Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 06.07.2016, Az.: VgK-18/2016
Ausschreibung der Vergabe von Planungsleistungen und Bauüberwachungsleistungen für eine Deponie; Bewertung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Bieters; Nachweis der fachlichen Eignung des Bewerbers
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 06.07.2016
- Aktenzeichen
- VgK-18/2016
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2016, 25147
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 97 Abs. 7 GWB
- § 5 Abs. 5 lit. b VOF
- § 10 Abs. 1 VOF
- § 10 Abs. 2 VOF
- § 11 Abs. 4 VOF
- § 6 EG Abs. 3 Nr. 6 VOB/A a.F.
- § 16 EG Abs. 2 VOB/A a.F.
- § 10 EG Abs. 1 VOL/A
- § 19 EG Abs. 5 VOL/A
In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragstellerin -
gegen
xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragsgegnerin -
wegen
Planungs- und Bauüberwachungsleistungen für die Deponie xxxxxx,
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden MR Gause, die hauptamtliche Beisitzerin BOR'in Schulte und den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Biol. Sameluck auf die mündliche Verhandlung vom 28.06.2016 beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
- 3.
Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.
- 4.
Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten war für die Antragsgegnerin notwendig.
Begründung
I.
Mit europaweiter Bekanntmachung vom xxxxxx.2016, veröffentlicht am xxxxxx.2016, gab die Antragsgegnerin bekannt, dass sie beabsichtigt, Planungs- und Bauüberwachungsleistungen für eine ihrer Deponien zu vergeben. Eine Aufteilung in Lose ist nicht vorgesehen. Ebenso waren Varianten/Nebenangebote nicht zugelassen. Dem Verhandlungsverfahren war ein Teilnahmewettbewerb vorgeschaltet. Die Bieter wurden darauf hingewiesen, dass Bewerber bereits ausgewählt wurden. Zum Verhandlungsverfahren sollten mindestens 3 und höchstens 5 aufgefordert werden. Ferner wurden Teilnahmebedingungen zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit sowie zur technischen Leistungsfähigkeit gestellt. Auch die geplante Bewertung der Eignung wurde veröffentlicht. Bezüglich der Zuschlagskriterien wurden die Bieter darauf hingewiesen, dass der Zuschlag auf das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf die Kriterien, die in den Unterlagen zum Verhandlungsverfahren aufgeführt sind, erteilt werden soll.
Das von der Auftraggeberin und Antragsgegnerin beauftragte Ingenieurbüro hielt in einem Vermerk vom 11.02.2016 fest, warum gemeinsam mit der Antragsgegnerin ein Büro vorausgewählt wurde. Es wurde festgehalten, dass dieses Büro sowohl die Rekultivierung der Deponie xxxxxxn begleitet habe als auch die bisherigen Planungsphasen der beiden Vorhaben Basisabdichtung xxxxxx und Oberflächenabdichtung xxxxxx zur vollständigen Zufriedenheit der Antragsgegnerin erarbeitet hat. Die Antragsgegnerin möchte, dass sich dieses Büro im VOF-Verfahren bewirbt, hat aber die Sorge, dass das vergleichsweise kleine Büro in einem Teilnahmeverfahren als Bewerber gegen die großen Büros keine Chancen haben wird. Potentiellen Bietern wurde in der Bekanntmachung mitgeteilt, dass dieses Büro gesetzt ist. Das vorausgewählte Büro sollte das Bewerbungsformular ausfüllen und die Bewerbung daraufhin überprüft werden, ob es die Mindestanforderungen erfüllt.
Dem Vermerk des beauftragten Ingenieurbüros über die Auswertung der Teilnahmeanträge vom 01.04.2016 ist zu entnehmen, dass fünf Büros sich um die Teilnahme am Verhandlungsverfahren beworben hatten. Die einzelnen Bieter wurden in Kurzdarstellungen dargestellt. Die Zuverlässigkeit wurde bei allen Bewerbern als gegeben angesehen.
Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wurden folgende Parameter berücksichtigt:
Der Mittelwert des Gesamtumsatzes der Jahre 2013 - 2015 (WL 1)
Der Mittelwert des Umsatzes ähnlicher Leistungen der Jahre 2013 - 2015 (WL 2)
Die Inanspruchnahme der Haftpflichtversicherung in den Jahren 2013 - 2015 (WL 3)
Den Bonitätsindex Creditsafe (WL 4)
Das beauftragte Ingenieurbüro hatte dazu im Vergabevermerk eine Tabelle eingefügt, nach der die qualitative Bewertung nach folgenden Maßstäben vorgenommen wurde:
WL 1 | Bewerbergemeinschaft: Summe | bis 10,0 Mio. € 0, darüber + |
---|---|---|
WL 2 | Bewerbergemeinschaft: Summe | bis 1,0 Mio. € 0, darüber + |
WL 3 | Bewerbergemeinschaft: Summe | kein Fall: + |
ein Fall: 0 | ||
zahlreiche Schadensfälle: - | ||
WL 4 | Bewerbergemeinschaft: schlechteres Ergebnis | Entsprechend der Abstufung von Creditsafe: |
1,0 - 1,9: + | ||
2,0 - 2,4: 0 | ||
2,5 - 3,4: - | ||
3,5 - 3,9: (angespannte Bonität, hohes Ausfallrisiko): --- |
Bei der Bewertung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Antragstellerin wurde u.a. festgehalten, dass sie in den Jahren 2011 bis 2015 ihre Haftpflichtversicherung viel öfter als die anderen Bieter in Anspruch genommen hat. In diesem Punkt wurde ihr Teilnahmeantrag im Verhältnis zu den anderen Bewerbern abgewertet.
Bei der Vergabe der Bewertungspunkte wurde u.a. festgehalten, dass die Antragstellerin sich durch hohe Gesamtumsätze und einen guten Bonitätsindex auszeichnet, aber eine hohe Anzahl von Schadensfälle aufweist.
Bei der Bewertung der technischen Leistungsfähigkeit, Fachkunde wurde festgehalten, dass die Antragstellerin zwar beim Projektteam und der technischen Ausrüstung sowie der örtlichen Überwachung OFA und SiGeKo Deponiebau (Tätigkeit des Sicherheits- und Gesundheitskoordinators nach BaustellenV bei einem Deponiebauvorhaben) positiv beurteilt wurde, jedoch bei den anderen Punkten über eine durchschnittliche Bewertung nicht hinaus kam. Letztendlich wurde der Teilnahmeantrag der Antragstellerin sowohl bei der wirtschaftlichen als auch bei der Technischen Leistungsfähigkeit und Sachkunde jeweils mit 5 Punkten bewertet. Gewichtet wurde die wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mit 25 % und die technische Leistungsfähigkeit, Fachkunde mit 75 %. Hieraus ergab sich eine gewichtete Bewertung von 1,25 und 3,75 = 5,00 Bewertungspunkte für die Antragstellerin.
Als Ergebnis und Vergabevorschlag hielt das beauftragte Ingenieurbüro fest, dass zwei Teilnehmer insgesamt jeweils 8 Punkte erzielten, ein Teilnehmer 7, die Antragstellerin 5 und ein weiterer Teilnehmer 2 Punkte. Es wurde vorgeschlagen, die drei erstplatzierten Teilnehmer zur Teilnahme am Verhandlungsverfahren aufzufordern. Diesem Vorschlag schloss sich die Antragsgegnerin am 13.04.2016 an.
Zusätzlich hatte der bereits ausgewählte Bewerber am 15.03.2016 einen Teilnahmeantrag abgegeben. Der Vergabeakte ist zu entnehmen, dass am 01.04.2016 festgestellt wurde, dass der bereits ausgewählte Teilnehmer die geforderten Mindestanforderungen erfüllt.
Mit Schreiben vom 26.04.2016 informierte die Auftraggeberin die Antragstellerin, dass sie nicht zu Verhandlungen eingeladen werde, da ihr Teilnahmeantrag deutlich schlechter bewertet worden sei. Auf telefonische Nachfrage begründete sie die Bewertung des Teilnahmeantrags der Antragstellerin.
Mit Rügeschreiben vom 02.05.2016, eingegangen bei der Antragsgegnerin am selben Tage, beanstandet die Antragstellerin die Bewertung ihres Teilnahmeantrags. Sie führt aus, dass ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu Unrecht um die Hälfte abgewertet wurde. Zwar habe der eine Partner ihrer Bewerbergemeinschaft in dem Zeitraum von 2011 bis 2015 insgesamt xxxxxx Schadensfälle angegeben, die jedoch nur eine bestätigte Schadenssumme von xxxxxx € ergeben hätten. Es sei nicht nachvollziehbar, wie eine so geringe Schadenshöhe ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bei einem Jahresumsatz in 2015 von über xxxxxx € beeinflussen soll. Auch die Anzahl der jährlichen Schadensfälle sei bei einem Unternehmen ihrer Größenordnung mit jährlich über xxxxxx laufenden Projekten sicherlich zu vernachlässigen. Eine nicht gewichtete Bewertung der Schadensfälle führe zu einer Schlechterstellung großer und umsatzstarker Unternehmen.
Auch die Abwertung ihrer technischen Leistungsfähigkeit und Fachkunde, ebenfalls um die Hälfte, sei zu Unrecht erfolgt. Die von ihr vorgelegten Referenzen datierten, wie in den Bewerbungsunterlagen gefordert, aus den letzten 10 Jahren. Die meisten Referenzen seien aktive Projekte der letzten 3 Jahre. Sie müsse davon ausgehen, dass die Antragsgegnerin eine weitere Gewichtung vorgenommen habe, deren Bewertungskriterien nicht bekannt gemacht worden sind.
