Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.04.2015, Az.: 1 KN 126/13

Bebauungsplan; Bebauungsplan der Innenentwicklung; beschleunigtes Verfahren; Innenentwicklung; Nichtigkeit; Rat; Siedlungsbereich; Vertrag; Vorabbindung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
22.04.2015
Aktenzeichen
1 KN 126/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 45254
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Ein Bebauungsplan ist aufgrund eines Fehlers im Abwägungsvorgang unwirksam, wenn die planende Gemeinde im Vorfeld des Satzungsbeschlusses entgegen § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB vertragliche Verpflichtungen zur Aufnahme bestimmter Festsetzungen in einen Bebauungsplan eingeht und sich der Rat bei seiner Beschlussfassung (auch) von diesen Verpflichtungen leiten lässt.

2. Flächen, die nicht dem Siedlungsbereich zuzurechnen sind, können nicht Gegenstand eines Bebauungsplans der Innenentwicklung (§ 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB) sein.

Tenor:

Der vom Rat der Antragsgegnerin am 2. Februar 2012 beschlossene Bebauungsplan Nr. 284 „Industriegebiet B. NORD“ wird für unwirksam erklärt, soweit er im Teilgebiet 2 östlich der in Nord-Südrichtung verlaufenden neuen Erschließungsstraße (F. straße) Bauflächen in Gestalt von Misch- und Gewerbegebieten (GE 6 und GE 7) festsetzt.

Die vom Rat der Antragsgegnerin am 23. Oktober 2014 beschlossene 2. Änderung des Bebauungsplans Nr. 284 „Industriegebiet B. NORD“ wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan Nr. 284 „Industriegebiet B. NORD“ der Antragsgegnerin, weil sie eine Verschlechterung ihrer Wohnsituation befürchten.

Die Antragsteller sind Eigentümer des zu Wohnzwecken genutzten Grundstücks G. weg 3 (Flurstück 104/1, Flur 2, Gemarkung H.) im Stadtgebiet der Antragsgegnerin. Das Grundstück liegt nördlich der Kernstadt und westlich des überwiegend mit Wohnhäusern bebauten Stadtteils I.. Zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bildeten die mit Bauschein vom 19. Februar 2002 gemäß § 35 Abs. 2 und Abs. 4 Nr. 2 BauGB genehmigten aufstehenden Gebäude zusammen mit weiteren Wohngebäuden auf zwei benachbarten Grundstücken einen von landwirtschaftlich genutzten Flächen umgebenen Siedlungssplitter. Westlich und nördlich begann in einer Entfernung von 200 bis 500 m das ausgedehnte Werksgelände des beigeladenen Windenergieanlagenbauers und seiner Zulieferer.

Mit der angegriffenen Planung möchte die Antragsgegnerin die Voraussetzungen für eine erhebliche Erweiterung des Werksgeländes schaffen und die verkehrliche Erschließung des vorhandenen Industrie- und Gewerbegebietes insbesondere für den Schwerlastverkehr verbessern. Zugleich will sie einen Puffer zwischen die Industrie- und Gewerbeflächen im Westen und die vorhandene Wohnbebauung im Osten legen, um Immissionskonflikten vorzubeugen.

Zu diesen Zwecken setzt der zwei räumlich getrennte Teilgebiete umfassende Plan nördlich (Teilgebiet 1) sowie südöstlich (Teilgebiet 2) des bisherigen Werksgeländes umfangreiche Industrie- und Gewerbeflächen im Umfang von annähernd 70 ha fest. An die Industrie- und Gewerbeflächen im Teilgebiet 2 schließt sich östlich eine neue, in Nord-Süd-Richtung verlaufende und das vorhandene Werksgelände an die südlich des Plangebietes verlaufende Bundesstraße 210 anbindende Erschließungsstraße, die mittlerweile fertig gestellte F. straße, an. Weiter östlich folgt ein Geländestreifen, der im Norden vom I. weg, im Westen von der neuen Erschließungsstraße sowie in Teilen von einem parallel aufgeschütteten Erdwall, im Osten vom G. weg bzw. der vorhandenen Wohnbebauung des Ortsteils I. und im Süden von der Bundesstraße 210 begrenzt wird. Im Norden dieses Streifens sieht der Plan öffentliche Grünflächen sowie Flächen für Aufschüttungen vor, die den Erdaushub aus dem Plangebiet aufnehmen und in Gestalt einer „Hügellandschaft“ die Wohnbebauung gegenüber den Industrie- und Gewerbeflächen abschirmen sollen. Die Höhe der Hügel darf maximal 20 m über NN, das sind etwa 10 m über Grund, betragen. Der Bau der Hügellandschaft begann im Mai 2010. Zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses waren alle fünf Hügel bereits zu erheblichen Teilen aufgeschüttet und zumindest der Hügel Nr. 2 fertig gestellt. § 14 der textlichen Festsetzungen sieht für die Hügel ein Begrünungsgebot vor. Die südlich anschließenden, zu Wohnzwecken genutzten Grundstücke, darunter das Grundstück der Antragsteller, werden entlang des nach Westen abknickenden G. wegs als Mischgebiet festgesetzt und so an die östlich angrenzenden Wohngebiete angeschlossen. Wiederum südlich folgen ein großes Regenrückhaltebecken sowie zwei weitere Gewerbegebiete (GE 6 und GE 7).

Der Bebauungsplan trifft Vorkehrungen zum Immissionsschutz; unter anderem setzt er unter Bezugnahme auf verschiedene, der Planbegründung beigefügte schalltechnische Gutachten immissionswirksame flächenbezogene Schallleistungspegel fest (§ 1.1 der textlichen Festsetzungen).

Das Planaufstellungsverfahren vollzog sich wie folgt: In seiner Sitzung vom 16. Juni 2008 fasste der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin den Aufstellungsbeschluss. Es folgten aufgrund von Planänderungen im laufenden Verfahren mehrere frühzeitige Beteiligungen der Öffentlichkeit in Gestalt von Bürgerversammlungen, zuletzt am 22. Februar 2010, sowie insgesamt sechs öffentliche Auslegungen. Der Entwurf der 5. Auslegung in der Zeit vom 24. März bis zum 30. April 2010 überplante erstmals den Geländestreifen östlich der Erschließungsstraße und damit das Grundstück der Antragsteller, während die vorangegangenen Entwürfe hier einen Freiraumkorridor zum Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft und zum Schutz der östlich angrenzenden Wohnbebauung vorsahen. Die 6. Auslegung, die sich auf die zwischenzeitlich vorgenommenen, in den ausgelegten Planunterlagen rot markierten Veränderungen beschränkte, fand in der Zeit vom 5. August bis zum 6. September 2011 statt.

