Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 07.11.2013, Az.: 13 Verg 8/13
Notwendigkeit einer vollständigen Offenlegung der Bewertungsmaßstäbe im Zusammenhang mit Vergabe einer Leistung durch die öffentliche Hand
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 07.11.2013
- Aktenzeichen
- 13 Verg 8/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2013, 56681
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2013:1107.13VERG8.13.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- § 118 Abs. 1 S. 3 GWB
- § 42 HOAI
- § 3 Abs. 1 VOF
- § 11 Abs. 4 VOF
- Anlage 13 HOAI
Fundstellen
- IBR 2014, 432
- VS 2014, 94-95
In dem Vergabenachprüfungsverfahren
Bietergemeinschaft "Tunnel B.", bestehend aus der B. + J. Gesellschaft Beratender Ingenieure mbH & Co. KG und der E. Entwurfs- und Ingenieurbüro Straßenwesen GmbH, jeweils vertreten durch die Geschäftsführung, H., H.-U.,
Antragstellerin und Beschwerdeführerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte D. F. T. Dres., H./B., K.,
gegen
Stadt B. in der N., Der Bürgermeister, R., B.,
Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte B. Rechtsanwälte, K., B.,
0. Planen + Beraten GmbH, M.straße, H.,
Beigeladene,
hat der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxxxxx, die Richterin am Oberlandesgericht xxxxxx und den Richter am Landgericht xxxxxx aufgrund der mündlichen Verhandlung vom
1. Oktober 2013
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Vergabekammer xxxxxx beim Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr vom 28. Juni 2013 - xxxxxx - aufgehoben.
Auf den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin hin wird das Vergabeverfahren in den Stand vor Aufforderung der bisher ausgewählten Bewerber zur Abgabe der Angebote zurückversetzt und nach Angebotsabgabe eine erneute Wertung unter Beachtung der Rechtsausführungen des Senats durchzuführen.
Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Auslagen der Antragstellerin und der in dem Verfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB entstandenen Kosten hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten war für die Antragstellerin sowohl im Nachprüfungsverfahren als auch im Beschwerdeverfahren notwendig.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 31.964,08 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Mit europaweiter Bekanntmachung schrieb die Antragsgegnerin als Auftraggeberin ein VOF-Verhandlungsverfahren zur Vergabe der Objekt- und Tragwerksplanung für das Tunnelbauwerk "S. M." aus. Vergeben werden sollen die Leistungen für Ingenieurbauwerke nach § 42 und Anlage 12 HOAI 2009, Leistungsphasen 1 - 4 und 6 - 9, sowie die Leistungen der Tragwerksplanung für Ingenieurbauwerke nach § 49 und Anlage 13 HOAI 2009, Leistungsphasen 1 - 3 und 6 und schließlich die örtliche Bauüberwachung der Ingenieurbauwerke. Für die Durchführung des Verhandlungsverfahrens nahm die Antragsgegnerin die Unterstützung des Beratungsbüros K. Ingenieure GmbH in Anspruch.
Die Antragstellerin und die Beigeladene waren im Teilnahmewettbewerb erfolgreich und wurden neben drei anderen Bewerbern zur Angebotsabgabe aufgefordert. Unter Ziff. 2.2.1 der Leistungsbeschreibung ist als besondere Leistung der Leistungsphase 7 nach § 42 HOAI die Prüfung und Bewertung von Nebenangeboten ausgeschrieben. Nach Nr. 5 der Ausschreibungsunterlagen ist der Honorarermittlung die Kostenannahme des Auftraggebers zugrunde zu legen. Für das Tunnelbauwerk "S. M." wurden im Zeitpunkt der Ausschreibung Kosten in Höhe von 6,3 Mio. EUR netto und für die Erneuerung des vorhandenen Rahmendurchlasses des in südlicher Richtung fließenden städtischen Vorfluters "S." von ca. 1,26 Mio. EUR netto ausgegangen. Des Weiteren hat die Antragsgegnerin die Leis-tungen in die Honorarzone III - Mindestsatz - eingeordnet. Unter Nr. 6 der Ausschreibungsunterlagen ist zur Form des Angebots vorgegeben, dass der Bieter die Kalkulationsansätze prüfbar darzustellen habe. Jeder Bieter solle die Leistungen mit einem nachvollziehbaren Kalkulationsweg auf Grundlage der HOAI 2009 aufzeigen und begründen. Darüber hinaus sei die Kalkulation der besonderen Leistungen nachvollziehbar darzustellen.
Unter Nr. 7 werden die Wertungskriterien und ihre Gewichtung angegeben. Danach fließt das Honorar zu 40% in die Gesamtwertung ein. Als Unterkriterien sind "Herleitung und Nachvollziehbarkeit der Honorarermittlung (gem. HOAI 2009) auf der Grundlage der Aufgabenstellung des Auftraggebers", "Kalkulationsherleitung der örtlichen Bauüberwachung inklusive Personaleinsatzplan" und "Höhe des Ho
norars mit hinreichender Begründung aufgeführt". Das Kriterium "Projektteam" sollte zu 30% in die Gesamtwertung einfließen. Als Unterkriterien sind hierzu "Er-fahrung und Eignung des Planungsteams, insbesondere des/r Projektleiters/in", "Erfahrung und Eignung der örtlichen Bauüberwachung/Bauoberleitung" und "Projektorganisation/Aufbauorganisation" genannt. Angegeben war ferner die Gewichtung der aufgezeigten Unterkriterien.
