Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 07.03.2016, Az.: VgK-03/2016

Zurückweisung eines Verfahren zur Vergabe von Dienstleistungen im Bereich der Postzustellung von Briefen sowie Päckchen und Paketen

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
07.03.2016
Aktenzeichen
VgK-03/2016
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 18135
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragstellerin -
gegen
den xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragsgegner -
beigeladen:
xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Beigeladene -
wegen
Vergabeverfahren "Postzustellung von Briefsendungen, Päckchen und Paketen der Landkreise xxxxxx und xxxxxx"
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden RD Gaus, den hauptamtlichen Beisitzer BOR Peter und den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl. VwW Abraham auf die mündliche Verhandlung vom 03.03.2016 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Gebühren des Nachprüfungsverfahrens werden auf xxxxxx € festgesetzt.

  3. 3.

    Die Kosten (Gebühren und Auslagen der Vergabekammer) des Nachprüfungsverfahrens trägt die Antragstellerin.

  4. 4.

    Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten.

Begründung

I.

Der Antragsgegner hat mit EU-Vergabebekanntmachung vom xxxxxx.2015 die Postzustellung von Briefen, Päckchen und Paketen für die Landkreise xxxxxx und xxxxxx in zwei Losen europaweit im offenen Verfahren als Dienstleistungsauftrag gem. VOL/A-EG für die Dauer von 24 Monaten ausgeschrieben. Schlusstermin für den Eingang der Angebote war der xxxxxx2015. Einziges Zuschlagskriterium war der niedrigste Preis. Unter Ziffer III.2.3) der Bekanntmachung war zur technischen Leistungsfähigkeit Folgendes festgelegt:

"III.2.3) Technische Leistungsfähigkeit

Angaben und Formalitäten, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Auflagen zu überprüfen:

Mit dem Angebot sind vorzulegen:

1. je Los mindestens drei bestätigte Referenzschreiben von öffentlichen oder privaten Auftraggebern, für die von Inhalt und Umfang her vergleichbare Referenzprojekte mit mindestens je 12 Monaten Vertragslaufzeit erbracht worden sind. Vom Inhalt her vergleichbar gelten Aufträge über die Abholung und deutschlandweite Zustellung von Briefsendungen. Vom Umfang her vergleichbar sind Aufträge, die mindestens 80 % des Sendungsvolumens des jeweiligen Loses erreichen, auf das der Bieter ein Angebot abgibt.

Den ausschreibenden Stellen kommt es insbesondere darauf an, dass der Referenzgeber bezüglich der Einhaltung der Zustellquote seine volle Zufriedenheit ausdrückt. Es werden nur Referenzschreiben von "echten Kunden" zugelassen, d. h. eine Subunternehmertätigkeit für einen ebenfalls in der Postzustellung tätigen Hauptunternehmer wird als Referenz nicht akzeptiert.

2. Fotokopie der Postlizenz gemäß § 5 PostG.

3. Anbieterdarstellung inkl. Beschreibung des internen Weges eines Briefes.

4. Nachweis eines anerkannten und von unabhängiger Stelle ausgestellten, gültigen Zertifikats über ein ständig überwachtes System der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements (z. B. DIN EN ISO 9001:2008 oder gleichwertig). Der Nachweis der Gleichwertigkeit ist vom Bieter zu führen. Der Auftraggeber muss durch den vorgelegten Nachweis in die Lage versetzt werden, die Gleichwertigkeit prüfen zu können.

Möglicherweise geforderte Mindeststandards:

Zu 1. Mindestens drei bestätigte Referenzschreiben je Los mit dem in Abschnitt III.2.3) Ziff. 1 näher beschriebenen Inhalt und entsprechend der dortigen Anforderungen. Bei der Einbeziehung von Nachunternehmen gilt Folgendes: Der Bieter muss das als Referenz angegebene Sendungsvolumen mit dem oder den für den ausgeschriebenen Auftrag vorgesehenen Nachunternehmer(n) bewältigt haben, um dem Auftraggeber eine Einschätzung zu ermöglichen, ob die vorgesehenen Unternehmen gemeinsam in der Lage sind, den Anforderungen des Auftrags gerecht zu werden.

Bei der Bildung von Bietergemeinschaften gilt Folgendes: Die Bietergemeinschaft muss das als Referenz angegebene Sendungsvolumen mit allen Mitgliedern der anbietenden Bietergemeinschaft bewältigt haben, um dem Auftraggeber eine Einschätzung zu ermöglichen, ob die vorgesehenen Unternehmen gemeinsam in der Lage sind, den Anforderungen des Auftrags gerecht zu werden."

Unter Ziffer VI.3 der Bekanntmachung war zur Bildung von Bietergemeinschaften zusätzlich Folgendes festgelegt:

"VI.3) Zusätzliche Angaben

[.....]

3.

Bietergemeinschaften müssen im Angebot ihre Mitglieder benennen und eines ihrer Mitglieder als allein bevollmächtigten Vertreter für den Abschluss und die Durchführung des Auftrags angeben. Folgende Nachweise müssen für jedes Mitglied der Bietergemeinschaft mit dem Angebot vorgelegt werden:

- Anbieterdarstellung nebst Organigramm

- Handelsregisterauszug

- Lizenzurkunde

- Angaben zum Gesamtumsatz des Unternehmens in den letzten drei Geschäftsjahren

- Eigenerklärung zur Zuverlässigkeit u.a.

Die weiteren unter III.2) genannten Erklärungen und Nachweise sind mit dem Angebot für die Bietergemeinschaft insgesamt vorzulegen.

[.....]"

Hinsichtlich der geforderten Referenzen und Mindeststandards enthielten die Vergabeunterlagen im Teil A Ziffer 2.6 Unterabsatz 3 und im Teil B Anlage C Ziffer 3 die bereits unter Ziffer III.2.3) der Bekanntmachung festgelegten Anforderungen, ergänzt um die Hinweise, dass der Erfahrung des Anbieters in diesem Bereich erhebliche Bedeutung zukomme und dass der Auftraggeber sich vorbehalte, die Angaben des jeweiligen Referenzgebers telefonisch zu überprüfen. Und schließlich enthielten die Vergabeunterlagen im Teil A Ziffer 2.22 eine Wiederholung der Anforderungen an eine Bietergemeinschaft gem. Ziffer VI.3 der Bekanntmachung.

