Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.01.2024, Az.: 5 LB 113/21
Finanzieller Ausgleich einer Lehrerin im Zusammenhang mit der "Abwicklung" eines verpflichtenden Arbeitszeitkontos nach vorzeitigem Eintritt in den Ruhestand
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 09.01.2024
- Aktenzeichen
- 5 LB 113/21
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2024, 10119
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2024:0109.5LB113.21.00
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- § 8b Nds. ArbZVO
- § 7 Nds. ArbZVO-Schule
- § 5 Abs. 3 Satz 2 Nds. ArbZVO-Schule
Fundstellen
- FA 2024, 104
- NordÖR 2024, 219
Amtlicher Leitsatz
Zuschlagsstunden gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 ArbZVO-Lehr sind gemäß § 7 Nds. ArbZVO-Schule in Verbindung mit § 8 b Abs. 5 Satz 1 Nds. ArbZVO bei dauerhafter Ungmöglichkeit des zeitlichen Ausgleichs nicht finanziell abzugelten. Der Abgeltungsanspruch des § 7 Nds. ArbZVO-Schule erfasst lediglich "angesparte" Unterrichtsstunden, zu denen Zuschläge bzw. Boni nicht gehören.
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen - 4. Kammer (Einzelrichterin) - vom 23. Juni 2020 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt einen weiteren finanziellen Ausgleich im Zusammenhang mit der "Abwicklung" ihres verpflichtenden Arbeitszeitkontos nach vorzeitigem Eintritt in den Ruhestand.
Die im Jahr 1962 geborene Klägerin stand im Statusamt einer Lehrerin für Fachpraxis (Besoldungsgruppe A 9) im niedersächsischen Schuldienst und war an den Berufsbildenden Schulen II in H. -Stadt eingesetzt.
Über einen Zeitraum von 10 Schuljahren - nämlich vom 1. Juli 2002 bis zum 31. Juli 2012 - erteilte die Klägerin über ihr wöchentliches Pflichtstundendeputat hinaus insgesamt 669 zusätzliche Unterrichtsstunden im Rahmen des sogenannten verpflichtenden Arbeitszeitkontos, geregelt in § 5 der Verordnung über die Arbeitszeit der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen vom 24. Februar 1998 (Nds. ArbZVO-Lehr). Mit dem verpflichtenden Arbeitszeitkonto sollte darauf reagiert werden, dass sich die Schülerzahlen seinerzeit erheblich erhöht hatten und dementsprechend ein zusätzlicher Lehrkräftebedarf bestand, dieser jedoch als nur vorübergehend angesehen wurde, weil nach etwa 10 Jahren ein Rückgang zu erwarten stehe. Deshalb waren die (jüngeren) Lehrkräfte gehalten, bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres, längstens indes für 10 Schuljahre, über die jeweilige Regelstundenzahl hinaus zusätzliche Unterrichtstunden zu erteilen (sogenannte Ansparphase), für die dann in einem der Ansparphase entsprechenden Zeitraum ein Ausgleich in Form der Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung (sogenannte Ausgleichsphase) vorgesehen war. Da die Klägerin mit der Ausgleichsphase nicht unmittelbar im Anschluss an die Ansparphase begann - also nicht bereits zum 1. August 2012 (Schuljahr 2012/2013) -, sondern erst ab dem 1. August 2013 (Schuljahr 2013/2014), erhöhte sich wegen des späteren Beginns der Ausgleichsphase die Zahl ihrer auszugleichenden Unterrichtstunden um 10 %; die Klägerin erhielt also einen Zuschlag im Umfang von 66,9 Unterrichtsstunden auf ihrem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben.
Mit Ablauf des ... 2017 wurde die Klägerin wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Bis zu diesem Zeitpunkt war im Rahmen der Ausgleichsphase eine Stundenreduzierung im Umfang von 376 Unterrichtsstunden erfolgt.
Mit Bescheid vom 24. Januar 2017, der nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, gewährte die Funktionsvorgängerin des Beklagten - die Niedersächsische Landesschulbehörde, Regionalabteilung E.-Stadt - der Klägerin unter Verweis auf § 5 Abs. 4 Nds. ArbZVO-Schule vom 1. August 2012 und § 4 Abs. 3 der Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamtinnen und Beamte des Bundes (MVergV) für noch 293 Unterrichtsstunden einen finanziellen Ausgleich in Höhe von insgesamt 5.165,59 EUR (293 Unterrichtsstunden x 17,63 EUR/Stunde). Ausweislich der diesem Bescheid zugrunde liegenden tabellarischen Aufstellung hatte die Funktionsvorgängerin des Beklagten die noch auszugleichenden Stunden im Umfang von 293 ermittelt, indem sie von den tatsächlich geleisteten zusätzlichen Unterrichtsstunden im Umfang von 669 die bereits ausgeglichenen 376 Unterrichtsstunden abgezogen hatte; den 10%-igen Zuschlag von 66,9 Unterrichtsstunden hatte sie bei der Ermittlung des finanziellen Ausgleichs nicht berücksichtigt.