Mit Schreiben vom 18. Februar 2013 wandte sich die Antragstellerin an die Antragsgegnerin und wies u.a. darauf hin, dass in der Aufgabenstellung keine anrechenbaren Kosten für die von der Aufgabenstellung umfasste Erneuerung einer Schmutzwasserleitung angegeben seien. Sie fragte, ob diese Kosten vom Bieter geschätzt werden sollen. Daraufhin teilte die Antragsgegnerin mit, dass die vorläufig angegebenen anrechenbaren Kosten für die Objektplanung auch die Erneuerung der Schmutzwasserleitung im erforderlichen Umfang umfassen würden. Soweit ein Bieter die Planungsleistungen insoweit gesondert bewerten wollte, müsse er die anrechenbaren Kosten hierfür selbst abschätzen.
Nach dem fristgerechten Eingang der Angebote aller fünf Bieter kam es im März 2013 zu Verhandlungsgesprächen. An den Präsentationen und Verhandlungsgesprächen nahmen auf Seiten der Antragsgegnerin eine fünfköpfige Jury und zwei Mitarbeiter des Beratungsbüros K. Ingenieur GmbH teil. Auf Frage gab der Vertreter der Antragstellerin an, dass die besondere Leistung "Prüfen und Werten von Nebenangeboten" dem Angebot in der Leistungsphase 7 enthalten sei und nicht gesondert vergütet werden müsse. Hintergrund der Frage der Antragsgegnerin war, dass in der Anlage zum Angebot unter Nr. 5 ("Honorar für andere Leistun-gen/besondere Leistungen") keine Eintragungen enthalten sind.
Der Honorarberechnung für die Tragwerksplanung legte die Antragstellerin nicht die von der Antragsgegnerin ermittelten vorläufigen anrechenbaren Kosten zugrunde, sondern nur 90% hiervon. Die Antragsgegnerin nahm deshalb vor der Wertung eine Hochrechnung unter Berücksichtigung der von ihr geschätzten anrechenbaren Kosten vor, um eine Vergleichbarkeit der Angebote zu gewährleisten.
Nach Nr. 5.8 des von der K. Ingenieur GmbH erarbeiteten Vergabevorschlags erreichte die Beigeladene für ihr Angebot mit 89,38 v. H. die höchste Punktzahl. Das Angebot der Antragstellerin folgt mit 88,71 Punkten auf Platz 2. Ebenso wie bei den anderen Bietern erhielt das Angebot der Klägerin für die Wertung des Kriteriums "Erfahrung und Eignung des Planungsteams, insbesondere des/r Projektlei-ters/in" wegen der akademischen Ausbildung des Projektleiters (Dipl.-Ing. statt Dr.-Ing.) nur 5 von 10 Punkten. Bei dem im Rahmen des Unterkriteriums Nr. 1.1 "Herleitung und Nachvollziehbarkeit der Honorarermittlung (...) auf der Grundlage der Aufgabenstellung des Auftraggebers" berücksichtigten Prüfungmerkmal "An-gebot gemäß Vorgabe des Auftraggebers (Baukosten, Leistungsbilder, -phasen, -bewertung, HZ)", für das maximal 2 Punkte zu vergeben sind, erhielten das Angebot der Antragstellerin und der Beigeladenen lediglich 1 Punkt. Die Abwertung erfolgte, weil die Antragstellerin ihrer Honorarermittlung für die Tragwerkplanung nicht die von der Antragsgegnerin vorgegebenen anrechenbaren Kosten zugrunde gelegt hatte. Ferner wurde bei dem genannten Unterkriterium 1.1 das Angebot der Antragstellerin bei dem Merkmal "Vollständigkeit" um einen weiteren Punkt abge-wertet. Letzteres beruhte auf dem Umstand, dass in dem Angebot bei den Angaben zur Höhe des Honorars unter Nr. 5 für die besonderen Leistungen, nämlich die ausgeschriebene Prüfung und Bewertung von Nebenangeboten im Rahmen der Leistungsphase 7, keine Angaben enthalten sind.
Das Unterkriterium "Analyse der Aufgabenstellung" wurde mit 0 von 10 Punkten und das Unterkriterium "Projektbezogenheit der Darlegung" mit 10 von 20 Punkten bewertet.
Die Vergabekammer hat den zulässigen Antrag auf Nachprüfung als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung ihrer Entscheidung hat die Vergabekammer ausgeführt, dass die Antragsgegnerin gegen das Transparenzgebot nach § 97 Abs. 1 GWB und § 11 Abs. 4 VOF verstoßen habe, indem sie die Zuschlagsentscheidung nicht ausschließlich anhand der in der Vergabebekanntmachung unter Nr. 7 genannten Zuschlags- und Unterkriterien getroffen habe. Vielmehr habe sie das Zuschlagskriterium "Projektteam", Unterkriterium "Erfahrung und Eignung Planungsteam, insbesondere des/r Projektleiters/in" um ein weiteres nicht den Bietern mitgeteiltes Unterkriterium erweitert, nämlich das Kriterium "Projektleiter Dipl.-Ing. oder Dr.-Ing." für das 5 bzw. 10 Punkte erreicht werden konnten. Allerdings handele es sich bei dem Zuschlagskriterium "Erfahrung und Eignung des Planungs-teams (...)" nicht um ein Eignungskriterium nach § 5 VOF, sondern um ein zulässigerweise gesetztes Zuschlagskriterium nach § 11 Abs. 4 VOF. Denn im qualifizierten Dienstleistungsbereich, zu dem die hier ausgeschriebenen Ingenieurleistungen gehörten, habe die persönliche Qualifikation eines Bieters regelmäßig auch Einfluss auf die Qualität seiner Leistungen. Insoweit nimmt die Vergabekammer Bezug auf die Senatsentscheidung vom 12. Januar 2012 (13 Verg 9/11). Da die Qualifikation des Projektteams, insbesondere des Projektleiters, im Teilnahmewettbewerb noch nicht abgefragt worden sei, fehle es auch an einer doppelten Bewertung dieser Qualifikation sowohl als Eignungs- als auch als Zuschlagskriterium. Mithin bleibe es bei dem bereits dargestellten Verstoß gegen das Transparenzgebot. Bei dem Unterkriterium "Projektleiter Dipl.