Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 02.07.2010, Az.: 11 LA 170/10
Vergütungsanspruch der einer Schuldnerberatung mit eigener Rechtspersönlichkeit zugeordneten Einrichtung ohne eigene Rechtspersönlichkeit für eine Mitwirkung beim Versuch einer Schuldenbereinigung trotz fehlender Anerkennung als geeignete Stelle
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 02.07.2010
- Aktenzeichen
- 11 LA 170/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 23834
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2010:0702.11LA170.10.0A
Rechtsgrundlagen
- § 3 Nds. AG InsO
- § 5 Abs. 1 Nds. AG InsO
- § 5 Abs. 2 Nds. AG InsO
Redaktioneller Leitsatz
Die Förderung der Beratung und Unterstützung mittelloser bzw. nicht mehr leistungsfähiger Schuldner im Insolvenzverfahren durch Landesmittel kommt nur in Betracht, wenn der jeweilige Schuldnerberater dazu auch geeignet und insofern entsprechend anerkannt ist.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die bei wohlwollender Auslegung der Begründung des Zulassungsantrages vom Kläger offenbar geltend gemachten ernstlichen Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen nicht.
Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass dem Kläger der mit der Verpflichtungsklage geltend gemachte Anspruch auf eine Vergütung nach § 5 Abs. 1 Nds. AG InsO nicht zustehe. Wie sich aus dem Wortlaut sowie der Entstehungsgeschichte dieses landesrechtlichen Ausführungsgesetzes zur Insolvenzordnung ergebe, unterscheide das niedersächsische Landesrecht bewusst zwischen den sog. "Trägern" der (ergänzenden) Schuldnerberatung mit eigener Rechtspersönlichkeit und ihnen im gesetzlichen Rahmen zugeordneten Einrichtungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Die letztgenannten Einrichtungen benötigten - soweit im Zulassungsverfahren noch erheblich - nach § 3 Nds. AG InsO einer Anerkennung als "geeignete Stelle", um nach § 5 Abs. 1 Nds. AG InsO auf Antrag vom Beklagten "für ihre Mitwirkung beim Versuch einer Schuldenbereinigung" eine - hier dem Grunde nach streitige - Pauschalvergütung nach Maßgabe des § 5 Abs. 2 Nds. AG InsO zu erhalten. Der vom Kläger geltend gemachte Vergütungsanspruch für Leistungen, die in der Schuldnerberatungsstelle in B. im vierten Quartal 2006 erbracht worden seien, setze also eine vorhergehende Anerkennung gerade dieser Schuldnerberatungsstelle als "geeignete Stelle" voraus. Hieran mangele es, da sie erst im Juni 2008 (ohne Rückwirkung) anerkannt worden sei. Zwar sei schon zuvor im Februar 2006 eine Anerkennung erfolgt. Diese dem Wortlaut nach nicht eindeutige Anerkennung beziehe sich bei sachgerechter Auslegung aber auf die damals vom Kläger allein benannte Beratungsstelle in C. und nicht - wie vom Kläger nunmehr geltend gemacht wird - auf ihn bzw. alle ihm gegenwärtig oder zukünftig untergeordneten Beratungsstellen in Niedersachsen. Selbst wenn man jedoch annehme, der Anerkennungsbescheid aus dem Februar 2006 habe sich auf den Kläger als Träger bezogen, stehe dem Kläger der streitige Anspruch nicht zu. Denn nicht der Kläger, sondern der für die Schuldnerberatungsstelle handelnde Rechtsanwalt habe die nach § 5 Nds. AG InsO zu vergütende Tätigkeit erbracht; dessen Leistungen dürften dem Kläger insoweit auch nicht zugerechnet werden.
Mit dieser - hier zusammengefasst wiedergegebenen - sorgfältigen Gesetzesauslegung des Nds. AG InsO setzt sich der Kläger in seinem Zulassungsantrag schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise auseinander. Stattdessen beschränkt er sich auf allgemeine Ausführungen zum Sinn und Zweck des Ausführungsgesetzes und des zu Grunde liegenden Bundesgesetzes sowie die Darlegung der seiner Ansicht nach ungewollten Folgen des vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Gesetzesverständnisses. Damit legt er jedoch schon nicht hinreichend dar, warum die auf dem Wortlaut und der eindeutigen Entstehungsgeschichte des Nds. AG InsO aufbauende Interpretation falsch sei und die Normanwender berechtigt sein sollen, sich über den Willen des Gesetzgebers hinwegzusetzen, dass die hier maßgeblichen Einrichtungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit jeweils eigenständig als "geeignete Stelle" anerkannt werden müssen, bevor ihnen Vergütungsansprüche gegen das Land zustehen. Im Übrigen kann dem Kläger insoweit auch in der Sache nicht gefolgt werden. Denn das Land hat ein legitimes Interesse daran, dass die Beratung und Unterstützung in der Regel mittelloser bzw. nicht mehr leistungsfähiger Schuldner im Insolvenzverfahren durch Landesmittel nur gefördert wird, wenn der jeweilige Schuldnerberater dazu auch geeignet ist (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 9.7.2009 - 1 B 27/08 -, [...]). Das im Einzelfall personenbezogen und nicht lediglich pauschal für das gesamte Land hinsichtlich einer juristischen Person als Träger zu prüfen, ist aber Gegenstand des vom Kläger sinngemäß in Frage gestellten Anerkennungsverfahrens nach § 3 Nds. AG InsO. Einem solchen einmaligen, dem Umfang nach begrenzten Genehmigungsverfahren für eine nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Nds. AG InsO auf Dauer angelegte Beratungstätigkeit kommt auch nicht die vom Kläger befürchtete "abschreckende" Wirkung zu. Mangels (rechtzeitiger) Anerkennung der D. Schuldnerberatungsstelle als "geeignet" i.S.d. Nds. AG InsO scheidet somit ein auf dieses Gesetz gegründeter Vergütungsanspruch des Klägers (oder der Stelle) aus.
Die nach dem Nds. AG InsO notwendigen, hier aber fehlenden speziellen materiellen Voraussetzungen für einen solchen Vergütungsanspruch können schließlich nicht auch durch den vom Kläger für sachgerecht erachteten Rückgriff auf allgemeine aus dem Zivilrecht übernommene Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag oder gar eine Drittschadensliquidation ersetzt werden. Im Übrigen wäre der Beklagte auch gar nicht berechtigt, über solche Ansprüche - wie hier beantragt - verbindlich durch Verwaltungsakt zu entscheiden; ihm fehlte insoweit die notwendige Befugnis zum Erlass eines Verwaltungs-aktes (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 21.11.2006 - 8 PA 118/06 -, NdsVBl. 2007, 106 ff., m.w.N.).