Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 12.07.2016, Az.: VgK-24/2016

Ausschreibung des arbeitstäglichen Fahrdienstes zur Beförderung von werkstattbeschäftigten Menschen mit Behinderung; Einstufung als öffentlicher Auftraggeber; Überschreitung des Schwellenwerts

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
12.07.2016
Aktenzeichen
VgK-24/2016
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 28823
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragstellerin -
gegen
die xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragsgegnerin -
Beigeladene:
xxxxxx
wegen
Beförderungsdienstleistungen für die xxxxxx
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden RD Gaus, den hauptamtlichen Beisitzer BOR Peter und den ehrenamtlichen Beisitzer Herrn Dipl. Biolog. Sameluck auf die mündliche Verhandlung vom 07.07.2016 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Gebühren des Nachprüfungsverfahrens werden auf xxxxxx € festgesetzt.

  3. 3.

    Die Kosten (Gebühren und Auslagen der Vergabekammer) des Nachprüfungsverfahrens trägt die Antragstellerin.

  4. 4.

    Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten.

    Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragsgegnerin notwendig.

Begründung

I.

Die Antragsgegnerin, eine gemeinnützige GmbH, hat am 27.04.2016 den arbeitstäglichen Fahrdienst zur Beförderung ihrer ca. 330 werkstattbeschäftigten Menschen mit Behinderung national ausgeschrieben. Die Ausschreibung erfolgte, weil die Antragstellerin als bisherige Leistungserbringerin den bestehenden Vertrag zum 01.07.2016 gekündigt hatte. Die Antragsgegnerin forderte 7 von ihr ausgewählte Unternehmen zur Angebotsabgabe auf. Die Leistung sollte für den Zeitraum vom 01.07.2016 bis zum 31.12.2019 erbracht werden. Optional sollte der Auftrag um jeweils 2 Jahre verlängert werden können. Eine Schätzung des Auftragswertes durch die Antragsgegnerin enthielt die Vergabeakte nicht. Der Auftragswert überschreitet aber nach Berechnung der Vergabekammer auf der Grundlage der Angebote der Beigeladenen und der Antragstellerin den EU-Schwellenwert deutlich.

Art und Umfang der Leistungen wurden den Bietern in einer siebenseitigen Leistungsbeschreibung näher erläutert. In der Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 27.04.2016 gab die Antragsgegnerin zum Verfahren u. a. folgende Hinweise:

"Eine öffentliche Ausschreibung der Beförderungsdienstleistung ist nicht erforderlich, die Einholung von entsprechenden Angeboten ist in Abstimmung mit dem zuständigen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie, xxxxxx, ausreichend."

Und weiter:

"Der Preis allein ist für die Wertung der abgegebenen Angebote und die Zuschlagserteilung nicht ausschlaggebend, die nachfolgenden Qualitätskriterien werden bewertet und fließen maßgebend mit in die Entscheidung ein."

Auf Bieternachfrage der Antragstellerin vom 03.05.2016, u. a. zur Gewichtung des Preises und der Dienstleistungsqualität und zur unterbliebenen Losbildung, teilte die Antragsgegnerin noch am gleichen Tage per E-Mail mit, dass ihr die Qualitätskriterien wichtig seien und das Preis-Leistungs-Verhältnis vor dem Hintergrund der Leistungsbeschreibung beurteilt werde. Konkrete Bewertungsmaßstäbe im Hinblick auf die Gewichtung des Preises und der Qualität benannte sie nicht. Hinsichtlich der (unterbliebenen) Losaufteilung teilte die Antragsgegnerin mit, dass sie eine individuelle Tourenplanung durch die Bieter erwarte und sich vorbehalte, nach Sichtung der Angebote die Leistung als Gesamtpaket oder an verschiedene Anbieter zu vergeben.

Mit formlosen Schreiben vom 25.05.2016 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sie sich "nach einer sorgfältigen Nutzwertanalyse" für ein anderes Angebot entschieden habe. Eine dem § 134 GWB (n. F.) entsprechende Vorinformation erging nicht.

Mit Schreiben vom 06.06.2016 rügte die Antragstellerin, dass die Leistung nicht EU-weit ausgeschrieben wurde sowie die Intransparenz des Vergabeverfahrens, da nicht ersichtlich sei, nach welchen Kriterien die Antragsgegnerin ihre Entscheidung getroffen habe.

Am 07.06.2016 beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.

Die Antragstellerin trägt vor, dass das Land Niedersachsen als überörtlicher Sozialhilfeträger öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 99 Nr. 1 GWB (n. F.) sei. Wenn das Land die sozialrechtlichen Transferleistungen auf eine anerkannte Werkstatt für Menschen mit Behinderungen übertrage - wie im vorliegenden Fall auf die Antragsgegnerin - beschaffe es Dienstleistungen, die dem Vergaberecht unterliegen können, wenn hierfür ein Markt besteht und Wettbewerb möglich ist. Beide Voraussetzungen seien gegeben.