-Ing. oder Dr.-Ing." handele es sich auch nicht um eine bloße Konkretisierung des bereits bekanntgegebenen Wertungskriteriums "Erfahrung und Eignung des Planungsteams, insbe-sondere des/r Projektleiters/in". Dadurch, dass die Antragsgegnerin bei dem Kriterium 1.1 ("Herleitung und Nachvollziehbarkeit der Honorarermittlung") insgesamt zwei Unterpunkte abgezogen hat, sei die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt. In Nr. 5 der Aufgabenbeschreibung sei eindeutig festgelegt, dass die Kostenannahme des Auftraggebers zugrunde zu legen sei. Der Auftraggeberin sei es ersichtlich darum gegangen, bereits zu diesem Zeitpunkt, zu dem eine Kostenschätzung nach DIN 276 noch nicht vorlag, vergleichbare Angebote zu erhalten. Auch aus der Korrespondenz vom 18. Februar 2013 und der Verwendung des Begriffs "vorläufig" habe die Antragstellerin nicht ableiten können, dass sie insoweit eine abweichende Schätzung würde vornehmen dürfen. Dies folge schon daraus, dass die Antragsgegnerin ersichtlich davon ausgegangen sei, nicht eine für alle Bieter relevante Information mitzuteilen. Anderenfalls hätte sie dieses Schreiben nämlich als Bieterinformation an alle Bieter weiterleiten müssen. Der weitere Punktabzug sei auch deshalb gerechtfertigt, weil im Honorarangebot vom 28. Februar 2013 die besondere Leistung "Prüfung und Bewertung von Nebenan-geboten" nicht ausgewiesen war. Der Bieter habe jedoch die Kalkulationsansätze im Angebot prüfbar darzustellen und eine nachvollziehbare Kalkulation aufzuzeigen und zu begründen. Daran fehle es. Insbesondere habe die Antragstellerin als Honorar nicht den Preis von "0 EUR" eingetragen, sondern die Zeile lediglich freigelassen. Es fehle eine verbindliche Angabe der Antragstellerin dahin, dass man diese Leistung unentgeltlich erbringen werde. Zwar habe die Antragstellerin in der Präsentation vom 19. Februar 2013 klargestellt, dass Leistungen in dem gebotenen Gesamthonorar bereits enthalten seien und nicht gesondert vergütet werden müssten. Eine erst in der Präsentation vorgenommene Nachbesserung des Angebots sei nach § 3 Abs. 1 VOF auch zulässig. Gleichwohl rechtfertige sich der Punktabzug aus dem Umstand, dass das ursprüngliche Angebot insoweit unvollständig gewesen sei. Aus der unvollständigen Angabe im Rahmen der Honorarentwicklung könne der Auftraggeber auch auf eine gewisse auftragsbezogene Unzuverlässigkeit des Anbieters schließen.
Durch die Bewertung der zum Angebot gehörenden Projektanalyse sei die Antragstellerin ebenfalls nicht in ihren Rechten verletzt. Dass die Antragsgegnerin überhaupt eine Projektanalyse für die Gesamtwertung gefordert hat, sei von der Antragstellerin nicht gerügt worden. Im Übrigen lasse die Präsentation der Antragstellerin, anders als die der Beigeladenen, nicht erkennen, dass eine Projektanalyse erfolgt sei. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die Präsentation durch die Jury bewerten und dann einen für die Wertung maßgeblichen Mittelwert ermitteln lasse.
Die Dokumentation genüge zudem den in § 12 VOF formulierten Mindestanforderungen. Aus den vorhandenen Schwächen in der Dokumentation könne auch keine Manipulationsgefahr abgeleitet werden. Die Vergabekammer könne nach dem Vortrag der Antragsgegnerin auch davon ausgehen, dass die Antragsgegnerin die Vergabeentscheidung nicht aus der Hand gegeben und allein der K. Ingenieur GmbH überlassen habe.
Ausgehend von dem Umstand, dass eine Rechtsverletzung nur darin zu sehen sei, dass die Antragsgegnerin bei der Bewertung ein zuvor nicht mitgeteiltes Unterkriterium (Dipl.-Ing. oder Dr.-Ing.) berücksichtigt hat, komme es als geeignete Maßnahme i. S. des § 114 Abs. 1 GWB nicht in Betracht, das Unterkriterium zu streichen und die dafür vorgesehenen Punkte anderen Wertungsunterkriterien zuzuschlagen. Damit würde die Vergabekammer in den Entscheidungsspielraum der Antragsgegnerin eingreifen. Es scheide ferner aus, der Antragstellerin insoweit die vollen Punkte zuzuschreiben. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die Beigeladene gerade keine Möglichkeit gehabt habe, insoweit eine Neubewertung zu erwirken. Vielmehr müssten Beigeladene und Antragstellerin wegen desselben Fehlers gleich behandelt werden. Insoweit fehle es an der Kausalität des Rechtsfehlers für einen möglichen Schaden. Denn auch das Angebot der Beigeladenen wäre entsprechend höher zu bewerten.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde.