Mit ihrem am 9. Februar 2017 erhobenen Widerspruch wandte sich die Klägerin gegen die Nichtberücksichtigung des 10%-igen Zuschlags. Die Funktionsvorgängerin des Beklagten erklärte hierauf mit Schreiben vom 3. April 2017, der Widerspruch sei unstatthaft und verwies die Klägerin auf den Klageweg. In der Sache erklärte sie, die Klägerin habe den Zuschlag gemäß § 5 Abs. 4 Satz 4 ArbZVO-Schule erhalten, weil sie einen späteren Beginn der Ansparphase beantragt habe; die Vorschrift des § 5 Abs. 4 Satz 10 ArbZVO-Schule regle indes, dass die 10%-ige Erhöhung entfalle, wenn eine Ausgleichszahlung bewilligt werde.
Die Klägerin hat am 14. Dezember 2017 bei dem Verwaltungsgericht Göttingen mit dem Ziel Klage erhoben, das Land Niedersachsen zu verpflichten, ihr für weitere 66,9 Unterrichtsstunden einen finanziellen Ausgleich "nach den Sätzen der Mehrarbeitsvergütung für Beamte" zu gewähren. Sie habe den 10%-igen Stundenzuschlag nicht wegen eines Antrags auf späteren Beginn der Ausgleichsphase gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 ArbZVO-Schule erhalten, sondern gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 ArbZVO-Schule, weil für sie nach der zeitlich vor dem 1. August 2008 geltenden Regelung ein früherer Beginn der Ausgleichsphase - nämlich der 1. August 2012 - vorgesehen gewesen sei als ihn § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ArbZVO-Schule in der Fassung vom 14. Mai 2012 (mithin ab Beginn des Schuljahres 2013/2014) nunmehr vorsehe. Die von der Funktionsvorgängerin des Beklagten in Anspruch genommene Bestimmung des § 5 Abs. 4 ArbZVO-Schule, die nur einschlägig sei, wenn sich die Lehrkraft für die Ausgleichszahlung entscheide, sei somit nicht einschlägig. Dementsprechend entfalle die Streichung des Zuschlags gemäß § 5 Abs. 4 Satz 10 ArbZVO-Schule. In "Störfällen" wie dem streitgegenständlichen gelte nicht § 5 Abs. 4 ArbZVO-Schule, sondern über § 7 ArbZVO-Schule die allgemeine arbeitszeitrechtliche Vorschrift des § 8b Abs. 5 der Niedersächsischen Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten (Nds. ArbZVO).
Die Klägerin hat beantragt,
das Land Niedersachsen unter Aufhebung des Bescheides der Funktionsvorgängerin des Beklagten vom 24. Januar 2017 zu verpflichten, ihr für 66,9 Unterrichtstunden finanziellen Ausgleich nach den Sätzen der Mehrarbeitsvergütung für Beamtinnen und Beamte zu gewähren, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den auszuzahlenden Betrag ab Klagzustellung.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat an seiner Auffassung festgehalten, die Klägerin habe den 10%-igen Stundenzuschlag nach § 5 Abs. 4 Satz 4 ArbZVO-Schule erhalten. Liege - wie hier - ein "Störfall" vor, so gelte gemäß § 7 ArbZVO-Schule die Vorschrift des § 8b Abs. 2 bis 5 Nds. ArbZVO entsprechend. Der dortige Verweis führe zur Anwendbarkeit des § 8b Abs. 5 Satz 1 Nds. ArbZVO. Danach erfolge - wenn bei einem Arbeitszeitkonto der Ausgleich von in der Ansparphase geleisteter Arbeitszeit eines Beamten dauerhaft unmöglich werde - eine Ausgleichszahlung in Höhe der zum Zeitpunkt des Ausgleichsanspruchs geltenden Sätze der Mehrarbeitsvergütung für Beamte. Der Wortlaut schreibe somit eindeutig vor, dass für diesen "Störfall" die zum Zeitpunkt des Ausgleichsanspruchs geltenden Sätze der Mehrarbeitsvergütung maßgeblich seien; nicht einbezogen sei jedoch der 10%-ige Zuschlag gemäß § 5 Abs. 4 Satz 4 ArbZVO-Schule. Dies sei auch im Hinblick auf Sinn und Zweck der Norm interessengerecht. Diese Regelung habe für die Lehrkräfte einen Anreiz schaffen sollen, ihre Ausgleichsphase nicht schon nach 10 Jahren, sondern erst 1 Jahr später zu beginnen und gleichzeitig den Ausgleich durch Reduzierung ihrer Unterrichtsstunden zu fördern; auf diese Weise habe dem damals vorherrschenden Lehrkräftemangel begegnet werden sollen. Sinn und Zweck der Regelung werde daher lediglich dann erfüllt, wenn tatsächlich noch eine Unterrichtsreduzierung möglich sei und nicht, wenn - wie im Streitfall - eine Unterrichtsreduzierung nicht mehr erfolgen könne.