Durch den Beitritt zum Niedersächsischen Landesrahmenvertrag sei die Antragsgegnerin mit der Erbringung staatlich geschuldeter Transferleistungen beauftragt und übernehme damit auch die Rolle eines öffentlichen Auftraggebers. Nur auf diese Weise könne dem nationalen und europäischen Vergaberecht wirksam Geltung verschafft werden. Es würde dem Wettbewerbsgrundsatz widersprechen, wenn sich öffentliche Auftraggeber - wie in diesem Fall das Land Niedersachsen - der eigenen Pflichterfüllung dadurch entziehen könnten, indem sie diese Pflichten im Wege einer Direktvergabe auf Dritte übertragen, die vermeintlich nicht an das Vergaberecht gebunden seien. Mithin sei die Antragsgegnerin, auch ohne öffentlicher Auftraggeber i.S. von § 99 Nr. 2 GWB zu sein, verpflichtet, den strittigen Auftrag förmlich auszuschreiben.

Die dargelegten rechtlichen Überlegungen würden ihre Stütze im Beschluss des OLG Düsseldorf vom 15.07.2016 (VII-Verg 11/15) finden. Die dortige Sach- und Rechtslage sei ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragbar.

Vorsorglich trägt die Antragstellerin vor, dass sich die Auftraggebereigenschaft der Antragsgegnerin aber auch aus § 99 Nr. 2 GWB ableiten lasse. Hier komme es insbesondere auf die Frage an, ob eine überwiegend staatliche Finanzierung vorliege. Die Antragsgegnerin habe diesbezüglich pauschal darauf verwiesen, dass sie 80 % ihrer Einnahmen durch Pflegeentgelte erhalte. Für diese erbringe sie eine Gegenleistung und es könne somit nicht von einer überwiegend staatlichen Finanzierung ausgegangen werden. Die Antragstellerin tritt dem entgegen und erläutert, dass die Antragsgegnerin neben den Pflegeentgelten auch Investitionszuschüsse in Höhe von mehreren Millionen € in den Jahren 2013 und 2014 erhalten habe. Diese Investitionszuschüsse stünden offensichtlich nicht im Zusammenhang mit einer spezifischen Gegenleistung.

Die Antragstellerin beantragt

  1. 1.

    der Antragsgegnerin zu untersagen, den Auftrag im laufenden Verfahren zu erteilen und ihr aufzugeben, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht ein Verfahren unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer durchzuführen;

  2. 2.

    hilfsweise, geeignete Maßnahmen zu treffen, um die von der Vergabekammer festgestellten Rechtsverletzungen zu beseitigen;

  3. 3.

    festzustellen, dass die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gemäß § 182 Abs. 4 GWB (2016) notwendig war;

  4. 4.

    der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Und weiter,

die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin für notwendig zu erklären und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin vertritt die Auffassung, dass der Nachprüfungsantrag unzulässig sei. Sie sei kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 2 GWB (n. F.). Es handele sich nicht um einen öffentlichen Auftrag und folglich bestehe auch keine Ausschreibungspflicht nach den Vorschriften des Vergaberechts.

Gem. § 99 Nr. 2 GWB sei eine juristische Person des Privatrechts öffentlicher Auftraggeber, wenn sie im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art erfülle und durch Beteiligung von öffentlichen Auftraggebern oder auf sonstige Weise überwiegend durch diese finanziert, geleitet und beaufsichtigt werde. Die Antragsgegnerin nehme zwar im öffentlichen Interesse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art wahr, jedoch werde sie nicht überwiegend staatlich finanziert. Die Antragsgegnerin finanziere sich zwar zu 80 % durch Pflegeentgelte. Der Erhalt der Pflegeentgelte sei jedoch nicht als öffentliche Finanzierung einzustufen, weil der Sozialhilfeträger durch den Betrieb der Behindertenwerkstätten von der Antragsgegnerin eine Gegenleistung erhalte.

Auch stehe die Antragsgegnerin weder unter der Aufsicht durch einen öffentlichen Auftraggeber noch werden mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs durch öffentliche Auftraggeber bestimmt. Die Aufsicht erfolge vielmehr durch die Gesellschafter, die alle keine öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB seien.

Hilfsweise beantragt die Antraggegnerin - für den Fall, dass EU-Vergaberecht doch anzuwenden sei - den Nachprüfungsantrag als unzulässig zurückzuweisen, weil der Vergabeverstoß nicht rechtzeitig gerügt wurde. Mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe am 27.04.2016 habe die Antragsgegnerin bereits erklärt, nicht zur Durchführung eines förmlichen Ausschreibungsverfahrens verpflichtet zu sein. Erst nachdem der Antragstellerin mitgeteilt worden sei, dass sie den Zuschlag nicht erhalten solle, habe sie die Nichtdurchführung des Vergabeverfahrens am 06.06.2016 erstmals gerügt.

