- Antragstellerin -
gegen
den xxxxxx
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx
- Antragsgegner -
Beigeladene:
xxxxxx
wegen
Beförderungsleistungen im freigestellten Schülerverkehr
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden RD Gaus, die hauptamtliche Beisitzerin ROAR'in Sandmann und den ehrenamtlichen Beisitzer Herrn KOAR Schulz auf die mündliche Verhandlung vom 08.07.2016 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Das Vergabeverfahren wird zurückversetzt in den Stand vor Aufforderung zur Angebotsabgabe. Der Antraggegner hat bei fortbestehender Vergabeabsicht die Vergabeunterlagen vollständig zu überarbeiten und die Wertung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.

  2. 2.

    Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.

  3. 3.

    Die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens vor der Vergabekammer tragen der Antragsgegner zu 95 %, die Antragstellerin zu 5 %. Der Antragsgegner ist jedoch von der Entrichtung seines Kostenanteils persönlich befreit.

  4. 4.

    Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten zu 95 % zu erstatten.

    Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten zu 5 % zu erstatten.

    Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragstellerin notwendig, nicht jedoch für den Antragsgegner.

Begründung

I.

Der Antragsgegner hat mit europaweiter Bekanntmachung vom xxxxxx.2016 die Vergabe eines Dienstleistungsauftrags zur Personensonderbeförderung/Schülerbeförderung im Freistellungsverkehr für die Schuljahre xxxxxx - xxxxxx im offenen Verfahren eingeleitet. Der Auftrag soll in fünf Losen - je nach Schule und ihrem Einzugsgebiet unterteilt - vergeben werden.

Die Vergabeunterlagen konnten von interessierten Bietern bis zum xxxxxx.2016 angefordert werden. Dieselbe Frist galt auch für die Einreichung von Bieterfragen. Die Bieterfragen wurden zu drei Terminen gesammelt beantwortet und allen Unternehmen, die die Vergabeunterlagen abgefordert haben, zuletzt am xxxxxx2016 bekannt gegeben. Der Antragsgegner stellte hierüber u.a. klar, dass die Schülerbeförderung bis zum Schuljahr 2020/21 ausgeschrieben wurde, da über die maximale 48-monatige Laufzeit der abzuschließenden Verträge bis zum Schuljahr 2019/20 eine Verlängerungsoption von 12 Monaten vereinbart werden soll. Die Bieter stellten keine Fragen zu den Wertungskriterien oder dem Beurteilungsmaßstab.

Die unter Ziffer IV. 2.1 der europaweiten Bekanntmachung genannten Zuschlagskriterien konkretisierte der Antragsgegner unter Ziffer 1.1.6. der Vergabeunterlagen. Der Zuschlag sollte danach losweise auf das wirtschaftlichste Angebot anhand folgender Kriterien erteilt werden:

A. die "Angebots- bzw. Besetzt-Kilometerpreise" mit einer Gewichtung von 50 %;

B. die "Qualität der Mustertourenpläne" mit einer Gewichtung von 25 %;

C. die Vorlage eines "Dienstleistungskonzeptes" gemäß der Vorgaben des Leistungsverzeichnisses in Kapitel 3.2.1. - 3.2.7. sowie des Merkblattes für die Schulung von Fahrzeugführern, das als Anlage 5 beigefügt war, mit einer Gewichtung von 10 %;

D. die "Fahrzeugausstattung" entsprechend der Unterkapitel 2 und 3 der Position 163 des Anforderungskatalogs für Kraftomnibusse und Kleinbusse gemäß der vorgenannten Anlage 5 mit einer Gewichtung von 10 % und

E. die "Vor-Ort-Angebotsaufklärung" mit einer Gewichtung von 5 %

Das letzte Kriterium (E.) war in der EU-Bekanntmachung als "Option" gekennzeichnet.

Unter Ziffer 1.1.6. der Vergabeunterlagen wurde zur Bewertung der Kriterien Weiteres ausgeführt. Zum Kriterium "A. Angebotspreis" wurde festgelegt, dass anstelle des für das Los aufgrund der Mustertourenplanung und der Beförderungstage berechneten Jahrespreises der Besetzt-Kilometerpreis bewertet wird. Die Bieter wurden daher aufgefordert, den Besetzt-Kilometerpreis zu den Mustertouren jeweils in Abhängigkeit der Busgröße zu berechnen und die jeweilige Busgröße anzugeben. Der im Wettbewerb niedrigste Besetzt-Kilometerpreis werde mit zehn Punkten und ein angenommener doppelt so hoher Angebotspreis mit null Punkten gewertet und dazwischen linear interpoliert. Die so ermittelten Bewertungspunkte pro Los fließen zu 50 % in die Zuschlagsbewertung ein.

Unter "B. Fachlicher Wert" hieß es zum Kriterium "Qualität der Mustertourenpläne" auszugsweise:

"Mit dem Angebot sind losweise für die zu befördernden Schülerinnen und Schüler auf der Basis der zum Zeitpunkt dieser Ausschreibung bekannten Wohnortadressen sowie der Zieladressen der Schulen und der einzubeziehenden ÖPNV-Haltestellen Mustertourenpläne ausgearbeitet vorzulegen. Die Konzeptbewertung der Mustertourenpläne erfolgt anhand der Kriterien:

- schnellstmögliche Strecke | Basis Google Map, schnellste Tour Kategorie Kleintransporter und

- Beförderungszeit einfache Fahrt (vom/n 1. Schüler/Schülerin bis zur Ankunft an der Schule; Maximalzeiten dürfen nicht überschritten werden, Schlechterwertung ist ausgeschlossen).

Die Bewertung des jeweiligen Mustertourenplanes erfolgt über diese beiden Kriterien als Ganzes folgendermaßen:

- Mindestanforderungen sind erfüllt: 5 Punkte

- Konzeptionierung des Mustertourenplans erfüllt die Mindestanforderungen besser als notwendig: 7 Punkte

- Konzeptionierung des Mustertourenplans erfüllt die Mindestanforderungen deutlich besser als notwendig: 10 Punkte.

Die Wertungssummen der Mustertourenpläne losweise pro Bieterunternehmen werden addiert. Die höchste Summe im Angebotsvergleich pro Los wird mit 10 Punkten bewertet. Eine theoretisch halb so hohe Punktsummenbildung erhält 0 Punkte; alle dazwischen liegenden Wertungen werden linear interpoliert zugeordnet und dann mit jeweils 25 % gewichtet."

Den Vergabeunterlagen waren die maximalen Beförderungszeiten pro Los zu entnehmen. Außerdem war für jedes Los ein Formblatt beigefügt, das die Bieter für die Erstellung der Mustertourenpläne nutzen sollten. Dabei waren die Abfahrts- und Ankunftszeiten bei den Wohnungen der Schülerinnen und Schüler bzw. der Schule sowie die jeweiligen Anschriften anzugeben. Daraus sollte auch die Gesamttransportdauer erkennbar werden. Zusätzlich sah das Formblatt eine freie Spalte für optionale Bemerkungen vor. Ein Feld für die Eintragung von Kilometerangaben enthielt das Formblatt nicht.

Zur Bewertung des Kriteriums "C. Dienstleistungskonzept" sahen die Vergabeunterlagen vor:

"Von den Bieterunternehmen wird mit der Angebotsabgabe ein schriftliches Dienstleistungskonzept gefordert, das die angebotene Lösung des Unternehmens zu den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses gem. Kapitel 3.2.1. - 3.2.7. darstellt. Die Anforderungsbereiche sind in Anlage 4 'Übersicht Servicekonzept' aufgeführt.

Die schriftlichen Darstellungen zu den Positionen der Anlage 4 werden mit 1, 5 oder 7 Punkten bewertet. Die Summe der Punktwertungen pro Bieterunternehmen wird mit 10 % gewichtet."

Die Kapitel 3.2.1. bis 3.2.7. enthielten unter den Überschriften "Leistungsbedingungen allgemein", "Fahrstrecke und Fahrzeiten", "Leistungsstörungen/ Veränderungen", "Sicherheitsvorkehrungen", "Anforderungen an Fahrer und Begleitperson", "Haftung" und "Leistungsnachweis" jeweils untergliedert in nummerierten Positionen eine inhaltliche Darstellung der zu erbringenden Dienstleistung sowie entsprechender Bedingungen und Anforderungen.

Hinweise auf die vorgesehene Punktevergabe ergeben sich nur zu den Positionen 3 und 5 des Kapitels 3.2.4. "Sicherheitsvorkehrungen". Die Position 3 lautete:

"Eine Fahrzeugklimatisierung ist als Option anzubieten. Bei der Wertung der Fahrzeugkriterien wird eine steuerbare Klimatisierung mit 5 Punkten bewertet; wird eine Fahrzeugklimatisierung nicht angeboten, so wird 1 Punkt vergeben für dieses Kriterium. Eine Höherbewertung mit 7 Punkten entfällt."

Vergleichbares galt unter Position 5 für einen "Seiteneinstieg mit optionaler Trittstufe".

Die den Vergabeunterlagen beigefügte Anlage 4 war als "Übersicht Anforderungen Dienstleistungskonzept" gekennzeichnet und nahm in der ersten Spalte Bezug auf die Anforderungen der fünf Kapitel "3.2.1. Leistungsbedingungen allgemein", "3.2.2. Fahrstrecke und Fahrzeiten", "3.2.3. Leistungsstörungen/Veränderungen", "3.2.4. Sicherheitsvorkehrungen" und "3.2.5. Anforderungen an Fahrer und Begleitperson". Darunter waren jeweils die Positionen benannt, deren Leistungen die Bieterunternehmen gesondert beschreiben sollten. In der zweiten Spalte mit der Überschrift "Auszug Dienstleistungskonzept Bieterunternehmen/Darstellung durch Bieterunternehmen" sollten die Bieter entsprechende Eintragungen vornehmen.

Zum Kriterium "D. Fahrzeugausstattung" war von den Bieterunternehmen gefordert, in geeigneter schriftlicher Form die Fahrzeugausstattung gemäß des Anforderungskatalogs der Unterkapitel 2 und 3 für Kraftomnibusse und Kleinbusse, die zur Beförderung von Schülern und Kindergartenkindern eingesetzt werden, entsprechend der Anlage 5 darzustellen. Zur Bewertung hieß es, dass die Darstellung pro Einzelanforderung mit 1, 5 oder 7 Punkten bewertet werde und die Summe dieser Punktwertungen je Bieterunternehmen anschließend mit einer Gewichtung von 10% in die Zuschlagswertung einfließe.

Zum Kriterium "E. Vor-Ort-Aufklärungsverfahren" wurden folgende Ausführungen gemacht:

"Nach Auswertung der Angebote und ihrer losweisen Bewertung gemäß der Zuschlagskriterien A-D werden die Bieterunternehmen, auf deren Angebote losweise noch rein mathematisch der Zuschlag entfallen kann nach einer Bewertung eines Angebotsaufklärungsgesprächs in xxxxxx entlang eines Fragekatalogs mit weiteren 5% zu einer solchen Vor-Ort-Angebotsaufklärung eingeladen."

Die Angebotsfrist endete am xxxxxx2016. Sieben Bieter reichten fristgerecht Angebote für ein oder mehrere Lose ein. Die Angebote wurden gestanzt. Bei den der Vergabekammer vorgelegten Angeboten weichen die Lochungen der Briefumschläge und den ggf. beigefügten Anschreiben der Bieterunternehmen von den Lochungen der übrigen Angebotsunterlagen ab. Das Stanzen der Angebotsunterlagen wurde außerdem nicht sauber und einheitlich durchgeführt. Die einzelnen Angebotsbestandteile sind teils schräg und etwaige Hüllen teilweise gar nicht gelocht worden.

