Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 18.10.2016, Az.: VgK-41/2016

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
18.10.2016
Aktenzeichen
VgK-41/2016
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 37401
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragstellerin -
gegen
die xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragsgegnerin -
wegen
Vergabe des Neubaus eines Hubschrauberdachlandeplatzes für das xxxxxx Krankenhaus xxxxxx
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden MR Gause, die hauptamtliche Beisitzerin BOR'in Schulte und den ehrenamtlichen Beisitzer Ass. jur. Pilarski beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, auch den verfahrensgegenständlichen Auftrag für den Hubschrauberdachlandeplatz nur nach Durchführung eines europaweiten Vergabeverfahrens zu vergeben.

  2. 2.

    Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.

  3. 3.

    Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen. Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Entrichtung der Gebühren befreit.

  4. 4.

    Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten.

Begründung

I.

Die Antragsgegnerin plant für das xxxxxx Krankenhaus xxxxxx eine vollumfängliche Modernisierung auf Grundlage einer strategischen medizinischen und baulichen Entwicklungsplanung. Grundlage der baulichen Entwicklungsplanung ist ein im Jahr 2009 entstandener Masterplan, der zur Berücksichtigung starker Wachstumsbestrebungen zwischenzeitlich deutlich überarbeitet und ergänzt wurde. Insgesamt ist ein 3-stufiges Modernisierungsprogramm mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von rund xxxxxx € geplant. Die Gesamtmodernisierung besteht aus 3 Bauabschnitten zuzüglich der vorbereitenden Maßnahmen.

Der 1. Bauabschnitt umfasst den Neubau eines Funktionstrakts, für den die Antragsgegnerin mit Antrag vom 16.05.2012 beim Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung Fördermittel in Höhe von xxxxxx € beantragt hat. Der Antrag wurde von der Oberfinanzdirektion Niedersachsen geprüft, die das Ergebnis im baufachlichen Prüfbericht vom xxxxxx.2012 dokumentierte. Es wurden als angemessene Gesamtkosten ca. xxxxxx € festgestellt.

Wegen fehlender Förderfähigkeit nach dem Krankenhausgesetz (KHG) wurden die veranschlagten Kosten für den geplanten Hubschrauberdachlandeplatz inkl. weiterer nichtförderfähiger Leistungen um ca. xxxxxx € reduziert. Als förderfähige Gesamtkosten wurden ca. xxxxxx € festgestellt. Nach Abzug weiterer Kosten wurden xxxxxx € als voraussichtlich förderfähige bereinigte Bausumme anerkannt.

Für die zur Realisierung des Funktionsgebäudes des 1. Bauabschnitts erforderlichen Baumaßnahmen wie Tiefgründung, Rohbauarbeiten und Aufzugsanlagen wurden entsprechende VOB-Vergabeverfahren europaweit ausgeschrieben.

Mit Schreiben vom xxxxxx.2016 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zur Teilnahme an der Ausschreibung zum Neubau eines Hubschrauberdachlandeplatzes im Rahmen der Großbaumaßnahme "Neubau Funktionstrakt" auf. Das Angebot war bis zum xxxxxx.2016 bei der Antragsgegnerin vorzulegen. Die Unterlagen zur Erarbeitung des Angebotes konnten über eine Internetadresse heruntergeladen werden. Zu diesen Unterlagen gehört eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes nach dem VHB Bund Ausgabe 2008, auf welcher vermerkt ist: "VOB/A gilt nicht!"

Mit Schreiben vom 24.08.2016 meldete sich die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin. Sie teilte mit, sie sei sehr daran interessiert, sich mit einem Angebot am Vergabeverfahren zu beteiligen. Es sei ihr wichtig, dass das Verfahren rechtskonform durchgeführt wird und auch im Ergebnis Bestand habe. Der Hubschrauberdachlandeplatz sei Teil eines Gesamtprojekts, das mit ca. xxxxxx € aus Landesmitteln gefördert werde. Nach ihrem Verständnis liege hiermit eine Förderung des Projektes von 100 % vor. Gemäß § 99 Nr. 4 GWB sei das Projekt daher insgesamt europaweit auszuschreiben, was nach ihren Informationen nicht geschehen sei. Daher sehe sie sich veranlasst, die fehlende Durchführung einer europaweiten Ausschreibung zu rügen. Sie forderte die Antragsgegnerin auf, das laufende Vergabeverfahren zu beenden und eine europaweite Ausschreibung einzuleiten.