Die Beigeladene stellt keine Anträge und hat sich nicht zum Verfahren geäußert.

Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten auf die Vergabeakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

II.

Der Nachprüfungsantrag erweist sich im Ergebnis als unzulässig, weil kein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 99 Nr. 2 GWB 2016 vorhanden ist. Zwar handelt hier das Land Niedersachsen als überörtlicher Träger der Sozialhilfe, der sich eines privaten Dritten bedient und ihn finanziert, um eine dem Allgemeinwohl dienende Aufgabe zu erfüllen. Die aufgrund der Vorgabe des § 75 Abs. 2 SGB XII vorgegebene Konstruktion führt aber dazu, dass weder das Land, noch der Träger der öffentlichen Einrichtung den Tatbestand gemäß § 99 Nr. 2 GWB 2016 erfüllt. Das Land erfüllt seine Aufgabe, indem es auf geeignete Einrichtungen anderer Träger zurückgreift, die ohne wettbewerbliches Auswahlverfahren gegenüber dem Land eine entgeltliche Tätigkeit verrichten. Auf der zweiten Leistungsebene erhält der Träger eine Vergütung, die ihn von vergaberechtlichen Verpflichtungen gegenüber den von ihm mit Dienstleistungen beauftragten Dritten befreit.

1. Aufgrund der Überleitungsvorschrift des § 186 Abs. 2 GWB 2016 ist im Einzelfall zu entscheiden, ob das am 18.04.2016 in Kraft getretene GWB 2016 und die VgV 2016, oder deren Vorgängerregelung anzuwenden sind. Gemäß § 186 Abs. 2 GWB 2016 werden Vergabeverfahren, die vor dem 18.04.2016 begonnen haben, einschließlich der sich an diese anschließenden Nachprüfungsverfahren nach dem Recht zu Ende geführt, dass zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens galt. Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 17.12.2014 Verg 26/14 definiert, wann das Vergabeverfahren beginnt. Es habe begonnen, wenn sich der öffentliche Auftraggeber dazu entschließe, einen (gegenwärtigen oder künftigen) Bedarf nicht durch Eigenleistung, sondern durch Beschaffen von Lieferungen oder Leistungen als Nachfrage auf dem Markt zu decken (interner Beschaffungsentschluss) und er darüber hinaus zweckbestimmt äußerlich wahrnehmbare Anstalten treffe, den Auftragnehmer mit dem Ziel eines Vertragsabschlusses auszuwählen (externe Umsetzung). Letzteres ist die europaweite Bekanntmachung der beabsichtigten Vergabe. Das hier streitige Vergabeverfahren wurde am 27.04.2016 nicht europaweit, sondern im nationalen Umfeld bestimmten Anbietern bekannt gemacht, so dass das GWB 2016 anzuwenden ist.

2. Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig. Die Antragsgegnerin ist keine öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 99 GWB 2016. Es handelt sich um einen Auftrag von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Obgleich die Antragsgegnerin keine Kostenschätzung abgegeben hat, ist der Vergabekammer aus der überschlägigen Berechnung erkennbar, dass der Schwellenwert für die Anwendung des vierten Teils des GWB deutlich überschritten ist. Auch der erhöhte Schwellenwert gemäß Artikel 4d der Richtlinie 2014/24/EU betreffend soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne von Anhang XIV der Richtlinie 2014/24/EU, auf den § 108 Abs. 2 Nr. 1 GWB 2016 verweist, wird bei Annahme des Angebots der Antragstellerin um das Doppelte überschritten, ohne dass die Antragsgegnerin auf eine der Verlängerungsoptionen zurückgreifen müsste. Es ist daher hier nicht entscheidungsrelevant, ob der hier zu vergebende Auftrag unter die CPV Nummern 85321000-5 und 85322000-2, [Dienstleistungen der öffentlichen Sozialversicherung] gemäß Anhang XIV der Richtlinie 2014/24 EU zu subsumieren ist, oder ob er unter CPV 85311000-2 Dienstleistungen im Sozialwesen in Verbindung mit Heimen oder 85311200-4 Behindertenfürsorgeleistungen fällt, der erhöhte Schwellenwert demnach nicht anzuwenden ist.

Die Antragsgegnerin hat den beabsichtigten Vertragsschluss unter der Annahme, sie sei nicht öffentliche Auftraggeberin, weder europaweit noch national bekannt gegeben, sondern nur bestimmten Anbietern die Möglichkeit eröffnet, Angebote abzugeben. Das angewandte Verfahren weicht inhaltlich von den Vergabearten gemäß § 119 GWB ab. Die Antragsgegnerin hat die Zuschlagskriterien nicht klar und gemäß ihrer Gewichtung benannt, eine Wertungsmatrix fehlt. Einzelne Angebote konnten abgestimmt und nachgebessert werden. Der Zuschlag wurde nicht auf das preisgünstigste Angebot erteilt, ohne dass eine Entscheidung aufgrund qualitativer Kriterien dokumentiert wäre.