Von den Bietern waren für ihre Angebote sog. Preisblätter getrennt nach den Losen zu befüllen. Die Preisblätter enthielten die gewünschten Produkte (Postkarte, Standardbrief bis 20 g, Standardbrief bis 50 g etc.) und zur zahlenmäßigen Einschätzung für die Bieter die tatsächliche Anzahl der Sendungen im Jahr 2014. Von den Bietern waren der Preis pro Sendung und Produkt incl. Umsatzsteuer, der Endpreis pro Produkt und der Gesamtpreis einzutragen. Für das Los 1 (Landkreis xxxxxx) waren über alle Produkte insgesamt 415.132 Sendungen vorgegeben, für das Los 2 (Landkreis xxxxxx) 233.614 Sendungen.

Die Antragstellerin gab als Bietergemeinschaft "xxxxxx", bestehend aus den Unternehmen xxxxxx und xxxxxx ein Angebot ab. Als Referenzen reichte die Antragstellerin Bestätigungen von insgesamt sieben Auftraggebern ein, von denen drei auf die xxxxxx und vier auf die xxxxxx ausgestellt waren. Referenzen über gemeinsam als Bietergemeinschaft erbrachte Zustellungsleistungen reichte sie nicht ein.

Hinsichtlich des unter Ziffer III.2.3) der Bekanntmachung vorgegebenen Sendevolumens von mindestens 80 % des Volumens des jeweiligen Loses erfüllten bezüglich Los 2 alle Referenzen diese Anforderung. Fünf der Referenzgeber waren öffentlichen Auftraggeber. Hinsichtlich des Loses 2 erfüllten vier Referenzen das notwendige Sendevolumen. Bei den Referenzgebern handelte es sich um die xxxxxx, die xxxxxx, die xxxxxx und die xxxxxx.

Bis zum Ende der Angebotsfrist gaben insgesamt drei Bieter ein Angebot auf jeweils beide Lose ab. Ein Bieter wurde mit seinen Angeboten wegen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens während der laufenden Bindefrist des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens vom Verfahren ausgeschlossen. Nachdem der Antragsgegner von den verbleibenden Bietern verschiedene fehlende Nachweise nachgefordert hatte, lag die Antragstellerin nach der rechnerischen Wertung der Angebote bei beiden Losen auf Rang 1.

Mit Bieterinformation gem. § 101 a GWB vom 28.01.2016 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, den Zuschlag am 08.02.2016 auf die Angebote der Beigeladenen erteilen zu wollen. Den von der Antragstellerin vorgelegten Referenzen hätte nicht entnommen werden können, dass die Bietergemeinschaft über die im Abschnitt III.3.2) der Bekanntmachung geforderte gemeinsame Erfahrung bei der Postzustellung verfüge, da sich die Referenzen nur auf den jeweiligen einzelnen Bieter der Bietergemeinschaft bezögen und zudem die Hälfte der Referenzen das geforderte Sendevolumen von 80 % des Sendevolumens des jeweiligen Loses nicht erreicht hätten. Die Antragstellerin habe damit die geforderten bzw. nachgeforderten Erklärungen und Nachweise nicht vollständig vorgelegt und sei gem. § 19 EG Abs. 3 a) VOL/A von der Vergabe auszuschließen.

Auf die Bieterinformation hin rügte die Antragstellerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 01.02.2016 das Vergabeverfahren. Sie rügte, dass sie zu Unrecht vom Vergabeverfahren ausgeschlossen worden sei, da sie nach den Formulierungen in der EU-Bekanntmachung berechtigt gewesen sei, entweder Referenzen eines Bietergemeinschaftsmitgliedes oder Referenzen der Bietergemeinschaft als solche vorzulegen, und insoweit auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz von Einzelbietern und Bietergemeinschaften gem. § 6 EG Abs. 2 Satz 1 VOL/A vorliege. Zudem habe sie mit ihren Referenzen durchgängig das 80 %-Kriterium zum Sendungsvolumen des jeweiligen Loses erfüllt.

Nachdem der Antragsgegner mit anwaltlichem Schriftsatz vom 03.02.2016 mitteilte, der Rüge nicht abzuhelfen zu wollen, beantragte die Antragstellerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 04.02.2016 die Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens.

Der Nachprüfungsantrag sei zulässig.

Die zu vergebende Leistung liege nach dem Schätzwert unter Ziffer II.1.4) der EU-Vergabebekanntmachung deutlich über dem EU-Schwellenwert für Dienstleistungen. Die Antragstellerin sei gem. § 107 Abs. 2 GWB auch antragsbefugt. Sie habe ihr Interesse an dem Auftrag durch Abgabe eines Angebotes bekundet und mache eine Verletzung in ihren Rechten gem. § 97 Abs. 7 GWB geltend, wodurch ihr ein Schaden durch Nichterhalt des Auftrages zu entstehen drohe.

Die Antragstellerin sei auch ihrer Rügeverpflichtung aus § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB nachgekommen, indem sie den erkannten Verstoß gegen Vergabevorschriften unverzüglich dem Auftraggeber gegenüber gerügt habe. So habe sie erst aus dem Vorabinformationsschreiben vom 28.01.2016 von der Auffassung des Auftraggebers Kenntnis erhalten, dass die Ausschreibungsbedingungen es ihr nicht gestatten würden, Referenzen der Bietergemeinschaftsmitglieder zu nutzen, sondern dass sie ausschließlich gemeinsame Referenzen der Bietergemeinschaft hätte vorlegen müssen. Sie habe die Mindestanforderungen so verstanden, dass sie sowohl gemeinsame Bietergemeinschaftsreferenzen, als auch Referenzen der einzelnen Mitglieder habe nutzen dürfen. Diese Auslegung des Auftraggebers der EU-Bekanntmachung habe sie nach Abstimmung ihrer Geschäftsführungen unverzüglich am 01.02.2016 gerügt.

Der Nachprüfungsantrag sei auch begründet.

Die Antragstellerin sei zu Unrecht gem. § 19 EG Abs. 3 a) VOL/A von der Vergabe ausgeschlossen worden. EU-Bekanntmachungen seien aus Sicht eines objektiven, fachkundigen Bieters auszulegen. Dem entsprechend sei der maßgebliche Passus zu den Mindestanforderungen im Kapitel III.2.3) der Bekanntmachung aus Bietersicht so zu verstehen gewesen, dass die dortige Vorgabe entweder mit Einzelbieterreferenzen der Mitglieder der Bietergemeinschaft oder mit Bietergemeinschaftsreferenzen erfüllt werden konnte. Nur für die letzteren habe die Bedingung gegolten, dass die Bietergemeinschaft das als Referenz angegebene Sendungsvolumen mit allen Mitgliedern der Bietergemeinschaft bewältigt haben musste, um den Auftraggeber eine Einschätzung zu ermöglichen, ob die vorgesehenen Unternehmen gemeinsam in der Lage sein werden, den Anforderungen des Auftrags gerecht zu werden. Verfüge - wie hier - bereits ein Bietergemeinschaftsmitglied über Referenzen, die das geforderte Sendungsvolumen belegen, müssten diese zum Beleg der Eignung ausreichen. Dafür stehe der Erst-Recht-Schluss: Eine Bietergemeinschaft, die zum Beweis ihrer Leistungsfähigkeit noch nicht einmal auf gemeinsame Referenzen zurückgreifen müsse, sondern diese schon mit den Referenzen einzelner Mitglieder belegen könne, müsse erst Recht geeignet sein. Anderenfalls würden selbst die größten Marktteilnehmer, wie z. B. die xxxxxx, bei Angeboten in Bietergemeinschaft scheitern, wenn sie nicht ihre Einzelbieterreferenzen nutzen könnten und zufällig nicht über die geforderte Anzahl von Bietergemeinschaftsreferenzen verfügten. Es habe deshalb keinen sachlichen Grund gegeben, einer Bietergemeinschaft die Vorlagemöglichkeit von ausreichenden Einzelbieterreferenzen abzuschneiden.