Entgegen der Auffassung der Vergabekammer handele es sich bei dem Unterkriterium "Erfahrung und Eignung Planungsteam, insbesondere des/r Projekt-leiters/in" um ein Eignungskriterium nach § 5 VOF und nicht um ein Zuschlagskriterium nach § 11 Abs. 4 VOF. Das Unterkriterium sei nicht auftragsbezogen, sondern beziehe sich auf Eigenschaften des Bieters. Damit könne auch dahinstehen, ob die Qualifikation des Projektleiters bereits im Teilnahmewettbewerb abgefragt worden sei. Es handele sich hierbei um ein bieterbezogenes Kriterium, das nicht der Ermittlung des wirtschaftlichen Angebots diene. Das zeige sich auch schon darin, dass die Antragsgegnerin zwischen den akademischen Graden Dipl.-Ing. und Dr.-Ing. differenziere und diese unterschiedlich bewerte. Letztlich habe die Antragsgegnerin in dem Termin zur mündlichen Verhandlung auch bestätigt, dass es ihr in erster Linie auf die "Person des Projektleiters als Schlüsselfigur der Bau-maßnahme" angekommen sei. Auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle in seinem Beschluss vom 12. Januar 2012 (13 Verg 9/11) könne sich die Vergabekammer nicht stützen. Zum einen sei die Entscheidung für eine VOL/A-Ausschreibung ergangen. Darüber hinaus habe das Oberlandesgericht festgehalten, dass der Auftraggeber insoweit nicht vorrangig die Kompetenz der Bieter abfragen und bewerten darf. Die unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien habe zur Folge, dass die Vergabestelle neue Zuschlagskriterien zu bestimmen und daher das Vergabeverfahren ab der Aufforderung zur Angebotsabgabe zu wiederholen sei. Dies gilt auch mit Blick auf die Rechtsverletzung durch Wertung eines nicht mitgeteilten Unterkriteriums. Denn die Angabe der Kriterien soll den Unternehmen ermöglichen, ihre Angebote auf die geplante Wertung abzustimmen.
Ein Punktabzug im Rahmen der Bewertung des Kriteriums "Herleitung und Nach-vollziehbarkeit der Honorarermittlung" sei nicht gerechtfertigt. Zu Unrecht gehe die Vergabekammer davon aus, dass nach Nr. 5 der Aufgabenbeschreibung die Kostenannahme des Auftraggebers zugrunde zu legen sei. Den Bietern seien nämlich unter dem 8. Februar 2013 Unterlagen und auch Kostenschätzungen für drei Varianten der Vorplanung aus dem Jahr 2006 mit der Bitte um Beachtung übergeben worden. Für den Bieter sei auch aus der Wortwahl zudem nicht eindeutig erkennbar gewesen, dass es sich bei der Kostenannahme auch hinsichtlich der Tragwerksplanung um einen verpflichtenden Wert für die Honorarberechnung gehandelt habe. Wenn von den drei Variablen, nämlich der Honorarzone, des Leistungsumfangs und der anrechenbaren Kosten, zwei - die Honorarzone und der Leistungsumfang - eindeutig festgelegt sind, kann die Formulierung in der Aufgabenstellung unter Ziff. 6, dass es erforderlich sei, dass der Bieter die Kalkulationsansätze prüfbar darstellt und einen nachvollziehbaren Kalkulationsweg aufzeigt und begründet, nur auf die Herleitung der anrechenbaren Kosten bezogen werden. Die Antragsgegnerin habe die Antragstellerin mit Schreiben vom 18. Februar 2013 auch ausdrücklich angewiesen, anhand der anrechenbaren Kosten das Honorar für die Objektplanung inklusive der Erneuerung der Schmutzwasserleitung zu berechnen. Im Betreff dieses Schreibens heißt es jedoch "Objekt- und Tragwerksplanung". Mithin konnte die Antragstellerin davon ausgehen, dass die Kosten für die Tragwerksplanung zu schätzen seien. Die Verwendung des Adjektivs "vorläufig" zeige zudem unmissverständlich, dass es sich um vorläufige Kosten handele und auch nur ein vorläufiges Honorar zu ermitteln sei. Im Übrigen habe die Antragsgegnerin zur Herstellung der Vergleichbarkeit die Angebote hochgerechnet. Daraus folge, dass die Herleitung und Nachvollziehbarkeit der Honorarermittlung für die Antragsgegnerin ohne weiteres gegeben gewesen sei.
Zu Unrecht gehe die Vergabekammer davon aus, dass die besondere Leistung "Prüfung und Bewertung von Nebenangeboten" im Angebot der Antragstellerin nicht bepreist gewesen sei. Zwar sei unter Ziff. 5 der "Honorarermittlung für Berechnungshonorare" kein Preis eingetragen. Jedoch ergebe sich aus dem Formblatt der "Honorarermittlung für Berechnungshonorare", dass für nicht angekreuzte Honorarberechnungsparameter keine Vergütung beansprucht werde. Es sei auch unüblich, dass frei gelassene Felder mit "0 EUR" versehen werden. Zudem habe die Antragstellerin in den Kalkulationsansätzen für das Honorarangebot unter 1.2 ("besondere Leistungen") die Leistungen im Rahmen der örtlichen Bauüberwachung dargelegt und preislich bewertet. Aus dem Umkehrschluss ergebe sich, dass die "Prüfung und Bewertung von Nebenangeboten" gerade nicht zusätzlich zu vergüten sei. Zu Recht sei die Vergabekammer auch davon ausgegangen, dass die Antragstellerin ihr Angebot in zulässiger Weise nachträglich klargestellt habe. Es sei widersprüchlich, wenn die Vergabekammer trotz der zulässigen Nachbesserung im Rahmen des Verhandlungsverfahrens den vorgenommenen Punktabzug als gerechtfertigt ansehe.
Schließlich sei auch die Annahme fehlender Kausalität fehlerhaft. Wird ein Unterkriterium nicht rechtzeitig in den Vergabeunterlagen angegeben, so stelle dies einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Transparenzgebot dar. Demzufolge sei das Vergabeverfahren in das Stadium vor Angebotsabgabe zurückzuversetzen. Da die Beigeladene sich zu keinem Zeitpunkt an dem Nachprüfungsverfahren beteiligt oder - wie die Antragstellerin - entsprechende Vergaberügen hinsichtlich dieses Unterkriteriums "Dipl.-Ing. oder Dr.-Ing." erhoben habe, könne es nicht als grob unbillig angesehen werden, wenn der Antragstellerin in der Gesamtwertung die fehlenden Punkte hinzugeschlagen würden. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beigeladene, so wie sie mitgeteilt habe, bei Kenntnis des Unterkriteriums einen "Dr.-Ing." als Projektleiter benannt hätte.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
den Beschluss der Vergabekammer xxxxxx vom 28. Juni 2013 (xxxxxx) aufzuheben und die Aufhebung des Verfahrens anzuordnen;
- 2.
der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich ihrer notwendigen Auslagen aufzuerlegen;
- 3.
festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten seitens der Antragstellerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Vergabekammer xxxxxx beim Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr vom 28. Juni 2013 - xxxxxx - zurückzuweisen.
