Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 07.12.2020, Az.: 2 NB 9/20
Ausbildungsengpass; außerkapazitär; Engpass; Erprobungsphase; European Medical School Oldenburg-Groningen; Evaluation; Kapazitätserschaffung; Kapazitätserschöpfung; Kapazitätserschöpfungsgebot; Modellstudiengang - European Medical School -; Modellstudiengang: Humanmedizin Oldenburg; normative Kapazitätsfestsetzung; Wintersemester 2019/2020; Wissenschaftsrat; Zulassungsbegrenzung; Zulassungsbeschränkung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 07.12.2020
- Aktenzeichen
- 2 NB 9/20
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2020, 71890
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 17.12.2019 - AZ: 12 C 2714/19
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs 1 KapVO
- § 72 HSchulG ND
- § 72 Abs 11 HSchulG ND
- § 72 HSchulG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Bei der Regelung des § 72 Abs. 11 NHG handelt es sich um eine Kapazitätsfestsetzungsnorm, die ohne weitere Kapazitätsermittlung allein auf einem einzigen limitierenden Faktor beruht (Bestätigung der Senatsrechtsprechung, Beschl. v 22.3.2018 – 2 NB 74/18 –, v. 4.5.2015 - 2 NB 73/15 - und v. 20.3.2014 - 2 NB 15/14 -, juris).
2. Der Modellstudiengang Humanmedizin - European Medical School Oldenburg-Groningen (EMS) - der Universität Oldenburg befindet sich auch nach der Verlängerung seiner Zulassung bis September 2031 im gegenwärtigen Zeitpunkt weiterhin in der Erprobungsphase.
3. Der der normativen Kapazitätsfestsetzung (§ 72 Abs. 11 NHG) zugrundeliegende und maßgeblich auf den Vereinbarungen der Universität Oldenburg und der Universität Groningen beruhende limitierende Ausbildungsengpass besteht fort.
Tenor:
Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 12. Kammer - vom 17. Dezember 2019 - werden zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen jeweils die Kosten ihres Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für die Beschwerdeverfahren jeweils auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Sammelbeschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg, mit dem dieses ihren jeweiligen Antrag auf vorläufige Zuteilung eines außerkapazitären Studienplatzes im international angelegten (Modell-)Studiengang Humanmedizin - im Rahmen der European Medical School Oldenburg/Groningen (EMS) - im 1. Fachsemester bzw. im 5. Fachsemester zum Wintersemester 2019/2020 (WiSe 2019/2020) abgelehnt hat, haben keinen Erfolg.
Die Anträge hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, die Antragsteller hätten einen Anspruch auf die Zuteilung eines Studienplatzes außerhalb der Ausbildungskapazität nicht glaubhaft gemacht. Vor dem Hintergrund der Vereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und der Rijksuniversiteit Groningen im (Modell-)Studiengang Humanmedizin, die zunächst nur eine Ausbildung von 40 Studierenden im 1. Fachsemester vorgesehen habe, und der weiteren Übereinkunft mit der Rijksuniversiteit Groningen (Memorandum of Understanding - MoU), die nun die Ausbildung von 80 Studierenden im 1. Fachsemester vorsehe, sei die Zahl der Studienplätze in der Erprobungs-/Einführungsphase des Studiengangs in zulässiger Weise für das 1. Fachsemester (WiSe 2019/2020) auf 80 Studierende und für das 5. Fachsemester (WiSe 2019/2020) auf 40 Studierende begrenzt worden. Die Begrenzung der Studienplätze beruhe auf einem Ausbildungsengpass, der sich insbesondere aus den Vereinbarungen mit der Rijksuniversiteit Groningen ergebe. Diese Engpasssituation bestehe fort; auch sei die Erprobungsphase des Studiengangs nicht abgeschlossen.
Die dagegen von den Antragstellern innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe, die den Prüfungsumfang des Senats im Beschwerdeverfahren bestimmen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), greifen nicht durch.