Anders als der Antragsgegner in seinem Vorabinformationsschreiben von 28.01.2016 behaupte, habe die Antragstellerin zudem das 80 %-Kriterium hinsichtlich des erforderlichen Sendungsvolumens der Referenzen erfüllt. Ausweislich der vom Antragsgegner vorgegebenen Blanko-Preisblätter würden für das Los 1 die aufsummierten Stückzahlen für alle Sendungsarten ohne Postkarten 413.921 Stück und 227.209 Stück für das Los 2 betragen. Die Erfüllung dieser Anforderungen würde durch die von den beiden Mitgliedern der Antragstellerin mit dem Angebot eingereichten Referenzen belegt.

Zudem liege ein Verstoß gegen § 6 EG Abs. 2 Satz 1 VOL/A vor. Nach dieser Vorschrift seien Bietergemeinschaften wie Einzelbewerber zu behandeln. Bekanntermaßen sei das Angebot als Einzelbieter die Regel und das Angebot als Bietergemeinschaft die Ausnahme. Daher werde ein Einzelbieter wesentlich leichter Referenzen vorlegen können als eine Bietergemeinschaft, wenn ihr die Möglichkeit der Vorlage von Einzelbieterreferenzen abgeschnitten werde. Diese hohe Zulassungshürde sei entgegen der Meinung des Antragsgegners auch nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Eine Vermutung, dass Bietergemeinschaften öffentliche Aufträge weniger leistungsfähig und fachkundig erbringen würden als Einzelbieter, gäbe es nicht. Umgekehrt bestehe keine Verpflichtung von Bietergemeinschaften, die Fähigkeit zur bietergemeinschaftlichen Auftragsabwicklung durch Eigenreferenzen der Bietergemeinschaft belegen zu müssen. Auch die angerufene Kammer habe in einem Beschluss vom 10.07.2012, VgK-21/2012, befunden, dass es für die Eignungsprüfung von Bietergemeinschaften auf die der Bietergemeinschaft insgesamt zur Verfügung stehenden Kapazitäten ankomme.

Und schließlich stelle die Referenzanforderung des Antragsgegners eine wettbewerbsbeschränkende Maßnahme und damit einen Verstoß gegen § 97 Abs. 1 und 3 GWB dar. Sie verletze den Wettbewerb und benachteilige kleine und mittelständische Unternehmen. Die ohnehin schon ungewöhnliche Mindestanforderung von drei Referenzen pro Los führe bereits auf Einzelbieterebene zu einer Benachteiligung kleiner und mittelständischer Unternehmen. Auf Bietergemeinschaftsebene sei die Mindestanforderung praktisch nicht mehr erfüllbar, wenn sie mit der Bedingung kombiniert sei, dass nicht Bietergemeinschaftsreferenzen beliebiger Mitglieder genügten, sondern nur solche der Mitglieder der anbietenden Bietergemeinschaft. Die Referenzanforderungen des Antragsgegners würden die Beteiligungsmöglichkeiten für Bietergemeinschaften damit effektiv ausschalten.

Die Antragstellerin beantragt,

  1. 1.

    festzustellen, dass die Antragstellerin durch die verfahrensgegenständliche Ausschreibung in ihren Rechten verletzt ist;

  2. 2.

    dem Antragsgegner zu untersagen, auf der Grundlage der am xxxxxx.2015 unter dem TED-Az.: xxxxxx bekannt gemachten Ausschreibung einen Zuschlag zu erteilen und ihm aufzugeben, den Ausschluss des Angebots der Antragstellerin zu revidieren und die Angebotswertung unter Einbeziehung ihres Angebotes zu wiederholen;

  3. 3.

    hilfsweise alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Rechtsverletzung der Antragstellerin zu beseitigen und eine Schädigung ihrer Interessen zu verhindern;

  4. 4.

    dem Antragsgegner die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen;

  5. 5.

    auszusprechen, dass für die Antragstellerin die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Verfahren der Vergabenachprüfung notwendig ist.

Der Antragsgegner beantragt,

  1. 1.

    den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 4. Februar 2016 als unzulässig zu verwerfen, jedenfalls aber als unbegründet zurückzuweisen;

  2. 2.

    der Antragstellerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens aufzuerlegen;

  3. 3.

    festzustellen, dass die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.

Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrages

Der Nachprüfungsantrag sei bereits unzulässig, da die Rügeobliegenheiten gem. § 107 Abs. 3 Nr. 1, 2 und 3 GWB nicht beachtet wurden. Dass Referenzschreiben als Eignungsnachweise nicht für die einzelnen Mitglieder einer Bietergemeinschaft vorzulegen waren, sondern für die Bietergemeinschaft in ihrer konkreten Zusammensetzung selbst, habe die Antragstellerin ohne Weiteres bereits der Auftragsbekanntmachung entnehmen können, mindestens jedoch den Vergabeunterlagen. Die Antragstellerin sei deshalb verpflichtet gewesen, den angeblichen Verstoß spätestens bis zum Ende der Angebotsfrist gegenüber dem Antragsgegner zu rügen, was sie jedoch unterließ.