Der Senat hat auf den Antrag der Antragstellerin die aufschiebende Wirkung ihrer sofortigen Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss der Vergabekammer bis zu der Entscheidung über die Beschwerde verlängert.
Wegen des weiteren Vorbringens der Verfahrensbeteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.
1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, weil sich die Antragstellerin als am Verfahren Beteiligte gegen eine Entscheidung der Vergabekammer wendet (§ 116 Abs. 1 GWB). Die sofortige Beschwerde ist auch frist- und formgerecht beim zuständigen Gericht eingelegt worden (§§ 117, 116 Abs. 3 Satz 1 GWB).
Die Antragstellerin ist im Beschwerdeverfahren ordnungsgemäß durch ihre Verfahrensbevollmächtigte vertreten. Soweit zunächst nur eine von einem Vertreter des Bietergemeinschaftsmitglieds der B. + J. Gesellschaft beratender Ingenieure mbH & Co. KG (im Folgenden B. + J. KG) unterzeichnete Prozessvollmacht vom 25. April 2013 (Anlage B1) vorgelegt worden ist, haben nunmehr beide Mitglieder der Bietergemeinschaft die Prozessvollmacht vom 2./7. Oktober 2013 erteilt. Damit sind die von den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin als vollmachtlos erfolgten Prozesshandlungen gemäß § 89 Abs. 2 ZPO rückwirkend auf den Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung genehmigt worden. In der nachträglichen Erteilung der gemeinsamen Prozessvollmacht durch E. Entwurfs- und Ingenieurbüro Straßenwesen GmbH (im Folgenden E. GmbH) ist zugleich die Genehmigung aller zuvor von den Verfahrensbevollmächtigten vollmachtlos vorgenommenen Prozesshandlungen zu sehen (vgl. nur BAG, Urteil vom 26. Juli 2007 - 8 AZR 707/06, [...] Rn. 24; Piekenbrock in Vorwerk/ Wolf, Beck-OK ZPO, Stand: 15. Juli 2013, § 89 Rn. 19; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 89 Rn. 11).
Die Regelung des § 89 ZPO ist im Rahmen der sofortigen Beschwerde anzuwenden (Kuhlig in Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht, 2. Aufl., § 120 GWB Rn. 27).
2. Die von Amts wegen zu prüfenden Voraussetzungen für die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens liegen ebenfalls vor. Die Antragsgegnerin ist ein öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 GWB, der einen Planungsauftrag unter den Voraussetzungen der VOF sowie der Vergabebestimmungen im Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/18/EG zu vergeben hat (§ 99 Abs. 4 GWB). Der Schwellenwert von 200.000 EUR nach § 127 Nr. 1 GWB i. V. mit § 2 Nr. 2 VgV ist im Hinblick auf den Auftragswert von etwa 550.000 EUR bis 650.000 EUR (netto) erreicht. Der Nachprüfungsantrag ist im Hinblick auf die fehlende Bekanntgabe der Unterkriterien auch zulässig.
Im Einzelnen:
a) Bedenken bestehen nicht mit Blick auf die von der Antragsgegnerin dargestellten Zweifel hinsichtlich der Bevollmächtigung durch die E. GmbH. Zwar ist ein einzelnes Mitglied einer Bietergemeinschaft nach einhelliger Auffassung nicht antragsbefugt, weil ihm das notwendige Interesse am Auftrag fehlt (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2005 - C - 129/04, [...] Rn. 22, 29; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. März 2005 - VII-Verg 101/04, [...] Rn. 10). Die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens durch eine Bietergemeinschaft setzt deshalb voraus, dass der Antrag im Namen aller Mitglieder der Bietergemeinschaft gestellt wird und eine entsprechende formelle Willenserklärung vorliegt (vgl. VK Berlin, Beschluss vom 15. November 2010 - VK/B 2 - 25/10, [...] Rn. 18). Eine solche formelle Willenserklärung liegt hier zweifelsfrei vor. Sowohl das Rügeschreiben vom 24. Mai 2013 als auch der Antrag auf Vergabenachprüfung wurden im Namen der Bietergemeinschaft "Tunnel B.", bestehend aus der B. + J. KG und der E. GmbH, jeweils vertreten durch die Geschäftsführung, gestellt.
Soweit lediglich der Vertreter der B. + J. KG die Prozessvollmacht für das Nachprüfungsverfahren unterzeichnet hat, sind etwaige Zweifel an einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung der Verfahrensbevollmächtigten durch die Bietergemeinschaft jedenfalls dadurch beseitigt, dass in dem Termin zur mündlichen Verhandlung eine Vertreterin der E. GmbH anwesend war und die Bietergemeinschaft vertreten hat. Damit hat die Vertreterin der E. GmbH die Verfahrenshandlungen der Prozessbevollmächtigten wirksam genehmigt (§ 184 Abs. 1 BGB, vgl. BayVGH, Urteil vom 29. September 1993 - 3 B 92.3666, [...] Rn. 21; GemS-OGB, Beschluss vom 17. April 1984 - GmS-OGB 2/83, [...] Rn. 13; MünchKomm/ Bayreuther, BGB, 6. Aufl., § 184 Rn. 8, 15).
Abgesehen davon hat die Antragstellerin unwidersprochen vorgetragen, dass es angesichts des drohenden Fristablaufs zum 25. Mai 2013 hinsichtlich des Nachprüfungsverfahrens zu telefonisch geführten Abstimmungen zwischen den Mitgliedern der Bietergemeinschaft gekommen ist. Die Bevollmächtigung seitens der B. + J. GmbH ergibt sich aus der Prozessvollmacht vom 25. April 2013. Zwar sollte sich die Vollmacht ausweislich der handschriftlichen Ergänzung auf "Vergaberüge gemäß § 107 Abs. 3 GWB" beziehen. Jedoch handelt es sich bei § 107 GWB um eine das Nachprüfungsverfahren betreffende Vorschrift. Ferner ist die Vollmacht mit "Prozess-Vollmacht" überschrieben und berechtigt nach Nr. 3 u.a. zur Einlegung von Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen.
b) Die Antragstellerin ist nach § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt.
Ein Antragsteller muss grundsätzlich ein Interesse am Auftrag darlegen, eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen sowie einen entstandenen oder drohenden Schaden durch die behauptete Rechtsverletzung vortragen. Die Antragsbefugnis erfüllt hierbei nur die Funktion eines groben Filters, dem die Aufgabe zukommt, von vornherein eindeutige Fälle, in denen eine Auftragsvergabe für den Antragsteller aussichtslos ist, auszusondern (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Juni 2013 - VII-Verg 4/13, [...] Rn. 26).
Der Voraussetzung der Darlegung eines Schadens ist bereits dann genügt, wenn mit dem Antrag schlüssig vorgetragen wird, dass dem Antragsteller infolge der behaupteten Rechtsverletzung ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht; nicht erforderlich ist, dass bereits festgestellt werden kann, dass der behauptete Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften tatsächlich vorliegt und den behaupteten Schaden ausgelöst hat oder auszulösen droht, der Nachprüfungsantrag also in der Sache begründet ist. Einem Bieter, der auf die Ausschreibung hin ein Angebot abgegeben und damit sein Interesse an dem Auftrag bekundet hat und im Nachprüfungsverfahren die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Auftraggebers, sein Angebot nicht als das beste Angebot zu bewerten, zur Überprüfung stellt, kann der Zugang zum Nachprüfungsverfahren daher nicht mit der Begründung verwehrt werden, sein Angebot sei aus anderen als mit dem Nachprüfungsantrag zur Überprüfung gestellten Gründen auszuscheiden gewesen, so dass ihm wegen der von ihm behaupteten Rechtswidrigkeit kein Schaden erwachsen sei oder drohe. Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der den Nachprüfungsantrag stellende Bieter schlüssig behauptet, dass und welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlauf der Vergabeverfahrens verletzt worden sein sollen und dass er ohne die Verletzung eine Chance auf Erteilung des Zuschlags hätte, so dass der behauptete eingetretene und drohende Schaden auf die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften zurückzuführen ist (BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004 - X ZB 7/04, [...] Rn. 21). Dies hat der Antragsteller für jeden einzelnen gerügten Verstoß gegen die Vergabevorschriften schlüssig und nachvollziehbar darzulegen (vgl. Kadenbach in Willenbruch/Wieddekind, a.a.O., 11. Los Rn. 37). So verhält es sich hier.
Die Antragstellerin hätte nach ihrer Behauptung ihre Zuschlagschancen verbessert, wenn ihr bekannt gewesen wäre, dass ein Dr.- Ing. als Projektleiter mit 10 Punkten bewertet werden würde. Die Antragstellerin hat dargelegt, dass sie als Projektleiter einen Dr.-Ing. hätte einsetzen können, so dass sie bei dem Wertungskriterium "Projektteam" 5 Punkte mehr erlangt und damit in der Gesamtbewertung zusätzliche 0,75 Punkte erreicht hätte. Die Beigeladene mit einem Punktevorsprung von 0,665 hätte sie damit überholt.
Dass die von der Antragstellerin geltend gemachten Vergaberechtsverstöße sich z.T. in vergleichbarer Weise bei der Beigeladenen ausgewirkt haben, steht dem nicht entgegen. Denn es reicht insoweit aus, wenn sich die Möglichkeit ergibt, dass das Angebot der Antragstellerin höher zu bewerten ist als das der Beigeladenen. Es liegt im Bereich des Möglichen, dass im Falle einer teilweisen Wiederholung des Vergabeverfahrens die Antragstellerin ein höher zu bewertendes Angebot abgibt.
c) Die Antragstellerin ist wegen des beanstandeten Verstoßes gegen das Verbot der Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB präkludiert.
aa) Die Rüge der Antragstellerin mit Anwaltsschreiben vom 24. Mai 2013 ist wegen der am 1. März 2013 abgelaufenen Frist zur Angebotsabgabe als verspätet anzusehen, weil der Vergabeverstoß für sie erkennbar gewesen ist.
bb) Die Antragstellerin musste die Vermischung von Eignungs- und Wertungskriterien deshalb erkennen, weil in der Anlage 1 der Vergabebekanntmachung unter Nr. 7 "Hinwiese zum weiteren Verfahren" u.a. das in die Gesamtwertung mit 30% einfließende Kriterium "Projektteam" genannt und insoweit die dafür maßgeblichen Unterkriterien dahingehend aufgeführt waren, dass sich das vorgenannte Hauptkriterium mit 100 Punkten anteilig aus "Erfahrung und Eignung des Planungsteams, insbesondere des/r Projektleiter/in" mit 50 Punkten sowie "Erfahrung und Eignung der örtlichen Bauüberwachung/Bauoberleitung" mit 30 Punkten neben der "Projektorganisation/Aufbauorganisation" mit 20 Punkten zusammensetzt. Bereits aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 5 Satz 2 VOF ergibt sich eindeutig, dass Zuschlags- und Eignungskriterien nicht vermischt werden dürfen, sondern eine klare und nachvollziehbare Abgrenzung zu erfolgen hat.
Die Erkennbarkeit des Vergaberechtsverstoßes muss sich dabei sowohl auf die den Verstoß begründenden Tatsachen als auch auf deren rechtliche Beurteilung beziehen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21. Dezember 2012 - 15 Verg 10/12, [...] Rn. 65; OLG München, Beschluss vom 29. Juli 2010 - Verg 9/10, [...] Rn. 67; Weyand, Vergaberecht, 4. Aufl., § 107 GWB Rn. 540).
Eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien ist - in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt - als ohne weiteres erkennbar anzusehen, unabhängig davon, ob man einen subjektiven, also individuellen, oder objektiven, also auf einen durchschnittlich verständigen Bieter abstellenden Erkenntnismaßstab zugrunde legt. Für die Erkennbarkeit nach objektiven Kriterien wird gefordert, dass ein sorgfältig handelndes und prüfendes Unternehmen, das mit den wichtigsten Regeln der öffentlichen Auftragsvergabe vertraut ist, den Vergabeverstoß erkennen kann, ohne besonderen Rechtsrat einzuholen zu müssen; der Verstoß muss auf allgemeiner Überzeugung der Vergabepraxis beruhen und zudem ins Auge fallen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21. Dezember 2012, a.a.O., [...] Rn. 67; Dicks in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 107 GWB Rn. 49). Dies ist hier der Fall.
Darüber hinaus war der Verstoß für die Antragstellerin auch nach ihren konkreten Verhältnissen erkennbar.
Es kann von einem durchschnittlichen Bieter nunmehr verlangt werden, dass er die maßgebliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bzw. des Europäischen Gerichtshofs zur rechtsfehlerhaften Vermischung von Zuschlags- und Eignungskriterien kennt (OLG München, Beschluss vom 25. Juli 2013 - Verg 7/13, [...] Rn. 50). Soweit für Vergabeverfahren im Jahr 2012 und den Vorjahren eine solche Kenntnis von einem Bieter noch nicht erwartet werden konnte (siehe nur OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21. Dezember 2012, a.a.O., [...] Rn. 68; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. August 2011 - VII Verg 16/11, [...] Rn. 44; OLG München, Beschluss vom 29. Juli 2010 - Verg 9/10, [...] Rn. 65 ff., 69, Beschluss vom 10. Februar 2011 - Verg 24/10, [...] Rn. 62), ist der vorgenannte Vergabeverstoß "Mehr an Eignung" nach den grundlegenden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 24. Januar 2008 (C - 532/06) und des Bundesgerichtshofs vom 15. April 2008 (X ZR 129/06) Gegenstand einer Vielzahl obergerichtlicher Entscheidungen gewesen und auch wiederholt in den Fachpublikationen thematisiert worden. Die Mitglieder der Antragstellerin waren in der Vergangenheit an einer Vielzahl von Vergabeverfahren beteiligt, so dass sie auch über eine gewisse vergaberechtliche Erfahrung verfügt. Es ist davon auszugehen, dass ihr bei der Vorbereitung der Teilnahme an Vergabeverfahren auch die einschlägige Rechtsprechung zur Kenntnis gelangt ist.
d) Soweit die K. Ingenieure GmbH erstmals mit Schreiben vom 23. Mai 2013 den für das Unterkriterium "Erfahrung und Eignung des Planungsteams, insbesondere des/r Projektleiter/in" relevanten Wertungsmaßstab "Projektleiter Dipl.-Ing. 5 Punkte/Dr.-Ing. 10 Punkte" mitgeteilt hatte, erfolgte die Rüge der Antragstellerin unverzüglich i. S. des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB bereits am nächsten Tag mit dem Anwaltsschreiben vom 24. Mai 2013.
3. Der Nachprüfungsantrag ist begründet.
a) Soweit die Antragsgegnerin in ihren Vergabeunterlagen den für das Unterkriterium "Erfahrung und Eignung des Planungsteams, insbesondere des/r Projektleiter/in" relevanten Wertungsmaßstab "Projektleiter Dipl.-Ing. 5 Punkte/Dr.-Ing. 10 Punkte" nicht mitgeteilt hat, liegt ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor.
aa) Der Antragsgegnerin ist zwar zuzugestehen, dass ein Auftraggeber für die Angebotswertung kein bis in die letzten Unterkriterien und deren Gewichtung gestaffeltes Wertungssystem aufstellen muss. Immerhin hat der Auftraggeber auf der letzten Ebene der Angebotswertung einen Wertungsspielraum, der nicht dadurch eingeschränkt werden darf, dass er vergaberechtlich in jedem Fall daran gebunden wird, im Voraus in mehrstufige Unterkriterien und entsprechende Gewichtungen aufgegliederte Bewertungsregeln aufzustellen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Juli 2009 - VII - Verg 10/09, [...] Rn. 48; Hauk/Panzer in [...] PK-VergabeR, a.a.O., § 11 VOF Rn. 45).
Das Offenlassen konkreter Bewertungsmaßstäbe ist aber vergaberechtlich unzulässig, wenn die aufgestellten Wertungsmaßstäbe so unbestimmt sind, dass Bieter nicht mehr angemessen über die Kriterien und Modalitäten informiert werden, anhand deren das wirtschaftlichste Angebot ermittelt wird, und sie infolge dessen auch von einer willkürlichen und/oder diskriminierenden, d.h. einer der die Gebote der Gleichbehandlung und der Transparenz verletzenden Angebotswertung nicht mehr effektiv zu schützen sind (OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 19. Juni 2013 -VII - Verg 8/13, [...] Rn. 21; vom 30. Juli 2009, a.a.O.). Im Ergebnis kann aber - aus den nachfolgenden Gründen - dahingestellt bleiben, ob diese Grenze hier überschritten ist.
bb) Die Auftraggeberin hätte das Unterkriterium, wenn sie es bei der Wertung heranziehen wollte, rechtzeitig vor der Angebotsabgabe den Bietern bekannt geben müssen. Hat der Auftraggeber Zuschlagskriterien, Unterkriterien, Gewichtungsregeln oder Bewertungsmatrizen aufgestellt, so sind diese den Bietern vollständig offenzulegen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Juni 2013, a.a.O., [...] Rn. 22).
