Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 15.12.2020, Az.: 2 LA 7/20

Ablauf; Amtsperiode; Bedeutung, grundsätzliche; besondere Schwierigkeiten; Dekan; ernstliche Zweifel; Fakultätsrat; Fortsetzungsfeststellungsinteresse; Grundsatzrüge; Hauptsacheerledigung; Hochschule; Hochschulwahlen; Namensidentität; Neutralitätsgebot; Personenidentität; Senat; Unterschrift, eigenhändige; Vorgesetzteneigenschaft; Vorgesetzter; Wahlanfechtung; Wahlausschuss; Wahlbeeinflussung; Wahlberechtigung; Wählerverzeichnis; Wahlleitung; Wahlvorschlag

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
15.12.2020
Aktenzeichen
2 LA 7/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 71959
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 28.11.2019 - AZ: 6 A 84/18

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Für die nach der Wahlordnung einer Hochschule erforderliche Übereinstimmung des Wahlberechtigtenverzeichnisses mit einem eingereichten Wahlvorschlag und die Unterschriftsleistung der Kandidierenden reicht es aus, dass die Kandidierenden im Wahlberechtigtenverzeichnis eindeutig identifizierbar sind. Eine vollständige Namensidentität einschließlich identischer Schreibweisen zwischen eingereichtem Wahlvorschlag und Wahlberechtigtenverzeichnis ist mithin nicht erforderlich, wenn eine Verwechselung mit weiteren Personen ausgeschlossen ist.

2. Praktische Schwierigkeiten suspendieren nicht von der in der Wahlordnung einer Hochschule normativ festgesetzten Prüfungs- und Hinweispflicht der Wahlleitung auf die Ordnungsgemäßheit der eingereichten Wahlvorschläge.

3. Organe einer Hochschule dürfen bei Hochschulwahlen nicht durch offene oder verdeckte Einflussnahme in amtlicher Funktion zugunsten oder zulasten einer Wählergruppe oder einzelner Bewerber tätig werden.

Tenor:

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg – 6. Kammer – vom 28. November 2019 wird abgelehnt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Rechtstreit betrifft die Frage, ob die im November 2017 erfolgten Wahlen für den Senat und den Fakultätsrat Bildung der beklagten Universität hinsichtlich der Gruppe der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rechtsgültig waren.

Die Klägerin ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Fakultät Bildung der Beklagten tätig. Die auf die Gruppe der wissenschaftlichen Mitarbeiter bezogenen Listenwahlvorschläge der Klägerin vom November 2017 für die Wahl zum Senat und zum Fakultätsrat Bildung für die zweijährige Wahlperiode 1. April 2018 bis 31. März 2020 lehnte der Wahlausschuss wegen aus seiner Sicht bestehender formeller Mängel hinsichtlich von zwei der dort aufgelisteten Kandidaten ab. Die Einsprüche der Klägerin hiergegen blieben erfolglos. Auf die Klage der Klägerin verpflichtete das Verwaltungsgericht Lüneburg die Beklagte mit Urteil vom 28. November 2019, die Wahlen für den Senat und den Fakultätsrat Bildung vom November 2017 hinsichtlich der Gruppe der wissenschaftlichen Mitarbeiter für ungültig zu erklären.

Hiergegen richtet sich der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung. Im Laufe des zweitinstanzlichen Verfahrens ist am 31. März 2020 die zweijährige Amtszeit des Senats und des Fakultätsrats Bildung der Beklagten abgelaufen und seit dem 1. April 2020 sind sowohl ein neu gewählter Senat als auch ein neu gewählter Fakultätsrat im Amt.

II.

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Der Senat lässt dahinstehen, welche Folgerungen für das Verfahren auf Zulassung der Berufung aus dem Umstand zu ziehen sind, dass im Laufe des zweitinstanzlichen Verfahrens am 31. März 2020 die zweijährige Amtszeit des Senats und des Fakultätsrats Bildung der Beklagten abgelaufen und seit dem 1. April 2020 sowohl ein neu gewählter Senat als auch ein neu gewählter Fakultätsrat im Amt sind, sodass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat (dazu 1.). Denn jedenfalls hat der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung auch ungeachtet dieses Umstandes keinen Erfolg (dazu 2.).