Das Verwaltungsgericht hat das Land mit Urteil vom 23. Juni 2020 verpflichtet, der Klägerin "für weitere 66,9 Unterrichtsstunden einen finanziellen Ausgleich nach den Sätzen der Mehrarbeitsvergütung für Beamte in Höhe von 17,63 EUR pro Stunde, insgesamt 1.179,45 EUR [...,] nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. Dezember 2017" zu gewähren. Die Klage sei zulässig und begründet. Die Klägerin könne gemäß § 7 ArbZVO-Schule in Verbindung mit § 8b Abs. 5 Nds. ArbZVO einen finanziellen Ausgleich für weitere 66,9 Unterrichtsstunden verlangen. Sie habe ein verpflichtendes Arbeitszeitkonto im Sinne des § 5 Nds. ArbZVO-Schule zu führen gehabt. Nach § 8b Abs. 5 Nds. ArbZVO erfolge bei - wie hier - dauerhafter Unmöglichkeit des zeitlichen Ausgleichs von in der Ansparphase geleisteter Arbeitszeit eine Ausgleichszahlung in Höhe der zum Zeitpunkt des Ausgleichsanspruchs geltenden Sätze der Mehrarbeitsvergütung für Beamte. Hinsichtlich der Anzahl der auszugleichenden Arbeitsstunden treffe § 8b Abs. 5 Nds. ArbZVO keine Regelung; diese Anzahl ergebe sich vielmehr aus den Regelungen in § 5 ArbZVO-Schule. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nds. ArbZVO-Schule entspreche die Anzahl der auszugleichenden Unterrichtsstunden den in der Ansparphase geleisteten zusätzlichen Stunden. Hinzu komme hier ein Zuschlag von 10 % gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 Nds. ArbZVO-Schule. Die Vorschrift des § 5 Abs. 4 Satz 10 Nds. ArbZVO-Schule, nach der die Erhöhung bei Bewilligung einer Ausgleichszahlung entfalle, sei auf die der Klägerin zu gewährenden Ausgleichszahlung nicht anwendbar, weil sich diese Vorschrift nach der Gesetzessystematik allein auf die Fälle beziehe, in denen die Lehrkraft von ihrem Antragsrecht nach § 5 Abs. 4 Satz 1 Nds. ArbZVO-Schule Gebrauch gemacht habe. Eine solche Konstellation sei im Streitfall jedoch gerade nicht gegeben. Da eine Rechtsgrundlage für das Entfallen des Zuschlags nicht ersichtlich sei, könne die Klägerin nach § 7 Nds. ArbZVO-Schule in Verbindung mit § 8b Abs. 5 Nds. ArbZVO eine Ausgleichszahlung für weitere 66,9 Unterrichtsstunden beanspruchen. Die Rechtshängigkeitszinsen hätten ihre Grundlage in den auch im Verwaltungsprozess anwendbaren Vorschriften der §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches.
Nachdem das Rubrum von Amts wegen dahin gehend berichtigt worden ist, dass die Verpflichtungsklage gegen den Beklagten als die Behörde gerichtet ist, die den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat (vgl. § 78 Abs. 1 Nr. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -; Bl. 64 Rs./Gerichtsakte - GA -), hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 30. Juli 2021 (- 5 LA 121/20 -) wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der vorinstanzlichen Entscheidung die Berufung zugelassen.
Zur Begründung seiner Berufung führt der Beklagte aus, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stehe der Klägerin kein Anspruch auf finanziellen Ausgleich für weitere 66,9 Unterrichtsstunden zu. Als Anspruchsgrundlage komme allein § 7 Nds. ArbZVO-Schule in Verbindung mit § 8b Abs. 5 Nds. ArbZVO in Betracht. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 8b Abs. 5 Nds. ArbZVO - "geleistete Arbeitszeit" - sei indes nur die tatsächlich erbrachte Dienstleistung auszugleichen. Bei dem 10%-igen Zuschlag in Höhe von 66,9 Unterrichtsstunden handle es sich aber nicht um tatsächlich geleistete Arbeit. Es bestehe auch kein Grund für eine erweiternde Auslegung der Norm. Für den Ausgleich allein der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden - und nicht auch des Zuschlags - spreche die synallagmatische Struktur von Arbeitszeitkonten. Die vorübergehende Erhöhung der Pflichtstundenzahl in der Ansparphase und die anschließende Reduktion der Unterrichtsstunden in der Ausgleichsphase stünden in einem untrennbaren Zusammenhang. Zudem sei eine Vergleichbarkeit mit den Rechtsfolgen des § 5 Abs. 4 Satz 1 und Satz 10 Nds. ArbZVO-Schule gegeben. Aus der Zusammenschau dieser Vorschriften ergebe sich, dass Ausgleichszahlung und Erhöhung der auszugleichenden Stunden (Zuschlag) nicht nebeneinander bestehen könnten, Ausgleichszahlungen also immer nur für die tatsächlich geleisteten Stunden gewährt werden sollten. Das Gesetz sehe den 10%igen Zuschlag lediglich dann vor, wenn der Betreffende dem Land in der Ausgleichsphase noch voll zur Verfügung stehe; nur insoweit reiche der Vertrauensschutz. Die Klägerin habe dem Land jedoch nicht mehr voll zur Verfügung gestanden. Ein Vertrauensschutz ihrerseits dahin gehend, dass der 10%-ige Zuschlag auch bei dauerhafter Unmöglichkeit des Ausgleichs die auszugleichenden Stunden erhöhe, bestehe nicht.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen - Einzelrichterin -vom 23. Juni 2020 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die Bestimmung des § 8b Abs. 5 Satz 1 Nds. ArbZVO sei aus Gründen des Vertrauensschutzes in dem Sinne auszulegen, dass unter den Begriff der "geleisteten Arbeitszeit" auch der Zuschlag falle. Mit dem Hinausschieben des Beginns der Ausgleichsphase um 1 Jahr sei ihr eine zusätzliche Vorleistung abverlangt worden, wofür ihr weitere 66,9 Unterrichtsstunden auf dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben worden seien. Dementsprechend habe sich die Vorleistung um diese Stunden erhöht und sei auch entsprechend finanziell abzugelten. Der Zuschlag werde Teil der Vorleistung und stehe somit entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem späteren Ausgleich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Beiakten verwiesen, der Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist. Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 12. Dezember 2023 und vom 13. Dezember 2023 für das Berufungsverfahren auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten, über die im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Sie ist zwar zulässig - dazu unter I. -, aber unbegründet - dazu unter II. -.
I. Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig, insbesondere war die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens gemäß § 68 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 2, 1. Variante VwGO und § 126 Abs. 3 Nr. 4 des Beamtenrechtsrahmengesetzes (BRRG) aufgrund einer abweichenden gesetzlichen Regelung nicht erforderlich. Nach § 54 Abs. 2 Satz 3 des Beamtenstatusgesetztes (BeamtStG) in Verbindung mit § 105 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Beamtengesetzes (NBG) bedarf es vor Erhebung einer Klage aus dem Beamtenverhältnis keiner Nachprüfung in einem Vorverfahren. Zwar sieht § 105 Abs. 1 Satz 2 NBG ausnahmsweise die Durchführung eines Vorverfahrens u. a. für Maßnahmen in besoldungsrechtlichen Angelegenheiten vor. Ein solcher Ausnahmefall - insbesondere eine besoldungsrechtliche Angelegenheit - liegt hier indes nicht vor. Streitgegenstand ist der Ausgleich von vorgeleisteter Arbeitszeit der Klägerin, wobei sich Arbeitszeit nur mittelbar auf die Höhe der Besoldung auswirkt (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 31.5.2016 - 5 LC 134/15 - [bei einem Begehren auf Bewilligung einer Teilzeitbeschäftigung unter Zugrundelegung einer niedrigeren Regelstundenzahl als der festgesetzten]).
Die Klägerin hat die Klage auch rechtzeitig erhoben. Ist ein Widerspruchsverfahren - wie hier - nicht statthaft, muss die Verpflichtungsklage grundsätzlich innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden (§ 74 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 2 VwGO). Der Bescheid der Funktionsvorgängerin des Beklagten vom 24. Januar 2017 ist ausweislich des im Verwaltungsvorgang (Beiakte 001) befindlichen "Ab-Vermerks" am 25. Januar 2017 abgesandt worden. Nach § 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (NVwVfG) in Verbindung mit § 41 Abs. 2 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Danach gilt hier eine Bekanntgabe als am 28. Januar 2017 erfolgt (§§ 31 Abs. 1 VwVfG, 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB); der dritte Tag ist auch dann maßgeblich, wenn es sich dabei - wie hier - um einen Sonnabend handelt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 26.10.2006 - 7 PA 184/06 -, juris Rn. 3). Hiervon ausgehend wäre die Klagefrist im Streitfall grundsätzlich am 28. Februar 2017, einem Dienstag, abgelaufen (§§ 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung - ZPO -, 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB) mit der Folge, dass die mehr als 9 Monate später - nämlich am 14. Dezember 2017 - erhobene Klage verfristet wäre. Die Klagefrist beginnt indes gemäß § 58 Abs. 1 VwGO nur zu laufen, wenn der maßgebliche Bescheid mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig (§ 58 Abs. 2 VwGO). Hier gilt die Jahresfrist, weil der Bescheid vom 24. Januar 2017 eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht enthält. Die Klägerin hat somit am 14. Dezember 2017 rechtzeitig Klage erhoben.
II. Die Klage bleibt indes in der Sache erfolglos. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung eines finanziellen Ausgleichs für weitere 66,9 Unterrichtsstunden.
Als Anspruchsgrundlage für ihr Begehren kommt - über § 60 Abs. 5 NBG - allein § 7 Nds. ArbZVO-Schule in Verbindung mit § 8b Abs. 5 Satz 1 Nds. ArbZVO in Betracht. Die Vorschrift des § 7 Nds. ArbZVO-Schule betrifft u. a. Veränderungen in der Anspar- oder Ausgleichsphase von Arbeitszeitkonten der Lehrkräfte. Wird während eines Arbeitszeitkontos nach den §§ 5 bis 6a Nds. ArbZVO-Schule die Erteilung ausgleichspflichtiger Unterrichtsstunden oder der zeitliche Ausgleich angesparter Unterrichtsstunden vorübergehend oder dauerhaft unmöglich, so bestimmt § 7 Nds. ArbZVO, dass die Bestimmung des § 8b Abs. 2 bis 5 Nds. ArbZVO entsprechend gilt.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Normen - bezogen auf die hier streitgegenständlichen 66,9 zusätzlichen Unterrichtsstunden - nicht vor. Für die Klägerin wurde zwar ein verpflichtendes Arbeitszeitkonto nach den maßgeblichen Arbeitszeitregelungen im Schulbereich geführt - dazu unter 1. -. Ferner lag aufgrund ihres vorzeitigen Eintritts in den Ruhestand eine dauerhafte Unmöglichkeit des zeitlichen Ausgleichs angesparter Unterrichtsstunden vor - dazu unter 2. -. Bei den hier streitgegenständlichen "Zuschlagsstunden" im Umfang von 66,9 handelt es sich indes nicht um "angesparte Unterrichtsstunden" im Sinne der Regelung des § 7 Nds. ArbZVO-Schule - dazu unter 3. -.