Das Verwaltungsgericht hat die Anträge zu Recht in der Sache mit der Begründung abgelehnt, dass die die Begrenzung auf 80 Studienplätze (1. Fachsemester) bzw. 40 Studienplätze (5. Fachsemester) limitierende Wirkung des sich aus den Vereinbarungen der Antragsgegnerin mit der Rijksuniversiteit Groningen ergebenden Engpasses fortbesteht und die Erprobungsphase des (Modell-)Studiengangs andauert. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht zudem entschieden, dass die Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin keinen Anspruch auf die Schaffung weiterer Ausbildungskapazitäten haben. Insoweit folgt der Senat der Sache nach den Gründen der angegriffenen Entscheidung und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
Durch das Beschwerdevorbringen sind folgende Ergänzungen veranlasst:
Maßgeblich ist hier § 72 Abs. 11 Satz 1 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) in der Fassung vom 26. Februar 2007 (Nds. GVBl. S. 69), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes vom 11. September 2019 (Nds. GVBl. S. 261).
Die Regelung des § 72 Abs. 11 Satz 1 NHG bestimmt:
(11) Für den Studiengang Humanmedizin an der Universität Oldenburg wird die jährliche Zulassungszahl ab dem Wintersemester 2019/2020 auf 80 festgesetzt. Forschung und Lehre der Medizinischen Fakultät der Universität Oldenburg werden auf Veranlassung des Fachministeriums zum 1. Oktober 2019 extern durch den Wissenschaftsrat evaluiert. Die Landesregierung legt das Ergebnis der Evaluation dem Landtag mit einer Stellungnahme zur weiteren Entwicklung des Studiengangs Humanmedizin an der Universität Oldenburg unter Berücksichtigung der Ausbildungskapazität bis zum 30. Juni 2020 vor.
Bei dieser Regelung, die im Vergleich zu den vorangegangenen Regelungen des § 72 Abs. 13 Satz 1 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes in der Fassung vom 11. Dezember 2013 (Nds. GVBl. S. 287 - NHG 2013 -) und des § 72 Abs. 15 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes vom 25. Juni 2012 (Nds. GVBl. S. 186 - NHG 2012- ) lediglich Änderungen hinsichtlich der Jahresangabe des Wintersemesters und der jährlichen Zulassungszahl enthält, handelt es sich - wie der Senat bereits zu den vorangegangenen Fassungen entschieden hat (vgl. Senatsbeschl. v. 4.5.2015 - 2 NB 73/15 - und v. 20.3.2014 - 2 NB 15/14 -, juris Rn. 9 ff., v. 22.3. 2018 - 2 NB 74/18 -, juris Rn. 5) - um eine Kapazitätsfestsetzungsnorm, die ohne weitere Kapazitätsermittlung allein auf einem einzigen limitierenden Faktor, nämlich einer Engpasssituation beruht. Steht die limitierende Wirkung eines Engpasses fest, bedarf es keiner weiteren Berechnung nach der Verordnung über die Kapazitätsermittlung zur Vergabe von Studienplätzen (KapVO). So liegt es hier.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen bedarf es auch im Studienjahr 2019/2020 keiner Kapazitätsberechnung nach dem Kapazitätserschöpfungsgebot (§ 1 Abs. 1 KapVO). Mit ihrem Beschwerdevorbringen verkennen die Antragsteller den Kontext der Regelung des § 72 Abs. 11 NHG und ihre Entstehungsgeschichte. Die durch Artikel 6/4 das Haushaltsbegleitgesetzes 2019 in § 72 Abs. 11 Satz 1 NHG vorgenommene Neufestlegung der jährlichen Zulassungszahl steht ebenso wie die Festlegungen in § 72 Abs. 13 Satz 1 NHG 2013 und in § 72 Abs. 15 Satz 1 NHG 2012 in direktem Zusammenhang mit den aufgrund der Kooperationen der Universität Oldenburg im Modellstudiengang Humanmedizin beschränkten Ausbildungsmöglichkeiten (limitierender Engpass). In dem Schriftlichen Bericht zu dem Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes 2019 (vgl. LT-Drs 18/2335 Seite 14, zu Artikel 6/4) wird dazu ausgeführt:
„Die gesetzliche Neufestlegung der jährlichen Zulassungszahl im Studiengang Humanmedizin auf 80 in § 72 Abs. 11 Satz 1 NHG beruht auf den nachvollziehbaren Ausführungen der Hochschule. Hierdurch wird den begrenzten Möglichkeiten der Universität Oldenburg, der kooperierenden Krankenhäuser und der Universität Groningen Rechnung getragen, wie sie im erweiterten Konzept für die EMS zugrunde gelegt worden sind. Insbesondere auf eine weitergehende Bereitstellung von Kapazitäten für patientenbezogene Forschung und Lehre in den kooperierenden Krankenhäusern sowie an der Universität Groningen hat das Land keinen Einfluss.