Die Antragsteller erhoben mit Schreiben vom 29. und vom 30. April 2010, eingegangen jeweils am 30. April 2010, sowie vom 1. September 2011, eingegangen am 5. Septem ber 2011, umfangreiche Einwendungen gegen den Plan. Der Plan sei nicht erforderlich, weil er nur private Interessen bediene. Die Mischgebietsfestsetzung unter anderem für ihr Hausgrundstück diene allein der Abpufferung zwischen dem Wohngebiet nach Osten und den Industrie- und Gewerbeflächen nach Westen; die Festsetzung sei aufgrund der erhöhten Immissionsrichtwerte erfolgt. Ursprünglich sei für den Bereich, in dem ihr Grundstück liege, ein dem Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft dienender Freiraumkorridor vorgesehen. Daran sei festzuhalten. Der Plan leide unter einem Abwägungsausfall im Hinblick auf die von den Industrie- und Gewerbeflächen ausgehenden Lärmimmissionen. Die Festsetzung von Bauflächen östlich der Erschließungsstraße sei damit zu begründen, dass die Antragsgegnerin vorab in Grundstücksgeschäften mit den Familien J. /K. und L. bindende Zusagen für Gewerbegrundstücke und Baugrundstücke in bestimmten Lagen gemacht habe; das verletze die Planungshoheit des Rates. Die Hügellandschaft sei zu Zwecken des Schall- und Sichtschutzes nicht erforderlich; tatsächlich handele es sich um eine Erddeponie, die für viele Jahre zu Beeinträchtigungen der Anwohner führen werde.

In seinen Sitzungen am 26. August 2010 und am 2. Februar 2012 wies der Rat der Antragsgegnerin die Einwendungen zurück; in der letztgenannten Sitzung beschloss er den Bebauungsplan als Satzung. Der Bürgermeister der Antragsgegnerin fertigte den Plan am 13. Dezember 2012 aus; mit der Veröffentlichung im Amtsblatt für den Landkreis B. und für die Stadt M. vom 1. Februar 2013 unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 215 BauGB trat der Bebauungsplan in Kraft.

Im Aufstellungsverfahren befindet sich eine erste Planänderung. Eine kleine Teilfläche im Bereich südöstlich der Straße N. soll aus dem Industriegebiet GI 3 herausgelöst und mittels eines neuen Bebauungsplans Nr. 324 als Standort für eine Windenergieanlage festgesetzt werden. Eine zweite Änderung, bezeichnet als „Hügellandschaft Süd“, betrifft im Wesentlichen die Erdaufschüttungen und Abgrabungen nördlich des Antragstellergrundstücks. Sie trifft ökologische Zweckbestimmungen für die einzelnen Flächen. Den östlich an das Antragstellergrundstück angrenzenden Teil der Hügellandschaft setzt sie als private Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Flächen für Sport- und Spielanlagen“ bzw. „Wallheckenschutzstreifen“ fest, um die Nutzung der Flächen als Außenspielflächen für den auf dem Grundstück G. weg 3a gelegenen Betriebskindergarten der Beigeladenen (vgl. VG Oldenburg, Beschl. v. 27.8.2014 - 4 B 1037/14 -, V. n. b.; Senat, Beschl. v. 27.10.2014 - 1 ME 145/14 -, juris = BauR 2015, 242) zu ermöglichen. Für das Kindergartengrundstück erhöht sich die Grundflächenzahl. Den entsprechenden Beschluss zur Aufstellung des Plans im beschleunigten Verfahren fasste der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin in seiner Sitzung am 11. Februar 2013. Die öffentliche Auslegung folgte in der Zeit vom 1. April 2014 bis zum 2. Mai 2014; die Antragsteller erhoben mit Schreiben vom 29. April 2014, eingegangen am 30. April 2014, Einwendungen, die sich insbesondere auf die von dem Kindergarten ausgehenden Belästigungen bezogen. Die Einwendungen wies der Rat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung am 23. Oktober 2014 zurück; zugleich fasste er den Satzungsbeschluss. Die Planänderung wurde am 12. Dezember 2014 im Amtsblatt für den Landkreis B. und die Stadt M. bekannt gemacht.

Am 22. Juli 2013 haben die Antragsteller Normenkontrollantrag gestellt, zu dessen Begründung sie ergänzend im Wesentlichen vortragen: Die öffentliche Bekanntmachung des Bebauungsplans sei fehlerhaft, weil der erforderliche Hinweis auf die Bereithaltung der in dem Schallschutzgutachten in Bezug genommenen DIN-Vorschriften fehle. Die Planzeichenerklärung sei unstimmig. Bei der gesamten Planung handele es sich um eine Gefälligkeitsplanung zugunsten der Beigeladenen. Die Mischgebietsfestsetzung für ihr Grundstück reduziere den Schutzanspruch in Bezug auf Schallimmissionen. Vor Inkrafttreten des Plans habe es sich nicht um eine Außenbereichslage, sondern um ein faktisches allgemeines Wohngebiet gehandelt. Angesichts der eingegangenen Verpflichtungen zur Ausweisung bestimmter Bauflächen mit notariellem Vertrag vom 22. November 2008 gegenüber den Eheleuten J. /K. sei die Abwägung fehlerhaft; nur so sei überdies die Festsetzung von gewerblichen Bauflächen östlich der neuen Erschließungsstraße zu erklären. Bei den Aufschüttungen zur Herstellung der Hügellandschaft handele es sich um eine unzulässige Form der Abfallbeseitigung, die zudem mit einem Eingriff in Natur und Landschaft verbunden sei. Dieser Eingriff werde nicht ausgeglichen; zudem entfalteten die Abraumhalden gegenüber dem Antragstellergrundstück eine erdrückende Wirkung. Fehlerhaft sei auch die zweite Planänderung. Das Verfahren nach § 13a BauGB habe aufgrund der Umweltauswirkungen nicht gewählt werden dürfen.