1. Für die Klägerin bestand - was im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig ist - ein verpflichtendes Arbeitszeitkonto im Sinne des § 5 Nds. ArbZVO-Schule in der Fassung vom 14. Mai 2012 (Nds. GVBl. 2012, S. 106), das gemäß der entsprechenden Vorgängerregelung (§ 5 der Niedersächsischen Verordnung über die Arbeitszeit der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen [Nds. ArbZVO-Lehr] in den seit dem 1. August 2002 geltenden Fassungen) eingerichtet worden war. Danach hatten Lehrkräfte bis zum Ende des Schuljahres, in dem sie das 50. Lebensjahr vollenden würden, längstens jedoch für 10 Schuljahre, über ihre regelmäßige Unterrichtsverpflichtung hinaus während bestimmter Schuljahre wöchentlich zusätzliche Unterrichtsstunden in näher bestimmtem Umfang zu erteilen, die ihrem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben wurden (Ansparphase) und die in einem der Ansparphase entsprechenden Zeitraum, beginnend zu näher bezeichneten Zeitpunkten, ausgeglichen werden sollten (Ausgleichsphase).
2. Für die Klägerin war zudem aufgrund ihrer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des Monats Januar 2017 der weitere zeitliche Ausgleich angesparter Unterrichtsstunden dauerhaft unmöglich. Sie hatte unstreitig über einen Zeitraum von 10 Schuljahren hinweg - nämlich vom ... 2002 bis zum ... 2012 - über ihr wöchentliches Pflichtstundendeputat hinaus insgesamt 669 zusätzliche Unterrichtsstunden erteilt, die ihrem verpflichtenden Arbeitszeitkonto gutgeschrieben worden waren. Bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand hatte sie - auch insoweit besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit - erst 376 Stunden "abgebaut", also durch entsprechende Stundenreduzierung ausgeglichen bekommen. Ein weiterer Stundenabbau angesparter Unterrichtsstunden, also eine weitere Reduzierung ihrer Unterrichtsverpflichtung, konnte aufgrund der Beendigung ihres Dienstes nicht mehr erfolgen.
3. Die hier streitgegenständlichen "Zuschlagsstunden" im Umfang von 66,9 Unterrichtsstunden stellen indes keine "angesparten Unterrichtsstunden" im Sinne des § 7 Nds. ArbZVO-Schule dar.
a) Der Wortlaut des § 7 Nds. ArbZVO-Schule spricht eindeutig für die Rechtsauffassung des Beklagten.
In Bezug auf den "Abbau" des verpflichtenden Arbeitszeitkontos der Klägerin bestand die Besonderheit, dass sie mit der Ansparphase am 1. August 2002 und damit zu einem Zeitpunkt begonnen hatte, als in den für sie maßgeblichen arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen geregelt war, dass die während einer 10 Schuljahre umfassenden Ansparphase zusätzlich geleisteten Unterrichtsstunden vom Beginn des darauffolgenden Schuljahrs an ausgeglichen würden (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 Nds. ArbZVO-Lehr in der Fassung der Neubekanntmachung vom 24.2.1999 [Nds. GVBl. 1999, S. 62, 64]). Damit hätte im Fall der Klägerin, die - beginnend ab dem 1. August 2002 - über einen Zeitraum von 10 Schuljahren hinweg zusätzliche Unterrichtsstunden zu leisten hatte, an sich ein Ausgleich des Arbeitszeitkontos in Form einer Stundenreduzierung ab dem 1. August 2012 - also mit Beginn des Schuljahres 2012/2013 - erfolgen müssen. Diese Ausgleichsregelung galt seit dem Beginn der 10 Schuljahre andauernden Ansparphase der Klägerin bis zum Ablauf des 31. August 2008 (vgl. § 5 Abs. 3 Nr. 1 Nds. ArbZVO-Lehr in der Fassung der Neubekanntmachung vom 2.8.2004 [Nds. GVBl. 2004, S. 302]).