Nach derzeitigem Kenntnisstand ist die Universität Groningen bereit, zukünftig 80 Medizinstudierende aus Oldenburg im Rahmen des Studierendenaustausches aufzunehmen.“
Mit der im Zuge der Aufnahme des Ausbildungsbetriebs des gänzlich neuen Modellstudiengangs erstmals zum Wintersemester 2012/2013 festgesetzten jährlichen Zulassungszahl von 40 Studierenden, ebenso wie mit der für das Wintersemester 2019/2020 neu festgesetzten Zulassungszahl von 80 Studierenden, hat der Gesetzgeber - wie der Senat bereits in vorangegangenen Entscheidungen ausgeführt hat (vgl. Senatsbeschl. v. 21.2.2013 - 2 NB 20/13 -, juris Rn. 5, 11, v. 12.2.2016 - 2 NB 46/16 -, n.v.) - keine bestehenden Studienkapazitäten eingeschränkt, sondern neue Kapazitäten geschaffen. In diesem Zusammenhang übersehen die Beschwerden, dass das aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip folgende Recht auf Zulassung zum Hochschulstudium und der in diesem Zusammenhang verfassungsrechtlich verbürgte Anspruch zwar die erschöpfende Ausnutzung vorhandener Ausbildungskapazitäten, nicht aber die Schaffung zusätzlicher Kapazitäten gewährleisten (vgl. Senatsbeschl. v. 22.3.2018 - 2 NB 74/18 -, juris Rn. 6). Stellt sich der Aufbau eines neuen Modellstudiengangs, der - wie hier - nicht einen vergleichbaren „klassischen“ Studiengang ablöst, in erster Linie als Akt der Schaffung neuer Kapazitäten dar, kann er allenfalls in Teilbereichen daraufhin untersucht werden, ob er dem Gebot der Kapazitätserschöpfung gerecht wird (Senatsbeschl. v. 22.3.2018 - 2 NB 74/18 -, juris Rn. 6, v. 12.2.2016 - 2 NB 46/16 -, n.v.).
Anhaltspunkte dafür, dass die Kapazitätsfestsetzung nach § 72 Abs. 11 Satz 1 NHG nicht (mehr) gerechtfertigt ist, weil der durch die Kooperationen der Universität Oldenburg bedingte Engpass, auf dem die Begrenzung der Studienplätze beruht, weggefallen ist, bestehen aus der Sicht des Senats nicht.
Soweit die Antragsteller meinen, infolge der Vorlage des durch § 72 Abs. 11 Satz 2 NHG geforderten Evaluationsberichts des Wissenschaftsrats „Stellungnahme zur Weiterentwicklung der Universitätsmedizin Oldenburg unter Berücksichtigung der European Medical School Oldenburg-Groningen (EMS)“ vom 12. Juli 2019 und der Unterrichtung des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur (MWK) vom 22. Juli 2020 (LT-Drs. 18/6784) sei die Erprobungsphase abgeschlossen, und sie damit augenscheinlich einen Wegfall des limitierenden Engpasses geltend machen, vermag der Senat dem nicht zu folgen.
