Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 03.06.2016, Az.: VgK-12/2016

Vergabe der Neuordnung der Stromversorgung und Gasversorgung in den Gemeinden; Zulassung eines Nebenangebotes

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
03.06.2016
Aktenzeichen
VgK-12/2016
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 28888
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragstellerin -
gegen
die xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragsgegnerinnen -
beigeladen:
Bietergemeinschaft xxxxxx,
- Beigeladene -
wegen
Neuordnung der Strom- und Gasversorgung in den Gemeinden xxxxxx und xxxxxx
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden MR Gause, die hauptamtliche Beisitzerin BOR'in Schulte und den ehrenamtlichen Beisitzer RA Dr. Freise auf die mündliche Verhandlung vom 18.05.2016 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

  3. 3.

    Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.

  4. 4.

    Die Antragstellerin hat den Antragsgegnerinnen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragsgegnerinnen notwendig.

Begründung

I.

Die Antragsgegnerinnen trafen im Jahre 2014 die Vorbereitungen zur Neuordnung der Strom- und Gasversorgung in den beiden Gemeinden. Die beauftragten Rechtsanwälte schlugen in einem "Vermerk zur Losbildung im Verfahren zur Suche eines Beteiligungspartners" vom 22.07.2014 vor, entweder zwei Fachlose zu bilden oder einen Beteiligungspartner für die Betriebsführung Strom und Gas zu suchen.

Dem mit dem Titel: "Vermerk Nr. 1 - Eröffnungsvermerk" versehenen Beleg vom 14.05.2015 sind u.a. die Bewerbungsbedingungen mit der Wahl des Verhandlungsverfahrens, die Anforderungen an die Angebote, die Wertungskriterien, der Angebotswertung sowie ein vorläufiger Zeitplan zu entnehmen.

Mit europaweiter Bekanntmachung vom xxxxxx.2015 gaben die beiden Antragsgegnerinnen bekannt, dass sie einen strategischen Beteiligungspartner für eine noch zu gründende Netzgesellschaft Strom und Gas suchen. Dem Verhandlungsverfahren war ein Teilnahmewettbewerb vorgeschaltet. Die Bieter wurden darauf hingewiesen, dass eine Aufteilung in Lose nicht vorgesehen ist. Varianten/Nebenangebote waren jedoch zugelassen. Bezüglich der Zuschlagskriterien wurden die Bieter darauf hingewiesen, dass der Zuschlag auf das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf die Kriterien, die in den Unterlagen zum Verhandlungsverfahren aufgeführt sind, erteilt werden soll. Ferner wurde unter III.2.3 Technische Leistungsfähigkeit der Nachweis der erfolgreichen Teilnahme (Zuschlagsentscheidung) am Konzessionsverfahren Strom und/oder Gas in den Gemeinden gefordert.

Dem Protokoll über die Öffnung der Teilnahmeanträge (Öffnungsvermerk, Vermerk Nr. 3) vom xxxxxx.2015 ist zu entnehmen, dass die Antragstellerin und die Beigeladene sich um die Teilnahme beworben hatten. Es wurde festgehalten, dass die Teilnahmeanträge fristgerecht eingegangen sind.

In dem Vermerk Nr. 4 - Auswertung der Teilnahmeanträge (Eignungsprüfung), getrennt für beide Gemeinden, wurde jeweils festgehalten, dass die Antragsgegnerinnen die Antragstellerin und die Beigeladene für geeignet hielten, den Auftrag auszuführen. Die ausgewählten Bieter erhielten mit Datum vom xxxxxx.2015 die Aufforderung zur Angebotsabgabe im Beteiligungswettbewerb von den beauftragten Rechtsanwälten der Antragsgegnerinnen.

Den Bewerbungsbedingungen war u.a.

- der Verfahrensablauf

- Hinweise zur Angebotserstellung durch die Bieter,

- Angaben zum Haupt und Nebenangebot,

- die Kriterien für die Angebotswertung und

- ergänzende Angaben zum Wettbewerbsverfahren

zu entnehmen.

Zur technischen Leistungsfähigkeit ist unter 2.1.3.lit. c vergleichbar wie in der Bekanntmachung ausgeführt:

"Nachweis der erfolgreichen Teilnahme (Zuschlagsentscheidung) am Konzessionsverfahren Strom und/oder Gas in den Gemeinden xxxxxx und xxxxxx.

Hinweis:

Keine Erklärung zum Teilnahmewettbewerb. Das Vorliegen der Anforderung ist zum Abschluss des Vergabeverfahrens vor Zuschlagerteilung nachzuweisen."

Zu den Haupt- und Nebenangeboten ist unter 4.1. ausgeführt, dass das Hauptangebot ein integriertes Gemeindewerk xxxxxx enthält und das Nebenangebot eine Netzeigentumsgesellschaft mit Pachtmodell darstellt. Die Bieter wurden darauf hingewiesen, dass eine Änderung der Ausgestaltung der Angebotsvarianten aus rechtlichen und/oder sonstigen sachlichen Gründen im Rahmen des nach SektVO Zulässigen vorbehalten bleibt.

Zur Angebotswertung waren unter "5.1 Kriterien für die Angebotswertung" unter Absatz 5 ausgeführt:

(5) Die Wertung der Angebote (Haupt- und Nebenangebot) erfolgt anhand folgender Kriterien entsprechend ihrer Gewichtung:

Wertungskriterien Beteiligungswettbewerb
Nr.KriteriumGewichtung
I.Wirtschaftlichkeit/Ertragsbewertung22%
II.Kommunale Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten22%
1.Kommunale Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf die Netzqualität und Sicherheit des Netzbetriebes über den Aufbau der xxxxxx GmbH & Co. KG mit Betriebsführung (Hauptangebot) bzw. als Netzeigentumsgesellschaft mit Verpachtung (Nebenangebot)20%
2. Gesellschaftsrechtliche Endschaftsregelungen2%
III.Netzentgelte22%
1. Höhe der aktuellen Netzentgelte Strom im Netzgebiet des Bieters5%
2. Höhe der aktuellen Netzentgelte Gas im Netzbetrieb des Bieters5%
3. Höhe der Netzentgelte Strom (Prognose) bis zum Ende der zweiten Regulierungsperiode3%
4. Höhe der Netzentgelte Gas (Prognose) bis zum Ende der zweiten Regulierungsperiode3%
5. Darstellung von Veränderungen (Prognose) der Netzentgelte Strom in den Gemeindegebieten nach 10 Jahren, im Hauptangebot bei Übergang des Netzbetriebsstrom auf die xxxxxx GmbH & Co. KG, im Nebenangebot bei Fortführung des Pachtvertrags3%
6. Darstellung von Veränderungen (Prognose) der Netzentgelte Gas in den Gemeindegebieten nach 10 Jahren, im Hauptangebot bei Übergang des Netzbetriebsstrom auf die xxxxxx GmbH & Co. KG, im Nebenangebot bei Fortführung des Pachtvertrags3%
IV.Netzübernahmekonzept7%
V.Kundenfreundlichkeit, Umweltengagement13%
VI.Synergien und weitere Geschäftszweige in der Gesellschaft7%
VII.Positive Effekte für den Wirtschaftsstandort in xxxxxx und xxxxxx7%
Summe100%

Auch die Zuschlagskriterien IV. bis VII. enthielten Unterkriterien. Die Antragsgegnerinnen erläuterten die einzelnen Zuschlags- und Unterkriterien.

Es waren auch Leistungsbeschreibungen und erste Vertragsentwürfe für ein Haupt- und Nebenangebot beigefügt.

Die ursprünglich geforderte Abgabe eines indikativen Angebotes sollte zum 31.07.2015 erfolgen. Sie wurde aber letztendlich bis auf den 31.10.2015 verlängert.

Während der Angebotsfrist stellte u.a. die Antragstellerin Fragen zum Verfahren. Die Bieterfragen wurden von den Antragsgegnerinnen in mehreren Bieterinformationen beantwortet.

Während der Angebotsfrist rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 17.07.2015 die Verwendung von Verhandlungsergebnissen für die weiteren Verhandlungsrunden. Die Antragsgegnerinnen wiesen die Rügen mit Schreiben vom 04.08.2015 zurück.

Im weiteren Verlauf des Verfahrens baten die Antragsgegnerinnen die Antragstellerin als bisherige Leistungserbringerin des Stromnetzes um Daten für die anderen Bieter. Diese Datenabfrage für das Gasnetz in den beiden Gemeinden stellte sie auch an die Beigeladene als bisherige Leistungserbringerin für das Gasnetz.

Dem Vermerk Nr. 5 über die Öffnung der Angebote im Beteiligungswettbewerb am 02.11.2015 ist zu entnehmen, dass die Antragstellerin und die Beigeladene fristgerecht ein Angebot eingereicht hatten.

Die Antragsgegnerinnen baten die Beigeladene zum 06.01.2016 zu einer ersten Verhandlungsrunde und die Antragstellerin zum 08.01.2016. Im Vorfeld wurden die Bieter jeweils gebeten, zu einzelnen Fragen schriftlich bis zum 15.12.2015 Stellung zu nehmen. Es wurde ein Protokoll über die erste Verhandlungsrunde gefertigt, das jedoch offenbar nicht den Bietern zur Verfügung gestellt wurde.

Aufgrund der ersten Verhandlungsrunde ergänzten bzw. veränderten die Auftraggeberinnen die Bewerbungsbedingungen und forderten die Bieter am 04.02.2016 zur Abgabe eines zweiten indikativen Angebotes bis zum 15.03.2016 auf. Dabei fällt auf, dass sie insbesondere bei der Fortschreibung der Vergabeunterlagen unter Abs. 5 "Kriterien für die Angebotswertung" folgende Änderung vorgenommen hatten:

(5) Die Wertung der Angebote (Haupt- und Nebenangebot) erfolgt anhand folgender Kriterien entsprechend ihrer Gewichtung:

Wertungskriterien Beteiligungswettbewerb
Nr.KriteriumGewichtung
I.Wirtschaftlichkeit/Ertragsbewertung22%
1. Ertragsbewertung Business-Case13%
2. Ertragsbewertung Risiko-Case9%
II.Kommunale Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten22%
1.Kommunaler Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf die Netzqualität und Sicherheit des Netzbetriebes über den Aufbau der xxxxxx GmbH & Co. KG mit Betriebsführung (Hauptangebot) bzw. als Netzeigentumsgesellschaft mit Verpachtung (Nebenangebot)20%
a) Netzqualität und Sicherheit des Netzbetriebs über den Aufbau der xxxxxx GmbH & Co. KG mit Betriebsführungsfunktion (Hauptangebot) 12%
b) Vertragliche Zusagen des Bieters zur Gewährung von Einfluss und Gestaltungsmöglichkeiten der Gemeinden8%
2. Gesellschaftsrechtliche Endschaftsregelungen2%
III.Netzentgelte22%
1. Höhe der aktuellen Netzentgelte Strom im Netzgebiet des Bieters5%
2. Höhe der aktuellen Netzentgelte Gas im Netzbetrieb des Bieters5%
3. Höhe der Netzentgelte Strom (Prognose) bis zum Ende der zweiten Regulierungsperiode3%
4. Höhe der Netzentgelte Gas (Prognose) bis zum Ende der zweiten Regulierungsperiode3%
5. Darstellung von Veränderungen (Prognose) der Netzentgelte Strom in den Gemeindegebieten nach 10 Jahren in der 5. und 6. Regulierungsperiode (ab 2029), im Hauptangebot bei Übergang desr Netzbetriebs Funktion des Netzbetreibers Strom zum 01.01.2026 (Basisjahr) auf die xxxxxx GmbH & Co. KG, im Nebenangebot bei Fortführung des Pachtvertrags über 20 Jahre. 3%
6. Darstellung von Veränderungen (Prognose) der Netzentgelte Gas in den Gemeindegebieten nach 10 Jahren in der 5. und 6. Regulierungsperiode (ab 2028), im Hauptangebot bei Übergang des Netzbetriebs Funktion des Netzbetreibers Gas zum 01.01.2025 (Basisjahr) auf die xxxxxx GmbH & Co. KG, im Nebenangebot bei Fortführung des Pachtvertrags über 20 Jahre 3%
IV.Netzübernahmekonzept7%
V.Kundenfreundlichkeit, Umweltengagement13%
VI.Synergien und weitere Geschäftszweige in der Gesellschaft7%
VII.Positive Effekte für den Wirtschaftsstandort in xxxxxx und xxxxxx7%
Summe100%

Die Änderungen und Ergänzungen in den einzelnen Unterkriterien und die neuen Unterunterkriterien erläuterten die Antragsgegnerinnen.

Am 02.03.2016 übersandten die Antragsgegnerinnen das fortgeschriebene Bieterfragen-Journal an die beteiligten Bieter und kündigten den Termin für die 2. Verhandlungsrunde an.

Mit Rügeschreiben vom 11.03.2016, eingegangen bei den Antragsgegnerinnen am selben Tage, beanstandet die Antragstellerin das Vergabeverfahren.