Mit Wirkung vom 1. August 2008 ist die Ausgleichsregelung des § 5 Abs. 3 Nds. ArbZVO-Lehr jedoch dahin gehend geändert worden, dass nunmehr an berufsbildenden Schulen die zusätzlich erteilten Unterrichtsstunden (erst) vom Beginn des Schuljahres 2013/2014 an auszugleichen sein würden (§ 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Nds. ArbZVO-Lehr in der Fassung vom 1. Juni 2008 [Nds. GVBl. 2008, S. 211]). Für die Klägerin bedeutete dies ein Hinausschieben des Beginns ihrer Ausgleichsphase um 1 Jahr. Zwar konnte die seinerzeitige Niedersächsische Landesschulbehörde nach § 5 Abs. 5 Nds. ArbZVO-Lehr (in der seit dem 1. Juni 2008 geltenden Fassung) auf Antrag einer Lehrkraft bei Geltendmachung persönlicher Gründe, die darauf beruhten, dass diese auf die Fortgeltung der zeitlich vor dem 1. August 2008 geltenden Regelung vertraut hatte, einen von der Neuregelung abweichenden früheren Beginn der Ausgleichsphase bewilligen, und war durch die seinerzeitige Kultusministerin in der Landtagsdebatte zur beabsichtigten Änderung der Arbeitszeitverordnung-Lehr erklärt worden, jedem Antrag einer Lehrkraft auf Ausgleich des Arbeitszeitkontos entsprechend den bisherigen Regelungen werde die Landesschulbehörde stattgeben (vgl. 7. Plenarsitzung des Niedersächsischen Landtags vom 9.5.2008, S. 674). Von dieser Möglichkeit, auf Antrag an den bisherigen Ausgleichsregelungen festzuhalten, hat die Klägerin jedoch keinen Gebrauch gemacht. Somit blieb es in ihrem Fall bei dem - durch § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Nds. ArbZVO-Lehr in der Fassung vom 1. August 2008 neu geschaffenen - Hinausschieben des Beginns ihrer Ausgleichsphase um 1 Jahr.
Ebenfalls mit Wirkung vom 1. August 2008 war die Regelung des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nds. ArbZVO-Lehr (jetzt: § 5 Abs. 3 Satz 2 Nds. ArbZVO-Schule) in die Verordnung eingefügt worden, wonach sich für Lehrkräfte, für die nach der zeitlich vor dem 1. August 2008 geltenden Regelung ein früherer Beginn der Ausgleichsphase vorgesehen war, die Zahl der auszugleichenden Unterrichtsstunden um 10 vom Hundert erhöht. Damit sollte mit Blick auf die Sicherung der Unterrichtsversorgung und den insoweit (weiterhin) bestehenden Lehrkräftemangel ein Anreiz dafür geschaffen werden, dass die Lehrkräfte es bei der im Verordnungswege vorgesehenen Verschiebung der Ausgleichsphase belassen (vgl. die Ausführungen der damaligen Kultusministerin in der 7. Plenarsitzung des Niedersächsischen Landtags vom 9.5.2008, S. 674). Die Regelung des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nds. ArbZVO-Lehr griff auch im Fall der Klägerin ein mit der Folge, dass sich die auszugleichenden 669 Unterrichtsstunden um 10 Prozent - also um 66,9 Stunden - erhöhten, den auszugleichenden 669 Stunden also ein Zuschlag im Umfang von 10 % hinzugerechnet wurde.
Diese Erhöhung der auszugleichenden Stunden bzw. der Zuschlag auf die auszugleichenden Stunden ist schon begrifflich etwas anderes als die auszugleichenden Stunden selbst. Die Erhöhungs- bzw. Zuschlagsstunden sind keine durch Mehrarbeit "angesparten" Unterrichtsstunden im Sinne des § 7 Nds. ArbZVO-Schule, sondern ein "Bonus" des Dienstherrn zu Lenkungszwecken und dementsprechend von der hier einschlägigen Anspruchsgrundlage des § 7 Nds. ArbZVO-Schule nicht umfasst. "Angesparte" Unterrichtstunden sind nur diejenigen, die auf tatsächlicher Mehrarbeit während der Ansparphase beruhen, nicht aber "Bonus"-Stunden, die nach Abschluss der Ansparphase zur Kompensation eines späteren Beginns der Ausgleichsphase bzw. zur Nicht-Beantragung eines hiervon abweichenden, den vormaligen Regelungen entsprechenden Beginns der Ausgleichsphase gewährt werden.
Hiermit korrespondierend - und damit die dargestellte Wortlautauslegung des § 7 Nds. ArbZVO-Schule bestätigend - ist in § 8b Abs. 5 Nds. ArbZVO geregelt, dass - wenn bei einem Arbeitszeitkonto der Ausgleich von in der Ansparphase "geleisteter" Arbeitszeit dauerhaft unmöglich wird - eine Ausgleichszahlung in Höhe der zum Zeitpunkt des Ausgleichsanspruchs geltenden Sätze der Mehrarbeitsvergütung für Beamte erfolgt. Unter "geleisteter" Arbeitszeit ist nach dem auch insoweit ganz eindeutigen Wortlaut nur die tatsächlich geleistete Arbeit, nicht aber etwaige "Bonus"-Stunden, zu verstehen. Insofern handelt es sich bei § 7 Nds. ArbZVO-Schule um eine (dynamische) Rechtsfolgenverweisung, die für den finanziellen Ausgleich angesparter Unterrichtsstunden auf die zum Zeitpunkt des Ausgleichsanspruchs - also zum Zeitpunkt des Eintritts des Störfalls - jeweils geltenden Mehrarbeitsvergütungsbestimmungen verweist. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, hinsichtlich der Anzahl der auszugleichenden Arbeitsstunden treffe die Niedersächsische Arbeitszeitverordnung keine Regelung (Urteilsabdruck - UA -, S. 4), trifft somit nicht zu. Schon die hier hinsichtlich des zeitlichen Umfangs des Ausgleichsanspruchs maßgebliche Rechtsgrundlage des § 7 Nds. ArbZVO-Schule trifft mit dem Begriff der "angesparten" Unterrichtsstunden eine eindeutige Vorgabe, welche Stunden im Falle einer Störung der Ausgleichsphase finanziell abzugelten sind, nämlich lediglich die "angesparten" - also tatsächlich geleisteten - Mehrarbeitstunden/Vorgriffsstunden. Dies wird zudem durch die in § 8b Abs. 5 Satz 1 Nds. ArbZVO enthaltene Formulierung der "geleisteten" Arbeitszeit bestätigt. Wie bereits dargelegt, beschränken die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 b Abs. 5 Satz 1 Nds. ArbZVO einen Ausgleich auf die geleistete Arbeitszeit, so dass auch nach dieser Vorschrift Zuschläge und Boni nicht ausgleichspflichtig sind. Insoweit trifft § 8 Abs. 5 Satz 1 Nds. ArbZVO keine weitergehende Regelung und bestätigt das gefundene Auslegungsergebnis zu § 7 ArbZVO-Schule.