Die Prüfung und Bewertung der Angebote wurde durch ein vom Antragsgegner beauftragtes Büro durchgeführt und in der sog. Studie "Auswertung der Angebote - Vergabeempfehlung" (Stand: Juni 2016) dokumentiert. Die einzelnen Prüfungsstufen wurden zudem tabellarisch in Excel-Dateien festgehalten. Im Rahmen der formalen Angebotsprüfung hat das beauftragte Büro ein schriftliches Aufklärungsverfahren im Sinne von § 18 EG VOL/A (§ 15 Abs. 5 VgV 2016) durchgeführt und fehlende Erklärungen und Nachweise gemäß § 19 EG Abs. 2 VOL/A (§ 56 Abs. 1 VgV 2016) nachgefordert. Alle Angebote wurden danach als vollständig und wertungsfähig beurteilt.

Die Wertung des Kriteriums "A. Angebotspreise" wurde unter Ziffer 2.3. der Studie Angebotsauswertung erläutert. Diese wurde nach den Vorgaben der Leistungsbeschreibung durchgeführt. Allerdings wurde zu b.) festgestellt, dass die Bieterunternehmen ihre Preisangaben mit unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen von 7 % bzw. 19 % versehen haben, denn gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 10b Umsatzsteuergesetz (UStG) kann der ermäßigte Umsatzsteuersatz in Höhe von 7 % u.a. in Anspruch genommen werden, wenn die Besetzt-Fahrstrecke einer Beförderungsleistung nicht mehr als 50 km beträgt. Um für die Vergabeentscheidung eine diskriminierungsfreie Vergleichbarkeit der Angebotspreise zu sichern, hat das den Antragsgegner beratende Büro entschieden, für die Auswertung - unabhängig von den tatsächlich in der Vertragslaufzeit erbrachten Leistungen - durchgängig den ermäßigten Steuersatz für die Ermittlung des Brutto-Besetzt-Kilometerpreises zu Grunde zu legen. Die von den Bietern mit dem allgemeinen Steuersatz berechneten Angebotspreise hat das beratende Büro daher für die Wertung unter Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nachberechnet und in der Auswertungstabelle in roter Farbe eingetragen.

Unter Ziffer 2.4.1. der Studie Angebotsauswertung wurde zur Wertung der Angebote in Bezug auf das Zuschlagkriterium "B. Qualität der Mustertourenpläne" eingangs erläutert:

"Bei der Bewertung der einzelnen Touren mit 5, 7 oder 10 Punkten wurde pro Tour, ausgehend von der maximalen Zeit und höchsten Tourlänge, die jeweils halb so lange Fahrzeit und kürzere Tourlänge mit der höchsten Wertung versehen und die jeweils angegebenen Maximallängen mit der schlechtesten Wertung. In diesem Rahmen pro Tour wurde eine Dreiteilung angesetzt. Beispiel: vorgegebene maximale Fahrzeit 85 Minuten (bis 70 Minuten) = 5 Punkte; 42,5 (bis 50 Minuten) = 10 Punkte, Differenzzeit = 7 Punkte."

Von den Bieterunternehmen geplante Mustertouren, die die vorgegebenen maximalen Beförderungszeiten überschritten, wurden ebenfalls mit der schlechtesten Punktwertung versehen. Es wurde dazu empfohlen, die entsprechenden Angebote nicht wegen Nicht-Erfüllung der Leistungsbedingungen von der Vergabe auszuschließen, sondern diese Touren vor der Betriebsphase den Anforderungen entsprechend zu optimieren. Zudem wurde festgestellt, dass die Bieter für die Beförderung der Schülerinnen und Schüler pro Los unterschiedlich viele Busse einsetzten und jene Bieter, die viele Busse einplanen, damit rein mathematisch bei der Bewertung der Touren im Wettbewerb in Folge der Addition der Wertungspunktzahlen über die beiden veröffentlichten Indikatoren prinzipiell höhere Wertungssummen erhalten würden. Um die Punktbewertung anhand der summierten Wertungen über die ausgearbeiteten Tourenmengen diskriminierungsfrei zu ermitteln, wurde daher die Wertungssumme pro Bieter jeweils im Verhältnis zum jeweiligen Durchschnitt an eingesetzten Bussen pro Los ermittelt und erst dann eine Interpolation zwischen 0 und 10 Punkten durchgeführt. Diese Bewertungspunkte der Mustertouren gingen mit einer Gewichtung von 25 % in die Zuschlagswertung ein.

Die durchgeführte Bewertung der Mustertouren ergibt sich aus der entsprechenden Tabelle und lässt sich rechnerisch nachvollziehen. Jede Bustour ist jeweils im Hinblick auf die Zeit- und Kilometerangabe mit Punkten bewertet worden. Allerdings ist weder aus der Studie Angebotsauswertung noch aus der tabellarischen Übersicht erkennbar, für welche Zeit- oder Kilometerspannen je Los jeweils 1, 5 oder 7 Punkte vergeben wurden. Bei fast allen Bietern sind zudem die Kilometerangaben der Mustertouren rot eingefärbt. Das beratende Büro des Antragsgegners führte dazu in der Studie Angebotsauswertung aus, dass nur zwei Bieterunternehmen (u.a. die Beigeladene) neben den Fahrzeitangaben auch Kilometerangaben gemacht haben. Es sei darauf verzichtet worden, die übrigen Bieter wegen fehlender Kilometerangaben von der Vergabe auszuschließen. Man habe stattdessen die Kilometerangaben auf der Basis der Tourbeschreibungen der Unternehmen, mit denen hinreichend Tourmerkmale vorlagen, berechnet und in der tabellarischen Übersicht daher rot eingefärbt.

Zur Bewertung des Zuschlagskriteriums "C. Dienstleistungskonzept" wurde in der Angebotsauswertung (2.4.2.) festgehalten, dass das geforderte Servicekonzept sich nach bestimmten Positionen des Leistungsverzeichnisses definiere und nach folgendem Muster bewertet werde:

- Mindestanforderungen nicht oder schlecht erfüllt: 1 Punkt;

- Mindestanforderungen sind erfüllt: 5 Punkte;

- Angebotene Leistung des Kriteriums geht deutlich über die Mindestanforderungen hinaus: 7 Punkte.

Das Angebot mit der höchsten Gesamtsumme der Leistungspunktzahlen erhielt als Bewertungspunktewert den Wert 10, die Hälfte der Summe den Wert 0. Alle anderen Angebote wurden interpoliert nach der Formel:

"Bewertungspunktewert = 20 / (höchste Summe der Leistungspunkte) * (Leistungspunkte des Angebots) - 10. Negative Faktoren werden als 0 angegeben."

Außerdem wurde dokumentiert, dass bei allen Unternehmen so verfahren wurde, dass, wenn keine Aussage zu den einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses in den Dienstleistungskonzepten auszumachen war, diese Positionen mit einem Punkt bewertet wurden.

In der entsprechenden Auswertungstabelle wurde die Bewertung der vorgelegten Servicekonzepte in Bezug auf die einzelnen Positionen der Anforderungen und Bedingungen aus den Kapiteln 3.2.1. bis 3.2.5. entsprechend der Anlage 4 dokumentiert. Es bestand zu jeder Position und jedem Bieterunternehmen die Möglichkeit, textliche Eintragungen über den Inhalt der Angebote zu machen und sodann in den folgenden Spalten die erreichte Punktzahl einzutragen. Der Antragsgegner bzw. das beratende Büro trug für alle Bieter und Positionen Punktzahlen ein, von der Möglichkeit zur Eintragung von textlichen Inhalten machte es nur vereinzelt Gebrauch. Bei den vorhandenen Eintragungen handelt es sich um eine pauschale Wiedergabe der Inhalte der vorgelegten Servicekonzepte oder um eine bewertende Darstellung dieser Inhalte, wobei die Eintragungen in den überwiegenden Fällen weder der zeilenweise genannten Position noch der nachfolgenden Bewertung zugeordnet werden können, da ein inhaltlicher Bezug fehlt. Zu den Positionen 3 und 5 des Kapitels 3.2.4. "Sicherheitsvorkehrungen" wurde entgegen der Festlegung in den Vergabeunterlagen eine Bewertung mit 7 Punkten vorgenommen, von der mehrere Bieter, u.a. die Beigeladene, profitierten. Bei der Nachberechnung der Bewertungspunktzahlen gemäß der angegebenen Formel sind zudem Abweichungen in der zweiten Nachkommastelle festzustellen.

Die Bewertung der einzelnen Unterpositionen des Anforderungskatalogs der Anlage 5 zum Zuschlagskriterium "D. Fahrzeugkonzept" erfolgte ebenfalls tabellarisch. Die Unterlagen, die die Bieterunternehmen zum Fahrzeugkonzept vorgelegt haben, wurden aufgelistet und vereinzelt eine pauschale Aussage zum Grad der Präzisierung getroffen. Begründungen für die vergebenen Punktzahlen sind weder hier noch in der Studie Angebotsauswertung unter Ziffer 2.4.3. enthalten. Dort hieß es, dass die angebotene Fahrzeugausstattung analog zur Dienstleistungskonzeption pro Einzelanforderung mit 1, 5 oder 7 Punkten bewertet wurde. Die höchste Summe der Punktwertungen wurde anschließend mit 10 Punkten bewertet und die übrigen Punktwertungen entsprechend interpoliert. Die Bewertungspunktzahlen sind mit einer Gewichtung von 10 % in die Zuschlagswertung eingegangen.

Unter Bezugnahme auf die tabellarische Zuschlagswertung der Zuschlagskriterien A-D führte das den Antragsgegner beratende Büro zum Zuschlagskriterium "E. Angebotsaufklärung" aus, dass nach Auswertung der Angebote und ihrer losweisen Bewertung der Fall nicht eingetreten sei, dass rein mathematisch der Zuschlag noch auf weitere Bieterunternehmen entfallen könnte. Von der Durchführung eines Vor-Ort-Aufklärungsgesprächs und der Gewichtung mit weiteren 5 % an der Zuschlagswertung wurde daher abgesehen. Maßgeblich für die Zuschlagserteilung sei die losweise Zuschlagswertung gemäß der Zuschlagskriterien A bis D.

Mit Schreiben vom 03.06.2016 informierte der Antragsgegner die Bieter gemäß § 101a GWB (§ 134 GWB 2016) über die beabsichtigte Zuschlagserteilung für die einzelnen Lose. Die Lose 1, 4 und 5, auf die die Antragstellerin geboten hatte, sollten danach an die Beigeladene vergeben werden. Der Antragstellerin wurde mitgeteilt, welche Wertungspunktzahlen ihr Angebot je Los erreicht hat und dass ihr Angebot damit nicht das wirtschaftlichste Angebot in Bezug auf die preislichen und weiteren Kriterien gewesen sei.

Die Antragstellerin rügte mit Schreiben vom 07.06.2016, dass die Angebotsauswertung noch nicht abgeschlossen sein könne, da bisher kein Vor-Ort-Aufklärungsgespräch mit ihr stattgefunden habe und dies gemäß Ziffer 1.1.6. des Leistungsverzeichnisses ein Zuschlagskriterium sei, das mit einem Anteil von 5 % in die Gesamtbewertung eingehe. Ein Zuschlag könne daher noch nicht erteilt werden. Ferner bat sie um Mitteilung ihrer Wertungspunkte, aufgeschlüsselt nach den Einzelkriterien.

Mit Rügeerwiderung vom 09.06.2016 erläuterte der Antragsgegner, das ein Vor-Ort-Gespräch nur für die Fälle vorgesehen war, dass mehrere Bieter zumindest mathematisch noch die Möglichkeit auf den Zuschlag gehabt hätten. Dies sei hier nicht der Fall gewesen, so dass auf Vor-Ort-Gespräche verzichtet wurde. Darüber hinaus teilte der Antragsgegner der Antragstellerin zur Bewertung ihres Angebotes für die Lose 1, 4 und 5 mit, dass sie mit mehreren geplanten Bustouren die maximale Beförderungszeit überschritten und mit ihrem Dienstleistungskonzept keine positionsweisen Einzeldarstellungen zu den Einzelpositionen des Leistungsverzeichnis angeboten habe, was zur geringeren Punktwertung geführt habe. Außerdem haben die von ihr angebotenen Preise bei keinem der Lose die Höchstpunktzahl erreichen können. Die Wertungspunkte nach den Einzelkriterien wurden nicht mitgeteilt.