Sie ist der Auffassung, dass das Vergabeverfahren mit dem Konzessionierungsverfahren nicht verknüpft werden darf. Die Entscheidung des Vergabeverfahrens würde somit von einem außerhalb des Verfahrens liegenden Umstand abhängig gemacht werden. Neben einer konkreten Vergabeabsicht müsse bei einer Ausschreibung auch die tatsächliche Möglichkeit der unbedingten Zuschlagserteilung bestehen. Darüber hinaus führe die Form der Ausschreibung dazu, dass durch den Abschluss des Konzessionierungsverfahrens auch das Vergabeverfahren für die Betreibergesellschaft entschieden wird. Das Kriterium des Obsiegens im Konzessionierungsverfahren für die Bestimmung der technischen Leistungsfähigkeit sei auch insoweit untauglich, als dass es unter Umständen von keinem Bieter erfüllt werden könne. Es wäre aber auch möglich, dass zwei unterschiedliche Bieter das beste Angebot abgeben und die Konzession erhalten.

Im Übrigen seien auch die Bewertungskriterien zum Teil untauglich.

Sie ist der Auffassung, dass die Nebenangebote nicht nach denselben Kriterien bewertet werden wie die Hauptangebote. Bei dem Zuschlagskriterium "Kommunale Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten" würden unterschiedliche Maßstäbe an Haupt- und Nebenangebot angelegt. Die Antragsgegnerinnen würden hier deutlich machen, dass sie das Hauptangebot bevorzugen. Sie unterstützen dies auch durch die von ihnen vorgegebene Bewertungsmatrix, indem das Nebenangebot an dieser Stelle nur 2/5 der Punkte des Hauptangebotes erreichen kann. Bei der Bewertung des Hauptangebotes können Wertungspunkte für dieses Kriterium erzielt werden (die Gestaltung des Unternehmenskonzepts), die nicht unmittelbar für den kommunalen Einfluss- und die Gestaltungsmöglichkeiten relevant sind. Bei einem Nebenangebot müsse der Bieter der Kommune tatsächlichen Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten einräumen, um Wertungspunkte zu erhalten.

Die Antragstellerin meint auch, dass die Berücksichtigung der Netzentgelte unter mehreren Gesichtspunkten gegen das Gebot der Chancengleichheit und das vergaberechtliche Gleichbehandlungsgebot verstößt.

a) Berücksichtigung der Netzentgelte im Beteiligungswettbewerb

Der Bieter solle Minderheitsgesellschafter an der Betreibergesellschaft werden. Das Netzentgelt werde von der zu gründenden Gesellschaft (xxxxxx) gemeinsam mit den Kommunen bestimmt. Das zu erwartende Netzentgelt könne nicht abschließend vom Bieter bestimmt werden und sei somit von Faktoren und Entscheidungen abhängig, die auch von den Antragsgegnerinnen beeinflusst werden können.

b) Bewertung der Netzentgelte

§ 1 EnWG beschreibt als Zielvorgabe die preisgünstigste Versorgung der Allgemeinheit. Der Begriff der Preisgünstigkeit bedeute zum einen nicht, dass die absoluten Netzentgelte der Bieter miteinander verglichen werden können.

Sie könne als Flächennetzbetreiber auch bei - in absoluten Beträgen - höheren Netzbeträgen preisgünstiger sein, als ein Stadtnetzbetreiber, der von vornherein eine günstigere Versorgungsstruktur vorfindet. Man könne also nicht die absolute Höhe der Netzentgelte miteinander vergleichen, sondern müsse ihre Preisgünstigkeit einer Bewertung unterziehen. Aus diesem Grund könne die Preisgünstigkeit bei einem Nebenangebot nur mit Blick auf die konkrete Versorgungsaufgabe verglichen werden.

c) Berücksichtigung der Höhe der Entgelte in den Netzgebieten der Bieter

Es sei unzulässig, die Höhe des aktuellen Netzentgeltes Strom/Gas im gesamten Netzgebiet des Bieters und eine entsprechende Prognose bis zum Ende der zweiten Regulierungsperiode der Bieter in deren gesamten Netzgebiet bei der Vergabe zu berücksichtigen, da der konkrete Bezug zum Auftrag fehlt.

Außerdem sei zu berücksichtigen, dass kleine und große Netzbetreiber bei der Übernahme (Nebenangebot) ungleich behandelt werden. Sie sei als Flächennetzbetreiber nicht mit einem Kernstadtnetzbetreiber vergleichbar. Aus diesem Grund dürfe nicht auf die aktuelle, sondern auf die Preisgünstigkeit der zu erwartenden Netzentgelte abgestellt werden. Die Antragstellerin verweist dazu auf die Entscheidung des OLG Stuttgart zur Unzulässigkeit eines Vergleichs der beiden unterschiedlichen Netzbetreibergruppen. Auch der Entwurf zur Neuregelung des § 46 EnWG berücksichtige ihre Sichtweise hinsichtlich der Unzulässigkeit des Vergleichs.

d) Veränderungen der Netzentgelte nach Ablauf von 10 Jahren

Bei der Bewertung der Netzentgelte nach 10 Jahren fehle im Ergebnis der Auftragsbezug.

Als Flächennetzbetreiber müsse sie regulatorisch bedingt höhere Netzentgelte ausweisen als kleinere Netzbetreiber. Das Bewertungskriterium habe daher keine Aussagekraft in Bezug auf die eigentliche Höhe der Netzentgelte im übernommenen Netzgebiet, was das Hauptangebot betrifft.

Wenn im Nebenangebot auf die Fortführung des Pachtvertrages abgestellt werde, bedeute dies, dass weiterhin die Netzentgelte des Bieters zu prognostizieren sind. Ein Unterschied werde sich überwiegend aus den Netzkosten des Netzgebietes im Übrigen ergeben. Die Unterschiede resultierten damit wieder maßgeblich aus dem vorgegebenen Ordnungsrahmen.

e) Fehlende Vorgaben für die Ermittlung der Prognosewerte

Auch hier vermisst die Antragstellerin Vorgaben, die eine Vergleichbarkeit der von den Bietern vorgenommenen Prognosen gewährleisten. Beispielhaft nennt die Antragstellerin einzelne Parameter, wie Zinssätze im Rahmen der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung, die die Kalkulation von heute für in mehr als 10 Jahren beeinflussen werden.

Nachdem die Antragsgegnerinnen die Rügen mit Schreiben vom 24.03.2016 zurückgewiesen haben, beantragte die Antragstellerin mit Schreiben vom 08.04.2016, eingegangen in der Vergabekammer per Telefax am selben Tage, die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.

Sie ergänzt und vertieft ihren Vortrag in Bezug auf die bereits in dem Rügeschreiben gegenüber der Antragsgegnerinnen monierte Kopplung mit dem Konzessionierungsverfahren, der unterschiedlichen Bewertung von Haupt- und Nebenangebot und der Bewertung der Netzentgelte.

Nach Durchführung der eingeschränkten Akteneinsicht führt die Antragstellerin zusätzlich aus, dass sie das Kriterium" Netzentgelte" bereits am 08.01.2016 gerügt habe, indem sie in dem Verhandlungstermin Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Zuschlagskriteriums zum Ausdruck gebracht hat. Da die Antragsgegnerinnen das Vorbringen nicht als Rüge behandelt handelt haben, sei auch keine Nichtabhilfeentscheidung im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB a.F. ergangen.

Sie weist auch darauf hin, dass die Verknüpfung mit dem Konzessionierungsverfahren die Amortisierungschancen all derjenigen Bieter, die ein zuschlagsfähiges Angebot im streitigen Vergabeverfahren abgegeben haben, vermindert. Die Antragstellerin erklärt, dass sie nicht die Zweistufigkeit der Verfahrensgestaltung an sich beanstande, sondern vielmehr die Ausgestaltung des Verfahrens (also das "Wie") auf der ersten Stufe des Beteiligungswettbewerbs. Eine unmittelbare Zuschlagserteilung an den Bestbieter sei in diesem Verfahren nicht möglich, da Voraussetzung sei, dass der Bestbieter auch in dem streitigen Verfahren zum Zuge gekommen ist.

Soweit sie die aus ihrer Sicht ungleiche Bewertung von Haupt- und Nebenangebot beanstandet, führt sie zusätzlich aus, dass das Unternehmensaufbaukonzept mit dem Unterkriterium "Kommunale Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeit" nicht unmittelbar etwas zu tun habe. Ob die Kommune verstärkt Einfluss auf die Netzqualität und Sicherheit des Netzbetriebes nehmen könne, hänge vielmehr von den Einflussmöglichkeiten des Gesellschafters ab. Im Ergebnis können im Hauptangebot Wertungspunkte durch die Gestaltung des Unternehmenskonzepts erzielt werden, die nicht unmittelbar für die kommunalen Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten relevant sind. Hingegen komme es aber auf die tatsächlichen Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten beim Nebenangebot an, um eine positive Bewertung mit eingeschränkter Höchstpunktzahl zu erzielen.

Ebenfalls geht sie zu der von ihr angenommenen fehlerhaften Bewertung der Netzentgelte davon aus, dass diese unter mehreren Gesichtspunkten gegen das Gebot der Chancengleichheit und das vergaberechtliche Gleichbehandlungsgebot verstößt.

Aus ihrer Sicht sei das Kriterium Netzentgelt nur im Konzessionsvergabeverfahren ein sachangemessenes Kriterium, nicht jedoch im Beteiligungswettbewerb. Im streitigen Verfahren würde es durch die Verknüpfung mit dem Konzessionsverfahren doppelt berücksichtigt.

Im Rahmen des Beteiligungswettbewerbs sei das Kriterium Netzentgelte innerhalb der Unternehmensaufbauphase beim Hauptangebot (innerhalb der Unternehmensaufbauphase der ersten 10 Jahre) sowie fortdauernd beim Nebenangebot nicht geeignet. In jedem Fall bleibe der erfolgreiche Bieter Netzbetreiber und lege die Netzentgelte fest. Das Interesse der gemeinsam zu gründenden xxxxxx bestehe in der Pachtphase allein an den Pachtentgelten, die der erfolgreiche Bieter an diese zu entrichten habe. Demnach könne in dieser Phase allein das Pachtentgelt, nicht jedoch das Netzentgelt sein.

Im Übrigen würden die Antragsgegnerinnen im vorliegenden Fall verkennen, dass sie als Flächennetzbetreiberin durch den vorgegebenen Ordnungsrahmen diskriminiert werde, speziell, wenn sie nur auf das Nebenangebot bieten würde.

Soweit die Antragsgegnerinnen unter Verweis auf die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf einwenden, die Netzentgelte seien im Beteiligungswettbewerb ein zulässiges Kriterium, vertritt die Antragstellerin die Auffassung, dass in dem o.g. Beschluss entschieden wurde, dass im Konzessionsvergabeverfahren die zu berücksichtigenden Ziele in § 1 EnWG im Rahmen eines Beteiligungswettbewerbs "weder unmittelbar noch ausschließlich" anzuwenden sind.

Hinzu komme, dass von den Kriterien des § 1 EnWG nur das Kriterium der Preisgünstigkeit bewertet werden soll, obwohl in den Ausschreibungsunterlagen sämtliche Zielvorstellungen des § 1 EnWG berücksichtigt werden sollen und somit in einen sachangemessenen Verhältnis zueinander bewertet werden müssen.

Die Antragstellerin weist darauf hin, dass aus ihrer Sicht die Bewertung der aktuellen Netzentgelte einschließlich der Prognose ihrer Entwicklung bis zum Ende der zweiten Regulierungsperiode an einem zentralen Punkt mangelhaft ist. Ausgangspunkt für die Ermittlung der zu erwartenden Entgelte müsse nicht die Entwicklung der Entgelte in den derzeitigen Netzgebieten sein, sondern einschließlich der zu erwartenden Netzentgelte im künftigen Netzgebiet. Selbst wenn die Antragsgegnerinnen diesen Mangel heilen würden, bliebe es bei der Diskriminierung der Flächennetzanbieter.

Abschließend weist sie darauf hin, dass für das Zuschlagskriterium Netzentgelte keine Vorgaben für die Prognose nach Ablauf der Betriebsaufbauphase von ca. zehn Jahren gemacht wurden und somit die Angebote nicht vergleichbar sind.

Die Antragstellerin beantragt,

  1. 1.

    festzustellen, dass die Antragstellerin in ihren Rechten auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren verletzt ist;

  2. 2.

    die Antragsgegnerinnen zu verpflichten, geeignete Maßnahmen zu treffen, um die geltend gemachten Verstöße gegen Vergabevorschriften zu beseitigen;

  3. 3.

    die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für die Antragstellerin für notwendig zu erklären;

  4. 4.

    die Kosten des Verfahrens den Antragsgegnerinnen aufzuerlegen.

Ferner beantragt sie,

der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakten der Antragsgegner zu gewähren.