b) Diese Auslegung ist zudem aus systematischen Gründen - nämlich aufgrund der Zusammenschau mit den Regelungen in § 5 Abs. 4 Nds. ArbZVO-Schule - geboten.
Die Vorschrift des § 5 Abs. 4 Nds. ArbZVO-Schule hat ihre jetzige Fassung ebenfalls durch die mit Wirkung vom 1. August 2008 erfolgte Änderung der Niedersächsischen Arbeitszeitverordnung-Lehr erfahren. Sie lautet:
"(4) 1Auf Antrag kann die Landesschulbehörde für die zusätzlich erteilten Unterrichtsstunden eine von Absatz 3 Satz 1 abweichende Dauer oder einen späteren Beginn der Ausgleichsphase oder eine Ausgleichszahlung bewilligen, wenn dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. 2Die Ausgleichsphase soll sich auf mindestens ein Schulhalbjahr, bei einem darüber hinausgehenden Zeitraum auf ganze Schulhalbjahre erstrecken. 3Der Ausgleich kann auch durch eine vollständige Freistellung von der Unterrichtsverpflichtung bis zur Dauer von zwei Schuljahren erfolgen. 4Bei Bewilligung eines späteren Beginns der Ausgleichsphase erhöht sich die Zahl der auszugleichenden Unterrichtsstunden für Lehrkräfte, die nicht von Absatz 3 Satz 2 erfasst sind, um 10 Prozent. 5Die Höhe der Ausgleichszahlung richtet sich nach den zu Beginn der Ausgleichsphase geltenden Sätzen der Mehrarbeitsvergütung für Beamtinnen und Beamte im Schuldienst. 6Lehrkräften mit ermäßigter Arbeitszeit wird für die bis zum Umfang der regelmäßigen Arbeitszeit zusätzlich geleistete Arbeit abweichend von Satz 5 eine Ausgleichszahlung in Höhe der Besoldung gewährt, auf die eine Beamtin oder ein Beamter mit entsprechend anteilig erhöhter Arbeitszeit im Zeitraum der zusätzlich geleisteten Arbeit Anspruch gehabt hätte. 7Die Zahlung erfolgt in vier gleich hohen Teilbeträgen. 8Der erste Teilbetrag ist nach Beendigung der Ansparphase mit der Besoldung für den Monat August zu zahlen. 9Die weiteren Teilbeträge sind in jährlichem Abstand zu zahlen. 10Wird eine Ausgleichszahlung bewilligt, so entfällt eine Erhöhung nach Absatz 3 Satz 2."