Diese dem Vergaberecht deutlich widersprechende Vorgehensweise ist nur zulässig, wenn es sich bei der Antragsgegnerin nicht um eine öffentliche Auftraggeberin handeln sollte, obgleich sie nach übereinstimmender Auffassung der Verfahrensbeteiligten dazu gegründet worden ist, Aufgaben im Allgemeininteresse zu erfüllen, und hierfür in erheblichem Umfang öffentliche Mittel erhält.

Einfach darzustellen ist, dass die Antragsgegnerin keine Gebietskörperschaft bzw. deren Sondervermögen gemäß § 99 Nr. 1 GWB ist. Dies betrifft nur Gemeinden, Landkreise oder auch das Land Niedersachsen oder die Bundesrepublik Deutschland.

Die Antragsgegnerin ist auch kein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 99 Nr. 3 GWB. Dabei handelt es sich um Verbände, deren Mitglieder unter die Nrn. 1 oder 2 fallen. Die xxxxxx als Antragsgegnerin steht im Eigentum folgender Gesellschafter: xxxxxx, xxxxxx und xxxxxx. Alle drei Gesellschafter sind weder Gebietskörperschaften noch Auftraggeber gemäß § 99 Nr. 2 GWB.

Eine Auftraggebereigenschaft gemäß § 99 Nr. 5 GWB scheidet aus. Danach sind Personen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter Nr. 2 fallen, in den Fällen öffentliche Auftraggeber, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Auslobungsverfahren von Stellen, die unter Nr. 1 - 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 % finanziert werden.

Der Katalog der Leistungen, die gemäß § 99 Nr. 5 GWB zu einer Einstufung als öffentlicher Auftraggeber führen, umfasst zunächst nur Bauleistungen. Die erweiternden Dienstleistungsaufträge erfassen nur solche Dienstleistungsaufträge, die mit Bauaufträgen in Verbindung stehen. Da der Transport werkstattbeschäftigter Menschen mit Behinderungen nicht mit einem Bauauftrag in Verbindung steht, handelt es sich um eine Dienstleistung, die auch bei überwiegender öffentlicher Finanzierung nicht dazu führt, dass der Auftraggeber dieser Dienstleistung als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des GWB anzusehen ist (Wieddekind in: Willenbruch/Wieddekind Vergaberecht Kompaktkommentar, 3. Aufl., 2. Los, § 98, Rn. 112).

Die Antragsgegnerin ist auch keine Auftraggeberin gemäß § 99 Nr. 2 GWB. Unter dessen Definition fallen juristische Personen des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, wenn Stellen, die unter Nr. 1 oder Nr. 3 fallen, sie einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise überwiegend finanzieren oder über ihre Leitung die Aufsicht ausüben oder mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe bestimmt haben. Das gleiche gilt dann, wenn die Stelle, die einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt oder der Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat, unter Satz 1 fällt.

Die Antragsgegnerin könnte öffentliche Auftraggeberin gemäß § 99 Abs. 2 a GWB sein. Danach sind öffentliche Auftraggeber juristische Personen des privaten Rechtes, wenn sie überwiegend von Gebietskörperschaften auf sonstige Weise finanziert werden. Entgegen der ursprünglichen Einschätzung der Vergabekammer lässt sich die Finanzierung der Antragsgegnerin konkret auf das Land Niedersachsen als öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB zurückführen. Die Antragsgegnerin hat selbst angegeben, dass sie gegründet worden ist, um im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen. Sie hat außerdem angegeben, dass sie sich zu 80 % aus Pflegeentgelten finanziert. Damit meint die Antragsgegnerin die Vergütungen für Leistungen, die das Land Niedersachsen im Sinne des § 76 Abs. 2 SGB XII gewährt. Die Antragsgegnerin ist daher überwiegend öffentlich finanziert, wenn die Pflegeentgelte eine Finanzierung "in sonstiger Weise" darstellen.

Gegen eine Zuordnung dieser finanziellen Mittel als staatliche Finanzierung in sonstiger Weise spricht, dass es sich bei diesen Leistungen formal jeweils um eine Vergütung für die Leistungen nach § 76 Abs. 1. SGB XII handelt.

Diese Vergütungen gliedern sich gemäß § 76 Abs. 2 SGB XII in drei Pauschalen für:

-Unterkunft und Verpflegung (Grundpauschale),

-für die Maßnahmen (Maßnahmepauschale) sowie

-einen Betrag für betriebsnotwendige Anlagen einschließlich ihrer Ausstattung (Investitionsbetrag).

