Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.12.2020, Az.: 1 LB 43/17

unwirksamer Bebauungsplan; Abwägungsfehler; Art der baulichen Nutzung; Ausfertigungsmangel; Bauvorbescheid; Einfügen; Einzelhandel: Sortimentsbeschränkung; Fortsetzungsfeststellung; Fortsetzungsfeststellungsinteresse; großflächiger Einzelhandel; hinreichende Bestimmtheit; Höhenfestsetzung; Lebensmitteleinzelhandel; nähere Umgebung; schädliche Auswirkungen; Sondergebiet Lebensmittelmarkt; städtebauliches Entwicklungskonzept; unbeplanter Innenbereich; Verkaufsflächenobergrenze

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
10.12.2020
Aktenzeichen
1 LB 43/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 71909
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 30.06.2016 - AZ: 4 A 6555/13

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur planungsrechtlichen Zulässigkeit der Umnutzung eines Geschäftshauses zu einem großflächigen Lebensmitteleinzelhandelsgeschäft im unbeplanten Innenbereich und im Falle dessen Überplanung.

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte bzw. die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt - unter Zugrundelegung der Unwirksamkeit der ihrem Vorhaben entgegenstehenden bauplanerischen Festsetzungen der Beigeladenen - die Erteilung eines Bauvorbescheids zur planungsrechtlichen Zulässigkeit der Umnutzung eines Geschäftshauses zu einem großflächigen Lebensmitteleinzelhandelsgeschäft; hilfsweise erstrebt sie die Feststellung eines Erteilungsanspruches für die Vergangenheit.

Im Eigentum der Unternehmensgruppe der Klägerin steht das im Gemeindegebiet der Beigeladenen gelegene 6.149 m² große Grundstück G., 26345 Bockhorn (Gemarkung Bockhorn H. Flurstück I.). Das Grundstück (im Folgenden: Baugrundstück) grenzt südwestlich an die Straße J. am Westrand des Hauptortes Bockhorn der Beigeladenen an und wird über diese zusätzlich verkehrlich erschlossen.

Bauplanerische Festsetzungen für das Baugrundstück wurden erstmals durch den vom Rat der Beigeladenen am 2. Oktober 1973 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 6a „Klinkerhof“ (im Folgenden: Bebauungsplan Nr. 6a) getroffen, dessen nach § 11 BBauG 1960 erforderliche Genehmigung durch die höhere Verwaltungsbehörde, die am 29. Januar 1974 mit einer Auflage zu innerhalb der festgesetzten Verkehrsflächen an geeigneten Stellen noch auszuweisenden öffentlichen Parkflächen erging, am 9. August 1974 ortsüblich bekannt gemacht wurde. Der Bebauungsplan umfasste innerhalb des Straßengevierts K., L., M. und J. das Gebiet eines ehemaligen Ziegeleistandortes mit einer Größe von ca. 5,2 ha. Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung setzte er durchgängig Gewerbegebiete gemäß § 8 BauNVO 1968 fest.

Auf der Grundlage des Bebauungsplans Nr. 6a wurden das Baugrundstück sowie das südlich angrenzende, ca. 5.500 m² große Flurstück N. der H. Gemarkung Bockhorn (im Folgenden: Flurstück N.) Mitte der 2000er Jahre (neu) bebaut. Auf dem Flurstück N. wurde ein Aldi-Markt mit einer Gesamtverkaufsfläche von 778,39 m² und auf dem Baugrundstück wurde ein eingeschossiges Geschäftshaus mit vier Ladeneinheiten - Getränkemarkt, Drogeriemarkt, Textil-Discount und Sonderpostenmarkt mit Verkaufsflächen von ungefähr 510 m², 500 m², 220 m² bzw. 370 m² - genehmigt.

Nach Aufgabe des Drogeriemarkts und des Textil-Discounts - später wurde auch der Sonderpostenmarkt geschlossen - stellte die Klägerin im Oktober 2012 einen Bauantrag für das hier streitgegenständliche Vorhaben „Nutzungsänderung Geschäftshaus (4 Läden) zum Edeka-Markt mit Bäcker“. Vorgesehen ist neben der Umnutzung eine Erweiterung des Gebäudes im Umfang von 86 m²; die Bauvorlagen weisen insoweit den Anbau einer Leergutannahme und eines Windfangs aus. Die Gesamtverkaufsfläche des Lebensmitteleinzelhandelsbetriebs wurde mit 1.501,29 m² berechnet (Verkaufsraum 1.391,521 m², Windfang 47,782 m² und Bäcker 61,987 m²). 108 der bereits für das Geschäftshaus errichteten Kfz-Stellplätze sollen für das Vorhaben weiter genutzt werden.

Mit der Begründung, dass sich das Vorhaben der Klägerin nachteilig auf den Ortskern und die vorhandenen Versorgungsstrukturen auswirken könne, leitete der Verwaltungsausschuss der Beigeladenen mit Beschluss vom 6. November 2012 ein Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans Nr. 6a ein. Zudem beschloss der Rat der Beigeladenen am 26. November 2012 eine Veränderungssperre, die im Amtsblatt für den Landkreis Friesland vom 30. November 2012 bekannt gemacht wurde.

Darüber hinaus beschloss der Rat der Beigeladenen am 17. Dezember 2013 ein in seinem Auftrag erstelltes Einzelhandelskonzept (Endbericht vom 6. Dezember 2013) als städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB. Ausweislich des Berichts setzt sich die Zentren- und Standortstruktur des Einzelhandels in der Beigeladenen aus dem zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum Bockhorn sowie dem Standortbereich Klinkerhof und zwei weiteren Standortbereichen zusammen. Nach den in Ansiedlungsleitsätzen gefassten Empfehlungen soll Einzelhandel mit zentren- und nahversorgungsrelevantem Hauptsortiment (nur) im zentralen Versorgungsbereich angesiedelt und ausgebaut werden. Am Standortbereich Klinkerhof soll Einzelhandel mit solchem Hauptsortiment ausschließlich zur Bestandssicherung entwickelt werden, allerdings auch nur, wenn das Ortszentrum Bockhorn nicht beeinträchtigt wird; zusätzliche Betriebe mit zentren- und nahversorgungsrelevantem Hauptsortiment sollen am Standortbereich Klinkerhof nicht zugelassen werden.

Am 1. April 2014 fasste der Verwaltungsausschuss der Beigeladenen den Beschluss, das Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans Nr. 6a im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB durchzuführen. Mit dieser Ergänzung wurde die Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses vom 6. November 2012 durch Veröffentlichung in der Nordwest-Zeitung vom 6. Juni 2014 nachgeholt. Sodann wurde die Veränderungssperre vom 26. November 2012 am 12. Juni 2014 erneut ortsüblich bekannt gemacht.

Schließlich beschloss der Rat der Beigeladenen am 23. Oktober 2014 die Satzung zur 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 6a, die am 28. November 2014 im Amtsblatt für den Landkreis Friesland bekannt gemacht wurde. Die Änderungen wurden lediglich in textlicher Form durchgeführt; die Planzeichnung mit ihren zeichnerischen Festsetzungen blieb unverändert. Maßgeblich wurde bestimmt, dass im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 6a künftig die Regelungen der Baunutzungsverordnung 1990 anzuwenden seien. Zudem wurden grundsätzlich in den festgesetzten Gewerbegebieten selbständige Einzelhandelsbetriebe ausgeschlossen. Hiervon ausgenommen wurden das Baugrundstück und das Flurstück N., für die sowohl ein dynamischer Bestandsschutz festgelegt wurde als auch Einzelhandelsbetriebe mit nicht zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten zugelassen wurden.

