Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 22.04.2015, Az.: 11 ME 58/15

erkennungsdienstliche Behandlung; Ermessen; Fingerabdruck; Geeignetheit; Gefahrenvorsorge; Handflächenabdruck; Handkantenabdruck; Intimbereich; körperliches Merkmal; KURS Niedersachsen; erkennungsdienstliche Maßnahme; Nackt ED; Nackt ED-Behandlung; Sexualstraftäter; Strafverfolgungsvorsorge; Verhältnismäßigkeit; Wiederholungsgefahr; Ziel

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
22.04.2015
Aktenzeichen
11 ME 58/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 45003
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 04.02.2015 - AZ: 6 B 43/14

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Nds. SOG kann eine erkennungsdienstliche Maßnahme nur zur Verhütung von Gefahren und nicht zur Vorsorge für eine etwaige spätere Strafverfolgung angeordnet werden (Bestätigung der Senatsrechtsprechung).

2. Abgrenzungskriterium zwischen den Ermächtigungsgrundlagen des § 81b Alt. 2 StPO und des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Nds. SOG zur Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen ist vorrangig das angestrebte Ziel der anordnenden Behörde.

3. Zur Frage, ob die erkennungsdienstlichen Maßnahmen der Abnahme von Finger , Handflächen und Handkantenabdrücken sowie der Feststellung und Vermessung äußerer körperlicher Merkmale auch im Intimbereich von § 15 Abs. 1 Satz1 Nr. 2 Nds. SOG gedeckt sind (hier bejaht).

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 6. Kammer - vom 4. Februar 2015 geändert.

Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird insgesamt abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller verbüßte bis Oktober 2013 wegen Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen eine neunjährige Freiheitsstrafe und steht zurzeit wegen des von der Strafvollstreckungskammer angenommenen hohen Rückfallrisikos unter Führungsaufsicht nach der Konzeption zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftäterinnen und Sexualstraftätern in Niedersachsen - „KURS Niedersachsen“ (vgl. hierzu Nds. MBl. 2010, 651). Mit Bescheid vom 25. September 2014 ordnete die Antragsgegnerin auf der Grundlage von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Nds. SOG unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die erkennungsdienstliche Behandlung des Antragstellers an. Diese umfasst neben Messungen und der Aufnahme von Lichtbildern die Abnahme von Finger-, Handflächen- und Handkantenabdrücken sowie die Feststellung äußerer Merkmale am gesamten Körper einschließlich des Intimbereichs (sog. „Nackt-ED-Behandlung“). Zur Begründung führte die Antragsgegnerin im Wesentlichen an, die angeordnete Maßnahme diene der Verhütung von Straftaten und sei wegen der aufgrund der Art und der Ausführung der abgeurteilten Straftaten anzunehmenden Wiederholungsgefahr erforderlich. Die Durchführung der angeordneten erkennungsdienstlichen Behandlung sei geeignet, den Antragsteller künftig von weiteren Straftaten abzuhalten. Zudem sei sie erforderlich und verhältnismäßig.

Auf den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes ordnete das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss unter Abweisung im Übrigen die aufschiebende Wirkung der zugleich gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. September 2014 erhobenen Klage an, soweit mit der erkennungsdienstlichen Behandlung Finger-, Handflächen- und Handkantenabdrücke erlangt werden sollen und die Maßnahme auf die Feststellung und Vermessung äußerer körperlicher Merkmale im Intimbereich des Körpers des Antragstellers gerichtet ist. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, es liege zwar unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wertung der §§ 68, 68 f Abs. 1 Satz 1, 181 b StGB sowie der Einschätzung der Strafvollstreckungskammer eine Wiederholungsgefahr vor. Die Antragsgegnerin habe sich aber nur zum Teil an den in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Nds. SOG vorgegebenen gesetzlichen Rahmen gehalten. Soweit sie die Anfertigung von Finger-, Handflächen- und Handkantenabdrücken sowie die Feststellung und Vermessung körperlicher Merkmale im Intimbereich des Antragstellers angeordnet habe, sei nicht erkennbar, wie die daraus gewonnenen Informationen gezielt zu dem von der genannten Vorschrift vorausgesetzten Zweck der Verhütung weiterer Straftaten eingesetzt werden könnten. Die Antragsgegnerin beabsichtige vielmehr, die Abdrücke in künftigen Ermittlungsverfahren zu verwenden, und betreibe insoweit Strafverfolgungsvorsorge. Für diesen Zweck dürfe eine erkennungsdienstliche Behandlung nur auf der Grundlage von § 81 b StPO, nicht aber nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Nds. SOG durchgeführt werden. Hinsichtlich der Verwendung von Nacktfotos des Intimbereichs des Antragstellers sei die Argumentation der Antragsgegnerin, der Antragsteller könne wegen des durch die Gewinnung dieser zusätzlichen Daten höheren Überführungsrisikos zukünftig von weiteren Straftaten Abstand nehmen, nicht überzeugend, da dieser als rückfallgefährdet eingestufter Sexualstraftäter ohnehin engmaschig überwacht werde. Es sei nicht ersichtlich, welche Verwendung Nacktfotos des Intimbereichs im Vorfeld einer Strafverfolgung zur Verhütung weiterer Straftaten finden könnten, sodass der insoweit tiefgreifende und schwerwiegende Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die Menschenwürde des Antragstellers nicht gerechtfertigt sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg.