Bereits die Ausführungen unter Ziffer III.2.3) der Auftragsbekanntmachung seien aus Sicht des Antragsgegners unmissverständlich gewesen. Die Erläuterung zur Anforderung Nr. 1 habe eindeutig darauf hingewiesen, dass sich das Volumen-Kriterium nicht etwa auf die Aufträge einzelner Mitglieder einer Bietergemeinschaft beziehe, sondern auf Aufträge, die von den Mitgliedern der Bietergemeinschaft gemeinsam durchgeführt worden seien. Noch deutlicher würde dies dann aufgrund der zusätzlichen Angaben des Antragsgegners im Abschnitt VI.3) der Bekanntmachung. Die dortige Formulierung "für die Bietergemeinschaft insgesamt" sei nach Auffassung des Antragsgegners an Klarheit nicht zu überbieten. Zusätzlich hätten auch die Vergabeunterlagen im Teil A unter Ziffer 2.6 Teilziffer 3 und unter Ziffer 2.22 eine wortgleiche Wiedergabe der in der Bekanntmachung in den Abschnitten III.2.3) und VI.3) vorhandenen Texte enthalten. Auch die Vergabeunterlagen hätten somit ohne Zweifel aufgezeigt, dass der Antragsgegner Referenzschreiben für Aufträge der Bietergemeinschaft in ihrer konkreten Zusammensetzung erwartete.

Eine Rüge der Antragstellerin hätte gem. § 107 Abs. 3 Nr. 2 und 3 GWB deshalb bis zum Ende der Angebotsfrist am xxxxxx.2015 erfolgen müssen. Die Antragstellerin habe jedoch erstmals mit Schreiben vom 01.02.2016 eine entsprechende Rüge erhoben. Der Nachprüfungsantrag sei daher bereits unzulässig.

Unbegründetheit des Antrages

Der Nachprüfungsantrag sei auch unbegründet. Das Angebot der Antragstellerin sei zu Recht gem. § 19 EG Abs. 3 a) VOL/A ausgeschlossen worden, da die verlangten Eignungsnachweise nicht vorgelegt wurden. Der Wortlaut der Auftragsbekanntmachung und Vergabeunterlagen sprächen eindeutig gegen das von der Antragstellerin geäußerte Verständnis der Vergabeunterlagen. Angesichts des eindeutigen Wortlauts sei für die von der Antragstellerin gewollte "objektivierte Auslegung" kein Raum. Eine eindeutige Regelung müsse nicht ausgelegt werden.

Das von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang geforderte "berechtigte Interesse" habe hier in dem besonderen Charakter der zu erbringenden Postdienstleistungen gelegen. Gerade im Rahmen der Zustellung von amtlicher Post komme es auf einen reibungslosen Ablauf, zeitnahe Beförderung und zuverlässige Zustellung der einzelnen Postsendungen an. Sollen solche funktionskritischen Leistungen von mehreren Unternehmen gemeinsam erbracht werden, sei das Funktionieren der Abstimmung dieser Unternehmen untereinander für die Leistungsqualität von vordringlicher Wichtigkeit. Und dieser Nachweis habe eben nur durch Vorlage von Referenzen bezüglich gemeinsam durchgeführter Aufträge erbracht werden können.

Es liege im Weiteren auch kein Verstoß gegen § 6 EG Abs. 2 Satz 1 VOL/A vor. Die Antragstellerin als Bietergemeinschaft werde nicht durch die vom Antragsgegner gestellten Anforderungen an den Eignungsnachweis gegenüber einem Einzelbieter benachteiligt. Die Gleichsetzung von Bietergemeinschaften mit Einzelbietern verlange zwar, dass die Eignung grundsätzlich nicht bei jedem Mitglied im Einzelnen festgestellt werden müsse. Eine Ausnahme sei allerdings dann zu machen, wenn ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung bestehe. Im vorliegenden Fall war es diesbezüglich entgegen der Ansicht der Antragstellerin aber eben erforderlich gewesen, einen Nachweis der Geeignetheit der Bietergemeinschaft in ihrer konkreten Zusammensetzung zu führen.

Und schließlich stelle die Anforderung des Antragsgegners auch keine wettbewerbsbeschränkende Maßnahme im Sinne von § 97 Abs. 1 und 3 GWB dar. Zum einen stehe nach Auffassung des Antragsgegners fest, dass die Anforderungen zur Eignung sachlich begründet und damit zulässig waren. Eine rechtlich zulässige Gestaltung könne aber per se keine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von § 97 Abs. 1 und 3 GWB darstellen. Zum anderen sei aber auch nicht ersichtlich, dass durch die Anforderungen die Teilnahmemöglichkeiten von kleinen und mittelständischen Unternehmen eingeschränkt worden seien. Die Teilnahme an der Ausschreibung als Teil einer Bietergemeinschaft habe jedem Unternehmen offen gestanden, unabhängig davon, ob es sich um ein Großunternehmen oder um ein kleines oder mittelständisches Unternehmen gehandelt habe.

Das Regelbeispiel für die Berücksichtigung mittelständischer Interessen, namentlich die Aufteilung in Lose, sei vorliegend im Übrigen erfüllt. Die Auftraggeber hätten zwei Lose gebildet. Die Mitglieder der Antragstellerin seien in keinster Weise daran gehindert gewesen, einzeln auf diese Lose anzubieten.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig. Die Antragstellerin stützt ihren Nachprüfungsantrag auf eine von der Interpretation des Antragsgegners abweichende Interpretation der Vorgaben aus der EU-weiten Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen. Dieser Vortrag befreit sie nur dann von der Verpflichtung gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB, diesen Mangel der Vergabeunterlagen bis zur Abgabe des Angebots zu rügen, wenn es sich dabei um eine aus dem Wortlaut der EU-Bekanntmachung bzw. der Vergabeunterlagen ableitbare Interpretation handelt. Dies ist hier nicht der Fall. Unterlässt sie die bis zum Ablauf der Angebotsabgabefrist gebotene Rüge, kann sie sich im Nachprüfungsverfahren nicht auf die angeblich fehlerhaften Vergabeunterlagen berufen.

Die Anforderung an eine Bietergemeinschaft, nur solche Referenzen vorzulegen, die die Bietergemeinschaft gemeinsam erbracht hat, ist vergaberechtlich problematisch, weil sie dem Charakter einer für den Einzelfall gebildeten Bietergemeinschaft widerspricht. Der Antragsgegner sollte ungewöhnliche Anforderungen an die Bildung von Bietergemeinschaften in der Vergabedokumentation begründen.

Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig. Bei dem Antragsgegner und Auftraggeber handelt es sich um zwei gemeinsam handelnde Landkreise und damit um Gebietskörperschaften gemäß § 98 Nr. 1 GWB. Es handelt sich bei den zu vergebenden Postdienstleistungen um einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag gemäß § 99 Abs. 4 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, welche die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt worden sind. § 2 Abs. 1 Satz 1 der VgV enthält eine dynamische Verweisung auf die europarechtlich festgelegten Schwellenwerte, hier die Verordnung (EU) Nr. 1336/2013 vom 13.12.2013. Artikel 2 Abs. 2b setzte zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Versendung der EU-Bekanntmachung für Dienstleistungsaufträge einen Schwellenwert von 207.000 € fest. Diesen Wert überschreitet die Kostenspanne gemäß Ziffer II.1.4 der Bekanntmachung deutlich.