Den - im Dezember 2012 explizit um einen Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit, hilfsweise beschränkt auf die Prüfung der zulässigen Nutzungsart, des Vorhabens erweiterten - Bauantrag der Klägerin hatte der Beklagte unter Verweis auf die Veränderungssperre vom 26. November 2012 bereits mit Bescheid vom 23. Januar 2013 abgelehnt und ihren Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 14. November 2013 als unbegründet zurückgewiesen.

Die Klägerin hat den Widerspruchsbescheid fristgerecht in ihre schon am 5. November 2013 erhobene Untätigkeitsklage auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung, hilfsweise des Bauvorbescheids, einbezogen. Zur Klagebegründung hat sie zunächst die Wirksamkeit der Veränderungssperre und später die Wirksamkeit der Satzung zur 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 6a in Frage gestellt. Die Klägerin hat darüber hinaus geltend gemacht, dass sie der finanzielle Gewinn, den sie aus der Vermietung des Vorhabens sicher hätte erzielen können, weiter hilfsweise zur Stellung von Fortsetzungsfeststellungsanträgen berechtige.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23. Januar 2013 und des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2013 zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung zur Aufnahme eines Einzelhandelsbetriebs auf dem Grundstück G. in Bockhorn (Gemarkung Bockhorn, H., Flurstück I.) zu erteilen,

hilfsweise, den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23. Januar 2013 und des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2013 zu verpflichten, einen umfassenden bauplanungsrechtlichen Vorbescheid zur Aufnahme eines Einzelhandelsbetriebs auf dem Grundstück G. in Bockhorn (Gemarkung Bockhorn, H., Flurstück I.) zu erteilen,

weiter hilfsweise, den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23. Januar 2013 und des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2013 zu verpflichten, einen auf die Art der Nutzung beschränkten bauplanungsrechtlichen Vorbescheid zur Aufnahme eines Einzelhandelsbetriebs auf dem Grundstück G. in Bockhorn (Gemarkung Bockhorn, H., Flurstück I.) zu erteilen,

weiter hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte unmittelbar vor Inkrafttreten der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 6a „Klinkerhof“ am 28. November 2014 verpflichtet war, die beantragte Baugenehmigung bzw. den beantragten Bauvorbescheid zur Errichtung eines Lebensmittelvollsortimentermarktes auf dem Grundstück G. in Bockhorn zu erteilen,

weiter hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte bis zum Inkrafttreten der am 12. Juni 2014 bekannt gemachten Veränderungssperre verpflichtet war, die am 18. Oktober 2012 beantragte Baugenehmigung (hilfsweise den beantragten Bauvorbescheid) zur Errichtung eines Lebensmittelvollsortimentermarktes auf dem Grundstück G. in Bockhorn zu erteilen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat an seinen Versagungsbescheiden festgehalten.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt, sich aber schriftsätzlich an dem Klageverfahren beteiligt.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 30. Juni 2016 (4 A 6555/13) - sowohl hinsichtlich des Hauptantrags als auch bezüglich der Hilfsanträge - abgewiesen. Anwendung finde, da das Verwaltungsverfahren vor dem 1. November 2012 eingeleitet worden sei, noch die Niedersächsische Bauordnung 2003. Es sei bereits zweifelhaft, ob der von der Klägerin eingereichte Bauantrag im Hinblick auf die durchzuführende Vollprüfung vollständig und damit bescheidungsfähig sei. Jedenfalls sei der Hauptantrag unbegründet, weil der begehrten Erteilung einer Baugenehmigung bauplanungsrechtliche Gründe entgegenstünden. Beurteilungsgrundlage sei nicht § 30 BauGB, sondern § 34 BauGB, da der Bebauungsplan Nr. 6a sowohl in der Fassung der Satzung zur 1. Änderung als auch schon in seiner Ursprungsfassung jeweils wegen eines Ausfertigungsmangels unwirksam sei. Die berücksichtigungsfähige nähere Umgebung bestehe aus den Flächen des Gebiets des unwirksamen Bebauungsplans Nr. 6a und entspreche einem Gewerbegebiet im Sinne von § 8 BauNVO. Das deshalb nach § 34 Abs. 2 BauGB zu beurteilende Vorhaben sei dort der Art nach als großflächiger Einzelhandelsbetrieb nicht zulässig. Bei dieser Sachlage könne dahingestellt bleiben, ob das Vorhaben (auch) gemäß § 34 Abs. 3 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig sei, weil von ihm schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche im Bereich der Beigeladenen oder in anderen Gemeinden zu erwarten wären. Da das Vorhaben der Klägerin seiner Art nach gemäß § 34 Abs. 2 BauGB in dem faktischen Gewerbegebiet nicht zulässig sei, müssten ebenfalls die auf Erteilung eines Bauvorbescheids bzw. auf Fortsetzungsfeststellung gerichteten Hilfsanträge erfolglos bleiben.

Am 4. Oktober 2016 hat der Verwaltungsausschuss der Beigeladenen die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 71 „Klinkerhof“ (im Folgenden: Bebauungsplan Nr. 71) beschlossen und am 3. April 2018 zudem den Beschluss zur Einleitung der 4. Änderung des Flächennutzungsplans im Parallelverfahren gefasst. Neben der vom Verwaltungsgericht festgestellten Unwirksamkeit der bisherigen bauplanerischen Festsetzungen für das Gebiet ist Anlass der Planung gewesen, dem auf dem Flurstück N. befindlichen Aldi-Markt auf der Grundlage einer zuvor eingeholten „Tragfähigkeits- und Verträglichkeitsanalyse für die mögliche Entwicklung von Lebensmittelmärkten in der Beigeladenen (Szenarien-Betrachtung)“ vom 4. Juli 2017 die Erweiterung in die Großflächigkeit zu ermöglichen. Am 18. Juli 2018 sind die Aufstellungsbeschlüsse in der Nordwest-Zeitung bekannt gemacht worden. Eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 3 Abs. 1 BauGB ist in der Zeit vom 26. Juli bis 10. August 2018 durchgeführt und eine frühzeitige Behördenbeteiligung gemäß § 4 Abs. 1 BauGB ist mit Schreiben vom 16. Juli 2018 eingeleitet worden. Über die hierbei eingegangenen Stellungnahmen - die Klägerin hat sich nicht beteiligt - hat der Verwaltungsausschuss der Beigeladenen am 6. November 2018 beschlossen. U.a. ist eine Schalltechnische Stellungnahme zum Verkehrslärm in Auftrag gegeben worden. Aufgrund Auslegungsbekanntmachung in der Nordwest-Zeitung vom 12. März 2019 ist in der Zeit vom 20. März bis 25. April 2019 eine Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 3 Abs. 2 BauGB durchgeführt worden. Eine Stellungnahme ist weder von der Klägerin noch anderen privaten Dritten abgegeben worden. Parallel dazu ist eine Behördenbeteiligung gemäß § 4 Abs. 2 BauGB erfolgt. Am 20. Juni 2019 hat der Rat der Antragsgegnerin den Abwägungsvorschlägen zu den in den Beteiligungsverfahren eingegangenen Stellungnahmen zugestimmt und unter Berücksichtigung dessen die 4. Änderung des Flächennutzungsplans sowie den Bebauungsplan Nr. 71 einschließlich Begründung als Satzung beschlossen. Die Bekanntmachung ist im Amtsblatt für den Landkreis Friesland vom 29. November 2019 erfolgt.