Die im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anzustellende Interessenabwägung geht entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts insgesamt zu Lasten des Antragstellers aus. Nach der hier allein gebotenen summarischen Prüfung spricht Überwiegendes dafür, dass der streitgegenständliche Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. September 2014 auch hinsichtlich der Abnahme von Finger-, Handflächen- und Handkantenabdrücken sowie der Feststellung und Vermessung äußerer körperlicher Merkmale im Intimbereich des Antragstellers rechtmäßig ist. Daher ist der Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist insgesamt abzulehnen.

1. Nach der Rechtsprechung des Senats kann auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Nds. SOG eine erkennungsdienstliche Maßnahme nur zur Verhütung von Gefahren und nicht zur Vorsorge für eine etwaige spätere Strafverfolgung angeordnet werden. Letzteres kann lediglich nach § 81 b Alt. 2 StPO geschehen. Grund hierfür ist die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bundes- und Landesgesetzgeber. Die auf der Grundlage des § 15 Nds. SOG anzufertigenden erkennungsdienstlichen Unterlagen müssen daher zur Abwehr einer ggf. zukünftig vom Betroffenen ausgehenden Gefahr geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinn sein. Abgrenzungskriterium zwischen den Ermächtigungsgrundlagen des § 81 b Alt. 2 StPO und des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Nds. SOG zur Anordnung erkennungsdienstlicher Behandlungen ist dabei nicht vorrangig die Eigenschaft des Betroffenen als Beschuldigter (so wohl Bay. VGH, Beschl. v. 17.11.2008 - 10 C 08.2872 -, juris, Rdnr. 12 zum dortigen Landesrecht), sondern das von der anordnenden Behörde angestrebte Ziel. Inwieweit eine erkennungsdienstliche Anordnung ausschließlich zur Verhütung von Gefahren (dann § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Nds. SOG) - und mithin nicht zur Vorsorge für eine etwaige spätere Strafverfolgung (dann § 81 b Alt. 2 StPO) - notwendig ist, hat die anordnende Behörde im Rahmen des ihr nach § 15 Nds. SOG eingeräumten Ermessens in dem Bescheid darzulegen (vgl. hierzu im Einzelnen Senatsurt. v. 26.2.2009 - 11 LB 431/08 -, NdsVBl. 2009, 202, juris, Rdnr. 42; Senatsbeschl. v. 1.6.2011 - 11 PA 156/11 -, NdsVBl. 2011, 290, juris, Rdnr. 4, und v. 16.9.2009 - 11 ME 402/09 -, NVwZ 2010, 69, juris, Rdnr. 16 ff.). Von diesen Grundsätzen geht in zutreffender Weise auch das Verwaltungsgericht aus.

2. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts bewegt sich die streitgegenständliche Anordnung der Antragsgegnerin aber auch hinsichtlich der mit der Beschwerde zur Überprüfung gestellten erkennungsdienstlichen Behandlung des Antragstellers im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Nds. SOG und genügt den sich hieraus ergebenden Anforderungen.

Das Verwaltungsgericht hat in überzeugender und ausführlicher Weise die von dieser Vorschrift vorausgesetzte Gefahr der Begehung weiterer einschlägiger Straftaten durch den Antragsteller herausgearbeitet. Der Senat macht sich insoweit die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu eigen, zumal der Antragsteller die Wiederholungsgefahr in seiner Beschwerdeerwiderung nicht in Abrede gestellt und nicht seinerseits Beschwerde gegen den ihn belastenden Teil der erstinstanzlichen Entscheidung eingelegt hat.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht des Weiteren angenommen, die Anfertigung von Lichtbildern sowie die Feststellung und Messung äußerer körperlicher Merkmale außerhalb des Intimbereichs des Antragstellers diene der Verhütung weiterer Straftaten und sei zu diesem Zweck geeignet, trotz einer bereits im Jahr 2004 durchgeführten erkennungsdienstlichen Maßnahme erforderlich sowie verhältnismäßig im engeren Sinn. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts gilt dies aber auch für die übrigen erkennungsdienstlichen Maßnahmen der Abnahme von Finger-, Handflächen- und Handkantenabdrücken sowie der Feststellung und Vermessung äußerer körperlicher Merkmale im Intimbereich des Antragstellers.