Die Antragsteller beantragen,

den vom Rat der Antragsgegnerin am 2. Februar 2012 beschlossenen Bebauungsplan Nr. 284 „Industriegebiet B. NORD“ in der Fassung der am 23. Oktober 2014 beschlossenen 2. Änderung für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie erwidert: Die Ausweitung des Plangebiets auf Flächen östlich der Erschließungsstraße habe im Wesentlichen auf der Notwendigkeit eines Regenrückhaltebeckens sowie der Hügellandschaft beruht. In diesem Zuge sei es folgerichtig gewesen, die vorhandene Bebauung in den Plan einzubeziehen und als Mischgebiet festzusetzen; der damit realisierte Schutzanspruch entspreche der Lage im Außenbereich. Mit dem Ziel, dort ländliches Wohnen und Kleingewerbe zu ermöglichen, liege eine nachvollziehbare städtebauliche Konzeption vor. Unzumutbaren Lärmimmissionen seien die Antragsteller nicht ausgesetzt; dies belege die der Planung zugrunde liegende Lärmimmissionsprognose. Den Verträgen mit den Eheleuten J. /K. und L. sei keinerlei Relevanz für die Abwägungsentscheidung zugekommen. Sollten diese unzulässige Verpflichtungen der Antragsgegnerin enthalten, seien diese ohnehin gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB i. V. mit § 134 BGB nichtig.

Die Beigeladene hat sich nicht am Verfahren beteiligt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der zulässige Normenkontrollantrag ist im tenorierten Umfang begründet.

Soweit er im Teilgebiet 2 östlich der neuen Erschließungsstraße Bauflächen in Gestalt von Misch- und Gewerbegebieten (GE 6 und GE 7) festsetzt, leiden die entsprechenden Festsetzungen unter einem beachtlichen Fehler im Abwägungsvorgang; dieser Fehler führt allerdings nur zur Unwirksamkeit der entsprechenden Festsetzungen und lässt die Wirksamkeit des Plans im Übrigen unberührt (dazu unter 1.). Die weitergehenden Rügen der Antragsteller gegen den Ursprungsplan greifen nicht durch (dazu unter 2.). Die zweite Änderung des Plans ist verfahrensfehlerhaft und ebenfalls unwirksam (dazu unter 3.).

1. Die Festsetzung von Bauflächen östlich der Erschließungsstraße leidet unter einem beachtlichen Fehler im Abwägungsvorgang.

Gemäß § 2 Abs. 3 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten. Die daraus folgenden Anforderungen an den Abwägungsvorgang entsprechen denen, die die Rechtsprechung aus dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB entwickelt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.4.2008 - 4 CN 1.07 -, juris Rn. 20 = BVerwGE 131, 100; Urt. v. 13.12.2012 - 4 CN 2.11 -, juris Rn. 9 = DVBl. 2013, 507). Die so ermittelten und bewerteten öffentlichen und privaten Belange sind in einem weiteren Schritt gemäß § 1 Abs. 7 BauGB gegen- und untereinander gerecht abzuwägen. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich darauf zu beschränken, ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht. Hat die Gemeinde diese Anforderung an ihre Planungstätigkeit beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.7.1974 - 4 C 50.72 -, juris Rn. 45 = BVerwGE 45, 309 = BRS 28 Nr. 4).

Eine solchermaßen vorzunehmende Abwägung kann nur dann fehlerfrei gelingen, wenn der Rat als das zuständige Gremium der Gemeinde frei und unvoreingenommen darüber entscheidet, welche städtebauliche Entwicklung und Ordnung im Gemeindegebiet verwirklicht werden soll. Dem trägt § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB Rechnung. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden. Die Vorschrift beruht auf der Überlegung, dass eine Gemeinde sich durch ihr nach außen handelndes Organ der Gemeindeverwaltung nicht auf einen Bebauungsplan mit einem bestimmten Inhalt festlegen darf, weil sie dadurch der kommunalrechtlich zuständigen, aus demokratischen Wahlen hervorgegangenen Vertretungskörperschaft das Recht beschnitte, frei und unvoreingenommen darüber zu entscheiden, welche städtebauliche Entwicklung und Ordnung (§ 1 Abs. 3 BauGB) im Gemeindegebiet verwirklicht werden soll. Auch würde vereitelt, dass nach Ablauf des formalisierten Verfahrens mit Bürgerbeteiligung und Beteiligung der Träger öffentlicher Belange die für und gegen die Planung sprechenden Belange von dem dafür zuständigen Organ nach § 1 Abs. 7 BauGB gewichtet und abgewogen werden. Ein der Einleitung des Planverfahrens vorgegebener, mehr oder weniger festgelegter und in dieser Festlegung von einem Begünstigten erzwingbarer Planinhalt würde sich innerhalb des Planverfahrens nahezu zwangsläufig als eine zu missbilligende Verkürzung der gebotenen Abwägung darstellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.11.2005 - 4 C 15.04 -, juris Rn. 17 = BVerwGE 124, 385 = BRS 69 Nr. 212).

Vor diesem Hintergrund darf eine Gemeinde keine Ansprüche auf Einleitung und Durchführung eines Bauleitplanverfahrens begründen, mit denen die im Verlauf des Verfahrens zu beteiligenden Gemeindegremien in ihren Entscheidungen gebunden werden. Ferner müssen auch die Entscheidungsträger in der Gemeindeverwaltung darin frei bleiben, die Arbeit an einem Bebauungsplanentwurf abzubrechen, wenn sie dies aus sachlichen Gründen für geboten oder vertretbar halten. Aufgrund dieser Beschränkungen darf sich die Gemeinde letztlich nicht zu mehr verpflichten, als über die Einleitung und Fortsetzung eines Bebauungsplanverfahrens nach ihren städtebaulichen Vorstellungen zu entscheiden (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB; vgl. BVerwG, Urt. v. 25.11.2005, a. a. O., Rn. 18).

Nach diesen Maßgaben liegt eine unzulässige Vorabbindung des Rates vor, wenn die planende Gemeinde im Vorfeld des Satzungsbeschlusses vertragliche Verpflichtungen zur Aufnahme bestimmter Festsetzungen in einen Bebauungsplan eingeht und sich der Rat bei seiner Beschlussfassung (auch) von diesen Verpflichtungen leiten lässt. Das ist hier zur Überzeugung des Senats im Hinblick auf die Festsetzung von Bauflächen östlich der Erschließungsstraße der Fall.

Unzulässige, weil gegen § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB verstoßende vertragliche Verpflichtungen zur Festsetzung bestimmter Bauflächen ist die Antragsgegnerin in notariellen Verträgen mit den Eheleuten J. und K., den Eigentümern des Grundstücks G. weg 1/1a, und den Eheleuten L., den Eigentümern des Grundstücks G. weg 2, eingegangen, um von diesen im Gegenzug Grundstücke im Trassenbereich der Erschließungsstraße zu erhalten.

Aus einem notariellen Vertrag mit den Ehepaaren J. und K. vom 22. November 2008 ergibt sich unter Nr. 9 die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Übertragung im Einzelnen bezeichneter Bauplätze (Bl. 67 ff. GA). Darunter findet sich eine in einer anliegenden Karte (Anlage 6) bezeichnete Teilfläche des Flurstücks 28, Flur 2, Gemarkung H.. Dabei handelt es sich um eine Teilfläche des Flurstücks 107/1, das heutige im Mischgebiet gelegene Kindergartengrundstück G. weg 3a. Bei dieser Fläche handelte es sich zuvor um eine Außenbereichsfläche, sodass die übernommene Verpflichtung nur bei Aufstellung eines Bebauungsplans und Festsetzung als Baufläche erfüllt werden konnte.

Eine weitere Verpflichtung enthält der notarielle Vertrag mit den Eheleuten L. vom 16. September 2008 (Planaufstellungsvorgang, S. 218 ff.). In Nr. 9 verpflichtet sich die Antragsgegnerin, die den Eheleuten L. verbleibende Teilfläche des Flurstücks 128/4 in einer Breite von 50 Metern von der südlichen Grenze zu dem Flurstück 127/4 und das ihnen übertragene Trennstück aus dem Flurstück 127/4 als Gewerbe- und Industriegebiet auszuweisen und für diese Flächen je eine separate Zuwegung zu der geplanten F. straße - der neuen Erschließungsstraße - anzulegen. Dieser Verpflichtung entspricht die Festsetzung des Gewerbegebietes GE 7 für die Teilfläche des Flurstücks 127/4 (nun Flurstück 4/3).

Von diesen vertraglichen Bindungen hat sich der Rat der Antragsgegnerin zur Überzeugung des Senats bei seiner Beschlussfassung über den Bebauungsplan und der Übernahme der eingegangenen Verpflichtungen in entsprechende Festsetzungen leiten lassen. Für eine Beeinflussung der Abwägungsentscheidung durch die vertraglichen Bindungen spricht eine Vielzahl von Indizien; der Antragsgegnerin ist es demgegenüber nicht gelungen, tragfähige Anhaltspunkte für eine ungeachtet der eingegangenen Bindungen abwägungsfehlerfreie Entscheidung des Rates vorzubringen.

Fest steht, dass zwar die Verwaltung der Antragsgegnerin die rechtswidrigen Verträge geschlossen hat; dies aber mit Kenntnis und Zustimmung des Rates. Wie der Abwägung der entsprechenden Einwendungen der Antragsteller zu entnehmen ist (Planaufstellungsvorgang, S. 1499), wird der An- und Verkauf von Grundstücken vom Rat der Antragsgegnerin beschlossen. Den städtischen Gremien sind dadurch - so die Abwägung - die Ziele und Entwicklungsmöglichkeiten, die die Grundstücksgeschäfte beinhalten, bekannt. Daraus folgt, dass der Rat von den eingegangenen Verpflichtungen wusste und mit diesen einverstanden war.

Für eine Maßgeblichkeit der vertraglichen Abreden dafür, dass der Bebauungsplan Bauflächen östlich der Erschließungsstraße innerhalb des ursprünglich vorgesehenen Freiraumkorridors vorsieht, spricht der zeitliche Ablauf der Planung. Bis zu der im Herbst 2008 - und damit vor Abschluss der rechtswidrigen Verträge - vorbereiteten 4. Auslegung waren östlich der neuen Erschließungsstraße keine Planfestsetzungen vorgesehen. Kompensationsmaßnahmen sowie ein Regenrückhaltebecken sollten dort innerhalb eines Freiraumkorridors ohne entsprechende Festsetzungen realisiert werden. Erst die folgende 5. Auslegung, die nach Abschluss der Verträge vorbereitet wurde, beinhaltete die Festsetzung der Hügellandschaft, des Regenrückhaltebeckens sowie von Bauflächen östlich der Erschließungsstraße. Planerischer Festsetzungen jedenfalls für die Hügellandschaft bedurfte es jedoch nach der damaligen Rechtsauffassung der Antragsgegnerin nicht; bereits weit vor dem Satzungsbeschluss hatte sie entsprechende Baugenehmigungen auf der Grundlage von § 35 Abs. 2 BauGB erteilt. Auch für das Regenrückhaltebecken ist nicht ersichtlich, dass gerade dieses entgegen dem Planungsstand bis einschließlich der 4. Auslegung nunmehr planerischer Festsetzungen bedurfte. Demzufolge ist davon auszugehen, dass nicht die Festsetzung der Hügellandschaft und des Regenrückhaltebeckens die Festsetzung von Bauflächen nach sich zog, sondern die Festsetzung der Bauflächen im Vordergrund stand und von den übrigen - für sich betrachtet städtebaulich gerechtfertigten und nicht durch eine Vorabbindung bemakelten - Festsetzungen begleitet wurde.

Für eine Vorabbindung des Rates spricht ferner das Fehlen einer konkreten städtebaulichen Begründung für die Festsetzung von Bauflächen östlich der Erschließungsstraße. Aus der Planbegründung (S. 26) ergibt sich, dass ein erhöhter Flächenbedarf sowie der Wunsch, das Planverfahren mit vertretbarem Aufwand zu Ende zu bringen, maßgeblich waren. Die Festsetzung eines Mischgebietes wird mit dem Ziel begründet, eine „Restflächensituation“ ohne geordnete städtebauliche Entwicklung zu bereinigen (S. 7). Für die Gewerbegebiete geht die Planbegründung nicht über eine bloße Nennung der Festsetzungen hinaus (S. 3). Im Rahmen der Abwägung der zur 6. Auslegung eingegangenen Einwendungen führt die Antragsgegnerin zur Abkehr von dem vormals vorgesehenen Freiraumkorridor aus, es habe dort Nutzungskonkurrenzen (Naturschutz und Sicherheit des Straßenverkehrs) gegeben. In den Änderungsprozess sei auch die Fläche eines Privateigentümers einbezogen worden, „dessen Anregung bezüglich der geplanten Flächennutzung nicht aus städtebaulichen Gründen zurückzuweisen war.“ Bei diesen Erläuterungen handelt es sich um Allgemeinplätze ohne konkreten Aussagegehalt. Sie lassen nicht erkennen, aus welchen städtebaulichen Gründen die Antragsgegnerin von der angesichts der erheblichen Ausweitung der industriellen und gewerblichen Nutzungen westlich der neuen Erschließungsstraße und des gebotenen Schutzes der Wohnnutzung östlich davon sehr plausiblen Planung eines Freiraumkorridors abgewichen ist.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Zulassung gewerblicher Nutzungen westlich der Erschließungsstraße in einem diametralen Gegensatz zu dem grundlegenden Planungsziel eines Puffers zwischen Industrie- und Gewerbeflächen und östlich angrenzender Wohnbebauung steht (Planbegründung, S. 6). Gewerbliche Nutzungen rücken auf diese Weise noch einmal näher an die Wohnbebauung heran, ohne dass eine städtebauliche Notwendigkeit erkennbar ist. Aufgrund der räumlichen Trennung der Bauflächen westlich und östlich der Erschließungsstraße tragen sie zu dem eigentlichen Planungsziel, Betriebserweiterungen der Beigeladenen zu ermöglichen, im Ergebnis nichts bei. Der bloße Hinweis auf vermeintliche und nicht näher dargelegte Nutzungskonkurrenzen (Naturschutz und Sicherheit des Straßenverkehrs) bei Schaffung eines Freiraumkorridors (Planaufstellungsvorgang, S. 2611) bietet gleichfalls keine städtebauliche Erklärung dafür, die Flächen nunmehr in Teilen zur Bebauung freizugeben.

Soweit die Antragsgegnerin demgegenüber meint, der Rat habe die vorliegende Planung ungeachtet der vertraglichen Bindung allein aus städtebaulichen Gründen beschlossen, überzeugt das den Senat nicht. Richtig ist zwar, dass die Verträge mit den Eheleuten J. /K. und L. gemäß § 134 BGB i. V. mit § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB nichtig und daher von Rechts wegen nicht geeignet sind, wechselseitige Ansprüche zu begründen. Es ist jedoch schon nicht ersichtlich, dass dies dem Rat der Antragsgegnerin bewusst war. In der Abwägung der entsprechenden Einwände der Antragsteller heißt es lediglich, dies sei nicht Gegenstand der Bauleitplanung. Es sei grundsätzlich jedoch darauf hinzuweisen, dass Grundstücksverträge privatrechtliche Verträge seien. Die Bauleitplanung basiere auf öffentlichem Recht. Die städtischen Gremien seien in Ausübung ihrer Planungshoheit nicht an Vorgaben aus privatrechtlichen Verträgen gebunden (Planaufstellungsvorgang, S. 1511 und 2587). Diese allgemein gehaltenen Ausführungen zeigen nicht, dass dem Rat die Nichtigkeit der von ihm gebilligten Verträge bewusst war. Hinzu kommt, dass es für einen Abwägungsfehler nicht erforderlich ist, dass der Rat von einer strikten rechtlichen Bindung ausgeht. Ein Abwägungsfehler liegt vielmehr schon dann vor, wenn der Rat vertragliche Bindungen als ein für die Planung sprechendes Element in seine Abwägung einstellt. Aufgrund der genannten Anhaltspunkte ist der Senat der Überzeugung, dass mindestens das hier der Fall ist.

Liegt demzufolge ein Fehler im Abwägungsvorgang vor, ist dieser den Planaufstellungsvorgängen zu entnehmen und damit offensichtlich (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Schon angesichts des mit der Festsetzung von Bauflächen östlich der Erschließungsstraße verbundenen Bruchs mit der grundlegenden Plankonzeption einer räumlichen Trennung von Wohnen und Gewerbe besteht zudem die konkrete Möglichkeit, dass der Rat der Antragsgegnerin ohne die unzulässige Vorabbindung anders entschieden hätte. Da die Antragsteller den Fehler in ihrer Antragsbegründung vom 31. Dezember 2013, der Antragsgegnerin zugegangen im Januar 2014, und damit binnen Jahresfrist gerügt haben, ist er gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB beachtlich.

Der vorstehende Fehler führt allerdings bloß zur Teilnichtigkeit des Bebauungsplans, und zwar in Bezug auf die Festsetzung von Bauflächen östlich der Erschließungsstraße (Mischgebiet und Gewerbegebiete GE 6 und GE 7). Nur diese Festsetzungen sind von der Vorabbindung betroffen und demzufolge unwirksam. Ihre Unwirksamkeit zieht hingegen nicht die Unwirksamkeit der übrigen Festsetzungen des angegriffenen Bebauungsplans nach sich, weil diese für sich betrachtet eine den Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. zusammenfassend BVerwG, Beschl. v. 24.4.2013 - 4 BN 22.13 -, juris Rn. 3 = BRS 81 Nr. 77). Auch ohne die Bauflächen östlich der Erschließungsstraße trägt der Plan dem Ziel der Antragsgegnerin, der Beigeladenen eine Betriebserweiterung zu ermöglichen, umfassend Rechnung. Schon deshalb und aufgrund der Bedeutung dieses Planungsziels für die wirtschaftliche Entwicklung der Antragsgegnerin steht zur Überzeugung des Senats zudem fest, dass die Antragsgegnerin den Plan auch ohne die Bauflächen östlich der Erschließungsstraße in ansonsten unveränderter Form in Kraft gesetzt hätte.

2. Die weitergehenden Einwände der Antragsteller gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans in seiner Ursprungsfassung greifen nicht durch.

Die Schlussbekanntmachung (§ 10 Abs. 3 BauGB) ist fehlerfrei. Die Antragsgegnerin musste insbesondere nicht dafür Sorge tragen, dass die Betroffenen von DIN-Vor schriften verlässlich und in zumutbarer Weise Kenntnis erlangen können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.7.2010 - 4 BN 21.10 -, juris Rn. 13 = NVwZ 2010, 1567 = BRS 76 Nr. 48; Beschl. v. 5.12.2013 - 4 BN 48.13 -, juris Rn. 4 = BauR 2014, 503; ebenso Senat, Urt. v. 9.9.2014 - 1 KN 215/12 -, juris Rn. 26). In § 1.1 der textlichen Festsetzungen (Schall immissionen) nimmt der Plan zwar zur Abgrenzung der schallabstrahlenden Teilflächen explizit Bezug auf verschiedene Schallschutzgutachten, die die zulässigen immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegel unter Hinweis auf verschiedene DIN-Vorschriften ermitteln. Diese Inbezugnahme führt indes nicht dazu, dass sich erst aus einer DIN-Vorschrift ergibt, unter welchen Voraussetzungen ein Vorhaben planungsrechtlich zulässig ist. Die Zulässigkeit von Vorhaben ergibt sich vielmehr unmittelbar aus § 1.1 der textlichen Festsetzungen in Verbindung mit der dort zitierten TA Lärm, die ihrerseits amtlich bekannt gemacht und damit allgemein zugänglich ist (GMBl. 1998, 503).

Der Plan ist hinreichend bestimmt; das gilt trotz einer von den Antragstellern zu Recht gerügten Unstimmigkeit in der Planzeichenerklärung. Soweit in der Zeichenerklärung zu geplanten Wallhecken auf § 6 der textlichen Festsetzungen (Beschränkung der Zahl der Wohneinheiten im Mischgebiet) hingewiesen wird, handelt es sich um ein offenkundiges, die Rechtswirksamkeit des Plans nicht tangierendes Redaktionsversehen; gemeint ist § 10. Soweit die Antragsteller meinen, die Überschrift des § 1.1 (Schall immissionen) sei irreführend, trifft das nicht zu; die Vorschrift bezweckt den Schutz der Nachbarschaft vor solchen Immissionen.

Bedenken hinsichtlich der Beschlussfähigkeit einzelner Gremien bestehen nicht; die entsprechenden Überlegungen der Antragsteller erfolgen ins Blaue hinein und entbehren jeder tatsächlichen Grundlage.

Weitere mögliche Verfahrensfehler, die der Antragstellervertreter unter anderem mit Schriftsatz vom 17. März 2015 gerügt hat, sind aufgrund des Fehlens einer binnen Jahresfrist seit Bekanntmachung des Plans gegenüber der Antragsgegnerin erhobenen Rüge jedenfalls gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB unbeachtlich.

Der Plan - soweit nicht die Bauflächen östlich der Erschließungsstraße in Rede stehen - ist erforderlich i. S. von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Es handelt sich nicht um eine Gefälligkeitsplanung zugunsten der Beigeladenen, sondern die Planung dient dem legitimen Ziel, weitere Flächen für die gewerbliche und industrielle Entwicklung bereit zu stellen. Der Bedarf für diese Flächen ist angesichts des erheblichen Belegungsgrades schon bei Erreichen der Planreife (§ 33 BauGB) und erst recht zum gegenwärtigen Zeitpunkt offenkundig; dass die Beigeladene die weitaus meisten Flächen besetzt, ist schon angesichts des erheblichen öffentlichen Interesses an einer positiven Entwicklung des Unternehmens nicht nur im Hinblick auf Arbeitsplätze und Steueraufkommen unschädlich (vgl. Abwägung, S. 1498 des Planaufstellungsvorgangs; Planbegründung, S. 3 und 5).

Der Plan leidet nicht unter weiteren beachtlichen Abwägungsfehlern.

Ohne Erfolg bleibt der Einwand der Antragsteller, der Bebauungsplan leide unter einem Abwägungsausfall, weil die Antragsgegnerin die negativen Auswirkungen der Lärm emissionen der benachbarten Industrie- und Gewerbeimmobilien auf ihr Wohngrundstück ausgeblendet und nicht erwogen habe, wie das Ausmaß der Emissionen etwa durch ein Zurückbleiben des Gewerbegebietes im Westen oder durch weitere Maßnahmen des aktiven Schallschutzes reduziert werden könne. Der Einwand ist unberechtigt. Die Lärmimmissionen der Industrie- und Gewerbeareale westlich der neuen Erschließungsstraße waren Gegenstand umfangreicher Begutachtungen, die zum Schutz der angrenzenden Bebauung zur Festsetzung immissionswirksamer flächenbezogener Schallleistungspegel geführt haben. Der Vorwurf, die Lärmimmissionen seien ausgeblendet worden, geht schon deshalb fehl; im Gegenteil werden die für gemischte Bauflächen bzw. Außenbereichsgrundstücke geltenden Lärmrichtwerte durchweg eingehalten. Die Antragsgegnerin hat auch erwogen, zugunsten der angrenzenden Bebauung einen höheren als den rechtlich geforderten Schutzstandard festzusetzen, sich aber im Interesse einer optimalen Nutzbarkeit der Industrie- und Gewerbeflächen dagegen entschieden (Abwägung, S. 1500 des Planaufstellungsvorgangs). Diese Schwerpunktsetzung ist angesichts des geringen Gewichts der Bebauung im Umfeld des Grundstücks der Antragsteller und der vormaligen Lage im Außenbereich, wo - wie § 35 Abs. 1 BauGB zeigt - stets mit dem Hinzutreten emittierender Nutzungen zu rechnen ist, nicht zu beanstanden.

Zu Unrecht meinen die Antragsteller, die Antragsgegnerin habe ihrem Wohngrundstück einen zu geringen Anspruch auf Schutz vor Lärmimmissionen zugebilligt. Dieses sei ebenso wie die Nachbargrundstücke ohne den Bebauungsplan als faktisches allgemeines Wohngebiet einzustufen gewesen, was die Antragsgegnerin abwägungsfehlerhaft übersehen habe. Diese Einschätzung trifft schon ausweislich der dem Senat vorliegenden Luftbilder und Flurkarten nicht zu; es handelte sich durchweg um Außenbereichsgrundstücke. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB) waren lediglich die Grundstücke G. weg 1, 1a, 2 und 3 bebaut. Daran schlossen sich in alle Himmelsrichtungen unbebaute Flächen an. Der Abstand zwischen dem am weitesten östlich ausgerichteten Gebäude der Antragsteller und der geschlossenen Wohnbebauung entlang des O. wegs betrug mehr als 60 m. Diese geschlossene Wohnbebauung endete zudem östlich des in Nord-Süd-Richtung verlaufenden G. wegs, der insofern den Bebauungszusammenhang vom Außenbereich abgrenzte. Ob sich diese Verhältnisse angesichts zwischenzeitlicher weiterer Bebauung entlang des G. wegs geändert haben, ist angesichts des nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB maßgeblichen Zeitpunkts des Satzungsbeschlusses ohne Belang.

Die Festsetzung von Flächen für Aufschüttungen bzw. für Bodenabtrag im Nordosten des Plangebiets, der sog. Hügellandschaft, ist ebenfalls frei von beachtlichen Abwägungsfehlern.

Zu Recht rügen die Antragsteller allerdings, dass die Antragsgegnerin bei der Festsetzung der Hügellandschaft die Belange des Landschaftsbildes (§ 1 Abs. 6 Nr. 7 a) BauGB) fehlerhaft bewertet hat. Die verniedlichend als Hügellandschaft bezeichneten erheblichen Flächen für Aufschüttungen - also zur Deponierung überschüssigen Erdreichs (vgl. Aufstellungsvorgang, S. 2620) - bewirken eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes i. S. von § 1a Abs. 3 Satz 1 BauGB, § 14 Abs. 1 BNatSchG. Die bis zu zehn Meter über die Erdoberfläche aufragenden Erdhaufen stellen auch im bewachsenen Zustand Fremdkörper in der flachen ostfriesischen Landschaft dar, die die Schönheit und Eigenart des Landschaftsbildes erheblich stören. Das gilt ungeachtet der Tatsache, dass die Hügellandschaft die Wohnbebauung von den gewerblichen Bauflächen abschirmt. Dieses Ziel mag billigenswert sein; es ändert aber nichts daran, dass von der Hügellandschaft ihrerseits eine eigenständige andersartige Beeinträchtigung des Landschaftsbildes ausgeht. Dies hätte die Antragsgegnerin in ihre Abwägung einstellen müssen (vgl. demgegenüber Planbegründung, S. 15-16; Umweltbericht, S. 63).

Der vorstehende Fehler im Abwägungsvorgang ist jedoch gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. mit § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich, weil die Antragsteller ihn nicht binnen Jahresfrist seit Bekanntmachung des Plans gegenüber der Antragsgegnerin gerügt haben.

Ein uneingeschränkt beachtlicher Fehler im Abwägungsergebnis liegt hingegen nicht vor. Die Antragsgegnerin war nicht verpflichtet, den Eingriff in das Landschaftsbild gemäß § 1a Abs. 3 Satz 1 und 2 BauGB auszugleichen. Nach den vorgenannten Vorschriften sind die Vermeidung und der Ausgleich voraussichtlich erheblicher Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts in seinen in § 1 Abs. 6 Nr. 7 a) BauGB bezeichneten Bestandteilen (Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz) in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB zu berücksichtigen. Der Ausgleich erfolgt durch geeignete Darstellungen und Festsetzungen nach den §§ 5 und 9 BauGB als Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich.

Ein Ausgleich war im vorliegenden Fall gemäß § 1a Abs. 3 Satz 5 BauGB in der zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses gültigen Fassung (heute § 1a Abs. 3 Satz 6 BauGB) nicht geboten. Nach dieser Vorschrift ist ein Ausgleich nicht erforderlich, soweit die Eingriffe bereits vor der planerischen Entscheidung erfolgt sind oder zulässig waren. Das ist hier der Fall. Die Antragsgegnerin hatte bereits im Mai 2010 mit der Aufschüttung der Erdhügel begonnen (vgl. VG Oldenburg, Beschl. v. 22.10.2010 - 4 B 1927/10 -, V. n. b.; Senat, Beschl. v. 7.3.2011 - 1 ME 208/10 -, V. n. b.). Zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses im Februar 2012 waren - wie dem Senat aus den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bekannt ist - alle fünf Hügel auf der Grundlage verschiedener, gemäß § 35 Abs. 2 BauGB erteilter und - soweit ersichtlich - nicht rechtskräftiger Baugenehmigungen bereits ganz bzw. zu erheblichen Teilen aufgeschüttet (vgl. VG Oldenburg, Beschl. v. 6.12.2011 - 4 B 2584/11 -, V. n. b.; Senat, Beschl. v. 20.1.2012 - 1 ME 239/11 -, V. n. b.); die Gesamtfertigstellung einschließlich der Anspritzsaat folgte rund ein halbes Jahr später im September 2012 (Planaufstellungsvorgang zur zweiten Planänderung, S. 2367). Der in dem Aufschütten der Hügel liegende Eingriff in das Landschaftsbild war damit zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses unabhängig von den Festsetzungen des Bebauungsplans bereits erfolgt, sodass es keines Ausgleichs bedurfte. Die Gesamtfertigstellung ist für die Anwendbarkeit des § 1a Abs. 3 Satz 5 BauGB a. F. ebenso wenig erforderlich wie die Rechtmäßigkeit des Eingriffs; auf beide Fragen kommt es nach dem Gesetzeswortlaut nicht an (vgl. zur Rechtmäßigkeit Senat, Urt. v. 8.9.2010 - 1 KN 129/07 -, juris Rn. 320 = BauR 2011, 1131 = BRS 76 Nr. 35).

Ein Abwägungsfehler folgt nicht daraus, dass die Festsetzung der Hügellandschaft gegenüber der benachbarten Wohnbebauung rücksichtslos ist. Einen Anspruch auf einen unverstellten Blick in die Landschaft können die Antragsteller nicht geltend machen. Im Gegenteil dient der Außenbereich gerade auch dazu, diejenigen Nutzungen aufzunehmen, die aufgrund ihrer nachteiligen Wirkung auf die Umgebung nicht im Innenbereich ausgeführt werden können. Auch eine erdrückende Wirkung zulasten der Wohnbebauung geht von den Hügeln nicht aus. Die erdrückende Wirkung eines Bauvorhabens stellt einen Ausnahmefall dar; ein solcher kommt erst dann in Betracht, wenn die genehmigte Anlage das Nachbargrundstück regelrecht abriegelt, d. h. dort ein Gefühl des Eingemauertseins oder eine Gefängnishofsituation hervorruft. Dem Grundstück muss gleichsam die Luft zum Atmen genommen werden. Dass es die bislang vorhandene Situation lediglich verändert, reicht hierfür nicht aus (vgl. Senat, Beschl. v. 15.1.2007 - 1 ME 80/07 -, juris Rn. 13 = ZfBR 2007, 284 = BRS 71 Nr. 88; Beschl. v. 19.1.2012 - 1 ME 188/11 -, juris Rn. 47). Eine solche Sachlage liegt offenkundig nicht vor.

Zutreffend ist hingegen, dass die Anwohner ein schutzwürdiges Interesse daran haben, dass die Aufschüttungen keine Bodenerosionen und Sand-/Staubeinwirkungen zu Lasten ihrer Grundstücke auslösen (vgl. Senat, Beschl. v. 7.3.2011 - 1 ME 208/10 -, V. n. b.). Dies stellt der Bebauungsplan in § 14 der textlichen Festsetzungen hinreichend sicher. Die Bestimmung sieht vor, dass abschnittsweise unverzüglich nach der letzten Aufschüttung eine Anspritzansaat zur Initialisierung der Brachflächenentwicklung vorzunehmen ist und die Böschungen entlang der Wohnbebauung vorrangig zum Schutz der Anwohner fertig zu profilieren und zu begrünen sind. Weitere Schutzvorkehrungen auf Ebene des Bebauungsplans musste die Antragsgegnerin nicht treffen; sie durfte insbesondere die erforderlichen engen zeitlichen Vorgaben für die Ausführung der Baumaßnahmen dem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten.

3. Verfahrensfehlerhaft und damit unwirksam ist die zweite Planänderung.

Zu Unrecht hat die Antragsgegnerin die zweite Planänderung im beschleunigten Verfahren gemäß § 13a BauGB aufgestellt; die fehlerhafte Verfahrenswahl hat zur Folge, dass die gemäß § 2 Abs. 4 BauGB erforderliche Umweltprüfung nicht durchgeführt wurde.

Gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB kann ein Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung) im beschleunigten Verfahren und damit gemäß § 13a Abs. 2 Nr. 1 i. V. mit § 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB ohne Umweltprüfung aufgestellt werden. Ein solcher Plan umfasst Planungen, die der Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und dem Umbau vorhandener Ortsteile dienen. Ob Außenbereichsflächen einbezogen werden können, ist nicht abschließend geklärt; erwogen wird dies bei unbebauten Flächen, wenn sie auf allen Seiten von Bebauung umgeben und damit dem Siedlungsbereich zuzurechnen und von diesem geprägt sind oder wenn sie Teil einer solchen Fläche sind (vgl. VGH BW, Urt. v. 30.10.2014 - 8 S 940/12 -, juris Rn. 49; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 13a Rn. 27 < Stand der Bearbeitung: August 2013>).

Das zugrunde gelegt liegen die Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht vor. Das rund 4,8 ha große Plangebiet liegt zwar im Geltungsbereich des Ursprungsplans und ist mittlerweile weithin von Bebauung umgeben. Das allein reicht jedoch nicht aus. Schon aufgrund der im Wesentlichen fehlenden Bauflächenfestsetzungen handelt es sich nicht um eine dem Siedlungsbereich zuzurechnende Fläche, sondern - von dem Kindergartengrundstück abgesehen - um einen unbesiedelten Bereich. Dieser wird aufgrund seiner Nutzung zur Aufnahme von Erdreich, seiner Begrünung und seiner Anbindung an die freie Landschaft im Süden und Südwesten nicht maßgeblich von den umgebenden Siedlungsgebieten geprägt, sodass die Überplanung keine Maßnahme der Innenentwicklung darstellt. Eine Kontrollüberlegung bestätigt diesen Befund. § 13a Abs. 1 BauGB beruht auf der Annahme, dass ein Plan aufgrund der Lage des Plangebiets im Siedlungsbereich typischerweise nur geringe Umweltauswirkungen nach sich zieht, sodass es gerechtfertigt ist, (unter anderem) auf eine Umweltprüfung zu verzichten. Diese Annahme ist hier aufgrund der Größe und Prägung des Plangebiets und aufgrund des ökologisch motivierten Planungsziels der Antragsgegnerin offensichtlich nicht berechtigt. Dass die Antragsgegnerin mit dem Plan eine ökologische Aufwertung des Areals beabsichtigt, also ein dem Schutz der Umwelt dienendes Ziel verfolgt, ist hier im Hinblick auf die Anwendbarkeit von § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB irrelevant.

Die fehlerhafte Verfahrenswahl hat zur Folge, dass die gemäß § 2 Abs. 4 BauGB erforderliche Umweltprüfung nicht durchgeführt wurde; dieser Fehler ist gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 9 Abs. 8, § 2a BauGB beachtlich, weil es an dem erforderlichen Umweltbericht als Teil der Begründung fehlt.

Da die zweite Planänderung bereits aus diesem Grund unwirksam ist, merkt der Senat nur ergänzend an, dass die in der Sache geltend gemachten Bedenken nicht durchgreifen dürften. Eine ökologisch motivierte Begrünung der Abraumhalden dürfte sowohl im Interesse der Nachbarschaft als auch im Interesse von Natur und Landschaft nicht zu beanstanden sein. Das Gleiche gilt für weitergehende Nutzungsmöglichkeiten für den Betriebskindergarten der Beigeladenen; dass die entsprechende Planung auch den Interessen des Kindergartens dient, ist schon angesichts des öffentlichen Interesses an dem Bestand und der Qualität von Kindertagesstätten nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 i. V. mit § 162 Abs. 3 VwGO. Die bloße Teilunwirksamkeit führt weder zu einer Abweisung des Antrags im Übrigen noch zu einer den Antragstellern nachteiligen Kostenfolge, weil ihr Grundstück in dem Bereich liegt, in dem der Bebauungsplan für unwirksam zu erklären ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.4.2008 - 4 CN 3.07 -, juris Rn. 36 = BVerwGE 131, 86 = BRS 73 Nr. 77).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V. mit § 709 Satz 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.