Die Erprobungsphase ist nicht abgeschlossen und der limitierende Engpass besteht fort. Den Modellstudiengang Humanmedizin im Rahmen der internationalen European Medical School Oldenburg/Groningen (EMS), den das MWK erstmalig mit Bescheid vom 26. Januar 2012 zum Wintersemester 2012/2013 für die Jahre 2012 bis 2021 zugelassen hat, hat das MWK mit Bescheid vom 13. Juli 2020 um weitere zehn Jahre bis September 2031 verlängert. Zur Begründung hat das MWK im Wesentlichen ausgeführt, die Erfahrungen von drei weiteren Kohorten (WiSe 2021/22 bis WiSe 2023/2024) mit einer erhöhten Anfängerkapazität von 120 Plätzen könnten so in die nächste Evaluation einfließen. Außerdem könne damit auf der Grundlage einer kompletten Anfängerkohorte, welche nach dem Ende der Aufbauphase im Studienjahr 2024/25 das Studium beginne, eine Evaluation über den Modellstudiengang erfolgen. Zugleich hat das MWK die Antragsgegnerin aufgefordert, Stellungnahme und Hinweise des Wissenschaftsrats zur Weiterentwicklung der European Medical School Oldenburg-Groningen (EMS) zu beachten und geeignete Empfehlungen für den Modellstudiengang an der Universität Oldenburg zu übernehmen, sowie zum Ende der Verlängerungsphase einen erneuten Evaluationsbericht vorzulegen, in dem auf die weiteren Änderungen und Neuerungen beim Modellstudiengang eingegangen werde. Nach den Ausführungen des Wissenschaftsrats und der Stellungnahme des MWK (LT-Drs 18/6784 Seite 15) hat die EMS Oldenburg-Groningen mit dem Modellstudiengang Humanmedizin zwar schon jetzt ein beeindruckendes Studienangebot etabliert, das bereits viele Aspekte des Masterplans des Medizinstudiums 2020 berücksichtigt. Neben der vertikalen Integration und der Integration moderner Lehr-Lernmethoden hebt der Wissenschaftsrat auch das Longitudinale Forschungscurriculum hervor, durch das Studierende schon während des Studiums lernen, kritisch mit Forschungsarbeiten umzugehen, selber zu forschen und wissenschaftlich zu schreiben, womit die wissenschaftliche Ausbildung der Studierenden befördert und zur Verbindung von Theorie und Praxis beigetragen wird. Zu den Besonderheiten des Oldenburger Curriculums gehört hiernach zudem die frühe und umfangreiche Einbindung von Lehrpraxen. In der Verbindung zu den Naturwissenschaften mit ihrem kompetenten technischen Angebot sieht der Wissenschaftsrat zudem ein hohes Potenzial für die Medizinerausbildung; dieses könne sich zu einem weiteren Standortvorteil der Universitätsmedizin Oldenburg entwickeln. Für den weiteren Erfolg des Modellstudiengangs kommt es aus Sicht des Wissenschaftsrats indes entscheidend darauf an, die Rahmenbedingungen für eine qualifizierte Medizinerausbildung zu verbessern und die Besonderheiten des Studiums an der EMS Oldenburg-Groningen auch bei einem deutlichen Aufwuchs der Studierendenzahlen sicher zu stellen. Neben dem räumlichen, infrastrukturellen und professoralen Ausbau der Universitätsmedizin am Standort Oldenburg misst der Wissenschaftsrat dem Ausbau der Kooperation mit der Universität Groningen besondere Bedeutung zu. Die Integration der steigenden Zahl von Studierenden in das Groninger Curriculum im Rahmen des obligatorischen Studierendenaustauschs stelle dabei eine große Herausforderung dar, für die noch kein Lösungskonzept erkennbar sei. Nicht abschätzbar sei derzeit die weitere Entwicklung der Universitätsmedizin Oldenburg bei einem Ausbau, der über die zum Wintersemester 2019/20 bereits festgelegte Zahl von 80 Studienplätze hinausgehe.
Bereits diese Ausführungen verdeutlichen, dass sich der Modellstudiengang weiterhin in einer Auf- und Ausbauphase befindet, die die mit dem Bescheid vom 13. Juli 2020 vorgenommene Verlängerung seiner Erprobungsphase tragen. Dagegen haben die Beschwerden nichts durchgreifend erinnert. Durch die mit der Verlängerung im Bereich der Lehre zugleich verfolgten Ziele, der Steigerung der Ausbildungskapazitäten und der weiteren Evaluierung hat das MWK zudem Vorsorge für die erforderliche Überprüfung und Anpassung der Ausbildungskapazität getroffen (vgl. Senatsbeschl. v. 20.3.2014 - 2 NB 15/14 -, juris, Rn. 38). Mit fortschreitendem Ausbau des Studienganges wird die Antragsgegnerin mithin entsprechende Kapazitätsberechnungen anzustellen haben, weil sie damit die Grundlagen für die vorgesehene erneute Evaluierung zu legen haben wird.