Mit Schreiben vom 31.08.2016 teilte die Antragsgegnerin mit, das Vorhaben "Errichtung Hubschrauberdachlandeplatz" sei ein eigenständiges Projekt, das vollständig mit Eigenmitteln der xxxxxx finanziert werde. Der Hubschrauberdachlandeplatz werde lediglich parallel zu der Baumaßnahme "Neubau Funktionstrakt 1. BA" realisiert.

Am 14.09.2016 wandte sich die Antragstellerin mit einem Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer. Unter Hinweis auf ihre Rüge machte sie die unterlassene europaweite Ausschreibung zur Vergabe der Bauleistungen für den Hubschrauberdachlandeplatz als Vergaberechtsverstoß geltend. Hierzu trug sie vor, als potentieller Bieter habe sie einen Anspruch auf Durchführung eines vergaberechtskonformen Vergabeverfahrens, das ggf. mit einer verlässlichen Zuschlagsentscheidung abgeschlossen wird. Der Neubau des Hubschrauberdachlandeplatzes sei Teil des 1. Bauabschnitts, welcher mit ca. xxxxxx € aus Landesmitteln gefördert werde. Nach ihrer Kenntnis betrage die Subventionierungsquote mehr als 50 % der Gesamtkosten der Baumaßnahme. Infolge hiervon sei die Antragsgegnerin öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 99 Nr. 4 GWB und verpflichtet, die Baumaßnahmen europaweit auszuschreiben.

Zu Unrecht berufe sich die Antragsgegnerin darauf, dass der Neubau des Hubschrauberdachlandeplatzes als eigenständiges, nicht vom Land gefördertes, ausschließlich von ihr selbstfinanziertes Projekt, nicht dem Vergaberecht unterliegt. Die Antragsgegnerin dürfe die Baumaßnahmen des Vorhabens 1. Bauabschnitt allenfalls in Lose, jedoch nicht in selbstständige Aufträge aufteilen. Der Hubschrauberdachlandeplatz weise einen funktionalen Zusammenhang in technischer, wirtschaftlicher und zeitlicher Hinsicht zur Gesamtbaumaßnahme auf. Er sei ohne Herstellung des ihn tragenden Krankenhausgebäudes nicht herstellbar und nicht nutzbar. Er könne innerhalb des Projektes allenfalls als gesondertes Los, nicht jedoch völlig losgelöst hiervon und ohne Berücksichtigung des Vergaberechts, ausgeschrieben werden.

Soweit die Antragsgegnerin den Beschluss des OLG München vom 10.11.2010, Verg 19/10, zur Zulässigkeit der getrennten Ausschreibung von Funktionsgebäude und Hubschrauberdachlandeplatz zitiert, sei die Entscheidung nicht einschlägig. Dort ging es um die Umgehung der Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber durch Zusammenfügen eines geförderten Vorhabens mit einem nicht geförderten Vorhaben. Das OLG München habe dazu ausgeführt, wenn ein Vorhaben nicht lediglich Annex oder ohne weiteres abgrenzbar sei, könne der öffentliche Auftraggeber das Vergaberecht leicht dadurch umgehen, dass er "an öffentlich geförderte Baumaßnahmen Gebäudekomplexe anderer Art anhängt." Durch solche Maßnahmen würde die staatliche Subventionierung auf unter 50 % verringert werden können und der Auftraggeber könnte das öffentliche Vergaberecht umgehen. Eine solche Konstellation liege hier aber nicht vor. Die Antragsgegnerin wolle den Hubschrauberdachlandeplatz durch die freihändige Vergabe vom Neubau des Funktionstrakts abtrennen und nicht anhängen. Der geplante Hubschrauberdachlandeplatz stehe in engem räumlichen, sachlichen, zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem "Neubau Funktionstrakt 1. BA" und sei daher nicht als eigenständiges Vorhaben sondern als Bestandteil des Vorhabens "Neubau Funktionstrakt 1. BA" anzusehen.

Die Antragstellerin beantragt,

  1. 1.

    festzustellen, dass die Antragstellerin durch die Unterlassung der europaweiten Ausschreibung in ihren Rechten gemäß §§ 97 Abs. 6, 168 Abs. 1 GWB verletzt ist;

  2. 2.

    die Antragsgegnerin zu verpflichten, das streitbefangene Vergabeverfahren aufzuheben und bei fortbestehender Vergabeabsicht ein europaweites Vergabeverfahren durchzuführen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

  1. 1.

    den Nachprüfungsantrag kostenpflichtig zurückzuweisen;

  2. 2.

    der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin aufzuerlegen;

  3. 3.

    festzustellen, dass die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragsgegnerin notwendig war.