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs darf ein öffentlicher Auftraggeber keine Gewichtungsregeln oder Unterkriterien für die Zuschlagskriterien anwenden, die er den Bietern nicht vorher zur Kenntnis gebracht hat (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2008 - C-532/06, [...] Rn. 38, 44). Eine solche Vorgehensweise ist nur dann zulässig, wenn die Unterkriterien - die in den Verdingungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung bestimmten Zuschlagskriterien für den Auftrag nicht ändern, - nichts enthalten, was, wenn es bei der Vorbereitung der Angebote bekannt gewesen wäre, diese Vorbereitung hätte beeinflussen können (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2008, a.a.O., [...] Rn. 43).
Die Verpflichtung, die Bieter vorab über sämtliche Parameter zu informieren, die die spätere Angebotswertung beeinflussen, und die Beschränkung der Auswahlentscheidung auf diese Kriterien dient der Sicherstellung der Transparenz und der Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Vergabeverfahrens (EuGH, Urteil vom 18. November 2010 - C-226/09, [...] Rn. 42). Alle Bieter sollen bereits bei der Abfassung ihrer Angebote gleichermaßen vorhersehen können, worauf es dem Auftraggeber in besonderem Maße ankommt, um ihre Angebote entsprechend den Vorstellungen des Auftraggebers optimal gestalten zu können (OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. Mai 2013 - 11 Verg 6/13, [...] Rn. 61; OLG München, Beschluss vom 19. März 2009 - Verg 2/09, [...] Rn. 37). Dies war nicht der Fall. Zwar hatte die Antragsgegnerin beim Merkmal "Projektteam" drei Unter-kriterien gebildet und gewichtet. Jedoch konnte ein Bieter anhand dieser Unterkriterien, die insbesondere die Erfahrung und die Eignung des Planungsteams, insbesondere des Projektleiters betrafen, nicht darauf schließen, dass die Antragsgegnerin bei der Bewertung eine Differenzierung zwischen einem Dipl.-Ing. und einem Dr.-Ing. vornehmen wird.
Eine Vergabestelle ist aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit, Vorhersehbarkeit und Transparenz des Wertungsverfahrens an Wertungskriterien gebunden, d.h. es dürfen nur Zuschlagskriterien bei der Wertung zur Anwendung gelangen, die zuvor den Bietern bekannt gemacht worden sind (OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. Mai 2013, a.a.O.). Dabei sind auch differenzierende (Unter-)Unterkriterien und Detailforderungen (Detailkriterien) den Bietern genauso wie deren Gewichtung bekanntzugeben (OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 19. Juni 2013, a.a.O., [...] Rn. 22; vom 22. Dezember 2010 - VII Verg 40/10, [...] Rn. 86). Ein Verstoß ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, wenn keiner der Bieter Kenntnis dieses Unterkriteriums hatte (OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. Mai 2013, a.a.O., [...] Rn. 63).
4. Das Vergabeverfahren war in den Stand vor Aufforderung der bisher ausgewählten Bewerber zur Abgabe der Angebote zurückzuversetzen. Den zur Abgabe eines Angebots aufgeforderten Bietern ist nach Bekanntgabe aller Unterkriterien und deren Gewichtung erneut Gelegenheit zu geben, Angebote abzugeben und diese zu präsentieren.
5. Es kann im Übrigen dahingestellt bleiben, ob die Antragsgegnerin - wie von der Antragstellerin ferner gerügt wird - Punktabzüge wegen der Abweichung von der in Ziff. 5 der Aufgabenstellung vorgegebenen Kostenannahme sowie bei der Bewertung des Kriteriums "Herleitung und Nachvollziehbarkeit der Honorarermittlung auf der Grundlage der Aufgabenstellung des AG" im Rahmen ihres Ermessens vornehmen durfte.
Denn wie oben dargelegt, ist das Vergabeverfahren hier ab Stand der Übermittlung der Vergabeunterlagen nochmals durchzuführen und damit auch nach Abgabe neuer Angebote eine erneute Wertung der Angebote seitens des Antragsgegners vorzunehmen, so dass die von der Antragstellerin angegriffene Wertung ihres Angebots ohnehin keinen Bestand hat (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. Mai 2013 - 11 Verg 6/13, [...]).
6. Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich des Verfahrens vor der Vergabekammer aus § 128 Abs. 3 und 4 GWB und im Übrigen nach §§ 120 Abs. 2, 78 GWB.
Für die Antragstellerin war es notwendig, einen Verfahrensbevollmächtigten hinzuzuziehen. Dies kann nicht allgemein, sondern nur an Hand der Umstände des Einzelfalles entschieden werden und richtet sich nach den objektiv anzuerkennenden Erfordernissen im jeweiligen Einzelfall nach einer ex-ante-Prognose (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Februar 2011 - 13 Verg 17/10, [...] Rn. 5). Im vorliegenden Verfahren geht es zu einem wesentlichen Teil um spezifisch vergaberechtliche, das Verfahren betreffende Probleme die spezielle Rechtskenntnisse erfordern und nicht das "materielle" Vergaberecht betreffen, mit dem die Beteiligten im alltäglichen Geschäft regelmäßig zu tun haben.
Die Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 50 Abs. 2 GKG (5% der Auftragssumme).