Die Antragstellerin ist gemäß § 107 Abs. 1 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung eigener Rechte durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Sie trägt wie unter I. dargestellt vor. Dieser Vortrag ist hinreichend substantiiert. Voraussetzung für die Antragsbefugnis ist gemäß § 107 Abs. 2 GWB, dass das den Nachprüfungsantrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, 1. Auflage, § 107, Rz. 52). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat auch schlüssig dargelegt, dass sie angesichts bei nach ihrer Auffassung vergabekonformem Verhalten des Antragsgegners als in allen Losen Geringstbietende den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte.

Ob sich diese dargestellte Rechtsverletzung bestätigt, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Antrages (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2006, VII-Verg 23/06 Ziffer 1a).

Die Antragstellerin hat die im Nachprüfungsverfahren geltend gemachten Vergaberechtsverstöße nicht rechtzeitig im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB gerügt. Gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 2, Nr. 3 GWB ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Anbieter Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind (Nr. 2)

oder erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind (Nr. 3), nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe rügt.

Die Antragstellerin hat ihre Rüge erst nach Ablauf der Angebotsabgabefrist aufgrund der Bieterinformation vom 28.01.2016 erhoben. Eine Rügepräklusion gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 2, Nr. 3 GWB liegt daher für diejenigen geltend gemachten angeblichen Vergabefehler vor, die der Antragstellerin bereits aufgrund der Bekanntmachung oder aus den Vergabeunterlagen objektiv erkennbar waren. Kenntnis oder ein der positiven Kenntnis gleichstehendes Kennen-Müssen liegt nach einem Beschluss des OLG Celle (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 24.09.2014, 13 Verg 9/14) vor, wenn sich der Vergabefehler der Antragstellerin aufdrängen muss.

Das war hier der Fall. Die Antragstellerin trägt vor, ihre Referenzen würden den gesetzten Mindestanforderungen genügen, insbesondere sei es nicht zutreffend, dass alle Referenzen von beiden Mitgliedern der Bietergemeinschaft gemeinsam hätten erbracht werden müssen. Die Antragstellerin sei ebenso berechtigt gewesen, Einzelreferenzen ihrer Mitglieder vorzulegen.

Der Antragsgegner hat mehrfach und sehr deutlich darauf hingewiesen, dass er von einer Bietergemeinschaft gemeinsam erarbeitete Referenzen erwartet. Dies ergibt sich schon aus Ziffer III.2.3 der EU-Bekanntmachung. Die Bekanntmachung gemäß § 15 EG VOL/A hat, auch wenn dies nicht so deutlich wie in § 12 Abs. 2 Satz 1 VOL/A dargestellt ist, die Aufgabe, die am Wettbewerb interessierten Unternehmen zu der Entscheidung zu befähigen, ob für sie eine Beteiligung am Vergabeverfahren ernsthaft in Betracht kommt (Schubert in: Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht Kompaktkommentar, 3. Aufl. 2014, Los 6, § 12 VOL/A, Rn. 5). Die Anforderung und Auswertung von Angebotsunterlagen verursacht regelmäßig viel Zeitaufwand, den sich ein Anbieter sparen kann, der bereits aus der EU-Bekanntmachung erkennt, dass er die Eignungsanforderungen nicht erfüllen kann.

Der Antragsgegner hat diese inhaltlichen Anforderungen umgesetzt, indem er unter Ziffer III.2.3 der EU-Bekanntmachung in atypischer Länge Eignungsanforderungen beschrieben hat. Die Vergabekammer hat in Vorbereitung des Verhandlungstermins im TED-System etliche Vergabebekanntmachungen durchgesehen und die dort enthaltenen Formulierungen zu III.2.3 der Bekanntmachung geprüft. Die Anforderungen des Antragsgegners weichen deutlich von den üblichen gesetzten Anforderungen ab. Dies hätte die Antragstellerin auch ohne vertiefte Kenntnisse im Vergaberecht zu einer genauen und kritischen Prüfung veranlassen müssen.

Ziffer III.2.3 soll dem Auftraggeber gestatten, zusätzliche Anforderungen im Fall der Teilnahme von Bietergemeinschaften oder im Fall des Rückgriffs auf die Eignung von Nachunternehmern zu setzen (Rechten in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar VOL/A, 3. Aufl. 2014, § 15 EG, Rn. 52). Die Mitglieder der Antragstellerin haben diese Eignungsanforderung erkennbar gelesen und zum Teil umgesetzt, indem sie eine Bietergemeinschaft gründeten, deren Mitglieder die als Eignungsnachweis geforderten Sendungsvolumina zumindest als einzelne erfüllen konnten. Dabei ist ihnen allerdings bei der geforderten Zuordnung der Eignungsnachweise zur Bietergemeinschaft insgesamt ein subjektives Missverständnis unterlaufen.

Ebenso ergibt sich die Anforderung gemeinsam erbrachter Referenzen aus den Vergabeunterlagen Teil A Ziffer 2.6 Unterabsatz 3 am Ende (Blatt 152 der Vergabeakte) und Teil B Anlage C, Ziffer 3 (Blatt 193 der Vergabeakte). Diese teilweise mit Fettdruck hervorgehobenen Hinweise hätten der Antragstellerin daher bereits bei der Angebotskalkulation auffallen müssen. Folglich hätte sie diesen von ihr als Mangel angesehenen Umstand bis zur Abgabe des Angebots rügen müssen.

Die Antragstellerin bemüht sich, diesen Einwand abzuwehren, indem sie darlegt, der Antragsgegner habe die objektiv in ihrem Sinne zu verstehenden Vergabeunterlagen falsch interpretiert. Diese Argumentation ist hinsichtlich des maßgeblichen Rügezeitpunktes zunächst schlüssig. Eine unzutreffende Interpretation missverständlich formulierter Vergabeunterlagen ist nicht bereits aus den Vergabeunterlagen erkennbar, weil der Fehler nicht in der Erstellung der Vergabeunterlagen liegt, sondern in deren Wertung. Der Fehler kann daher erst mit Offenlegung der Wertung gegenüber dem Anbieter erkennbar werden. Ist ein solcher Fall gegeben, entfällt eine Rügepräklusion gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 GWB. Eine etwaige Rügepräklusion ist dann ausschließlich nach § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB aufgrund des inhaltlichen Maßstabs zu beurteilen, ob die Rüge unverzüglich erhoben wurde.