Die Antragstellerin holte daraufhin rechtlichen Beistand ein und rügte mit Schreiben vom 09.06.2016 die Intransparenz der Zuschlagskriterien. Der Bewertungsmaßstab sei intransparent, da aufgrund der Unterkriterien nicht von vornherein bestimmbar gewesen sei, welchen Erfüllungsgrad die Angebote aufweisen müssen, um mit den festgelegten Punktwerten bewertet zu werden. Insbesondere bei den Kriterien "Qualität der Mustertourenpläne" und "Vorlage eines Dienstleistungskonzepts" sei der Zielerreichungsgrad nicht erkennbar gewesen. Beispielsweise sei die Angabe "erfüllt die Mindestanforderungen besser als notwendig" im Hinblick auf die Qualität der Mustertourenpläne nichtssagend.

Mit der zweiten Rügeerwiderung vom 10.06.2016 erklärte der Antragsgegner, dass er der Rüge der Antragstellerin nicht abhelfen werde und verwies im Hinblick auf die Mustertouren auf die angegebenen Kriterien Höchstdauer der Fahrzeiten und Einsatz von Fahrzeugen, die hinreichend konkret seien.

Am 13.06.2016 wandte sich die Antragstellerin daher mit einem Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer. Der Nachprüfungsantrag sei zulässig, denn die Antragstellerin habe ein Interesse an dem Auftrag und sei durch die Nichtbeachtung der Vergabevorschriften in eigenen Rechten verletzt. Mit der Intransparenz des Wertungssystems verstoße der Antragsgegner gegen den Wettbewerbs- und Transparenzgrundsatz nach § 97 Abs. 1 GWB (GWB 2016).

Die Antragstellerin habe dies am 07.06. und 09.06.2016 auch unverzüglich gerügt. Mit Verweis auf den Beschluss des OLG Düsseldorf vom 16.12.2015 (VII Verg 24/15) hätte sie die Intransparenz des Wertungssystems auch nicht bereits vor Angebotsabgabe rügen müssen, da dieser Verstoß für sie nicht erkennbar gewesen sei. Erkennbar seien nur solche Verstöße gegen Vergabevorschriften, die sich auf eine allgemeine Überzeugung der Vergabepraxis gründen und einem verständigen Bieter ohne juristischen Sachverstand bei Durchsicht der Vergabeunterlagen ins Auge fallen müssten. Dies sei im Hinblick auf die Transparenzanforderungen an den Bewertungsmaßstab oder eine Bewertungsmatrix nicht zu erwarten. Daran ändere auch der vorgenannte, erst vor sechs Monaten ergangene Beschluss nichts. Auch der Antragsgegner habe diesen Beschluss bei der Erstellung seines Bewertungssystems unberücksichtigt gelassen und könne insofern von der Antragstellerin keine überzogene Kenntnispflicht verlangen.

Der Bewertungsmaßstab sei intransparent, da er in Verbindung mit den aufgestellten Unterkriterien nicht erkennen lasse, welchen Erfüllungsgrad die Angebote aufweisen müssen, um mit den festgelegten Punkten bewertet zu werden. In Bezug auf das Zuschlagskriterium "Qualität der Mustertourenplanung" sei unklar, wann ein Angebot die Mindestanforderungen erfüllt (5 Punkte), diese besser als notwendig (7 Punkte) oder deutlich besser als notwendig (10 Punkte) erfüllt. Die Bieter haben nicht erkennen können, auf welche konkreten Leistungen der Antragsgegner besonderen und gegebenenfalls unverzichtbaren Wert gelegt habe. Insofern habe die Antragstellerin ihr Angebot auch nicht daran ausrichten können.

Gleiches gelte auch für die Wertung des Kriteriums "Dienstleistungskonzept", denn den Vergabeunterlagen lasse sich auch in Verbindung mit der Anlage 4 nicht entnehmen, wie die Punkte vergeben werden sollen. Es sei nicht ansatzweise dargestellt, wie die vorgesehenen Punktzahlen von 1, 5 und 7 Punkten erreicht werden können. Auch sei unklar und gerade nicht selbsterklärend, wie in Bezug auf zwingende Anforderungen die Wertung als besser oder schlechter bzw. als normal, überdurchschnittlich oder optimal erfolgen könne. Dies gestalte sich ebenso für das Kriterium "Fahrzeugausstattung". Für die Punktevergabe seien keine Zielerreichungsgrade mitgeteilt worden.

Im Hinblick auf das Kriterium "Qualität der Mustertourenplanung" sei der Wertungsmaßstab auch insofern widersprüchlich, als dass ein Angebot in der Gesamtwertung 0 Punkte erhalten könne, obwohl es sämtliche Mindestanforderungen erfülle. Dies sei dann der Fall, wenn ein Bieter für alle Mustertourenpläne stets die Höchstpunktzahl von 10 Punkten erhalte und ein anderer Bieter jeweils nur die Mindestanforderungen erfülle, die zu 5 Punkten führen. Gemäß Ziffer 1.1.6. der Vergabeunterlagen führe dies in der Gesamtwertung dazu, dass der Bestbieter 10 Punkte erhält, das Angebot, dass nur halb so viele Punkte erreicht hat, dagegen mit 0 Punkten bewertet wird. Auch dies widerspreche den vergaberechtlichen Mindestanforderungen an Transparenz und Wettbewerb.

Des Weiteren sei das Kriterium "Vor-Ort-Aufklärungsgespräch" unzulässig und vergaberechtswidrig. Aus den Vergabeunterlagen lasse sich nicht entnehmen, welche Themen besprochen und was genau bewertet werden solle. Ein Vor-Ort-Aufklärungsgespräch über die Angebote könne kein zulässiges Zuschlagskriterium sein, da die Angebotsinhalte bereits Bewertungsgrundlage für die anderen Kriterien seien und dies folglich zu einer Doppelbewertung führe.

Die Antragstellerin beanstandet vorsorglich auch die konkrete Wertung ihres Angebots. Aufgrund der fehlenden Bewertungsmaßstäbe in den Vergabeunterlagen und im Zusammenhang damit, dass der Antragsgegner weder im Informationsschreiben vom 03.06.2016 noch in den Rügeerwiderungen vom 09.06.2016 und 10.06.2016 Angaben dazu gemacht habe, welche konkreten Aspekte zu den Punktabzügen bei Bewertung ihres Angebots geführt habe, müsse sie bezweifeln, dass die Bewertung ihres Angebots korrekt erfolgt sei.

Nach Akteneinsicht führt sie aus, dass sich der Transparenzmangel der Wertungskriterien und des Bewertungsmaßstabs auch in der Auswertung der Angebote wiederspiegele. Die tabellarischen Übersichten enthielten lediglich Zahlenwerte, nicht ersichtlich sei dagegen, welche Aspekte ihres Angebots als positiv bewertet wurden oder welche Defizite zu Punktabzügen geführt haben. Auch bliebe der Bewertungsmaßstab in Bezug auf die Kriterien weiterhin unbestimmt. Im Hinblick auf die Bewertung der Mustertourenpläne sei beispielsweise nach wie vor unklar, welche Zeitspannen jeweils mit wieviel Punkten bewertet wurden.

Außerdem tritt die Antragstellerin dem Vortrag des Antragsgegners im Nachprüfungsverfahren entgegen, dass das Angebot der Antragstellerin bereits wegen Unvollständigkeit hätte ausgeschlossen werden müssen. Sollten Unterlagen gefehlt haben, hätte dies bereits im Rahmen der formellen Angebotsprüfung festgestellt werden müssen. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Fehlende Unterlagen hätten zudem nachgefordert werden können.

Die Antragstellerin beantragt,

  1. 1.

    dem Antragsgegner zu untersagen, auf der Grundlage des bisherigen Vergabeverfahrens die Zuschläge auf die Lose 1, 4 und 5 zu erteilen,

  2. 2.

    der Antragstellerin Einsicht in die Akten des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zu gewähren,

  3. 3.

    dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin aufzuerlegen und

  4. 4.

    die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin für notwendig zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

  1. 1.

    den Nachprüfungsantrag vom 13.06.2016 als unzulässig zu verwerfen,

  2. 2.

    hilfsweise: den Nachprüfungsantrag vom 13.06.2016 als unbegründet zurückzuweisen,

  3. 3.

    der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen,

  4. 4.

    festzustellen, dass die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.

Der Antragsgegner führt zur Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags aus, dass die Rüge vom 09.06.2016 im Hinblick auf das vermeintlich intransparente Wertungssystem nach Erhalt der Informationsschreibens nach § 101a GWB (§ 134 GWB 2016) verspätet sei und Beanstandungen an den Wertungskriterien und Bewertungsmaßstäben bis zur Angebotsabgabe hätten gerügt werden müssen. Die Antragstellerin sei mit ihrer Rüge insofern nach § 107 Abs. 3 Nr. 2 und 3 GWB (§ 160 Abs. 3 Nr. 2 und 3 GWB 2016) präkludiert und der Nachprüfungsantrag daher unzulässig.

Für eine Rügepräklusion nach § 107 Abs. 3 Nr. 2 und 3 GWB käme es auf die laienhafte rechtliche Bewertung eines fachkundigen Bieters an, der aufgrund der ihm erteilten Informationen erkennen könne, ob es ihm möglich ist, ein wettbewerbsfähiges Angebot abzugeben und worauf es dem öffentlichen Auftraggeber bei seiner Vergabeentscheidung ankomme. Einer rechtlichen Beratung bedürfe es dafür nicht. Entscheidend sei allein der Bieterhorizont. Die von der Antragstellerin nunmehr beanstandeten Kriterien seien ihr bereits seit der EU-Bekanntmachung bekannt gewesen. Die Vergabeunterlagen haben diese Kriterien und das Wertungssystem unter Ziffer 1.1.6. konkretisiert. Im Rahmen der Angebotserstellung müsse sich die Antragstellerin mit den Zuschlagskriterien auseinandergesetzt und ihre vermeintliche Intransparenz bemerkt haben. Sie habe keine Bieterfrage gestellt oder sonst erkennen lassen, dass die Erstellung eines Angebots aus ihrer Bietersicht beeinträchtigt sei. Sie habe vielmehr in positiver Kenntnis der vermeintlichen Intransparenz fristgerecht ein Angebot eingereicht.

Mit der Rüge vom 07.06.2016 problematisiere die Antragstellerin ausschließlich, dass das "Vor-Ort-Aufklärungsgespräch" nicht stattgefunden habe. Das intransparente Wertungssystem sowie die Kriterien "Qualität der Mustertourenpläne" und "Dienstleistungskonzept" werde dagegen erst mit Rüge vom 09.06.2016 beanstandet, wobei diese zweite Rüge das Kriterium "Vor-Ort-Aufklärungsgespräch" nicht mehr enthalte. Eine fehlerhafte Wertung ihres Angebots beklage die Antragstellerin ohne vorherige Rüge erst mit dem Nachprüfungsantrag. Insgesamt habe die Antragstellerin ihrer Rügepflicht nicht genüge getan.

Der Antragsgegner trägt weiterhin vor, dass der Antragstellerin auch die Antragsbefugnis fehle, da nunmehr festgestellt worden sei, dass sie mit ihrem Angebot kein Servicekonzept im eigentlichen Sinne vorgelegt habe. Auch zum Kriterium "Fahrzeugausstattung" habe die Antragstellerin ihrem Angebot nur Fahrzeugprospekte beigefügt. Da eine Nachforderung dieser Angebotsbestandteile unzulässig gewesen sei, wäre das Angebot der Antragstellerin bereits auszuschließen gewesen.

Zur hilfsweisen Unbegründetheit des Nachprüfungsantrags führt der Antragsgegner aus, dass er die Zuschlagskriterien und das Wertungssystem ausreichend transparent bekannt gegeben habe. Etwaige nicht veröffentlichte Unterkriterien seien bei der Bewertung nicht herangezogen worden. Eine erweiterte Pflicht zur Aufstellung von Unterkriterien gebe es nicht und bei der Auswahl sowie der Festsetzung von Bewertungskriterien stehe dem Auftraggeber ein Wertungsspielraum zu, der auch von der Vergabekammer nicht überprüft werden könne. Würde man den Auftraggeber verpflichten, den Bietern vorab jede Erwägung, die er in die Wertung der Angebote einfließen lassen will, bekannt zu machen, würde der Beurteilungsspielraum unzulässig weit eingeengt werden. Insofern sei es hier nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner sich auf der vierten Stufe der Angebotswertung einen Restbereich für die freie Wertung vorbehalte und nicht zwingend Erläuterungen dazu mache, was unter einer normalen, überdurchschnittlichen und optimalen Erfüllung zu erwarten ist. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn die Bieter ein Konzept einreichen sollen, wobei die Maßnahmen und Methoden zum Erreichen des Aufgabenziels nicht schon vorher feststehen.

Die Bewertung zum Kriterium "Qualität der Mustertourenpläne" sei unter Ziffer 1.1.6. der Vergabeunterlagen und durch die dort unter B. beschriebene Methode zur Ermittlung des fachlichen Wertes ausreichend dargestellt. Demnach seien die Mustertourenpläne pro bieterseitig geplantem Bus sowohl hinsichtlich der Fahrzeit als auch der Streckenlänge mit 5, 7 oder 10 Punkten bewertet worden. Der Punktwert 5 sei durch die Vorgabe der Maximalzeiten pro Los eindeutig vorgegeben und die besseren Werte entsprechend gestaffelt worden. Das von der Antragstellerin vorgelegte Angebot habe die vorgegebenen Zeitvorgaben mit einigen Bussen überschritten. Eine Bewertung mit 0 Bewertungspunkten sei erst erfolgt, wenn ein Angebot doppelt so schlecht wie das beste Wettbewerbsangebot bewertet worden sei.

Die Anforderungen an das zum Kriterium "Dienstleistungskonzept" vorzulegende Servicekonzept seien durch die spezifischen Positionen 3.2.1. bis 3.2.7. des Leistungsverzeichnisses vorgegeben gewesen. Für die Bewertung habe der Antragsgegner pro Position 1, 5 oder 7 Punkte vorgegeben, das selbsterklärend mit einer normalen, überdurchschnittlichen und optimalen Erfüllung einhergehe. Die Antragstellerin habe mit ihrem Angebot ferner keine Aussagen zur Qualität oder Form der Erfüllung der einzelnen Leistungspositionen getroffen.

Der gleiche Bewertungsmaßstab gelte insofern für das Kriterium "Fahrzeugausstattung". Hier sei von den Bietern erwartet worden, dass sie in geeigneter schriftlicher Form die Fahrzeugausstattung entsprechend der Anforderungen der Anlage 5 darstellen. Die Antragstellerin habe im Unterschied zur präzisen tabellarischen Übersicht des Wettbewerbs lediglich Fahrzeugprospekte eines Autohauses vorgelegt, die teilweise Markierungen enthielten, teilweise aber auch keine Aussagen zu den Anforderungen trafen.

In Bezug auf das Kriterium "Vor-Ort-Aufklärungsgespräch" verweist der Antragsgegner auf die Ausführungen unter Ziffer 1.1.6. der Vergabeunterlagen und die dort genannten Bedingungen. Der beschriebene Fall, dass der losweise Zuschlag rein mathematisch noch auf mehrere Angebote hätte entfallen können, sei nicht eingetreten, so dass keine Vor-Ort-Aufklärungsgespräche stattgefunden haben. Für ein solches Aufklärungsgespräch wäre den betroffenen Bietern vorab ein Gesprächsleitfaden zur Verfügung gestellt worden, der 1:1 den Rahmen des Leistungsverzeichnisses abdecke. Andere nicht bekanntgegebene Kriterien wären hiermit nicht verbunden gewesen.

Die Beigeladene stellt keine Anträge und hat sich nur in der mündlichen Verhandlung zum Verfahren geäußert.

Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, das Protokoll der mündlichen Verhandlung und die Vergabeakte Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist überwiegend zulässig und begründet. Der Antragsgegner hat mit der ungenügenden Darstellung der Wertungskriterien gegen das Transparenzgebot verstoßen. Dieses Gebot ist in § 97 Abs. 1 GWB (§ 97 Abs. 1 GWB 2016) enthalten. Danach beschaffen öffentliche Auftraggeber Dienstleistungen im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren. Gemäß § 19 EG Abs. 8 VOL/A berücksichtigen die Auftraggeber bei der Wertung der Angebote entsprechend der bekannt gegebenen Gewichtung vollständig und ausschließlich die Kriterien, die in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen genannt sind. Der sich über weite Strecken der Wertung hinziehende grundlegende Mangel lässt sich so zusammenfassen, dass der Antragsgegner die von ihm aus guten Gründen zur Wertung verwendeten Matrices den Anbietern mit den Vergabeunterlagen hätte zur Verfügung stellen müssen. Außerdem hätte er ergänzend die Grundlagen für seine beabsichtigte Bewertung erläutern müssen.

1. Obwohl das GWB 2016 und die VgV 2016 zum Zeitpunkt der Entscheidung der Vergabekammer bereits in Kraft getreten sind, hat die Vergabekammer aufgrund der Überleitungsvorschrift des § 186 Abs. 2 GWB 2016 das GWB einschließlich der darauf beruhenden nachrangigen Normen in der im März 2016 geltenden Fassung anzuwenden. Gemäß § 186 Abs. 2 GWB 2016 werden Vergabeverfahren, die vor dem 18.04.2016 begonnen haben, einschließlich der sich an diese anschließenden Nachprüfungsverfahren nach dem Recht zu Ende geführt, dass zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens galt. Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 17.12.2014 Verg 26/14 definiert, wann das Vergabeverfahren beginnt. Es habe begonnen, wenn sich der öffentliche Auftraggeber dazu entschließe, einen (gegenwärtigen oder künftigen) Bedarf nicht durch Eigenleistung, sondern durch Beschaffen von Lieferungen oder Leistungen als Nachfrage auf dem Markt zu decken (interner Beschaffungsentschluss) und er darüber hinaus zweckbestimmt äußerlich wahrnehmbare Anstalten treffe, den Auftragnehmer mit dem Ziel eines Vertragsabschlusses auszuwählen (externe Umsetzung). Letzteres ist die europaweite Bekanntmachung der beabsichtigten Vergabe. Das hier streitige Vergabeverfahren wurde im xxxxxx 2016 europaweit bekannt gemacht, so dass das zu jenem Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden ist.

Die Vergabekammer sieht sich wegen der geltenden Vergaberichtlinie 2014/24/EU gehalten, die anzuwendende EU-Richtlinie 2004/18/EG und das alte nationale Vergaberecht so anzuwenden, dass kein Widerspruch zur Richtlinie 2014/24/EU und dem neuen Vergaberecht entsteht.

EuGH und BGH haben gelegentlich anderer Fälle entschieden, dass beschlossenes EU-Recht eine inhaltliche Vorwirkung auf die Entscheidungspraxis der Verwaltungen und der Justiz entfalte. Nach der Rechtsprechung des EuGH (C-129/96, Urteil vom 18.12.1997, Inter-Environnement Wallonie, Rz. 45) darf der Staat innerhalb der Umsetzungsfrist keine Vorschriften erlassen, die geeignet sind, das Ziel der Richtlinie ernsthaft in Frage zu stellen (vgl. BVerwGE 107, S. 1 ff., S. 22). Ebenso hat der BGH (BGHZ 138, S. 55) für die Rechtsanwendung entschieden: Der BGH sah sich an einer richtlinienkonformen Auslegung nicht dadurch gehindert, dass die Frist für die Umsetzung der Richtlinie zur vergleichenden Werbung noch nicht abgelaufen war. Lasse sich Richtlinienkonformität mittels einfacher Auslegung im nationalen Recht herstellen, so sei der Richter jedenfalls nach deutschem Rechtsverständnis befugt, sein bisheriges Auslegungsergebnis zu korrigieren und den geänderten rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen. Die Vergabekammer ist daher verpflichtet, das aufgrund einer Überleitungsvorschrift anzuwendende Recht so anzuwenden, dass kein inhaltlicher Widerspruch zur nationalen Umsetzung der Richtlinie 2014/25/EU auftritt. Zur Erleichterung der Lesbarkeit setzt die Vergabekammer das ab 2016 geltende Recht gelegentlich in Klammern hinter die anzuwendende Vorschrift.

2. Der Nachprüfungsantrag ist überwiegend zulässig. Bei dem Antragsgegner und Auftraggeber handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und damit um einen öffentlichen Auftraggeber gemäß § 98 Nr. 1 GWB (§ 99 GWB 2016).

Bei der beabsichtigten Vergabe zum freigestellten Schüler Personenverkehr handelt es sich um einen entgeltlichen Dienstleistungsauftrag gemäß § 99 Abs. 4 GWB (§ 103 Abs. 4 GWB 2016). Der Schwellenwert ist überschritten. Gemäß § 100 GWB (§ 107 GWB 2016) gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Hier geht es um freigestellte Schülerbeförderung, somit um einen Dienstleistungsauftrag, für den gemäß § 2 Nr. 1 VgV in der geltenden Fassung ein Schwellenwert von 209.000 € gilt.

Die Antragstellerin ist gemäß § 107 Abs. 1 GWB (§ 160 Abs. 1 GWB 2016) antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung eigener Rechte durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Insbesondere sieht sie sich wie unter I. dargestellt durch ein intransparentes Wertungssystem benachteiligt. Zwar liegt ein Grund vor, das Angebot der Antragstellerin auszuschließen, weil es eine transparent gesetzte Mindestanforderung nicht erfüllte, indem es in Los 1 und 5 die vorgegebene Höchstbeförderungsdauer überschritt, jedoch liegt ein solcher Ausschlussgrund auch für das Angebot der Beigeladenen in Los 5 vor. Auf eine rechtsystematisch mögliche losweise Darstellung zur Antragsbefugnis verzichtet die Vergabekammer aufgrund der losübergreifenden Probleme der Angebotswertung zu 3. Ob sich diese dargestellte Rechtsverletzung bestätigt, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Antrages (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2006, VII-Verg 23/06 Ziffer 1a).

Die Antragstellerin ist nur teilweise gemäß § 107 Abs. 3 GWB (§ 160 Abs. 3 GWB 2016) präkludiert, weil sie die von ihr festgestellten Vergabeverstöße nicht innerhalb der dort genannten Fristen gerügt hat.

Gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 2, Nr. 3 GWB ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung oder der Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden. Der Antragsgegner beruft sich darauf, dass die angebliche Intransparenz bereits aus den Vergabeunterlagen erkennbar war, sodass die Antragstellerin etwaige Rügen bis zur Angebotsabgabe hätte erheben müssen.

Die Rechtsprechung beurteilt diese Grenzziehung einzelfallbezogen und durchaus uneinheitlich.

Die Rügepflicht ist vom Gesetzgeber als Ausdruck des Grundsatzes von Treu und Glauben konzipiert worden. Der Anbieter soll sein Wissen über Mängel der Vergabe, die er erkannt hat, nicht aus taktischen Erwägungen zurückhalten bis klar ist, ob er den Zuschlag erhalten wird oder nicht. Er soll vielmehr veranlasst werden, die von ihm erkannten Mängel frühzeitig dem Auftraggeber mitzuteilen, damit dieser die Mängel korrigieren kann. Das bedeutet nicht, dass der Anbieter sich in hohem Maße juristisch fortbilden muss.

Schwierige Rechtsfragen muss der Anbieter nicht vollständig durchdringen. So hat sich zur Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien erst nach längerem Zögern eine Rechtsprechung herausgebildet, die dem Anbieter zumutet, eine solche Vermischung erkennen zu müssen (OLG Celle, Beschluss vom 07.11.2013 13 Verg 8/13). Die unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien sei für den fachkundigen Anbieter ohne Weiteres erkennbar. Ein durchschnittlicher Bieter müsse die maßgebliche Rechtsprechung des BGH bzw. des Europäischen Gerichtshofes zur rechtsfehlerhaften Vermischung von Zuschlags- und Eignungskriterien kennen. Der Vergabeverstoß eines "Mehr an Eignung" nach der grundlegenden Entscheidung des EuGH vom 24.01.2008 (C-532/06) und des BGH vom 15.04.2008 (X ZR 129/06) sei Gegenstand einer Vielzahl obergerichtlicher Entscheidungen gewesen und wiederholt in den Fachpublikationen thematisiert worden (ebenso OLG München, Beschluss vom 25.07.2013 - Verg 7/13; Beschluss vom 21.11.2013 Verg 9/13, vgl. Dittmann, NZBau 2013, 746ff).

Andere Fehler der Vergabeunterlagen werden bis heute deutlich milder beurteilt. Das OLG Celle hat mit Beschluss vom 24.09.2014 (13 Verg 9/14) für die Wahl der falschen Vergabeart, also einen durchaus schweren Vergabefehler, entschieden, eine objektive Erkennbarkeit liege erst dann vor, wenn sich der Vergabefehler dem Anbieter aufdrängen müsse. Auch das OLG Düsseldorf vertritt diese Rechtssicht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.01.2014, VII Verg 26/13 und vorher Beschlüsse v. 03.08.2011, VII-Verg 30/11, VergabeR 2011, 868, 870, und VII-Verg 16/11, VergabeR 2012, 227, 229). Die Vergabekammer sieht in dem vorliegenden Fall zwar Vergabefehler des Antragsgegners, die sich in den Vergabeunterlagen wiederfinden. Sie ist aber überwiegend nicht der Auffassung, dass sich diese Fehler des Antragsgegners der Antragstellerin so sehr hätte aufdrängen müssen, dass daraus eine Rügepflicht bis zur Abgabe des Angebotes folgen würde.

Zwar fordert die Rechtsprechung bereits seit längerem nicht nur für den Preis als quantitativem Zuschlagskriterium, sondern auch für qualitative Zuschlagskriterien, dass die Vergabestelle spätestens mit den Vergabeunterlagen die Zuschlagskriterien, deren Gewichtung und eine allgemeine Begründung für die Differenzierung der jeweils höchstmöglichen und geringstmöglichen Punkte nennt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.07.2015, VII - Verg 11 / 15; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.03.2010, VII - Verg 48 / 09; OLG Brandenburg, Beschluss vom 19.12.2011 - Verg W 17/11; VK Sachsen Beschluss vom 24.03.2011 -1/SVK/005-11, zit. jeweils nach ibr-online.de; OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.10.2010 11 Verg 7/10 zit. nach VERIS). Jeder Bieter muss aus den Bewerbungsbedingungen erkennen können, ob er mit einer bestimmten absoluten Leistung, oder mit einer bestimmten im Verhältnis zu den anderen Bietern sehr guten Leistung die im jeweiligen Zuschlagskriterium vorgesehene Höchstpunktzahl erreichen kann (VK Niedersachsen Beschluss vom 13.02.2012, VgK-02/2012). Die vom OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 16.12.2015, VII Verg 24/15 und vom OLG Celle mit Urteil vom 23.02.2016 (13 U 148/15) durchaus zu Recht kritisierte Vergabe aufgrund von Schulnoten, deren Qualifizierung nicht vorab konkret gegenüber den Anbietern benannt wird, stellt gleichwohl in der Praxis schon eher die gehobene Bewertung qualitativer Zuschlagskriterien dar (vgl. VK Niedersachsen, Beschluss vom 07.01.2014, VgK-40/2013 für eine klar dokumentierte Entscheidung; Beschluss vom 18.04.2016, VgK-08/2016 für eine in besonderem Maße intransparente Entscheidung). Solange sich in der Praxis keine transparente Vorgehensweise durchgesetzt hat, vermag die Vergabekammer nicht zu erkennen, dass sich solche Fehler dem Anbieter aufdrängen müssten.

Dem Argument des Antragsgegners, die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf vom Dezember 2015 müsste nun allen Anbietern bekannt sein, stehen die Erfahrungen aus dem längerfristigen obigen Prozess bei der Vermengung von Eignungs- und Zuschlagskriterien entgegen. Es hat Jahre gedauert bis die Rechtsprechung eine einheitliche Meinung gebildet hatte und infolgedessen den Anbietern auferlegen konnte, diese Meinung bereits bei der Angebotsabgabe zu berücksichtigen. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist daher nicht unzulässig, weil sie die neueste Rechtsprechung des OLG Düsseldorf und des OLG Celle nicht bis zur Abgabe des Angebots in Form einer Rüge gegenüber dem Antragsgegner vorgebracht hat.

Es gibt allerdings entgegen der zum Ausdruck gebrachten Auffassung der Antragstellerin auch keinen Grundsatz, dass die Antragstellerin vom Vergaberecht nicht mehr verstehen müsse als der Antragsgegner. Der zweite Abschnitt des vierten Teils des GWB enthält ein Antragsverfahren, ist daher auf dem Individualrechtsschutz, nicht auf dem Gedanken der staatlichen Aufsicht aufgebaut (Kadenbach in Willenbruch/Wieddekind Vergaberecht Kompaktkommentar, 3. Auflage 11. Los, § 107 GWB Rdnr. 3). Der Bieter darf sich daher nicht darauf verlassen, dass die Vergabestelle stets in vorbildlicher Weise das Vergaberecht beachtet, sondern er hat sich zumindest insoweit mit den vergaberechtlichen Grundsätzen vertraut zu machen, als es aus der Sicht ex ante erforderlich scheint, um die eigenen Rechte gegenüber dem Konkurrenten und ggf. auch einer rechtsfehlerhaft handelnden Vergabestelle zu wahren. Ob der Anbieter den jeweiligen Verstoß kennen muss, hängt objektiv davon ab, wie offensichtlich dieser Verstoß ist, und subjektiv, ob solche Kenntnisse zum Berufsbild des Antragstellers gehören. Für den Berufsstand des gewerblichen Personenbeförderers geht die Vergabekammer Niedersachsen in kontinuierlicher Rechtsprechung davon aus, dass diese Berufsgruppe nicht in vertieften Maß über Rechtskenntnisse verfügen muss (Fortsetzungsfeststellungsbeschluss vom 25.02.2015, VgK-43/2014, noch nicht bestandskräftig). Die erkennende Vergabekammer hat auch in jenem Beschluss (vgl. ebenfalls Beschlüsse vom 03.09.2012 VgK-28/2012; 18.09.2012 VgK-36/2012; 26.08.2014 VgK-31/2014) darauf hingewiesen, dass eine sehr früh entstehende Rügepflicht die Gefahr berge, die Anbieter zu überfordern. Eine neuere obergerichtliche Äußerung zu dieser Auffassung der Vergabekammer Niedersachsen steht derzeit aus, weil über eine gegen den obigen Beschluss vom 25.02.2015 erhobene Beschwerde beim OLG Celle noch nicht entschieden worden ist.

Allerdings handelt es sich bei der sogar in der europaweiten Bekanntmachung angekündigten Wertung eines Zuschlagskriteriums, nämlich der Vor-Ort-Aufklärung als Option um einen so gravierenden und zudem recht leicht erkennbaren Vergabeverstoß, dass dieser der Antragstellerin aufgrund ihrer in der mündlichen Verhandlung im Kern unbestrittenen umfangreichen Erfahrungen mit europaweiten Vergaben bereits bei der Angebotskalkulation hätte auffallen müssen. Die Antragstellerin hätte diese Rüge bereits bis zur Angebotsabgabe vorbringen können, ist daher mit ihrem Vortrag insoweit präkludiert.

Soweit die Antragstellerin nicht nach den obigen Ausführungen präkludiert ist, hat sie ihre Rügen unverzüglich erhoben. Gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Über die Bedeutung des Begriffs "unverzüglich" bestand aufgrund der Entscheidungen des EuGH vom 28.01.2010 Streit. Im Juli 2013 leitete die europäische Kommission ein informelles Vorverfahren gegen die Bundesrepublik ein, weil der Begriff "unverzüglich" unbestimmt sei, daher die Rechtsmittelrichtlinie und die Gebote der Transparenz, Rechtssicherheit und Nichtdiskriminierung verletze (s. dazu auch Werkstattbeitrag von Eydner, ibr-online, vpr 2014, 2673, eingestellt am 08.04.2014). Seitdem wendet die VK Niedersachsen in Abkehr von früherer strengerer Rechtsprechung (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, Az.: 1 Verg 3/03) eine Rügefrist von 10 Tagen ab Kenntnis des Antragstellers vom geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften an, wie sie jetzt in § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB 2016 enthalten ist (VK Niedersachsen, Beschluss vom 17.04.2014, VgK-09/2014). Nimmt man, wie oben dargestellt, an, dass der Antragstellerin nicht bereits bei Angebotsabgabe der Fehler des Antragsgegners bekannt war, erhielt die nächste Information des Antragsgegners mit der Bieterinformation gemäß § 101a GWB. Da die Antragstellerin beide Rügen binnen zehn Tagen nach Erhalt der Bieterinformation gemäß § 101a GWB versandte, wahrte sie diese Frist, sodass keine Präklusion gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB vorliegt. Die Rügen befassten sich inhaltlich mit den unter I. dargestellten Inhalten, so dass die Intransparenz aller Zuschlagskriterien somit Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens ist.

3. Der Antragsgegner hat mit der ungenügenden Darstellung der Wertungskriterien gegen das Transparenzgebot verstoßen. Dieses Gebot ist in § 97 Abs. 1 GWB (§ 97 Abs. 1 GWB 2016) enthalten. Danach beschaffen öffentliche Auftraggeber Dienstleistungen im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren. In der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen, zweiter Abschnitt (EG-VOLA) wird diese Verpflichtung zunächst in § 2 EG VOL/A wiederholt, in § 19 EG VOL/A näher konkretisiert. Gemäß § 19 EG Abs. 8 VOL/A berücksichtigen die Auftraggeber bei der Wertung der Angebote entsprechend der bekannt gegebenen Gewichtung vollständig und ausschließlich die Kriterien, die in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen genannt sind.

Der Grundsatz des Transparenzgebotes bedeutet, dass alle Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens klar, präzise und eindeutig in der Vergabebekanntmachung, konkret allerdings noch in den Vergabeunterlagen zu formulieren sind. Alle ausreichend informierten und mit der üblichen Sorgfalt handelnden Bieter sollen die genaue Bedeutung dieser Bedingungen verstehen und sie in gleicher Weise auslegen können. Der Auftraggeber soll tatsächlich überprüfen können, ob die Angebote der Bieter die für den betreffenden Auftrag geltenden Kriterien erfüllen (EuGH Urteil vom 10.05.2012 - C368/10; OLG Celle Urteil vom 23.02.2016, 13 U 148/15).

a. Der Antragsgegner hat das Wertungskriterium "Angebotspreis" in den Vergabeunterlagen zunächst wie unter I. dargestellt transparent umgesetzt. Eine so klare und vergaberechtlich einwandfreie Darstellung ist auch ohne ergänzende Matrix nachvollziehbar. Eine so klare Wertungsvorgabe findet sich zu den qualitativen Zuschlagskriterien (vgl. nachfolgend b-d) nicht mehr.

Allerdings weist die Vergabekammer bei der Art und Weise der vorgenommenen Wertung der Preise auf die Intransparenz hin, dass die Vergabestelle mit der eigenständigen Umrechnung von Nettopreisen in Bruttopreise das Preisgefüge verzerrt. Dies hat der Antragsgegner auf Seite 38 der Angebotsauswertung selbst darstellt. Wenn der Antragsgegner bei der Bewertung der Mustertourenpläne zu der berechtigten Schlussfolgerung gelangt (vergleiche nachfolgend zu b), dass etliche der Touren länger sind als 50 km, darf er für den Besetzt-Kilometerpreis nicht einheitlich den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % zugrunde legen, sondern muss die zu vergleichenden Preise so berechnen, wie sie von den Anbietern zu kalkulieren sind und ihm später in Rechnung gestellt werden.

Die in der mündlichen Verhandlung erörterte weitere steuerrechtliche Komplikation infolge einer Kombination mit anderen Aufträgen und der Beförderung als Sonderform des Linienverkehrs gemäß § 43 PBefG steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Auftraggebers und kann daher nicht Gegenstand des Angebotspreises sein, sondern allenfalls Gegenstand einer späteren Änderung des Gegenstands des erteilten Auftrags,. Entgegen der Einschätzung in der mündlichen Verhandlung kann daher eine solche Komplikation bei der Wertung unberücksichtigt bleiben. Ob die Finanzverwaltung der Auffassung ist, dass die Beförderung von Schülern mit Behinderungen und Unterstützungsbedarf eine Krankenbeförderung sei, daher für diese Leistung keine Mehrwertsteuer anfalle, wie die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, kann der Antragsgegner und sollte der Antragsgegner in der Vorbereitung einer Vergabe entweder bei der örtlichen Finanzverwaltung oder bei der für eine landesweit einheitliche Verfahrensweise in Steuererhebungsfragen zuständigen OFD Oldenburg abfragen und den Anbietern in den Vergabeunterlagen verbindlich mitteilen.

Daher ist es ohne weiteres technisch umsetzbar, verschiedene Umsatzsteuerarten bei einer die gesamte Wertung umfassenden Excel Tabelle mit jeweils einzelnen Excel Tabellenblättern ohne besonderen Aufwand zu berücksichtigen, in dem die Vergabestelle die Daten der Mustertourenplanung in die Preiswertung mit einbezieht. Hierzu bedarf es lediglich bei der Berechnung der Preise für die einzelnen Bustouren einer "wenn" Formel und ggf. einer tabellenblattübergreifenden Verknüpfung. Die Wertung mit einem fiktiven Steuersatz, der sich auf den Kostenrechnungen so nicht wieder finden darf und wohl auch nicht finden wird, verzerrt das Preisgefüge.

Als Hinweis für die Neugestaltung der Vergabeunterlagen legt die Vergabekammer nahe, nicht nur einen Besetzt-Kilometerpreis als Wertungskriterium anzusetzen, sondern diesen mit der Zahl der tatsächlich geleisteten Kilometer zu verknüpfen, sodass zum Beispiel die Angebote aufgrund des Brutto- Tagesbesetzt-Kilometerpreises je Los gewertet werden.

b. Die Antragstellerin ist in ihren Rechten aus § 97 Abs. 1 GWB, § 19 EG Abs. 8 VOL/A verletzt, weil die Wertung des mit 25 % in die Wertung einfließenden Zuschlagskriteriums "Qualität der Mustertourenpläne" intransparent ist. Dessen Inhalt hat der Antragsgegner unter Ziffer 1.1.6. B, der mit der Leistungsbeschreibung in einem Dokument zusammengefassten Vergabe- und Vertragsbedingungen unter der Überschrift "fachlicher Wert" definiert. Inhaltlich reduziert er das Zuschlagskriterium darin auf die Beförderungsgeschwindigkeit, weil andere abgefragte Parameter wie die Busausstattung dort nicht mehr bewertet werden.

Er hat den Anbietern aufgegeben, Mustertourenpläne anhand eines vorgegebenen Formblatts auszufüllen. Nach dem Vordruck war die Angabe von Besetztkilometern für die jeweilige Strecke nicht gefordert, obwohl die Angabe der Kilometer notwendig ist, um den Preis zu berechnen, und um die angegebenen Beförderungszeiten auf Plausibilität zu prüfen. Der Antragsgegner hat etliche Unterlagen nachgefordert, nicht aber diese für die Bewertung zentrale Information der Beförderungsstrecken. Diese wurde von dem den Antragsgegner beratenden Büro eigenständig nachgebessert. Die Erstellung der Angebote ist aber ausschließlich Aufgabe der Anbieter, keinesfalls der Vergabestelle. Die Vergabestelle darf daher nicht aus eigenem Antrieb heraus Angebote der Anbieter nachbessern. Allerdings ist auch deutlich erkennbar, dass die Beigeladene mehr Busse einsetzen will, daher die vorgegebenen Beförderungshöchstzeiten besser einzuhalten vermag als die Antragstellerin.

Der Antragsgegner hat gemäß seiner Darstellung in der Vergabedokumentation (Blatt 47) Angebote, bei denen die vorgegebene Höchsttransportzeit überschritten wurde, nicht ausgeschlossen, sondern diesen Anbietern gemäß der Empfehlung des eingesetzten Planungsbüros eine Umplanung nahegelegt. Er hat die Überschreitung der Beförderungshöchstdauer durch die Antragstellerin in Los 5 Bus 12, nicht aber in Los 1 Busse 4, 6 und 7 erkannt. Er hat auch die geringfügige Überschreitung der Beförderungshöchstdauer durch die Beigeladene in Los 5 Bus 6 erkannt.

Der unterlassene losweise Ausschluss der Verfahrensbeteiligten ist intransparent. Jedes Angebot, welches Mindestanforderungen nicht erfüllt, muss wegen des Gebots der Gleichbehandlung der Anbieter ausgeschlossen werden. Daher sollte eine Vergabestelle Mindestanforderungen so moderat festlegen, dass sie das Feld der Anbieter nicht unverhältnismäßig ausdünnen. Hier erfüllen die Tourenplanungen aller Anbieter nur knapp die Mindestanforderungen, allerdings nicht, weil die fachlichen Anforderungen zu hoch waren, sondern vermutlich weil die Anbieter das erlaubte Zeitfenster ausschöpfen, um weniger Busse einsetzen zu müssen. Das ist das kalkulatorische Risiko der Anbieter.

Wenn die Antragstellerin und die Beigeladene die vorgegebenen Beförderungszeiten sanktionslos überschreiten dürfen, begründet dies eine selektive Befugnis, das Angebot nachzubessern. Diese Art der Nachverhandlung ist gemäß § 18 EG VOL/A im offenen Vergabeverfahren streng untersagt. Anderen Anbietern, die vielleicht mit einer Tourenoptimierung mehr Punkte bei der Transportdauer hätten erhalten können, oder bei Kenntnis des inkonsequenten Vorgehens hätten billiger anbieten können, bleibt diese Nachbesserung verwehrt. Somit handelt es sich um eine sachlich nicht vertretbare Bevorzugung einzelner Anbieter, hier sowohl der Antragstellerin als auch der Beigeladenen.

Der Antragsgegner hat für besonders kurze Beförderungszeiten zehn Punkte vergeben, für etwas längere Beförderungszeiten sieben Punkte und für Beförderungszeiten, die die Mindestanforderungen erfüllen, nur fünf Punkte. Es ist aber für den Anbieter nicht erkennbar, in welchem Umfang er die vorgegebene Beförderungshöchstdauer unterschreiten muss, um die Höchstpunktzahl zu erhalten. Es fehlt sowohl ein absolutes Kriterium (zehn Punkte erhält jedes Angebot, welches die Förderungshöchstdauer um X Prozent/Minuten unterschreitet) oder alternativ ein relatives Kriterium (zehn Punkte erhalten die X Angebote, welche für das Los die geringste Beförderungshöchstdauer anbieten). Somit war für den Anbieter nicht erkennbar, in welchem Umfang sich Investitionen in die Qualität lohnen.

Der Antragsgegner hat gut vertretbar jede vom Anbieter geplante Bustour separat bewertet. Ein Anbieter, der viele Busse einsetzt, daher häufig kurze Beförderungszeiten aufweist, erhält besonders häufig 10 Punkte. Das ergibt sich jedoch so nicht aus der Leistungsbeschreibung ab Seite 7. Hätte der Antragsgegner die von ihm für die Wertung verwendete Matrix den Anbietern zur Verfügung gestellt, zusätzlich die Spalte F in "Summe Punkte" umbenannt (es handelt sich nicht um die Summe der Busse, sondern um die Summe der für die eingesetzten Bustouren vergebenen Punkte) und die rechnerische Herleitung der Werte in Spalte G erläutert, wäre die Herleitung nachvollziehbar gewesen.

Am Rande weist die Vergabekammer auf eine problematische Rechenweise des Antragsgegners hin. Der Antragsgegner vergibt bereits für die Erfüllung der Mindestanforderung fünf von zehn möglichen Punkten. Er verkürzt damit seine Bewertung im ersten Rechenschritt von den bekannt gegebenen 25 % auf nur 12,5 %, weil die Differenzierungsmöglichkeit bei diesem Zuschlagskriterium nicht mehr zwischen null und zehn Punkten, sondern nur noch zwischen fünf und zehn Punkten liegt. Er gleicht diesen Mangel im zweiten Schritt aus, indem er dann durch die Interpolation die größere Varianz wiederherstellt. Ob dieser Ausgleich zu mathematischen Verzerrungen führt, hat die Vergabekammer nicht geprüft. Da die Antragstellerin sich rügelos auf dieses Vorgehen eingelassen hat, sieht die Vergabekammer keine Notwendigkeit der nachträglichen Korrektur. Die Vergabekammer neigt nicht zu der Auffassung, dass ein Anbieter schon für die Erfüllung der Mindestanforderungen Zuschlagspunkte erhalten sollte. Die Erfüllung der Mindestanforderungen ist nur die Zutrittsvoraussetzung für eine Wertung auf der 4. Wertungsebene. Dazu gibt es aber bisher keine einheitliche Rechtsprechung (vgl. a. A. VK Westfalen, Beschluss vom 28.04.2016, VK 1 - 16/16, noch nicht bestandskräftig).

c. Die Antragstellerin ist in ihren Rechten aus § 97 Abs. 1 GWB, § 19 EG Abs. 8 VOL/A verletzt, weil die Wertung des mit 10 % in die Wertung einfließenden Zuschlagskriteriums "Dienstleistungskonzept" intransparent ist. Der Antragsgegner verlangt die Vorlage eines Dienstleistungskonzeptes gemäß der Vorgabe des Leistungsverzeichnisses. Inhaltlich verweist er auf die Kapitel 3.2.1. bis 3.2.7., also etwa 9 Seiten Fließtext und das Merkblatt für die Schulung von Fahrzeugführern. Dieser umfassende Verweis ist deutlich zu unstrukturiert, um als geeignetes Zuschlagskriterium angesehen werden zu können. Der Antragsgegner hat sich daher bei seiner Wertung bemüht, den Fließtext in einer Excel-Tabelle zu gliedern. Ohne diese Tabelle ist es nicht möglich, die Wertung nachzuvollziehen. Die Tabelle hätte daher allen Anbietern vorab zur Verfügung gestellt werden müssen. Eine begründende Erläuterung der Matrix fehlt in der Vergabeakte. Die Tabelle erläutert daher zwar, was der Antragsgegner bewerten wollte, aber nicht, wofür er die Höchstpunktzahl vergeben wollte. Es ist daher nicht erkennbar, warum der Antragsgegner bestimmte Konzepte unterschiedlich bewertet hat.

Mit der Festlegung der Zuschlagskriterien bestimmt der Auftraggeber, welcher Teil der Leistung ihm besonders wichtig ist. Er fordert den Anbieter dazu auf, in diesem Segment besonders gute Leistungen zu erbringen und muss daher gegenüber dem Anbieter auch vor Angebotserstellung in den Vergabeunterlagen definieren, was für ihn eine besonders gute Leistung ist. Der genannte Fließtext enthält teilweise allgemeine Definitionen der abgeforderten Leistung, zum Teil auch Mindestanforderungen. Beides ist in dieser Breite nicht als Zuschlagskriterium geeignet. Zuschlagskriterien mit einer geringen Gewichtung eignen sich auch nicht, in zahlreiche Unterkriterien zerlegt zu werden. Die Rechtsprechung hat gelegentlich festgestellt, dass ein Wertungskriterium mit einer Gewichtung von nur 5 Prozent (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.11.2013, VII - Verg 20 / 13) oder 1 % (VK Westfalen, Beschluss vom 25.02.2015, VK 23 / 14) kein echtes Zuschlagskriterium sei, sondern nur eine Alibifunktion wahrnehme. Das ist richtig, gilt noch gravierender, wenn der Auftraggeber ein mit 10 % ohnehin gering gewichtetes Zuschlagskriterium in etwa 50! Unterkriterien, also Zuschlagskriterien mit einem Gewicht von 2 ‰ zerfasert.

