Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 03.09.2012, Az.: VgK-28/2012
Vereinbarkeit einer Ausschreibung bzgl. der Lieferung von muskuloskeletalen Implantaten und Zubehör mit dem Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung i.S.d. § 8 VOL/A-EG
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 03.09.2012
- Aktenzeichen
- VgK-28/2012
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 29250
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 8 VOL/A-EG
- § 97 Abs. 1 GWB
- § 97 Abs. 2 GWB
- § 97 Abs. 4 GWB
- § 97 Abs. 5 GWB
- § 101 Abs. 7 GWB
- § 114 Abs. 1 GWB
In dem Nachprüfungsverfahren der
xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragstellerin -
gegen
das xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragsgegnerin -
wegen
der Lieferung muskuloskeletaler Implantate und Zubehör
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden RD Gaus, den hauptamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Peter und den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn Dipl.-Biologe Sameluck, auf die mündliche Verhandlung vom 16.08.2012
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Das Vergabeverfahren wird hinsichtlich des Loses 4 zurückversetzt in den Stand vor Versendung der Angebotsunterlagen. Die Antragsgegnerin wird bei fortbestehender Vergabeabsicht verpflichtet, die Angebotsunterlagen im Los 4 unter Beachtung der aus den Gründen ersichtlichen Rechtsauffassung der Vergabekammer zu überarbeiten, neu zu versenden und bei der Wertung die aus den Gründen ersichtliche Rechtsauffassung der Vergabekammer zu beachten.
Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten werden auf xxxxxx EUR festgesetzt.
- 3.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin zu 6/7 und die Antragsgegnerin zu 1/7. Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Entrichtung der Kosten persönlich befreit.
- 4.
Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten zu 1/7 zu erstatten.
Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragsstellerin notwendig.
- 5.
Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten zu 6/7 zu erstatten.
Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragsgegnerin notwendig.
Begründung
I.
Die Antragsgegnerin hat mit EU-Vergabebekanntmachung vom xxxxxx.2012 die Lieferung von muskuloskeletalen Implantaten und Zubehör für den Zeitraum vom 01.12.2012 bis zum 30.11.2015 mit der Option der Verlängerung um 12 Monate als beschleunigtes Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb ausgeschrieben. Der Auftrag war in 12 Lose in Bezug auf die unterschiedlichen Eingriffsbereiche des menschlichen Körpers wie Hüfte, Knie, Schulter und Wirbelsäule aufgeteilt. Es konnte auf ein oder mehrere Lose geboten werden. Mit dem jeweils erfolgreichen Bieter sollte eine Rahmenvereinbarung über die Vertragslaufzeit geschlossen werden. Nebenangebote waren nicht zugelassen.
Unter III.2.2) und III.2.3) der Vergabebekanntmachung waren verschiedene Angaben und Nachweise zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit und zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit gelistet. Die Nichtvorlage dieser Angaben und Nachweise sollte nicht unmittelbar zum Angebotsausschluss führen, andererseits sollten diese aber auch nicht nachgefordert werden. In Bezug auf die persönliche Lage der Bieter war es gem. III.2.1) der Vergabebekanntmachung zwingend erforderlich, Erklärungen über die Nichtvorlage von Ausschlusskriterien gem. § 6 EG Abs. 4 Ziffer a) - g) VOL/A und § 6 EG Abs. 6 Ziffer a) - e) VOL/A abzugeben. Die diesbezüglichen Formulierungen waren in dem einzureichenden Teilnahmeantrag enthalten und waren durch die Bieter mit Unterschrift zu bestätigen.
Bestandteil des Angebotes sollte u.a. ein von den Bietern zu erstellendes und im Falle der Auftragserteilung umzusetzendes Managementkonzept sein. Gemäß Ziff. II 1.5 der Auftragsbekanntmachung und Abschnitt VI. Nr. 5 der Aufforderung zur Angebotsabgabe sollte das Managementkonzept mindestens folgende Punkte vorsehen:
Sicherstellung der ausreichenden Instrumentenversorgung aller Standorte
Vorhaltung der Konsignationsware in ausreichender Artikelmenge und -breite
Implementierung eines elektronisch gestützten Bestell- und Logistikkonzeptes
Optimierung des Bestell- und Logistikkonzeptes aller Standorte
Schulung des Personals (ärztlicher Dienst, pflegerischer Dienst, Funktionsdienst, Einkauf und Logistik etc.)
Begleitung der reibungslosen Einführung der neuen Produkte an allen Standorten
Kontinuierliche Identifikation, Vorbereitung und Umsetzung von standortübergreifenden Produktstandardisierungen und -harmonisierungen
Mediation zwischen klinischen Anwendern aller Standorte sowie den Bereich Einkauf und Logistik des xxxxxx
Gemäß der Aufforderung zur Angebotsabgabe sollte die Ausschreibung produktneutral erfolgen. Diesbezüglich wurden den Bietern lediglich die Arten der gewünschten Versorgung auf Basis des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS) vorgegeben. So wurden z.B. im Bereich des Loses 1 für die Hüftendoprothetik die Versorgungsarten primäre TEP nicht zementiert/teilzementiert/zementiert, primäre TEP Kurzschaft nicht zementiert und Hemiprothese zementiert/nicht zementiert vorgegeben. Um den Bietern eine Abschätzung in Bezug auf die Anzahl der zu erwartenden Eingriffe pro Versorgungsart zu ermöglichen, wurde diesen mit den Vergabeunterlagen umfangreiche Listen über die eingesetzten Materialien und deren jeweilige Anzahl, bezogen auf den Jahresverbrauch 2011, überlassen.
In Bezug auf die jeweils gewünschte Versorgungsart waren von den Bietern in einem Tabellenblatt die angebotenen einzelnen Komponenten (Typen) der Implantate sowie deren Preise einzutragen. Pro Versorgungsart konnten von den Bietern beliebig viele Optionen angegeben werden. Die Summe der Preise der einzelnen Komponenten der Implantate ergab dann den sog. Versorgungspreis. Gemäß der Aufforderung zur Angebotsabgabe sollte der Versorgungspreis alle Kosten für die benötigten Implantate, das notwendige Instrumentarium sowie die Umsetzung des vorgeschlagenen Managementkonzeptes enthalten.
Die derart für die unterschiedlichen Arten der Versorgung kalkulierten Versorgungspreise waren schließlich in eine Excel-Tabelle zu übertragen, in der die Antragsgegnerin unterschiedliche Mengenstaffeln für die einzelnen Arten der Versorgung vorgegeben hatte. Den Bietern war es dabei freigestellt, bei einer höheren Mengenstaffel Preisreduktionen anzubieten. Durch Multiplikation der angebotenen Preise mit der jeweiligen vorgegebenen Anzahl der Versorgungen und der Aufsummierung der sich ergebenen Produkte dividiert durch die insgesamt vorgegebene Anzahl von Eingriffen ergab sich der von der Antragsgegnerin gewünschte einheitliche Versorgungspreis pro Eingriff im Bereich der Hüftendoprothetik in Bezug auf die jeweilige Mengenstaffel. Der sich aus den verschiedenen Mengenstaffeln ergebende Durchschnittswert sollte der weiteren Angebotswertung zu Grunde gelegt werden. Diesbezüglich war der Aufforderung zur Angebotsabgabe eine Bewertungsmatrix mit Erläuterungen beigefügt. Danach sollte der sich ergebende durchschnittliche Versorgungspreis mit 60%, die Qualität mit 30% und das Managementkonzept mit 10% gewichtet werden.
Gemäß dem eingereichten Teilnahmeantrag beabsichtigte die Antragstellerin, Angebote für die Lose 1 - 7 abzugeben. Nach dem Teilnahmewettbewerb wurde die Antragstellerin für die Angebots- und Verhandlungsphase zugelassen und erhielt am 18.06.2012 die Vergabeunterlagen. Mit Datum vom 22.06.2012 rügte die Antragstellerin das Vergabeverfahren in insgesamt 15 Punkten. Unter anderem rügte sie die Wahl des beschleunigten Verhandlungsverfahrens, den von der Antragsgegnerin gewünschten einheitlichen Versorgungspreis pro Los, die unklare Beschreibung der erwarteten Dienstleistungen im Rahmen des Managementkonzeptes und insbesondere die dort geforderte preisunabhängige und standortübergreifende Produktstandardisierung. Mit Schreiben vom 02.07.2012 half die Antragsgegnerin den Rügen teilweise ab, in Bezug auf die Wahl des Verhandlungsverfahrens, den einheitlichen Versorgungspreis, das Managementkonzept und die standortübergreifende Produktstandardisierung wies sie die Rüge zurück.
Am 17.07.2012 beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.
Der Antrag sei zulässig und auch begründet. Im Hinblick auf die Zulässigkeit habe sie insbesondere alle geltenden Rügefristen eingehalten, dies gelte auch im Hinblick auf die Wahl des Verhandlungsverfahrens. Die Verfahrensart als solche sei zwar schon aus der Bekanntmachung ersichtlich gewesen, nicht jedoch deren Vergaberechtswidrigkeit. Dies lasse sich erst in Zusammenschau mit den Vergabeunterlagen beurteilen, da erst aus der Beschreibung des Leistungsgegenstandes erkennbar gewesen sei, dass das Verhandlungsverfahren offenkundig als Kompensation für eine unklare Leistungsbeschreibung herhalten solle. Damit sei vorliegend auch diese Rügefrist eingehalten.
Der Antrag sei aber auch begründet. Insbesondere die Forderung der Antragsgegnerin, für jedes Los einen fixen und einheitlichen Versorgungspreis, bezogen auf den jeweiligen Operationsschlüssel (OPS), anzubieten, verstoße gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung gem. § 8 VOL/A-EG. Hiernach müsse der Bieter Gegenstand, Art und Umfang der Leistung zweifelsfrei erkennen könne. Diese Anforderungen würden bei der pauschalen Abforderung eines Einheitspreises für höchst unterschiedliche Produkte mit nicht vorhersehbaren Abrufzahlen jedoch in keiner Weise erfüllt. Vielmehr obliege es allein dem Bieter zu entscheiden, welche Art und Qualität der Komponenten er der jeweiligen Versorgung und dem dafür zu kalkulierenden Preis zu Grunde lege. Damit verlagere der Auftraggeber die ihm obliegende Pflicht der Leistungsbestimmung in unzulässiger Weise auf den Bieter. Zugleich sei weder eine Kalkulierbarkeit noch eine Vergleichbarkeit der Angebote möglich, da den Angeboten unterschiedliche Arten und Anzahlen der Komponenten, insbesondere aber auch unterschiedliche Qualitäten der Versorgung zu Grunde liegen würden. So werde beispielsweise in Bezug auf das Los 4 unter dem OPS-Code 5-835.5 (Fixation durch Schrauben-Stabsystem) die durchgeführte Prozedur mit Fokus auf Implantate verstanden. Dieser Code besage alleine, dass die Osteosynthese dorsal durch ein Schrauben-Stabsystem erfolge. Allerdings regele dieser Code nicht, aus wie vielen Komponenten eine Versorgung bestehen würde. Dies könne eine monosegmentale Versorgung mit 10 Komponenten genauso umfassen wie eine multisegmentale Versorgung mit beispielsweise über 40 Artikeln. Ferner enthalte die Produktliste zu Los 4 ausschließlich Stäbe als Implantate. Zu jedem Stab würden jedoch immer zwei Schrauben und zwei Verschlüsse gehören. Da es sich bei den angegebenen Stäben um unterschiedliche Längen handele, sei kein definitiver Rückschluss auf die dazugehörigen Schrauben möglich. Es sei daher nicht kalkulierbar, welcher Materialaufwand Bestandteil des Vertrages sein solle.
Zudem umfasse das Spektrum der primären Versorgungsoptionen der Antragstellerin unterschiedlichste Qualitätsmerkmale, abhängig von den operativen Anforderungen der Patienten. Auf Grund der medizinischen Wahlfreiheit der Anwender sei davon auszugehen, dass sich der Anwender im Zweifelsfall bei einem einheitlichen Versorgungspreis immer für die höherwertige Versorgung entscheiden werde. Der Auftraggeber habe nämlich auf Grund des einheitlichen Preises keinerlei Anreiz mehr, sich wie bisher im medizinisch vertretbaren Fällen für ein einfaches und preisgünstiges Produkt zu entscheiden. Die hierdurch entstehenden Kalkulationsrisiken seien von erheblicher Tragweite.
Zugleich finde durch die Ausschreibungsweise eine unzumutbare Risikoverlagerung zu Lasten der Bieter i. S. eines ungewöhnlichen Wagnisses statt. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass ungewöhnliche Wagnisse auf die Bieter übertragen werden dürften, sei dies jedenfalls nur unter der Voraussetzung zulässig, dass diese Risiken eindeutig benannt und konkret kalkulierbar bzw. kompensierbar seien. Dies sei dem Bieter vorliegend auf Grund der unklaren Beschreibung der Leistung aber gerade nicht möglich, da eben nicht vorhersehbar sei, welche Produkte in welcher Qualität und in welcher Menge abgerufen werden würden. Es bestehe damit die Gefahr, dass die Bieter einen eher niedrigen, allenfalls durchschnittlichen Produktstandard kalkulieren, dann aber die hochpreisigen Waren abgerufen würden.
Auch die Beschreibung des geforderten Managementkonzeptes verstoße gegen das Gebot einer eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung. Die Antragsgegnerin habe in der Angebotsaufforderung lediglich stichpunktartig aufgelistet, um welche Dienstleistungen es sich handeln solle. Auf Grund der nur sehr wagen Beschreibung sei für die Bieter nicht erkennbar, welche einzelnen Leistungspflichten und damit verbundenen Risiken sie letztlich übernehmen müssen. Auf Grund der Unterschiedlichkeit der angebotenen Leistungen sei auch in diesem Fall eine Vergleichbarkeit der Angebote nicht möglich.
Insbesondere die Forderung nach einer standortübergreifenden Produktstandardisierung im Rahmen des geforderten Managementkonzeptes verstoße gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung. Ausweislich der Vergabeunterlagen soll die Abgabe eines einheitlichen Preises insoweit auch ein Anreizsystem darstellen, demzufolge der Bieter von sich aus einen Anreiz dahingehend hat, möglichst günstige Produkte anzubieten. Ganz im Gegenteil dürfe dies zu erheblichen Fehlanreizen führen, da zwar die jeweils einfachen und günstigen Produkte angeboten werden könnten, diese aber später womöglich den hohen medizinischen Anforderungen, die die Anwender zu Recht im Interesse der Patienten stellten, nicht gerecht werden können. Dies sei nicht nur medizinisch unvertretbar, sondern widerspreche auch dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz des § 97 Abs. 5 GWB, der sich gerade nicht nur an preislichen, sondern insbesondere auch an qualitativen Aspekten zu orientieren habe.
Schließlich habe die Antragsgegnerin durch die Wahl des beschleunigten Verhandlungsverfahrens gegen § 101 Abs. 7 GWB verstoßen. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sei es im vorliegenden Fall der Lieferung marktgängiger Medizinprodukte möglich, die nachgefragten Produkte und Dienstleistungen eindeutig und abschließend zu beschreiben und im Offenen Verfahren zu vergeben. Zudem sei diese Verfahrensart grundsätzlich nur in Fällen besonderer Dringlichkeit zulässig. Die Dringlichkeit müsse sich zudem aus Umständen ergeben, die nicht der organisatorischen Sphäre des öffentlichen Auftraggebers selbst zuzurechnen seien. Sofern nunmehr Zeitdruck entstanden sei, beruhe dies aber auf früheren Versäumnissen der Antragsgegnerin, was nicht als Grund für ein beschleunigtes Vergabeverfahren herhalten könne.
Schließlich sei durch die gewährte Akteneinsicht ein weiterer Vergaberechtsverstoß bekannt geworden. Die Antragsgegnerin habe in ihrem Vergabevermerk auf Seite 10 festgehalten, dass eine Vielzahl von geforderten Unterlagen und Erklärungen fehlen würden. Auf eine Nachforderung dieser Unterlagen habe die Antragsgegnerin jedoch unter der Begründung verzichtet, dass alle Bewerber dem xxxxxx bekannt seien und deren Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Fachkunde feststehe. Hiermit habe sie gegen die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Eignungsprüfung gem. § 97 Abs. 4 GWB, den Transparenzgrundsatz gem. § 97 Abs. 1 GWB und den Gleichbehandlungsgrundsatz gem. § 97 Abs. 2 GWB verstoßen. Da die Antragsgegnerin letztlich alle 19 Bewerber durch die Eignungsprüfung "durchgewunken" habe, stehe zu befürchten, dass die Antragstellerin mit einer Reihe von sehr kleinen oder sonst ungeeigneten Bietern in den Wettbewerb treten müsse.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
das streitgegenständliche Vergabeverfahren (EU-Amtsblatt xxxxxx) über die Lieferung von muskuloskeletalen Implantaten und Zubehör aufzuheben,
hilfsweise
das Vergabeverfahren in den Stand der Angebotsabgabe zurückzuversetzen und der Vergabestelle aufzugeben, den verfahrensgegenständlichen Bedarf unter Vermeidung der von der Vergabekammer festgestellten Vergabeverstößen auf vergaberechtskonformer Basis neu auszuschreiben, hilfsweise ihn vergabekonformer Weise neu zur Angebotsabgabe aufzufordern;
- 2.
der Antragstellerin umgehend und voll umfassend Akteneinsicht zu gewähren
- 3.
die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für die Antragstellerin für notwendig zu erklären;
- 4.
die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen.
(§ 111 GWB);
Die Antragsgegnerin beantragt,
- 1.
die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen;
- 2.
der Antragstellerin Akteneinsicht nur beschränkt auf den Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens und unter Wahrung des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses der Wettbewerber zu gewähren.
- 3.
Die Antragstellerin hat der Auftraggeberin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die Auftraggeberin notwendig.
Der Nachprüfungsantrag sei bereits teilweise unzulässig und im Übrigen in Gänze unbegründet.
Der Antrag sei bereits unzulässig soweit er sich auf die Wahl des vermeintlichen vergaberechtswidrigen Verhandlungsverfahren beziehe, da weder eine Antragsbefugnis vorliege, noch die Antragstellerin ihren Rügeobliegenheiten gem. § 107 Ab. 3 Nr. 2 u. 3 GWB nachgekommen sei. Sowohl in der Bekanntmachung als auch in den Teilnahmeunterlagen sei bekannt gegeben worden welches Verfahren zur Anwendung komme. Mit den Teilnahmeunterlagen sei den Bietern die Wahl des beschleunigten Verhandlungsverfahrens, der Ablauf des Verfahrens und der vorgesehene Zeitplan bekannt gegeben worden. Damit hätte eine Rüge in Bezug auf die Wahl des Verhandlungsverfahrens spätestens bis zur Abgabe des Teilnahmeantrages am 08.06.2012 erfolgen müssen. Darüber hinaus sei die Antragstellerin auch diesbezüglich nicht antragsbefugt, schließlich habe die Antragstellerin ihren Teilnahmeantrag rechtzeitig abgegeben und sei in dem weiteren Verfahren berücksichtigt worden. Insofern sei nicht erkennbar, inwiefern durch die Wahl des Verhandlungsverfahrens der Antragstellerin ein Nachteil entstanden sei.
Der Nachprüfungsantrag sei darüber hinaus auch unbegründet.
In Bezug auf den fixen und einheitlichen Versorgungspreis wende sich die Antragstellerin grundsätzlich gegen ein neues Ausschreibungs- bzw. Versorgungskonzept. Wesentliches Kennzeichen des Vergütungskonzeptes sei die Versorgung des xxxxxx mit allen benötigen Materialien zu festen Versorgungspreisen. Der Versorgungspreis beinhalte alle Kosten für benötigte Implantate, entsprechendes Hersteller- und implantatabhängiges Zubehör (Instrumentarium) sowie das Produkteinführungs- und Versorgungskonzept. Die Versorgungspreise sollen zum einen Kostensicherheit für die Auftraggeberin und die Auftragnehmer schaffen, zum anderen ein Anreiz für die Auftragnehmer bieten, die wirtschaftliche Produktstandardisierung, die logistische Versorgung sowie das entsprechende Management in Mitverantwortung durchzuführen.
Derartige ganzheitliche Versorgungskonzepte würden in den unterschiedlichsten Bereichen im Gesundheitswesen bereits entwickelt und erfolgreich angewendet. So würden beispielsweise im Bereich der Labordiagnostik, Laborreagenzien und Labordiagnostikgeräte zu einem Befundpreis ("Analystenfestpreis") vergütet. Der Befundpreis beinhalte die Bereitstellung der notwendigen Labordiagnostikgeräte, deren Wartung und Instandhaltung, alle Laborreagenzien und Verbrauchs- und Reinigungsmaterialien, die für die Laboranalyse notwendig seien.
In diesem Sinne sollten einerseits die OPS-Codes (chirurgische Prozeduren und Eingriffe) dazu dienen, Aufkommen und Anzahl der chirurgischen Eingriffe mit Einsatz von muskuloskeletalen Implantaten zu beschreiben, andererseits solle ein als Anlage zum Leistungsverzeichnis übersandter exemplarischer Jahresverbrauch an Einzelkomponenten "muskuloskeletaler Implantate" einen Einblick in das aktuell verwendete Produktspektrum geben. Dementsprechend sei das Leistungsverzeichnis aufgebaut. Auf Tabellenblatt 1 des Leistungsverzeichnisses würden Versorgungspreise für unterschiedliche Mengen angeboten und auf dem Tabellenblatt 2 des Leistungsverzeichnisses seien die für die Einzelversorgungsarten angegebenen Produkte einzutragen. In dem Tabellenblatt 2 könnten zudem verschiedene Optionen für Versorgungssysteme angeführt werden, die in dem Versorgungspreis enthalten seien. Dabei sei es den Bietern überlassen, Preisreduktionen in Abhängigkeit der Mengenstaffeln anzubieten. Aus den Durchschnittswerten der Versorgungspreise pro Implantatkategorie ergebe sich dann der Versorgungspreis für das jeweilige Los. Vor diesem Hintergrund lasse sich nicht nachvollziehen, weshalb der Konformität mit dem Gebot einer eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung gem. § 8 VOL/A-EG nicht Genüge getan sein soll. Neben der Möglichkeit, Art und Umfang der Leistung zweifelsfrei erkennen zu können, sei auch eine exakte Preisermittlung sowie eine Vergleichbarkeit der Preise gewährleistet.
Das es bei einem Einzeleingriff Unterschiede im Implantatverbrauch geben könne, die einerseits von den unterschiedlichen herstellerspezifischen Implantatsystemen, andererseits von chirurgischer Vorgehensweise und Besonderheiten seitens Operateur und Patient abhängig seien, sei sicherlich richtig. Da der feste Versorgungspreis pro Los sich jedoch auf einzelne detailliert beschriebene Einzelkomponenten in verschiedenen Mengenstaffeln beruhe, sei das Risiko für den Auftragnehmer überschaubar und im Voraus kalkulierbar. Damit stelle sich auch die von der Antragstellerin aufgeworfene Frage zur Zulässigkeit der Übertragung eines ungewöhnlichen Wagnisses durch den Wegfall dieser Regelung in der VOL/A 2009 nicht mehr.
Soweit die Antragstellerin vortrage, dass die im Rahmen des Managementkonzeptes erwarteten Dienstleistungen unklar und in keiner Weise erschöpfend beschrieben worden seien, sei festzustellen, dass dieses vergaberechtlich nicht erforderlich sei, da es gerade in das Ermessen des Anbieters gestellt werde, in welchem Umfang er ein Managementkonzept anbieten möchte, um mit den Anwendern gemeinsam wirtschaftliche und qualitativ hochwertige Lösungskonzepte zu erarbeiten. Vor diesem Hintergrund sei es dem Bieter möglich, den im Rahmen des Managementkonzeptes vorgesehenen Leistungsumfang und die damit verbundenen Risiken zu beschreiben und damit in das Angebot mit einzukalkulieren. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass sich die angebotenen Managementkonzepte unterscheiden werden, dieses werde aber durch die Bewertung im Rahmen der offen gelegten Bewertungsmatrix berücksichtigt. Hierdurch sei eine Bewertung und somit auch eine Vergleichbarkeit der Angebote sichergestellt. Dies gelte grundsätzlich für alle Bestandteile des Managementkonzeptes wie die Implementierung eines elektronisch gestützten Bestell- und Logistikkonzeptes, die kontinuierliche Optimierung dieses Konzeptes, die Schulungsleistungen und auch für die Einführung einer standortübergreifenden Produktstandardisierung. Es sei gerade Gegenstand des Verhandlungsverfahrens, dass hierfür eine Lösung angeboten werde. Letztlich habe ein Bieter auf Grund des vorliegend ausgeschriebenen Versorgungskonzeptes die Möglichkeit, anhand der durch ihn angebotenen Versorgungssysteme unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten anzubieten. Nach Abschluss des Vertrages sei es möglich, auf Grundlage der angebotenen Produkte den Anwendern Operationslösungen unter Einbeziehung der angebotenen Produkte vorzustellen und zu erörtern. Die Befürchtung, dass die Umsetzung eines Managementkonzeptes zu Fehlanreizen führe, sei unbegründet, da für die medizinischen Anwender stets die bestmögliche medizinische Versorgung in Vordergrund stehe.
Schließlich sei auch die Wahl des Verhandlungsverfahrens nicht per se unzulässig. Das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb gem. § 3 Abs. 3 lit. c) VOL/A sei zulässig, wenn die zu vergebende Dienstleistung so beschaffen sei, dass die vertraglichen Spezifikationen nicht so genau festgelegt werden könnten. Dies sei vorliegend der Fall, da keine ausreichenden Angaben zu den geforderten Mengen und Versorgungskomponenten vorgegeben werden könnten. Dies habe wiederum Auswirkungen darauf, dass die vertraglichen Spezifikationen nicht hinreichend genau festgelegt werden könnten, so dass nur ein Verhandlungsverfahren in Betracht komme.
Schließlich sei auch die Eignungsprüfung ermessensfehlerfrei durchgeführt worden. Gem. § 19 Abs. 2 S. 1 VOL/A EG könnten Erklärungen und Nachweise, die auf Aufforderung der Auftraggeber bis zum Ablauf der Angebotsfrist nicht vorgelegt würden, bis zum Ablauf einer von ihm zu bestimmenden Nachfrist nachgefordert werden. In dieser Hinsicht sei es zutreffend, dass ein öffentlicher Auftraggeber nicht auf verlangte Angaben oder Erklärungen verzichten dürfe. Diese Konstellation liege im zur Nachprüfung gestellten Sachverhalt indessen nicht vor. Sie habe bereits in der Vergabebekanntmachung unter den Ziffern III.2.1) bis III.2.3) differenziert zwischen zwingend und fakultativ vorzulegenden Unterlagen. Die zwingend vorzulegen Erklärungen seien von den Bietern mit dem Teilnahmeantrag abzugeben gewesen. Soweit sie aber dort festgelegt hatte, dass Unterlagen nicht nachgefordert würden, sei eine Nachforderung nun auch nicht mehr zulässig. Die Eignungsprüfung sei damit ermessensfehlerfrei durchgeführt worden.
Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, das Protokoll der mündlichen Verhandlung und die Vergabeakte Bezug genommen.
II.
Der überwiegend zulässige Nachprüfungsantrag ist teilweise begründet. Die Antragstellerin ist gem. § 97 Ab. 7,§ 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt.
1. Der Nachprüfungsantrag ist überwiegend zulässig. Bei der Antragsgegnerin, der xxxxxx handelt es sich um einen öffentlichen Auftraggeber gem. § 98 Nr. 2 GWB.
Die Antragsgegnerin ist aufgrund der gewählten Betriebsform als selbständige GmbH kein Sondervermögen einer Gebietskörperschaft gemäß § 98 Nr. 1 GWB. Bei der xxxxxx handelt es sich gemäß § 3 Abs. 1 NKomVG um eine Gebietskörperschaft gemäß § 98 Nr. 1 GWB. Die xxxxxx ist eine juristische Person des privaten Rechtes, die im alleinigen Eigentum der xxxxxx steht. Bei der GmbH im Eigentum der xxxxxx handelt es sich nicht um deren Sondervermögen gemäß § 130 NKomVG bzw.§ 98 Nr. 1 GWB. Der in § 130 NKomVG definierte Begriff des kommunalen Sondervermögens umfasst nur die wirtschaftlichen Einrichtungen. Gemäß § 136 Abs. 3 NKomVG sind die Einrichtungen der Kommune nicht identisch mit den in § 136 Abs. 2 NKomVG genannten kommunalen Unternehmen.
Nach § 98 Nr. 2 GWB sind auch andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechtes, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, öffentliche Auftraggeber, wenn Stellen, die unter Nr. 1 fallen, sie einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise überwiegend finanzieren oder über ihre Leitung die Aufsicht ausüben oder mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihre zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe bestimmen. Die Antragsgegnerin ist zu dem besonderen Zweck gegründet worden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen. Das Allgemeininteresse ergibt sich aus dem Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze, Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Nach § 1 KHG ist Zweck des Gesetzes die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, um eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen. Gemäß § 9 KHG fördern die Länder auf Antrag des Krankenhausträgers Investitionskosten, darunter insbesondere für die Errichtung von Krankenhäusern für die Erstausstattung mit notwendigen Anlagegütern, für die Wiederbeschaffung von Anlagegütern und weitere im Einzelnen genannte Positionen. Somit handelt es sich bei dem Betrieb eines zu errichtenden Krankenhauses auch in der Form eines privatrechtlichen Unternehmens nicht um eine auf Gewinnerzielung gerichtete gewerbliche Tätigkeit, sondern um eine im wesentlichen mit öffentlichen Mitteln geförderte und ermöglichte Aufgabe zur Versorgung der Bevölkerung gemäß § 1 KHG.
Darüber hinaus finanziert die xxxxxx neben den o. g. Zuschüssen Dritter und neben den Pflegesätzen der durch gesetzlich normierte Pflichtbeiträge finanzierten Krankenkassen (vgl. EUGH Urteil vom 11.06.2009, NJW 09, S. 2427, C-300/07 Oymanns) die xxxxxx aufgrund ihrer Gesellschafterstellung überwiegend.
Es handelt es sich bei der streitgegenständlichen Beschaffung um einen öffentlichen Auftrag gemäߧ 99 GWB, da die Auftraggeberin in ihrer Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber einen entgeltlichen Vertrag über die Beschaffung von muskuloskeletalen Implantaten und deren Zubehör zu schließen beabsichtigt.
Der hier streitbefangene Auftrag übersteigt den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, welche die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach§ 127 GWB festgelegt worden sind. Gemäß § 2 Nr. 2 VgV in der zur Zeit der Bekanntmachung dieses Auftrags (xxxxxx.2012) geltenden Fassung gilt ein Schwellenwert von 200.000 EUR (vgl. Änderung der Vergabeverordnung vom 14.03.2012, BGBl. I, S. 488). Gemäß Ziffer 4 des Vergabevermerkes hat die Antragsgegnerin den Gesamtauftragswert netto für alle 12 Lose auf ca. xxxxxx EUR geschätzt, so dass dieser Schwellenwert durch den hier zu vergebenden Auftragswert überschritten ist.
Die Antragstellerin ist überwiegend antragsbefugt gemäß § 107 Abs. 2 GWB, da sie als potentielles Bieterunternehmen im vorliegenden Vergabeverfahren ein Interesse an den Losen 1 bis 7 des Auftrags hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Zwar hat sie nur ein Angebot für das Los 3 abgegeben. Sie hat aber geltend gemacht, hinsichtlich der Lose 1, 2 und 4-7 von der Unterbreitung eines zuschlagsfähigen Angebots gerade durch angeblich vergaberechtswidrige Passagen der Leistungsbeschreibung abgehalten worden zu sein (vgl. Kadenbach in Willenbruch/Wieddekind, VergabeR 2. Auflage, 11. Los § 107 Rdnr. 27). Ihr Interesse am Auftrag ergibt sich aus dem Teilnahmeantrag, der Rüge und aus dem Nachprüfungsantrag. Als potentielles Bieterunternehmen hat sie im vorliegenden Vergabeverfahren ein Interesse am Auftrag. Sie vertritt die Auffassung, die Wahl des beschleunigten Verhandlungsverfahrens, der von der Antragsgegnerin gewünschte einheitliche Versorgungspreis pro Los, die unklare Beschreibung der erwarteten Dienstleistungen im Rahmen des Managementkonzeptes und insbesondere die dort geforderte preisunabhängige und standortübergreifende Produktstandardisierung und die verfehlte Eignungsprüfung der Teilnahmeanträge seien vergaberechtswidrig. Insbesondere die unklare Beschreibung der erwarteten Dienstleistungen im Rahmen des Managementkonzeptes seien nicht hinreichend konkretisierte offene Leistungen, die nicht seriös zu kalkulieren seien. Damit werde der Antragstellerin eine Angebotsmöglichkeit verwehrt.
Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstanden oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Auflage, § 107 GWB, Rdnr. 954). Die Antragstellerin hat durch ihre Rügen zumindest schlüssig dargelegt, dass sie sich durch die geltend gemachten Vergaberechtsverstöße in ihren Chancen beeinträchtigt sieht, ein konkurrenzfähiges Angebot für die Lose 1, 2 sowie 4 bis 7 abzugeben und den Zuschlag zu erhalten. Es ist im Übrigen nicht erforderlich, dass ein Antragsteller schlüssig darlegt, dass er bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten würde (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.1999, Az.: Verg 1/99).
Soweit die Antragstellerin allerdings vorträgt, sie sei durch die Wahl des beschleunigten Verhandlungsverfahrens in ihren Rechten verletzt, ist dieser Einwand gesondert zu prüfen und in zwei Einwände aufzuspalten. Zum einen richtet sich die Antragstellerin gegen die Auswahl des Verhandlungsverfahrens gem. § 3 EG Abs. 3 c) VOL/A und zum anderen gegen das Verhandlungsverfahren in der beschleunigten Fassung gem. § 12 EG Abs. 4 VOL/A. Soweit sich die Antragstellerin gegen die Durchführung des Verhandlungsverfahren in der beschleunigten Fassung gem. § 12 EG Abs. 4 VOL/A in ihren Rechten beeinträchtigt sieht, erkennt die Vergabekammer keine Möglichkeit eines Schadens i. S. des § 107 Abs. 2 GWB. Die Antragstellerin war trotz erheblicher Verkürzung der Frist für den Antrag auf Teilnahme von 52 Tagen für das offene Verfahren (vgl. § 12 EG Abs.2 VOL/A) bzw. 37 Tagen für das Verhandlungsverfahren (vgl. § 12 EG Abs.4 VOL/A) auf nur 10 bzw. 15 Tage ab Absendung der Bekanntmachung (vgl. § 12 EG Abs.4 Satz 2 VOL/A), (hier 16 Tage ab Bekanntmachung) in der Lage, einen Teilnahmeantrag zu stellen, der die von der Antragsgegnerin in der öffentlichen Bekanntmachung gesetzten Anforderungen für die Teilnahme am weiteren Verhandlungsverfahren erfüllte. Daher ist ein möglicher Schaden der Antragstellerin durch die Auswahl des Verhandlungsverfahrens in der beschleunigten Fassung gem. § 12 EG Abs. 4 VOL/A nicht erkennbar. Außerdem hat die Antragsgegnerin die Frist zur Abgabe des Angebotes auf die Rüge der Antragstellerin vom 22.06.2012 auf drei Wochen bis zum 27.07.2012 verlängert. Ferner hat die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen, dass sie sich gegenüber den Bietern verpflichtet habe, Fragen nicht erst 4 Tage, sondern bereits sechs Tage vor Ablauf der Angebotsfrist zu beantworten (§ 12 EG Abs. 8 VOL/A).
Dagegen ist es durchaus möglich, dass die Antragstellerin durch die gemäß § 101 Abs. 7 GWB nur ausnahmsweise eröffnete Wahl des Verhandlungsverfahrens mit vorheriger öffentlicher Aufforderung zur Teilnahme in ihren Rechten als Bieter verletzt ist. Insoweit ist ihre Antragsbefugnis gemäߧ 107 Abs. 2 GWB zu bejahen.
Die Antragstellerin ist ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber zu rügen.
Gemäß § 107 Abs. 3 Ziff. 1 GWB ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Als unverzüglich gilt grundsätzlich ein Zeitraum innerhalb von 1 bis 3 Tagen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, Az. 1 Verg 4/03; Bechtolt, GWB, § 107, Rz. 2). Bei Einschaltung eines Anwaltes bzw. Prüfung schwieriger Rechtsfragen wird die Frist regelmäßig auf eine Woche ausgedehnt (VK Nordbayern, Beschluss vom 08.06.2011 - 21.VK-3194-14/11; OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010, WVerg 6/10; jetzt auch OLG München, Beschluss vom 15.03.2012, Verg 2/2). Die Frist beginnt allerdings erst, wenn der Antragsteller sowohl von den tatsächlichen Umständen, auf die er seinen Vorwurf einer ihn betreffenden Vergaberechtsverletzung stützt, Kenntnis erlangt, als auch aufgrund einer zumindest laienhaften Wertung wusste, dass sich aus ihnen eine Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren ergibt, oder dass die Vergabestelle mit dem betreffenden Verhalten gegen solche ihn als Bieter schützende Vorschriften des Vergaberechts verstößt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.09.2009, VII Verg 12/09; Kadenbach in Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht Kompaktkommentar, 2. Auflage, 11. Los § 107 GWB, Rz. 58). Hier hat die Antragstellerin gerügt, dass das Verhandlungsverfahren dazu diene, eine nicht ordnungsgemäße Leistungsbeschreibung zu kompensieren.
Die Antragsgegnerin hat in Ziff. IV. 1.1. der Vergabebekanntmachung vom xxxxxx.2012 die Durchführung der Vergabe in der Form des Verhandlungsverfahrens nach § 3 EG Abs. 3 c) VOL/A bekannt gemacht. Da die europaweite Bekanntmachung nicht wie ein Brief zielgerichtet an einzelne Empfänger gerichtet ist, ist es nicht möglich, analog § 41 Abs. 2 VwVfG davon auszugehen, dass die Antragstellerin nach Ablauf einer bestimmten Frist ab öffentlicher Bekanntmachung von der Wahl des Verhandlungsverfahrens hätte Kenntnis erlangen müssen. Es besteht keine Pflicht eines potenziellen Bieters, europaweite Bekanntmachungen häufig einzusehen und auf relevante Vergaben zu prüfen. Allerdings hat die Antragstellerin von dieser Verfahrenswahl für eine Vergabe zur Beschaffung medizinischer Produkte spätestens mit Abgabe ihres Teilnahmeantrags für die Lose 1 bis 7 am 06.06.2012 Kenntnis gehabt. Das schließt jedoch die laienhaft-rechtliche Wertung, dass die Wahl des Verhandlungsverfahrens einen Vergabeverstoß darstelle, nicht mit ein.
Die Antragstellerin hat unwiderlegt in der Rüge und in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtlich beraten gewesen sei und daher nicht erfasst habe, welche Einschränkungen mit der Wahl des Verhandlungsverfahrens verbunden gewesen seien. Erst die Abfassung der Rüge vom 22.06.2012 sei mit anwaltlicher Unterstützung erfolgt.
Bei einem aufgrund seiner Produktpalette zwangsläufig im öffentlichen Auftragswesen erfahrenen und dort notwendigerweise zumindest mit einem wesentlichen Geschäftsanteil präsenten Bieter mit einem Jahresumsatz im dreistelligen Millionenbereich liegt es nahe, dass dieser grundsätzlich hinreichend eigene Rechtskenntnisse besitzt, um auch ohne anwaltliche Beratung den grundlegenden Unterschied zwischen einem offenen Verfahren und einem nicht offenen Verfahren mit vorheriger öffentlicher Aufforderung zur Teilnahme zu erkennen. Das schließt auch die Kenntnis der für seine Produkte spezifischen Rechtsprechung des BGH (Beschlusses vom 10.11.2009, XZP 8/09) ein, auf die sich die Antragstellerin erst in ihrem Rügeschreiben vom 22.06.2012 berufen hat. Der grundsätzliche Vorrang des offenen Verfahrens ist unmittelbar aus dem Gesetzestext in§ 101 Abs. 7 GWB leicht erkennbar. Hier liegt aber die im Vergabevermerk unter Ziffer 12 dokumentierte und von der Antragstellerin eingangs der mündlichen Verhandlung bestätigte Besonderheit vor, dass für Beschaffungen von Implantaten auch mit Werten deutlich über den Schwellenwerten des § 2 Nr. 2 VgV Vergaben nach dem GWB in der Vergangenheit absolut unüblich waren. Somit kann in dieser besonderen atypischen Marktsituation nicht ohne Weiteres von den ansonsten marktüblichen Vergabekenntnissen ausgegangen werden.
Daher ist zum Zeitpunkt der Abgabe des Teilnahmeantrags zwar Kenntnis der Antragstellerin von den tatsächlichen Umständen, nicht aber von den rechtlichen Folgen der Wahl des Verhandlungsverfahrens anzunehmen. Dies hat zur Folge, dass die Frist zur unverzüglichen Rüge noch nicht mit Abgabe des Teilnahmeantrags begann. Mangels weiterer Anhaltspunkte für eine frühzeitige Kenntnis der Antragstellerin, für die nach in der Rechtsprechung vorherrschender Meinung die Antragsgegnerin darlegungspflichtig wäre (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.02.2012 - Verg 75/11), kann die Vergabekammer eine Kenntnis der Antragstellerin von etwaigen einschränkenden Regeln des Verhandlungsverfahrens erst ab dem von der Antragstellerin dargestellten Zeitpunkt mit Erhalt der Vergabeunterlagen annehmen.
Das gilt selbst dann, wenn die Antragsgegnerin der Antragstellerin wie hier unter größtmöglicher Transparenz gemäß § 97 Abs. 1 GWB bereits frühzeitig umfassende Unterlagen zur Verfügung gestellt hat, aus denen sich hinsichtlich des Verhandlungsverfahrens die damit verbundenen Besonderheiten in einer den Vergabeunterlagen vergleichbaren Klarheit ergeben. Denn nach der vorherrschenden Rechtsprechung gibt es keine Obliegenheit eines Bieters, sich sachkundig zu machen, auch nicht, wenn diese Obliegenheit sich auf die Durchsicht der zur Verfügung gestellten Teilnahmeunterlagen beschränkt (OLG Dresden, Beschluss vom 23.04.2009, WVerg 11/08, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.12.2008, VIIVerg 55/08; OLG Naumburg, Beschlüsse vom 13.05.2008 und vom 05.12.2008, 1 Verg 3/08 und 1Verg 9/08; Kadenbach in Willenbruch/Wieddekind, VergabeR 2. Auflage, § 107, Rdnr. 60). Eine Verpflichtung zur zeitnahen Durchsicht der Vertragsunterlagen im Hinblick auf etwaige Vergabeverstöße besteht nicht. Eine Ausnahme wird nur in den Fällen angenommen, in denen der Wissensstand des Antragstellers einen solchen Grad erreicht hat, dass seine gleichwohl nicht sichere Kenntnis von dem Vergabeverstoß darauf beruht, dass er sich ihr mutwillig verschlossen hat. Hier hat die Antragsgegnerin den Teilnahmeantrag an ein 20-seitiges Informationsdokument angehängt, welches bis Ziffer IV auf Blatt 8 identisch mit der später übermittelten Aufforderung zur Angebotsabgabe ist und auch danach in vergleichbarer Tiefe die nächsten Verfahrensschritte erläutert. Unter Ziffer I wird das Projekt mit der Vergütung zu festen, auf OPS-Basis ermittelten, Versorgungspreisen dargestellt, ebenso das gesamte Managementkonzept. Unter Ziffer III wird das vorgesehene Verhandlungsverfahren ausführlich erklärt. Somit hatte die Antragsgegnerin der Antragstellerin schon zum Zeitpunkt der Abgabe des Teilnahmeantrags Verfahrenskenntnisse übermittelt, die jene ohne weiteres in die Lage versetzten, die Auswirkungen des gewählten Verhandlungsverfahrens zu überprüfen. Gleichwohl hat die Antragstellerin in der Rüge vom 22.06.2012 dargestellt, man habe erst die (erneute) Übersendung dieser Informationen mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe zum Anlass einer anwaltlichen Prüfung genommen. Ob sich die Antragstellerin damit bereits mutwillig der Kenntnis vom potentiellen Vergabeverstoß verschlossen hat, ist von der Vergabekammer nicht zu prüfen, da sich die Antragsgegnerin bisher nicht darauf berufen hat.
Die Antragstellerin hat die Vergabeunterlagen am 18.06.2012 erhalten, daraufhin eine rechtliche Überprüfung auf Vergabeverstöße vorgenommen. Eine Rüge gegen die Durchführung der Vergabe in der Form des Verhandlungsverfahrens hätte daher nach den obigen Ausführungen binnen einer Woche, spätestens am 25.06.2012 erfolgen müssen. Somit hat die Antragstellerin ihre Rüge vom 22.06.2012 rechtzeitig am vierten Tag erhoben.
Auch die erst aus den Vergabeunterlagen erkannten behaupteten Rechtsverstöße wegen der unklaren Leistungsbeschreibung hinsichtlich der erwarteten Dienstleistungen im Rahmen des Managementkonzeptes, sowie der im Managementkonzept enthaltenen preisunabhängigen Produktstandardisierung und des einheitlichen Versorgungspreis je Los hat die Antragstellerin folglich unverzüglich i. S. des § 107 Abs. 3 Ziff. 1 GWB gerügt.
Soweit die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren erstmals vorträgt, ihre Rechte seien durch den Ausfall der Eignungsprüfung im Teilnahmewettbewerb beeinträchtigt, ist sie mit diesem Vortrag nicht gem. § 107 Abs. 3 Ziff. 1 GWB präkludiert. Fehler, die objektiv erst im laufenden Nachprüfungsverfahren erkannt werden können, beispielsweise wie hier durch Akteneinsicht, unterliegen nicht der Rügeobliegenheit. Das gilt insbesondere für Verletzungen der Dokumentationspflicht, die vor der Akteneinsicht allenfalls unsubstantiiert auf Verdacht und damit nicht in einer gemäß § 107 Abs. 3 GWB zulässigen Weise gerügt werden können (Kadenbach in Willenbruch/Wieddekind, VergabeR 2. Auflage, 11. Los § 107 Rdnr. 60). Die Pflicht zur Rüge dient der Vermeidung eines Nachprüfungsverfahrens. Somit verfehlt eine Rüge nach Einleitung des Nachprüfungsverfahrens ihren Zweck (vgl. auch OLG Düsseldorf vom 19.11.2003, Verg 22/03; Hattig/Maibaum, Vergaberecht, § 107, Rn. 121).
Es ist auch überzeugend, wenn die Antragstellerin vorträgt, erst aus dem im Rahmen der Akteneinsicht übermittelten Vergabevermerk sei der behauptete Wegfall der Eignungsprüfung erkennbar gewesen. Aus dem Vergabevermerk Ziffer 12 ergibt sich eine großzügige Handhabung der Eignungsprüfung aller Teilnehmer, die eine Rechtsverletzung durch Zulassung ungeeigneter Teilnehmer am Verhandlungsverfahren möglich erscheinen lässt.
Allerdings ist die Antragstellerin gemäß 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB mit ihrem erstmals während der mündlichen Verhandlung in dieses Verfahren eingeführten Einwand präkludiert, ihre Rechte seien durch eine beabsichtigte Vergabe an Dritte in Bezug auf Auftragsbestandteile beeinträchtigt. Die Information, dass der Rahmenvertrag nicht den gesamten Beschaffungsbedarf erfasst, ergab sich objektiv nicht erst während des Nachprüfungsverfahrens. Die Antragsgegnerin hat in der Aufforderung zur Angebotsabgabe Ziffer VI 3. nur die Vergabe von mindestens 80% der Versorgungsarten in den Angeboten gefordert. Daher lag es nicht nur nahe, sondern war objektiv erkennbar, dass eine Entscheidung über die höchstens weiteren 20% auf anderem Wege erfolgen werde, z.B. indem die Antragsgegnerin den Auftragsgegenstand später um die sogenannten Spezialversorgungen erweitern werde. Auch die Bieterfragen 39 und 41 befassen sich damit. Etwaige Verstöße gegen das Vergaberecht durch diese Vorgabe wären daher mit der Rüge vom 22.06.2012, spätestens aber am 25.06.2012 zu rügen gewesen.
Die Antragstellerin ist mit ihren Einwänden zum Verhandlungsverfahren und zum Managementkonzept auch nicht gem.§ 107 Abs. 3 Nr. 2 GWB präkludiert. Gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 2 GWB ist ein Antrag unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung genannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden. Anders als bei § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB kommt es hier nicht auf den Zeitpunkt an, in dem der Bieter den Vergabeverstoß erkannt hat, sondern auf einen Zeitpunkt, in dem der Vergabeverstoß objektiv erkennbar war. Objektiv erkennbar war aus Ziffer II1.5 der europaweiten Bekanntmachung die Verbindung des Lieferauftrags mit dem dort benannten Managementkonzept sowie aus Ziffer IV 1.1 die Anwendung des beschleunigten Verhandlungsverfahrens mit einer kurzen Begründung. Als Termin für die Abgabe des Teilnahmeantrags hat die Antragsgegnerin den 08.06.2012 festgelegt. Das Rügeschreiben der Antragstellerin vom 22.06.2012 wurde deutlich später erstellt. Dennoch ist die Rüge nicht gem. § 107 Abs. 3 Nr. 2 GWB präkludiert, da die in der Bekanntmachung begründete Wahl des Verhandlungsverfahrens objektiv bei realistischer Prüfungstiefe (vgl. Kadenbach in Willenbruch/Wieddekind, VergabeR, 2. Auflage, 11. Los, § 107, Rdnr. 79) nahelegt, dass eine Ausnahme gemäß § 101 Abs. 7 GWB vorliegt, und die Darstellung des Managementkonzeptes noch nicht die angeblich unvollständige Leistungsbeschreibung erkennbar werden lässt. Also waren die später gerügten Vergaberechtsverstöße nicht aufgrund der Bekanntmachung und bis zum Ablauf der Frist zur Abgabe des Teilnahmeantrags objektiv erkennbar.
Die Antragstellerin hat den Nachprüfungsantrag auch rechtzeitig gem. § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB gestellt. Danach ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, wenn mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine echte Rechtsbehelfsfrist, die durch einen ausführlichen Hinweis in der Vergabebekanntmachung in Kraft zu setzen ist. Die Antragsgegnerin hat unter Ziff. VI 4.2 der Vergabebekanntmachung auf die Rechtsbehelfsfrist des§ 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB hingewiesen, diese Rechtsbehelfsfrist somit in Kraft gesetzt. Sie hat ferner mit Schriftsatz vom 02.07.2012 der Antragstellerin mitgeteilt, dass sie zumindest den o. g. Rügen nicht abhelfen werde. Somit war der Nachprüfungsantrag spätestens bis zum 17.07.2012 zu erheben. Die Antragstellerin hat diese Frist mit Erhebung des Nachprüfungsantrages am 17.07.2012 gewahrt.
2. Die Antragstellerin ist weder durch das gewählte Verhandlungsverfahren mit vorheriger öffentlicher Aufforderung zur Teilnahme (Teilnahmewettbewerb) gemäß § 3 EG Abs. 3c) VOL/A in ihren Rechten verletzt (vgl. nachfolgend 2. a), noch hat die Antragsgegnerin mit der gewählten Form der Leistungsbeschreibung dem Grunde nach gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung verstoßen (vgl. nachfolgend 2. b) bis d)). Allerdings ist das Leistungsverzeichnis zumindest in Los 4 nicht eindeutig, weil OPS-Schlüssel, die nicht für Implantatlieferungen stehen, dennoch mit Liefermengen hinterlegt werden sollten (vgl. nachfolgend 2. e). Auch losübergreifende Doppelungen sind im Leistungsverzeichnis nicht erkennbar (vgl. nachfolgend 2. f). Durch die formal fehlerhafte Eignungsprüfung ist es jedenfalls derzeit noch nicht zu einer Beeinträchtigung der Rechte der Antragstellerin gekommen (vgl. nachfolgend 2. g).
a) Die Wahl des Verhandlungsverfahrens ist nicht zu beanstanden. Öffentliche Auftraggeber haben gem. § 101 Abs. 7 GWB das offene Verfahren anzuwenden, es sei denn, auf Grund dieses Gesetzes ist etwas anderes geregelt. Eine solche Regelung findet sich in dem über § 127 GWB und § 4 VGV anzuwendenden § 3 EG Abs. 3c) VOL/A, auf die sich die Antragsgegnerin sowohl in der Vergabedokumentation Ziffer 6. als auch im Nachprüfungsverfahren zu Recht berufen hat.
Gemäß § 3 EG Abs. 3c) VOL/A ist das Verhandlungsverfahren mit vorheriger öffentlicher Aufforderung zur Teilnahme zulässig, wenn die vertraglichen Spezifikationen nicht hinreichend genau festgelegt werden können, um den Auftrag durch die Wahl des besten Angebots in Übereinstimmung mit den Vorschriften über offene und nicht offene Verfahren vergeben zu können. Bei der Frage, ob eine Aufgabenlösung eindeutig beschreibbar ist, hat der Auftraggeber keinen Beurteilungs- oder Entscheidungsspielraum. Es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in vollem Umfang durch die Vergabeinstanzen überprüfbar ist. Bei der Überprüfung der Verfahrenswahl ist auf den Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens abzustellen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10. August 2011, Az.: VII-Verg 36/11).
Wenn die Antragsgegnerin nur die Lieferung einer bestimmten Zahl in einer Leistungsbeschreibung genau dargestellter Implantate zum Gegenstand der Vergabe gemacht hätte (vgl. § 7 Abs. 2 VOL/A), wäre dies hinreichend genau beschreibbar, folglich ohne weiteres im offenen Verfahren darstellbar gewesen.
Hier hat sie jedoch die Lieferung der Implantate mit der Lieferung des gesamten erforderlichen Zubehörs und der damit notwendigen Dienstleistungen zu einer Vergabe verbunden. Dies ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Die Festlegung des Beschaffungsgegenstandes über die reine Lieferung hinaus einschließlich des damit verbundenen Zubehörs und der hierzu erforderlichen Dienstleistungen obliegt ausschließlich dem öffentlichen Auftraggeber, der frei entscheidet, welchen Auftragsgegenstand er für erforderlich oder wünschenswert hält. Die Leistungsbestimmung ist einer etwaigen Ausschreibung und Vergabe vorgelagert und muss vom öffentlichen Auftraggeber zunächst in einer zu einer Nachfrage führenden Weise getroffen werden, bevor die Vergabe und das Vergabeverfahren berührt sein können (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.2.2010, Verg 42/09 und Beschluss vom 3.3.2010, Verg 46/09).
Außerdem hat die Antragsgegnerin die Implantate nicht plastisch beschrieben, sondern deren Funktion dargestellt, so dass jedes Implantat unabhängig von eher zufälligen Details wie der Zahl der vorgesehenen Befestigungsschrauben den von der Antragsgegnerin gesetzten Anforderungen genügt, welches zur Durchführung eines bestimmten Eingriffs tauglich ist. Dieser Eingriff ist jeweils durch den OPS-Schlüssel hinreichend klar bezeichnet.
Die Leistungsbeschreibung einschließlich der Art der Beschreibung des Beschaffungsgegenstandes ist der erste Teil des Beschaffungsvorganges. Der öffentliche Auftraggeber hat gemäß § 8 EG Abs. 2 Nr. 2 VOL/A ein Wahlrecht, anstelle der deskriptiven Leistungsbeschreibung die funktionale Leistungsbeschreibung zu verwenden (Traupel in Müller-Wrede VOL/A Kommentar, § 8 EG Rz. 47; Prieß in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 2. Auflage 2011, § 8 EG, Rz. 89; Prieß in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 2. Auflage 2011, § 7 VOL/A, Rz. 86).
Die Erweiterung des Beschaffungsgegenstandes über die reine Materiallieferung hinaus sowie der funktionale Aufbau der Leistungsbeschreibung, der geringere Anforderungen an die Bestimmtheit erfordert (Traupel in Müller-Wrede, VOL/A Kommentar, § 8 EG Rz. 44; kritisch Prieß in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 2. Auflage 2011, § 7 VOL/A, Rz. 88), machen es hier objektiv unmöglich, die vertraglichen Spezifikationen so genau festzulegen, dass der Auftrag im offenen Verfahren vergeben werden kann. Gemäß Ziffer I. auf Seite 3 der Vergabeunterlagen - Aufforderung zur Angebotsabgabe - beinhaltet der Versorgungspreis alle Kosten für benötigte Implantate, entsprechendes Zubehör (Instrumentarium, Siebe, etc.) sowie die Einführung eines Versorgungskonzeptes. Bereits Art und Umfang des Instrumentariums können nicht abschließend beschrieben werden, weil sie vom Typ der angebotenen Implantate abhängig sind, da es sich jeweils um auf das Implantat zugeschnittene Spezialwerkzeuge handelt. Eine in Los 1 genannte Hüftpfanne bedarf z.B. bei Einbau als Pressfit-Pfanne anderer Werkzeuge als bei Einbau als Schraubpfanne. Dies setzt sich in dem Ausmaß und der Anzahl der erforderlichen "Siebe" fort. Siebe sind Sterilcontainer, also speziell für die Instrumente erstellte Gerätschaften, in denen die Operationsinstrumente in der für die umfassende Sterilisation optimalen Position gelagert und entweder in fertig sterilisiertem Zustand oder zur Sterilisation angeliefert werden. Die Größe eines einzelnen Siebkorbes entspricht den Einbaumaßen üblicher Sterilisationsapparate. Deren benötigte Anzahl hängt aber von den Ausmaßen des Instrumentariums ab. Daher sind Implantate, Einbauwerkzeug und Sterilcontainer eine möglichst nicht zu trennende Einheit. Der Implantattyp kann im Einzelfall mittelbar auch Auswirkungen auf die Anzahl der erforderlichen Siebe haben.
Ebenso sind Inhalt und Kosten des zur Anwendung dieses Implantats notwendigen Versorgungskonzepts vom angebotenen Implantattyp abhängig. Beispielsweise hat die in den Bieterfragen 48 und 49 angesprochene Vorhaltung des Zements in einem implantatbezogenen Kit zur Verwendung oder Entsorgung im Einzelfall einen anderen Einfluss auf die Kosten des Versorgungskonzepts, als dessen separate Vorhaltung und am Einzelfall orientierte Anwendung.
Somit ist die Leistungsbeschreibung im Wesentlichen darauf angelegt, das Wissen der Bieter zu nutzen, um die wirtschaftlichste und beste Lösung zu finden. Denn nur der jeweilige Bieter weiß, welche zusätzlichen Aufwendungen das Zubehör und das Versorgungskonzept zu seinem Implantat erfordern. Dies ist jedoch eine Ausgangslage, unter der der jeweilige öffentliche Auftraggeber nicht in der Lage ist, die Spezifikationen abschließend festzulegen (vgl. Weyand, ibr-online-Kommentar, Vergaberecht, Stand: 08.06.2012, § 3 EG, Rz. 45).
Der vorliegende Sachverhalt ist daher nicht mit dem Sachverhalt zu vergleichen, welcher der Entscheidung des BGH vom 10.11.2009 (X ZB 8/09, Rz. 50 ff.) zugrunde lag. Dort bestand die Möglichkeit, ein differenziertes Leistungsverzeichnis zu erstellen, in dem die nachgefragten Leistungen im Einzelnen beschrieben wurden. Für den mit der Situation des Marktes vertrauten Bieter war offensichtlich, was genau die Antragsgegnerin beschaffen wollte, nämlich eines der auf dem Markt befindlichen Systeme. Eine Systementwicklung war nicht vorgesehen. Während in jenem Fall kein Ausnahmetatbestand des § 101 Abs. 7 GWB vorlag, ist ein solcher Ausnahmefall hier gegeben. Die Antragsgegnerin hat dies auch im Vergabevermerk ausreichend dokumentiert. Daher durfte sich die Antragsgegnerin hier zulässigerweise für das Verhandlungsverfahren gemäß § 3 EG Abs. 3 c) VOL/A als Ausnahme von dem Regelfall des offenen Vergabeverfahrens entscheiden.
Ob die in Ziffer 6 der Vergabedokumentation erwähnte Eilbedürftigkeit die Wahl des beschleunigten Verhandlungsverfahrens rechtfertigen kann, ist dagegen zweifelhaft (vgl. OLG Düsseldorf Beschluss vom 29.02.2012), kann hier aber wegen der Ausführungen zu 1. offenbleiben.
b) Die Antragstellerin ist auch nicht durch die Verpflichtung, für jedes Los einen fixen und einheitlichen Versorgungspreis bezogen auf den jeweiligen Operationsschlüssel (OPS) anzubieten, in ihren Rechten aus § 8 EG Abs. 1 VOL/A verletzt. Gemäß § 8 EG Abs. 1 VOL/A ist die Leistung eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, so dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und dass miteinander vergleichbare Angebote zu erwarten sind.
Die Vergabekammer vertritt die Auffassung, dass ein ungewöhnliches Wagnis auch nach Wegfall der früher in § 8 Abs. 3 VOL/A, Ausgabe 2006, enthaltenen ausdrücklichen Regelung zum ungewöhnlichen Wagnis auch jetzt nicht dem Auftragnehmer übertragen werden kann. Das Verbot der Übertragung eines ungewöhnlichen Wagnisses ist im Gebot der eindeutigen Leistungsbeschreibung gem. § 8 EG Abs. 1 VOL/A enthalten (vgl. VgK Niedersachsen, Beschluss vom 04.10.2011 - VgK-26/2011, OLG Dresden, Beschluss vom 19.05.2011 - 1/SVK/015/11; OLG Jena, Beschluss vom22.08.2011 - 9 Verg 2/11; a.A. Prieß in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 2. Auflage 2011, § 8 EG, Rz. 37 f; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.12.2011 - Verg 96/11).
Hier handelt es sich bedingt durch die funktionale und streng produktneutrale Leistungsbeschreibung, aber auch durch die Vorgabe, in jedem Los 80% der Versorgungsarten abdecken zu müssen, um eine komplizierte und nicht leicht zugängliche Leistungsbeschreibung. Gleichwohl ist die Leistungsbeschreibung für einen fachkundigen Bieter abgesehen von einzelnen Ausnahmen (vgl. hierzu 2.e)) eindeutig und erschöpfend.
Die Forderung nach einem fixen und einheitlichen Versorgungspreis unabhängig von der Art der tatsächlich im Rahmen der Einzelabrufe eingesetzten Implantate schöpft den Bereich des dem öffentlichen Auftraggeber bei der Erstellung der Leistungsbeschreibung einzuräumenden weiten Beurteilungsspielraums lediglich aus.
Der Auftraggeber trägt die Verantwortung für die Erstellung der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung. Da er die benötigte Leistung durch die von ihm vorgegebene Leistungsbeschreibung spezifiziert, legt der Auftraggeber prinzipiell auch die Risiken fest, die der Auftragnehmer später mit der Ausführung seiner Leistung übernimmt. Der Auftragnehmer trägt dagegen die Verantwortung für die von ihm erbrachte Leistung. Er ist grundsätzlich für die Risiken verantwortlich, die sich aus der Übernahme der vertraglichen Verpflichtung ergeben (Erfüllungsrisiko). § 8 EG Abs. 1 VOL/A soll jedenfalls unter Einbeziehung des Verbots der Übertragung ungewöhnlicher Wagnisse verhindern, dass öffentliche Nachfrager aufgrund ihrer Marktmacht den häufig auf öffentliche Aufträge angewiesenen Bietern die Vertragsbedingungen diktieren und auf diese Weise Wagnisse aufbürden können, die normale vertragliche unternehmerische Risiken übersteigen (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 29.09.2004, 1 Verg 6/04). Diese Vorschrift schützt nicht nur den Bieter. Mittelbar dient die Vorschrift auch den Interessen des öffentlichen Auftraggebers, indem sie ihn vor unangemessenen Preisforderungen in Folge überhöhter Risikozuschläge schützt.
Die Frage, ob ein vertraglich aufgebürdetes Wagnis ungewöhnlich und damit nach der obigen Interpretation des § 8 EG Abs. 1 VOL/A unzulässig ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung von Art und Umfang der nachgefragten Leistung sowie unter Beachtung des Gesichtspunkt der Branchenüblichkeit zu klären (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 29.09.2004, 1 Verg 6/04; VK Bund, Beschluss vom 06.05.2005, VK III 28/05). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass § 8 EG Abs. 1 VOL/A nicht ausschließt, dass die Beteiligten den Rahmen des Zulässigen ausschöpfen. Jedem Vertrag wohnen gewisse Risiken inne, die der Auftragnehmer bei der Ausführung der Leistung zu tragen hat (vgl. VK Niedersachsen, Beschluss vom 15.01.2010, VgK-74/2009)
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs und unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit der Vertragsbedingungen im Zusammenhang mit öffentlichen Finanzierungen und Erstattungen im Gesundheitswesen sind Fallpauschalen auch für Lieferanten von Implantaten jedenfalls bei der bestehenden gesetzlichen Ausgangslage, die Fallpauschalen bewusst als Mittel zur Kostensenkung im Gesundheitssystem eingeführt hat, sowie in der bestehenden Marktsituation mit einer sehr geringen Nachfragemacht der öffentlichen Auftraggeber vergaberechtlich nicht zu beanstanden.
Im Gesundheitssystem ist zwischen der Antragsgegnerin und den diese wesentlich finanzierenden Krankenkassen eine Abrechnung auf Basis des sog. DRG-System gemäß § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Krankenhausentgeltgesetzes i.V.m. der Verordnung zum DRG-Entgeltkatalog für das Jahr 2012, DRG-Entgeltkatalogverordnung 2012 gesetzlich vorgeschrieben. Es handelt sich somit nicht um eine interne Budgetierung der Antragsgegnerin. Diese Abrechnung nach den diagnosebezogenen Fallgruppen (Diagnosis Related Groups) ist ein Fallpauschalensystem, welches in Deutschland seit 2003 sukzessive das alte Mischsystem ablöst. Darin ist ein Anteil für Sachkosten enthalten, der wiederum - soweit geboten - einen festen Anteil für die Implantate beinhaltet. Dieser Anteil ist unabhängig davon, welches Implantat mit welcher Versorgungsqualität und welchem Kostenanteil im Einzelfall verwendet worden ist. Mit der vorliegenden Vergabe bezieht die Antragsgegnerin die Lieferanten der Implantate in dieses Abrechnungssystem und die ihr darin gesetzlich auferlegten kalkulatorischen Unsicherheiten ein. Dabei reicht sie das von ihr zu tragende Risiko nicht in voller Höhe weiter, sondern mildert es zugunsten des jeweiligen Auftragnehmers ab.
Soweit nämlich die Antragstellerin in Bezug auf die aus ihrer Sicht unklare Leistungsbeschreibung und das ihr daraus erwachsende erhebliche Kalkulationsrisiko vorgetragen hat, dass die Gefahr bestehe, dass die Bieter um in der Ausschreibung zum Zuge zu kommen, einen niedrigen, allenfalls aber durchschnittlichen Produktstandard anbieten, dann aber hochpreisige Ware abgerufen werde, besteht genau diese Gefahr durch die Ausgestaltung des Vergabeverfahrens aus Sicht der Vergabekammer nicht. Die Bieter haben im Rahmen der Angebotslegung zunächst anzugeben, welche Typen von Implantaten zu welchen Preisen sie in Bezug auf die verschiedenen Versorgungsarten anbieten. Hieraus resultiert ein Hauptangebot pro Los, dessen Qualitäten durch die Typangaben hinterlegt sind. Durch die gegebene Möglichkeit, Optionen anzubieten, haben die Bieter sodann die Möglichkeit, weitere Hauptangebote zu unterbreiten, indem sie andere Qualitäten zu anderen Preisen als beim ersten Angebot anbieten. Es besteht, je nach Portfolio des jeweiligen Bieters, damit die Möglichkeit, dem Auftraggeber eine Vielzahl von Hauptangeboten mit unterschiedlichsten Qualitäten und Preisen zu unterbreiten. Die Bieter bestimmen selbst, welche Preisspanne in einem Hauptangebot enthalten ist. Alle Hauptangebote, mit unterschiedlichsten feststehenden Produktpaletten hinterlegt, durchlaufen dann den weiteren Wertungsvorgang, wobei nach den Vorgaben der Bewertungsmatrix der jeweilige Preis mit 60% und die angebotene Qualität mit 30% gewertet wird. Am Ende des Wertungsvorganges wird dann diejenige Produktpalette mit der höchsten Punktzahl bezuschlagt, d.h. diejenige, die aus Sicht des Auftraggebers das beste Preis-/Leistungsverhältnis bietet. Nur aus dieser Produktpalette kann der Auftraggeber zukünftig Abrufe beim Bieter tätigen. Soweit aus medizinischer Sicht fallbezogen die Notwendigkeit besteht, andere Qualitäten oder Produkte zu verwenden als die bezuschlagten, ist der Auftraggeber gehalten, diese außerhalb der vorliegenden Ausschreibung zu beschaffen. Die Gefahr, dass ein nur durchschnittlicher Produktstandart angeboten wurde und dann aber ausschließlich hochpreisige Ware abgerufen wird, besteht damit aber gerade nicht. Aus Sicht der Vergabekammer handelt es sich damit um eine funktional gestaltete, produktneutral gehaltene, aber nicht unklare Leistungsbeschreibung.
Die Antragsgegnerin hat den Anbietern zudem die Möglichkeit gegeben, eine Prognose über die künftig abzurufenden Versorgungsarten mit hinreichender Sicherheit zu erstellen. In der Beantwortung der Bieterfragen 29 bis 31 hat sie gegenüber allen Bietern offengelegt, dass sie in der Produktliste den beispielhaften Jahresverbrauch abgebildet hat, um den Bietern eine Orientierung zum Umfang der bisher abgeforderten Implantate und damit zum Versorgungsumfang zu geben. Nach den Erläuterungen der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung ergibt die Summe der abgerufenen Teile aus der jedem Los beigefügten Materialliste jeweils die Mengenstaffel 3 des Leistungsverzeichnisses für jedes Los und entspricht dem vollständigen (100%) Jahresverbrauch des Jahres 2011.
Für einen fachkundigen, mit der Materie vertrauten Anbieter ist das auch hinreichend klar aus den Vergabeunterlagen erkennbar. Daher liegt hier kein Verstoß gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung einschließlich des darin enthaltenen Verbotes, ungewöhnliche Wagnisse an den Auftragnehmer weiterzugeben, vor.
Eine nicht erschöpfende und nicht eindeutige Leistungsbeschreibung kommt nur in Betracht, wenn das Risiko auf Umständen und Ereignissen beruht, die außerhalb des Einflussbereichs des Anbieters liegen, von ihm nach Art der Vertragsgestaltung und nach dem allgemein geplanten Ablauf nicht zu erwarten ist und im Einzelfall wirtschaftlich schwerwiegende Folgen für den Auftragnehmer mit sich bringen kann (vgl. VK Niedersachsen, Beschluss vom 15.01.2010, VgK 74/2009).
Die Anzahl der künftig abzurufenden Implantate bezogen auf die verschiedenen Versorgungsarten liegen außerhalb des Einflussbereiches der Anbieter. Allerdings hat die Antragsgegnerin dafür Sorge getragen, dass das Risiko nicht unabschätzbar ist. Vielmehr hat sie mit der Offenlegung der abgerufenen Implantatzahlen des Jahres 2011 deutlich gemacht, welche Art von Implantaten bisher abgerufen worden sind, allerdings ohne eine Zusicherung künftiger Abnahmemengen abzugeben. Da jedoch die Bevorratung mit Implantaten weder besondere Lagerstätten voraussetzt, noch überregional mit jährlichen gravierenden Bedarfsschwankungen zu rechnen ist, begründet der Abschluss eines Rahmenvertrages ohne garantierte Abnahmeverpflichtung kein ungewöhnliches Wagnis. Die von der Antragstellerin vorgetragene Befürchtung, es würden künftig nur noch hochpreisige Produkte abgefragt werden, lässt sich aus einer medizinischen Indikation nicht herleiten. Auch ein wirtschaftlicher Vorteil der Antragsgegnerin ist nicht erkennbar, da der Vermögensvorteil, ein Implantat aus dem Hochpreissegment zu erhalten, nicht bei ihr, sondern bei dem Patienten verbleibt. Eine geänderte Behandlungspraxis ohne medizinische Indikation bleibt somit ohne ethisch vertretbares Motiv und ist daher in diesem Nachprüfungsverfahren als sachlich nicht gerechtfertigte Spekulation auf eine schädigende Absicht abzulehnen.
Wirtschaftlich schwerwiegende Folgen für den Auftragnehmer im Sinne einer drohenden Abhängigkeit des Auftragnehmers von einem übermächtigen Auftraggeber und damit die Gefahr eines ihm auferlegten unverhältnismäßigen Risikos können hier ausgeschlossen werden. Zwar hat die Antragsgegnerin in der Region ein beträchtliches Gewicht (xxxxxx. EUR JahresumSatz 1aut Ärztezeitung vom xxxxxx.2011). Allerdings ist schon die Antragstellerin aufgrund der von ihr angegebenen Umsatzzahlen und ihrer europaweiten Aufstellung weit von der Möglichkeit eines Abhängigkeitsverhältnisses zu einer Regionalklinik entfernt.
Schließlich ist Voraussetzung eines unzulässigen, ungewöhnlichen Wagnisses, dass der Auftragnehmer das Wagnis und dessen Einwirkung auf Preise und Fristen nicht im Voraus schätzen kann, so dass sowohl das "ob" des Wagnisses, als auch das "wie hoch" des Wagnisses für den Auftragnehmer ungewiss ist und er keine Möglichkeit hat, es abzuwenden. Ein Auftrag im Wert von wenigen Prozent des Jahresumsatzes kann auch bei den von der Antragstellerin benannten Risiken kein Risiko auslösen, das nicht mit üblichen Risikozuschlägen bei der Kalkulation des Preises abzufedern wäre. Daher liegt auch bei genauer Prüfung und unter Berücksichtigung des ungewöhnlichen Wagnisses keine unvollständige Leistungsbeschreibung vor.
Die Vergabekammer hat in einer ergänzenden indikativen Prüfung die ihr von der Antragsgegnerin vorgelegten Angebote daraufhin ausgewertet, ob die Anbieter die Angebotsunterlagen dem Grunde nach richtig verstanden und miteinander vergleichbare Angebote unterbreitet haben. Das hat sich bestätigt. Die weit überwiegende Zahl der durchaus zahlreichen Anbieter hat wertbare Angebote abgegeben. Allerdings haben es nur wenige Anbieter auf sich genommen, den von der Antragsgegnerin gewünschten, in der Excel-Tabelle aber nicht mit einer Formel hinterlegten Gesamtversorgungspreis anzugeben. Ebenso haben nur wenige Anbieter die eingeräumten erheblichen Gestaltungsspielräume genutzt, und verschiedene Optionen angeboten. Beides ist jedoch nicht Voraussetzung für das Vorliegen einer eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung.
c) Die Antragsgegnerin hat nicht gegen das Leistungsbestimmungsgebot aus § 8 EG Abs. 1 VOL/A verstoßen, indem sie das geforderte Managementkonzept auf Blatt 4 und 11 der Aufforderung zur Angebotsabgabe in Stichworten erläuterte. Das Managementkonzept ist ausweislich des § 10 im Entwurf des Rahmenvertrags und VI 3. der Aufforderung zur Angebotsabgabe nicht Gegenstand der im indikativen Angebot zwingend zu bepreisenden Leistungen. Mit dem indikativen Angebot wird lediglich eine Darstellung der das Angebot begleitenden Dienstleistungen verlangt. Art und Umfang der von den Anbietern zu erbringenden begleitenden Dienstleistungen hängen vom Inhalt der Hauptleistung ab. Da schon die Hauptleistung einer abschließenden Beschreibung im offenen Verfahren nicht zugänglich war, gilt dies auch für die sie begleitenden Dienstleistungen. Die zur Beschreibung des Managementkonzepts dargestellten Unterpunkte verstoßen daher nicht gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung und verletzten die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Die Darstellung ist auch ausweislich der vorgelegten Angebote aus der Sicht eines fachkundigen Bieters ohne weiteres nachvollziehbar und verglichen mit andern von der Vergabekammer entschiedenen Fällen vergleichweise hilfreich beschrieben (vgl. VgK-39/2010 Beschluss vom 05.10.2010, sog. "Technischer Wert" mit den Unterkriterien Bauverfahren, Bauablauf; VgK-21/2007, Beschluss vom 22.06.2007 "Technischer Wert" mit den beiden Unterkriterien Bauablauf, Geräteliste). Die Antragstellerin hat zwar richtig darauf hingewiesen, dass der Spielraum der Anbieter bei dieser Position grenzenlos ist, das erforderliche Korrektiv ergibt sich jedoch aus der Bewertung durch die Antragsgegnerin.
So ist die "Sicherstellung der ausreichenden Instrumentenversorgung aller Standorte" notwendige Voraussetzung für die Vergabe. Die Zahl der Standorte ist auf Blatt 3 der Aufforderung zur Angebotsabgabe mit 12 und damit hinreichend konkret angegeben.
Der "Vorhalt der Konsignationsware in ausreichender Artikelmenge und -breite" ist für einen fachkundigen Anbieter nicht erklärungsbedürftig. Konsignationsware ist Ware, die am Standort des Auftraggebers vorgehalten wird, allerdings bis zur Verwendung im Eigentum des Auftragnehmers bleibt. Es handelt sich nicht um eine Neuerung, sondern um ein nicht nur im medizinischen Bereich allgemein übliches, der Antragstellerin bekanntes Verfahren.
Die "Implementierung eines elektronisch gestützten Bestell- und Logistikkonzeptes" ist gleichfalls weder eine Neuerung noch ein besonders erläuterungsbedürftiger Vorgang. Aus der Auswertung der Angebote ergibt sich, dass die Anbieter hierunter auch einfache, aber effiziente Abrufsysteme verstanden haben.
Gleiches gilt für die "kontinuierliche Optimierung des Bestell- und Logistikkonzepts" aller Standorte. Hier genügt die Darstellung des eigenen Bestell- und Logistikkonzeptes.
Auch die Schulung des Personals ist nicht gesondert erklärungsbedürftig. Zwar hat die Antragstellerin zutreffend darauf hingewiesen, dass es keinen sachlichen Grund gibt, zwischen den inhaltlichen Anforderungen einer Leistungsbeschreibung als Nebenleistung oder als Hauptleistung zu differenzieren. Daher hätte die Antragsgegnerin die Leistungsbeschreibung auch so ausgestalten können, dass sie eine bestimmte Zahl von Kursen mit vorgegebener Schulungsdauer, definierten Inhalten und eine zulässigen Mindest- bzw. Höchstzahl der Teilnehmer je Kurs vorgibt. Andererseits ist es nicht möglich, angesichts des hier vorliegenden konkreten Vergabegegenstandes die notwendigen Anforderungen an die hier funktional gestaltete Leistungsbeschreibung aus anderen, nur scheinbar vergleichbaren Vergaben zu übertragen.
Hier sind die Vergabeunterlagen bewusst so konzipiert, dass der jeweilige Bieter einen maßgeblichen Einfluss auf den Umfang der erforderlichen Schulungsmaßnahmen hat. Letztendlich entscheiden das Produkt und das Konzept des Bieters darüber, wie viele Teilnehmer je Los über welchen Zeitraum zu schulen sind, um das Ziel eines sicheren Umgang mit den jeweiligen Instrumenten des Anbieters zu gewährleisten. Kompliziert und aufwändig einzubauende Implantate, die eventuell von einem größeren OP-Team eingebaut werden müssen, erfordern einen hohen Schulungsaufwand, einfache oder sogar bereits in der Klinik verwendete Implantate ermöglichen einen geringen oder sogar keinen Schulungsaufwand.
Die "Begleitung der reibungslosen Einführung der neuen Produkte an allen Standorten" ist ebenfalls nicht erklärungsbedürftig. Hier kann jeder Anbieter gemäß seiner Einschätzung darstellen, welche Dienstleistungen er zur reibungslosen Einführung erbringen werde. Die Antragsgegnerin hat mit der Aussage in der mündlichen Verhandlung, dass einzelne Anbieter auch die Begleitung im OP-Raum angeboten hätten, diese beispielhaft erläutert.
Die "kontinuierliche Identifikation, Vorbereitung und Umsetzung von standortübergreifenden Produktstandardisierungen und -harmonisierungen" erschöpft sich ebenfalls in der kurzen Darstellung einer Bereitschaft des Bieters, den Auftraggeber in der Erhöhung der Wirtschaftlichkeit zu unterstützen.
Aus der obigen Auswertung der vorliegenden Angebote ergibt sich, dass kaum ein Anbieter Probleme hatte, die in der Aufforderung zur Angebotsabgabe enthaltenen Konkretisierungen des Managementkonzeptes mit einer Darstellung der eigenen Leistungsfähigkeit zu beantworten.
d) Die Antragstellerin ist abgesehen von der unter Ziffer 1. dargestellten Präklusion auch materiell nicht dadurch beschwert, dass die Antragsgegnerin abseits dieses Vergabeverfahrens weitere Beschaffungen vornimmt und damit den tatsächlichen Leistungsgegenstand nicht erschöpfend beschrieben habe. Den Gegenstand der Vergabe bestimmt in Ausübung seines unter Ziffer 2. a) dargestellten Leistungsbestimmungsrechts ausschließlich der Auftraggeber. Es ist ihm gerade im Verhandlungsverfahren möglich, eine zuvor den Anbietern offengelegte geringe Variation des Leistungsgegenstandes zuzulassen (Maibaum in Hattig Maibaum, Praxiskommentar Kartellvergaberecht § 101 Rz. 73;OLG Celle, Beschluss vom 16.01.2002 13 Verg 1/02; Haak/Preißinger in Willenbruch/Wieddekind, VergabeR 2. Auflage, 3. Los § 101 Rdnr. 20). Die Antragsgegnerin hat gemäß der Aufforderung zur Angebotsabgabe Ziffer VI 3. offengelegt, dass sie den Zuschlag auch auf Angebote erteilen wolle, die nur mindestens 80% der Versorgungsarten umfassen. Damit war klar, dass sie sich zumindest vorbehält, die höchstens weiteren 20% entweder im Rahmen des Verhandlungsverfahrens oder auf anderem Wege zu beschaffen. Bei dieser Modifikation des Auftragsgegenstandes handelt es sich um die später im Nachprüfungsverfahren als Spezialversorgungen bezeichneten Beschaffungen. Wenn am Ende des Verhandlungsverfahrens feststeht, dass einzelne Spezialversorgungen hier nicht bezuschlagt werden, wird die Antragsgegnerin, die hier als eine der ersten aus dem öffentlichen Sektor ihrer Branche bei der Implantatbeschaffung den Weg des Vergaberechts beschritten hat, pflichtgemäß entscheiden, ob die Beschaffungen der weiteren Spezialversorgungen planbar, somit nach Vergaberecht, oder dringlich gemäß § Abs. 3 b) VOL/A nach den Erfordernissen auf dem OP-Tisch zu erfolgen hat.
e) Das Leistungsverzeichnis der Antragsgegnerin erfüllt jedoch zu Los 4 nicht die Anforderungen an eine eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung gemäß § 8 EG Abs. 1 VOL/A. Da die Antragsgegnerin dort für OPS-Codes Mengenansätze vorgegeben hat, denen kein zu liefernder Gegenstand gegenübersteht, war es auch für einen sachkundigen Bieter objektiv unmöglich, das Leistungsverzeichnis zu Los 4 vollständig zu bepreisen. Im Leistungsverzeichnis Los 4 Fixation Wirbelsäule finden sich OPS-Schlüssel mit der Ziffernfolge 5-835.xx und 5-836.xx. Diese sind mit Mengenstaffelpreisen vergeben, so z.B. dorsal - 1 Segment (5-836.30), je nach Mengenstaffel I bis V mit 28 bis 60 Versorgungen pro Jahr. Die Antragstellerin hat jedoch bereits in der Rüge vom 22.06.2012 darauf hingewiesen, dass es sich bei dem OPS-Schlüssel 5-835.xx und 5-836.x um Prozedurencodes handele, die in keinem direkten Zusammenhang mit Implantatmengen stünde. Dies hat sie schriftsätzlich im Nachprüfungsverfahren vertieft. Auch in der mündlichen Verhandlung ist das Thema erörtert worden. Von 233 anzubietenden Versorgungen seien insgesamt 99 nicht mit der Lieferung von Implantaten verbunden.
Die Leistungsbeschreibung ist in diesen Positionen fehlerhaft, genügt daher den Anforderungen des § 8 EG Abs. 1 VOL/A nicht, da sich auf dieser Basis nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit erkennen lässt, welche Liefermengen zu erbringen sind und wie die ggf. differierenden Einzelpreise zu kalkulieren sind.
Die Vergabekammer hat die OPS Schlüssel Stand 2012 unter http://www.dimdi.de/static/de/klassi/ops/kodesuche/onlinefassungen/opshtml2012/block-5-78...5-86.htm und unter http://ops.icd-code.de recherchiert, dabei festgestellt, dass die OPS Ziffern 5-835.xx Knochenersatz an der Wirbelsäule, die OPS-Ziffern 5-836.x die Spondylodese als Operation an der Wirbelsäule beschreiben, während z.B. die OPS-Ziffern 5-837.x den Wirbelkörperersatz darstellen. Somit weisen die OPS-Ziffern 5-835.xx 5-836.x anders als z.B. die OPS-Ziffern 5-837.x keinen unmittelbaren Zusammenhang zu einer hier zu vergebenden Lieferleistung auf. Gleichwohl sind die OPS-Ziffern 5-835.xx sowie 5-836.x den Bietern mit der Vorgabe zugänglich gemacht worden, die angegebenen Mengen als Implantatlieferung zu bepreisen. Das ist jedoch objektiv unmöglich, da nach angeeigneter Kenntnis der Vergabekammer der Eingriff der Spondylodese keine Materiallieferung beinhaltet. Die Vergabekammer hat zur Kenntnis genommen, dass andere Anbieter gleichwohl diese Versorgung bepreist haben, sieht aber keine Möglichkeit, diesen Widerspruch im Nachprüfungsverfahren aufzulösen.
Die Rüge der Antragstellerin vom 22.06.2012 ist in den Bieterfragen Nr. 1 bis 20 systematisch und genau erfasst worden. Allerdings findet sich dort nicht der Rügeinhalt zu Los 4. Dieser ist auch in den Bieteranfragen 29 bis 31 sowie 61 und 64 nicht in vollständigem Umfang aufgenommen worden. Auch im Nachprüfungsverfahren fehlt ein detaillierter Vortrag der Antragsgegnerin zu diesem Los.
Für das weitere Verfahren weist die Vergabekammer darauf hin, dass sie in der Leistungsbeschreibung des Loses 4 keinen weiteren gerügten und eindeutig erkennbaren Verstoß gegen die Pflicht zur Erstellung einer eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung erkennen kann. Der Vortrag der Antragstellerin zu den fehlenden Schrauben, zur Anzahl der Stäbe sowie der nachgereichte Vortrag zur Qualität der Stäbe bei dorsalem oder ventralem Einbau ist nicht hinreichend substantiiert, um eine Rechtsverletzung zu begründen. Das Tabellenblatt 3 ist nicht Teil des zu bepreisenden Leistungsverzeichnisses, sondern ein Anhalt für den prognostizierten Bedarf an Versorgungen. Es ist daher unerheblich, wenn dort bestimmte Nebenmaterialien wie Schrauben nicht enthalten sind.
Es ist dem Anbieter grundsätzlich möglich, verschiedene, aber ähnliche Produkte, wie Stäbe unterschiedlicher Länge einheitlich zu bepreisen. Die dazu erforderliche Mischkalkulation ist dem Anbieter ausnahmsweise nicht möglich, wenn die Bauteile trotz gleicher Bauweise mit wesentlich voneinander abweichenden Einzelpreisen kalkuliert werden müssen. Dann bedarf es in der Leistungsbeschreibung einer differenzierten Darstellung. Der in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgebrachte Einwand, dass ventral eingebaute Stäbe wegen der Reibungsnähe zu lebenswichtigen Organen deutlich genauer und glatter gefertigt werden müssen, als dorsale Stäbe, ist grundsätzlich geeignet, die Unmöglichkeit einer Mischkalkulation darzustellen. Allerdings bedarf es dann einer wesentlich genaueren Darstellung der erforderlichen Mehrpreise, ggf. auch durch Offenlegung der Kalkulation.
f) Die Vergabekammer kann in der Leistungsbeschreibung der Lose 5 "Cages" und Los 6 "Wirbelsäulenprothesen und interspinöse Implantate" keinen eindeutig erkennbaren Verstoß gegen die Pflicht zur Erstellung einer eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung erkennen. In ihrer Rüge hatte die Antragstellerin dargestellt, dass die in Los 6 zu bepreisenden Cages auch in der Materialliste von Los 5 auftauchen würden. Dies könne bedeuten, dass dieselben Mengen sowohl in Los 5 als auch in Los 6 abgebildet würden (Doppelung). In der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin ergänzend ausgeführt, dass 69 Artikel im Los 5 unter OPS-Schlüssel 5-837 abgebildet seien, die nicht zu diesem Los, sondern tatsächlich zu Los 6 und Los 7 gehörten. Dadurch finde eine inhaltliche Verknüpfung der Lose 5 bis 7 statt.
Ein Vergleich der Materiallisten ergibt keine Übereinstimmung. Die Materialliste von Los 5 enthält nahezu ausschließlich Cages, also Käfige, die einen Wirbelkörper ersetzen, sowie drei Schrauben für Cages. Die Materialliste von Los 6 enthält dagegen ausschließlich Material unter dem Oberbegriff "Implantat". Dabei sind aber Einsätze gemeint, die den Wirbel nicht ersetzen, sondern bei bestehenden Wirbeln als Abstandhalter zwischen den ventralen Dornfortsätzen der Wirbel fungieren und dort die Last z.B. nach einer Spontanfusion aufnehmen. Das lässt keine Doppelung gemäß dem hier zu prüfenden Vortrag aus der Rüge erkennen.
Eine Doppelung lässt sich auch nicht aufgrund der ICD-Codes erkennen. Nach dem ICD-Code (International Classification of Disease) beschreibt der OPS-Schlüssel 5-837.00 ff. die Lieferung von Implantaten, nämlich Wirbelkörperersatz. Die Antragsgegnerin hat den OPS-Schlüssel 5-837 weder im Los 5 - Cages, noch im Los 7 Kyphoplastie verwendet. Er ist vielmehr ausschließlich Bestandteil des Loses 6, wo er als 5-837.00 und als 5-837.a0 erscheint.
Die Codes 5-835.80 bis 5-835.82 sind ausschließlich in Los 5 "Cages" enthalten. Sie finden sich weder in Los 6, noch in dem geänderten Los 7. In dem nicht gerügten Los 7 tauchen sie lediglich in der Ursprungsvariante des Leistungsverzeichnisses auf, nicht in der aufgrund der Bieteranfragen 46 und 57 geänderten Fassung des Leistungsverzeichnisses. Dort sind nämlich anstatt der OPS-Codes 5-835.80 bis 8-835.82 die Codes 5-839.a0 bis 5-839.a2 genannt. Somit scheidet auch aufgrund einer Prüfung der OPS-Codes eine Doppelung aus.
Folglich lässt sich nicht nachweisen, dass die Antragstellerin hier kein Angebot abgeben konnte. Auch aus der ergänzenden indikativen Auswertung der eingegangenen Angebote (vgl. Ziffer 2.b) a.E.) sind die dargestellten Probleme nicht verifizierbar.
g) Die Antragstellerin ist jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt nicht in ihren Rechten aus § 97 Abs. 1 GWB verletzt, obwohl die Antragsgegnerin bei der Prüfung der Teilnahmeanträge von ihren bekannt gemachten Eignungskriterien nachträglich abgewichen ist, und damit gegen den Transparenzgrundsatz verstoßen hat. Grundsätzlich ist das Gebot der Eignungsprüfung drittschützend (vgl. Müller-Wrede, VOL/A-Kommentar, 3. Auflage, § 19 EG, Rz. 252; Stolz in Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht Kompaktkommentar, 2. Auflage, 7. Los, § 19 VOL/A EG, Rz. 83; OLG Celle, Beschluss vom 18.12.2003, Verg 22/03, VergabeR 2004, 397). Allerdings konkretisiert sich die mögliche Rechtsverletzung des Bieters erst, wenn sie ursächlich dazu geführt hat, dass das Angebot eines anderen Anbieters seinem Angebot zu Unrecht vorgezogen worden ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.03.2005, VII-Verg 70/04). Die von der Antragstellerin zitierte Rechtsprechung umfasst folglich Fälle, in denen die Antragstellerin als ungeeignet ausgeschlossen werden, oder eine angeblich ungeeignete Beigeladene den Zuschlag erhalten sollte, und die Antragstellerin eine Information gemäß § 101a GWB erhalten hatte. An einer solchen Konkretisierung der Rechtsverletzung fehlt es hier derzeit.
Der aus § 97 Abs. 1, Abs. 7 GWB abzuleitende Bieterschutz ist auf das legitime Interesse des jeweiligen Anbieters gerichtet, eine faire Chance auf den Zuschlag zu erhalten (Maibaum in Hattig/Maibaum, Praxiskommentar Kartellvergaberecht § 97 Rz. 195). Er erstreckt sich nicht darauf, dass der jeweilige öffentliche Auftraggeber zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens die Formalia des Vergaberechts vollständig einhält. Hier hat die Antragsgegnerin in Ziffer III 2.2 und III 2.3 der Bekanntmachung nach außen erkennbar deutlich gemacht, dass sie die Eignung aufgrund der eingereichten Unterlagen zur wirtschaftlichen und finanziellen sowie zur technischen Leistungsfähigkeit beurteilen werde. Es sei nicht erforderlich, die geforderten Nachweise vorzulegen, allerdings werde die Eignung ausschließlich aufgrund der vorgelegten Unterlagen beurteilt, ohne dass Erklärungen nachgefordert würden.
Gemäß Ziffer 12 der Vergabedokumentation hat die die Antragsgegnerin nicht festgestellt, dass die Eignung der Teilnehmer aufgrund der eingereichten Unterlagen festgestellt worden ist, sondern aufgrund der bisherigen Erfahrungen mit allen Anbietern. Dies ist eine formale Abweichung von den bekannt gemachten Kriterien. Gleichwohl führt dies nicht bereits jetzt und unmittelbar zu einer Rechtsverletzung der Antragstellerin, da sich die mögliche Rechtsbeeinträchtigung noch nicht hinreichend konkretisiert hat und darüber hinaus die Antragsgegnerin bei der Vollständigkeitsprüfung der indikativen Angebote diejenigen Anbieter, deren Eignung der Vergabekammer bereits aufgrund der Teilnahmeanträge zweifelhaft erschien (Anbieter 13 und 14 gemäß der von der Antragsgegnerin am 13.08.2012 nachgereichten Vollständigkeitsprüfung der Angebote) aus formalen wie inhaltlichen Gründen ausgeschlossen hat.
Der in § 110 Abs. 1 Satz 4 GWB enthaltenen Beschleunigungsgrundsatz (vgl. Diemon-Wies in Hattig/ Maibaum, Praxiskommentar Kartellvergaberecht § 110 Rz. 32) gibt der Vergabekammer vor, bei ihrer gesamten Tätigkeit darauf zu achten, dass der Ablauf des Vergabeverfahrens nicht unangemessen beeinträchtigt wird. Aufgrund dieses Beschleunigungsgrundsatzes ist sie daran gehindert, ein Vergabeverfahren wegen formeller Fehler anzuhalten, wenn erkennbar ist, dass sich diese formellen Fehler nicht schädigend auf die Rechtsposition des jeweiligen Antragstellers ausgewirkt haben (vgl. BGH, Beschluss vom 08.02.2011, X ZB 4/10 II 4.).
Die Antragstellerin war hier gezwungen, bereits frühzeitig einen Nachprüfungsantrag zu erheben. Das lag nicht nur an ihrer Auffassung, die Antragsgegnerin hindere sie (weitgehend) mit vergaberechtswidrigem Verhalten an der Angebotsabgabe, sondern auch an der engen Frist des § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht erkennbar, ob die Antragsgegnerin tatsächlich beabsichtigen wird, zum Ende des Vergabeverfahrens einem anderen Anbieter oder einem nicht geeigneten Anbieter den Zuschlag zu erteilen. Wenn sich die Vergabeunterlagen tatsächlich nicht als geeignete Kalkulationsgrundlage erweisen sollten, steht auch die Aufhebung der Vergabe zur pflichtgemäßen Disposition der Antragsgegnerin. Infolge dessen hat die Antragstellerin zu einem sehr frühen Zeitpunkt Einsicht in die Vergabeakte und den Vergabevermerk erhalten. Sie hat auf den Fehler zu Recht hingewiesen. Dieser Fehler hat aber keinen Einfluss auf die Entscheidung der Vergabekammer. Das Nachprüfungsverfahren ist kein Verfahren zur Korrektur vermeintlicher Vergabefehler, sondern erfordert zumindest die Möglichkeit eines konkreten Schadens für den Antragsteller (VK Bund, Beschluss vom 11.06.2012, Az. VK 3-51/12). Ob die Abweichung der Antragsgegnerin von den bekannt gemachten Eignungskriterien tatsächlich zu einer Rechtsverletzung der Antragstellerin führen wird, ist zum derzeitigen Zeitpunkt nicht absehbar, nach den weiteren Wertungen der Antragsgegnerin eher unwahrscheinlich.
3. Gemäß § 114 Abs. 1 GWB hat die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und die Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Diese Vorschrift vermittelt der Vergabekammer einen weiten Entscheidungsspielraum, der nur des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Schranken findet. Die gewählte Maßnahme muss sich eignen, die Rechtsverletzung sicher zu beseitigen. Sie soll aber gleichzeitig aber auch das mildeste der geeigneten Mittel hierfür sein. Der festgestellte Verstoß gegen Vergaberecht beschränkt sich auf das Los 4. Da die Antragsgegnerin ihre Entscheidungen über die Vergabe losweise und unabhängig voneinander zu treffen beabsichtigt, hier nicht einmal eine Verknüpfung durch einen Nachlass bei Beauftragung mehrere Lose möglich war, hat sich die Maßnahme der Vergabekammer auf das Los 4 zu beschränken. Der Fehler ist bei der Erstellung des Leistungsverzeichnisses geschehen, welches mit der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots den Teilnehmern zugesandt wurde. Eine Zurückversetzung in den Stand vor Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist geeignet, die Verletzung der Rechte der Antragstellerin durch die fehlerhafte Festlegung des Leistungsverzeichnisses in Los 4 zu heilen. Diese Möglichkeit der Fehlerkorrektur ist das Mittel mit der geringsten Eingriffstiefe, um gegenüber der Antragstellerin eingetretene Rechtsverletzungen sicher zu beseitigen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechtes vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790).
Die in Ziffer 2 des Tenors festgesetzte Gebühr ergibt sich aus einer Interpolation des Auftragswertes innerhalb des Gebührenrahmens nach § 128 Abs. 2 GWB. Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 EUR, die Höchstgebühr 50.000 EUR und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 EUR.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 EUR (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach der Schätzung der Antragsgegnerin für die Lose 1 bis 7 an denen die Antragstellerin ihr Interesse bekundet hat, xxxxxx EUR netto, mithin xxxxxx EUR brutto. Dies entspricht ihrem Interesse am Auftrag.
Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx EUR brutto ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx EUR. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmungen in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.
Die in Ziffer 3 des Tenors verfügte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Für die Ermittlung des Unterliegens ist nicht auf einen etwaigen Antrag abzustellen. Gemäß § 114 GWB ist die Vergabekammer an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Da die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren nur hinsichtlich eines von 7 Losen obsiegt, hat sie die Kosten zu 6/7 zu tragen. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin die Kosten zu tragen.
Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Pflicht zur Entrichtung ihres Kostenanteils gemäß § 128 Abs. 1 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 BVwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04
Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen und damit die Anwaltskosten gemäß § 128 Abs. 4 GWB zu 1/7 zu erstatten.
Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Obwohl das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, ist wegen der Komplexität des Vergaberechts, des Verfahrensrechts im Nachprüfungsverfahren sowie der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltliche Beratung und Begleitung für die Antragstellerin erforderlich.
Gemäß Ziffer 5 des Tenors hat die Antragstellerin der Antragsgegnerin als Auftraggeberin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen und damit die Anwaltskosten gemäß § 128 Abs. 4 GWB zu 6/7 zu erstatten.
Die anwaltliche Vertretung der Auftraggeberin im Nachprüfungsverfahren gehört nicht grundsätzlich zu den notwendigen Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Grundsätzlich ist der Auftraggeber gehalten, im Rahmen seiner Möglichkeiten vorhandenes juristisch geschultes Personal auch im Nachprüfungsverfahren einzusetzen. Auftragsbezogene Rechtsfragen aus dem Bereich der VOL/A oder VOB/A wird regelmäßig das mit der Vergabe betraute Personal sachkundig beantworten können, so dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes regelmäßig nicht notwendig sein wird, wenn auftragsbezogene Fragen Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.01.2011, Verg 60/10; OLG Celle, Beschluss vom 09.02.2011, 13 Verg 17/10; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.06.2010, 15 Verg 4/10; OLG München, Beschluss vom 11.06.2008, Verg 6/08, und vom 28.02.2011, Verg 23/10). Andererseits ist das Vergaberecht eine komplexe Rechtsmaterie mit Vorschriften aus sowohl nationalem Recht als auch dem Europarecht, die nicht immer im Gleichklang stehen. Soweit der Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens daher hauptsächlich rechtliche Probleme desGWB sind, ist im Einzelfall die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners durchaus angemessen.
Hier handelt es sich um eine aufwändige funktionale Leistungsbeschreibung in Kombination mit dem nur ausnahmsweise zulässigen Verhandlungsverfahren, zudem in einem Umfeld, das vergaberechtlich weitgehend als unerschlossen zu gelten hat. Hier ist auch für eine vergaberechtlich erfahrene Auftraggeberin wie die Antragsgegnerin die anwaltliche Begleitung ohne Weiteres geboten.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx EUR unter Angabe des Kassenzeichens
xxxxxx
auf folgendes Konto zu überweisen:
xxxxxx.