Die Antragsgegnerinnen beantragen,

  1. 1.

    der Antragstellerin die Einsicht in die Vergabeunterlagen aus wichtigem Grund gemäß § 111 Abs. 2 GWB a. F. zu versagen;

  2. 2.

    den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 08.04.2016 vollumfänglich als unzulässig abzuweisen;

    hilfsweise festzustellen,

    dass die Antragstellerin nicht in ihren Rechten auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren verletzt ist,

  3. 3.

    die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch die Antragsgegnerinnen für notwendig zu erklären;

  4. 4.

    der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Rechtsverteidigung der Antragsgegnerinnen aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerinnen treten den Behauptungen und der Rechtsauffassung der Antragstellerin entgegen. Sie halten den Nachprüfungsantrag für unzulässig, da die Antragstellerin die von ihr beanstandeten Punkte nicht rechtzeitig gerügt hat.

Unter Bezugnahme auf ihre Schutzschrift vom 06.04.2016 führt sie aus, dass die von der Antragstellerin gerügten Punkte bereits aus der am xxxxxx.2015 veröffentlichten EU-Bekanntmachung oder aber den am xxxxxx.2015 übersandten Bewerbungsbedingungen zum ersten Angebot bekannt waren. Erst unmittelbar vor der zweiten Verhandlungsrunde mache die Antragstellerin die bekannten, vermeintlichen Verstöße zum Gegenstand einer Rüge.

Zunächst weisen sie darauf hin, dass die Konzessionsverfahren Strom und Gas gesondert nach den einschlägigen Regelungen des § 46 EnWG durchgeführt werden. Sie würden nicht den Regelungen des Kartellvergaberechts nach §§ 97 ff GWB a. F. und der SektVO a .F. unterliegen. Sie weisen darauf hin, dass das Auslaufen der Konzessionsverträge fristgerecht zwei Jahre vorher bekannt gemacht wurde. Eine Pflicht, die Konzessionierungsverfahren innerhalb einer bestimmten Frist durchzuführen oder abzuschließen bestehe nicht.

Soweit die Antragstellerin annimmt, dass nach Abschluss der Unternehmensaufbauphase von ca. zehn Jahren ein Betriebsführungsmodell umgesetzt werden soll, entspräche dies nicht dem Ausschreibungsgegenstand. Ziel der Unternehmensaufbauphase sei der Aufbau eines eigenständigen Gemeindewerks, das wichtige Netzbetreiberaufgaben mit eigenem Personal erbringen soll. Lediglich Leistungen, die von diesem selbst nicht erbracht werden können, sollen als Dienstleistung von dem Beteiligungspartner oder einem Dritten erbracht werden.

Da sie für das Konzessionierungsverfahren nicht selbst über die dafür erforderlichen Netzdaten verfügen, haben sie im Interesse der Gleichbehandlung und einheitlichen Informationsbasis den Bietern die von den Bestandsanbietern übermittelten Netzdaten weiter gegeben, letztmalig mit Schreiben vom 12.10.2015.

Sie hätten aufgrund in der ersten Verhandlungsrunde gewonnenen Erkenntnisse ihre Unterlagen überarbeitet und den Bietern mit der Aufforderung zur Abgabe des zweiten indikativen Angebots zur Verfügung gestellt. Dabei hätten sie zur Erhöhung der Transparenz das Unterkriterium II.1 durch zwei Unter-Unterkriterien konkretisiert. Die Änderungen an den Unterkriterien zu III. Netzentgelte würden sich auf Klarstellungen von Details beschränken.

Soweit die Antragstellerin jetzt die Verwendung eines unzulässigen Eignungskriteriums durch die Verknüpfung mit einer erfolgreichen Teilnahme am Konzessionierungsverfahren zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit rügt, verweisen sie auf ihre Anforderungen in der EU-weiten Bekanntmachung. Bereits dort hätten sie unter III.2.3 Nr. 1 ausgeführt:

"Nachweis der erfolgreichen Teilnahme (Zuschlagsentscheidung) am Konzessionsverfahren Strom und/oder Gas in den Gemeinden xxxxxx und xxxxxx.

Hinweis:

Nr. 3 erfordert keine Erklärung zum Teilnahmewettbewerb. Die Erfüllung der Anforderung Nr. 3 ist zum Abschluss dieses Vergabeverfahrens nach SektVO vor Zuschlagserteilung nachzuweisen."

Erkennbar sei aus ihrer Sicht die relevante Tatsache bereits ab dem xxxxxx.2015 gewesen. Auch in Hinblick auf ihre rechtliche Bewertung des angegriffenen Eignungskriteriums traf die Antragstellerin die Rügeobliegenheit bis zum Ablauf der Frist am Teilnahmewettbewerb am xxxxxx.2015.

Soweit die Antragstellerin die Bewertung der Nebenangebote beanstandet, weisen die Antragsgegnerinnen darauf hin, dass sie bereits mit der Aufforderung zur Abgabe eines ersten indikativen Angebotes am xxxxx.2015 die Wertungskriterien und deren Gewichtung dargestellt haben. Die Bewertungssystematik der unterschiedlichen Anforderungen an Haupt- und Nebenangebote sei für die Antragstellerin mit Erhalt der Bewerbungsbedingungen zur Abgabe des ersten indikativen Angebots erkennbar gewesen.

Die Antragstellerin habe erstmals mit Schreiben vom 11.03.2016 die Ausgestaltung der Bewertung der Netzentgelte gerügt. Sie sei mit diesem Vortrag nicht nur präkludiert, sondern er sei zusätzlich sachlich unbegründet. Aus ihrer Sicht ist nicht nachvollziehbar, warum die Antragstellerin erst neun Monate nach Kenntniserlangung den vermeintlichen Verstoß hinsichtlich der Netzentgelte angreift, zumal von ihr der im Beteiligungsverfahren angesprochene Bieterkreis von Netzgesellschaften hier in besonders hohem Maße vertraut sein müssen.

Außerdem habe die Antragstellerin bereits in der ersten Verhandlungsrunde am 08.01.2016 ihre Ansicht dargelegt, dass Netzentgelte nicht direkt gewertet werden dürfen, sondern zu gewichten seien. Sie, die Antragsgegnerinnen, haben eine Änderung der Kriterien zu den Netzentgelten am Ende jedoch ausdrücklich abgelehnt. Dies habe die Antragstellerin weder vor der Angebotsabgabe noch in der Verhandlung oder unmittelbar danach gerügt.

Alle von der Antragstellerin behaupteten Rechtsverletzungen seien bereits aus den am xxxxxx.2015 veröffentlichen EU-Bekanntmachungen oder den am xxxxxx.2015 übersandten Vergabeunterlagen zur Abgabe eines ersten Angebots sowohl objektiv als auch subjektiv unter Berücksichtigung der Unternehmensorganisation der Antragstellerin erkennbar.

Soweit der Nachprüfungsantrag nicht bereits unzulässig ist, sei er aber unbegründet.

Es finde auch keine Kopplung von Beteiligungswettbewerb und Konzessionsverfahren statt, durch die vergaberechtliche Bestimmungen verletzt werden. Es sei rechtlich anerkannt, dass strategische öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) zur Gründung eines Stadtwerkes oder einer Netzgesellschaft mit Rückpachtmodell unter Anwendung verschiedener Verfahrensgestaltung ausgeschrieben werden können. Sie habe sich für das zweistufige Verfahren, bei dem einen Beteiligungspartner für die potentielle ÖPP gesucht wird und das Konzessionierungsverfahren gesondert durchgeführt wird, entschieden.

Eine Kopplung der beiden Verfahren in Sinne einer beidseitigen Abhängigkeit sei von ihr nicht vorgenommen. Vielmehr führt das Eignungskriterium, welches zur Zuschlagsentscheidung der Antragsgegnerinnen vorliegen muss, gerade zu einer nach dem Konzessionierungsrecht erforderlichen "Entkopplung" der beiden Verfahren. Außerdem müsse die xxxxxx das Recht haben, die öffentlichen Wege und Plätze in ihren Gebieten für die Verlegung und dem Betrieb der Strom und Gasnetzes der allgemeinen Versorgung zu nutzen. Weiterhin sei die wirksame Konzessionierung eine Voraussetzung für einen Anspruch der xxxxxx aus § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG gegen den Bestandsanbieter auf Erwerb der Netze.

Die Abhängigkeit der Umsetzbarkeit des Ergebnisses des Beteiligungswettbewerbs sei bei der Konnex zwischen Beteiligungs- und Konzessionswettbewerb notwendigerweise gegeben. Entsprechend konnte die Zuschlagserteilung in den nachfolgenden Konzessionswettbewerben als Bedingung der technischen Leistungsfähigkeit ausgestaltet werden.

Sie habe auch nicht gegen vergaberechtliche Bestimmungen durch die behauptete unterschiedliche Bewertung von Haupt- und Nebenangeboten verstoßen. Bereits aus den Bewerbungsbedingungen gehe klar hervor, dass Haupt- und Nebenangebote anhand identischer Kriterien gewertet werden sollen. Sie habe auch an die von ihr zugelassenen Nebenangeboten Mindestanforderungen gestellt.

Der Begriff "Kommunale Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten" erschöpfe sich nicht auf den Umfang des Einflusses einer gesellschaftlichen Beteiligung, sondern auf die in der Beteiligungsgesellschaft zu entwickelnde, umfassende Kompetenz in Bezug auf einen eigenen Netzbetrieb Strom und Gas, die ihr, den Antragsgegnerinnen, die entsprechenden Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten vermitteln sollen.

Da ein Rückpachtmodell von dem Aufbau eines Stadtwerkes abweiche, habe sie in den Bewerbungsunterlagen dargestellt, wie sich diese Änderungen auf die Angebotswertung auswirken und wie das Qualitätsniveau der Nebenangebote im Vergleich zum Hauptangebot gewertet werden soll. In der Aufforderung zur Abgabe des zweiten indikativen Angebots am 04.02.2016 habe sie sogar die Transparenz der Wertung erhöht; die Wertungssystematik hinsichtlich der Nebenangebote zum Kriterium "II. Kommunale Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten" jedoch nicht verändert.

Ferner habe sie nicht gegen vergaberechtliche Bestimmungen durch die Bewertung der Netzentgelte verstoßen. Da die Netzentgelte einen unmittelbaren Auftragsbezug haben, dürfe sie sie daher als Wertungskriterium berücksichtigen.

Mit den Unterkriterien zu den Netzentgelten wollen sie unmittelbare Auswirkungen der Kosten auf die Mitglieder der Gebietskörperschaften werten. Eine Prognose zur Entwicklung der Netzentgelte ab dem Zeitpunkt des Übergangs der Funktion des Netzbetreibers auf die xxxxxx habe sie daher in den Unterkriterien III.5. Und III.6. berücksichtigt. Sie gehe davon aus, dass die Höhe der Netzentgelte ab diesem Zeitpunkt wesentlich von den operativen Kosten (Kosten für Personal, Material, EDV, Dienstleistungen, usw.) geprägt sein werden, die für den Netzbetrieb in der xxxxxx anfallen. Die Strukturierung und der Aufbau der xxxxxx als effizienter Netzbetreiber sei der Kern des im Beteiligungswettbewerb ausgeschriebenen Hauptangebots. Im Netzkonzept und in den Verträgen, sollen die Bieter weitere Details ihres Unternehmensaufbaukonzepts darstellen und damit zum Gegenstand ihres Angebots machen. Hintergrund sei dabei, dass diese Struktur die späteren operativen Kosten der xxxxxx prägen werden.

Die Abfrage der Netzentgelte sei im Beteiligungswettbewerb ein zulässiges Wertungskriterium - unabhängig davon ob diese auch im Konzessionierungsverfahren gewertet werden sollen. Die Behauptung der Antragstellerin, dass die Netzentgelte sowohl im Beteiligungsverfahren als auch im Konzessionierungsverfahren berücksichtigt würden, sei außerdem eine reine Vermutung. Die genaue Ausgestaltung des Kriterienkatalogs im Konzessionierungsverfahren könne ihr noch nicht bekannt sein.

Der von der Antragstellerin vermutete Verstoß gegen § 1 EnWG wäre überhaupt nur dann zu prüfen, wenn er eine vergaberechtliche Bestimmung darstellen würde. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 09.01.2013 führen die Antragsgegnerinnen aus, dass die Ziele des § 1 EnWG bei einer Ausschreibung nicht anzuwenden sind.

Auch der Vergleich der absoluten Netzentgelte sei zulässig. Sie sei nicht verpflichtet, mögliche Strukturnachweise einzelner Bieter bei der Bewertung der Angebote auszugleichen. Sie, die Antragsgegnerinnen, vermuten vielmehr, dass die Antragstellerin wünscht, dass nur Einflussfaktoren, die für sie, die Antragstellerin, nachteilig sein können, ausgeglichen werden. Die Wertung der absoluten Netzentgelte sei auch sachgerecht, da relativierte Netzentgelte den tatsächlichen Preis nicht abbilden. Außerdem hätte die Antragstellerin die Möglichkeit, ihr Angebot so zu gestalten, dass die von ihr behaupteten strukturellen Nachteile unbeachtlich sind.

Soweit die Antragstellerin die Prognose der Netzentgeltentwicklung bis zum Ende der zweiten Regulierungsperiode beanstandet, weisen die Antragsgegnerinnen daraufhin, dass im Ergebnis die Netzentgelte gewertet werden sollen, die im Falle der Zuschlagserteilung tatsächlich in den Gebieten der Antragsgegnerrinnen zur Anwendung kommen. Es liege damit auch ein Auftragsbezug vor.