Der Antragsgegner führt aus (Blatt 8 Vergabe- und Vertragsbedingungen), dass die Anforderungsbereiche des Dienstleistungskonzeptes in der Anlage 4 "Übersicht Servicekonzept" aufgeführt seien. Er fordert von den Anbietern auf Seite 12 der Vergabe- und Vertragsbedingungen unter Ziffer 6 als Mindestvoraussetzung für das schriftliche Dienstleistungskonzept die tabellarische Übersicht Anlage 4 vollständig ausgefüllt. Es ist daher nachvollziehbar, wenn der Antragsgegner Dienstleistungskonzepte, die über die ausgefüllte Tabelle hinausgehen, besser bewerten will als diejenigen Angebote, in denen lediglich die Tabelle ausgefüllt wird. Es fehlt aber der Hinweis, welche Inhalte (Zahlen, Daten, Fakten) der längere Text transportieren soll.

Bei Anlage 4 handelt es sich um ein eng beschriebenes Formblatt, in denen den Anbietern eine gesonderte Beschreibung bestimmter Positionen abgefordert wird. Inhaltliche Vorgaben enthält dieses Formblatt nur in Form eines Rückbezuges auf die einzelnen Ziffern der Leistungsbeschreibung. So heißt es zum Beispiel zu Ziffer 1: "Leistungen zur Position 9-20 (von Kapitel 3.2.1. der Leistungsbedingungen) bitte gesondert beschreiben." Bei den genannten Ziffern bzw. Positionen handelt es sich um verbindliche Vorgaben für die Leistungserbringung, also Mindestanforderungen, für die der Auftraggeber definieren müsste, welche Art von Steigerung er als Zuschlagskriterium verwendet wissen möchte.

Es bleibt für einen Anbieter unklar, inwieweit er diese verbindlichen Vorgaben steigern kann oder soll. Erst recht bleibt unklar, wie die Steigerung bewertet wird. Auch der Vergabevermerk erhellt dies nicht. Zwar findet sich unter 2.4.2. der Darstellung des beratenden Büros erstmals die eigentlich in der Leistungsbeschreibung erforderliche Differenzierung für die notwendigen Punkte (Seite 48) mit den oben zu anderen Zuschlagskriterien dargestellten Schwächen. Das beratende Büro hält dann auch fest, dass etliche der Anbieter zur Dienstleistungskonzeption nichts vorgelegt haben. Diejenigen Anbieter, die ein Dienstleistungskonzept abgegeben haben, werden zwar in wertender Weise gelobt (eingehend differenziert nach den vorgegebenen Leistungsverzeichnisposition), allerdings bleibt unklar, auf welche konkreten Zahlen, Daten, Fakten sich die bessere Bewertung stützen solle.

Dem Auftraggeber kommt bei der Bestimmung der Zuschlagskriterien ein weiter Spielraum zu. Gerade bei der Bewertung von noch zu erstellenden Bieterkonzepten können detaillierte Vorgaben problematisch sein, weil sie die Möglichkeiten der Bieter zur konzeptionellen Darstellung einschränken (VK Niedersachsen, Beschluss vom 04.10.2011 VgK 26/2011). Nach der Rechtsprechung des OLG Celle (Urteil vom 23.02.2016, a.a.O.) ist die Grenze der vergaberechtlichen Unzulässigkeit offener Bewertungsmaßstäbe allerdings erreicht, wenn diese Bewertungsmaßstäbe so unbestimmt sind, dass die Bieter nicht mehr angemessen über die Kriterien und Modalitäten informiert werden. Wenn die Grundlage für die Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots nicht mehr erkennbar ist, sind die Anbieter vor einer willkürlichen bzw. diskriminierenden Angebotsbewertung nicht mehr effektiv geschützt (OLG Celle, Beschluss vom 24. Februar 2015,13 Verg 1/15; Urteil vom 23. 02.2016,13 U 148/15).

In der Excel-Tabelle finden sich erstaunliche Wertungen. In Zeile 39 der Tabelle wird Ziffer 3.2.4. Untergliederung 3 bewertet. Nach der Leistungsbeschreibung auf Seite 31 wird eine Fahrzeugklimatisierung bewertet. Diese sei als Option anzubieten. Eine steuerbare Klimatisierung werde mit fünf Punkten bewertet, eine Höherbewertung mit sieben Punkten entfalle. Die Beigeladene hat laut zugehörigem Wertungstext "zusätzliche Blinkleuchten an allen Fahrzeugen" und erhält dafür sieben Punkte. Das ist auch dann nicht nachvollziehbar, wenn man zugunsten des Büros annimmt, dass hier textlich nur ein Fehler in der Kopier- und Einfügearbeit vorliegen mag. Tatsächlich haben die Beigeladene und die Antragstellerin mitgeteilt, dass alle Fahrzeuge Klimaanlagen enthalten, ohne sich zur Steuerungsfähigkeit dieser Klimaanlagen zu äußern. Indirekt ergibt sich die Steuerungsfähigkeit der angebotenen Klimaanlagen wohl aus dem Baujahr der einzusetzenden Fahrzeuge. Das gilt sowohl für die Antragstellerin, als auch für die Beigeladene. Die Antragstellerin hat dafür 5 Punkte, die Beigeladene 7 Punkte erhalten.

Die Beigeladene hat unter Ziffer 3.2.4.5 für geforderte Trittstufen mit der Begründung, der Bus sei vorn und hinten beschildert, 7 Punkte erhalten, obwohl dies nach den Vergabeunterlagen entfallen sollte. Die Antragstellerin erhielt ohne Begründung ebenfalls 7 Punkte.

Ebenso intransparent verfuhr der Antragsgegner in Ziffer 3.2.4. zu Position 6. Dort bewertete er die Erfüllung der Anforderungen der DIN 75078 Teil 1 und Teil 2. Es bleibt aber, abgesehen von einer überschreitbaren Mindesthöhe im Innenraum unklar, inwieweit die klar gesetzten Anforderungen überhaupt überschritten werden können. Die Beigeladene hat ohne textliche Erläuterung in der Excel Tabelle 7 Punkte erhalten, die Antragstellerin 5 Punkte. Andere Anbieter haben für textliche Darstellungen wie "- die mit Kraftknotensystem ausgestatteten Rollstühle werden mittels 4 Retraktoren sowie mit Schrägschultergurt in Verbindung mit einem Beckengurt gesichert, um eine größtmögliche Sicherheit zu erlangen" 7 Punkte erhalten, ohne dass der Bezug zur DIN 75078 erkennbar wird. Die Bewertung des Dienstleistungskonzepts ist daher intransparent und handwerklich fehlerhaft.

d. Gleiches gilt für das weitere Zuschlagskriterium D, die Bewertung der Fahrzeugausstattung. Auch hier fehlen in der Leistungsbeschreibung inhaltliche Vorgaben, in welcher Form eine Überschreitung der Vorgaben aus dem Amtsblatt des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen gewertet werden solle. Die Bieterunternehmen sollen nur in geeigneter schriftlicher Form die Fahrzeugausstattung darstellen. Dementsprechend breit gestreut ist auch das Ergebnis ausgefallen. Die Bieter haben knappes Informationsmaterial (meist Fahrzeugprospekte) vorgelegt, die (als Mindestvorgabe gesetzten) Vorgaben werden erfüllt und Anbieter, die nicht nur den Fahrzeugprospekt vorlegen sondern zusätzlich Fließtext abgeben, erhalten Wertungszuschläge, ohne dass begründet wird, worin die angebotene Mehrleistung liegen soll, mit der die besseren Wertung belohnt wird. Eine Differenzierung, warum dieses oder jenes Angebot mehr oder weniger Punkte erhalten haben soll, fehlt.

Auch die Excel-Tabelle, die den Anbietern gleichfalls als Bewertungsmatrix vor Abgabe der Angebote hätte zur Verfügung gestellt werden müssen, enthält keine inhaltlichen Hinweise auf die Art der vorgenommenen Wertung. Dagegen bewertet die Excel-Tabelle Dinge, für die der Antragsgegner bereits im Dienstleistungskonzeptpunkte vergeben hat. Dies gilt unter anderem für die Trittstufen des Fahrzeugs die unter Ziffer 3.2.4. bei Position 5 der Leistungsbeschreibung bewertet wurden. Sie sind als Ein- und Ausstieg in Spalte G wiederum Gegenstand der Bewertung. Die Beigeladene erhält mit der Begründung einer Trittstufe 7 Punkte, die Antragstellerin aber ohne Begründung ebenso viele Punkte.

e. Darüber hinaus hat der Antragsgegner es versäumt, die Angebotswertung in einer den Anforderungen des § 24 EG Abs. 2 e) VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren. Wie oben dargestellt, genügen die Erläuterungen der Wertungen trotz erheblicher Länge nicht den inhaltlichen Anforderungen.

Der Antragsgegner hat überdies ernsthafte Zweifel daran geweckt, dass er die von ihm persönlich durchgeführte Submission ordnungsgemäß vorgenommen hat. Ein ausdrücklicher Verstoß gegen § 17 EG VOL/A ist damit allerdings nicht zu erkennen, weil die Vorschrift inhaltlich weniger streng abgefasst ist, als etwa § 14 EG Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 VOB/A. Während nach den Regelungen der VOB/A die Angebote im Eröffnungstermin gekennzeichnet werden sollen, worunter im Allgemeinen eine einheitliche Lochung des Angebots verstanden wird, fehlt eine solche ausdrückliche Vorschrift im Bereich der EG-VOL/A. Es ist nicht erforderlich, dass in einer Vergabe nach EG-VOL/A die Angebote bei der Öffnung gekennzeichnet werden. Die Kennzeichnungspflicht in § 17 EG Abs. 1 VOL/A bezieht sich auf die Phase zwischen Eingang des einzelnen Angebotes und der Öffnung aller Angebote und soll nur eine vorzeitige Öffnung des Angebots verhindern, nicht aber den nachträglichen Austausch einzelner Seiten. Hier gibt es durch die unterschiedliche Lochung der Angebotsumschläge und - soweit vorhanden - des Angebotsschreibens einerseits und der Angebotsinhalte andererseits deutliche Anzeichen dafür, dass eine einheitliche Kennzeichnung der Angebote unterblieben ist. Ebenso ist erkennbar, dass zumindest einzelne Klarsichtfolien in das Angebot der Beigeladenen nachträglich eingefügt worden sind.

Für Bauvergaben hat die Vergabekammer bereits entschieden, dass die ungenügende Submission eine Aufhebung der Vergabe rechtfertigt (Beschluss vom 18.11.2015, VgK-42/2015). Im Bereich der EG-VOL/A gehört die ungenügende Submission dagegen nur zu den auch nach neuerer Rechtsprechung des BGH (BGH, Beschluss vom 08.02.2011, XZB 4/10, Rdnr. 71 bis 73; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.03.2011, Verg 63/10, Beschluss vom 08.09.2011, Verg. 48/11; OLG Celle, Beschluss vom 13.01.2011, 13 Verg 15/10 ) nicht heilbaren Dokumentationsmängeln (vgl. VK Niedersachsen, Beschluss vom 12.06.2015, VgK-16/2015). Nach der neueren Rechtsprechung zur Dokumentationspflicht und zum Beschleunigungsgrundsatz ist eine etwaige Wiederholung einer Wertung aufgrund von Dokumentationsmängeln nur geboten, wenn eine wettbewerbskonforme Auftragserteilung bei alleiniger Berücksichtigung der nachgeschobenen Dokumentation im Nachprüfungsverfahren zweifelhaft ist. Das ist hier erfüllt.

f. Wegen der Rügepräklusion ist die intransparente Definition und die Wertung des Zuschlagskriteriums "E. Vor-Ort-Angebotsaufklärung" kein tragender Erwägungsgrund. Im Hinblick auf die neu zu erstellenden Angebotsunterlagen gibt die Vergabekammer allerdings Hinweise. Wie die Antragstellerin zutreffend bemängelt, kann ein Aufklärungsgespräch nicht dazu dienen, das Angebot aufzuwerten. Gemäß § 97 Abs. 1 GWB sind auch alle eingehenden Angebote gleichermaßen zu werten. Ein inhaltlich unklarer "Wertungsnachbrenner" als optionales Zuschlagskriterium für diejenigen Angebote, die ohnehin zu den Besten gehören, widerspricht dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus § 97 Abs. 2 GWB (§ 97 Abs. 2 GWB 2016). Danach sind die Teilnehmer in einem Vergabeverfahren gleich zu behandeln, es sei denn, eine Benachteiligung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

4. Gemäß § 114 Abs. 1 GWB (§ 168 GWB 2016) hat die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und die Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Diese Vorschrift vermittelt der Vergabekammer einen weiten Entscheidungsspielraum, der nur im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Schranken findet. Die Vergabekammer ist an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken (§ 114 Abs. 1 Satz 2 GWB). Die gewählte Maßnahme muss sich eignen, die Rechtsverletzung sicher zu beseitigen. Sie soll gleichzeitig das mildeste der geeigneten Mittel hierfür sein.

Hier hat die Vergabekammer sowohl präkludierte, als auch nicht präkludierte Verstöße gegen drittschützendes Vergaberecht festgestellt. Den in der Bekanntmachung unter IV. 2.1 bereits angelegten Fehler, das Zuschlagskriterium E. nur optional zu werten, kann die Vergabekammer aufgrund der Rügepräklusion nicht im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens korrigieren, da das Nachprüfungsverfahren nur dem Individualrechtsschutz dient. Der Antragsgegner kann daher entscheiden, ob er das Verfahren mit den vorhandenen Anbietern unter Berufung auf die Rügepräklusion ab Aufforderung zur Angebotsabgabe wiederholt oder ob er die Vergabe insgesamt neu bekannt macht und dann nach neuem Recht durchführt.

Die nicht präkludierten Fehler waren erst in der Aufforderung zur Angebotsabgabe angelegt, offenbarten sich dann in der vorgenommenen intransparenten Wertung. Eine Verpflichtung, das Vergabeverfahren ab Aufforderung zur Angebotsabgabe zu wiederholen, ist daher geeignet, die nicht präkludierte Verletzung der Rechte der Antragstellerin zu heilen. In der europaweiten Bekanntmachung hat der Antragsgegner nur festgelegt, dass er den Zuschlag aufgrund des Preises und benannter qualitativer Kriterien bestimmen wolle. Fehler mit nicht präkludierten bieterschützenden Auswirkungen wurden erst in den Angebotsunterlagen offenbar. Dies macht es nur erforderlich, das Vergabeverfahren in den Zeitpunkt vor Aufforderung zur Angebotsabgabe zurückzuversetzen. Diese Möglichkeit der Fehlerkorrektur ist das Mittel mit der geringsten Eingriffstiefe, um gegenüber der Antragstellerin eingetretenen Rechtsverletzungen sicher zu beseitigen.

Bei fortgesetzter Vergabeabsicht soll der Antragsgegner mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe die Zuschlagskriterien und deren Bewertungsmaßstäbe in transparenter und nachvollziehbarer Weise beschreiben. Er soll die von ihm dann zur Verwendung vorgesehenen Matrices ggf. in überarbeiteter Fassung den Anbietern zur Verfügung stellen. Er soll all diese Entscheidungen zeitnah und nachvollziehbar dokumentieren.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB (§ 182 GWB 2016) in der seit dem 26.06.2013 geltenden Fassung.

Die in Ziffer 2 des Tenors festgesetzte Gebühr ergibt sich aus einer Interpolation des Auftragswertes innerhalb des Gebührenrahmens gemäß § 128 Abs. 2 GWB (§ 182 Abs. 2 GWB 2016). Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 - 1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.

Da der Antragsgegner keinen Preis über die gesamte Laufzeit des Vertrags der Wertung zugrunde gelegt hat, hat die Vergabekammer die Verpflichtung, aus dem Kilometerpreis der Antragstellerin den Angebotswert zu ermitteln. Nach den Auswertungen der Excel Tabelle des Antragsgegners ergibt sich für die Lose 1, 4 und 5 ein Brutto-Tagespreis für das Angebot der Antragstellerin unter der Annahme, dass die vom Antragsgegner selbstständig berechneten Kilometerangaben richtig seien von xxxxxx €. Da die Antragstellerin ihre Touren alle über eine Länge von mehr als 50 km geplant hat, legt die Vergabekammer hierzu einen Umsatzsteuersatz von einheitlich 19 % zugrunde. Unter der Annahme von 190 Beförderungstagen pro Jahr, den die Vergabekammer aus anderen Verfahren zum freigestellten Schülerbeförderungsverkehr entnommen hat (vgl. VgK-32/2014, Beschluss vom 22.09.2014), ergibt sich ein Jahrespreis in Höhe von xxxxxx €. Daraus folgt ein für die vorgesehenen Vertragsdauer von vier Jahren maßgeblicher Preis in Höhe von xxxxxx €. Die für ein Jahr befristete Verlängerungsoption wird nach der Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 18.03.2014, X ZB 12/13), zu 50 % angerechnet, sodass sich ein Vertragswert in Höhe von xxxxxx € ergibt. Somit beträgt der Verfahrenswert xxxxxx € brutto. Dieser Betrag entspricht dem mutmaßlichen Interesse der Antragstellerin am Auftrag.

Bei einer Vergabesumme von xxxxxx € brutto ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmungen in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.

Die in Ziffer 3 des Tenors verfügte Kostenlast folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB (§ 182 Abs. 3 Satz 1 GWB 2016). Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zunächst zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin Nachprüfungsverfahren teilweise unterlegen ist. Da der Nachprüfungsantrag teilweise unzulässig war, sich die Unzulässigkeit auch auf den Umfang der notwendigen Zurückversetzung ausgewirkt hat, berücksichtigt die Vergabekammer das Unterliegen der Antragstellerin bei der Kostenentscheidung. Als geeigneten Maßstab für den Umfang des Unterliegens sieht die Vergabekammer die vorgesehene Wertung der optionalen Vor-Ort-Aufklärung an und bewertet das Unterliegen der Antragstellerin daher mit 5 %. Infolgedessen hat die Antragstellerin einen Anteil von xxxxxx € an der Gebühr der Vergabekammer zu zahlen.

Der Antragsgegner ist grundsätzlich von der Pflicht zur Entrichtung seines Kostenanteils gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 BVerwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04). Zwar ist das BVerwKostG mit Wirkung vom 15.08.2013 aufgehoben worden, jedoch ist es aufgrund der starren Verweisung aus § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB (§ 182 Abs. 1 Satz 2 GWB 2016) auf das BVerwKostG in der Fassung vom 14.08.2013 hier weiter anzuwenden. Inhaltlich entspricht die dortige Regelung § 8 BGebG.

In der mündlichen Verhandlung war erörtert worden, inwieweit der Antragsgegner an das von ihm mit der fehlerfreien Durchführung des Vergabeverfahrens beauftragte Büro herantreten kann und wird. Die Vergabekammer hat in einem ähnlichen Fall bereits entschieden, dass in diesem Fall die Voraussetzungen der Kostenbefreiung nach BVerwKostG entfallen (VgK-42/2015). Gemäß § 8 Abs. 2 BVerwKostG tritt die Befreiung nicht ein, soweit die in Abs. 1 Genannten berechtigt sind, die Gebühren Dritten aufzuerlegen. Da aber noch nicht sicher ist, ob dem Antragsgegner ein Schadensersatzanspruch gegen das Büro zusteht, legt die Vergabekammer zunächst die Möglichkeit, die Gebühren Dritten aufzuerlegen, nicht der Kostenentscheidung zugrunde.

Gemäß Ziffer 4 des Tenors haben Antragsgegnerin und Antragstellerin einander die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten gemäß § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB (§ 182 Abs. 4 Satz 1 GWB 2016) wechselseitig teilweise im Umfang des jeweiligen Unterliegens zu erstatten.

Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i. V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war antragsgemäß auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Obwohl das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, ist wegen der Komplexität des Vergaberechts, des Verfahrensrechts im Nachprüfungsverfahren sowie der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltliche Beratung und Begleitung für die Antragstellerin erforderlich.

Die anwaltliche Vertretung des Auftraggebers im Nachprüfungsverfahren gehört nicht grundsätzlich zu den notwendigen Aufwendungen der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Grundsätzlich ist der Auftraggeber gehalten, im Rahmen seiner Möglichkeiten vorhandenes juristisch geschultes Personal auch im Nachprüfungsverfahren einzusetzen. Auftragsbezogene Rechtsfragen aus dem Bereich der EG-VOL/A oder EG-VOB/A wird regelmäßig das mit der Vergabe betraute Personal sachkundig beantworten können. Daher wird die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes regelmäßig nicht notwendig sein, wenn der öffentliche Auftraggeber in einer ex ante zu Beginn eines Nachprüfungsverfahrens (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.07.2013 - 11 Verg 7/13) zu erstellenden Prognose zu dem Ergebnis gelangt, dass auftragsbezogene Fragen Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sein werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.01.2011, Verg 60/10; OLG Celle, Beschluss vom 09.02.2011, 13 Verg 17/10; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.06.2010, 15 Verg 4/10; OLG München, Beschluss vom 11.06.2008, Verg 6/08, und vom 28.02.2011, Verg 23/10; OLG Dresden, Beschluss vom 14.11.2012 - Verg 8/11). Andererseits ist das Vergaberecht eine komplexe Rechtsmaterie mit Vorschriften aus sowohl nationalem Recht als auch dem Europarecht, die nicht immer im Gleichklang stehen. Soweit der Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens daher hauptsächlich rechtliche Probleme des GWB umfasst, ist im Einzelfall die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners durchaus angemessen.

Hier verfügte der Antragsgegner zum Beginn des Vergabeverfahrens über zwei Juristen, die sich aufgrund einer internen Organisationsentscheidung des Antragsgegners nicht im Schwerpunkt mit Vergaberecht befassen. Er ist daher personell mit der eigenen Vergabestelle nicht ausreichend aufgestellt, um vergaberechtliche Fragen selbst abschließend bearbeiten zu können. Interne Organisationsentscheidungen können aber nicht dazu führen, dass das Kostenrisiko eines Antragstellers im Nachprüfungsverfahren steigt. Die Vergabekammer hält an ihrer Rechtsprechung fest, dass ein Auftraggeber, der über zwei Juristen verfügt, angesichts der Bedeutung des Vergaberechts grundsätzlich einen Juristen mit der verantwortlichen Bearbeitung des Vergaberechts betrauen sollte. Die Zahl von zwei Juristen ergibt sich aus den üblichen Besetzungsstärken von Gebietskörperschaften im norddeutschen ländlichen Raum. Jeder Auftraggeber kann aufgrund seiner Organisationshoheit andere Entscheidungen treffen, diese wirken sich aber nicht zu Lasten des Antragstellers aus.

Rechtlich ging es hier um einfache Fragen zur EG-VOL/A, insbesondere die Verpflichtung, Zuschlagskriterien transparent und vorab den Anbietern mitzuteilen. Die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners war daher in diesem Fall nicht in einer gemäß § 128 Abs. 4 GWB (§ 182 Abs. 4 GWB 2016) relevanten Weise geboten. Darüber hinaus berücksichtigt die Vergabekammer bei ihrer Entscheidung, dass der Antragsgegner die vergabefachliche und vergaberechtliche Bearbeitung auf ein am Markt tätiges Büro delegierte. Dessen Dienstleistungen sind formal gemäß § 80 Satz 2 VwVfG nicht erstattungsfähig. Die spätere zusätzliche Heranziehung eines Rechtsanwaltsbüros war nicht nur eine ergänzende rechtliche Beratung, sondern zugleich die erste Maßnahme zur Qualitätssicherung bzw. Nachbesserung der Dienstleistungen des verantwortlichen Büros. Diese Nachbesserung ist vermutlich erstattungsfähig, ohne dass es der Belastung Dritter bedarf. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war daher für den Auftraggeber im Verhältnis zur Antragstellerin nicht als notwendig anzuerkennen.

Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx € unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

xxxxxx

IV. Rechtsbehelf

...

Gaus
Sandmann
Schulz