1. Der Rechtsstreit hat sich in der Hauptsache erledigt. Eine gestaltende Entscheidung, wie sie die Ungültigkeitserklärung der Wahl darstellt, kann nicht mehr ergehen, wenn - wie hier - während eines Wahlanfechtungsverfahrens die Amtszeit eines Gremiums abläuft (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 1.4.1998 - 17 L 3273/96 -, Nds. RPfl. 1998, 303, juris Rn. 29 ff. zu der Amtszeit eines Personalrats; OLG Köln, Beschl. v. 13.5.2004 - 16 Wx 64/04 -, juris zu einem Verwalter; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 29.5.2018 - 5 P 6.16 -, NVwZ-RR 2018, 975, juris Rn. 10). Eine rückwirkende (Un-)Gültigerklärung der Wahlen hätte aufgrund der Neuwahlen der Hochschulgremien keine rechtlichen Auswirkungen mehr.

Erledigt sich zeitlich nach Ergehen eines Urteils des Verwaltungsgerichts die Hauptsache, kann die Zulassung der Berufung zu dem Zweck beantragt werden, im Berufungsverfahren feststellen zu lassen, dass das Rechtsverhältnis, über das in der angefochtenen Entscheidung gestritten wird, zeitlich vor der Erledigung bestand oder nicht bestand. Diese prozessuale Möglichkeit steht in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO im Fall der hier vorliegenden Verpflichtungsklage nicht nur der Klägerseite, sondern auch der in erster Instanz unterlegenen Beklagtenseite zu. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann der Beklagte als Rechtsmittelführer trotz Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache an seinem Klagabweisungsantrag festhalten, wenn ihm insoweit ein berechtigtes Interesse zur Seite steht (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 19.12.2013 - 8 B 8.13 -, juris Rn. 6 und Urt. v. 14.1.1965 - I C 68.61 -, NJW 1965, 1035, juris Rn. 52; VGH BW, Beschl. v. 7.1.1998 - 7 S 3117/97 -, NVwZ-RR 1998, 371 [VG Freiburg 17.09.1997 - 2 K 1085/96], juris Rn. 6).

In der Rechtsprechung wird in dieser prozessualen Konstellation zum Teil gefordert, dass die Umstände, aus denen sich ein solches Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt, mit der Begründung des Zulassungsantrages innerhalb der maßgeblichen zweimonatigen Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen sind, wenn der Eintritt der Erledigung entweder vor Ablauf der Begründungsfrist eingetreten ist oder die Erledigung - wie hier - zwar erst nach Ablauf dieser Frist eintritt, aber in tatsächlicher Hinsicht von vornherein offenkundig und rechtlich nicht zweifelhaft ist. Zur Begründung wird angeführt, dass sich bei einer derartigen Sach- und Rechtslage einem anwaltlich vertretenen Rechtsmittelführer die Notwendigkeit einer Prüfung und Darlegung der Entscheidungserheblichkeit aufdrängen muss (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 21.8.1995 - 8 B 43.95 -, NVwZ-RR 1996, 122, juris Rn. 1; NdsOVG, Beschl. v. 30.7.2020 - 5 LA 84/19 -, Beschl. v. 8.7.2004 - 2 LA 53/03 -, NVwZ-RR 2004, 912 [VGH Bayern 20.01.2004 - 8 C 03.3048], juris Rn. 4; BayVGH, Beschl. v. 1.8.2011 - 8 ZB 11.345 -, BayVBl. 2012, 287, juris Rn. 6). Diese Frage sowie die sich daran anschließende - zwischen den Beteiligten streitige - Frage, ob die Beklagte diesen Erfordernissen Genüge getan hat, kann indes dahinstehen. Denn der Zulassungsantrag der Beklagten hat auch ungeachtet dessen keinen Erfolg (dazu sogleich unter 2.).

2. Die von der Beklagten in der Begründung ihres Zulassungsantrages vorgetragenen Gründe des Vorliegens ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (dazu a) und der besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (dazu b) sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (dazu c), die den Prüfungsumfang des Senats bestimmen, greifen nicht durch.

a) Das Urteil des Verwaltungsgerichts unterliegt nicht ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen dann vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschl. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 -, NVwZ 2010, 634; Senatsbeschl. v. 3.1.2020 - 2 LA 603/19 -, juris Rn. 6 m.w.N.). Das ist nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung - neben einem obiter dictum - auf zwei selbständig tragende Erwägungen gestützt. Zum einen hat es ausgeführt, die Entscheidung des Wahlausschusses, unter Hinweis auf § 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 der Wahlordnung der Beklagten vom 19. Juli 2013 (Leuphana Gazette Nr. 22/13) - im Folgenden: WahlO - Dr. D. nicht als Kandidaten für beide Organe und Dr. E., geb. F., nicht als Kandidatin für den Senat zuzulassen, sei rechtsfehlerhaft mit der Folge einer Verletzung von Wahlrechtsbestimmungen (dazu aa). Zum anderen hat es in der E-Mail des Dekans des Fachbereichs Bildung, Prof. Dr. G., vom 16. November 2017 an alle wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seiner Fakultät eine unzulässige Wahlbeeinflussung gesehen, deren Ursächlichkeit für das Wahlergebnis nicht ausgeschlossen werden könne. Die Einwände der Beklagten zu beiden die Entscheidung tragenden Begründungssträngen des Verwaltungsgerichts begründen keine ernstlichen Zweifel an deren Richtigkeit.

aa) Die Beklagte greift ohne Erfolg die Annahme des Verwaltungsgerichts an, dass die in den Wahlvorschlägen der Klägerin aufgeführten Kandidaten Dr. D. und Dr. E. zu den genannten Gremien entgegen der Annahme des Wahlausschusses aktiv und passiv wahlberechtigt gewesen seien. Dies betrifft erstens die Frage gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 WahlO, ob die Kandidierenden in dem festgestellten Wahlberechtigtenverzeichnis aufgeführt sind, zweitens die Frage im Sinne der Nr. 3 dieser Vorschrift, ob die Kandidierenden in den Wahlvorschlägen eindeutig bezeichnet sind, und schließlich drittens die Frage nach der gemäß § 8 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. § 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 WahlO erforderlichen eigenhändigen Unterschrift in den Einverständniserklärungen der Kandidierenden.

Die erste Frage hat das Verwaltungsgericht auch aus Sicht des Senats zutreffend dahingehend beantwortet, dass die Regelung des § 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 WahlO lediglich dazu dient, diejenigen Kandidierenden auszuscheiden, denen ein Wahlrecht gänzlich fehlt. Die Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, dass dies sowohl bei Dr. D. als auch bei Dr. E. nicht der Fall ist, weil beide in den festgestellten Wählerverzeichnissen identifizierbar aufgeführt sind, teilt der Senat. Es trifft zwar zu, dass nach § 8 Abs. 4 Satz 1 WahlO die Wählbarkeit von der Wahlberechtigung abhängt und mithin für den Nachweis der Wählbarkeit gemäß § 5 Abs. 6 Satz 2 WahlO allein auf das festgestellte Wahlberechtigtenverzeichnis abzustellen ist. Unerheblich ist entgegen der Ansicht der Beklagten in diesem Zusammenhang, dass ein Einspruch gegen das vom Wahlausschuss festgestellte Wahlberechtigtenverzeichnis nicht erhoben worden ist. Denn für die Übereinstimmung des Wahlberechtigtenverzeichnisses mit dem Wahlvorschlag reicht es aus, dass die Kandidierenden im Wahlberechtigtenverzeichnis eindeutig identifizierbar sind. Auf eine vollständige Namensidentität einschließlich identischer Schreibweisen zwischen eingereichtem Wahlvorschlag (hier: „Dr. H.“ und „Dr. F. (E.), I.“) und Wahlberechtigtenverzeichnis (hier: „Dr. J.“ und „Dr. E., I. K.“) kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten mithin nicht entscheidend an. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - eine Verwechslung mit weiteren Personen ausgeschlossen ist.

Hinzu kommt selbstständig tragend, dass die Wahlleitung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 WahlO verpflichtet war, die von der Klägerin rechtzeitig, nämlich am Tag des Fristablaufs (2.11.2017) eingereichten Wahlvorschläge auf ihre Ordnungsgemäßheit zu prüfen und auf etwaige Mängel hinzuweisen. Diese Prüfung soll ersichtlich gewährleisten, dass bestehende Mängel rechtzeitig vor der Wahl - die hier im Zeitraum vom 27. bis 29. November 2017 stattfand - beseitigt werden können. Dass die Wahlleitung diesen Weg nicht beschritten, sondern unter dem 8. November 2011 entschieden und die genannten Kandidierenden in den Listenwahlvorschlägen der Klägerin ohne vorherigen Klärungsversuch nicht zugelassen hat, begründet unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten seinerseits einen schwerwiegenden Verfahrensverstoß seitens der Wahlleitung. Daher trifft der Einwand der Beklagten, Fehler bei der Bezeichnung der Kandidierenden seien allein der Risikosphäre des Vorschlagenden bzw. des Kandidierenden zuzuordnen, in dieser Allgemeinheit nicht zu. Der Senat verkennt nicht, dass - wie die Beklagte in ihrer Antragsbegründung hervorhebt - die Prüfung der Wahlvorschläge auf ihre Richtigkeit auch und gerade in personeller Hinsicht einen nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand hervorrufen kann. Derartige praktische Schwierigkeiten suspendieren aber nicht von - wie hier in der Wahlordnung der Beklagten - normativ festgesetzten Prüfungspflichten.

Auch die Frage nach der eindeutigen Bezeichnung der Kandidierenden in dem Wahlvorschlag gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 WahlO hat das Verwaltungsgericht auch unter Berücksichtigung der Einwände der Beklagten zutreffend dahingehend beantwortet, dass es insoweit ebenfalls um die eindeutige Identifizierbarkeit der Bewerberinnen und Bewerber geht. Gleiches gilt für die Subsumtion dieser Voraussetzung durch das Verwaltungsgericht unter den vorliegenden Fall.

Und schließlich hat das Verwaltungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen, dass die nach § 8 Abs. 5 Satz 4 WahlO erforderliche eigenhändige Unterschrift der Kandidatin Dr. E. auf den Wahlvorschlägen gegeben ist, sodass der Fall des § 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 WahlO nicht vorliegt. Dass diese Kandidatin nicht mit ihrem Ehenamen, sondern mit ihrem Geburtsnamen „F.“ unterzeichnet hat, ist in Fortführung der obigen Ausführungen unschädlich. Entscheidend ist auch in diesem Zusammenhang die durch die Unterschriftsleistung dokumentierte hinreichende Kennzeichnung für den Kreis der Unterschriftsadressaten. Dass diese Kennzeichnung hier in ausreichendem Umfang gegeben war, hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt und ergänzend darauf hingewiesen, dass selbst die Beklagte im dienstlichen E-Mail-Verkehr als E-Mail-Adresse den Geburtsnamen der Kandidatin verwendet. Die Beklagte weist zudem selbst darauf hin, dass in § 8 Abs. 5 Satz 4 WahlO nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist, welche Namensbestandteile die Unterschrift enthalten muss. Der Hinweis der Beklagten auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und Literaturstimmen im zivilrechtlichen Bereich führt zu keinem anderen Ergebnis.

bb) Die Einwände der Beklagten gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, durch die E-Mail des Dekans des Fachbereichs Bildung vom 16. November 2017 an alle wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seines Fachbereichs habe eine unzulässige Beeinflussung der Wahl vorgelegen, die auf das Wahlergebnis durchgreife, bleiben ebenfalls erfolglos.

Das Verwaltungsgericht hat in einem ersten Schritt zutreffend die abstrakten Kriterien für die Voraussetzungen von freien und fairen Wahlen herausgearbeitet und insbesondere zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, wenn Organe eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers durch offene oder verdeckte Einflussnahme in amtlicher Funktion zugunsten oder zulasten einer Wählergruppe oder einzelner Bewerber tätig werden. Die Ausführungen der Beklagten in der Begründung ihres Zulassungsantrags zu den allgemeinen Maßstäben stehen dazu nicht in Widerspruch, sondern bestätigen aus Sicht des Senats die Erwägungen des Verwaltungsgerichts; etwas anderes behauptet auch die Beklagte nicht.

In einem zweiten Schritt ist das Verwaltungsgericht entgegen der Ansicht der Beklagten ebenfalls ohne Rechtsfehler in seiner Subsumtion der Umstände des vorliegenden Einzelfalls unter diese abstrakten Kriterien zu dem Ergebnis gelangt, dass eine unzulässige Wahlbeeinflussung vorgelegen hat. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die unter der dienstlichen Mailadresse versandte E-Mail des Dekans als amtliche Äußerung und diese als unzulässige Wahlbeeinflussung eingestuft, weil dieser für den Adressatenkreis erkennbar und unzweideutig eine Wahlempfehlung zulasten der Klägerin ausgesprochen hat. Dies ist ebenfalls ein schwerwiegender Wahlrechtsverstoß, dessen Ursächlichkeit auf das Wahlergebnis nach den vom Senat geteilten Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht ausgeschlossen werden kann.

Soweit die Beklagte die E-Mail des Dekans als eine bloße private Meinungsäußerung einstuft mit der Folge, dass aus ihrer Sicht das Neutralitätsgebot nicht greift, dringt sie nicht durch. Neben der Verwendung der dienstlichen E-Mail-Adresse und der damit einhergehenden dienstlichen E-Mail-Signatur spricht entgegen der Ansicht der Beklagten gerade der Hinweis des Dekans, dass es ihm „nicht um eigene Interessen, sondern allgemein um die Interessen des Mittelbaus der Fakultät“ gehe, für einen dienstlichen Bezug. Dieser Bezug wird nicht dadurch infrage gestellt, dass der Dekan „klargestellt“ habe, es handele sich bei seinen Äußerungen nicht um eine „Dienstanweisung“. Eine derartige dienstliche Weisung in Bezug auf eine Wahlentscheidung steht einem Organ einer Hochschule aufgrund des Grundsatzes der Freiheit der Wahl ohnehin nicht zu. Allein die Tatsache, dass der Dekan diesen Hinweis für erforderlich erachtet hat, zeigt zudem, dass er selbst davon ausging, sein Handeln werde von Dritten als Teil seiner - hier offensichtlich rechtswidrigen, seine Kompetenzen deutlich überschreitenden - Amtsausübung verstanden.

Der Vergleich, den die Beklagte zwischen der Stellung eines Dekans einer Fakultät einer Hochschule einerseits und derjenigen eines Bürgermeisters einer Kommune und eines Arbeitsgebers im privatrechtlichen Bereich andererseits zieht, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Denn anders als im Fall eines Bürgermeisters handelt es bei dem Dekan einer Hochschule gerade nicht um einen Mandatsträger, der in der Regel zugleich (partei-)politisch auf einer der Seiten der sich zur Wahl stellenden Gruppierungen und Personen steht. Auf den Umstand, dass - anders als der Bürgermeister einer Kommune nach § 107 Abs. 5 Satz 5 Halbsatz 2 NKomVG - nicht der Dekan, sondern gemäß § 48 Abs. 3 Satz 3 NHG der Präsident der Hochschule Dienstvorgesetzter des Hochschulpersonals ist, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Denn jedenfalls ist der Dekan neben seiner Stellung als Vorsitzender des Dekanats und seiner damit verbundenen Vertretungsbefugnis nach innen und außen mit der damit einhergehenden herausgehobenen Funktion mit großem Handlungs- und Entscheidungsspielraum gemäß § 43 Abs. 3 Satz 3 NHG (Fach-)Vorgesetzter der Mitarbeitergruppe. Als solcher ist er gegenüber der Mitarbeitergruppe zu allen Anweisungen berechtigt, die zur Erreichung bestimmter Arbeitsergebnisse in den Bereichen Forschung und Lehre notwendig sind (Butzer, in: Epping, NHG, 1. Aufl. 2014, § 43 Rn. 64). Dies erkennt auch die Beklagte an, leitet hieraus aber zu Unrecht die Schlussfolgerung ab, die Äußerungen des Dekans einer Hochschule seien allein dem privaten Bereich zuzuordnen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten weist die E-Mail des Dekans vom 16. November 2017, die er unter dem Betreff „Sie haben die Wahl!“ versandt hat, die erforderliche Erheblichkeit für die Annahme einer unzulässigen Wahlbeeinflussung auf. Die Klägerin war seinerzeit die einzige wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fakultätsrat, sodass für den Adressatenkreis der E-Mail zum einen ohne Weiteres erkennbar war, wer gemeint war, und zum anderen, welche Intention der Dekan mit seiner „Bitte“ verbunden hatte. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zu Recht angeführt, aus dem Inhalt der E-Mail sei für alle Beteiligten erkennbar, dass es sich um eine indirekte Empfehlung, eine andere Person als die Klägerin in den Fakultätsrat zu wählen, handele. Der Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, dass es sich mithin nicht lediglich um einen neutralen Wahlaufruf gehandelt habe, schließt sich der Senat auch unter Berücksichtigung der Antragsbegründung der Beklagten ebenso an wie der Erwägung, dass eine Ursächlichkeit für das Ergebnis der Wahlen bestehe. Der Klägerin fehlten ausweislich der Ausführungen in dem Urteil des Verwaltungsgerichts lediglich zwei Stimmen zum Erfolg.

b) Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, bestehen weder besondere rechtliche Schwierigkeiten bei der Auslegung der anzuwendenden rechtlichen Bestimmungen und der Subsumtion des konkreten Falles unter die maßgeblichen Vorschriften, noch sind besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts (vgl. zu diesen Kriterien Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 118 f. m.w.N.) gegeben. Vielmehr handelt es sich in jeder Hinsicht um einen Fall mit allenfalls durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad.

c) Die von der Beklagten im Rahmen ihrer Grundsatzrüge gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO aufgeworfene Frage,

ob es „mit höherem Recht vereinbar (ist), einen Kandidierenden bei Wahlen nicht zuzulassen, wenn eine Namensidentität des Wahlvorschlags mit dem zugrundeliegenden Wählerverzeichnis aufgrund einer Falschbezeichnung nicht vorliegt, die bloße Falschbezeichnung aber erkennen lässt, wer in der Sache gemeint ist?“,

lässt keine Fragestellung erkennen, die der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf. Denn diese Frage lässt sich nach den allgemeinen Auslegungsmethoden ohne Weiteres beantworten (vgl. zu diesem Kriterium Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO,
5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 143 m.w.N.). Wie aus den obigen Ausführungen ersichtlich ist, ist die Vorschrift des § 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 5 WahlO nach ihrem Sinn und Zweck dahin auszulegen, dass nicht jede Abweichung in der Schreibweise des Namens eines Kandidierenden einen Wahlausschluss rechtfertigt, solange die Identität dieser Person unzweideutig feststeht. Ob letzteres gegeben ist, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und ist mithin einer grundsätzlichen Klärung auf der für eine Grundsatzrüge erforderlichen Abstraktionsebene nicht zugänglich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).