Soweit die Antragstellerin die Berücksichtigung der Veränderungen der Netzentgelte in der fünften und sechsten Regulierungsperiode beanstandet, gehen die Antragsgegnerinnen im Gegensatz dazu davon aus, dass bei einem Bieter mit einem sehr niedrigen Netzentgelt die Netzentgelte der xxxxxx dann tendenziell oberhalb der Netzentgelte des Bieters liegen. Umgekehrt würden die Netzentgelte der xxxxxx in diesem Zeitraum in der Tendenz unterhalb der Netzentgelte eines Bieters mit sehr hohen Netzentgelt liegen. Dies führe im Ergebnis dazu, dass bei einem Bieter mit einem sehr niedrigen Netzentgelt das Hauptangebot gegenüber dem Nebenangebot benachteiligt ist. Bei einem Bieter mit sehr hohen Netzentgelten sei es umgekehrt.

Soweit die Antragstellerin Vorgaben für die Ermittlung der Prognosewerte vermisst, erklären die Antragsgegnerinnen unter Bezugnahme auf die o.g. Entscheidung des OLG Düsseldorf, dass sie nicht verpflichtet seien, Kalkulationsvorgaben vorzugeben.

Aus ihren Bewerbungsbedingungen könne man entnehmen, dass die Prognose des Bieters nicht direkt in eine Punktewertung überführt werden, sondern diese für sie, die Antragsgegnerinnen nachvollziehbar sein müsse. Nur wenn die Prognose anhand einer eigenständigen Bewertung eine Verringerung oder für Erhöhung der Netzentgelte erwarten lasse, werde die dazugehörige Punktzahl vergeben.

Die Beigeladene hat mit Schriftsatz vom 14.04.2016 ihre Beiladung beantragt und dabei bereits um Akteneinsicht gebeten. Weitere Anträge hat sie nicht gestellt.

Die Vergabekammer hat mit Verfügung des Vorsitzenden vom 10.05.2016 gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB a. F. die Frist für die abschließende Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 GWB a. F.) hinaus bis zum 06.06.2016 verlängert.

Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 18.05.2016 Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 2 und 3 GWB a. F. unzulässig, weil die Antragstellerin die von ihr beanstandeten Vergaberechtsverletzungen erst am 11.05.2016 und damit nach Auswertung der ersten indikativen Angebote und nach Abschluss der ersten Verhandlungsrunde gerügt haben, obwohl die der Rüge zugrunde liegenden Sachverhalte z. T. bereits aus der europaweiten Bekanntmachung vom xxxxxx.2015 (im Hinblick auf die Verknüpfung des Vergabeverfahrens und der Konzessionierung nach EnWG - im Folgenden 2 a) oder aber spätestens aus der Aufforderung zur Abgabe des ersten indikativen Angebotes vom xxxxxx.2015 (im Hinblick auf die nunmehr beanstandeten Zuschlagskriterien - im Folgenden 2 b) und c) für die Bieter unmissverständlich erkennbar waren. Es ist daher vorliegend nicht entscheidungserheblich, dass die Vergabekammer vorliegend die Zulassung eines Nebenangebotes für eine reine, nicht dem Vergaberecht unterliegende Netzgesellschaft mit einem Pachtmodel für vergaberechtlich problematisch hält, weil dieses Modell in wesentlichen Punkten nicht mit dem vergaberechtspflichtigen, dem Hauptangebot zugrunde liegenden und von den Antragsgegnerinnen unmissverständlich favorisierten Modell einer Rekommunalisierung der Strom- und Gasversorgung durch Gründung einer öffentlich-privaten Netz- und Betriebsgesellschaft vergleichbar ist.

1. Anzuwenden sind vorliegend das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und die Sektorenverordnung - SektVO in der bis zum 17. April 2016 einschließlich geltenden Fassung (im Folgenden: GWB a. F. und SektVO a. F.). Denn gemäß § 186 Abs. 2 GWB in der Fassung des Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts (Vergaberechtsmodernisierungsgesetz - VergRModG) vom 17. Februar 2016 (BGBl. I, S. 203), in Kraft getreten gemäß dessen Art. 3 am 18. April 2016, werden Vergabeverfahren, die vor dem 18. April 2016 begonnen haben, nach dem Recht zu Ende geführt, dass zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens gilt. Das vorliegende Vergabeverfahren wurde mit europaweiter Bekanntmachung vom xxxxxx.2015 eingeleitet.

2. Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig.

Bei den Auftraggeberinnen handelt es sich um Gebietskörperschaften und damit vorrangig um öffentliche Auftraggeberinnen im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB a. F. Die Auftraggeberinnen sind somit nicht bei allen Beschaffungen als - vergaberechtlich privilegierte - Sektorenauftraggeberinnen im Sinne des § 98 Nr. 4 GWB a. F. einzustufen. Es ist jedoch vorliegend vergaberechtlich nicht zu beanstanden, dass sich die Antragsgegnerinnen ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen Eröffnungsvermerks zum Beteiligungswettbewerb Strom- und Gasnetz vom 14.04.2015 (Vergabeakte, Band 1) vom 03.05.2010 entschlossen haben, den verfahrensgegenständlichen Auftrag als Sektorenauftrag im Sinne der SektVO a. F. einzustufen, weil die angestrebte, zukünftige Beteiligungsgesellschaft Sektorenauftraggeber gemäß § 98 Abs. 4 GWB a. F. wird. Die am 29.09.2009 in Kraft getretene SektVO a. F. (BGBl. 2009 I Nr. 62 vom 28.09.2009) gilt nicht nur für die ausschließlichen Sektorenauftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 4 GWB a. F. Ihr Anwendungsbereich gilt gemäß § 1 SektVO a. F. vielmehr ausdrücklich für Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 - 4 GWB a. F. Der sachliche Anwendungsbereich der Sektorenverordnung umfasst wiederum, wie vormals § 8 VgV a. F., die Vergabe von Aufträgen über Sektorentätigkeiten gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 SektVO a. F., die die durch § 1 Abs. 2 SektVO a. F. in Bezug genommenen Schwellenwerte erreichen oder übersteigen. Durch diese Regelung hat der Verordnungsgeber eine Abkehr vollzogen von der bisher gültigen (doppelten) Differenzierung der Verdingungsordnungen sowohl zwischen Auftraggebern gemäß § 98 Nr. 1 - 3 GWB a.F. und solchen gemäß § 98 Nr. 4 GWB als auch zwischen den verschiedenen Sektorentätigkeiten gemäß § 7 Abs. 1 i. V. m. § 8 Nr. 1, Nr. 4 lit. b, lit. c VgV (a. F.) einerseits und gemäß § 8 Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 4 lit. a VgV a. F. anderseits (vgl. Müller-Wrede, SektVO, § 1, Rdnr. 2, m.w.N.).

Entscheidend für die Anwendbarkeit der SektVO und der damit verbundenen vergaberechtlichen Privilegierungen wie etwa der freien Wahl der Verfahrensart ist somit allein, ob der verfahrensgegenständliche Auftrag dem Bereich der Sektorentätigkeit der Auftraggeberin zuzuordnen ist.

Ziel des vorliegenden Vergabeverfahrens ist es, ein verbundenes Unternehmen mit einem strategischen Beteiligungspartner zusammen mit der Vergabe der Betriebsführungsleistungen zu errichten. Die Betriebsführung des Strom- und Gasnetzes der gemeinsamen Gesellschaft stellt gemäß § 100 Abs. 2 Nr. 2 GWB a. F. einen Auftrag dar, der von einem Auftraggeber im Sinne des § 98 Nummer 4 GWB a. F. vergeben wird und eine Tätigkeit auf dem Gebiet der Energieversorgung umfasst. Auch gemäß § 1 Abs. 1 SektVO a. F. handelt es sich bei der Netz Betriebsführung von Strom und Gas jeweils um Sektorentätigkeiten. Gemäß der Anlage zu § 98 Nummer 4 GWB a. F. sind Tätigkeiten auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs folgende Tätigkeiten: das Bereitstellen und das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, dem Transport oder der Verteilung von Strom oder der Gewinn von Gas sowie die Versorgung dieser Netze mit Strom oder Gas durch Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 4 EnWG. Der vorgesehene Netzbetrieb durch die gemeinsame Gesellschaft stellt dabei einen Kernbereich der netzbezogenen und somit den Besonderheiten einer einem natürlichen Monopol Rechnung tragenden Sektorentätigkeit mit einem Bezug zur Daseinsvorsorge dar. Der verfahrensgegenständliche Auftrag dient daher einer Sektorentätigkeit im Sinne des § 1 SektVO a. F.

Der streitbefangene Auftragswert übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB a. F. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB a. F. festgelegt sind. Der Anwendungsbereich der SektVO a. F. ist gemäß § 1 Abs. 2 SektVO a. F. auf Auftragsvergaben beschränkt, die die Schwellenwerte erreichen oder übersteigen, die in Art. 16 der Sektorenrichtlinie (SKR) festgelegt und nach Art. 69 SKR jeweils dynamisch angepasst sind und gelten. Damit nimmt § 1 Abs. 2 SektVO a. F. im Wege einer dynamischen Verweisung direkt auf die unionsrechtlichen Schwellenwerte Bezug. Der für die vorliegende Ausschreibung geltende Schwellenwert lag zum Zeitpunkt der europaweiten Bekanntmachung vom xxxxxx.2015 bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen im Sektorenbereich bei 414.000 €. Ausweislich des Eröffnungsvermerks zum Beteiligungswettbewerb Strom- und Gasnetz vom 14.04.2015 (Vergabeakte, Band 1) vom 03.05.2010 und der dort unter 3.4 dokumentierten Berechnung des Auftragswertes übersteigt der geschätzte Gesamtauftragswert des ausgeschriebenen Betriebsführungsvertrages vorliegend unter Berücksichtigung einer Vertragslaufzeit von 48 Monaten den maßgeblichen Schwellenwert für die Anwendung der SKR.

Die Antragstellerin ist auch gemäß § 107 Abs. 2 GWB a. F. antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie die Auffassung vertritt, dass die Antragsgegnerinnen mit dem vorliegenden Vergabeverfahren in mehrfacher Hinsicht gegen Vergaberecht verstoßen. Das Vergabeverfahren dürfe nicht mit dem Konzessionierungsverfahren nach EnWG verknüpft werden, weil die Entscheidung des Vergabeverfahrens damit von einem außerhalb des Verfahrens liegenden Umstand abhängig gemacht werde. Auch würden die zugelassenen Nebenangebote nicht nach denselben Kriterien bewertet wie die Hauptangebote. Beim Zuschlagskriterium "kommunale Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten" würden unterschiedliche Maßstäbe an Haupt- und Nebenangebot angelegt. Auch dürften die aktuellen Netzentgelte, die im Rahmen des Konzessionierungsverfahrens nach § 1 EnWG ohnehin berücksichtigt werden, nicht zum Zuschlagskriterium im vorliegenden Vergabeverfahren gemacht werden. Insbesondere sei es unzulässig, die Höhe des aktuellen Netzentgeltes Strom/Gas im gesamten Netzgebiet des Bieters und eine entsprechende Prognose bis zum Ende der 2. Regulierungsperiode der Bieter in deren gesamten Netzgebiet bei der Vergabe zu berücksichtigen, da der konkrete Bezug zum Auftrag fehle. Darüber hinaus würden kleine und große Netzbetreiber bei der Übernahme (Nebenangebot) ungleich behandelt werden. Sie sei als Flächennetzbetreiber nicht mit einem Kernstadtnetzbetreiber vergleichbar. Aus diesem Grunde dürfe nicht auf die aktuellen, sondern nur auf die Preisgünstigkeit der zu erwartenden Netzentgelte abgestellt werden.

Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB a. F. ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107 GWB, Rdnr. 52). Nach herrschender Meinung und Rechtsprechung sind an diese Voraussetzungen keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags, wenn der Bieter schlüssig einen durch die behauptete Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (BVerfG, Urteil vom 29.07.2004 - 2 BvR 2248/04; Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, § 107, Rdnr. 35 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2006 - X ZB 14/06, zitiert nach VERIS). Die Antragstellerin hat eine mögliche Beeinträchtigung ihrer Chancen auf den Zuschlag und damit einen möglichen Schaden schlüssig dargelegt.