Nach den Ausführungen des Wissenschaftsrats und der Stellungnahme des MWK ist der Modellstudiengang nach wie vor von der Kooperation mit der Rijksuniversiteit Groningen bzw. dem Universitair Medisch Centrum Groningen (UMCG) und dem dadurch begründeten Ausbildungsengpass geprägt. Dieser Engpass liegt nach den schlüssigen Darlegungen der Antragsgegnerin und den Ausführungen des Evaluationsberichts nebst der Stellungnahme des MWK vorrangig in der begrenzten Lehr- und Austauschkapazität der Kooperationspartner, den Partneruniversitäten Groningen und Oldenburg, insbesondere in der Begrenzung der Anatomieplätze in Groningen, dem wechselseitigen einjährigen Studierendenaustausch zwischen der Universität Oldenburg und der Universität Groningen, ebenso aber auch in dem notwendigen Aufbau der universitären Abteilungen (Kliniken) in den kooperierenden deutschen Krankenhäusern, die nicht in der Trägerschaft des Landes sind. In diesem Zusammenhang hat auch das Verwaltungsgericht bereits zu Recht ausgeführt, dass die Beschränkung auf nunmehr jährlich 80 Studienplätze ab dem Wintersemester 2019/2020 ebenso wie die vorangegangene Beschränkung auf jährlich 40 Studienplätze, die sich in den höheren Fachsemestern - und mithin dem 5. Fachsemester - fortsetzt, weil die Universität Groningen zusätzliche Kapazitäten für den Austausch nur aufwachsend zur Verfügung stellen kann oder will, auf den Kooperationsvereinbarungen zwischen der Antragsgegnerin und der Universität Groningen beruht.
Diesen Engpass kann die Antragsgegnerin nicht selbst beheben. Der Senat folgt der Beschwerdebegründung daher auch nicht darin, dass eine Vermeidung oder Verschmälerung des Engpasses dadurch erreicht werden könne, dass die Universität Groningen zu einem Ausbau und einer Intensivierung ihrer Labornutzung etc. angehalten wird. Die Universität Groningen unterliegt - worauf der Senat bereits in seinem Beschluss vom 4. Mai 2015 (- 2 NB 73/15 -) hingewiesen hat - nicht deutschem Kapazitätsrecht und hat sich auch nicht deutschen Vorstellungen zum Gehalt des Art. 12 Abs. 1 GG zu fügen. Wenn sie ausländische, d.h. hier deutsche Studierende aufnimmt, ist sie rechtlich allenfalls durch Unionsrecht (vgl. hierzu z.B. EuGH, Urt. v. 7.7.2005 - C-147/03 -, DVBl. 2005, 1253), anderes höherrangiges Recht (vgl. z.B. EGMR, II. Sektion, Urt. v. 2.4.2013 - 25851/09 u.a.-, NVwZ 2014, 929) und vertragliche Abmachungen gebunden. Gleiches gilt für den Einwand der Antragsteller, die ab dem Wintersemester 2019/2020 für das erste Fachsemester festgesetzte Zulassungszahl von 80 müsse auch für die höheren Fachsemester und mithin das 5. Fachsemester gelten.
Im Ganzen ist damit auch weiterhin nicht davon auszugehen, dass ein der Disposition der Hochschulverwaltung enthobener Engpass nur vorgeschoben ist, tatsächlich aber nicht vorliegt. Dafür geben - wie dargelegt - weder die Gesetzesmaterialien noch der Evaluationsbericht des Wissenschaftsrats und - wie vom Verwaltungsgericht ausgeführt - auch die Vereinbarungen der Universitäten keinen Hinweis. Der Gesetzgeber hat - wie aus der amtlichen Begründung zu § 72 Abs. 11 NHG ersichtlich - die Kooperation mit der Universität Groningen und anderen Kooperationspartnern, auf die das Land keinen Einfluss hat, als limitierenden Faktor angesehen und vor diesem Hintergrund keinen Anlass dafür gesehen, (derzeit) eine "rechtsförmliche" Kapazitätsberechnung für zusätzlich erforderlich zu halten. Zwar können sich die Vereinbarungen und Inhalte der Kooperationsverträge je nach Entwicklung des Studiengangs und der Ausstattung bei der Antragsgegnerin ändern bzw. fortentwickeln. Indes dürfte es dem Anliegen eines auf beiderseitige Planungssicherheit angelegten Kooperationsvertrages nicht entsprechen, den Umfang der "Hauptleistung" der Universität Groningen zukünftig jährlich zur Disposition zu stellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).