a) Diese übrigen von der Antragsgegnerin angeordneten erkennungsdienstlichen Maßnahmen bewegen sich im von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Nds. SOG vorgegebenen Rahmen.

Die Antragsgegnerin hat in dem angefochtenen Bescheid vom 25. September 2014 unter Hinweis auf das ihr nach § 15 Nds. SOG zustehende Ermessen unter anderem ausgeführt, die Maßnahmen dienten der Verhütung von Straftaten, sie könnten dazu beitragen, den Antragsteller künftig von weiteren Straftaten abzuhalten. Der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Antragstellers verfolge vor allem den spezialpräventiven Zweck, künftige Straftaten zu verhindern. Denn der Antragsteller könne im Wissen, dass entsprechende Unterlagen bei der Polizei vorlägen, welche eine Identifizierung bei etwaigen künftigen Straftaten erheblich vereinfachen würden, von der Begehung weiterer Gesetzesverstöße abgehalten werden. Diese Möglichkeit der Verhütung künftiger Straftaten sei höher zu gewichten als das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers. Mit diesen ausdrücklich formulierten Erwägungen ist die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid dem Erfordernis hinreichend nachgekommen, im Rahmen ihres Ermessens darzulegen, inwieweit eine erkennungsdienstliche Behandlung zur Verhütung von Gefahren notwendig ist. Sie hat sich mithin - anders als die Polizeibehörde in dem Fall, der dem Beschluss des Senats vom 16. September 2009 (- 11 ME 402/09 -, a. a. O.) zugrunde lag - gerade nicht ausschließlich oder im Wesentlichen von Gesichtspunkten der Strafverfolgungsvorsorge leiten lassen. Ob es der Antragsgegnerin daneben (auch) um letzteres ging, ist unerheblich. Denn hierbei würde es sich - neben dem beschriebenen Hauptzweck der Gefahrenvorsorge - erkennbar lediglich um einen Nebenzweck handeln, der unschädlich ist.

Auf die von dem Verwaltungsgericht in den Vordergrund seiner gegenteiligen Ansicht gestellte Frage, ob die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung vom 31. Oktober 2014 und insbesondere in ihrem weiteren Erwiderungsschriftsatz vom 9. Dezember 2014 diese Zielrichtung konsequent beibehalten hat, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Maßgeblich sind vielmehr die Ermessenserwägungen in dem angefochtenen Bescheid, die - wie ausgeführt - den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Ungeachtet dessen gibt das Verwaltungsgericht die Argumentation der Antragsgegnerin in den genannten Schriftsätzen nur verkürzt wieder. Zwar finden sich Formulierungen der Antragsgegnerin, die auf eine - im Rahmen der Anordnung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Nds. SOG unzulässigen - Strafverfolgungsvorsorge hindeuten. Diese Formulierungen sind aber im gesamten Kontext der Argumentation der Antragsgegnerin zu sehen, die auch in den genannten Schriftsätzen ausdrücklich auf einen näher beschriebenen Abschreckungseffekt beim Antragsteller - und damit auf die in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Nds. SOG vorausgesetzte - vorbeugende Verhütung einer Gefahr - abhebt.

Hinzu kommt, dass das der Antragsgegnerin zustehende Ermessen vorliegend gebunden ist. Denn nach Teil A der Anlage 2 zum KURS-Erlass ist eine Vervollständigung bzw. Aktualisierung der erkennungsdienstlichen Unterlagen vorzunehmen, d. h. die zuständige Polizeibehörde hat hiernach bei rückfallgefährdeten Sexualstraftätern - wie dem Antragsteller - das ihr insoweit zustehende Ermessen immer in diesem Sinn zu betätigen. Diese Ermessensleitlinie ist nach der Rechtsprechung des Senats nicht zu beanstanden (vgl. hierzu Senatsbeschl. v. 1.6.2011 - 11 PA 156/11 -, a. a. O., juris, Rdnr. 9).

b) Die angeordnete erkennungsdienstliche Behandlung des Antragstellers ist insgesamt eine verhältnismäßige Maßnahme der Gefahrenabwehr und zwar auch insoweit, als die Antragsgegnerin die Abnahme von Handflächen-, Handkanten- und Fingerabdrücken sowie die Feststellung und Vermessung äußerer körperlicher Merkmale im Intimbereich des Körpers des Antragstellers angeordnet hat.