Der Nachprüfungsantrag ist jedoch gemäß § 107 Abs. 3 GWB a. F. unzulässig, weil die Antragstellerin die nunmehr geltend gemachten Vergaberechtsverstöße zu spät gerügt hat:

a) Verknüpfung des Vergabeverfahrens zur Suche des privaten Minderheitsgesellschafters und Betriebsführers mit der erfolgreichen Teilnahme am Konzessionswettbewerb nach EnWG

Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass das Vergabeverfahren nicht mit dem Konzessionierungsverfahren nach EnWG verknüpft werden darf. Die Entscheidung des Vergabeverfahrens werde so von einem außerhalb des Verfahrens liegenden Umstand abhängig gemacht. Neben einer konkreten Vergabeabsicht müsse bei einer Ausschreibung auch die tatsächliche Möglichkeit der unbedingten Zuschlagserteilung bestehen. Darüber hinaus führe die Form der Ausschreibung dazu, dass durch den Abschluss des Konzessionierungsverfahrens auch das Vergabeverfahren für die Betreibergesellschaft entschieden wird. Das Kriterium des Obsiegens im Konzessionierungsverfahren für die Bestimmung der technischen Leistungsfähigkeit sei auch insoweit untauglich, als dass es unter Umständen von keinem Bieter erfüllt werden könne. Es wäre aber auch möglich, dass zwei unterschiedliche Bieter das beste Angebot abgeben und die Konzession erhalten. Die erfolgreiche Teilnahme am Konzessionierungsverfahren sei daher kein zulässiges Eignungskriterium im Sinne des § 20 Abs. 3 SektVO a. F.

Die diesbezügliche, erstmalig mit Anwaltsschriftsatz vom 11.06.2013 erhobene Rüge ist gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB a. F. verspätet, weil die nunmehr beanstandete Verknüpfung des Vergabeverfahrens mit dem Konzessionierungsverfahren für alle Bieter bereits aus der Bekanntmachung vom xxxxxx.2015 erkennbar war und die Antragstellerin wie die Beigeladene auch zum Zeitpunkt der Rüge bereits maßgebliche Phasen des Verhandlungsverfahrens durchlaufen hatte, ohne dass sie daran Anstoß genommen hätte.

Denn die diesbezügliche Anforderung ging als Eignungskriterium zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit bereits unmissverständlich aus III.2.3 der insoweit übereinstimmenden europaweiten Bekanntmachungen der Antragsgegnerinnen vom xxxxxx.2015 hervor. Dort heißt es zu den Angaben und Formalitäten, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Auflagen zu überprüfen:

"3. Nachweis der erfolgreichen Teilnahme (Zuschlagsentscheidung) am Konzessionierungsverfahren Strom und/oder Gas in den Gemeinden xxxxxx und xxxxxx.

Hinweis:

Nr. 3 erfordert keine Erklärung zum Teilnahmewettbewerb. Die Erfüllung der Anforderung Nr. 3 ist zum Abschluss dieses Vergabeverfahrens nach SektVO vor Zuschlagsentscheidung nachzuweisen."

Gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB a. F. ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis Ablauf der in der Bekanntmachung genannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden. Vorliegend hätte die Antragstellerin die Verknüpfung der beiden Verfahren daher spätestens bis zum Ablauf der Frist für den Teilnahmewettbewerb am xxxxxx.2015 rügen müssen.

Maßstab für die "Erkennbarkeit" ist die Erkenntnismöglichkeit für das Unternehmen bei Anwendung üblicher Sorgfalt. Die Erkennbarkeit muss sich auf die den Verstoß begründenden Tatsachen und auf deren rechtliche Beurteilung beziehen (vgl. Wiese in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 3. Aufl., § 107, Rn. 111; Marx in: Beck'scher VOB-Kommentar, §§ 107, 108 GWB, Rn. 28). Dabei bestehen in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Auffassungen, ob für die Frage der Erkennbarkeit ein objektiver Maßstab (des durchschnittlichen Antragstellers) oder ein subjektiver Maßstab (des konkreten Antragstellers) anzulegen ist (vergleiche dazu Byok in: Byok/Jaeger, Vergaberecht, 3. Aufl., § 107 GWB, Rn. 93, 83, m. w. N.; BayObLG, Beschluss vom 23.11.2000, Verg 12/00; OLG Stuttgart, Beschluss vom 24.3.2000 = NZBau 2000, S. 301). Es kommt nach beiden Auffassungen jedenfalls auch darauf an, in welchem Umfang vergleichbare Unternehmen oder eben das konkrete Unternehmen Erfahrungen mit öffentlichen Aufträgen haben oder ob es sich um ein großes Unternehmen mit einer Rechtsabteilung handelt. Auch die Befürworter eines subjektiven Maßstabs verlangen aber, dass jedes Unternehmen, das an einem EU-weiten Vergabeverfahren mit entsprechend hohen Auftragswerten teilnimmt, die Bekanntmachung und die Vergabeunterlagen sorgfältig lesen und auch den Text der einschlägigen Verfahrensordnungen zur Kenntnis nehmen (vgl. Wiese, a. a .O., § 107, Rn. 112, m. w. N.).

Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabs war die nunmehr beanstandete Problematik der Verknüpfung des Vergabeverfahrens mit dem Konzessionierungsverfahren sowohl für die Antragstellerin als auch für ein vergleichbares, branchenerfahrenes Unternehmen auch unter Berücksichtigung einer vergaberechtlichen Bewertung aus der "Laiensphäre" aus der Vergabebekanntmachung erkennbar. Zwar verfügt die Antragstellerin nach eigenem Bekunden über keine große Erfahrung in Vergabeverfahren. Sie selbst sei nicht Sektorenauftraggeberin. Sie verfügt jedoch über eine Rechtsabteilung und ist nach eigenem Bekunden eine Netzbetreiberin im Sinne einer großen Netzgesellschaft (vergl. Internetauftritt der xxxxxx, Bericht über die Durchführung des Gleichbehandlungsprogramms bei der xxxxxx im Berichtsjahr 2015). Das von ihr betriebene Netz umfasst ca. xxxxxx Gasanschlüsse und ca. xxxxxx Stromanschlüsse. Das Stromnetz durchzieht xxxxxxx. Das Gasnetz durchzieht xxxxxx.

Sie verfügt zumindest auch konkret über Erfahrungen auf dem Gebiet der Rekommunalisierung der Energieversorgung. Ausweislich einer gemeinsamen Pressemitteilung der Gemeinde xxxxxx und der xxxxxx vom xxxxxx.2015 (die im Internet abrufbar ist) hat die Antragstellerin gemeinsam mit der Gemeinde xxxxxx die "xxxxxx" mit der Zielsetzung der Rekommunalisierung der Energieversorgung gegründet. Auch im dortigen Fall hält die Gemeinde 51 % der Geschäftsanteile, die Antragstellerin ist mit 49 % beteiligt. Die Gesellschaft wird das örtliche Strom- und Gasnetz im Gebiet der Gemeinde xxxxxx von der Antragstellerin erwerben und unmittelbar danach zum Betrieb an die xxxxxx verpachten. Die Gemeinde kann dadurch Einfluss auf die Entscheidungen zu Investitionen in das örtliche Strom- und Gasnetz ausüben. Die ÖPP in xxxxxxx entspricht somit dem Modell, das in der vorliegenden Ausschreibung dem Nebenangebot zu Grunde liegt.

Zudem war sich die Antragstellerin der Bedeutung der vergaberechtlichen Rüge durchaus bewusst. Denn während der Angebotsfrist rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 17.07.2015 die Verwendung von Verhandlungsergebnissen für die weiteren Verhandlungsrunden. Die Antragsgegnerinnen hatten diese Rügen mit Schreiben vom 04.08.2015 zurückgewiesen. Von unzureichenden vergaberechtlichen Kenntnissen bei der Antragstellerin kann deshalb nicht ausgegangen werden. Die Präklusionsregelungen des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB a. F. würden nahezu völlig ins Leere laufen, wenn die Nachprüfungsinstanzen von einer Erkennbarkeit von Vergabeverstößen erst ausgehen dürften, wenn das Unternehmen nicht nur über eine Rechtsabteilung, sondern auch über einen oder mehrere Vergaberechtsexperten verfügt.

Die Antragsgegnerinnen haben in der mündlichen Verhandlung - von den übrigen Beteiligten unwidersprochen - darauf hingewiesen, dass die Frage des Procedere und der Beziehungen zwischen dem Vergabeverfahren einerseits und dem Konzessionierungsverfahren anderseits derzeit in der Branche diskutiert werden. Auch die Beigeladene hat erklärt, dass die vorliegend gewählte Verknüpfung der beiden Verfahren für ein Unternehmen, das sich mit dieser Materie intensiv beschäftigt, zumindest erkennbar gewesen sei.

Die erstmals mit Anwaltsschriftsatz vom 11.03.2016 erhobene Rüge erfolgte somit verspätet.

Nur ergänzend weist die Vergabekammer darauf hin, dass der Nachprüfungsantrag bezüglich dieser Beanstandung im Falle einer rechtzeitigen Rüge im Ergebnis nach Auffassung der Vergabekammer jedenfalls unbegründet ist. Die Forderung des Nachweises einer erfolgreichen Teilnahme am Konzessionierungsverfahren Strom und/oder Gas in den Gemeinden xxxxxx und xxxxxx nach Abschluss des Vergabeverfahrens, aber vor Zuschlagserteilung zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden.

Gemäß § 20 Abs. 3 SektVO a. F. kann der Auftraggeber ausdrücklich Nachweise zur wirtschaftlichen und finanziellen oder technischen oder beruflichen Leistungsfähigkeit verlangen. Zwar finden sich in der SektVO im Gegensatz zu den anderen Vergabe- und Vertragsordnungen keine Regelungen über konkrete mögliche Eignungsnachweise, die der Auftraggeber von den Unternehmen verlangen kann. Aufgrund seiner Verpflichtung aus § 97 Abs. 4 GWB a. F., den Auftrag nur an geeignete Unternehmen zu vergeben, ist es ihm aber nicht gestattet, von der Anforderung von Nachweisen gänzlich abzusehen (vgl. Müller-Wrede, SektVO, § 20, Rn. 18, m. w. N.). Die Entscheidung über die konkret zu verlangenden Nachweise steht damit im Ermessen des Auftraggebers. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerinnen den Nachweis der erfolgreichen Teilnahme am Konzessionierungsverfahren nicht schon zum Teilnahmewettbewerb, sondern erst zum Zeitpunkt unmittelbar vor Zuschlagserteilung im Vergabeverfahren nach SektVO verlangt haben. Entscheidend ist vielmehr, dass der Auftraggeber zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung die Eignung des Bieters geprüft und positiv festgestellt hat (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.12.2007 - Verg W 21/07 = NZBau 2008, 207 ff. (279); Müller-Wrede, VOL/A, 4. Aufl., Rn. 190, 194, m. w. N.). Im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung muss nachgewiesen sein, dass der Bieter bei Vertragsbeginn wirtschaftlich und technisch leistungsfähig ist.

Ausgangspunkt für die vorliegende Verfahrensgestaltung ist, dass die Antragsgegnerinnen sich entschieden haben, sich nach Auslaufen der laufenden Strom- und Gaskonzessionsverträge nicht auf die reine Ausschreibung neuer Konzessionsverträge zu beschränken, sondern gleichzeitig auch die Gründung einer ÖPP als Betriebs- und Netzgesellschaft anzustreben. Nach der Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteile vom 17.12.2013 - K ZR 65/12 und K ZR 66/12 sowie gemeinsamer Leitfaden Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur zur Vergabe von Strom -und Gaskonzessionen und zum Wechsel des Konzessionsnehmers vom 21.05.2015, dortige Rn. 27) muss das Konzessionierungsverfahren allerdings so ausgestaltet sein, dass keine Vorfestlegung auf die Gründung einer PPP seitens der Kommune erfolgt. Das Konzessionierungsverfahren muss so gestaltet sein, dass auch ein Angebot, das allein auf den Abschluss eines Konzessionierungsvertrages gerichtet ist, nicht benachteiligt wird. Die Antragsgegnerinnen sind somit gehalten, den Partner für eine potentielle ÖPP zu ermitteln und die Konzessionierungsverträge zu vergeben, ohne dass sich die Antragsgegnerinnen dabei auf die Konzessionierung der ÖPP vorfestlegen dürfen. Dabei haben sie vorliegend nicht zu beanstandender Weise ein 2-stufiges Verfahren gewählt, bei dem in einem Verfahren der Beteiligungspartner für die potentielle ÖPP gesucht wird. Das Konzessionierungsverfahren wird gesondert durchgeführt.

Da bei dieser Verfahrensweise aber grundsätzlich die Möglichkeit besteht, dass nicht der zukünftige Minderheitsgesellschafter der ÖPP konzessioniert wird, sondern ein anderes Energieversorgungsunternehmen (EVU), könnte dies dazu führen, dass entweder die ÖPP nicht umgesetzt wird oder sie auf dem Geschäftsfeld Netzeigentum und/oder Netzbetrieb, für die sie im Kern gegründet werden soll, nicht aktiv werden kann, da sie nicht über die erforderlichen Konzessionsverträge mit der Kommune verfügt. Die angestrebte ÖPP-Gesellschaft muss das Recht haben, die öffentlichen Wege und Plätze in den Gebieten der Antragsgegnerin für die Verlegung und den Betrieb des Strom- und Gasnetzes der allgemeinen Versorgung zu nutzen. Denn nur dann kann sie der verfahrensgegenständlichen Aufgabe nachkommen, diese Netze zu betreiben. Die erfolgreiche Teilnahme des im Vergabeverfahren obsiegenden Bieters an den Konzessionierungsverfahren Strom/Gas ist daher ein sachgerechtes Eignungskriterium für den Beteiligungswettbewerb.

Es unterliegt der Dispositionsbefugnis des öffentlichen Auftraggebers, dass sich die Antragsgegnerinnen entschieden haben, für den Fall, dass kein Bieter im Vergabeverfahren den Zuschlag im vom Vergabeverfahren unabhängig durchzuführenden Konzessionierungsverfahren nach EnWG erhält, auf die Gründung einer ÖPP-Gesellschaft völlig zu verzichten.

b) Bewertung von Haupt- und Nebenangebot:

Soweit die Antragstellerin erstmals mit Rügeschreiben vom 11.03.2016 beanstandet hat, dass die zugelassenen Nebenangebote nicht in jeder Hinsicht nach den gleichen Zuschlagskriterien gemäß § 29 Abs. 2 SektVO a. F. bewertet werden, ist der Nachprüfungsantrag gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nummer 3 GWB a. F. unzulässig. Nach dieser Vorschrift ist der Antrag unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden.

Die Antragstellerin beanstandet, dass die Antragsgegnerinnen die Haupt- und Nebenangebote im Hinblick auf das festgelegte Zuschlagskriterium "II. Kommunale Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten" auf Basis unterschiedlicher Maßstäbe bewerten und das Nebenangebot von vornherein mit einem Malus versehen, indem die Bieter dort von vornherein nur maximal 2 Punkte erreichen können, während im Hauptangebot hier bis zu 4 Leistungspunkte erreicht werden können. Der zugrunde liegende Sachverhalt ergab sich für die Bieter jedoch bereits unmittelbar aus den von den Antragsgegnerinnen mit Aufforderung zur Abgabe des 1. indikativen Angebotes vom xxxxxx.2015 übersandten Bewerbungsbedingungen. Dort hatten die Antragsgegner unter 4.1 den Gegenstand des Hauptangebotes (Integriertes Gemeindewerk xxxxxx/xxxxxx) und des zugelassenen Nebenangebotes (Netzeigentumsgesellschaft mit Pachtmodell) beschrieben und unter 4.2 und 4.3 detailliert festgelegt. Dort heißt es zum Hauptangebot:

"Im Hauptangebot soll ein geeignetes Bieterunternehmen gesucht werden, das bereit ist, sich zusammen mit den Gemeinden xxxxxx und xxxxxx an einer zu gründenden Netzgesellschaft xxxxxx GmbH & Co. KG (nachfolgend xxxxxx) zu beteiligen, um sich für die xxxxxx um die Strom- und Gaskonzessionen in den Gemeindegebieten xxxxxx und xxxxxx zu bewerben. Die xxxxxx soll, sofern der Bewerber in den Konzessionierungsverfahren Strom und Gas obsiegt, die Energieversorgungsnetze von den derzeitigen Netzbetreibern erwerben und an die Bewerber verpachten.

. . .

Die Bieterunternehmen und die xxxxxx schließen zunächst einen Pachtvertrag über die Strom- und Gasnetze in den Gemeinden xxxxxx und xxxxxx ab. Das Bieterunternehmen erklärt sich verbindlich dazu bereit, sukzessive Dienstleistungen zum Netzbetrieb Strom und Gas bei der xxxxxx gemäß des von ihm ausgefüllten unbeantworteten Leistungsverzeichnisses zu beauftragen. Das dafür notwendige Personal und Know-how ist in der xxxxxx aufzubauen. Nach Ablauf der Unternehmensaufbauphase von 10 Jahren nach Übernahme des jeweiligen Netzes Strom bzw. Gas ist die Übertragung der Netzbetreibereigenschaft durch xxxxxx vorgesehen, wobei die Übernahme von Netzbetriebs Funktionen in der xxxxxx in einem wirtschaftlich und Regulatoren optimierten Umfang erfolgen soll.

. . .

Die xxxxxx soll einen Energievertrieb in den Gemeinden xxxxxx und xxxxxx aufnehmen. Weiter sollen in der xxxxxx weitere Geschäftszweige aufgenommen werden können."

Demgegenüber hat das zugelassene Nebenangebot eine "Netzeigentumsgesellschaft mit Pachtmodell" zum Gegenstand. Dazu heißt es unter 4.1 der Bewerbungsbedingungen:

"Im Nebenangebot soll ein geeignetes Bieterunternehmen gesucht werden, das bereit ist, sich zusammen mit den Gemeinden xxxxxx und xxxxxx an einer zu gründenden Netzgesellschaft xxxxxx GmbH & Co. KG (nachfolgend: xxxxxx) zu beteiligen, um sich für die xxxxxx um die Strom- und Gaskonzessionen in den Gemeindegebieten xxxxxx und xxxxxx zu bewerben. xxxxxx soll, sofern der Bewerber in den Konzessionierungsverfahren Strom und Gas obsiegt, die Energieversorgungsnetze von den derzeitigen Netzbetreibern erwerben und an den Erwerber verpachten. An der xxxxxx soll das Bieterunternehmen sich mit 49 % der Geschäftsanteile beteiligen, die Gemeinden sollen jeweils 25,5 % der Geschäftsanteile besitzen.

. . ."

Im Unterschied zum Hauptangebot heißt es in der Beschreibung des Nebenangebotes weiter:

"Das Bieterunternehmen und die xxxxxx schließen einen Pachtvertrag über die Strom- und Gasnetze in den Gemeinden xxxxxx und xxxxxx ab. Im Rahmen eines Pachtmodells verfolgen die Gemeinden xxxxxx und xxxxxx kein energiewirtschaftlich unternehmerisches Engagement. Angebote zur Aufnahme weiterer Geschäftszweige sind im Nebenangebot gleichwohl erwünscht, werden jedoch nicht in der Bewertung der Wirtschaftlichkeit, sondern unter dem Kriterium "VI. Synergien und weitere Geschäftszweige in der Gesellschaft" berücksichtigt."

Unter 5.1.2 wurde das von den Antragsgegnerinnen festgelegte Zuschlagskriterium II. Kommunale Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten erläutert, das mit einer Gesamtgewichtung von 22 % bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes berücksichtigt werden sollte. Dazu wurden folgende Unterkriterien festgelegt:

Wertungskriterien Beteiligungswettbewerb
Nr.KriteriumGewichtung
II.Kommunale Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten22%
1.Kommunale Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf die Netzqualität und Sicherheit des Netzbetriebes über den Aufbau der xxxxxx GmbH & Co. KG mit Betriebsführung (Hauptangebot) bzw. als Netzeigentumsgesellschaft mit Verpachtung (Nebenangebot)20%
2. Gesellschaftsrechtliche Endschaftsregelungen2%

Im Folgenden wurden die Bieter jedoch (ebenfalls unter 5.1.2 der Bewerbungsbedingungen, dort auf Seite 24) unmissverständlich darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerinnen das Hauptangebot favorisieren und das Nebenangebot bezüglich dieses Zuschlagskriteriums mit einem Bewertungsmalus versehen. Dort heißt es:

"Die Bieter können im Nebenangebot in der Bewertung des Unterkriteriums II.1 abweichend vom Grundsatz "0" bis maximal "2" Punkte erreichen (siehe Kapitel 5.3.3. Abs. 3). Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die Gemeinden xxxxxx und xxxxxx mit dem Beteiligungswettbewerb vorrangig den Aufbau von Betriebsführungsfunktionen in der xxxxxx GmbH & Co. KG verfolgen."

Dieses Bewertungshandikap für das Nebenangebot war für die Antragstellerin als erfahrenem Versorgungsunternehmen ohne weiteres spätestens bei Abfassung ihres 1. indikativen Angebotes erkennbar und hätte von ihr spätestens bis zum Ablauf der verlängerten Angebotsfrist am 31.10.2015 gerügt werden müssen. Dies gilt unabhängig davon, ob für die Frage der Erkennbarkeit ein objektiver oder ein subjektiver Maßstab angelegt wird. Die Ungleichbehandlung des Nebenangebotes und des Hauptangebotes bezüglich dieses Zuschlagskriteriums drängt sich vielmehr sogar aus Sicht eines völligen Laien in dieser Branche geradezu auf.

Die Antragsgegnerinnen hatten den Bietern deutlich vor Augen geführt, dass sie von vornherein das Hauptangebot favorisieren, wenngleich sie damit nicht die Möglichkeit ausgeschlossen haben, dass das Nebenangebot unter Berücksichtigung sämtlicher Zuschlagskriterien gleichwohl das wirtschaftlichste Angebot sein kann und den Zuschlag erhält.

Spätestens aufgrund der Bieteranfrage Nr. 10, die die Beigeladene gestellt hat, und die darauf folgende Antwort der Antragsgegnerinnen vom 27.07.2015 war für die Bieter auch aus der Laiensphäre klar erkennbar, dass eine möglicherweise vergaberechtswidrige Ungleichbehandlung in der Bewertung von Haupt- und Nebenangebot angelegt war, worauf die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer nachvollziehbar hingewiesen hat. Die Beigeladene hatte folgende Frage gestellt:

"Gemäß Ziffer 5 Abs. 5 werden die Angebote (Haupt- und Nebenangebot) gemäß der innerhalb dieser genannten und gewichteten Wertungskriterien gewertet. Aus den Erläuterungen zu Ziffer 5.1.2 Unterkriterium II.1 wird auf Seite 24 der Vergabeunterlagen/Bewerbungsbedingungen darauf hingewiesen, dass Bieter im Nebenangebot abweichend vom Hauptangebot maximal 2 statt (wie im Hauptangebot) 5 Punkte erreichen können . . . Daraus ergibt sich aus unserer Sicht, dass ein Nebenangebot nicht die gleiche Punktzahl (theoretisch) erreichen kann wie ein Hauptangebot. Dies bedeutet, dass ein Nebenangebot bereits von vornherein nicht die gleichen Chancen hat bezuschlagt zu werden wie ein Hauptangebot. Ist diese Lesart richtig? Wenn ja, womit wird - auch rechtlich - diese Ungleichbehandlung in der Wertung begründet? Gibt es Möglichkeiten zum Ausgleich der bestehenden Wertungsunterschiede für ein Nebenangebot?"

Die Antragsgegnerinnen haben diese Frage gegenüber den Bietern am 27.07.2015 wie folgt beantwortet:

"Ja, die Lesart des Bewertungsverfahrens ist richtig. Hier liegt kein Fall einer vergaberechtlichen Ungleichbehandlung vor. Der Umstand, dass die Bieter in einem Kriterium im Nebenangebot nicht dieselbe Maximalpunktzahl erreichen können wie im Hauptangebot, bildet - wie in den Bewerbungsbedingungen, Seite 24, 1. Absatz ausdrücklich dargestellt - den Bedarf der Gemeinden ab. Diese Anforderungen und Wertungsvorgaben gelten für alle Bieter in derselben Weise."

Die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie intern diese Ungleichbehandlung durchaus als vergaberechtlich rechtswidrig bewertet habe. Gleichwohl habe sie sich entschieden, sich dennoch am Wettbewerb zu beteiligen und die Bieteranfrage und die entsprechende, aus Sicht der Beigeladenen unbefriedigende Antwort der Antragsgegnerinnen auf sich beruhen zu lassen.

Die Ungleichbehandlung und der damit verbundene, mögliche Vergaberechtsverstoß waren daher auch für die Antragstellerin aus den Vergabeunterlagen erkennbar. Die Antragstellerin hätte den vermeintlichen Vergaberechtsverstoß daher spätestens bis zum Ablauf der ursprünglich auf den 31.07.2015 festgesetzten und dann bis zum 21.10.2015 verlängerten Frist für die Abgabe des 1. indikativen Angebotes rügen müssen. Die Antragstellerin ist mit dieser Rüge daher gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB a. F. präkludiert.

Es ist daher vorliegend nicht entscheidungserheblich, dass die Vergabekammer die Zulassung eines Nebenangebotes für eine reine, nicht dem Vergaberecht unterliegende Netzgesellschaft mit einem Pachtmodel für vergaberechtlich problematisch hält, weil dieses Modell in wesentlichen Punkten nicht mit dem vergaberechtspflichtigen, dem Hauptangebot zugrunde liegenden und von den Antragsgegnerinnen unmissverständlich favorisierten Modell einer Rekommunalisierung der Strom- und Gasversorgung durch Gründung einer öffentlich-privaten Netz- und Betriebs- und Energievertriebsgesellschaft vergleichbar ist.

Denn die Antragsgegnerinnen haben zwar in den Vergabeunterlagen in nicht zu beanstandender Weise detaillierte Mindestanforderungen i. S. d. § 8 Abs. 1 SektVO a. F. für die Nebenangebote festgelegt (Vergabeakte, Band 1, 4.3 der Bewerbungsbedingungen). Sinn und Zweck der Aufstellung von Mindestanforderungen und ggf. die Forderung weiterer Gleichwertigkeitsnachweise ist es jedoch, dem Auftraggeber zu ermöglichen, beim Vergleich der im Nebenangebot vorgeschlagenen Lösung mit der ausgeschriebenen Hauptleistung die relativen Vor- und Nachteile unter allen maßgeblichen Gesichtspunkten (technisch, wirtschaftlich, gestalterisch, funktional, terminlich etc.) zu erkennen (vgl. Dittmann in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 3. Aufl., § 19 EG, Rn. 167. m. w. N.).

Nach den oben genannten Festlegungen für das Nebenangebot ("Pachtmodell" oder "Rückpachtmodell") beschränkt sich die Rekommunalisierung aber letztlich auf den Erwerb des Strom- und Gasnetzes, während der Betrieb und der Energievertrieb auf Dauer durch ein konzessioniertes privates Versorgungsunternehmen und eben nicht durch eine konzessionierte, kommunale ÖPP durchgeführt wird. Das Nebenangebot kann daher vorliegend den Gegenstand des Hauptangebots in einem wesentlichen Bereich - eben im Betrieb des Netzes und dem Energievertrieb - überhaupt nicht abbilden. Zwar kann die Vergabekammer nachvollziehen, dass die Antragsgegnerinnen mit der parallelen Ausschreibung beider Modelle auch gerade dafür sorgen wollten, den ohnehin schmalen Wettbewerb auf diesem Sektor nicht noch weiter zu verengen. Auch die Auffassung der Antragsgegnerinnen, dass es grundsätzlich zulässig ist, Wertungskriterien im Hinblick auf Nebenangebote zu formulieren, auch wenn diese Kriterien bei Vorlage von bedingungsgemäßen Hauptangeboten keine Rolle spielen, ist zumindest vertretbar, weil sich die spezifischen Vorteile von Nebenangeboten mit der darin liegenden, erwünschten Innovation nicht oder nur schwer in Vergabeverfahren und vor allem nicht in die Angebotswertung integrieren lassen (vgl. von Wietersheim in: Müller-Wrede, SektVO, § 29, Rn. 26). Konsequenterweise müssen dann umgekehrt grundsätzlich auch Vorteile des Hauptangebotes gegenüber dem Nebenangebot in der Bewertung zum Tragen kommen dürfen. Nach der Rechtsprechung ist die vergaberechtskonforme Wertung von Nebenangeboten, die den vorgegebenen Mindestanforderungen genügen, durch Festlegung aussagekräftiger, auf den jeweiligen Auftragsgegenstand und den mit ihm zu deckenden Bedarf zugeschnittener Zuschlagskriterien zu gewährleisten, die es ermöglichen, das Qualitätsniveau von Nebenangeboten und ihren technisch-funktionellen und sonstigen sachlichen Wert über die Mindestanforderungen hinaus nachvollziehbar und überprüfbar mit dem für die Hauptangebote nach dem Amtsvorschlag vorausgesetzten Standards zu vergleichen (vergl. BGH, Beschluss vom 07.01.2014 - X ZB 15/13).

Die parallele Ausschreibung zweier derart verschiedener Varianten führt aber im Ergebnis vorliegend zu den Problemen bei der Bewertung anhand des Zuschlagskriteriums II. Kommunale Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten, die die Antragstellerin nunmehr - wie oben dargelegt allerdings völlig verspätet - beanstandet. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass die kommunalen Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten bei einer reinen kommunalen ÖPP-Netzgesellschaft weniger weitreichend sind als bei der mit dem Hauptangebot ausgeschriebenen und von den Antragsgegnerinnen favorisierten Netz-, Betriebs- und Energievertriebsgesellschaft. Der beanstandete Punktemalus für das Nebenangebot liegt also bereits darin begründet, dass hier zwei eigentlich nicht vergleichbare ÖPP-Modelle gemeinsam ausgeschrieben wurden.

a) Berücksichtigung der aktuellen Netzentgelte als Zuschlagskriterium im Vergabeverfahren

Auch soweit die Antragstellerin erstmals mit Schriftsatz vom 11.03.2016 die Berücksichtigung von aktuellen Netzentgelten im Netzgebiet des Bieters und die Bieterprognose hinsichtlich der Entwicklung der Netzentgelte Strom und Gas bis zum Ende der 2. Regulierungsperiode und darüber hinaus beanstandet hat, ist der Nachprüfungsantrag gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB a. F. unzulässig. Die Relevanz der aktuellen und prognostizierten künftigen Netzentgelte im vorliegenden Vergabeverfahren waren für die Bieter bereits aufgrund der mit der Angebotsaufforderung für die 1. indikativen Angebote vom xxxxxx.2015 übersandten Bewerbungsbedingungen detailliert und eindeutig erkennbar. Dort hatten die Antragsgegnerinnen die Berücksichtigung der aktuellen und für den Vertragszeitraum prognostizierten Netzentgelte als Zuschlagskriterium samt Gewichtung wie folgt detailliert festgelegt:

III.Netzentgelte22%
1. Höhe der aktuellen Netzentgelte Strom im Netzgebiet des Bieters5%
2. Höhe der aktuellen Netzentgelte Gas im Netzbetrieb des Bieters5%
3. Höhe der Netzentgelte Strom (Prognose) bis zum Ende der zweiten Regulierungsperiode3%
4. Höhe der Netzentgelte Gas (Prognose) bis zum Ende der zweiten Regulierungsperiode3%
5. Darstellung von Veränderungen (Prognose) der Netzentgelte Strom in den Gemeindegebieten nach 10 Jahren, im Hauptangebot bei Übergang des Netzbetriebsstrom auf die xxxxxx GmbH & Co. KG, im Nebenangebot bei Fortführung des Pachtvertrags3%
6. Darstellung von Veränderungen (Prognose) der Netzentgelte Gas in den Gemeindegebieten nach 10 Jahren, im Hauptangebot bei Übergang des Netzbetriebsstrom auf die xxxxxx GmbH & Co. KG, im Nebenangebot bei Fortführung des Pachtvertrags3%

Die Antragstellerin hat erstmals mit Schriftsatz vom 11.03.2016 die Berücksichtigung von aktuellen Netzentgelten im Netzgebiet des Bieters und die Bieterprognose hinsichtlich der Entwicklung der Netzentgelte Strom und Gas bis zum Ende der 2. Regulierungsperiode und darüber hinaus gerügt. Sie vertritt insbesondere die Auffassung, dass die Berücksichtigung der Netzentgelte unter mehreren Gesichtspunkten gegen das Gebot der Chancengleichheit und das vergaberechtliche Gleichbehandlungsgebot verstößt. Im Einzelnen beanstandet sie mit ihrer Rüge und ihrem Nachprüfungsantrag nunmehr folgende Aspekte dieses Zuschlagskriteriums:

- Berücksichtigung der Netzentgelte im Beteiligungswettbewerb

Der Bieter solle Minderheitsgesellschafter an der Betreibergesellschaft werden. Das Netzentgelt werde von der zu gründenden Gesellschaft (xxxx) gemeinsam mit den Kommunen bestimmt. Das zu erwartende Netzentgelt könne nicht abschließend vom Bieter bestimmt werden und sei somit von Faktoren und Entscheidungen abhängig, die auch von den Antragsgegnerinnen beeinflusst werden können.

- Bewertung der Netzentgelte

§ 1 EnWG beschreibt als Zielvorgabe die preisgünstigste Versorgung der Allgemeinheit. Der Begriff der Preisgünstigkeit bedeute zum einen nicht, dass die absoluten Netzentgelte der Bieter miteinander verglichen werden können.

Sie könne als Flächennetzbetreiber auch bei - in absoluten Beträgen - höheren Netzbeträgen preisgünstiger sein, als ein Stadtnetzbetreiber, der von vornherein eine günstigere Versorgungsstruktur vorfindet. Man könne also nicht die absolute Höhe der Netzentgelte miteinander vergleichen, sondern müsse ihre Preisgünstigkeit einer Bewertung unterziehen. Aus diesem Grund könne die Preisgünstigkeit bei einem Nebenangebot nur mit Blick auf die konkrete Versorgungsaufgabe verglichen werden.

- Berücksichtigung der Höhe der Entgelte in den Netzgebieten der Bieter

Es sei unzulässig, die Höhe des aktuellen Netzentgeltes Strom/Gas im gesamten Netzgebiet des Bieters und eine entsprechende Prognose bis zum Ende der zweiten Regulierungsperiode der Bieter in deren gesamten Netzgebiet bei der Vergabe zu berücksichtigen, da der konkrete Bezug zum Auftrag fehlt.

Außerdem sei zu berücksichtigen, dass kleine und große Netzbetreiber bei der Übernahme (Nebenangebot) ungleich behandelt werden. Sie sei als Flächennetzbetreiber nicht mit einem Kernstadtnetzbetreiber vergleichbar. Aus diesem Grund dürfe nicht auf die aktuelle, sondern auf die Preisgünstigkeit der zu erwartenden Netzentgelte abgestellt werden. Die Antragstellerin verweist dazu auf eine Entscheidung des OLG Stuttgart vom 12.11.2015 zur Unzulässigkeit eines Vergleichs der beiden unterschiedlichen Netzbetreibergruppen. Auch der Entwurf zur Neuregelung des § 46 EnWG berücksichtige ihre Sichtweise hinsichtlich der Unzulässigkeit des Vergleichs.

- Veränderungen der Netzentgelte nach Ablauf von 10 Jahren

Bei der Bewertung der Netzentgelte nach 10 Jahren fehle im Ergebnis der Auftragsbezug.

Als Flächennetzbetreiber müsse sie regulatorisch bedingt höhere Netzentgelte ausweisen als kleinere Netzbetreiber. Das Bewertungskriterium habe daher keine Aussagekraft in Bezug auf die eigentliche Höhe der Netzentgelte im übernommenen Netzgebiet, was das Hauptangebot betrifft.

Wenn im Nebenangebot auf die Fortführung des Pachtvertrages abgestellt werde, bedeute dies, dass weiterhin die Netzentgelte des Bieters zu prognostizieren sind. Ein Unterschied werde sich überwiegend aus den Netzkosten des Netzgebietes im Übrigen ergeben. Die Unterschiede resultierten damit wieder maßgeblich aus dem vorgegebenen Ordnungsrahmen.

- Fehlende Vorgaben für die Ermittlung der Prognosewerte

Auch hier vermisst die Antragstellerin Vorgaben, die eine Vergleichbarkeit der von den Bietern vorgenommenen Prognosen gewährleisten. Beispielhaft nennt die Antragstellerin einzelne Parameter, wie Zinssätze im Rahmen der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung, die die Kalkulation von heute für in mehr als 10 Jahren beeinflussen werden.

Auch bezüglich dieser Rüge ist vorliegend nicht entscheidungserheblich, ob man für die Frage der Erkennbarkeit einen objektiven oder subjektiven Maßstab anlegt. Die Antragstellerin als erfahrenes, großes Energieversorgungsunternehmen hat sich spätestens bei der Kalkulation des 1. indikativen Angebotes intensiv mit allen in den Vergabeunterlagen niedergelegten Aspekten der Netzentgelte und den damit verbundenen Chancen und Risiken für die Wirtschaftlichkeit ihres Angebotes befasst, zumal die Netzentgelte einen wesentlichen Teil der Einnahmen der Energieversorgungsunternehmen ausmachen und der Bereich damit zu den Kernkompetenzen der EVU gehört. Dies folgt auch daraus, dass in jedem Konzessionierungsverfahren Ziele des § 1 EnWG zu berücksichtigen sind, zu denen maßgeblich ausdrücklich auch der Aspekt der Preisgünstigkeit gehört. Dem gesamten im vorliegenden Vergabeverfahren angesprochenen Bieterkreis der EVU sind daher Netzentgelte unter allen damit verbundenen rechtlichen Regularien vertraut.

Dies gilt - wenn man den subjektiven Maßstab für die Erkennbarkeit anlegt - ohne Abstriche gerade auch für ein großes EVU wie die Antragstellerin.

Spätestens aufgrund der Bieteranfrage Nummer 9, die die Beigeladene zu den Netzentgelten gestellt hatte und die die Antragsgegnerinnen am 27.07.2015 gegenüber allen Bietern beantwortet haben (Vergabeakte, Bd. 3, Übersicht "Bieteranfragen und Antworten der Gemeinden" - Stand: 04.09.2015) musste sich die Antragstellerin mit den nunmehr beanstandeten Aspekten der Berücksichtigung der Netzentgelte auseinandersetzen. Denn bereits die Beigeladene hatte in ihrer Bieteranfrage darauf hingewiesen, dass die anzustellenden Prognosen der Netzentgelte für das Hauptangebot nicht nachvollziehbar seien in Anbetracht dessen, dass die xxxxxx zukünftig einem Effizienzvergleich unterliege, der nach dem Eckpunktepapier des xxxxxx zudem nicht mehr auf einem "Best-of-four-Verfahren" basieren dürfte, seien seriöse Prognosen der Netzentgelte nach Übergang der Netze auf die xxxxxx sowie eine Abschätzung des Absatzes und der vorgelagerten Netzentgelte nicht möglich. Zur Gleichbehandlung der Bieter stelle sich daher die Frage, ob nicht eine Vorgabe der wesentlichen Parameter vorgenommen werden müsste. Die Antragsgegnerinnen hatten auf diese Bieterfrage gegenüber allen Bietern geantwortet, dass von konstanten Rahmenbedingungen auszugehen sei und im Übrigen auf die in den Dokumenten B 06 und B 11 genannten Prämissen verwiesen. Für das Prognosemodell bedeute dies konstanter Absatzmengen und vorgelagerten Netzentgelte sowie einen konstanten Regulierungsrahmen. Für individuelle Effizienzwertentwicklungen sollten begründete Bieterannahmen bewusst zulässig sein.

Auch die für eine Rüge notwendige, ausreichende vergaberechtliche Bewertung aus der Laiensphäre war für die Bieter möglich. Zu den verfahrensrechtlichen Anforderungen an die Ausschreibung von Beteiligungsmodellen im Energiebereich sind bereits mehrere Urteile ergangen. Von "etablierten" Energieversorgern kann deshalb ein entsprechend fundiertes Wissen erwartet werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9.1.2013 - VII-Verg 26/12, m. w. N.). Dies muss zumindest gelten, soweit, wie vorliegend auch im Bereich der Netzentgelte, der Kernbereich ihrer Geschäftstätigkeit betroffen ist. Zu Recht haben die Antragsgegnerinnen zudem darauf hingewiesen, dass bereits aus den komplexen und detaillierten Vergabeunterlagen ersichtlich ist, dass eine Teilnahme am vorliegenden Verfahren nicht ohne umfassende rechtliche Expertise möglich ist. Das Angebot hat Vertragsklauseln zu zahlreichen Verträgen zu beinhalten. Das gesamte Verfahren richtet sich somit an mit komplexen Beteiligungsmodellen erfahrene Bieter, die eine umfassende rechtliche Erfahrung einbringen.

Die Antragstellerin hätte den vermeintlichen Vergaberechtsverstoß daher spätestens bis zum Ablauf der ursprünglich auf den 31.07.2015 festgesetzten und dann bis zum 21.10.2015 verlängerten Frist für die Abgabe des 1. indikativen Angebotes rügen müssen.

Aber selbst wenn man der Antragstellerin zugestehen würde, dass ihr erst aufgrund einer Entscheidung des OLG Stuttgart vom 12.11.2015 - 2 U 60/15 (= EnWZ 2016, 89 ff.) und auch dann erst aufgrund der Beratung durch die jetzigen Verfahrensbevollmächtigten die geltend gemachte, vermeintliche Vergaberechtswidrigkeit der Berücksichtigung der Netzentgelte bewusst geworden sei, wäre die Rüge zumindest nicht unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB a. F. erfolgt. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB a. F. handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB a. F. entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen.

Es kann vorliegend unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des OLG München (Beschluss vom 19.12.2013 - Verg 12/13, zitiert nach ibr-online) dahinstehen, ob die Präklusionsregel gem. § 107 Ab. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB a. F. unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil vom 28.01.2010 in den Rs.C-406/08 und C-456/08) überhaupt noch anwendbar ist (zu den unterschiedlichen Auffassungen aktuell VK Südbayern, Beschluss vom 18.03.2015 - Z3-3-3194-1-62-12/14 OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010, Az.: WVerg 6/10, und OLG Rostock, Beschluss vom 20.10.2010, Az.: 17 Verg 5/10, zitiert nach ibr-online; offen gelassen noch durch OLG Celle, Beschluss vom 16.09.2010, Az.: 13 Verg 8/10). Bei diesen beiden zum irischen und englischen Recht ergangenen Entscheidungen des EuGH ging es um die Frage, ob ein Nachprüfungsantrag zulässig ist, wenn das Verfahren nicht unverzüglich eingeleitet wird. Der EuGH hat in den dortigen Entscheidungen den Unverzüglichkeitsbegriff als zu unbestimmt bewertet.

Das OLG München hat in seiner Entscheidung vom 19.12.2013 - Verg 12/13 offen gelassen, ob die Präklusionsregel des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB a. F. nach diesen Entscheidungen des EuGH überhaupt noch anwendbar ist oder dem Europarecht widerspricht. Zumindest aber lasse sich den EuGH-Entscheidungen entnehmen, dass der Primärrechtsschutz nicht durch zu unklare Anforderungen verhindert werden soll. Das bedeutet auch, dass bei einer Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen nicht zu kleinlich zu verfahren ist (ebenso bereits OLG München, Beschluss vom 06.08.2012 - Verg 14/12, zitiert nach ibr-online). Im Ergebnis hat das OLG München eine innerhalb von sieben Werktagen nach Kenntniserlangung vom gerügten Sachverhalt erfolgte Rüge noch als unverzüglich i. S. des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB a. F. gewertet. Zur Begründung hat das OLG betont, dass in der vergaberechtlichen Rechtsprechung auch anerkannt ist, dass zur Abklärung, ob eine Rüge - und damit nachfolgend ein Nachprüfungsantrag - eingereicht werden soll, der Rat eines Anwalts eingeholt werden darf bzw. dem Bieter eine Überlegungsfrist zuzubilligen ist. Dies ist in Anbetracht der nicht leicht durchschaubaren rechtlichen Fragen und der nicht unerheblichen finanziellen Folgen, welche sich an die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens knüpfen, auch berechtigt.

Die Vergabekammer hält es daher für angemessen, unter Übernahme der Mindestüberlegungsfristen des Art. 2c Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG eine Rügefrist von 10 Tagen ab positiver Kenntnis des Antragstellers vom geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften zugrunde zu legen. Das wird bestätigt durch die Regelungen des inzwischen im Bundesgesetzblatt veröffentlichten GWB 2016. Nach der dem bisherigen § 107 GWB a. F. entsprechenden Vorschrift des § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB 2016 ist von einer Rügefrist von 10 Tagen auszugehen.

In jedem Fall durfte sich die Antragstellerin nicht bis zum 11.03.2016 und damit bis nach Ablauf der 1. Verhandlungsrunde mit der Rüge Zeit lassen. Dies ist vorliegend auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil ausweislich des in der Vergabeakte (Bd. 4) enthaltenen Protokolls zur Verhandlung (1. Runde) der Antragsgegnerinnen mit der Antragstellerin vom 08.01.2016 die Antragstellerin bereits ausdrücklich auf das aktuelle Urteil des OLG Stuttgart hingewiesen hatte, ohne die Berücksichtigung der Netzentgelte zum Anlass einer Rüge zu nehmen. In dem Protokoll (Seite 4, unter Nummer 3) heißt es:

"Im Zusammenhang mit der Wertung der Höhe der Netzentgelte weist der Bieter auf ein Urteil OLG Stuttgart aus dem Jahr 2015 hin. Er fragt nach, ob die (prognostizierte) Höhe der Netzentgelte direkt gewertet wird oder ob Struktureffekte des jeweiligen Netzes vor der Wertung bereinigt werden. Die Gemeinden erläutern, dass eine solche Bereinigung diskriminierungsfrei nicht möglich ist und die Netzentgelte direkt gewertet werden."

Spätestens zu diesem Zeitpunkt - am 08.01.2016 - hatte die Antragstellerin positive Kenntnis darüber, dass die Antragsgegnerinnen auch unter Berücksichtigung des von ihr zitierten Urteils des OLG Stuttgart keine Veränderungen im Hinblick auf die festgelegte Berücksichtigung der Netzentgelte als Zuschlagskriterium vornehmen würden. Die Antragstellerin hat gleichwohl noch 2 Monate verstreichen lassen, bevor sie die von den Antragsgegnerinnen festgelegte Berücksichtigung der Netzentgelte rügte.

Der Nachprüfungsantrag war daher wegen Präklusion gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB a. F. als unzulässig zurückzuweisen.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790).

Es wird eine Gebühr in Höhe xxxxxx € gemäß § 128 Abs. 2 GWB a. F. festgesetzt.

Der Gegenstandswert beträgt vorliegend xxxxxx €. Dieser Betrag entspricht nach Angaben der Antragstellerin dem Wert der über die gesamte ausgeschriebene Vertragslaufzeit im Rahmen des Hauptangebotes zu erbringenden entgeltlichen Dienstleistungen, die zur Vergaberechtspflichtigkeit dieser Ausschreibung geführt haben und damit dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin am Auftrag.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 128 (2) GWB a. F.) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 128 Abs. 2 GWB a. F.) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 - 1998) gegenübergestellt.

Bei einem Gegenstandswert von xxxxxx € ergibt sich nach der Gebührentabelle des Bundeskartellamtes - durch Interpolation - eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €.

Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein.

Die in Ziffer 2 des Tenors geregelte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB a. F. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag keinen Erfolg hatte.

Kosten der Antragsgegnerinnen:

Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat die Antragstellerin den Antragsgegnerinnen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen und damit die Anwaltskosten zu erstatten.

Die Erstattungspflicht der Antragstellerin bezüglich der Kosten der Antragsgegnerinnen, die diesen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB a. F. i. V. m. § 80 VwVfG. Danach war festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Antragsgegnerinnen im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich verlangen darf, dass sie über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A und der VOB/A verfügen, bedurften die Antragsgegnerinnen für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen öffentlichen Auftraggeber ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.

Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306). Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdnr. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rdnr. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Zugunsten der Ausgangsbehörde im Verwaltungsverfahren wird demgegenüber die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nur in besonders gelagerten Einzelfällen angenommen, da die Ausgangsbehörde in der Regel mit eigenem Fachpersonal so gut ausgestattet sein muss, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit, zu der auch die Mitwirkung im Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) gehört, ohne fremde Unterstützung ausführen kann. Diese für die Situation der Ausgangsbehörde in einem Widerspruchsverfahren zutreffende Auffassung kann jedoch nicht auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren übertragen werden. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.

Ob die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch einen öffentlichen Auftraggeber notwendig war und dessen Kosten im Vergabeverfahren deshalb nach § 128 Abs. 4 GWB a. F. i. V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG bzw. § 120 GWB a. F. i. V. m. § 78 Satz 1 GWB a. F. zu erstatten sind, kann aber nicht allgemein, sondern nur an Hand der Umstände des Einzelfalles entschieden werden und richtet sich nach den objektiv anzuerkennenden Erfordernissen im jeweiligen Einzelfall nach einer ex-ante-Prognose (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 09.02.2011 - 13 Verg 17/10, Beschluss vom 04.05.2011 -13 Verg 1/11). Bei der Abwägung der Einzelfallumstände ist zu berücksichtigen, ob die Problematik des Nachprüfungsverfahrens mehr auf auftragsbezogenen Sach- und Rechtsfragen beruht und der öffentliche Auftraggeber über juristisch hinreichend geschultes Personal verfügt, welches zur Bearbeitung der im jeweiligen Nachprüfungsverfahren relevanten Sach- und Rechtsfragen in der Lage ist; dann soll eher keine Notwendigkeit bestehen. Wenn aber zu den auftragsbezogenen Rechtsfragen weitere, nicht einfach gelagerte Rechtsfragen hinzutreten, spricht dies wieder eher für die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts. Grundsätzlich trifft es auch immer noch zu, dass die Nachprüfungsverfahren unter einem enormen Beschleunigungs- und Zeitdruck stehen und das Vergaberecht eine komplexe Rechtsmaterie mit Vorschriften aus dem nationalen Recht und dem Europarecht darstellt, welche nicht immer im Gleichklang stehen. Auf der anderen Seite wird die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Vertretung des Auftraggebers vor der Vergabekammer regelmäßig eher nicht notwendig sein, wenn sich die darin aufgeworfenen Probleme in der Auseinandersetzung darüber erschöpfen, ob die Vergabestelle das von ihr im Rahmen des streitbefangenen Vergabeverfahrens ohnehin zu beachtende "materielle" Vergaberecht zutreffend angewandt hat, d. h. im Wesentlichen die Bestimmungen der Verdingungsordnung eingehalten sind. Denn dann ist - zumindest bei größeren Auftraggebern, die Vergaben nicht nur in Einzelfällen ausführen - der Kernbereich der Tätigkeit betroffen, deren Ergebnisse zu rechtfertigen eine Vergabestelle grundsätzlich auch ohne anwaltlichen Beistand in der Lage sein muss (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 22. Februar 2010 - WVerg 0001/10, zitiert nach , Tz 15 f.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16. Juni 2010 - 15 Verg 4/10, zitiert nach , Tz 54; OLG München, Beschluss vom 11. Juni 2008 - Verg 6/08, zitiert nach , Tz 13).

Nach dieser Maßgabe war es für die Antragsgegnerinnen im vorliegenden Vergabeverfahren notwendig, einen Bevollmächtigten zu beauftragen. Denn der Nachprüfungsantrag betraf nicht allein Probleme des gewöhnlichen materiellen, in den Vergabe- und Vertragsordnungen geregelten Vergaberechts, das eine Vergabestelle nach der oben zitierten aktuellen Rechtsprechung zumindest in der Regel auch ohne anwaltlichen Beistand rechtlich bewerten, einordnen und vertreten muss. Streitgegenstand waren hier insbesondere auch die verfahrensrechtlichen Regelungen des GWB und dort insbesondere die Voraussetzungen für die Rügepflicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1, 2 und Nr. 3 GWB a. F. und die dazu ergangene Rechtsprechung. Die Antragsgegnerinnen bedurften daher anwaltlicher Unterstützung.

Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx € unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

xxxxxx

IV. Rechtsbehelf

...

Gause
Schulte
Dr. Freise