Zusätzlich erhält die Antragsgegnerin eine Pauschale für die hier in Rede stehenden Fahrtkosten je Person und Monat vom Land. Eine Pauschale ist zwar eine Leistungsvergütung ohne genaue Darstellung der der Vergütung konkret gegenüberstehenden Einzelleistung, gleichwohl handelt es sich um eine Form von Entgelt.

Somit ist der Antragsgegnerin zunächst darin zuzustimmen, dass sie sich zwar überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert, für die sie allerdings jeweils als konkret angesehene Gegenleistungen zu erbringen hat. Finanzielle Mittel, mit denen das Land eine konkrete Gegenleistung beschafft, verlieren mit der bestimmungsgemäßen Verwendung ihre öffentliche Zweckbestimmung. Der Anbieter der Leistung darf über das erhaltene Entgelt für seine Leistung frei verfügen. Eine Fortdauer öffentlicher Zweckbindung über die bestimmungsgemäße Verwendung hinaus findet nicht statt. Etwas anderes gilt nur, wenn das Land die Einhaltung des Vergaberechts als Voraussetzung für die Mittelzuweisung zum Beispiel im Rahmenvertrag einfordert. Das hat es aber bisher unterlassen.

Die von der Antragstellerin wiederholt angesprochene Zuwendung ist rechtlich etwas anderes. Eine Zuwendung gemäß § 23 LHO erfolgt freiwillig und nicht aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung aus SGB XII. Eine Zuwendung hat darüber hinaus immer eine Steuerungsfunktion. Der Zuwendungsempfänger ist nicht dem Land zuzurechnen (Stellen außerhalb der Landesverwaltung). Er soll durch die Zuwendung zu einem Verhalten veranlasst werden, welches bestimmte Zwecke, an denen das Land ein erhebliches Interesse hat, erfüllt. Rechtliche Verpflichtungen könnte das Land durchsetzen, ohne eine Zuwendung zahlen zu müssen.

Das Land kontrolliert die Antragsgegnerin nicht, da die Antragsgegnerin weder der Leitung oder Aufsicht von Behörden des Landes unterliegt (§ 99 Nr. 2 b GWB), noch das Land mehr als die Hälfte eines Geschäftsführungsorgans oder eines Aufsichtsorgans bestimmt (§ 99 Nr. 2 c GWB). Somit lässt sich die Antragsgegnerin formal nicht unter den Auftraggeberbegriff gemäß § 99 Nr. 2 GWB subsumieren. Folglich ist die Antragsgegnerin keine öffentliche Auftraggeberin gemäß § 99 Abs. 2 GWB.

Das Land vergibt keinen öffentlichen Auftrag gemäß § 103 GWB an die Antragsgegnerin, weil es keine Auswahlentscheidung im Sinne des Art. 1 Abs. 2 der RL 2014/24/EU trifft. Das Land sieht aufgrund der mit deren Spitzenverbänden geschlossenen Rahmenvereinbarung eine Obliegenheit, alle Einrichtungsträger in gleichem Maße zu bedienen. Ein solches Verfahren ist nach einer neuen Entscheidung des EuGH noch zum alten Recht (Urteil vom 02.06.2016, C-410/14) bei Beachtung gewisser Voraussetzungen zur Transparenz, insbesondere unter der Annahme einer Bekanntmachung, zulässig und inhaltlich keine Vergabe.

Die Entscheidung des EuGH beruht auf einer Vorlage des OLG Düsseldorf (Beschl. v. 13.8.2014 - VII-Verg 13/1), welches für diese sogenannten open house Verfahren eine Anwendung des Vergaberechts light als angemessen ansah. Die Rechtsprechung des EuGH nimmt ausdrücklich Bezug auf Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24 EU, wonach ein öffentlicher Auftrag erst dann vorliege, wenn eine Auswahlentscheidung getroffen wird (EuGH aaO. Rn. 25). Sie ist daher auf das neue Recht übertragbar.

Allerdings hat es in dem vom EuGH entschiedenen Fall zumindest eine aufgrund öffentlicher Bekanntmachung ausgeschriebene Rahmenvereinbarung gemäß § 130 a Abs. 8 SGB V gegeben, der die Marktteilnehmer jederzeit und auch nachträglich beitreten konnten. Außerdem war der Inhalt der Leistung eindeutig und erschöpfend bestimmt. Ein solches transparentes Verfahren, welches der EuGH unter den Rz. 44, 45 als erforderlich ansieht, ist in den Vergabeunterlagen nicht dokumentiert. Die Rahmenvereinbarung beschreibt auch nicht eindeutig und erschöpfend das gesamte Leistungsprogramm einschließlich der dafür fälligen Gegenleistung aller Einrichtungsträger in Niedersachsen. Vielmehr bedarf es dazu weiterer Rückgriffe auf konkrete Leistungskataloge, die hier im Einzelnen nicht vorliegen. Das ist hier aber nicht weiter zu vertiefen, weil die Entscheidung des EuGH nur das Verhältnis von Land und Einrichtungsträger betrifft, nicht aber das nachgelagerte Verhältnis zwischen dem Einrichtungsträger und dem nicht ausgewählten Beförderungsunternehmen.