Diese erkennungsdienstlichen Maßnahmen sind geeignet. Im Rahmen der Geeignetheit ist erforderlich, dass die in Rede stehende Maßnahme zur Gefahrenabwehr objektiv zwecktauglich ist, wobei es hinreicht, dass der Zweck wenigstens gefördert wird. Die erkennungsdienstliche Behandlung des Antragstellers ist auch in dem streitgegenständlichen Umfang geeignet, dem Antragsteller als potentiellem Wiederholungstäter die Gefahr seiner Überführung eindringlich vor Augen zu führen und ihn dadurch von weiteren Straftaten abzuhalten. Gegenüber dem Antragsteller ist eine Sicherungsverwahrung nicht angeordnet worden, sodass davon ausgegangen werden kann, dass er von dem mit der streitgegenständlichen Anordnung beabsichtigten Warneffekt erreicht wird.

Die erkennungsdienstliche Behandlung des Antragstellers in dem aufgezeigten Umfang ist auch erforderlich zur Erreichung dieses Ziels. Eine Maßnahme ist erforderlich, wenn sie von mehreren möglichen und gleich geeigneten Maßnahmen dasjenige ist, das den Einzelnen und die Allgemeinheit am wenigstens beeinträchtigt. Der Antragsteller gilt als hochgradig rückfallgefährdet. Alternativen wären die Sicherungsverwahrung des Antragstellers oder seine totale Überwachung seitens der Polizei „rund um die Uhr“, die ihn gegenüber den hier in Rede stehenden Anordnungen der Antragsgegnerin wesentlich schwerer beeinträchtigen würden. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts entfällt die Erforderlichkeit der bezeichneten Abdrücke sowie der Feststellung und Vermessung äußerer Merkmale im Intimbereich des Körpers des Antragstellers nicht deshalb, weil dieser als Sexualstraftäter ohnehin der Führungsaufsicht nach dem Konzept „KURS Niedersachsen“ untersteht. Der Antragsteller unterliegt lediglich den sich aus den Beschlüssen der Strafvollstreckungskammer ergebenden Beschränkungen im Umgang mit Minderjährigen, ansonsten kann er sich ungehindert bewegen, wie insbesondere sein Umzug in den Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin zeigt. Auch die Konzeption „KURS Niedersachsen“ beinhaltet nicht eine Überwachung des Antragstellers „rund um die Uhr“. Sowohl die Abnahme der genannten Abdrücke als auch die Feststellung und Vermessung von äußeren körperlichen Merkmalen im Intimbereich des Antragstellers dienen dazu, ihm eindringlich vor Augen zu führen, dass er im Fall weiterer Sexualstraftaten auch anhand dieser Merkmale überführt werden kann. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Beschwerdeerwiderung zutreffend darauf hingewiesen, dass Sexualübergriffe mit Maskierungen oder Bildaufnahmen im Bereich der Kinderpornografie, bei denen nur der Intimbereich abgebildet wird, möglich sind. Deshalb kommt es nicht entscheidend darauf an, dass Aufnahmen und Vermessungen des Intimbereichs und die genannten Abdrücke zur Verhütung von Straftaten erfahrungsgemäß nicht in der Weise zum Einsatz kommen, dass die Antragsgegnerin diese Unterlagen präventiv dazu verwendet, andere Personen oder Institutionen vor dem Antragsteller zu warnen. Die begrenzte Verwendung dieser erkennungsdienstlichen Unterlagen führt entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht dazu, dass es sich insoweit nur oder zumindest hauptsächlich um bloße Strafverfolgungsvorsorge handelt.

Die genannte erkennungsdienstliche Behandlung des Antragstellers ist auch verhältnismäßig im engeren Sinn. Die Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg ersichtlich außer Verhältnis steht. Hierbei ist ein erkennbares Missverhältnis von einigem Gewicht erforderlich. Vorliegend ist die Verhältnismäßigkeit gewahrt. Dem Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die Menschenwürde des Antragstellers stehen die schutzwürdigen Interessen potentieller Opfer weiter Sexualstraftaten des Antragstellers gegenüber. Angesichts des erheblichen Gewichts der Verhütung von Sexualstraftaten müssen die Interessen des Antragstellers zurücktreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG.