Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 26.07.2010, Az.: 5 LA 435/08

Bewilligung von Altersteilzeit im Blockmodell

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
26.07.2010
Aktenzeichen
5 LA 435/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 21195
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2010:0726.5LA435.08.0A

Gründe

1

Der auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

2

Es bestehen unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, mit dem das Verwaltungsgericht einen Anspruch des Klägers auf die Bewilligung von Altersteilzeit im Blockmodell verneint hat.

3

Für die Prüfung der Frage, ob dem Kläger der geltend gemachte Anspruch zusteht, ist auf die (Sach- und) Rechtslage abzustellen, die zum Zeitpunkt des Beginns der begehrten Altersteilzeit bestanden hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.04.2004 - 2 C 21.03 -, BVerwGE 120, 382; Nds. OVG, Beschlüsse v. 28.07.2009 - 5 LA 232/07 und 5 LA 233/07 - sowie v. 20.09.2006 - 5 LA 62/05 -). Da der Kläger die Bewilligung von Altersteilzeit im Blockmodell ab dem 1. April 2007 (bis zum 31. März 2017) beantragt hat, ist hier § 72b BBG in der bis zum 11. Februar 2009 geltenden Fassung (BBG a.F.) einschlägig.

4

Der vorliegende Rechtsstreit hat sich nicht durch Zeitablauf erledigt. Zwar muss nach § 72b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBG a.F. die Altersteilzeit vor dem 1. Januar 2010 begonnen worden sein und dieser Zeitpunkt ist verstrichen. Hier würde jedoch für den Fall, dass die übrigen Voraussetzungen des § 72b Abs. 1 BBG a.F. vorliegen, eine Bewilligung der Gewährung von Altersteilzeit zurückwirken. Da die Altersteilzeit mit der Arbeitsphase beginnt und der Kläger in Vollzeit beschäftigt ist, würde sich der Beginn der Altersteilzeit lediglich besoldungsmäßig auswirken.

5

Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass dem Anspruch des Klägers ein dringender dienstlicher Belang i.S.d. § 72b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BBG a.F. entgegensteht, ist unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens des Klägers nicht zu beanstanden.

6

Der Kläger trägt vor, das Verwaltungsgericht habe im Rahmen der Prüfung eines dringenden dienstlichen Belanges im Sinne des§ 72b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BBG a.F. zu Unrecht als Bezugspunkt des fiskalischen Interesses den Bundeshaushalt zugrunde gelegt. Die Bundesagentur für Arbeit verfüge über einen eigenen autonomen Haushalt. Spätestens seit dem Entfallen der Bezuschussungspflicht nach§ 365 SGB III mit dem 1. Januar 2007 sei die enge Verflechtung der Haushaltslage des Bundes und der finanziellen Situation der Bundesagentur für Arbeit nicht mehr existent. Die Haushaltslage der Bundesagentur für Arbeit habe sich seit dem Jahr 2006 derart positiv entwickelt, dass für das Jahr 2007 von einem Haushaltsüberschuss von 2,5 bis 3 Milliarden EUR auszugehen sei. Auch heute erwirtschafte der Haushalt der Bundesagentur für Arbeit Rücklagen von mehreren Milliarden Euro, die sich nach der letzten Hochrechnung der Bundesagentur vom Juni 2008 bis zum Jahr 2012 auf einen Betrag von 24 Milliarden Euro belaufen könnten. Auch wenn die Bundesagentur für Arbeit gemäß § 366 SGB III gehalten sei, Rücklagen zu bilden, könne die im Zeitpunkt der Antragstellung und auch heute noch bestehende Haushaltslage der Bundesagentur für Arbeit nur als äußerst erfreulich bezeichnet werden.

7

Dieses Vorbringen bleibt erfolglos. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass das kumulierte fiskalische Interesse daran, die Kosten für das im öffentlichen Dienst beschäftigte Personal niedrig zu halten, einen dringenden dienstlichen Belang darstellen kann, der die Möglichkeiten der Gewährung der Altersteilzeit einschränkt. Insbesondere ist es möglich, dass die allgemeine Haushaltslage des Landes oder des Bundes auf die sachgemäße und reibungslose Erfüllung der der Verwaltung übertragenen Aufgaben zurückwirkt, etwa weil der ausscheidende Beamte aus Mangel an Haushaltsmitteln nicht ersetzt werden kann, seine Stelle aber zur Erfüllung der vorgegebenen Aufgaben besetzt bleiben muss (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 29.04.2004 - BVerwG 2 C 21.03 -, [...]; vgl. auch Bay. VGH, Beschl. v. 11.03.2008 - 15 ZB 07.2373 -, [...]; Bay. VGH, Urt. v. 05.11.2007 - 15 B 06.2141 -, [...]; OVG Saarland, Beschl. v. 15.03.2007 - 1 Q 39/06 -, [...]; Hess. VGH, Beschl. v. 06.06.2006 - 1 UE 1873/05 -, [...]). In Anwendung dieser Grundsätze ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall als Bezugspunkt dieses fiskalischen Interesses den Bundeshaushalt zugrunde gelegt hat. Zwar verfügt die Bundesagentur für Arbeit über einen eigenen Haushalt. Der Haushalt der Bundesagentur für Arbeit ist aber mit dem Haushalt des Bundes eng verflochten. Dies hat das Verwaltungsgericht im Einzelnen auf Seite 7 des Urteilsausdrucks begründet. Diesen Ausführungen ist der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen nicht mit Erfolg entgegen getreten. Zwar ist durch das Haushaltsbegleitgesetz 2006 vom 29. Juni 2006 (BGBl. I S. 1402) mit Wirkung vom 1. Januar 2007 die bis zu diesem Zeitpunkt in § 365 SGB III geregelte Zuschusspflicht weggefallen. Der Bund beteiligt sich aber gemäߧ 363 Abs. 1 SGB III in erheblichem Umfang an den Kosten der Arbeitsförderung. Dass sich die Haushaltslage der Bundesagentur für Arbeit seit dem Jahr 2006 positiv entwickelt und hohe Überschüsse erzielt hat, hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil bereits gewürdigt. Der Begründung des Verwaltungsgerichts, nach § 368 Abs. 1 Satz 2 SGB III dürfe die Bundesagentur für Arbeit ihre Mittel nur für die gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Zwecke verwenden und könne deshalb nicht nach Belieben über Einnahmen und Überschüsse entscheiden und diese für Zwecke des Personalhaushalts verwenden, ist der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen ebenso wenig entgegen getreten wie dem Hinweis des Verwaltungsgerichts, der Bund habe die gute finanzielle Entwicklung schließlich auch im Jahr 2008 dazu genutzt, um die Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu senken.

8

Der Vortrag des Klägers, das Verwaltungsgericht habe die pauschalen und formelhaften Behauptungen der Beklagten ohne jegliche weitere Prüfung zugrunde gelegt, obgleich er, der Kläger, diese Behauptungen bestritten habe, ist seinerseits unsubstantiiert. Dies gilt auch für seinen Einwand, bei der Bundesagentur für Arbeit bestehe faktisch ein Personalüberhang, der sich voraussichtlich in den nächsten Jahren noch erhöhen werde. Soweit der Kläger pauschal auf sein erstinstanzliches Vorbringen verweist, genügt dies dem Erfordernis der Darlegung eines Zulassungsgrundes nicht (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 25.04.2008 - 5 LA 154/07 -). Er trägt im Übrigen ohne Erfolg vor, die Beklagte habe nicht hinreichend dargelegt, dass die allgemeine Haushaltslage des Landes oder Bundes auf die sachgemäße und reibungslose Erfüllung der der Verwaltung übertragenen Aufgaben zurückwirke. In der Bundesagentur für Arbeit würden solche personalwirtschaftlichen Probleme nicht existieren, da in ausreichender Anzahl Ersatzplanstellen zur Verfügung stünden. Es sei den Feststellungen des Verwaltungsgerichts Aachen in seinem Urteil vom 10. Januar 2008 (- 1 K 117/07 -) zu folgen, das in dem von ihm zu entscheidenden Fall ausgeführt hat, es sei erheblich mehr erforderlich, als sich auf das Aufzeigen der regelmäßigen Folgen der Bewilligung von Altersteilzeit zu beschränken.

9

Die Bundesagentur für Arbeit hat in dem angefochtenen Bescheid vom 8. März 2007 ausgeführt, in den vergangenen Jahren habe die Zahl der Anträge und Bewilligungen von Altersteilzeit im Bereich der Bundesagentur für Arbeit stark zugenommen. Es sei daher von einer zunehmenden finanziellen Belastung des Haushalts der Bundesagentur für Arbeit in den kommenden Jahren auszugehen. Eine Reduzierung der auszubringenden Ersatzplanstellen, mit der die finanzielle Belastung gesenkt werden könnte, sei nicht möglich, da dies in der Folge zu einer Einschränkung der Wiederbesetzungsmöglichkeiten und damit zu einer nicht hinnehmbaren Einschränkung des Dienstbetriebes führen würde. Insbesondere bei Altersteilzeit im Blockmodell wäre eine Wiederbesetzung der durch Altersteilzeit freiwerdenden Stelle u.U. erst nach mehreren Jahren möglich. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung der Bundesagentur für Arbeit, Beamten, die das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ab dem 1. Juli 2005 Altersteilzeit zumindest im Blockmodell nur noch im Fall einer Behinderung zu ermöglichen, als strukturelle Sparmaßnahme durch dringende dienstliche Belange gerechtfertigt gewesen. Auf diese Weise konnte die Bundesagentur für Arbeit eine Lage vermeiden, in der das für die Aufgabenerfüllung erforderliche Personal in Ermangelung ausreichender Ersatzplanstellen nicht mehr zur Verfügung steht (so auch Bay. VGH, Beschl. v. 11.03.2008 - 15 ZB 07.2373 -, [...]). Auf den Vortrag des Klägers, die Bundesagentur für Arbeit sei nicht verpflichtet gewesen, den "Weisungen" des Bundesinnenministeriums aus den Rundschreiben vom 30. März 2005 bzw. vom 28. Februar 2006 nachzukommen, weil sie nicht zu den obersten Bundesbehörden gehöre, an die diese Rundschreiben adressiert gewesen seien, kommt es deshalb nicht an (vgl. auch Bay. VGH, Beschl. v. 11.03.2008 - 15 ZB 07.2373 -, [...]). Das weitere Vorbringen des Klägers, dass, selbst wenn man diese "Weisungen" als "allgemeine Verwaltungsvorschriften " i.S.v. Art. 86 GG werten würde, die Bundesagentur für Arbeit keiner staatlichen Fach- und Zweckmäßigkeitskontrolle unterliege, sondern gemäß § 29 SGB IV eigenverantwortlich handele, ist daher ebenfalls unbeachtlich.

10

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).