Die Antragsgegnerin fällt, wie oben dargestellt, nicht unter die Definition des Auftraggebers gemäß § 99 Abs. 2 GWB, weil sie nicht vom Land kontrolliert wird. Soweit in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar Zweifel geäußert wurden, ob sich die öffentliche Hand durch Weitergabe ihrer Mittel an einen nicht kontrollierten Dritten vergaberechtlicher Verpflichtungen entledigen darf, weist die Vergabekammer darauf hin, dass in dem vom EuGH entschiedenen Fall die im Wege des open house Verfahrens in den Rahmenvertrag eingetretenen Anbieter medizinischer Präparate unstreitig nicht als öffentliche Auftraggeber angesehen wurden, obwohl sie infolge der open house Vergabe unmittelbar Gelder öffentlicher Auftraggeber (der Krankenkassen) erhalten. Wie oben bereits dargestellt findet eine Fortdauer öffentlicher Zweckbindung über verschiedene Vertragskaskaden nicht statt.

Auch wenn die Antragsgegnerin weit überwiegend öffentliche Mittel verwendet, zusätzlich im Interesse des Allgemeinwohls handeln muss, gibt es daher derzeit keine ausdrückliche vergaberechtliche Grundlage, ihr die wettbewerblichen Verpflichtungen öffentlicher Auftraggeber aufzuerlegen. Nach der Aufgabenzuweisung des § 75 SGB XII ist es den Trägern der Sozialhilfe zur Erfüllung der Aufgaben der Sozialhilfe untersagt, eigene Einrichtungen zu schaffen. Vielmehr sollen sie auf geeignete Einrichtungen anderer Träger zurückgreifen, ggf. diese ausbauen oder schaffen. Die Antragsgegnerin ist somit gesetzlicher Erfüllungsgehilfe des Landes bei der Wahrnehmung einer Gemeinwohlaufgabe. Ihre Staatsnähe und Staatsgebundenheit ist daher beträchtlich.

Die Antragstellerin hat nachvollziehbar dargelegt, dass der Grundsatz des effet utile es gebiete, die Antragsgegnerin aufgrund dieser Staatsnähe und Staatsgebundenheit als öffentliche Auftraggeberin sui generis anzusehen. Würde der Staat die ihm als Träger der Sozialhilfe obliegende Aufgabe selbst vornehmen, wäre die Vergabe von Nebenleistungen wie der Personenbeförderung ohne weiteres und offensichtlich vergaberechtlich überprüfbar. Es könne nicht sein, dass sich der Staat des Wettbewerbsgrundsatzes durch die obige Konstruktion entledige.

Der Grundsatz des effet utile ist eine Methode richterlicher Rechtskonkretisierung und besagt, dass den Normen des Gemeinschaftsrechts optimale Wirkungskraft zu verschaffen sei (Herdegen, Europarecht § 8 Rn. 47). Es handelt sich um ein Anliegen des EuGH bei der Rechtsinterpretation, dem gegenüber sich das Bundesverfassungsgericht (jüngst BVerfG, Urteil vom 21.06.2016 Rn. 159, - Az. 2 BvR 2728/13,) aufgeschlossen gezeigt hat.

Es ist nicht Sache der Vergabekammer als rechtsanwendende Behörde, hier im Wege der Rechtsfortbildung über den Wortlaut des anzuwendenden Gesetzes hinauszugehen. Der Vergabekammer kommt grundsätzlich keine Normenverwerfungskompetenz zu (vgl. Mayer in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Auflage, § 114, Rdnr. 29). Sie kann deshalb nicht feststellen, dass eine Norm gegen höherrangiges Recht verstößt, wenn sie mit dem Sachverhalt konfrontiert ist, dass das Handeln der Vergabestelle durch eine gesetzliche Norm legitimiert ist, die Kammer aber diese Norm für systemwidrig hält. Die Bindung der Vergabekammer an die gesetzlichen Vorgaben folgt aus Art. 20 Abs. 3 GG. Die Vergabekammern sind nach dem GWB zwar gerichtsähnlich, aber ausdrücklich eben nicht als Gericht nach deutschem Recht, sondern als Verwaltungsbehörde konstituiert (vgl. Noch in: Byok/Jaeger, Vergaberecht, 3. Auflage, § 105 GWB, Rdnr. 1; BGH, Beschluss vom 09.12.2003 - X ZB 14/03). Rechtsfortbildung bleibt daher einer obergerichtlichen Entscheidung vorbehalten.

