Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 20.07.2010, Az.: 5 LA 42/09

Ersatz von Aufwendungen i.R.e. Umzugs nach Maßgabe der Auslandsumzugskostenverordnung (AUV)

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
20.07.2010
Aktenzeichen
5 LA 42/09
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 21190
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2010:0720.5LA42.09.0A

Fundstelle

  • ZBR 2011, 70

Gründe

1

Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers auf Verpflichtung der Beklagten, ihm die für die am 22. Oktober 2006 durchgeführte Reise von B. nach C. zur Vorbereitung seines Umzugs von C. nach B. entstandenen Auslagen nach Maßgabe der Auslandsumzugskostenverordnung zu erstatten und den Bescheid des Bundesamts für Wehrverwaltung vom 20. November 2006 in Gestalt des Beschwerdebescheides vom 1. März 2007 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen, abgewiesen.

2

Hiergegen richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung, mit dem er ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend macht.

3

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

4

1.

Ernstliche Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, DVBl. 2004, 838; Nds. OVG, Beschl. v. 30.4.2008 - 5 LA 200/07 -).

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Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

6

Das Verwaltungsgericht hat rechtsfehlerfrei einen Anspruch des Klägers auf Erstattung der Aufwendungen seiner Reise am 22. Oktober 2006 von B. nach C. zur Vorbereitung seines Umzuges auf der Grundlage von § 4 Abs. 4 Satz 1 AUV in der hier maßgebenden Fassung des Art. 14 des Gesetzes zur Reform des Reisekostenrechts vom 26. Mai 2005 (BGBl. I, S. 1418) abgelehnt. Der Umstand, dass der Kläger am neuen Dienstort in B. seine bereits früher bestehende Wohnung beibehalten hat und seine Familie während seiner Auslandsverwendung dort geblieben ist, hat für die Auslegung der streitgegenständlichen Vorschrift keine Bedeutung. Entscheidend ist, dass der Kläger bis zum 31. Oktober 2006 seinen Dienstort in C. und erst am 1. November 2006 seinen Dienst in B. anzutreten hatte. Eine erweiternde Auslegung des § 4 Abs. 4 Satz 1 AUV dahingehend, dass Aufwendungen einer Umzugsvorbereitungsreise zur "bisherigen Wohnung" unabhängig von dem Zeitpunkt des Dienstantritts zu erstatten sein sollen, sind mit der Gesetzessystematik und dem Sinn und Zweck dieser Erstattungsvorschriften des Umzugskostensrechts nicht vereinbar, nämlich nur diejenigen Aufwendungen erstattet zu bekommen, die ihren Grund in der dienstlichen Maßnahme haben, deretwegen der Umzug durchgeführt wird. Insoweit ist es nicht zu beanstanden, den jeweiligen Dienstort des Beamten bzw. Soldaten in den Blick zu nehmen, der sich durch die dienstliche Maßnahme ändert. Als erstattungsfähige Reise hat der Gesetz- und Verordnungsgeber dementsprechend zum einen die Aufwendungen für die sog. Umzugsreise als solche nach § 7 Abs. 1 BUKG - bei Auslandsumzügen i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 2 BUKG - als erstattungsfähig anerkannt, bei der der Beamte bzw. Soldat an seinem bisherigen Dienstort Dienst leistet, dann umzieht und seinen Dienst am neuen Dienstort antritt, ohne dass er weitere umzugsbedingte Reisen unternehmen muss. Zum anderen handelt es sich um die Reise in den Fällen nach einem sog. Vorwegumzug, bei dem der Beamte bzw. Soldat schon vor Dienstantritt vom bisherigen an seinen neuen Dienstort umgezogen ist, er aber an seinen bisherigen Dienstort bzw. in seine bisherige Wohnung zurück muss, um seinen Dienst am bisherigen Dienstort ableisten zu können. Während die Reisekosten beim Vorwegumzug nach § 7 Abs. 1 BUKG erstattet werden, ist Rechtsgrundlage für die Erstattung der Rückreisekosten an den bisherigen Dienstort bzw. in die bisherige Wohnung zur weiteren Dienstleistung § 7 Abs. 3 Satz 3 BUKG, der nach § 14 Abs. 1 Satz 2 BUKG auch für Auslandsumzüge gilt; die spätere Reise aus Anlass des Dienstantritts am neuen Dienstort kann dann eine Dienstreise gemäß § 11 Abs. 1 BRKG - sog. Dienstantrittsreise - sein (vgl. dazu Meyer/Fricke, Umzugskosten im öffentlichen Dienst, Ordner I, Stand: Mai 2010, § 7 BUKG, Rn. 136). Schließlich ist eine erstattungsfähige Reise aus Anlass einer dienstlichen Maßnahme im Sinne des Umzugskostenrechts gegeben, wenn der Beamte bzw. Soldat erst nach seinem Dienstantritt am neuen Dienstort umziehen kann und aufgrund dessen zu seiner "bisherigen Wohnung" bzw. an seinen alten Dienstort zurückkehren muss, um den Umzug vorzubereiten. Auch in diesem Fall hat der Gesetz- und Verordnungsgeber es für erforderlich gehalten, die Aufwendungen für die Reise zur Vorbereitung des Umzuges zu erstatten (vgl. § 7 Abs. 2 BUKG bzw. § 4 Abs. 4 Satz 1 AUV), weil sich der Beamte bzw. Soldat schon wegen des zeitlich vorgelagerten Dienstantritts am neuen Dienstort befindet.

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Diese Fallgruppen sind hier nicht erfüllt. Eine erweiternde Auslegung des § 4 Abs. 4 Satz 1 AUV unabhängig vom Dienstantritt auf den Fall des Klägers scheidet nach dem gesetzgeberischen Willen aus. Denn die Reise des Klägers von B. nach C. war nicht durch seine Versetzung dienstlich veranlasst. Zum Zeitpunkt seiner Rückreise von B. nach C. zur Vorbereitung seines Umzugs hat sich der Kläger nicht dienstlich veranlasst in B. aufgehalten. Die "Rückreise" des Klägers von B. beruhte allein auf privaten Gründen, dort seine Familie zu besuchen und seinen Resturlaub zu verbringen. Hierbei handelt es sich nicht um einen die Rückreisekostenerstattung auslösenden Umstand. Gleiches gilt für die von dem Kläger geltend gemachte Vermeidung von Doppelmiete, für die der Beamte bzw. Soldat nach Maßgabe von § 8 BUKG bzw. § 5 AUV entschädigt werden kann. Eine unzulässige Schlechterstellung des Klägers im Vergleich zu den gesetzlich geregelten Erstattungsfällen erkennt der Senat darin nicht.

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2.

Da ernstliche Richtigkeitszweifel an dem angefochtenen Urteil nicht gegeben sind, scheidet auch die Zulassung der Berufung wegen der geltend gemachten tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aus, zu deren Begründung der Kläger lediglich pauschal und insoweit auch nicht den Darlegungsanforderungen genügend auf sein Zulassungsvorbringen zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verwiesen hat.

9

3.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat eine Rechtssache, wenn sie eine konkrete (Happ, in Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 124a Rn. 72; Seibert, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 2. Aufl. 2006, § 124a VwGO Rn. 211), grundsätzliche und fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, die im allgemeinen Interesse der Klärung bedarf. Das ist nur dann zu bejahen, wenn die Klärung der Frage durch die im erstrebten Berufungsverfahren zu erwartende Entscheidung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Fortentwicklung des Rechts geboten erscheint (Nds. OVG, Beschl. v. 29. 2. 2008 - 5 LA 167/04 -, veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit und in [...]). Daher ist die grundsätzliche Bedeutung einer zu ausgelaufenem Recht aufgeworfenen Rechtsfrage in der Regel zu verneinen; anderes gilt nur, wenn die Beantwortung der Frage für einen nicht überschaubaren Personenkreis auf nicht absehbare Zeit auch künftig noch Bedeutung hat (Bader, in: Bader u.a., VwGO, 4. Aufl. 2007, § 124 Rn. 44, m.w.N.). An der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage fehlt es, wenn sie sich unschwer aus dem Gesetz oder auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung beantworten lässt (Hess. VGH, Beschl. v. 22. 10. 2002 - 8 UZ 179/01 -, NVwZ 2003, 1525 [1526], m.w.N.).

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Gemessen hieran kommt die Zulassung der Berufung ebenfalls nicht in Betracht.

11

Der Kläger erachtet folgende Frage für klärungsbedürftig:

"Ist die von einem aus der Auslandsverwendung in das Inland zurückversetzten Soldaten zuvor am ausländischen Dienstort bewohnte Wohnung - bei Verbleib der Familie in der Wohnung des letzten inländischen Dienstortes - auch dann als "bisherige Wohnung" i.S.d. § 4 Abs. 4 Satz 1 AUV anzusehen, wenn der Umziehende den Rückumzug in das Inland bereits zu einem Zeitpunkt durchführt, zu dem er seinen Dienst am neuen inländischen Dienstort noch nicht angetreten, am bisherigen ausländischen Dienstort jedoch infolge der Abgeltung von Urlaubsansprüchen keine Dienstleistungspflicht mehr hat?"

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Diese Frage lässt sich nach den zum Zulassungsgrund der ernstlichen Richtigkeitszweifel gemachten Ausführungen unschwer aus dem Gesetz beantworten und verneinen. Denn der Gesetz- und Verordnungsgeber hat bei der Erstattung von Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem dienstlich veranlassten Umzug stehen, nur die Fälle des Vorwegumzugs mit dem Erfordernis der Rückreise zum alten Dienstort zur weiteren Dienstleistung, die Umzugsreise als solche sowie die Vorbereitungsreise bei Umzügen nach Antritt des Dienstes am neuen Dienstort als erstattungsfähig anerkannt, während er Aufwendungen für Reisen des Beamten bzw. Soldaten, die nicht durch die dienstliche Maßnahme veranlasst sind, von der Erstattungsfähigkeit ausgenommen hat. Auch wenn der Kläger am bisherigen Dienstort wegen Urlaubs zum Zeitpunkt seiner Reise und seines Umzugs keine konkrete Dienstleistungspflicht hatte, hat es sich jedenfalls bei dem Ort C. um seinen Dienstort gehandelt und beruhte die streitgegenständliche Reise von B. nach C. allein auf dem privaten, reisekostenrechtlich unbeachtlichen Umstand, dass er seinen Resturlaub nicht in C., sondern in B. verbracht hat.

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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).