Sie hält den Nachprüfungsantrag für unzulässig. Hierzu trägt sie vor, es sei beabsichtigt, auf dem Dach des im 1. Bauabschnitt zu errichtenden Funktionsgebäudes einen Hubschrauberlandeplatz zu errichten. Bei dem Projekt "Hubschrauberdachlandeplatz" handele es sich jedoch nicht um einen öffentlichen Auftrag im Sinne des § 103 GWB. Sie selbst sei außerdem weder öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 1 und 3 GWB noch werde sie hierzu "kraft staatlicher Subventionierung" gemäß § 99 Nr. 4 GWB.

Daher bestehe keine Pflicht zu europaweiter Ausschreibung, und eine Zuständigkeit der Vergabekammer sei nicht gegeben, denn gemäß § 155 GWB unterliege nur die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen der Nachprüfung durch die Vergabekammern.

Nach der Kostenberechnung belaufen sich die Gesamtkosten des Projektes "Neubau Funktionstrakt 1. BA" auf etwa xxxxxx €. In diesem Betrag sind Kosten in Höhe von ca. xxxxxx € für den Hubschrauberdachlandeplatz enthalten.

Für das Projekt sei im Jahr 2012 beim Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration ein Antrag auf Förderung nach dem KHG gestellt worden. Die OFD Niedersachsen, die in die Antragsprüfung eingebunden war, habe in ihrem Prüfbericht vom xxxxxx.2012 ausdrücklich festgestellt, der Hubschrauberdachlandeplatz sei nicht förderfähig nach dem KHG. Die Kosten für den Hubschrauberdachlandeplatz und die ihm zuzurechnenden Kosten der technischen Gebäudeausrüstung seien deshalb als nicht förderungsfähige Kosten in Höhe von insgesamt xxxxxx € von den förderungsfähigen Kosten abgezogen worden. Als förderungsfähig anerkannt wurden Kosten in Höhe von ca. xxxxxx €.

Man habe sich daraufhin mit der Entscheidung des Ministeriums abgefunden und sich um eine eigene Finanzierung gekümmert. Mit einem funktionalen Leistungsverzeichnis wurden im Wege einer freihändigen Vergabe verschiedene Anbieter von Hubschrauberlandeplätzen um die Vorlage von Angeboten gebeten.

Bei der Betrachtung der Frage der öffentlichen Auftraggebereigenschaft gemäß § 99 Nr. 4 GWB dürfe nicht auf die Gesamtmaßnahme sondern lediglich auf den geförderten Teil der Gesamtmaßnahme abgestellt werden. Andernfalls könne ein Auftraggeber Verpflichtungen als öffentlicher Auftraggeber nach § 99 Nr. 4 GWB umgehen, indem er förderungsfähige Maßnahmen um nicht förderungsfähige Maßnahmen erweitert, bis die Förderung bezogen auf die Kosten der Gesamtmaßnahme weniger als 50 % beträgt.

Im vorliegenden Fall könne die Gesamtmaßnahme in einen geförderten Teil und einen nicht geförderten Teil aufgeteilt werden. Für den geförderten Teil werde sie als private Auftraggeberin gemäß § 99 Nr. 4 GWB zum öffentlichen Auftraggeber, für den nicht geförderten Teil dagegen nicht. Aus ihrer Sicht gibt es daher keine Veranlassung, den Bauauftrag "Hubschrauberdachlandeplatz" nach den Regeln der EU-Richtlinien (bzw. nach den auf dieser Basis geltenden bundesdeutschen Vergabevorschriften) zu vergeben.

Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Vergabeakte Bezug genommen.

Die Beteiligten haben gemäß § 166 Abs. 1 Satz 3 GWB einer Entscheidung über den Nachprüfungsantrag ohne mündliche Verhandlung nach Aktenlage zugestimmt.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Die Antragstellerin ist durch die Entscheidung der Antragsgegnerin, den verfahrensgegenständlichen Auftrag für den Hubschrauberlandeplatz direkt zu vergeben, ohne zuvor ein förmliches Vergabeverfahren auf der Grundlage des 4. Teils des GWB und des 2. Abschnitts der VOB/A (VOB/A-EU) durchzuführen, in ihren Rechten im Sinne des § 97 Abs. 6 GWB verletzt. Die Antragsgegnerin ist entgegen ihrer Auffassung auch bezüglich des im Zuge des Projekts "Neubau Funktionstrakt 1. Bauabschnitt" vorgesehenen Hubschrauberdachlandeplatzes öffentlicher Auftraggeber i. S. d. § 99 Nr. 4 GWB. Die Antragsgegnerin ist bei fortbestehender Vergabeabsicht verpflichtet, den Zuschlag nur im Rahmen eines europaweiten, förmlichen Vergabeverfahrens zu erteilen.

1. Anzuwenden sind vorliegend das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und der 2. Abschnitt der VOB/A in der seit 18. April 2016 geltenden Fassung (im Folgenden: GWB und VOB/A-EU). Denn gemäß § 186 Abs. 2 GWB in der Fassung des Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts (Vergaberechtsmodernisierungsgesetz - VergRModG) vom 17. Februar 2016 (BGBl. I, S. 203), in Kraft getreten gemäß dessen Art. 3 am 18. April 2016, werden nur Vergabeverfahren, die vor dem 18. April 2016 begonnen haben, nach dem Recht zu Ende geführt, das zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens gilt. Vorliegend hat die Antragsgegnerin bezüglich des hier allein verfahrensgegenständlichen Hubschrauberdachlandeplatzes überhaupt kein förmliches Vergabeverfahren durchgeführt. Das mit dem Nachprüfungsantrag angefochtene, nichtförmliche Vergabeverfahren zur Direktvergabe begann jedoch mit Aufforderung der Bieter zur Angebotsabgabe (im Falle der Antragstellerin Schreiben vom xxxxxx 2016) und damit nach Inkrafttreten des VergRModG.

2. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Die Antragsgegnerin ist zwar keine öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 99 Nr. 2 GWB. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um die Trägerin und Betreiberin eines Krankenhauses in der Rechtsform einer Stiftung, die wiederum in alleiniger Trägerschaft der xxxxxx steht. xxxxxx bilden jedoch keine Gebietskörperschaft im Sinne des § 99 Nr. 1 GWB, sondern öffentlich-rechtliche Körperschaften sui generis, weil sie zwar dem öffentlichen Recht zugeordnet sind, nicht aber dem staatlichen Rechtskreis ein- oder untergeordnet sind (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 25.08.2011 - 13 Verg 5/11; Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht, 3. Aufl., 2. Los, § 98, Rn. 6; Werner in: Byok/Jaeger, Vergaberecht, 3. Aufl., GWB § 98, Rn. 136 ff., 139).

Die Antragsgegnerin ist jedoch entgegen ihrer Auffassung auch bezüglich des verfahrensgegenständlichen Auftrags für die Errichtung des Hubschrauberdachlandeplatzes öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 4 GWB, weil auch die nach dem baufachlichen Prüfbericht der OFD Hannover vom xxxxxx.2012 nach § 9 Abs. 1 KHG voraussichtlich nicht förderungsfähigen Kosten in Höhe von ca. xxxxxx € (davon xxxxxx € für den Hubschrauberdachlandeplatz) und die durch die darauf basierenden Teilförderungsbescheide des Landes Niedersachsen vom xxxxxx.2014 und xxxxxx.2016 nicht gedeckte Teilbaumaßnahme Hubschrauberdachlandeplatz im untrennbaren Funktionszusammenhang mit dem staatlich geförderten Projekt "Neubau Funktionstrakt, 1. Bauabschnitt" steht.

Gemäß § 99 Nr. 4 GWB sind natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, die nicht bereits öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 2 GWB sind, gleichwohl in den Fällen öffentliche Auftraggeber, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehenden Dienstleistungen und Auslobungsverfahren von Stellen, die unter § 99 Nr. 1, 2 oder 3 GWB fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 vom Hundert finanziert werden. Sinn und Zweck dieser Regelung ist, dass es sich bei den in § 99 Nr. 4 GWB aufgelisteten Bauwerken um solche der Daseinsvorsorge handelt. Es macht daher keinen Unterschied, ob die öffentliche Hand selbst solche Bauwerke zur Verfügung stellt oder sich bei privaten Einrichtungen an der Errichtung mit Zuschüssen oder Subventionen beteiligt. Liegt eine Zurechnung zur öffentlichen Hand vor, soll auch die Vergabe von Aufträgen unter Zuhilfenahme solcher Gelder dem Vergaberecht unterstellt werden. Letztlich bildet der Zuwendungsempfänger den verlängerten Arm der öffentlichen Hand (Wieddekind in: Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht, 3. Aufl., 2. Los, § 98 GWB, Rn. 114).

Die Prüfung, ob eine überwiegende öffentliche Förderung vorliegt, ist dabei grundsätzlich unter Zugrundelegung des Volumens der Gesamtbaumaßnahme und damit des Gesamtprojektes vorzunehmen, es sei denn, dass sich anhand der Zuwendungsbescheide ersehen lässt, dass die Fördermittel einzelnen Teilprojekten respektive Teilbaumaßnahmen zugeordnet werden (OLG Celle, Beschluss vom zum 20.08.2011 - 13 Verg 5/11, zitiert nach ibronline; Eschenbruch in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 3. Aufl., § 98, Rn. 321).

Da § 99 Nr. 4 GWB an ein bestimmtes Bauvorhaben anknüpft und nicht an eine generelle Eigenschaft des Auftraggebers, spricht auch grundsätzlich nichts dagegen, dass ein Auftraggeber Bauvergabeverfahren nach § 99 Nr. 4 GWB ausschreiben muss und andere Bauaufträge, für die er nicht öffentlicher Auftraggeber ist, ohne förmliches Vergabeverfahren erteilt (vgl. OLG München, Beschl. v. 10.11.2010 - Verg 19/10, zitiert nach ibr-online). Die Rechtsprechung, wonach eine juristische Person entweder öffentlicher Auftraggeber ist oder nicht, greift hier nicht. Im Gegensatz zu den Alternativen des § 99 Nr. 1 bis Nr. 3 GWB knüpft die Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber hier nicht an eine generelle Funktion der juristischen Person, sondern an ein bestimmtes Vorhaben an. Es ist in diesen Fällen also grundsätzlich durchaus möglich, dass eine juristische Person für einige Bauvorhaben öffentlicher Auftraggeber ist und für andere nicht.

Ausschlaggebend für die Berechnung, ob eine überwiegende öffentliche Subventionierung vorliegt, ist der Zeitpunkt der Ausschreibung oder - soweit, wie im vorliegenden Fall, eine Ausschreibung unterbleibt - der Zeitpunkt der direkten Auftragserteilung. Aus Gründen der Klarheit und Rechtssicherheit muss zu diesem Zeitpunkt feststehen, ob eine europaweite Ausschreibung stattzufinden hat oder nicht. Etwaige Änderungen im Laufe des Verfahrens können an der Eigenschaft oder der fehlenden Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber nichts mehr ändern. Auf spätere Auszahlungen kann es daher nicht ankommen, ausschlaggebend ist vielmehr, in welcher Höhe der Auftraggeber mit Fördermitteln bei seiner Gesamtkalkulation gerechnet hat (vgl. VK Hamburg vom 27.09.2006 - VK BSU 3/06).

Ist also vorliegend das Auftragsvolumen für das gesamte Projekt "Neubau Funktionstrakt, 1. Bauabschnitt" zu Grunde zu legen, ist bereits ohne weiteres aufgrund der Förderung des Landes Niedersachsen von einer überwiegenden Finanzierung im Sinne des § 99 Nr. 4 GWB auszugehen. Denn von den veranschlagten Gesamtprojektkosten in Höhe von xxxxxx € werden ausweislich des von der Antragsgegnerin vorgelegten Schreibens des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vom xxxxxx.2012 und dem dortigen Teilförderbescheid vom xxxxxx.2014 und dem dazu erfolgten Änderungsbescheid vom xxxxxx.2016 rund xxxxxx € alleine durch das Land Niedersachsen auf der Grundlage des KHG geleistet.

Als nicht förderungsfähig gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 8 in Verbindung mit § 17 Abs. 3 Nr. 1 KHG eingestuft wurden nach der langjährigen Förderpraxis die Kosten für den Hubschrauberdachlandeplatz.

Der Vergabekammer liegt zur Frage der Förderfähigkeit von Hubschrauberdachlandeplätzen die Antwort auf eine kleine Anfrage in der xxxxxx Plenarsitzung der 15. Wahlperiode des Nds. Landtages vor. Am xxxxxx.2007 antwortete das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, dass in Niedersachsen fünf Rettungstransporthubschrauber vorgehalten werden, die ausnahmslos an Kliniken stationiert sind. Dabei handelt es sich um folgende Standorte:

- xxxxxx

- xxxxxx

- xxxxxx

- xxxxxx

- xxxxxx

Das Land habe sich in der Vergangenheit bei der Errichtung und dem Ausbau von Hubschrauberlandeplätzen an Kliniken beteiligt, an denen ein Rettungstransporthubschrauber stationiert ist. Aus Fördermitteln des Rettungswesens seien darüber hinaus keine Infrastrukturmaßnahmen für die Luftrettung an Krankenhäusern finanziert worden, die nicht Standort eines Rettungstransporthubschraubers sind.

Die Errichtung von Landeplätzen gehöre zu den freiwilligen Infrastrukturmaßnahmen eines Krankenhauses, die diese über Behandlungskostenerstattung amortisieren. Eine zusätzliche Finanzierung aus Fördermitteln des Landes im Rahmen des Rettungsdienstes sei nicht vorgesehen.

Die Herausnahme der Teilbaumaßnahme "Hubschrauberdachlandeplatz" aus der bewilligten Förderung des Landes auf der Grundlage des KHG ist zwar im vorliegenden Fall für die Vergabekammer nicht nachvollziehbar, weil die Bedeutung des Hubschrauberlandeplatzes für das Gesamtprojekt keineswegs nebensächlich ist. Auch die OFD Niedersachsen hat in ihrem baufachlichen Prüfbericht vom xxxxxx.2012 unter II. auf Seite 1 die Bedeutung des xxxxxx Krankenhauses xxxxxx für die medizinische Versorgung nicht nur der Stadt xxxxxx, sondern der Region xxxxxx hervorgehoben. Das Krankenhaus versorge über einen Kooperationsverbund mit den zwei anderen xxxxxx Kliniken die Stadt xxxxxx und das angrenzende Gebiet der Region xxxxxx. Die prägenden Abteilungen bzw. Leistungsschwerpunkte innerhalb des im Jahr 2005 geschlossenen Kooperationsverbundes liegen vor allem im operativen Bereich - hier insbesondere in der Unfallchirurgie. Das Krankenhaus verfüge zudem über eine neurologische Abteilung nebst zertifizierter Stroke Unit, die alle Schlaganfallpatienten der Stadt xxxxxx versorgt. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 8 KHG werden nach diesem Gesetz die mit den Krankenhäusern verbundenen Einrichtungen, die nicht unmittelbar der stationären Krankenversorgung dienen, insbesondere die nicht für den Betrieb des Krankenhauses unerlässlichen Unterkunft- und Aufenthaltsräume, nicht gefördert.

Es ist nicht nachvollziehbar, warum angesichts der bereits aktuell vorhandenen und auch künftig voranschreitenden Zentralisierung von stets eilbedürftigen Versorgungsschwerpunkten wie vorliegend der Unfallchirurgie und einer Stroke Unit für Schlaganfallpatienten im Rahmen von Klinikverbünden ein Hubschrauberdachlandeplatz immer noch nicht im Sinne der Vorschrift "unmittelbar der stationären Krankenversorgung dienen" soll.

Die förderrechtliche Einstufung der Teilbaumaßnahme Hubschrauberdachlandeplatz kann jedoch vorliegend auch dahinstehen. Die Teilbaumaßnahme steht zumindest eindeutig im Funktionszusammenhang des hier verfahrensgegenständlichen Projektes "Neubau Funktionstrakt 1. Bauabschnitt". Auch muss z. B. die Statik des vom Land als förderungsfähig eingestuften Gebäudes die mit dem Hubschrauberdachlandeplatz verbundenen zusätzlichen Lasten berücksichtigen.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist vorliegend für die Frage der überwiegenden Finanzierung des streitbefangenen Hubschrauberdachlandeplatzes daher auf die von der OFD Hannover ermittelten Gesamtprojektkosten und die seitens des Landes Niedersachsen ermittelte und z. T. bereits bewilligte Fördersumme abzustellen, die weit über 50 % der Gesamtprojektkosten abdeckt. Der nicht förderfähige Anteil darf nicht isoliert betrachtet werden.

Die Vergabekammer hatte in ihrem Beschluss vom 14.06.2016 - VgK-15/2016 - unter Hinweis auf die auch vorliegend von der Antragsgegnerin zitierte Rechtsprechung des OLG München (Beschluss vom 10.11.2010 - Verg 19/10, zitiert nach ibr-online) die Auffassung vertreten, dass nichts dagegen spreche, ein einheitliches Bauprojekt, welches Bauten nach § 98 Nr. 5 GWB a. F. und andere enthält, bezüglich der Ausschreibung aufzusplitten. Im dort zugrunde liegenden Fall kam die Vergabekammer jedoch gleichwohl zu dem Schluss, dass der dortige Auftraggeber auch bezüglich des vom Land als nicht förderungsfähig eingestuften Hubschrauberdachlandeplatzes als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 5 GWB a. F. einzustufen ist, weil im dortigen Fall die nicht förderfähigen Projektkosten zugunsten des kirchlichen Trägers durch die dort betroffenen Kommunen (Stadt und Landkreis) überwiegend bezuschusst wurden. Gegen diesen Beschluss hatte die dortige Antragsgegnerin zunächst sofortige Beschwerde eingelegt. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens (Az.: 13 Verg 4/16) hat das OLG Celle mit Hinweisbeschluss vom 02.08.2016 die Entscheidung der Vergabekammer zwar im Ergebnis bestätigt. Der Vergabesenat hat jedoch darauf hingewiesen, dass er die Einschätzung der Vergabekammer bezweifelt, dass die Prüfung der Frage der überwiegenden öffentlichen Finanzierung nicht an das Gesamtprojekt anzuknüpfen hat, sondern nur an die als "Eigenanteil" nach dem Prüfbericht des Landes Niedersachsen verbleibenden Kosten.

Bei der Berechnung der Projektkosten im Rahmen des § 98 Nr. 5 GWB a. F. komme es gerade nicht auf die "förderfähigen Kosten" an (Zeiss in: Heiermann/Zeiss, [...] BK-Vergaberecht, 4. Aufl., § 98 GWB, Rn. 237; Dreher in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., § 98 GWB, Rn. 213; Wagner in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Bd. I, 12. Aufl., § 98 GWB, Rn. 77; VK Nordbayern, Beschluss vom 30.9.2015 - 21. VK-3194-33/15). Andernfalls hätte es der Auftraggeber in der Hand, sämtliche als nicht förderungsfähig eingestuften Baumaßnahmen bzw. Teile davon gesondert und ohne öffentliche Ausschreibung zu vergeben, weil sich jedes nur teilweise für förderungsfähig erachtete Projekt in eine - zu 100 % öffentlich geförderte - Baumaßnahme und einen - nicht geförderten, mithin nicht ausschreibungspflichtigen - Rest aufteilen ließe.

Die Vergabekammer macht sich diese Rechtsauffassung des OLG Celle zu Eigen.

Die Antragsgegnerin ist daher auch bezüglich des streitbefangenen Hubschrauberdachlandeplatzes öffentliche Auftraggeberin i. S. d. § 99 Nr. 4 GWB.

Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 106 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert ohne Umsatzsteuer die jeweiligen Schwellenwerte erreichen oder überschreiten, die nach den EU-Richtlinien festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Bauauftrag i. S. des § 1 EU VOB/A, für den gem. § 106 Abs. 2 Nr. 1 GWB i. V. m. Art. 4 der Richtlinie 2004/24/EU in der seit 01.01.2016 geltenden Fassung zum Zeitpunkt der hier streitbefangenen Auftragsvergabe ein Schwellenwert von 5.225.000 € für die Gesamtmaßnahme galt. Die von der Antragsgegnerin gemäß § 1 EU Abs. 2 Satz 2 VOB/A i. V. m. § 3 VgV geschätzten Gesamtkosten für das Projekt "Neubau Funktionstrakt 1. Bauabschnitt" überschreiten den Schwellenwert deutlich. Der Wert der hier streitbefangenen Teilbaumaßnahme Hubschrauberdachlandeplatz übersteigt zudem den maßglichen Teilschwellenwert von 1 Mio. € für einzelne Lose gemäß Art. 5 Abs. 10 der Richtlinie 2004/24/EU und § 3 Abs. 9 VgV.

Die Antragstellerin ist auch gemäß § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie beanstandet, dass die Antragsgegnerin den verfahrensgegenständlichen Auftrag nicht im Rahmen eines förmlichen europaweiten Vergabeverfahrens, sondern im Wege der Direktvergabe erteilen will.

Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 160 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107 GWB, Rdnr. 52). Nach herrschender Meinung und Rechtsprechung sind an diese Voraussetzungen keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags, wenn der Bieter schlüssig einen durch die behauptete Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (BVerfG, Urteil vom 29.07.2004 - 2 BvR 2248/04; Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, § 107, Rdnr. 35 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2006 - X ZB 14/06, zitiert nach VERIS). Die Antragstellerin hat eine mögliche Beeinträchtigung ihrer Chancen auf den Zuschlag und damit einen möglichen Schaden schlüssig dargelegt.

Da die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag vorliegend eine bevorstehende, nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB nichtige defacto-Vergabe geltend macht, war vorliegend eine Rüge gegenüber der Antragsgegnerin vor Stellung des Nachprüfungsantrags gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 3 GWB entbehrlich (§ 160 Abs. 3 Satz 2 GWB). Die Antragstellerin hat die Direktvergabe gleichwohl rechtzeitig im Sinne des § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB gegenüber der Antragsgegnerin gerügt. Danach ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden.

Mit Schreiben vom xxxxxx.2016 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zur Teilnahme an der Ausschreibung zum Neubau eines Hubschrauberdachlandeplatzes im Rahmen der Großbaumaßnahme "Neubau Funktionstrakt" auf. Das Angebot war bis zum xxxxxx.2016 beim Antragsgegner vorzulegen. Die Unterlagen zur Erarbeitung des Angebotes konnten über eine Internetadresse heruntergeladen werden. Zu diesen Unterlagen gehört eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes nach dem VHB Bund Ausgabe 2008, auf welcher vermerkt ist: "VOB/A gilt nicht!"

Mit Schreiben vom 24.08.2016 und damit vor Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe meldete sich die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin. Sie teilte mit, sie sei sehr daran interessiert, sich mit einem Angebot am Vergabeverfahren zu beteiligen. Es sei ihr wichtig, dass das Verfahren rechtskonform durchgeführt wird und auch im Ergebnis Bestand habe. Der Hubschrauberlandeplatz sei Teil eines Gesamtprojekts, das mit ca. xxxxxx € aus Landesmitteln gefördert werde. Nach ihrem Verständnis liege hiermit eine Förderung des Projektes von 100 % vor. Gemäß § 99 Nr. 4 GWB sei das Projekt daher insgesamt europaweit auszuschreiben, was nach ihren Informationen nicht geschehen sei. Daher sehe sie sich veranlasst, die fehlende Durchführung einer europaweiten Ausschreibung zu rügen.

Der Nachprüfungsantrag ist somit zulässig.

2. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Die Antragsgegnerin war und ist nicht berechtigt, den Auftrag zur Errichtung eines Hubschrauberdachlandeplatzes im Wege der freihändigen Vergabe zu erteilen. Die Antragstellerin, die ein Interesse daran hat, sich mit einem Angebot am Vergabeverfahren zu beteiligen, das rechtskonform durchgeführt wird und auch im Ergebnis Bestand hat, ist dadurch in ihren Rechten gemäß §§ 97 Abs. 6, 168 Abs. 1 GWB verletzt.

Die Antragsgegnerin hat es versäumt, den streitgegenständlichen Auftrag europaweit im förmlichen, gemäß § 119 Abs. 2 Satz 1 GWB vorrangig offenen Verfahren oder nicht offenen Verfahren mit Teilnahmewettbewerb auszuschreiben, obwohl der Wert des streitgegenständlichen Bauauftrags den für ein europaweites Vergabeverfahren maßgeblichen Teilschwellenwert von 1 Mio. € - wie oben unter II.1 dargelegt - überschreitet und damit gegen Vergaberecht verstoßen. Vorliegend folgt bereits aus der Unterlassung des gebotenen förmlichen Vergabeverfahrens eine Rechtsverletzung der Antragstellerin. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Schaden eines Antragstellers im Rahmen der §§ 97 ff. GWB a.F. nicht nur als Folge der Verschlechterung der Zuschlagschancen bestehen kann, sondern auch als Folge der Zuschlagserteilung in einem fehlerhaften Verfahren (Thüringer OLG, Beschluss vom 08.05.2008 - 9 Verg 2/08, Rn. 22).

Gemäß § 168 Abs. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Da die Antragsgegnerin es versäumt hat, den verfahrensgegenständlichen Bauauftrag zuvor im Wege eines ordnungsgemäßen europaweiten Vergabeverfahrens auszuschreiben, war die Antragsgegnerin zu verpflichten, diesen Auftrag nur nach Durchführung eines europaweiten, förmlichen Vergabeverfahrens zu vergeben.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 182 GWB in der seit dem 18.04.2016 geltenden Fassung (Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts (Vergaberechtsmodernisierungsgesetz - VergRModG) vom 17. Februar 2016 (BGBl. I, S. 203), in Kraft getreten gemäß dessen Art. 3 am 18. April 2016).

Die in Ziffer 3 des Tenors festgesetzte Gebühr ergibt sich aus einer Interpolation des Auftragswertes innerhalb des Gebührenrahmens nach § 182 Abs. 2 GWB. Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung aus Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 182 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 182 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.

Der in Ermangelung eines Angebotspreises der Antragstellerin zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt xxxxxx € brutto. Dieser Betrag entspricht dem von der Antragsgegnerin und der OFD Hannover geschätzten Auftragswert für den verfahrensgegenständlichen Hubschrauberdachlandeplatz.

Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx € brutto ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmungen in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.

Die in Ziffer 2 des Tenors verfügte Kostentragungspflicht folgt aus § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin begründet ist.

Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Pflicht zur Entrichtung der Kosten (Gebühren und Auslagen) gemäß § 182 Abs. 1 Satz 2 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 BVwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25.01.2005, Az.: WVerg 0014/04).

Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen gemäß § 182 Abs. 4 GWB zu erstatten. Gemäß § 182 Abs. 4 GWB i. V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf den Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts im Nachprüfungsverfahren für die Antragstellerin notwendig war. Ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, bedurfte die Antragstellerin gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung.

Angesichts der Tatsache, dass die Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren unterlegen ist, hat sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.

IV. Rechtsbehelf

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Gause
Schulte
Pilarski