Die von der Antragstellerin dargestellte Fehlinterpretation der missverständlich formulierten EU-Bekanntmachung und missverständlicher Vergabeunterlagen kann die Vergabekammer auch nach intensiver Prüfung nicht feststellen. Aus den technischen Leistungsanforderungen in Ziffer III.2.3. der EU-weiten Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen ergibt sich nicht nur, dass jeder Anbieter, im Fall der Bietergemeinschaft also die Bietergemeinschaft insgesamt, mindestens 3 bestätigte Referenzschreiben vorzulegen hat. Für diejenigen Anbieter, die in Form einer Bietergemeinschaft auftreten, ist eindeutig als klar erkennbare Verschärfung der Referenzanforderung vorgegeben, dass die Bietergemeinschaft die Referenz mit allen Mitgliedern der anbietenden Bietergemeinschaft bewältigt haben muss, um dem Auftraggeber eine Einschätzung zu ermöglichen, ob die vorgesehenen Unternehmen gemeinsam in der Lage sind, den Anforderungen des Auftrags gerecht zu werden. Das ist objektiv nicht missverständlich.

Der von der Antragstellerin herangezogene "Erst-Recht-Schluss" ist nicht überzeugend. Selbst wenn jedes einzelne Mitglied der Bietergemeinschaft für sich die Eignung belegen könnte, wäre nach den verbindlichen, weil ungerügten Inhalten der Vergabeunterlagen nicht davon auszugehen, dass dann auch die Bietergemeinschaft insgesamt geeignet wäre.

Der Auftraggeber wollte nicht nur den Nachweis, dass die Mitglieder der Bietergemeinschaft geeignet sind, sondern er hat den Nachweis der Eignung so definiert, dass die Eignung sich auch auf die Zusammenarbeit erstrecke. Die Mitglieder der Bietergemeinschaft müssten nach seinen Vorstellungen auch miteinander arbeiten können.

Die Rügepflicht ist ein Ausdruck von Treu und Glauben. Der Bieter soll mit der Rügepräklusion daran gehindert werden, Rügen auf Vorrat zu sammeln und sie erst dann vorzubringen, wenn er erkannt hat, dass sein Angebot nicht für den Zuschlag vorgesehen ist. An dem vorliegenden Fall wird deutlich, dass die Rügepflicht auch der Transparenz gemäß § 97 Abs. 2 GWB dient. Wenn einer von mehreren Anbietern für sich reklamiert, die Vergabeunterlagen ganz anders verstanden zu haben, als dies für alle anderen Anbieter galt, sind die Angebote nicht mehr miteinander vergleichbar. Es ist daher erforderlich, dass ein Anbieter die von ihm erkennbaren Fehler oder Unklarheiten in den Vergabeunterlagen vor Angebotsabgabe rügt, damit die Vergabestelle etwaige Unklarheiten für alle Anbieter transparent richtig stellen kann. Nur so kann die Vergabestelle gewährleisten, dass die eingehenden Angebote unmittelbar miteinander vergleichbar sind.

Unter verständiger Würdigung der mehrfach vom Antragsgegner hervorgehobenen Art und Weise der strengen Referenzabforderung für (Nachunternehmer und) Bietergemeinschaften musste sich für einen auch nur hinreichend mit Vergabeverfahren erfahrenen Anbieter aufdrängen, dass der Antragsgegner hier in besonderem Maße verschärfte Anforderungen an die Eignung von Bietergemeinschaften stellen wollte. Die Vergabekammer geht daher von einer Präklusion der Rüge zu den Referenzanforderungen gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 2, Nr. 3 GWB aus.

Der in der Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung, eine Verletzung der Rügeobliegenheit käme nicht in Betracht, soweit ein Vergabeverstoß fehle (OLG Celle, Beschluss vom 25.02.2016, 13 Verg 6/15; Summa in Heiermann/Zeiss, jurisPK Vergaberecht, 4. Aufl., § 107 GWB, Rn. 198) tritt die Vergabekammer nicht bei. Zwar ist der Grundsatz richtig, dass es ohne Vergaberechtsverstoß keine Rügeobliegenheit gibt. Allerdings wird es bis zu einer nicht mehr angreifbaren oberlandesgerichtlichen Entscheidung darüber unterschiedliche Auffassungen geben. Es wäre daher für die Arbeit der Vergabekammer verfehlt, wenn die Vergabekammer zunächst umfassend die Begründetheit des Nachprüfungsantrags erörtert, um danach festzustellen, dass schon dessen Zulässigkeitsvoraussetzungen fehlen. Die Vergabekammer muss schon wegen der Auswirkungen auf das Erfordernis einer mündlichen Verhandlung gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 GWB sorgfältig und systematisch die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags prüfen, darf sich erst dann zu dessen Begründetheit äußern. Ein unzulässiger Nachprüfungsantrag wird nicht dadurch zulässig, dass es ihm zusätzlich an der Begründetheit fehlt.

Damit sieht die Vergabekammer keine Möglichkeit, aber auch keine Veranlassung sich inhaltlich damit zu befassen, ob die vom Antragsgegner vorgegebene weitgehende Beschränkung der erfolgreichen Beteiligung einer Bietergemeinschaft sachlich gerechtfertigt war. Die Antragstellerin hat im Grunde zutreffend darauf verwiesen, dass sie gemäß § 6 EG Abs. 1 VOL/A auch nicht durch verschärfte Anforderungen an Bietergemeinschaften dazu gedrängt werden darf, sich in der Form einer natürlichen oder juristischen Person um den Auftrag zu bewerben. Ebenso ist es richtig, dass Bietergemeinschaften gemäß § 6 EG Abs. 2 Satz 1 VOL/A nicht schlechter behandelt werden dürfen als Einzelbieter. Da sich Bietergemeinschaften regelmäßig auftragsbezogen bilden, also für jede Vergabe neu gruppieren, beschränkt eine Forderung, dass die vorzulegenden Referenzen gemeinsam erbracht werden müssen, deren Teilnahme am Wettbewerb erheblich.

Bietergemeinschaften sind trotz ihrer grundsätzlich wettbewerbsbeschränkenden Wirkung nicht per se wettbewerbswidrig (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.12.2014, Verg 22/14). Der Auftraggeber darf sie nicht allgemein von der Vergabe ausschließen. Die Antragstellerin hat zu Recht vorgetragen, das der Antragsgegner Bietergemeinschaften aus Unternehmen, die als einzelnes Unternehmen ohne weiteres die Eignungsanforderungen erfüllen, ausschließt, wenn diese nicht in genau der Zusammensetzung ihr Angebot abgeben, in der sie sich bereits zuvor erfolgreich um einen Auftrag beworben haben.

Ein anerkannter sachlicher Grund für die Bildung einer Bietergemeinschaft ist zum Beispiel die oben dargestellte Eignungsleihe. Ein Anbieter, der das Auftragsvolumen abdecken könnte, dem aber bestimmte besondere Fähigkeiten wie ein Spezialgerät oder ein Qualitätsmanagement fehlt, kann sich diese Fähigkeit entweder durch den Einsatz eines Nachunternehmers verschaffen, der über dieses Spezialgerät verfügt, oder aber, soweit die fehlenden Fähigkeiten wie im Beispiel des Qualitätsmanagements eignungsrelevant sind, durch Bildung einer Bietergemeinschaft erlangen. Gleiches gilt für Anbieter, deren Kapazitäten nicht ausreichen, um den Auftrag erfolgreich zu bewältigen (OLG Schleswig, Beschluss vom 15.04.2014, 1Verg 4/13, OLG Düsseldorf Beschluss vom 29.07.2015, VII Verg 5/15).

Der EuGH hat mit Urteil vom 14.01.2016 (C -234/14) erneut darauf hingewiesen, dass jedem Wirtschaftsteilnehmer das Recht zuzuerkennen sei, sich für einen bestimmten Auftrag auf die Kapazitäten anderer Unternehmen zu stützen, sofern gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber nachgewiesen wird, dass dem Bieter die Mittel dieser Unternehmen zur Verfügung stehen. Besondere Anforderungen wie der Abschluss eines Kooperationsvertrages oder die Gründung einer Personengesellschaft würden Art. 47 Abs. 2 und Art. 48 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18/EG zuwiderlaufen. Dies spricht dafür, dass sich der Antragsgegner mit der über die Form des Referenznachweises indirekt geschaffenen Verpflichtung, die Bietergemeinschaft nicht nur für einen einzelnen Auftrag zu bilden, sondern für eine Serie von Aufträgen, in einem Rahmen bewegt, der zumindest ohne ergänzende Dokumentation der Gründe vergaberechtlich bedenklich erscheinen könnte.

Etwas anderes würde sich erst dann ergeben, wenn der Antragsgegner in der Vergabedokumentation konkret besondere Gründe dargelegt hätte, die es erfordern, dass die Referenzen konkret in der von der sich auch um diesen Auftrag bewerbenden Bietergemeinschaft erbracht worden sein müssen. Solche Gründe können darin liegen, dass er mit bestimmten Anbieterkonstruktionen hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Zustellleistung und der Kürze der zu gewährleisten Postläufe schlechte Erfahrungen gesammelt hat. Wenn er strukturelle an bestimmte Anbieterstrukturen gebundene Defizite festgestellt, und darauf mit der Gestaltung der Vergabeunterlagen reagiert, die sich hier nicht nur gegen die Gründung von Bietergemeinschaften richtet, sondern gleichermaßen gegen den Einsatz von Nachunternehmern, kann diese durchaus erhebliche Beschränkung des Wettbewerbs ausnahmsweise einmal sachlich gerechtfertigt sein. Das OLG Düsseldorf hat in seiner Rechtsprechung bereits darauf hingewiesen, dass die Referenz einer Bietergemeinschaft nur insoweit die Eignung eines sich jetzt allein um den Auftrag bewerbenden Mitglieds dieser Bietergemeinschaft belegt, als es um Leistungen geht, die dieses Mitglied im Rahmen der Arbeitsaufteilung der Bietergemeinschaft seinerzeit konkret selbst erbracht hat (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.07.2007, Verg 25/07 zit. nach ibr-online: ebenso VK Bund, Beschluss vom 15.05.2015, VK 1 - 32/15).

Solche Darstellungen sind dem überaus genauen und klaren Vergabevermerk nicht zu entnehmen. Vielmehr finden sich in der Vergabeakte auch Hinweise auf die nicht einfache Wettbewerbssituation der gesetzlichen Vertreterin der Antragstellerin (Blatt 351 der Vergabeakte). Diese Hinweise erläutern, dass sie möglicherweise die nicht optimalen Referenzen nicht zu vertreten hat.

Die Antragstellerin hat die Behauptung aufgestellt, dass jedes einzelne Mitglied der Bietergemeinschaft ohne Bildung der Bietergemeinschaft den Zuschlag für die beiden Lose hätte erhalten müssen. Diese Auffassung teilt die Vergabekammer nicht. Zwar hätte die Teilnehmerin an der Bietergemeinschaft, die nicht als gesetzliche Vertreterin der Bietergemeinschaft auftritt, nach vorläufiger Auswertung der Vergabeunterlagen gute Chancen gehabt, für das kleinere Los 2 den Zuschlag zu erhalten. Jedoch wäre kein Mitglied der Bietergemeinschaft in der Lage gewesen, alleine die Eignungsanforderung für das Los 1 zu erfüllen. Der gesetzlichen Vertreterin hätte es am Qualitätsmanagement gefehlt, dem anderen Mitglied der Bietergemeinschaft hätten die geforderten Volumina in den vorzulegenden Referenzaufträgen gefehlt.

Ob die Gesellschaft, die nicht als gesetzliche Vertreterin der Bietergemeinschaft aufgetreten ist, bei Einführung anspruchsvoller innerbetrieblicher Vorkehrungen "Chinese Walls" frei gestanden hätte, neben dem Angebot der Bietergemeinschaft ein weiteres Angebot als Einzelbewerber auf das Los 2 abzugeben (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.09.2011 - VII-Verg 63/11, Verg 63/11, Rdnr 19, ; VK Münster, Beschluss vom 22.04.2015 - VK 1 - 12/15 - Rdnr. 76, ; VK Niedersachsen, Beschlüsse vom 30.09.2015, VgK-30/2015, und vom 07.10.2015, VgK-31/2015), hat die Vergabekammer nicht zu entscheiden.

Da die Antragstellerin sich wegen der Rügepräklusion nicht darauf berufen kann, dass die von ihr erbrachten Referenzen für die einzelnen Teilnehmer der Bietergemeinschaft in der Wertung zu berücksichtigen seien, hat sie die vom Antragsgegner wirksam geforderten Eignungsnachweise nicht vorgelegt, sodass ihr Angebot gemäß § 19 EG Absatz 3a VOL/A wegen nicht vorgelegter geforderter und am 07.12.2015 auch nachgeforderter Erklärungen auszuschließen ist. Die Einzelreferenzen einzelner Mitglieder der Bietergemeinschaft zu Kunden (Blatt 790 - 796 der Vergabeakte) sind nicht zu berücksichtigen.

Die Behauptung der Antragstellerin, die vorgelegten Referenzen erfüllten durchaus die Anforderung, 80 % des Sendevolumens abzudecken, betrifft nur dann die Wertung, wenn man darüber hinweggeht, dass für die Referenzen zum Sendevolumen die einschränkende Voraussetzung klar benannt wurde, dass nicht ein Mitglied der Bietergemeinschaft, sondern die Bietergemeinschaft "mit allen Mitgliedern der anbietenden Bietergemeinschaft" (EU-Bekanntmachung Abschnitt III.2.3) dieses Sendevolumen bewältigt haben musste. Die Präklusion gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB greift daher auch hier durch. Der Antragstellerin ist darin zuzustimmen, dass die gemeinsamen Referenzen nicht für beide Lose gemeinsam hätten erbracht werden müssen. Jedes Los ist getrennt zu werten. Dies hat der Antragsgegner jedoch auch nicht in Abrede gestellt.

Der Nachprüfungsantrag ist somit als unzulässig zurückzuweisen. Die rechtliche Möglichkeit für eine Maßnahme gemäß § 114 GWB besteht nicht.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 26.06.2013 geltenden Fassung.

Die in Ziffer 2 des Tenors festgesetzte Gebühr ergibt sich aus einer Interpolation des Auftragswertes innerhalb des Gebührenrahmens nach § 128 Abs. 2 GWB. Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.

Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem Angebot der Antragstellerin für beide Lose für ein Jahr xxxxxx € brutto (Blatt 700, 701 Vergabeakte). Da der Auftrag für zwei Jahre vergeben werden sollte, ist dieser Betrag auf xxxxxx € zu verdoppeln. Die Verlängerungsoption des Antragsgegners um ein Jahr gemäß II.2.2 der Bekanntmachung ist mit 50 % des Jahresbetrags, also xxxxxx € zu bewerten (BGH, Beschluss vom 18.03.2014, X ZB 12/13). Dies ergibt eine Auftragssumme von xxxxxx €. Dieser Betrag entspricht dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag.

Bei einer Ausschreibungssumme von brutto xxxxxx € ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmungen in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.

Die in Ziffer 3 des Tenors verfügte Kostenlast folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Für die Ermittlung des Unterliegens ist nicht auf einen etwaigen Antrag abzustellen. Gemäß § 114 GWB ist die Vergabekammer an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Da die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren unterlegen ist, hat sie die Kosten zu tragen.

Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat die Antragstellerin der Auftraggeberin als Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen gemäß § 128 Abs. 4 GWB zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts ist hier nicht erforderlich.

Hier gilt zur Kostenlast zunächst das unter 3. Ausgeführte. Die anwaltliche Vertretung der Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren gehört nicht grundsätzlich zu den notwendigen Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Grundsätzlich ist der Auftraggeber gehalten, im Rahmen seiner Möglichkeiten vorhandenes juristisch geschultes Personal auch im Nachprüfungsverfahren einzusetzen. Auftragsbezogene Rechtsfragen aus dem Bereich der VOL/A oder VOB/A wird regelmäßig das mit der Vergabe betraute Personal sachkundig beantworten können, so dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes regelmäßig nicht notwendig sein wird, wenn der öffentliche Auftraggeber in einer ex ante zu Beginn eines Nachprüfungsverfahrens (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.07.2013 - 11 Verg 7/13) zu erstellenden Prognose zu dem Ergebnis gelangt, dass auftragsbezogene Fragen Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sein werden (vgl. insbesondere OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.08.2015 VII Verg 1/15; Beschluss vom 23.12.2013, VII Verg 37/13; Beschluss vom 28.01.2011, Verg 60/10; aber auch OLG Celle, Beschluss vom 09.02.2011, 13 Verg 17/10; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.06.2010, 15 Verg 4/10; OLG München, Beschluss vom 11.06.2008, Verg 6/08, und vom 28.02.2011, Verg 23/10; OLG Dresden, Beschluss vom 14.11.2012 - Verg 8/11). Andererseits ist das Vergaberecht eine komplexe Rechtsmaterie mit Vorschriften aus sowohl nationalem Recht als auch dem Europarecht, die nicht immer im Gleichklang stehen. Soweit der Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens daher hauptsächlich rechtliche Probleme des GWB umfasst, ist im Einzelfall die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners durchaus angemessen.

Hier verfügt schon die führende Gebietskörperschaft des Antragsgegners über ein eigenes Rechtsamt mit fünf Juristen, ist daher personell sehr gut aufgestellt, um vergaberechtliche Fragen selbst bearbeiten zu können. Hinzu kommen die juristischen Mitarbeiter der 2. Gebietskörperschaft, deren Zahl in der mündlichen Verhandlung nicht eindeutig benannt werden konnte. Auch wenn der Antragsgegner eine große Gebietskörperschaft mit vielen Einwohnern ist und daher indiziell einen großen Bedarf an interner Rechtsberatung hat, kann die innerbetriebliche Organisationsentscheidung, das Vergaberecht nicht mit eigenen Juristen zu besetzen nicht dazu führen, dass die Kosten der aus internen Gründen extern wahrgenommenen Rechtsberatung der Antragstellerin aufgebürdet werden.

Rechtlich handelt es sich bei der Entscheidung der Vergabekammer zwar um Fragen aus dem GWB, jedoch geht es nicht um inhaltliche Rechtsfragen des Wettbewerbsrechtes, sondern um die nach den Zielen des Gesetzgebers eher einfach zu beantwortenden Präklusionsvorschriften. Auch wenn der Antragsgegner nicht davon ausgehen konnte, dass sich die rechtliche Diskussion darauf beschränken würde, sind die weiteren Rechtsfragen aus dem Gebiet der EG-VOL/A eher von durchschnittlicher Schwierigkeit. Die anwaltliche Vertretung der Antragsgegnerin war daher in diesem Fall nicht geboten.

Etwaige Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. Nach § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB sind Aufwendungen des Beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn die Vergabekammer sie aus Billigkeitsgründen der unterlegenen Partei auferlegt. Dabei setzt die Erstattungsfähigkeit voraus, dass der Beigeladene sich mit demselben Rechtsschutzziel wie der obsiegende Verfahrensbeteiligte aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat (OLG Brandenburg, Beschluss vom 9. Februar 2010 - Verg W 10/09, zitiert nach Tz. 46; OLG Celle Beschluss vom 29.06.2010, 13 Verg 4710 zit. nach ibr-online). Hier hat die Beigeladene sich nicht geäußert, war im Termin nur beobachtend anwesend und hat folgerichtig darauf verzichtet, eigene Anträge zu stellen. Es gibt daher keinen Grund, sie in die Kostenentscheidung mit einzubeziehen.

Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx € unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

xxxxxx

IV. Rechtsbehelf

...

Gaus
Peter
Abraham