Das Land delegiert eigene Aufgaben aufgrund der Verpflichtung aus dem SGB XII auf Träger, die es zwar nachträglich auf Mittelverwendung kontrolliert, über die es aber keine wettbewerbliche Kontrolle im Sinne des § 99 Nr. 2 GWB ausübt.

Das OLG Düsseldorf hat in seinem Beschluss vom 15.07.2015 (Verg 11/15) im Sinne der oben angesprochenen obergerichtlichen Rechtsfortbildung die durchaus überzeugende Schlussfolgerung gezogen, dass ein öffentlicher Auftraggeber mit der Delegation der Aufgabe auch die Schnittstelle zum Vergaberecht delegieren müsse.

§ 98 Nr. 6 GWB (alte Fassung) schien einen Weg aufzuzeigen, auf den das OLG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 15.07.2015 (Verg 11/15) in analoger Anwendung zurückgegriffen hat. Insoweit hat das OLG Düsseldorf die Rechtsschutzmöglichkeiten nur im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Befugnisse erweitert interpretiert, nicht aber neu geschaffen. Allerdings ist diese Regelung durch die Neufassung des GWB 2016 entfallen. Der Bundestag hat in seiner Drucksache 18/6281 Blatt 69 ausgeführt, dass der bisherige § 98 Nr. 6 GWB künftig entfallen könne. Die Regelung habe der Umsetzung des Art. 63 Abs. 1 der RL 2004/18/EG gedient. Eine vergleichbare Regelung sei in der neuen RL 2014/24/EU nicht mehr enthalten. Auch in der neuen Konzessionsrichtlinie 2014/23/EU sei eine vergleichbare Regelung nicht mehr enthalten. Damit entfalle das Regelungsbedürfnis.

Das Nachprüfungsverfahren nach dem vierten Teil des GWB 2016 ist jedoch erst eröffnet, wenn dessen Anwendungstatbestand nach anzuwendender Rechtslage vollständig erfüllt ist. Die Vergabekammer sieht sich daher nicht in der Lage, dem OLG Düsseldorf unter der neuen Rechtslage zu folgen. Voraussetzung für eine analoge Rechtsanwendung ist eine planwidrige Regelungslücke. Eine Regelungslücke ist nicht mehr planwidrig, wenn die die Regelungslücke zumindest teilweise ausfüllende Rechtsvorschrift zwischenzeitlich sogar aufgehoben worden ist.

Dem OLG Düsseldorf ist allerdings inhaltlich zuzustimmen, dass hier nicht erst seit Inkrafttreten des GWB 2016 ein Ungleichgewicht zwischen Staatsnähe und rechtsstaatlicher, in diesem besonderen Fall vergaberechtlicher, Bindung besteht. Dieses Defizit bedarf allerdings nicht unbedingt einer Maßnahme einer Vergabekammer. Für Zuwendungsempfänger sind seit längerem in den Nebenbestimmungen der bundesweit in Varianten verwendeten allgemeinen Nebenbestimmungen zu Zuwendungsbescheiden (ANbest-I, ANbest-P und viele andere) Verpflichtungen enthalten, das Vergaberecht anzuwenden. Verstöße werden mit dem Rückforderungsvorbehalt sanktioniert.

So wie die staatlich nicht im Sinne des § 99 Nr. 2 GWB 2016 beherrschten Zuwendungsempfänger regelmäßig verpflichtet werden, Vergaberecht anzuwenden, wäre es gleichermaßen möglich, einen staatlich nicht beherrschten Leistungsempfänger z.B. im Rahmenvertrag zur Anwendung des Vergaberechts zu verpflichten. Der erhebliche qualitative Abstand im Preisniveau der eingegangenen Angebote zu den der Vergabekammer im Bereich der freigestellten Schülerbeförderung bekannten Fällen (vgl. z.B. Beschluss VK Niedersachsen vom 22.09.2014, VgK-32/2014) belegt klar die Möglichkeit, dadurch die Wirtschaftlichkeit der Vertragsgestaltung zu optimieren. Die Vergabekammer sieht einen deutlichen Zusammenhang zu der einfach strukturierten Darstellung, in der die Antragsgegnerin ihre Vergabeunterlagen abgefasst hat. Die Anwendung des Vergaberechts würde also die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung und damit die Wirtschaftlichkeit der Verwendung staatlicher Mittel deutlich verbessern.

Das zu entscheiden obliegt allerdings nicht der Vergabekammer. Die Vergabekammer kann ohne eindeutige vergaberechtliche Zuweisung die Antragsgegnerin nicht als einen Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB 2016 subsumieren, folglich keine Sachentscheidung treffen.

Der Nachprüfungsantrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 182 GWB in der seit dem 18.04.2016 geltenden Fassung.

Die in Ziffer 2 des Tenors festgesetzte Gebühr ergibt sich aus einer Interpolation des Auftragswertes innerhalb des Gebührenrahmens nach § 182 Abs. 2 GWB. Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.

Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem hochgerechneten Inhalt des Angebots der Antragstellerin xxxxxx € brutto. Diesen Betrag hat die Vergabekammer mangels konkreter Anhaltspunkte aufgrund der Tagespauschale der Antragstellerin, erhöht um den reduzierten Mehrwertsteuersatz unter der Annahme von 20 Beförderungstagen je Monat und dauerhaft 300 zu befördernden Personen auf die gemäß § 3 Abs. 11 Nr. 2 VgV für Verträge mit unbestimmter Laufzeit zu Grunde zu legende Dauer von vier Jahren berechnet. Das entspricht zum einen in etwa den in den Vergabeunterlagen genannten Zahlen von 242 Beförderungstagen und der Zahl der zu befördernden Personen, die in der Vergabeunterlage zwischen 296 und 330 Personen angegeben wird. Zum anderen soll der Vertrag gemäß Ziffer 4 der Leistungsbeschreibung zwar nur eine Laufzeit von 2 Jahren haben, allerdings sind unbegrenzt viele Verlängerungen möglich. Die Antragstellerin war 16 Jahre Vertragsinhaber. Daher geht die Vergabekammer von einer unbestimmten Laufzeit aus. Das so ermittelte Auftragsvolumen entspricht dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag.

Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx € brutto ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmungen in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.

Die in Ziffer 3 des Tenors verfügte Kostenlast folgt aus § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Für die Ermittlung des Unterliegens ist nicht auf einen etwaigen Antrag abzustellen. Gemäß § 168 GWB ist die Vergabekammer an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Da die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren unterlegen ist, hat sie die Kosten zu tragen.

Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat die Antragstellerin der Auftraggeberin als Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen gemäß § 182 Abs. 4 GWB zu erstatten.

Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts ist gemäß § 182 Abs. 4 S. 4 GWB in Verbindung mit § 80 Abs. 2 VwVfG erforderlich. Gemäß § 80 Abs. 2 VwVfG sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

Hier gilt zur Kostenlast das unter 3. Ausgeführte. Die anwaltliche Vertretung der Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren gehört nicht grundsätzlich zu den notwendigen Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Grundsätzlich ist der Auftraggeber gehalten, im Rahmen seiner Möglichkeiten vorhandenes juristisch geschultes Personal auch im Nachprüfungsverfahren einzusetzen. Auftragsbezogene Rechtsfragen aus dem Bereich der VgV oder EU-VOB/A wird regelmäßig das mit der Vergabe betraute Personal sachkundig beantworten können, so dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes regelmäßig nicht notwendig sein wird, wenn der öffentliche Auftraggeber in einer ex ante zu Beginn eines Nachprüfungsverfahrens (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.07.2013 - 11 Verg 7/13) zu erstellenden Prognose zu dem Ergebnis gelangt, dass auftragsbezogene Fragen Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sein werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.01.2011, Verg 60/10; OLG Celle, Beschluss vom 09.02.2011, 13 Verg 17/10; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.06.2010, 15 Verg 4/10; OLG München, Beschluss vom 11.06.2008, Verg 6/08, und vom 28.02.2011, Verg 23/10; OLG Dresden, Beschluss vom 14.11.2012 - Verg 8/11). Andererseits ist das Vergaberecht eine komplexe Rechtsmaterie.

Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der Antragsgegnerin um eine gemeinnützige Gesellschaft, die sich im Ergebnis zu Recht nicht als öffentliche Auftraggeberin ansieht. Es ist ihr daher nicht zuzumuten, ohne rechtlichen Beistand komplizierte Fragen aus dem Vergaberecht selbstständig beantworten zu können. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war daher für die Antragsgegnerin erforderlich. Unerheblich ist, dass es hier ausschließlich um Fragen der Zulässigkeit ging. Auch diese Rechtsprobleme sind aufgrund der obigen Darstellung der Regelungslücken im GWB unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf keineswegs einfach zu lösen.

Etwaige Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. Nach § 182 Abs. 4 Satz 2 GWB sind Aufwendungen des Beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn die Vergabekammer sie aus Billigkeitsgründen der unterlegenen Partei auferlegt. Dabei setzt die Erstattungsfähigkeit voraus, dass der Beigeladene sich mit demselben Rechtsschutzziel wie der obsiegende Verfahrensbeteiligte aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat (OLG Brandenburg, Beschluss vom 9. Februar 2010 - Verg W 10/09, zitiert nach Tz. 46; OLG Celle Beschluss vom 29.06.2010, 13 Verg 4710 zit. nach ibr-online). Hier hat die Beigeladene sich nicht geäußert, war auch im Termin nicht anwesend. Es gibt daher keinen Grund, sie in die Kostenentscheidung mit einzubeziehen.

Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx € unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

xxxxxx

IV. Rechtsbehelf

Gaus
Peter
Sameluck