Das Gebiet des Bebauungsplans Nr. 71 ist gegenüber dem Plangebiet des Bebauungsplans Nr. 6a erweitert und umfasst die gesamte rd. 7,66 ha große Fläche innerhalb des Straßengevierts K., L., M. und J.. Neben der Ausweisung des Flurstücks N. als Sonstiges Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Lebensmittelmarkt und näherer Bestimmung durch Textliche Festsetzung (im Folgenden: TF) sind hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung etwa zu gleichen Teilen Mischgebiete und Gewerbegebiete, ebenfalls mit ergänzenden textlichen Bestimmungen, festgesetzt. Das Baugrundstück wird als Gewerbegebiet ausgewiesen, in dem nach TF 1 bei sonstigen Einzelhandelsbetrieben sowohl zentrenrelevante Sortimente als auch zentren- und nahversorgungsrelevante Sortimente, jeweils gemäß (mitabgedruckter) Bockhorner Liste, nur als Randsortimente bis zu 10 % der Gesamtverkaufsfläche zulässig sind. In dem SO Lebensmittelmarkt ist nach TF 3 u.a. „ein Einzelhandelsbetrieb mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Hauptsortiment gemäß Bockhorner Liste mit bis zu 1.000 m² Gesamtverkaufsfläche zulässig“; zentrenrelevante Sortimente gemäß Bockhorner Liste sind nur als Randsortimente bis zu 10 % der Gesamtverkaufsfläche zulässig. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung sind im Plangebiet u.a. (unterschiedliche) maximal zulässige Gebäudehöhen festgesetzt. Dazu bestimmt TF 4 Satz 1, dass oberer Höhenbezugspunkt die obere Gebäudekante und unterer Höhenbezugspunkt die Straßenoberkante (Fahrbahnmitte) der nächsten Erschließungsstraße ist.

Die Klägerin hat von der Einleitung eines Normenkontrollverfahrens abgesehen, greift den Bebauungsplan Nr. 71 aber im Rahmen ihrer durch Senatsbeschluss vom 13. März 2017 (1 LA 120/16) gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen tatsächlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zugelassenen Berufung an. Sie vertritt die Auffassung, dass ihr ein Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids, auf den sie ihr Begehren beschränke, zur Seite stehe. Das Vorhaben sei bei Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 6a auf Grundlage von § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 8 Abs. 1 BauNVO 1968 und im Falle seiner Unwirksamkeit nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig. Die nähere Umgebung im Sinne von § 34 Abs. 1, 2 BauGB reiche deutlich weiter als vom Verwaltungsgericht angenommen. Sie umfasse mindestens die Bebauung innerhalb des Straßengevierts K., L., M. und J. sowie die Bebauung nördlich der K.. Die so verstandene nähere Umgebung lasse sich weder als faktisches Gewerbegebiet noch als faktisches Mischgebiet bewerten. Ihr Vorhaben füge sich auch hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung ein, weil sie sich insoweit auf den großflächigen Combi-Markt auf dem Grundstück L. 13 berufen könne. Vorbild könne zudem das Autohaus O. auf dem Grundstück P. sein. Denn dieses verfüge auch über ganzjährig genutzte größere Außenverkaufsflächen, die zusätzlich zu den innenliegenden Verkaufsflächen als Verkaufsfläche zu qualifizieren seien. Auch § 34 Abs. 3 BauGB stehe der Erteilung des Bauvorbescheids nicht entgegen. Gegen den Bebauungsplan Nr. 71 trägt die Klägerin vor, es sei abwägungsfehlerhaft, für das Flurstück N. ein Sondergebiet festzusetzen, um dem Aldi-Markt die Erweiterung in die Großflächigkeit zu ermöglichen, wenn gleichzeitig für ihr Baugrundstück, für das seit 2012 der Ansiedlungswunsch bekannt sei, Einzelhandel mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten ausgeschlossen werde. Auch die Festsetzungen des Sondergebietes führten zu einer Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 71. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei eine vorhabenunabhängige Kontingentierung der zulässigen Verkaufsflächen unzulässig. Ein solcher Fall liege hier vor, weil das Sondergebiet von seinen Maßfestsetzungen bzw. den Festsetzungen zu den überbaubaren Grundstücksflächen auch mehrere Lebensmitteldiscounter zulassen würde. Zudem sei die Zulässigkeit textlich auf einen Lebensmitteldiscountmarkt beschränkt worden, wofür es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine Rechtsgrundlage gebe. Da nach der Planbegründung die Festsetzung des Sondergebiets das absolut zentrale Anliegen des Plangebers gewesen sei, könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit angenommen werden, dass ohne diese Festsetzung der Bebauungsplan in der restlichen Form beschlossen worden wäre. Schließlich sei der Bebauungsplan unwirksam, weil er für das gesamte Plangebiet Höhenfestsetzungen treffe, denen die hinreichende Bestimmtheit fehle. Es bleibe unklar, welche Straße Bezugspunkt sein solle, wenn Grundstücke durch mehrere Straßen verkehrlich erschlossen würden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 4. Kammer - vom 30. Juni 2016 (4 A 6555/13) abzuändern und

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2013 zu verpflichten, auf der Grundlage von § 34 Abs. 1 BauGB - unter Ausklammerung von § 34 Abs. 3 BauGB - einen bauplanungsrechtlichen Vorbescheid für das Vorhaben „Nutzungsänderung Geschäftshaus (4 Läden) zum Edeka-Markt mit Bäcker“ auf dem Grundstück G. in Bockhorn (Gemarkung Bockhorn, H., Flurstück I.) zu erteilen,

hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte bis unmittelbar vor Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 71 „Klinkerhof“ am 29. November 2019 verpflichtet war, auf der Grundlage von § 34 Abs. 1 BauGB einen bauplanungsrechtlichen Vorbescheid für das Vorhaben „Nutzungsänderung Geschäftshaus (4 Läden) zum Edeka-Markt mit Bäcker“ auf dem Grundstück G. in Bockhorn (Gemarkung Bockhorn, H., Flurstück I.) zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Der Beklagte und die Beigeladene vertreten übereinstimmend die Ansicht, dass sich der Anspruch auf Erteilung eines Bauvorbescheids nicht auf § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 8 Abs. 1 BauNVO 1968 stützen lasse, da der Bebauungsplan Nr. 6a wegen des vom Verwaltungsgericht festgestellten Ausfertigungsfehlers unwirksam sei. Das Vorhaben der Klägerin sei hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung auch nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Bestimmung der näheren Umgebung und deren Einordnung als faktisches Gewerbegebiet seien nicht zu beanstanden. Insbesondere der nordöstlich der K. gelegene Combi-Markt gehöre nicht zur näheren Umgebung. Er liege weder an derselben Erschließungsstraße wie das Baugrundstück noch bestehe zwischen dem An- und Abfahrtsverkehr auf beiden Grundstücken eine wechselseitige Beeinflussung. Zudem seien der Combi-Markt und das Vorhaben optisch vollständig voneinander getrennt. Dem Autohaus O. komme keine Vorbildwirkung für das Vorhaben der Klägerin zu, da seine Gesamtverkaufsfläche nur bei etwa 560 m² liege. Darüber hinaus gingen von dem Vorhaben der Klägerin auch schädliche Auswirkungen gemäß § 34 Abs. 3 BauGB aus. Schließlich überzeugten die Einwände der Klägerin gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 71, dessen Festsetzungen das Vorhaben ausschlössen, nicht.

Nach baulicher Erweiterung ist der Aldi-Markt auf dem Flurstück N. - nunmehr großflächig - Anfang November 2020 wiedereröffnet worden.

Die Verwaltungsakten des Beklagten und auch die Planaufstellungsvorgänge der Beigeladenen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Urteil des Verwaltungsgerichts hat Bestand. Die im Berufungsverfahren, ohne dass darin eine Klageänderung läge (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 und 3 ZPO), hinsichtlich der vorrangig begehrten Verpflichtung des Beklagten beschränkte und bezüglich der hilfsweise erstrebten Fortsetzungsfeststellung an die zwischenzeitliche tatsächliche Entwicklung angepasste Klage ist zwar auch hinsichtlich des Hilfsantrages zulässig, aber vollumfänglich unbegründet. Im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat verfügt die Klägerin nicht über einen Anspruch auf Erteilung eines Bauvorbescheids, mit dem auf der Grundlage von § 34 Abs. 1 BauGB die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit - unter Ausklammerung von § 34 Abs. 3 BauGB - ihres Vorhabens „Nutzungsänderung Geschäftshaus (4 Läden) zum Edeka-Markt mit Bäcker“ auf dem Baugrundstück festgestellt wird. Soweit der Versagungsbescheid des Beklagten vom 23. Januar 2013 in Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 14. November 2013 hier zur Überprüfung ansteht, ist er rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin kann auch nicht die Feststellung erreichen, dass der Beklagte (jedenfalls) bis unmittelbar vor Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 71 am 29. November 2019 verpflichtet war, ihr den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen. Dies ergibt sich im Einzelnen wie folgt:

1. Der zuvörderst geltend gemachte Anspruch auf Erteilung eines Bauvorbescheids, mit dem auf der Grundlage von § 34 Abs. 1 BauGB die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit - unter Ausklammerung von § 34 Abs. 3 BauGB - ihres Vorhabens „Nutzungsänderung Geschäftshaus (4 Läden) zum Edeka-Markt mit Bäcker“ auf dem Baugrundstück festgestellt wird, steht der Klägerin entgegen ihrer Auffassung nicht zur Seite.

Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass aufgrund der Übergangsvorschrift des § 86 Abs. 1 Satz 1 NBauO 2012 (i.d.F. v. 3.4.2012, Nds. GVBl. S. 46, zul. geänd. d. Art. 1 G. v. 10.11.2020, Nds. GVBl. S. 384) auf das von der Klägerin eingeleitete Verwaltungsverfahren noch die Niedersächsische Bauordnung 2003 (i.d.F. v. 10.2.2003, Nds. GVBl. S. 89, zul. geänd. d. § 13 d. G. v. 10.11.2011, Nds. GVBl. S. 415) Anwendung findet. Denn der Bauantrag wurde durch schriftliche Einreichung bei der Beigeladenen (§ 71 Abs. 1 NBauO 2003) im Oktober 2012, demgemäß vor dem 1. November 2012 gestellt. Maßgebend für den von der Klägerin behaupteten Anspruch ist daher § 74 NBauO 2003, der sich allerdings in seinen inhaltlichen Anforderungen nicht von § 73 NBauO 2012 unterscheidet.

Nicht zweifelhaft ist, dass die zu dem Vorhaben der Klägerin aufgeworfene Frage nach § 74 Abs. 1 NBauO 2003 bescheidungsfähig ist. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass Gegenstand einer Bauvoranfrage die planungsrechtliche Zulassung einer Baumaßnahme unter Ausklammerung einzelner Zulässigkeitshindernisse sein kann. Dies gilt auch hinsichtlich der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgenommenen Einschränkung, dass mit dem Bauvorbescheid nicht über § 34 Abs. 3 BauGB entschieden werden solle (vgl. Senatsurt. v. 23.6.2020 - 1 LB 171/17 -, BauR 2021, 197 = juris Rn. 28 m.w.N.).

Aus § 74 NBauO 2003 kann die Klägerin jedoch keinen Anspruch auf Erteilung eines Bauvorbescheids, mit dem auf der Grundlage von § 34 Abs. 1 BauGB die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit - unter Ausklammerung von § 34 Abs. 3 BauGB - ihres Vorhabens „Nutzungsänderung Geschäftshaus (4 Läden) zum Edeka-Markt mit Bäcker“ auf dem Baugrundstück festgestellt wird, herleiten. Hierfür wäre nach § 74 Abs. 2 Satz 2 NBauO 2003, der für das Vorbescheidsverfahren u.a. die entsprechende Geltung von § 75 Satz 1 NBauO 2003 anordnet, erforderlich, dass die Baumaßnahme, soweit sie mit der Voranfrage zur Prüfung gestellt wird, dem öffentlichen Baurecht entspricht. Dies ist indes nicht der Fall. Vielmehr fehlt es schon an der in der Voranfrage durch die Formulierung „auf der Grundlage von § 34 Abs. 1 BauGB“ jedenfalls für das Baugrundstück vorausgesetzten Unwirksamkeit des von der Beigeladenen am 29. November 2019 in Kraft gesetzten Bebauungsplans Nr. 71. Die Klägerin stellt insoweit selbst nicht in Abrede, dass ihr Vorhaben unter dessen Geltung nach der Art der baulichen Nutzung nicht zulässig ist. Die durch den Bebauungsplan Nr. 71 vorgenommene Ausweisung des Baugrundstücks als Gewerbegebiet, in dem nach TF 1 bei sonstigen Einzelhandelsbetrieben neben den zentrenrelevanten Sortimenten gemäß Bockhorner Liste ebenso zentren- und nahversorgungsrelevante Sortimente gemäß Bockhorner Liste nur als Randsortimente bis zu 10 % der Gesamtverkaufsfläche zulässig sind, schließt die gewünschte bauliche Erweiterung und Umnutzung des vorhandenen Geschäftshauses zu einem Lebensmitteleinzelhandelsbetrieb mit einer Gesamtverkaufsfläche von mehr als 1.500 m² aus, weil großflächige Einzelhandelsbetriebe in diesem Gewerbegebiet gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO unzulässig sind und zudem Nahrungs- und Genussmittel als periodischer Bedarf zu den zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten gemäß Bockhorner Liste gehören.

Die von der Klägerin vertretene Unwirksamkeit der ihrem Vorhaben entgegenstehenden bauplanerischen Festsetzungen lässt sich nicht feststellen. Ihre Einwände gegen den Bebauungsplan Nr. 71 greifen sämtlich nicht durch:

a) Die auf § 11 (Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1) BauNVO gestützte Festsetzung des Flurstücks N. als Sonstiges Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Lebensmittelmarkt, in dem nach TF 3 ein Einzelhandelsbetrieb mit zentren- und nahversorgungsrelevantem Hauptsortiment gemäß Bockhorner Liste mit bis zu 1.000 m² Gesamtverkaufsfläche zulässig ist, sowie Einzelhandelsbetriebe mit nicht zentren- und nicht zentren- und nahversorgungsrelevantem Hauptsortiment gemäß Bockhorner Liste allgemein zulässig sind, wobei in beiden Fällen zentrenrelevante Elemente gemäß Bockhorner Liste nur als Randsortimente bis zu 10 % der Gesamtverkaufsfläche zulässig sind, lässt die Wirksamkeit der für das Baugrundstück getroffenen Festsetzungen unberührt.

Zwar ist der Vortrag der Klägerin richtig, dass nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Festsetzung einer baugebietsbezogenen, vorhabenunabhängigen Verkaufsflächenobergrenze zur Steuerung des Einzelhandels in einem Sondergebiet mangels Rechtsgrundlage unzulässig ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.4.2008 - 4 CN 3.07 -, BVerwGE 131, 86 = juris Leitsatz 1 und Rn. 14 ff.; Urt. v. 24.3.2010 - 4 CN 3.09 -, BauR 2010, 1051 = juris Rn. 23; Beschl. v. 6.8.2013 - 4 BN 24.13 -, BauR 2013, 1812 = juris Rn. 4). Der Wortlaut der TF 1 „Einzelhandelsbetrieb […] mit bis zu 1.000 m² Gesamtverkaufsfläche“ gibt aber keinen Ansatz für die Annahme, die darin bestimmte Verkaufsflächenhöchstgrenze beziehe sich nicht auf das Vorhaben, sondern auf das festgesetzte Baugebiet. Ob, wie die Klägerin weiter meint, das Sondergebiet von seinen Maßfestsetzungen bzw. den Festsetzungen zu den überbaubaren Grundstücksflächen auch mehrere solcher Lebensmittelgeschäfte zulassen würde, ist daher nicht erheblich.

Zudem weist die Klägerin selbst darauf hin, dass die Zahl der Einzelhandelsbetriebe mit zentren- und nahversorgungsrelevantem Hauptsortiment gemäß Bockhorner Liste mit bis zu 1.000 m² Gesamtverkaufsfläche auf dem Flurstück N. textlich ausdrücklich auf einen beschränkt worden ist. Ihr dazu erfolgter Vortrag, nach jüngster Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei eine Beschränkung der Zahl zulässiger Vorhaben in einem sonstigen Sondergebiet mangels Rechtsgrundlage unwirksam, trifft zwar ebenfalls zu. § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO scheidet als Rechtgrundlage aus, weil sich eine Beschränkung der Zahl zulässiger Vorhaben weder als Festsetzung der Zweckbestimmung noch als Festlegung der Art der Nutzung verstehen lässt. Hinsichtlich einer Maßfestsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gilt, dass es an einem von § 16 Abs. 2 BauNVO zugelassenen Parameter fehlt (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2019 - 4 CN 8.18 -, BVerwGE 166, 378 = juris Leitsatz 1 und Rn. 12 ff.).

Die Klägerin lässt aber außer Acht, dass das Bundesverwaltungsgericht in dem angeführten Urteil zugleich entschieden hat, dass § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO auch zulässt, die höchstzulässige Verkaufsfläche für die Grundstücke im Bebauungsplan in der Form festzusetzen, dass die maximale Verkaufsfläche für jeweils einzelne Grundstücke festgelegt wird, sofern dadurch die Ansiedlung bestimmter Einzelhandelsbetriebstypen und damit die Art der Nutzung im Sondergebiet geregelt werden soll (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2019 - 4 CN 8.18 -, juris Rn. 33). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Die Ausweisung des Flurstücks N. als SO Lebensmittelmarkt mit näherer Bestimmung durch TF 3 ist vor dem Hintergrund erfolgt, dem dort bereits seit langem ansässigen Aldi-Markt, der nicht mehr vollumfänglich den Anforderungen an einen marktgängigen Anbieter entspricht (Planbegründung S. 3), im Sinne eines dynamischen Bestandsschutzes die Erweiterung in die Großflächigkeit zu ermöglichen, die Gesamtverkaufsfläche dabei aber so zu begrenzen, dass, wie die Beigeladene durch die von ihr eingeholte „Tragfähigkeits- und Verträglichkeitsanalyse für die mögliche Entwicklung von Lebensmittelmärkten in der Gemeinde (Szenarien-Betrachtung)“ vom 4. Juli 2017 hat absichern lassen, noch den Zielen und Entwicklungsempfehlungen des von ihr als städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB beschlossenen Einzelhandelskonzepts Rechnung getragen wird (Planbegründung S. 5). Dieses Ziel kann die Beigeladene auch durch eine grundstücksbezogene Festsetzung erreichen, weil es in dem festgesetzten Sondergebiet nur ein für die Art der Nutzung geeignetes Baugrundstück gibt. Die wegen fehlender Rechtsgrundlage als unwirksam anzusehende Begrenzung auf nur einen Einzelhandelsbetrieb mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Hauptsortiment gemäß Bockhorner Liste mit bis zu 1.000 m² Gesamtverkaufsfläche lässt sich daher planerhaltend als zulässige grundstücksbezogene Beschränkung der Verkaufsfläche verstehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2019 - 4 CN 8.18 -, juris Rn. 34). Mit diesem Verständnis ist die Festsetzung auch vom planerischen Willen des Rates der Beigeladenen erfasst.

Auch das Argument der Klägerin, der Umstand, dass zum Inkrafttreten des Bebauungsplans die Grundstücke im Sondergebiet im Eigentum ein und derselben Person gestanden hätten, sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unbeachtlich, ist nicht stichhaltig. In dem genannten Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich dargelegt, dass es zwar in der Vergangenheit für die ausnahmsweise Zulässigkeit einer gebietsbezogenen Verkaufsflächenbeschränkung nicht habe ausreichen lassen, wenn "das Grundeigentum" oder "alle" Grundstücke im Plangebiet im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Plan in einer Hand lägen. Hintergrund dafür sei aber die Überlegung gewesen, dass beim Vorhandensein mehrerer vorhabengeeigneter Baugrundstücke im Plangebiet eine Kontingentierung der Verkaufsflächen das Tor für sogenannte Windhundrennen potentieller Investoren und Bauantragsteller mit der Möglichkeit öffnen könne, dass Grundeigentümer im Falle der Erschöpfung des Kontingents von der kontingentierten Nutzung ausgeschlossen seien, und dieses Ergebnis dem der Baugebietstypologie (§§ 2 bis 9 BauNVO) zugrunde liegenden Regelungsgrundsatz widerspreche, demzufolge im Geltungsbereich eines Bebauungsplans jedes Baugrundstück für jede nach dem Nutzungskatalog der jeweiligen Baugebietsvorschrift zulässige Nutzung in Betracht solle kommen können. Zwar könnten sich die Eigentumsverhältnisse auch dann ändern, wenn das Plangebiet nur aus einem vorhabengeeigneten Baugrundstück bestehe. Das Eigentum bleibe aber stets in der Hand eines Eigentümers. Er könne das Grundstück in den Grenzen der Verkaufsflächenbeschränkungen nutzen und müsse nicht befürchten, durch andere Eigentümer Abstriche an seinen Nutzungsmöglichkeiten hinnehmen zu müssen. Der Möglichkeit einer Grundstücksteilung komme rechtlich insoweit keine Bedeutung zu (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.2019 - 4 CN 8.18 -, juris Rn. 34).

b) TF 4 Satz 1, nach dem innerhalb des Bebauungsplans für bauliche Anlagen folgende Höhenbezugspunkte (§ 18 Abs. 1 BauNVO) gelten:

oberer Bezugspunkt:

obere Gebäudekante

unterer Bezugspunkt:

Straßenoberkante (Fahrbahnmitte) der nächsten Erschließungsstraße,

ist hinreichend bestimmt. Das Vorbringen der Klägerin, es bleibe unklar, welche Straße Bezugspunkt sein solle, wenn Grundstücke im Plangebiet durch mehrere Straßen verkehrlich erschlossen würden, berücksichtigt schon nicht genügend, dass der untere Höhenbezugspunkt ausdrücklich auf die Straßenoberkante (Fahrbahnmitte) der nächsten Erschließungsstraße abstellt. Nach dem Wortlaut der textlichen Festsetzung und dem von ihr in Bezug genommenen § 18 Abs. 1 BauNVO ist auch eindeutig, dass die Höhenbezugspunkte für die auf den Grundstücken zu errichtenden baulichen Anlagen gelten, so dass vor Anwendung von TF 4 Satz 1 deren konkreter Standort festzulegen ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich eine Unbestimmtheit daher nicht schon im Hinblick darauf, dass, wie sie vorträgt, sämtliche Eckgrundstücke im Plangebiet an mehrere Erschließungsstraßen angrenzen und die TF 4 auf die „nächste Erschließungsstraße“ und nicht auf „die Erschließungsstraße des Baugrundstücks“ abstellt. Zwar ist theoretisch denkbar, dass eine bauliche Anlage exakt denselben Abstand von der Straßenoberkante (Fahrbahnbahnmitte) der beiden oder mehreren das betreffende Grundstück erschließenden Straßen einhält. Insoweit ist in der Rechtsprechung des Senats aber geklärt, dass, wenn die Auslegung nicht die vorrangige Berücksichtigung einer bestimmten Straße ergibt, die Höhenbegrenzung mit Blick auf sämtliche Erschließungsstraßen eingehalten werden muss (vgl. Senatsbeschl. v. 2.6.2020 - 1 MN 116/19 -, BauR 2020, 1269 = juris Rn. 22).

c) Die für das Baugrundstück hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung getroffene Festsetzung ist nicht (beachtlich) abwägungsfehlerhaft.

Eine Verletzung des im Rahmen von § 1 Abs. 7 BauGB zu beachtenden allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. z.B. BVerwG, Beschl. v. 13.3.2017 - 4 BN 25.16 -, ZfBR 2017, 589 = juris Rn. 5) liegt nicht vor. Zutreffend ist, dass der Rat der Beigeladenen der Klägerin die Realisierung ihres seit 2012 geäußerten Wunsches, das auf dem Baugrundstück vorhandene Geschäftshaus zu einem Lebensmitteleinzelhandelsbetrieb mit einer Gesamtverkaufsfläche von mehr als 1.500 m² baulich zu erweitern und umzunutzen, verwehrt hat, während er dem Aldi-Markt auf dem Flurstück N. die Erweiterung in die Großflächigkeit ermöglicht hat, wenngleich auch nur bis zu einer Gesamtverkaufsfläche von 1.000 m². Die von der Klägerin empfundene Ungleichbehandlung rechtfertigt sich aber durch die in Ansiedlungsleitsätze gefassten Empfehlungen des bereits 2013 als städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB beschlossenen und deswegen im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB insbesondere zu berücksichtigenden Einzelhandelskonzepts der Beigeladenen, das die Klägerin inhaltlich auch nicht angegriffen hat. Dabei ist zugleich festzustellen, dass der den Festsetzungen - SO Lebensmittelmarkt mit TF 3 für das Flurstück N. und Gewerbegebiet mit TF 1 für das Baugrundstück - zugrundeliegende Sachverhalt hinsichtlich des von der Klägerin erstrebten Lebensmitteleinzelhandelsbetriebs gerade nicht gleich ist. Während in dem nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB maßgebenden Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan Nr. 71 im Juni 2019 auf dem Flurstück N. bereits seit mehr als 10 Jahren ein Aldi-Markt existierte, der deshalb von der am Standortbereich Klinkerhof zur Bestandssicherung (unter der Voraussetzung einer Nichtbeeinträchtigung des zentralen Versorgungsbereichs) noch zugelassenen Entwicklung von Einzelhandel mit zentren- und nahversorgungsrelevantem Hauptsortiment profitieren konnte, stellte sich das Vorhaben der Klägerin als nach den Empfehlungen zwingend zu unterbindende Neuansiedlung eines Lebensmittelmarktes dar.

Die die (gewerbliche) Nutzbarkeit des Baugrundstücks einschränkende TF 1 verstößt auch ansonsten nicht gegen das der (Unternehmensgruppe der) Klägerin durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Eigentumsrecht, das in hervorgehobener Weise zu den von der Bauleitplanung zu berücksichtigenden Belangen gehört (vgl. z.B. BVerwG, Beschl. v. 13.3.2017 - 4 BN 25.16 -, BRS 85 Nr. 11 = juris Rn. 5). Ein gänzlicher Ausschluss von Einzelhandel mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten, wie die Klägerin meint, erfolgt schon nicht. Wie bei den zentrenrelevanten Sortimenten gemäß Bockhorner Liste, zu denen etwa Bekleidung gehört, sind zentren- und nahversorgungsrelevante Sortimente gemäß Bockhorner Liste, dazu zählen neben Nahrungs- und Genussmitteln u.a. auch Drogerie-, Kosmetik- und Parfümerieartikel, - zumindest, allerdings auch nur - als Randsortimente bis zu 10 % der Gesamtverkaufsfläche zulässig. Damit wird für das Baugrundstück indes nicht nur - im Unterschied zur Satzung zur 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 6a, die eine Erweiterung der für das Geschäftshaus genehmigten Verkaufsflächen um bis zu max. 25 % je Ladeneinheit gestattete - kein dynamischer Bestandsschutz mehr eingeräumt, die Festsetzungen gehen sogar hinter den genehmigten Bestand zurück. Ein Entzug von zuvor durch Bebauungsplan gewährten Nutzungsrechten liegt in der TF 1 allerdings nicht. Denn das Verwaltungsgericht hat, wovon die Klägerin ausweislich ihres Hilfsantrags auch selbst ausgeht, zu Recht festgestellt, dass der Bebauungsplan Nr. 6a sowohl in der Fassung der Satzung zur 1. Änderung als auch schon in seiner Ursprungsfassung unwirksam war (dazu sogleich unter 2.). Unabhängig davon muss sich die (Unternehmensgruppe der) Klägerin zurechnen lassen, dass sie trotz der ablehnenden Haltung der Beigeladenen zu dem hier streitgegenständlichen Vorhaben andere Optionen der Nutzung des Baugrundstücks nicht ins Spiel gebracht und insbesondere die ihr im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 71 eingeräumten Beteiligungsmöglichkeiten nicht wahrgenommen hat. Für den Rat der Beigeladenen bestand im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses daher kein Anhalt für die Annahme, die Nutzungsinteressen der Klägerin könnten - abgesehen von dem beantragten streitgegenständlichen Vorhaben - über den durch die erteilte Baugenehmigung geschützten Bestand hinausgehen.

2. Mit ihrem Hilfsantrag vermag die Klägerin ebenfalls nicht durchzudringen. Zwar lässt sich ihr das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog erforderliche berechtigte Interesse an der begehrten Fortsetzungsfeststellung nicht absprechen. Nach ihrem Vorbringen geht es der Klägerin um die Vorbereitung einer Schadensersatz-/Amtshaftungsklage wegen entgangenen Gewinns. Konkret hat sie unter Verweis auf den Leerstand in ihrem Geschäftshaus geltend gemacht, dass der hinsichtlich des Edeka-Marktes angedachte Mietvertrag eine Jahresmiete von 162.900,00 EUR netto zzgl. gesetzlicher MwSt. zum Inhalt und eine Laufzeit von zwölf Jahren hätte aufweisen sollen; dem gegenüber hätten Umbaukosten in Höhe von (nur) 368.000,00 EUR gestanden. Für eine offensichtliche Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Klage (vgl. dazu z.B. BVerwG, Urt. v. 16.1.2017 - 7 B 1.916 -, Buchholz 406.25 § 16 BImSchG Nr. 3 = juris Rn. 31) ist nichts ersichtlich. Insbesondere ist die für Amtshaftungsansprüche geltende dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB durch die bereits 2013 erhobene Untätigkeitsklage der Klägerin nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt. Die Klägerin hat aber keinen Anspruch auf die Feststellung, dass der Beklagte bis unmittelbar vor Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 71 am 29. November 2019 verpflichtet war, ihr auf der Grundlage von § 34 Abs. 1 BauGB einen bauplanungsrechtlichen Vorbescheid für das Vorhaben „Nutzungsänderung Geschäftshaus (4 Läden) zum Edeka-Markt mit Bäcker“ auf dem Baugrundstück zu erteilen. Auch zum damaligen Zeitpunkt war die mit der Voranfrage zur Prüfung gestellte Baumaßnahme nicht, wie von § 74 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 75 Satz 1 NBauO 2003 verlangt, bauplanungsrechtlich zulässig.

a) Mit der Klägerin ist allerdings davon auszugehen, dass das Baugrundstück bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 71 im unbeplanten Innenbereich im Sinne von § 34 BauGB lag. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Bebauungsplan Nr. 6a sowohl in der Fassung der Satzung zur 1. Änderung als auch schon in seiner Ursprungsfassung unwirksam war. Der Bebauungsplan Nr. 6a litt schon deswegen an einem Ausfertigungsmangel, weil nach der gemäß § 11 BBauG 1960 erforderlichen Genehmigung durch die höhere Verwaltungsbehörde, die am 29. Januar 1974 mit einer Auflage zu innerhalb der festgesetzten Verkehrsflächen an geeigneten Stellen noch auszuweisenden öffentlichen Parkflächen erging, zwar durch den Rat der Beigeladenen am 11. Juni 1974 eine entsprechende Zustimmung und anschließend eine Ergänzung der Planurkunde durch das betreffende Planzeichen erfolgte, aber keine erneute Ausfertigung vorgenommen wurde, deren Authentizität durch Unterzeichnung zu garantieren gewesen wäre (vgl. dazu Senatsurt. v. 25.7.1988 - 1 C 33/86 -, juris Rn. 34 ff., insb. Rn. 36). Nur ergänzend ist noch zu erwähnen, dass ausweislich des Planaufstellungsvorgangs der Rat der Beigeladenen die konkrete Verortung der öffentlichen Parkflächen dem Beklagten überließ. Die Unwirksamkeit der Ursprungsfassung des Bebauungsplans Nr. 6a hat auch die Unwirksamkeit der Satzung zu seiner 1. Änderung zur Folge. Denn um eine inhaltlich eigenständige Planänderung (vgl. dazu Senatsurt. v. 23.6.2020 - 1 LB 171/17 -, BauR 2021, 197 = juris Leitsatz 1 und Rn. 35 m.w.N.) handelt es sich schon deswegen nicht, weil die Änderungen lediglich in textlicher Form durchgeführt wurden.

b) Auch kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die für die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 Abs. 1, 2 BauGB maßgebliche nähere Umgebung bestehe (nur) aus den Flächen des Gebiets des unwirksamen Bebauungsplans Nr. 6a und entspreche einem Gewerbegebiet im Sinne von § 8 BauNVO, einer näheren Überprüfung nicht standhalten würde. In seinem Zulassungsbeschluss vom 13. März 2017 (1 LA 120/16) ist der Senat davon ausgegangen, dass die Rechtssache besondere tatsächliche Schwierigkeiten hinsichtlich der Umgrenzung der näheren Umgebung des Vorhabens im Sinne von § 34 Abs. 1, 2 BauGB und der Bestimmung ihrer Eigenart aufweise. Als klärungsbedürftig wurde damals insbesondere angesehen, ob nicht zumindest die (Wohn)Bebauung südlich der K. der näheren Umgebung des Vorhabens zuzurechnen sei und ob das Wohnhaus und das Behindertenwohnheim an der M. als Fremdkörper zu behandeln seien. Allerdings stellt sich der Sachverhalt nunmehr dahin dar, dass das Vorhaben der Klägerin hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung auch dann nicht zulässig gewesen wäre, wenn man die nähere Umgebung auf die gesamte rd. 7,66 ha große Fläche innerhalb des Straßengevierts K., L., M. und J. erstreckte und den Bereich angesichts der Unterschiedlichkeit der dort vorzufindenden, von der Beigeladenen bereits erstinstanzlich im Einzelnen aufgelisteten Nutzungen mit der Klägerin als Gemengelage im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB (vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 15.1.21994 - 4 C 13.93 -, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 172 = juris Rn. 15) bewertete. Denn dann fehlte es für den von ihr gewünschten großflächigen (Lebensmittel)Einzelhandelsbetrieb jedenfalls an einem Vorbild, ohne das - wohl auch nach Auffassung der Klägerin - ein Einfügen nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht in Betracht käme, weil es als rahmenüberschreitendes Vorhaben die vorgegebene Situation offenkundig in Bewegung setzen und damit bodenrechtliche Spannungen auslösen würde (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 26.5.1978 - IV C 9.77 -, BVerwGE 55, 369 = juris Rn. 45 ff.).

Im Berufungsverfahren konnte nämlich zunächst geklärt werden, dass der auf dem Flurstück N. ansässige Aldi-Markt vor seiner Wiedereröffnung Anfang November 2020 nicht großflächig war. Nach den von dem Beklagten eingereichten Unterlagen betrug die genehmigte Verkaufsfläche insgesamt 778,39 m² (Verkaufsraum 734,08 m², Windfang 12,63 m² und Kassenzone 31,68 m²) und lag damit unterhalb des vom Bundesverwaltungsgericht bestimmten Schwellenwerts von 800 m², bei dessen Überschreitung ein Einzelhandelsbetrieb großflächig im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO ist. Anhaltspunkte dafür, dass die genehmigte Gesamtverkaufsfläche in der tatsächlichen Umsetzung maßgeblich überschritten wurde, bestehen nicht. In einer ebenfalls von dem Beklagten vorgelegten E-Mail des Geschäftsführers der Klägerin vom 24. März 2017 gibt dieser selbst die Gesamtverkaufsfläche des Aldi-Marktes im Bestand mit 795 m² an.

Auch die von der Klägerin zudem geltend gemachte Großflächigkeit des Autohauses O. auf dem Grundstück P. bestätigte sich nicht. Der Beklagte und die Beigeladene konnten ihre Angabe, die Gesamtverkaufsfläche des Autohauses liege bei ungefähr 560 m², belegen. Nach den eingereichten Unterlagen wurde in den 1970er Jahren innerhalb des Gebäudes des Autohauses eine Verkaufsfläche von insgesamt 232,40 m² (62,70 m² plus 169,70 m²) genehmigt. Hinsichtlich der damals noch nicht genehmigungspflichtigen Außenverkaufsflächen ist ein farblich markiertes Luftbild vorgelegt worden, aus dem sich eine optisch abgetrennte Verkaufsfläche für Neu- und Gebrauchtfahrzeuge mit einer Größe von etwa 330 m² ergibt. Ausgewiesen ist weiter ein gepflasterter/befestigter Parkplatzbereich von ca. 370 m² zum Abstellen von Kundenfahrzeugen, Autos mit Reparaturaufträgen, Ersatzfahrzeugen sowie bereits verkauften, aber noch nicht ausgelieferten Kraftfahrzeugen. Bei einer dritten auf dem Luftbild mit Autos bestandenen, unbefestigten Fläche mit einer Größe von etwa 160 m² handele es sich ebenfalls nicht um eine Verkaufsfläche, sondern um die Zufahrt zur Ausstellungshalle und zum Betriebsleiterwohnhaus. Diese Fläche sei wohl gelegentlich genutzt worden, um die Auslieferungsfahrzeuge bis zur Abholung zu parken; auf neueren Luftbildern seien keine Fahrzeuge mehr erkennbar. Die Richtigkeit dieser Angaben ist noch durch eine Reihe von Fotos (vgl. zur Verwertbarkeit BVerwG, Beschl. v. 3.12.2008 - 4 BN 26.08 -, BauR 2009, 617 = juris Rn. 3) untermauert worden, auf denen insbesondere deutlich zu erkennen ist, ob ein Auto ein Kfz-Kennzeichen trägt oder stattdessen nur das Schild „Autohaus Janssen“ angebracht ist. Demgegenüber ergibt sich aus der von der Klägerin vorgelegten Abbildung des Einfahrtbereichs zu dem rückwärtig gelegenen - so genannten - Parkplatzbereich nicht, dass dort auch Kraftfahrzeuge zum Verkauf angeboten werden.

c) Ein Einfügen des Vorhabens der Klägerin auf der Grundlage von § 34 Abs. 1 BauGB hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung setzte hiernach voraus, dass die nähere Umgebung des Baugrundstücks über das Straßengeviert K., L., M. und J. hinausreichen und auch noch das nordöstlich der K. gelegene Grundstück L. 13 mit dem dort seit langem ansässigen großflächigen Combi-Markt umfassen würde. Dies lässt sich entgegen der Ansicht der Klägerin aber nicht feststellen. Denn es fehlt an der gegenseitigen Prägung der beiden Grundstücke, die maßgeblich für die Abgrenzung der näheren Umgebung im Sinne von § 34 Abs. 1, 2 BauGB ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist maßstabsbildend die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. Die für die Abgrenzung der "näheren Umgebung" maßgebliche wechselseitige Prägung ergibt sich dabei allein aus den in § 34 Abs. 1 BauGB genannten städtebaulichen Merkmalen. Diese Merkmale prägen - vom Vorhaben aus gesehen - im Sinne einer Vorbildwirkung nur einen begrenzten Bereich. Umgekehrt wird das Grundstück, auf dem das Vorhaben verwirklicht werden soll, in diesen Merkmalen nur von anderen Nutzungen in einem begrenzten räumlichen Umfeld geprägt. Dabei lassen sich die Grenzen der näheren Umgebung nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.10.2019 - 4 B 27.19 -, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 225 = juris Rn. 8 m.w.N.).

Nach diesen Maßgaben ergibt sich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung keine Beeinflussung des Baugrundstücks auf das Combi-Markt-Grundstück und umgekehrt durch dieses. Zu Recht haben der Beklagte und die Beigeladene darauf hingewiesen und durch auf Bitten des Senats vorgelegte Fotos belegt, dass die beiden Grundstücke, die schon nach Luftlinie etwa 250 m auseinanderliegen (gemessen nach Bing maps), optisch vollständig voneinander getrennt sind. Eine Blickbeziehung besteht nicht. Auch eine direkte verkehrliche Verbindung gibt es zwischen ihnen nicht. Der kürzeste Weg vom Grundstück L. 13 zum Grundstück G. verläuft zunächst nach Süden über die Straße L., sodann südwestlich über die M. und schließlich nach Norden über die Straße Klinkerhof und beträgt insgesamt 500 m (gemessen nach Bing maps). Diese umwegige und wenig attraktive Anbindung verhindert eine wechselseitige Beeinflussung durch verbindende Verkehrsströme. Eine wechselseitige Prägung ist schließlich auch deswegen zu verneinen, weil der Combi-Markt nicht etwa in Richtung Baugrundstück, sondern, wie auch seine Adresse zeigt, zur Straße L. ausgerichtet ist. Insoweit mag zwar in Betracht kommen, dass, wie die Klägerin geltend gemacht hat, die nähere Umgebung des Baugrundstücks nicht schon zwingend durch die zwischen ihm und dem Combi-Markt-Grundstück liegende K. abgegrenzt wird. Eine solche Linie hat bei einer beidseitig andersartigen Siedlungsstruktur nicht stets eine trennende Funktion (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.8.2008 - 4 B 74.03 -, juris Rn. 3). Sowohl die Luftbilder als auch das den Einfahrtsbereich der K. von der Straße L. aus gesehen abbildende Foto zeigen aber deutlich, dass der Combi-Markt die nördliche Seite der K. nicht maßgeblich beeinflusst. Dominant ist vielmehr das Eckgebäude L. 12, an das der Combi-Markt, allerdings auch nur mit einem auslaufenden Gebäudeteil, westlich anschließt.

d) Hiernach kann dahingestellt bleiben, ob der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Baumaßnahme der Klägerin nicht auch § 34 Abs. 3 BauGB entgegenstand, nach dem (u.a.) von Vorhaben nach Absatz 1 keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein dürfen. Dafür sprechen allerdings gewichtige Anhaltspunkte. In der von der Beigeladenen eingeholten „Tragfähigkeits- und Verträglichkeitsanalyse für die mögliche Entwicklung von Lebensmittelmärkten in der Beigeladenen (Szenarien-Betrachtung)“ vom 4. Juli 2017 ist auch das Szenario betrachtet worden, dass zusätzlich zu einer Erweiterung des Aldi-Marktes auf dem Flurstück N. sowie bei einer Modernisierung des im westlichen Teil des Ortskern Bockhorn auf dem Grundstück L. 13 gelegenen Combi-Marktes ein Edeka-Markt im östlichen Teil des zentralen Versorgungsbereiches mit einer Gesamtverkaufsfläche von 1.550 m² (inkl. 450 m² Shop-in-Shop und inkl. 50 m² Verkaufsfläche Bäcker) - und damit in etwa der Größe des Vorhabens der Klägerin entsprechend - angesiedelt werden würde (Szenarien-Betrachtung S. 7). Die Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass der Combi-Markt auch unter Berücksichtigung einer Attraktivierung durch Modernisierung bei Ansiedlung des Edeka-Marktes eine stark unterdurchschnittliche Flächenproduktivität (rd. „minus“ 18 % zum Durchschnitt bzw. rd. „minus“ 20 % zur - damaligen - aktuellen Flächenproduktivität) erreichen würde. Eine Marktaufgabe des Combi-Marktes wäre zu erwarten. Damit würde eine räumliche, qualitative und quantitative Verschlechterung der Nahversorgungssituation einhergehen. Ergänzend dazu würde der westliche Pol des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum Bockhorn signifikant geschwächt werden (Szenarien-Betrachtung S. 53). Die beschriebenen Folgen der Ansiedlung des Edeka-Marktes stellen schädliche Auswirkungen im Sinne von § 34 Abs. 3 BauGB dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.2009 - 4 C 2.08 -, BVerwGE 136, 10 = juris Rn. 13), die bei Umsetzung des Vorhabens der Klägerin auf dem Baugrundstück jedenfalls ähnlich zu erwarten wären. Eine gegenteilige sachverständige Äußerung hat die Klägerin auch weder im Verwaltungs- noch im gerichtlichen Verfahren vorgelegt.

3. Der Kostenentscheidung liegen die Vorschriften der §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO zugrunde. Es entspricht der Billigkeit i.S. von § 162 Abs. 3 VwGO, der unterliegenden Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Zwar hat die Beigeladene auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keinen Antrag gestellt. Sie hat sich aber aktiv an dem Berufungsverfahren beteiligt und es gefördert.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.