Nachdem die Antragsgegnerin die Rügen mit Schreiben vom 04.05.2016 zurückgewiesen hat, beantragte die Antragstellerin mit Schreiben vom 19.05.2016, eingegangen in der Vergabekammer per Telefax am selben Tage, die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.
Sie ergänzt und vertieft ihren Vortrag in Bezug auf die bereits in dem Rügeschreiben gegenüber der Antragsgegnerin beanstandete Wertung ihres Teilnahmeantrags.
Hinsichtlich Ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit führt sie unter Bezugnahme auf die Bewerbungsunterlagen - 3.3. Angaben zur Schadensfreiheit (Haftpflicht) - aus, dass die Antragsgegnerin eine kurze Beschreibung des Sachverhalts als Anlage gefordert habe, sofern die Angabe >0 ist. Wie diese Angaben gewertet werden sollen, sei den Bewerbungsunterlagen nicht zu entnehmen.
Sie bezweifelt, dass sie relativ nach Anzahl und Volumen betrachtet mehr Schadensfälle habe als die Mitbewerber. Aus ihrer Sicht würden durch die Vorgehensweise der Antragsgegnerin große und umsatzstarke Bewerber benachteiligt werden.
Auch die Abwertung ihrer technischen Leistungsfähigkeit sei zu Unrecht erfolgt, da die Antragsgegnerin weder in der Bekanntmachung noch in den Bewerbungsunterlagen die Berücksichtigung der Bewertung der Deponieklasse bekannt gemacht worden sei; gleiches gelte auch für die bessere Bewertung der Umlagerungsvorhaben über 100.000 m3 und die bessere Bewertung, wenn bei der Planung die Leistungsphasen 5 - 9 durchgeführt wurden.
Schließlich habe sich die Antragsgegnerin nicht an den bekannt gemachten Wertungsmaßstab mit bis zu 10 Bewertungspunkten gehalten, da sie beispielsweise beim Kriterium WL 4 (Bonitätsindex nach Creditsafe) Ergebnisse zwischen 1,0 und 1,9 - also die besten erreichbaren Ergebnisse - als "gut" anstatt als "sehr gut" bewertet hat. Vor diesem Hintergrund erscheint es ihr fraglich, warum sie für WL 1 und WL 2 (Umsatz) nur ein "gut" erzielen konnte. Aus ihrer Sicht sei unklar, zu welcher Punktzahl, die von der Antragsgegnerin angeführten "Abwertungen" geführt haben.
Nach Durchführung der eingeschränkten Akteneinsicht führt die Antragstellerin zusätzlich aus, dass die Antragsgegnerin sich nicht an den bekannt gemachten Wertungsmaßstab gehalten habe. Außerdem habe sie nur zum Teil die Wertungskriterien bekannt gemacht.
Hinzu komme, dass die Antragsgegnerin ausweislich des Vergabevermerks ein anderes Bewertungsschema sowohl bei der Beurteilung der Fachkunde und technischen Leistungsfähigkeit als auch bei der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit andere Wertungskriterien angewandt habe als bekannt gemacht. Außerdem habe die Antragsgegnerin die Bonitätsprüfung auf Angaben der Creditsafe gestützt, deren Daten 7 Jahre alt und älter sind.
Aus dem Vergabevermerk ergäbe sich außerdem, dass die Antragsgegnerin bei der Beurteilung der Referenzen willkürlich vorgegangen sei, in dem sie keinen einheitlichen Maßstab bei dem Begriff "aktuelle Referenzen" angelegt habe. Es dränge sich der Verdacht auf, dass durch die willkürliche Bestimmung der positiv zu bewertenden Referenzen bestimmte Bewerber bevorzugt werden sollen. Die Antragsgegnerin habe im Bewerbungsformular ausdrücklich klargestellt, dass alle Referenzen aus diesem Zeitraum gewertet werden.
Schließlich falle auf, dass die Vergabeempfehlung auf Seite 16 des Vergabevermerks und deren abgezeichnete Fassung auf Seite 18 nicht identisch sind. Die von der Antragsgegnerin abgezeichnete Fassung enthalte ein anderes Wertungsergebnis.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
die Ausschreibung aufzuheben;
- 2.
hilfsweise, die Entscheidung der Antragsgegnerin zur Teilnehmerauswahl aufzuheben und das Vergabeverfahren in den Stand vor der Abgabe der Teilnahmeanträge zurück zu versetzen;
- 3.
der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin aufzuerlegen sowie
- 4.
festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für die Antragstellerin notwendig war.
Die Antragsgegnerin beantragt,
- 1.
den Nachprüfungsantrag mit allen Einzelanträgen abzulehnen;
- 2.
der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;
- 3.
die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch die Antragsgegnerin für notwendig zu erklären;
Die Antragsgegnerin tritt den Behauptungen und der Rechtsauffassung der Antragstellerin entgegen. Sie hält Vortrag der Antragstellerin für präkludiert, soweit sie jetzt die Aufhebung des Vergabeverfahrens fordert, da die Eignungsmaßstäbe nicht hinreichend transparent bekannt gemacht worden seien. Die Eignungsmaßstäbe hätte die Antragstellerin aus der EU-Bekanntmachung bzw. den Bewerbungsunterlagen entnehmen können.
Soweit der Nachprüfungsantrag nicht bereits wegen der verspäteten Rügen unzulässig ist, hält sie ihn aber für unbegründet.
Zunächst weist sei darauf hin, dass ihr bei der Auswertung der Teilnahmeanträge ein weiter Beurteilungsspielraum zustehe. Dieser Spielraum sei im Nachprüfungsverfahren nur auf Beurteilungsfehler zu überprüfen. Im konkreten Fall seien Beurteilungsfehler weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich.
Soweit die Antragstellerin bei der Beurteilung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit die Wertung der Schadensfälle beanstandet, weist die Auftraggeberin darauf hin, dass alle anderen Bewerber nicht nur in absoluten Zahlen, sondern auch im Verhältnis zum Umsatz eine deutlich niedrigere Quote von Schadensfällen aufweisen. Sie habe der Antragstellerin nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abgesprochen; diese hätte lediglich bei einer vergleichenden Bewertung schlechter als die anderen Bewerber abgeschnitten. Soweit die Antragstellerin erstmals im Nachprüfungsverfahren vorgetragen habe, dass die genannten Schadensfälle nicht nur Deponieprojekte, sondern auch andere Projekte betreffen, können diese Ausführungen nach Auffassung der Antragsgegnerin deshalb nicht berücksichtigt werden, da die Antragstellerin nicht wie im Bewerbungsformular ausdrücklich gefordert, "eine kurze Beschreibung des Sachverhalts" beigefügt hat.
Auch bei der Beurteilung der technischen Leistungsfähigkeit sei ihr kein Fehler bei der Wertung der Referenzen unterlaufen. Soweit die Antragstellerin rügt, dass sie nicht bekannt gegeben habe, welche Aspekte bei der Bewertung der Referenzen herangezogen werden und welche Maßstäbe sie konkret anwenden will, vertritt die Antragsgegnerin die Auffassung, dass sich diese Forderung nicht aus dem § 10 Abs. 2 VOF ableiten lasse. Die Gesichtspunkte, auf die sie zur Wertung der Referenzen abgestellt habe, seien bereits in dem Bewerbungsformular abgefragt worden. Dies betreffe die Flächengröße der Oberflächenabdichtung, die umgelagerte Menge bei der Abfallumlagerung und die Leistungsphasen der Planung für die Basisabdichtung. Insoweit hätte für die Antragstellerin klar sein müssen, dass die abgefragten Angaben auch eine Relevanz für die Wertung haben würden. Soweit die Antragstellerin beanstande, dass bei der Bewertung der Referenzen auch die Deponieklasse eine Rolle gespielt habe, vertritt die Auftraggeberin die Auffassung, dass die streitgegenständliche Leistung für eine Deponie der Deponieklasse II beschafft werden und eine Oberflächenabdichtung vorgesehen ist. Insoweit sei klar gewesen, dass dies für die Bewertung der Referenzen eine Rolle spielt.
Sie habe ferner bestimmte Wertgrenzen als Hilfsgrößen im Rahmen einer Gesamtbewertung bei der Auswertung der jeweiligen Referenzen herangezogen, nicht jedoch als Unterkriterien. Zudem seien diese Wertgrenzen auch nicht im vornherein festgelegt worden, sondern hätten sich erst aus der vergleichenden Auswertung der von allen Bewerbern vorgelegten Referenzen ergeben. Eine vorherige Bekanntmachung wäre daher schon gar nicht möglich gewesen.
Soweit die Antragstellerin moniere, dass sie nach der Vergabeempfehlung auf Seite 16 des Vergabevermerks und deren abgezeichnete Fassung auf Seite 18 im Ergebnis unterschiedlich gewichtete Bewertungspunkte erzielt habe, erklärt die Antragsgegnerin dies mit einem Additionsfehler auf der abgezeichneten Fassung auf Seite 18 ihres Vergabevermerks.
Die Vergabekammer hat mit Verfügung des Vorsitzenden vom 14.06.2016 gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 GWB) hinaus bis zum 11.07.2016 verlängert.
Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 28.06.2016 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, soweit die Antragstellerin Aspekte der konkreten Durchführung des Teilnahmewettbewerbs und der Bewertung ihres Teilnahmeantrags beanstandet hat. Nicht gerügt wurden die bekannt gemachten Maßstäbe und Parameter, anhand dessen der Teilnahmewettbewerb durchgeführt werden sollte. Auch die Tatsache, dass die Antragsgegnerin für das Verhandlungsverfahren bereits einen namentlich genannten Bewerber gesetzt hat, hatte die Antragsgegnerin bereits in der Bekanntmachung bekanntgegeben und wurde nicht gerügt. Soweit der Nachprüfungsantrag zulässig ist, ist er jedoch unbegründet. Die Antragsgegnerin hat in vergaberechtlich nicht zu beanstandender Weise den Teilnahmewettbewerb in einer den Anforderungen des § 10 VOF genügenden Weise ausschließlich unter Zugrundlegung der bekannt gemachten Eignungskriterien und der ebenfalls bekannt gemachten erforderlichen Erklärungen und Nachweise durchgeführt und Prüfung und Ergebnis in einer den Anforderungen des § 12 VOF genügenden Weise in der Vergabeakte dokumentiert.
1. Anzuwenden sind vorliegend das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und die VOF in der bis zum 17. April 2016 einschließlich geltenden Fassung (im Folgenden: GWB a. F. und VOF). Denn gemäß § 186 Abs. 2 GWB in der Fassung des Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts (Vergaberechtsmodernisierungsgesetz - VergRModG) vom 17. Februar 2016 (BGBl. I, S. 203), in Kraft getreten gemäß dessen Art. 3 am 18. April 2016, werden Vergabeverfahren, die vor dem 18. April 2016 begonnen haben, nach dem Recht zu Ende geführt, dass zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens gilt. Vorliegend hat die Antragsgegnerin das streitgegenständliche Vergabeverfahren mit europaweiter Bekanntmachung vom xxxxxx.2016 eingeleitet.
2. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um eine xxxxxxgesellschaft mbH in kommunaler Trägerschaft und damit um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB a. F. Der Wert des streitgegenständlichen Auftrags übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB a. F. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB a. F. festgelegt sind. Bei den streitgegenständlichen Leistungen handelt es sich um Planungs- und Bauüberwachungsleistungen für die Deponie xxxxxx und damit um freiberufliche Dienstleistungen im Sinne des § 1 VOF und einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag im Sinne des § 99 Abs. 1 und 4 GWB a. F. § 2 Abs. 1 Satz 1 der VgV a. F. enthält eine dynamische Verweisung auf die europarechtlich festgelegten Schwellenwerte, hier in der zum Zeitpunkt der EU-weiten Bekanntmachung vom xxxxxx.2016 geltenden Fassung die Verordnung (EU) Nr. 2015/2170 der Kommission vom 24. November 2015. Hinsichtlich des Schwellenwertes ist die Regelung zur Dienstleistungsrichtlinie anzuwenden. Der gemäß Art. 1 Ziffer 1 c) der VO 2015/2170 für (freiberufliche) Dienstleistungen maßgebliche Schwellenwert beträgt danach 209.000 €. Die Antragsgegnerin hat die vor Beginn des Vergabeverfahrens geschätzten Kosten der Planungs- und Bauüberwachungsleistungen nicht in der Vergabeakte dokumentiert. Auf telefonische Anfrage der Vergabekammer erklärte die Antragsgegnerin, sie habe den Wert des streitgegenständlichen Auftrags auf mindestens xxxxxx € geschätzt. Es ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig, dass die Kosten den Schwellenwert deutlich überschreiten.
Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB a. F. Sie hat, da sie sich als Bewerberin am Teilnahmewettbewerb beteiligt hat, ein Interesse an der Beauftragung mit den ausgeschriebenen Planungs- und Bauüberwachungsleistungen dargelegt und eine Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend gemacht, indem sie die Auffassung vertritt, dass die Antragsgegnerin bei der Auswertung der Teilnahmeanträge ihre wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit nicht angemessen beurteilt hat. Ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sei im Hinblick auf die Berücksichtigung der Schadensfälle zu Unrecht um die Hälfte abgewertet wurde. Zwar habe ein Partner ihrer Bewerbergemeinschaft in dem Zeitraum von 2011 bis 2015 insgesamt xxxxxx Schadensfälle angegeben. Diese hätten jedoch nur eine bestätigte Schadenssumme von xxxxxx € ergeben. Es sei nicht nachvollziehbar, wie eine so geringe Schadenshöhe ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit angesichts eines Jahresumsatzes in 2015 von über xxxxxx € beeinflussen soll. Auch die Anzahl der jährlichen Schadensfälle sei bei einem Unternehmen ihrer Größenordnung mit jährlich über xxxxxx laufenden Projekten sicherlich zu vernachlässigen. Eine nicht gewichtete Bewertung der Schadensfälle führe zu einer Schlechterstellung großer und umsatzstarker Unternehmen.
Auch die Abwertung ihrer technischen Leistungsfähigkeit und Fachkunde sei zu Unrecht erfolgt, da die Antragsgegnerin weder in der Bekanntmachung noch in den Bewerbungsunterlagen die Berücksichtigung der Bewertung der Deponieklasse bekannt gemacht worden sei. Gleiches gelte auch für die bessere Bewertung der Umlagerungsvorhaben über 100.000 m3 und die bessere Bewertung, wenn bei der Planung die Leistungsphasen 5 - 9 durchgeführt wurden. Unverständlich seien auch Punktabzüge im Hinblick auf die Aktualität der Referenzen. Die von ihr vorgelegten Referenzen datierten, wie in den Bewerbungsunterlagen gefordert, aus den letzten 10 Jahren. Die meisten Referenzen seien aktive Projekte der letzten 3 Jahre. Sie müsse davon ausgehen, dass die Antragsgegnerin eine weitere Gewichtung vorgenommen habe, deren Bewertungskriterien nicht bekannt gemacht worden sind.
Schließlich habe sich die Antragsgegnerin nicht an den bekannt gemachten Wertungsmaßstab mit bis zu 10 Bewertungspunkten gehalten Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB a. F. ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107 GWB, Rdnr. 52). Nach herrschender Meinung und Rechtsprechung sind an diese Voraussetzungen keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags, wenn der Bieter schlüssig einen durch die behauptete Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (BVerfG, Urteil vom 29.07.2004 - 2 BvR 2248/04; Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, § 107, Rdnr. 35 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2006 - X ZB 14/06, zitiert nach VERIS). Die Antragstellerin hat eine mögliche Beeinträchtigung ihrer Chancen auf eine erfolgreiche Beteiligung im Verhandlungsverfahren und damit einen möglichen Schaden schlüssig dargelegt.
Soweit sie sich gegen die konkrete Bewertung ihres Teilnahmeantrags wendet, ist die Antragstellerin auch ihrer Pflicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB a. F. nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer den geltend gemachten Verstoß gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber der Antragsgegnerin unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB a. F. handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB a. F. entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen.
Die Antragstellerin wurde durch die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 26.04.2016 drüber informiert, dass sie nicht zu Verhandlungen eingeladen wird, da ihr Teilnahmeantrag deutlich schlechter bewertet worden sei. Erst auf telefonische Nachfrage der Antragstellerin begründete die Antragsgegnerin die Bewertung. Sechs Tage später, mit Rügeschreiben vom 02.05.2016 - eingegangen bei der Antragsgegnerin am selben Tage - beanstandete die Antragstellerin die Bewertung ihres Teilnahmeantrags. Sie führte aus, dass sowohl ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als auch ihre technische Leistungsfähigkeit und Fachkunde zu Unrecht um die Hälfte abgewertet worden sei.
Die schriftliche Rüge vom 02.05.2016 erfolgte noch unverzüglich i. S. d. § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB a. F. Es kann vorliegend unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des OLG München (Beschluss vom 19.12.2013 - Verg 12/13, zitiert nach ibr-online) dahinstehen, ob die Präklusionsregel gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil vom 28.01.2010 in den Rs.C-406/08 und C-456/08) überhaupt noch anwendbar ist (zu den unterschiedlichen Auffassungen aktuell VK Südbayern, Beschluss vom 18.03.2015 - Z3-3-3194-1-62-12/14, OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010, Az.: WVerg 6/10, und OLG Rostock, Beschluss vom 20.10.2010, Az.: 17 Verg 5/10, zitiert nach ibr-online; offen gelassen noch durch OLG Celle, Beschluss vom 16.09.2010, Az.: 13 Verg 8/10). Bei diesen beiden zum irischen und englischen Recht ergangenen Entscheidungen des EuGH ging es um die Frage, ob ein Nachprüfungsantrag zulässig ist, wenn das Verfahren nicht unverzüglich eingeleitet wird. Der EuGH hat in den dortigen Entscheidungen den Unverzüglichkeitsbegriff als zu unbestimmt bewertet.
Das OLG München hat in seiner Entscheidung vom 19.12.2013 - Verg 12/13 offen gelassen, ob die Präklusionsregel des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB a. F. nach diesen Entscheidungen des EuGH überhaupt noch anwendbar ist oder dem Europarecht widerspricht. Zumindest aber lasse sich den EuGH-Entscheidungen entnehmen, dass der Primärrechtsschutz nicht durch zu unklare Anforderungen verhindert werden soll. Das bedeutet auch, dass bei einer Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen nicht zu kleinlich zu verfahren ist (ebenso bereits OLG München, Beschluss vom 06.08.2012 - Verg 14/12, zitiert nach ibr-online). Im Ergebnis hat das OLG München eine innerhalb von sieben Werktagen nach Kenntniserlangung vom gerügten Sachverhalt erfolgte Rüge noch als unverzüglich i. S. des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB gewertet.
Die Vergabekammer hält es daher für angemessen, unter Übernahme der Mindestüberlegungsfristen des Art. 2c Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG eine Rügefrist von 10 Tagen ab positiver Kenntnis des Antragstellers vom geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften zugrunde zu legen. Diese Auslegung wird bestätigt durch die Regelungen des inzwischen in Kraft getretenen GWB 2016. Nach der dem bisherigen § 107 GWB a. F. entsprechenden Vorschrift des § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB 2016 ist von einer Rügefrist von 10 Tagen auszugehen. Entscheidend bleibt für die Prüfung der Rechtzeitigkeit der Rüge aber weiterhin, ab wann die Antragstellerin positive Kenntnis von dem als vergaberechtswidrig beanstandeten Sachverhalt hatte. Die sechs Tage nach Erhalt des Informationsschreibens vom 26.04.2016 abgesetzte schriftliche Rüge der Bewertung der Teilnahmeanträge erfolgte daher unverzüglich i. S. d. § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB a. F.
Präkludiert ist die Antragstellerin mit ihrem Vorbringen jedoch, soweit sie im Zuge des Nachprüfungsverfahrens geltend gemacht hat, die Antragsgegnerin habe die Bewertungskriterien und die Bewertungsmaßstäbe für die Auswertung der Teilnahmeanträge nur unzureichend bekannt gemacht. Die Eignungsmaßstäbe konnte die Antragstellerin bereits der EU-Bekanntmachung und darüber hinaus noch einmal den Bewerbungsunterlagen entnehmen. Gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB und Nr. 3 GWB a. F. ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis Ablauf der in der Bekanntmachung genannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden. Vorliegend hätte die Antragstellerin die vermeintlich unzureichende Bekanntmachung von Bewertungskriterien und Bewertungsmaßstäben für die Auswahl der begrenzten Zahl von Bewerbern im Teilnahmewettbewerb daher spätestens bis zum Ablauf der Frist für den Teilnahmewettbewerb am xxxxxx.2016 rügen müssen. Die Frage, ob sich die Antragsgegnerin bei der Auswertung der Teilnahmeanträge im Rahmen des den öffentlichen Auftraggebern vergaberechtlich eingeräumten Beurteilungsspielraums bei der Auswahl der begrenzten Zahl von Bewerbern gemäß § 10 VOF auf der Grundlage der bekannt gemachten Bewertungskriterien gehalten hat, ist im Rahmen Prüfung der der Begründetheit des Nachprüfungsantrags zu erörtern.
Auch die Tatsache, dass die Antragsgegnerin für das vorliegende Verhandlungsverfahren bereits einen namentlich genannten Bewerber gesetzt hat, ist vorliegend mangels Rüge nicht entscheidungserheblich. Denn die Antragsgegnerin hatte diese Tatsache bereits in der Bekanntmachung unter Nennung des Namens des gesetzten Bewerbers bekannt gegeben.
Die Vergabekammer weist jedoch im Hinblick auf künftige Vergabeverfahren daraufhin, dass sie das "Setzen" von Bewerbern in einem Verhandlungsverfahren außerhalb von (Architekten-) Wettbewerben nach dem Kapitel 2 der VOF (§§ 15 ff. VOF) für freiberufliche Dienstleistungen im Übrigen, erst recht aber für Dienstleistungen nach der VOL/A a. F. (nunmehr VgV) und Bauleistungen nach der VOB/A entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin für vergaberechtlich unzulässig hält.
Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer die Auffassung vertreten, dass sich die vergaberechtliche Zulässigkeit des Setzens von Bewerbern in Verhandlungsverfahren bereits daraus ergebe, dass die amtlichen Vordrucke zur Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union unter IV.1.1 Verfahrensart für den Fall des Verhandlungsverfahrens die Angabe "Einige Bewerber sind bereits ausgewählt worden (gegebenenfalls nach einem bestimmten Verhandlungsverfahren)" ermöglichen. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass auch amtlichen Vordrucken per se kein normativer Charakter zuzumessen ist. Geschweige denn können Formulierungen in einem Bekanntmachungsformular eine Ausnahme vom Wettbewerbsgrundsatz dem Gleichbehandlungsgrundsatz oder den sonstigen Grundsätzen des Vergaberechts gemäß § 97 GWB ermöglichen, ohne dass eine solche Ausnahme in den EU-Vergaberichtlinien oder im nationalen Vergaberecht geregelt ist.
In der Rechtsprechung (vgl. VK Sachsen, Beschluss vom 05.05.2014 - 1/SVK/0 10-14, zitiert nach ibr-online) und den Kommentierungen (vergleiche Müller-Wrede, VOF, 4. Aufl., § 16 VOF, Rn. 42, 43 und Harr in: Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht, 3. Aufl., 9. Los, § 16 VOF, Rn. 23) wird vielmehr nur die Auffassung vertreten, dass das Setzen von Bewerbern im Rahmen eines Wettbewerbs nach dem 2. Kapitel der VOF - insbesondere also bei Architektenwettbewerben nach § 15 ff. VOF - zulässig sein kann. Begründet wird dies damit, dass die gültige Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW 2013) in § 3 Abs. 3 Satz 6 von einer Zulässigkeit des Setzens von Teilnehmern ausgeht, in dem sie bestimmt, dass gesetzte Teilnehmer die gestellten Anforderungen und Kriterien erfüllen müssen. Da das Setzen von Teilnehmern, d.h. die Bestimmung von Teilnehmern, die ungeachtet der Auswahlentscheidung in jedem Fall zur Abgabe einer Wettbewerbsarbeit aufgefordert werden und sich daher nicht am Teilnahmewettbewerb beteiligen müssen, vom Grundsatz her aber eigentlich vergaberechtswidrig ist (vgl. Harr, a. a. O, § 16 VOF, Rn. 23), müssen über die Anforderungen des § 3 Abs. 3 Satz 6 RPW 2013 hinaus aufgrund des vergaberechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Wettbewerbsprinzips weitergehend folgende Anforderungen erfüllt sein:
- Bereits das Gebrauchmachen des "Setzens" von Teilnehmern bedarf einer besonderen projektspezifischen Rechtfertigung/Begründung.
- Die vorausgewählten Teilnehmer müssen dieselben Mindestanforderungen, die an die übrigen noch auszuwählenden Teilnehmer gestellt werden, erfüllen.
- Die Anzahl derjenigen Bewerber, die im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs ausgewählt werden, muss deutlich über der Zahl der bereits vorab ausgewählten/gesetzten Bewerber liegen.
- Die Mindestanzahl von 3 zur Abgabe einer Wettbewerbsarbeit aufzufordernden Teilnehmer muss allein durch die Auswahlentscheidung erfolgen. Vorausgewählte bzw. gesetzte Teilnehmer sind dabei nicht zu berücksichtigen.
An diesen Vorgaben hat sich die Antragsgegnerin offenbar orientiert und - soweit aus der Vergabeakte ersichtlich (Vermerk vom 11.02.2016) auch gehalten, als sie die xxxxxx mit dem xxxxxx als Nachunternehmer als bereits ausgewählten Bewerber gesetzt hat. Insbesondere hat die Antragsgegnerin geprüft und sich vergewissert, dass auch dieser gesetzte Bewerber die Mindesteignungsanforderungen erfüllt. Sie hat darüber hinaus auch 3 Bewerber im Teilnahmewettbewerb ermittelt. Die Antragsgegnerin hat auch eine besondere Rechtfertigung für das Setzen dieses Teilnehmers erörtert und dokumentiert. Sie hat im genannten Vermerk festgehalten, dass dieses Büro sowohl die Rekultivierung einer Deponie begleitet habe als auch die bisherigen Planungsphasen der beiden Vorhaben Basisabdichtung xxxxxx und Oberflächenabdichtung xxxxxx zur vollständigen Zufriedenheit der Antragsgegnerin erarbeitet hat. Die Antragsgegnerin hatte einerseits Interesse daran, dass sich dieses Büro am streitgegenständlichen Verhandlungsverfahren beteiligt. Andererseits hatte die Antragsgegnerin aber die Sorge, dass in einem Teilnahmeverfahren das vergleichsweise kleine Büro als Bewerber gegen die großen Büros keine Chancen haben wird.
Es kann vorliegend dahinstehen, ob eine solche Begründung das Setzen eines Bewerbers in einem Wettbewerb nach §§ 15 ff. VOF rechtfertigen kann. Für die Beweggründe der Antragsgegnerin spricht zumindest, dass nach den Grundsätzen des § 2 Abs. 4 VOF ausdrücklich kleinere Büroorganisationen und Berufsanfänger angemessen beteiligt werden sollen. Das Setzen eines Bewerbers kam vorliegend nach Auffassung der Vergabekammer vergaberechtlich schon deshalb nicht in Betracht, weil Gegenstand des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens kein Wettbewerb nach dem 2. Kapitel der VOF, sondern nur Planung- und Bauüberwachungsleistungen und damit normale freiberufliche Dienstleistungen nach dem Kapitel 1 der VOF sind.
Das Setzen des Bewerbers ist vorliegend jedoch nicht entscheidungserheblich, weil es für die Bewerber bereits aus der Bekanntmachung transparent erkennbar war und nicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB a. F. gerügt wurde.
Im Übrigen ist der Nachprüfungsantrag aber zulässig.
3. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Die Antragstellerin ist durch die in der Vergabeakte dokumentierte Durchführung des Teilnahmewettbewerbs nicht in ihren Rechten gemäß § 97 Abs. 7 GWB a. F. verletzt. Die Antragsgegnerin hat die Bewerberauswahl in einer den Anforderungen des § 10 Abs. 1 und 2 VOF genügenden Weise allein aufgrund der bekannt gemachten Eignungskriterien und der geforderten Erklärungen und Nachweise in einer vergleichenden Wertung durchgeführt. Sie hat sich dabei im Rahmen des den öffentlichen Auftraggebern bei der Eignungsprüfung und der Bewerberauswahl vergaberechtlich eingeräumten Beurteilungsspielraums gehalten. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin bei der Bewertung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auch die im Bewerberfeld vergleichsweise höhere Anzahl an Schadensfällen bei der Antragstellerin punktemindernd berücksichtigt hat (im Folgenden a). Auch die Abwertung ihres Teilnahmeantrags wegen geringerer Aktualität ihrer Referenzen für vergleichbare Aufträge ist gerechtfertigt (im Folgenden b). Gleiches gilt für die Berücksichtigung der Flächengröße der Oberflächenabdichtung, der umgelagerten Menge bei der Abfallumlagerung und der Leistungsphasen der Planung für die Basisabdichtung der von den Bewerbern angegebenen Referenzdienstleistungen im Rahmen der vergleichenden Bewertung. Die entsprechenden Parameter sind eindeutig mit dem Bewerbungsformular abgefragt worden (im Folgenden c).
Bei der Auswahl der Bewerber im VOF-Verfahren sind grundsätzlich zwei Stufen mit unterschiedlichen Anforderungen zu unterscheiden und strikt voneinander zu trennen. Auf der ersten Stufe sind die Bewerber auszuwählen, die zu Verhandlungsgesprächen eingeladen werden. Aus diesen ausgewählten Bewerbern wird dann auf der zweiten Stufe der Auftragnehmer ermittelt. Dabei richtet sich das Auswahlverfahren nach § 10 Abs. 1 VOF, wonach die Kriterien Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Beurteilung, welche Bewerber zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert bzw. zu Verhandlungen eingeladen werden sollen, zugrunde zu legen sind. Demgegenüber beurteilen sich die Auftragskriterien und das diesbezügliche Zuschlagsverfahren nach § 11 VOF (Weyand, Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 10 VOF Rn. 8).
Im Rahmen der hier gegebenen ersten Stufe ist der Auftraggeber nach § 10 Abs. 2 VOF eigentlich sogar lediglich verpflichtet, die der Auswahl zugrunde gelegten Eignungskriterien und die erforderlichen Erklärungen und Nachweise bekannt zu geben. Dagegen fehlt hier eine dem § 11 Abs. 4 VOF entsprechende Regelung, wonach (in der zweiten Stufe) alle Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung in der Ausschreibung anzugeben sind vgl. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 15.10.2014 - 1 Verg 1/14, zitiert nach ibr-online). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den europarechtlichen Regelungen, denn Art. 53 Abs. 2 VKR betrifft nur die Zuschlagskriterien. Demgegenüber enthält der für das Auswahlverfahren einschlägige Art. 44 VKR gerade keinen Verweis auf Art. 53 Abs. 2 VKR, woraus gefolgert werden kann, dass der öffentliche Auftraggeber nicht gezwungen ist, vor der Vergabebekanntmachung Regeln über die Bewertung der Auswahlkriterien und deren jeweilige Gewichtung aufzustellen und diese den Bewerbern mitzuteilen (Weyand a. a. O. § 97 GWB Rn. 798; Müller-Wrede, VOF, 4. Aufl., § 10 VOF, Rn. 15; VK Sachsen: Beschluss vom 24.03.2011 - 1/SVK/005-11; Stolz in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl. 2013, § 10 VOF Rn. 11; EuGH, Urteil, NZBau 2011, 50 ff. [OLG Hamm 09.07.2010 - I-19 U 43/10]). So hat der Europäische Gerichtshof bereits in seinem Urteil vom 12. Dezember 2002 - C-470/99 - (NZBau 2003, 162 ff.) ausgeführt, dass nach der Richtlinie im Verhandlungsverfahren lediglich die für die Auswahl maßgeblichen Eignungskriterien bekannt gegeben werden müssen. Allerdings sei die Richtlinie unter Berücksichtigung der im Vergaberecht herrschenden Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung dahin auszulegen, dass jedenfalls dann, wenn der öffentliche Auftraggeber bereits vor der Veröffentlichung der Auftragsbekanntmachung Regeln für die Gewichtung der zur Anwendung vorgesehenen Auswahlkriterien aufgestellt hat, er diese Kriterien den Bewerbern im Voraus bekannt geben muss. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass eine vorher nicht feststehende Gewichtung auch nicht bekannt gemacht werden muss. Dies hat der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 18. November 2010 - C-226/09 - (a. a. O.) so auch ausdrücklich bestätigt (ebenso OLG München, Beschluss vom 28. April 2006 - Verg 6/06, NZBau 2007, 59 ff.; Röwekamp in: Müller-Wrede, VOF, 4. Aufl., § 10 VOF, Rn. 35).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den allgemeinen vergaberechtlichen Prinzipien des Wettbewerbs, der Transparenz und der Gleichbehandlung. Denn mögliche Bewerber können grundsätzlich schon der Bekanntmachung entnehmen, auf welche Kriterien der Auftraggeber Wert legt und dass er den genannten Gesichtspunkten maßgebende Bedeutung für seine Entscheidung beizulegen beabsichtigt, welche Bewerber er als am besten geeignet für eine Durchführung des Auftrags ansieht, um sie dann zur Abgabe von Angeboten aufzufordern. Die Bewerber können aufgrund dieser Angaben auch prüfen, ob sie in der Lage sind, diesen Kriterien gerecht zu werden. Damit ist dem Gebot der Transparenz und dem Wettbewerbsgrundsatz genügt, denn die Bewerber können anhand der ihnen bekannt gegebenen Eignungskriterien aussagekräftige und wertungsfähige Angaben machen. Behält sich der Auftraggeber die Gewichtung der bei der Eignungsprüfung heranzuziehenden Merkmale vor, sind auch keine benachteiligenden Auswirkungen für einzelne Bewerber zu befürchten (Weyand a. a. O. § 97 GWB, Rn. 799 m. w. N.).
Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Auftraggeber - wie vorliegend - schon bei Bekanntgabe der Ausschreibung eine Gewichtung der Eignungskriterien vorgenommen hat (Weyand a. a. O., § 97 GWB, Rn. 801 m. w. N.) Diese muss er mitteilen, um den Grundsätzen der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz zu genügen (EuGH jeweils a. a. O.).
Diesen Anforderungen ist die Antragsgegnerin vorliegend nachgekommen. Sie hat in der Bekanntmachung vom xxxxxx.2016 unter IV. 1.2 unter 2. eine Gewichtung der Eignungskriterien bekannt gemacht. Danach sollten ausdrücklich die Leistungsfähigkeit und Fachkunde im Verhältnis 25 % (wirtschaftliche Leistungsfähigkeit) zu 75 % (technische Leistungsfähigkeit und Fachkunde) stehen. Für die Bewertung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sollten die unter Ziffer III.2.2 (WL 1 bis WL 4) genannten Eignungskriterien (Angaben und Nachweise) herangezogen werden. Zur Beurteilung der technischen Leistungsfähigkeit und Fachkunde wiederum sollten die unter Ziffer III.2.3 genannten Eignungskriterien (Angaben und Nachweise) (TL 1 bis TL 3, letzteres mit 7 Unterkriterien) berücksichtigt werden.
Vorliegend hat die Antragsgegnerin im Vorfeld der Auswertung der Teilnahmeanträge keine über die bekannt gemachten Eignungs- und Auswahlkriterien hinaus gehende, detailliertere Wertungsmatrix mit weiteren Unterkriterien oder Bewertungsmaßstäben festgelegt, sondern zulässigerweise erst im Rahmen der Prüfung selbst eine vergleichende Wertung der Teilnahmeanträge durchgeführt. Auch über diese Vorgehensweise hatte sie die Bewerber in der Bekanntmachung informiert. Unter IV.1.2 heißt es dazu in der Bekanntmachung:
"Die Bewertung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der technischen Leistungsfähigkeit/Fachkunde erfolgt in einem relativen Vergleich der Bewerber miteinander auf der Grundlage der nachfolgenden (Punkte-) Skala/Notenstufen. Pro Eignungskriterium (wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und technische Leistungsfähigkeit/Fachkunde) werden bis zu 10 Bewertungspunkte vergeben: . . ."
Es folgt sodann in der Bekanntmachung eine detaillierte Erläuterung des Bewertungssystems von 10 Punkte = "sehr gut" bis 2 Punkte = "ausreichend".
Eine noch detailliertere Festlegung und Bekanntmachung von Unterkriterien und Bewertungsmaßstäben ist nach der oben zitierten, zutreffenden Rechtsprechung nicht erforderlich. Entscheidend ist vorliegend allein, ob sich die Antragsgegnerin bei der Bewerberauswahl anhand der festgelegten Eignungskriterien im Rahmen ihrer selbst gesetzten und bekannt gemachten Prüfungsmaßstäbe und ihres Beurteilungsspielraums gehalten hat.
Ebenso wie nach den entsprechenden Regelungen in § 6 EG Abs. 3 Nr. 6 VOB/A a. F. und § 10 EG Abs. 1 VOL/A sind bei der Auswahl der Bewerbungen, die für den Vertragsschluss in Betracht kommen, nur Bewerber zu berücksichtigen, die für die Erfüllung der vertraglichen Pflichten die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen. Gemäß § 10 Abs. 3 VOF hat der Auftraggeber in der Bekanntmachung anzugeben, welche Nachweise über die finanzielle, wirtschaftliche oder fachliche Eignung oder welche anderen Nachweise vom Erwerber zu erbringen sind. Bei den Begriffen der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe (vgl. BayObLG, Beschluss vom 03.07.2002, Az.: Verg 13/02). Da die Prüfung der Eignung eines Unternehmens ein wertender Vorgang ist, in den zahlreiche Einzelumstände einfließen, ist davon auszugehen, dass diese Begriffe den Auftraggebern einen Beurteilungsspielraum einräumen, der nur einer eingeschränkten Kontrolle durch die Nachprüfungsinstanzen zugänglich ist. Die Vergabekammer kann im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens die Entscheidung der Vergabestelle über die Eignung eines Unternehmens folglich nur daraufhin überprüfen, ob die rechtlichen Grenzen dieses Beurteilungsspielraumes überschritten sind (vgl. Weyand, ibr-online-Kommentar Vergaberecht, Stand: 26.11.2012, GWB § 97, Rn. 612, 618, 621, m. w. N.; OLG München, Beschluss vom 21.04.2006, Az.: Verg 8/06; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.10.2005, Az.: VII-Verg 55/05). Eine Überschreitung dieses Beurteilungsspielraumes ist regelmäßig (nur) anzunehmen, wenn
- das vorgeschriebene Vergabeverfahren nicht eingehalten wird,
- nicht von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wird,
- sachwidrige Erwägungen einbezogen werden oder wenn der sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung haltende Beurteilungsmaßstab nicht zutreffend angewendet wird
(vgl. OLG Celle, Beschluss vom 11.03.2004, Az.:13 Verg 3/04; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.09.2002 - Az.: Verg 37/02; Röwekamp in: Müller-Wrede, VOF, 4. Aufl., § 10 VOF, Rn. 19, m. w. N.).
Während es sich etwa bei den Ausschlussgründen des § 11 VOF ebenso wie bei denen des § 19 EG Abs. 3 VOL/A oder des § 16 EG Abs. 1 VOB/A a. F. noch um relativ schnell feststellbare, eher objektiv einzustufende Merkmale handelt, stellt die Überprüfung der Eignungskriterien Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit gem. § 10 Abs. 1 VOF, §§ 6 EG Abs. 3 Nr. 6, 16 Abs. 2 VOB/A a. F. und §§ 10 EG Abs. 1, 19 EG Abs. 5 VOL/A deutlich höhere Anforderungen an die Prüfung. Letztlich bewegt sich der Prüfungsrahmen dabei auf einem gerade auch an der Überzeugung der Vergabestelle orientierten Maßstab (vgl. Horn in: Müller-Wrede, VOL/A, 4. Auflage, § 19 EG, Rdnr. 187). Der Auftraggeber legt gem. § 5 VOF fest, welche Eignungsnachweise vom Bewerber zu erbringen sind. Der Nachweis der fachlichen Eignung kann gem. § 5 Abs. 5 lit. b VOF insbesondere auch durch eine Liste der wesentlichen in den letzten drei Jahren erbrachten Leistungen mit Angabe des Rechnungswertes, der Leistungszeit sowie der öffentlichen und privaten Auftraggeber der erbrachten Dienstleistungen erbracht werden. Die Anforderung von Referenzen stellt daher eine geeignete und vergaberechtskonforme Maßnahme dar, die es dem Auftraggeber erleichtert, die Eignungsprüfung im Rahmen der Angebotswertung oder - wie im vorliegenden Fall - im Zuge der Bewerberauswahl im Verhandlungsverfahren durchzuführen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 14.03.2000, Az.: 13 Verg 2/00, dort zu § 7 a Nr. 3 VOL/A; BayObLG, Beschluss vom 09.03.2004, Verg 20/03, IBR 2004, 273 [BayObLG 09.03.2004 - Verg 20/03]; Franke/Mertens in: Franke/Kemper/Zanner/Grünhagen, VOB, 2. Auflage, § 8, Rdnr. 43 ff.; Müller-Wrede, VOF, 4. Aufl., § 5 VOF, Rn. 60).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Antragsgegnerin die Bewerberauswahl vergaberechtgemäß durchgeführt. Die Beanstandungen der Antragstellerin gegen die Bewertung ihres Teilnahmeantrags sind unbegründet:
a) Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu Unrecht um die Hälfte abgewertet wurde. Zwar habe ein Partner ihrer Bewerbergemeinschaft für den Zeitraum 2011 bis 2015 insgesamt xxxxxx Schadensfälle angegeben. Diese hätten jedoch nur eine bestätigte Schadenssumme von xxxxxx € ergeben. Es sei nicht nachvollziehbar, wie eine so geringe Schadenshöhe ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bei einem Jahresumsatz in 2015 von über xxxxxx € beeinflussen soll. Auch die Anzahl der jährlichen Schadensfälle sei bei einem Unternehmen ihrer Größenordnung mit jährlich über xxxxxx laufenden Projekten sicherlich zu vernachlässigen. Eine nicht gewichtete Bewertung der Schadensfälle führe zu einer Schlechterstellung großer und umsatzstarker Unternehmen.
Die Antragsgegnerin hatte in der Bekanntmachung vom xxxxxx.2016 unter III. 2.2 festgelegt, dass die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit unter anderem anhand von "WL 3) Angaben zur Schadensfreiheit (Haftpflicht)" nachzuweisen ist. Die Erklärungen und Nachweise sollten die Bewerber in bzw. gemäß einem vorgegebenen Bewerbungsformular einreichen, das über das Internet abzurufen war. Im Bewerbungsformular selbst hatte die Antragsgegnerin unter 3.3 Angaben zur Schadensfreiheit (Haftpflicht) konkret folgende Frage gestellt:
"Wie oft wurde ihre Betriebshaftpflichtversicherung in den letzten 5 Jahren in Anspruch genommen?"
Für den Fall, dass die Angabe größer 0 ist, sollten die Bewerber als Anlage WL 3 eine kurze Beschreibung des Sachverhalts beifügen.
Neben der Frage sieht das Bewerbungsformular ein entsprechendes Eintragungsfeld vor. Die Antragstellerin hatte diesbezüglich für den einen Partner ihrer Bewerbergemeinschaft die Angabe "xxxxxx mal" und für den anderen Partner die Angabe "0 mal" eingetragen.
Die Antragstellerin hatte ihrem Teilnahmeantrag als Anlage zu 3.3 des Bewerbungsbogens eine aktuelle Schadensstatistik beigefügt, aus der aufgeschlüsselt für die Jahre 2011-2015 die jeweilige Schadensanzahl und die jährlichen Schadenszahlungen hervorgingen. Weitere Erläuterungen enthielt die Anlage nicht.
Die Antragsgegnerin hat in einem in der Vergabeakte (unter Register 8) enthaltenen Vermerk zur Auswertung des Teilnahmewettbewerbes auf Seite 9 und 10 unter 6.2 dokumentiert, wie und mit welchem Ergebnis sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bewerber bewertet hat. Aus der dortigen ersten Tabelle ist ersichtlich, dass die Bewerbergemeinschaft der Antragstellerin als einzige im Bewerberfeld eine nennenswerte Zahl von Inanspruchnahmen der Haftpflichtversicherung von 2011-2015 angegeben hatte. Zwei Mitbewerber hatten überhaupt keine Inanspruchnahme gemeldet, eine weitere Bewerbergemeinschaft einen Fall.
In einer zweiten Tabelle unter 6.2 des Vermerks hat die Auftraggeberin erläutert, dass für das Kriterium WL 3 eine positive Beurteilung ("+") vergeben wurde, wenn der Bewerber keinen Schadensfall angegeben hat, eine neutrale, durchschnittliche Bewertung ("0"), wenn der Bewerber einen Fall gemeldet hat und eine negative Bewertung ("-"), wenn zahlreiche Schadensfälle gemeldet wurden.
Ein weiterer Bewerber hatte lediglich - ohne weitere Erläuterungen - angegeben, dass die Zahl der Schadensfälle über Null liegt. Die Antragsgegnerin hat dies zum Anlass genommen, auch diesem Bewerber ebenso wie der Antragstellerin bezüglich des Kriteriums WL 3 eine identische negative Bewertung zukommen zu lassen und dies im Vermerk unter 6.2 auch begründet.
Die negativen Auswirkungen der Angaben zur Inanspruchnahme der Haftpflichtversicherung bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Antragstellerin sind angesichts der aus der ersten Tabelle unter 6.2 des Vermerks zur Auswertung des Teilnahmewettbewerbs nachvollziehbar, da die Antragstellerin als einziger Bewerber eine derart hohe Zahl von Schadensfällen gemeldet hatte. Dies gilt auch in Ansehung des zum Kriterium WL 1 von den Bewerbern anzugebenden Gesamtumsatzes (Mittelwert 2013-2015) und des zum Kriterium WL 2 anzugebenden Umsatzes mit ähnlichen Leistungen (Mittelwert 2013-2015). Diese Werte sind ebenfalls in der Tabelle enthalten. Die übrigen Bewerber mit Ausnahme des Bewerbers, der keine konkreten Angaben gemacht hat und daher bezüglich des Unterkriteriums WL 3 ebenfalls negativ beurteilt wurde, weisen nicht nur eine absolut geringe Zahl, sondern auch im Verhältnis zum Umsatz eine deutlich niedrigere Quote von Schadensfällen auf als die Antragstellerin, wobei sie überwiegend sogar angegeben haben, dass gar keine Schadensfälle eingetreten sind. Soweit sich die Antragstellerin im Zuge des Nachprüfungsverfahrens darauf berufen hat, dass in der Zahl der von ihr gemeldeten Schadensfälle auch andere als Deponieprojekte enthalten seien, hätte sie dies in der Anlage zu 3.3 des Bewerbungsformulars für den Teilnahmewettbewerb erläutern können. Da die Antragstellerin bezüglich der Schadensfälle aber vorliegend keine Differenzierung vorgenommen hat, hatte die Antragsgegnerin keinen Anlass, die im Bewerberfeld auffällig hohe Zahl an gemeldeten Schadensfällen bei der Antragstellerin zu hinterfragen.
Mit dem Vermerk hat die Antragsgegnerin in einer den Anforderungen des § 12 VOF genügenden Weise dokumentiert, dass sie sich bei der Bewertung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bewerber auch im Hinblick auf das Unterkriterium WL 3 (Inanspruchnahme Haftpflichtversicherung 2011-2015) im Rahmen des bekannt gemachten Bewertungsschemas und des ebenfalls angekündigten Maßstabs der vergleichenden Bewertung des konkreten Bewerberfeldes gehalten hat. Anhaltspunkte für eine willkürliche Bewertung oder einer Überschreitung des Beurteilungsspielraums sind nicht ersichtlich.
Gleiches gilt auch im Hinblick auf die Bewertung des Kriteriums WL 4 Bonitätsindex Creditsafe, das ebenfalls wie von der Antragsgegnerin in der Bekanntmachung und im Bewerbungsformular für den Teilnahmeantrag festgelegt, bei der Bewertung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit berücksichtigt wurde. Die Antragsgegnerin hatte unter 3.4 des Bewerbungsformulars angekündigt, dass der Auftraggeber bei der Creditsafe eine Bewertung aller Bewerber einholen und den von Creditsafe ermittelten Bonitätsindex als Kriterium bei der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit berücksichtigen wird. Eine Vorlage durch den Bewerber sei nicht erforderlich. Ausweislich der Dokumentation in der Vergabeakte ist die Antragsgegnerin bei der Bewertung der Teilnahmeanträge auch so verfahren. Das Procedere der Bonitätsprüfung hatte die Antragsgegnerin eindeutig festgelegt und den Bewerbern bekannt gemacht. Kein Bewerber hat diese branchenübliche Verfahrensweise gerügt. Zu Recht hat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass weder die Antragstellerin noch die Antragsgegnerin einen Einfluss darauf hat, wie das Auskunftsunternehmen Creditsafe seine Bewertungen erstellt.
Diesbezüglich ist im Übrigen ein Bewerber wegen einer angespannten Bonität und einem hohen Ausfallrisiko besonders negativ beurteilt worden. Alle anderen Bewerber haben wie die Antragsgegnerin auch eine nur durchschnittliche Bewertung erhalten.
b) Auch die Bewertung der im Bewerberfeld zum Teil geringeren Aktualität der von der Antragstellerin benannten Referenzen für vergleichbare Aufträge ist gerechtfertigt. Die Antragsgegnerin hatte bereits in der Bekanntmachung vom xxxxxx.2016 unter III. 2.3 darauf hingewiesen, dass zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit Referenzen zu folgenden Leistungsbereichen (Themen) einzureichen sind: Planung Deponiebasisabdichtung, Ausführungsplanung Oberflächenabdichtung, Vergabeverfahren Bau einer Oberflächenabdichtung, örtliche Bauüberwachung beim Bau einer Oberflächenabdichtung, SiGeKo nach BaustellenV (Tätigkeit des Sicherheit- und Gesundheitskoordinators nach BaustellenV bei einem Deponiebauvorhaben) bei einem Deponiebauvorhaben, Sicherheitskoordination für Arbeiten im kontaminierten Bereich nach TRGS 524 und Begleitung von Arbeiten der Abfallumlagerung > 10.000 m3.
Im Bewerbungsformular für den Teilnahmeantrag hatte die Antragsgegnerin dazu unter 4.3 Referenzen ausgeführt:
"Nachstehend werden für verschiedene Themen Referenzen abgefordert. Sie können dabei sowohl abgeschlossene als auch in Arbeit befindliche Projekte nennen. In die Wertung einbezogen werden alle angegebenen Referenzen der letzten 10 Jahre. Bitte geben sie nicht mehr als 5 Projekte an.
Mindestanforderung: je Thema eine Referenz."
Ferner enthielt das Bewerbungsformular für sämtliche Referenzthemen Spalten für Angaben zum Auftraggeber, zum Projekt und eine Spalte "Technik, Anmerkungen" in der die Bewerber ihre Tätigkeiten näher erläutern konnten.
Dazu wurden durch das Formular noch Themenspezifische Angaben wie etwa zur "Tätigkeit, zum Beispiel Leistungsphasen HOAI" beim Thema Planung Deponiebasisabdichtung, Fläche in ha bei den Themen Ausführungsplanung Oberflächenabdichtung, Vergabeverfahren Bau einer Oberflächenabdichtung, örtliche Bauüberwachung beim Bau einer Oberflächenabdichtung, Tätigkeit des Sicherheit- und Gesundheitskoordinators nach BaustellenV bei einem Deponiebauvorhaben und Sicherheitskoordination für Arbeiten im kontaminierten Bereich nach TRGS 524 sowie schließlich Angaben zur umgelagerten Menge in Kubikmeter beim Thema Begleitung von Arbeiten der Abfallumlagerung > 10.000 m3.
Die Antragstellerin hatte in ihrem Teilnahmeantrag unter 4.3 im Vergleich zu den übrigen Bewerbern neben aktuellen Referenzen aus den letzten 10 Jahren zu allen abgefragten Themen mehrere Referenzen benannt, deren Projektbeginn zeitlich bereits deutlich vor dem abgefragten Zehnjahreszeitraum lag. So hat sie etwa zum Thema Planung Deponiebasisabdichtung eine Referenz für ihre Tätigkeit bei der Planung einer Hausmülldeponie angegeben und unter der Spalte "Jahre" den Zeitraum 1996-2015 eingetragen. Dies erklärt sich daraus, dass die Antragstellerin das Projekt nach eigenen Angaben in den Leistungsphasen 1-9 HOAI langjährig betreut hat. Sie hat diese unterschiedlichen Tätigkeiten jedoch nicht zeitlich differenziert. Ebenso hatte sie zum Beispiel für das Thema 4.3.6 Sicherheitskoordination für Arbeiten im kontaminierten Bereich nach TRGS 524 eine Referenz zur Betreuung eines Projektes mit der Zeitangabe 1988-2013 benannt.
Die Antragsgegnerin hat ausweislich des in der Vergabeakte (Register 8) enthaltenen Vermerks zur Auswertung des Teilnahmewettbewerbs gleichwohl auch solche Referenzen, die außerhalb des abgefragten 10 Jahreszeitraums lagen, nicht verworfen, sondern berücksichtigt, soweit diese mit dem Ausschreibungsgegenstand vergleichbare, einschlägige Projekte betraf. Zur Begründung hat sie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass die jeweils benannten Projekte immerhin in den abgefragten Zehnjahreszeitraum hineinragten.
Bei der Bewertung der Fachkunde und technischen Leistungsfähigkeit hat die Antragsgegnerin jedoch nicht nur die Einschlägigkeit der Referenzen, sondern auch ihre Aktualität berücksichtigt. Unter 7.1 des Vermerks hat die Antragsgegnerin ihre diesbezüglichen Bewertungsmaßstäbe erläutert. Dazu heißt es zu TL 3 Referenzen (übergreifend):
"In allen Fällen werden die Bewerber gut bewertet, wenn sie über mehrere Referenzen aus den letzten Jahren (ab 2010) verfügen, welche einschlägig sind hinsichtlich der Deponieklasse, der Größe (OFA > 10 ha) und der vorgesehenen technischen Maßnahmen"
In der Folge wird dann im Vermerk zwischen den einzelnen Unterbereichen TL 3.1 bis TL 3.7 differenziert und erläutert, welche Referenzen zu einer guten Bewertung führen. Auch hier wird in dem Vermerk jeweils betont, dass mehrere aktuelle Referenzen zu einer guten Bewertung führen.
Unter 7.2 des Vermerks hat Antragsgegnerin die Ergebnisse und qualitative Bewertung der Referenzen in tabellarischer Form dokumentiert. Daraus ist ersichtlich, dass die Antragstellerin nur hinsichtlich ihrer Referenzen für die Unterbereiche örtliche Bauüberwachung OFA und Sicherheitskoordination für Arbeiten im kontaminierten Bereich nach TRGS 524 eine gute Bewertung erhalten hat. Für alle anderen Unterbereiche wurden ihre Referenzen lediglich als durchschnittlich bewertet. Die Antragsgegnerin hat dies in ihrer tabellarischen Übersicht, ebenso wie hinsichtlich der Referenzen der übrigen Bewerber, auch jeweils kurz begründet. So wurde die durchschnittliche Bewertung der Referenz für den Unterbereich Planung Basisabdichtung wie folgt begründet:
"Von 5 Referenzen beider Büros sind nur zwei jüngeren Datums, welche sich auf die DK I-Deponien beziehen; ein aktuelles Vorhaben Leistungsphasen 5-9"
Mit vergleichbarer Begründung wurden auch die Referenzen eines weiteren Bewerbers als durchschnittlich bewertet. Dort heißt es zur Begründung:
"3 Referenzen, 2 davon aktuell, 2 davon DK II oder III, einmal Leistungsphase 1-9, einmal LP 5-6"
Ein anderer Bewerber schließlich hat für seine diesbezüglichen Referenzen eine unterdurchschnittliche Bewertung erhalten. Dazu heißt es zur Begründung:
"Nur 2 Referenzen, betreffend einer Hausmülldeponie vor 2005 und ein Sonderabfallzwischenlager durchgehend älter (jüngste = 2007)."
Nur 2 Bewerber haben bezüglich dieses Unterbereichs eine gute Bewertung ihrer Referenzen erhalten. Dazu heißt es zur Begründung in einem Fall zum Beispiel:
"4 aktuelle Referenzen, dreimal Leistungsphase 5-9, 3 Referenzen umfassen DK II und III, ein Projekt mit technischer Barriere"
Beim zweiten mit gut bewerteten Bewerber heißt es:
"Mehrere aktuelle Referenzen Mehrfachleistungsphase 5-9, überwiegend DK I, aber mehrfach Kombidichtungen".
In gleicher Weise hat die Antragsgegnerin ausweislich der tabellarischen Übersicht auf den Seiten 13 und 14 des Vermerks zur Auswertung des Teilnahmewettbewerbs auch die Bewertung der Referenzen zu den übrigen Unterbereichen durchgeführt und dokumentiert. Daraus ist ersichtlich, dass die Antragsgegnerin entgegen der Auffassung der Antragstellerin weder Parameter berücksichtigt hat, die sie mit dem Bewerbungsformular gar nicht abgefragt hat, noch zulasten der Antragstellerin unterschiedliche Maßstäbe zu Grunde gelegt hat. Vielmehr ist anhand dieses Vermerks festzustellen, dass die jeweilige Bewertung der Bewerber im Rahmen der vergleichenden Bewertung nachvollziehbar ist und dass die jeweiligen Begründungen der Antragsgegnerin miteinander korrespondieren. Ansätze für eine willkürliche Bewertung sind nicht ersichtlich.
Die Bewerber konnten und mussten vielmehr damit rechnen, dass die zu den Referenzen abgefragten Parameter eben auch Auswirkung auf die qualitative Bewertung ihrer Fachkunde und technischen Leistungsfähigkeit haben würden. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Einschlägigkeit und Vergleichbarkeit der Referenzen mit den verfahrensgegenständlichen ausgeschriebenen Leistungen. Dies gilt aber auch hinsichtlich der Aktualität der Referenzprojekte. Die Bewerber mussten damit rechnen, dass aktuellere Referenzen positiver bewertet würden als Referenzen über länger zurückliegende Projekte. Dies gilt erst recht, wenn und soweit, wie im Falle der Antragstellerin, Projekte benannt wurden, deren Projektbeginn terminlich weit vor dem abgefragten Zehnjahreszeitraum lag.
c) Gleiches gilt für die Berücksichtigung der Flächengröße der Oberflächenabdichtung, der umgelagerten Menge bei der Abfallumlagerung und der Leistungsphasen der Planung für die Basisabdichtung der von den Bewerbern angegebenen Referenzdienstleistungen im Rahmen der vergleichenden Bewertung. Die entsprechenden Parameter sind eindeutig mit dem Bewerbungsformular abgefragt worden. Die Bewerber konnten und durften damit rechnen, dass die Antragsgegnerin auch diese Parameter ebenso wie die Vergleichbarkeit hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Deponieklasse bei der Bewertung ihrer Referenzen berücksichtigen würde.
Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin zum Beispiel Referenzen zum Thema Begleitung von Arbeiten der Abfallumlagerung größer 10.000 m3 (4.3.7 des Bewerbungsformulars) umso besser bewertet hat, je größer der Bewerber die abgefragte umgelagerte Menge in Kubikmeter in den von ihm genannten Referenzprojekten beziffert hat. Da drei von fünf Bewerbern im Bewerberfeld Referenzen genannt haben, die nicht nur die abgefragte Mindestmenge von 10.000 m3, sondern sogar eine umgelagerte Menge von 100.000 m3 überschritten haben, ist nachvollziehbar, dass diese Bewerber dafür eine gute Bewertung erhalten haben, während die Antragstellerin eine durchschnittliche Bewertung erhalten hat.
Auch im Übrigen enthält die Dokumentation der vergleichenden Wertung der Teilnahmeanträge in der Vergabeakte keine Anhaltspunkte für eine den Gleichheitsgrundsatz verletzende oder gar eine willkürliche Wertung. Die Antragsgegnerin hat sich vielmehr im Rahmen des bekannt gemachten Bewertungsschemas und des ebenfalls angekündigten Maßstabs der vergleichenden Bewertung des konkreten Bewerberfeldes gehalten.
Der Nachprüfungsantrag war daher als unbegründet zurückzuweisen.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB a. F. in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechtes vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790).
Die in Ziffer 3 des Tenors festgesetzte Gebühr ergibt sich aus einer Interpolation des Auftragswertes innerhalb des Gebührenrahmens nach § 128 Abs. 2 GWB a. F. Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung aus Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 128 Abs. 2 GWB a. F.) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 128 Abs. 2 GWB a. F.) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.
Da Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens ein Teilnahmewettbewerb ist, die Antragstellerin vorliegend nicht zur Abgabe eines Angebots aufgefordert wurde und der Vergabekammer angesichts des frühen Stadiums des Vergabeverfahrens mit der Vergabeakte auch keine Angebote der von der Antragsgegnerin für das Verhandlungsverfahren ausgewählten Bewerber vorgelegt wurden, geht die Vergabekammer von einem Gegenstandswert in Höhe des von der Antragsgegnerin ex ante geschätzten Wertes in Höhe von xxxxxx € aus.
Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx € brutto ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmungen in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.
Die in Ziffer 2 des Tenors verfügte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB a. F. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin unbegründet ist.
Kosten der Antragsgegnerin:
Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat die Antragstellerin der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen und damit die Anwaltskosten zu erstatten.
Die Erstattungspflicht der Antragstellerin bezüglich der Kosten der Antragsgegnerin, die diesen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB a. F. i. V. m. § 80 VwVfG. Danach war festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Antragsgegnerin im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich verlangen darf, dass sie über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A und der VOB/A verfügen, bedurfte die Antragsgegnerin für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen öffentlichen Auftraggeber ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.
Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306). Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdnr. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rdnr. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Zugunsten der Ausgangsbehörde im Verwaltungsverfahren wird demgegenüber die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nur in besonders gelagerten Einzelfällen angenommen, da die Ausgangsbehörde in der Regel mit eigenem Fachpersonal so gut ausgestattet sein muss, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit, zu der auch die Mitwirkung im Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) gehört, ohne fremde Unterstützung ausführen kann. Diese für die Situation der Ausgangsbehörde in einem Widerspruchsverfahren zutreffende Auffassung kann jedoch nicht auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren übertragen werden. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.
Ob die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch einen öffentlichen Auftraggeber notwendig war und dessen Kosten im Vergabeverfahren deshalb nach § 128 Abs. 4 GWB a. F. i. V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG bzw. § 120 GWB a. F. i. V. m. § 78 Satz 1 GWB a. F. zu erstatten sind, kann aber nicht allgemein, sondern nur an Hand der Umstände des Einzelfalles entschieden werden und richtet sich nach den objektiv anzuerkennenden Erfordernissen im jeweiligen Einzelfall nach einer ex-ante-Prognose (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 09.02.2011 - 13 Verg 17/10, Beschluss vom 04.05.2011 -13 Verg 1/11). Bei der Abwägung der Einzelfallumstände ist zu berücksichtigen, ob die Problematik des Nachprüfungsverfahrens mehr auf auftragsbezogenen Sach- und Rechtsfragen beruht und der öffentliche Auftraggeber über juristisch hinreichend geschultes Personal verfügt, welches zur Bearbeitung der im jeweiligen Nachprüfungsverfahren relevanten Sach- und Rechtsfragen in der Lage ist; dann soll eher keine Notwendigkeit bestehen. Wenn aber zu den auftragsbezogenen Rechtsfragen weitere, nicht einfach gelagerte Rechtsfragen hinzutreten, spricht dies wieder eher für die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts. Grundsätzlich trifft es auch immer noch zu, dass die Nachprüfungsverfahren unter einem enormen Beschleunigungs- und Zeitdruck stehen und das Vergaberecht eine komplexe Rechtsmaterie mit Vorschriften aus dem nationalen Recht und dem Europarecht darstellt, welche nicht immer im Gleichklang stehen. Auf der anderen Seite wird die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Vertretung des Auftraggebers vor der Vergabekammer regelmäßig eher nicht notwendig sein, wenn sich die darin aufgeworfenen Probleme in der Auseinandersetzung darüber erschöpfen, ob die Vergabestelle das von ihr im Rahmen des streitbefangenen Vergabeverfahrens ohnehin zu beachtende "materielle" Vergaberecht zutreffend angewandt hat, d. h. im Wesentlichen die Bestimmungen der Verdingungsordnung eingehalten sind. Denn dann ist - zumindest bei größeren Auftraggebern, die Vergaben nicht nur in Einzelfällen ausführen - der Kernbereich der Tätigkeit betroffen, deren Ergebnisse zu rechtfertigen eine Vergabestelle grundsätzlich auch ohne anwaltlichen Beistand in der Lage sein muss (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 22. Februar 2010 - WVerg 0001/10, zitiert nach , Tz 15 f.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16. Juni 2010 - 15 Verg 4/10, zitiert nach , Tz 54; OLG München, Beschluss vom 11. Juni 2008 - Verg 6/08, zitiert nach , Tz 13).
Nach dieser Maßgabe war es für die Antragsgegnerin im vorliegenden Vergabeverfahren notwendig, einen Bevollmächtigten zu beauftragen. Denn der Nachprüfungsantrag betraf nicht allein Probleme des gewöhnlichen materiellen, in den Vergabe- und Vertragsordnungen geregelten Vergaberechts, das eine Vergabestelle nach der oben zitierten aktuellen Rechtsprechung zumindest in der Regel auch ohne anwaltlichen Beistand rechtlich bewerten, einordnen und vertreten muss. Streitgegenstand waren hier insbesondere auch die verfahrensrechtlichen Regelungen des GWB und dort insbesondere die Voraussetzungen für die Rügepflicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 GWB a. F. und die dazu ergangene Rechtsprechung. Die Antragsgegnerin bedurfte daher anwaltlicher Unterstützung.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx € unter Angabe des Kassenzeichens
xxxxxx
auf folgendes Konto zu überweisen:
xxxxxx
IV. Rechtsbehelf
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