Mit dem zum 1. August 2008 in der oben zitierten Fassung gefassten Absatz sollten für diejenigen Lehrkräfte, die zeitlich vor dem 1. August 2008 mit der Ansparphase des verpflichtenden Arbeitszeitkontos begonnen hatten, weitere flexible Handlungsmöglichkeiten geschaffen werden (so die Ausführungen der damaligen Kultusministerin in der 7. Plenarsitzung des Niedersächsischen Landtags vom 9.5.2008, S. 674). Die Lehrkräfte sollten - neben der Variante, die Neuregelung in Form des Hinausschiebens des Beginns der Ausgleichsphase nach § 5 Abs. 3 Nds. ArbZVO-Lehr eingreifen zu lassen und der weiteren Variante, einen Ausgleich auf der Grundlage der bisherigen Bestimmungen zu beantragen - zwischen der weiteren Möglichkeit des sofortigen (bzw. ggf. späteren) finanziellen Ausgleichs für alle in der Vergangenheit angesparten Mehrarbeitsstunden und der Möglichkeit, den Beginn der Ausgleichsphase noch weiter als in § 5 Abs. 3 ArbZVO-Lehr vorgesehen, also etwa vor das Lebensarbeitszeitende, nach hinten zu schieben, wählen können (so die Ausführungen der damaligen Kultusministerin in der 7. Plenarsitzung des Niedersächsischen Landtags vom 9.5.2008, S. 674). Für die Variante der Wahl des Hinausschiebens des Beginns der Ausgleichsphase über den in § 5 Abs. 3 Nds. ArbZVO-Lehr bezeichneten Zeitpunkt hinaus ist ebenfalls eine 10 %-ige Erhöhung, also ein 10%-iger Stundenaufschlag, geregelt (§ 5 Abs. 4 Satz 4 Nds. ArbZVO-Lehr). Diese Erhöhung entfällt jedoch, wenn (gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1, 3. Variante Nds. ArbZVO-Lehr) eine Ausgleichszahlung bewilligt wird (§ 4 Abs. 4 Satz 10 Nds. ArbZVO-Lehr), etwa, wenn die betreffende Lehrkraft zunächst einen späteren Beginn des Hinausschiebens der Ausgleichsphase bewilligt erhalten hat, nach einer gewissen Zeit aber ihre Pläne ändert und nun den finanziellen Ausgleich wählt. Der für diesen Fall normierte Wegfall der Erhöhung zeigt, dass der betreffenden Lehrkraft der Stundenzuschlag nur zugute kommen soll, wenn der Ausgleich in Form der weiteren Dienstleistung bei reduzierter Stundenzahl erfolgt, nicht aber, wenn der Ausgleich in Form des finanziellen Ausgleichs stattfindet. Durch das Inkrafttreten der Nds. ArbZVO-Schule am 1. August 2012 sind insoweit keine Änderungen eingetreten.
c) Entgegen der Auffassung der Klägerin (so Berufungserwiderung vom 2.11.2021, S. 2 [Bl. 97/GA]) ergibt sich eine Ausgleichspflicht des Beklagten im Hinblick auf die hier streitgegenständlichen 66,9 ("Bonus-")Stunden auch nicht aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur synallagmatischen Struktur von Arbeitszeitkonten.
Das Bundesverwaltungsgericht hat etwa in seinem Urteil vom 16. Juli 2013 zum Aktenzeichen BVerwG 2 C 41.13 ausgeführt, dass im Schulbereich "vorgeleistete Unterrichtsstunden (Vorgriffsstunden)" (a. a. O., juris Rn. 1) zur Deckung eines vorübergehenden Personalmehrbedarfs wegen des späteren zeitlichen Ausgleichs die Regelarbeitszeit der Lehrkräfte nicht erhöhen. Die vorübergehende Erhöhung der wöchentlichen Pflichtstundenzahl und deren späterer zeitlicher Ausgleich durch die Ermäßigung der Arbeitszeit nach Wegfall des Mehrbedarfs stünden "in einem untrennbaren Zusammenhang" (a. a. O., Rn. 17); durch die Einführung von Vorgriffsstunden wird die insgesamt gleich bleibende Arbeitszeit langfristig ungleichmäßig verteilt (a. a. O., Rn. 17). Durch die konkrete Verknüpfung zwischen Vorgriffsstunden und Ausgleichsstunden ist bewusst ein Ausgleichsmechanismus geschaffen worden; zwischen der Vorleistung und dem späteren Ausgleich besteht ein untrennbarer Zusammenhang (a. a. O., Rn. 18). Der besondere, auf Kompensation ausgerichtete Mechanismus wird gestört, wenn der Ersatz erbrachter Vorgriffsstunden durch Ausgleichsstunden ganz oder teilweise nicht mehr möglich ist, weil die Dienstleistungspflicht der Lehrkraft ohne vorherigen Ausgleich endet, etwa, wenn diese dauerhaft dienstunfähig wird. In diesem Fall muss es einen finanziellen Ausgleichanspruch geben, weil es ohne die Gewährung dieses Ausgleichs faktisch zu einer Erhöhung der Pflichtstundenzahl und damit der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit dieser Lehrkraft kommt (a. a. O., Rn. 19). Es besteht also ein Ausgleichsanspruch, den der Beamte durch "Vorarbeit" erdient hat, wenn die Inanspruchnahme der Gegenleistung - hier: der spätere zeitliche Ausgleich - nachträglich unmöglich geworden ist (a. a. O., Rn. 19). Aus der Betonung des Synallagmas ("untrennbarer Zusammenhang") zwischen "Vorarbeit" (= Mehrarbeit) und Ausgleich sowie aus dem Hinweis darauf, dass es "unter dem Strich betrachtet" nicht zur einer Erhöhung der Pflichtstundenzahl und damit der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit kommen darf, ist zu schlussfolgern, dass aus dem Synallagma nur eine Ausgleichspflicht im Hinblick auf tatsächlich geleistete zusätzliche Unterrichtsstunden/angesparte Unterrichtsstunden besteht, nicht aber im Hinblick auf die hier streitgegenständlichen "Zuschlagsstunden".
d) Dass die Erhöhungsstunden im "Störfall" nicht finanziell auszugleichen sind, steht schließlich auch mit Sinn und Zweck des (verpflichtenden) Arbeitszeitkontenmodells sowie Sinn und Zweck der Zuschlagsregelung im Einklang.
(Verpflichtende) Arbeitszeitkonten sollen dem Dienstherrn zur Deckung eines als vorübergehend angesehenen Personalmehrbedarfs den flexiblen Einsatz des bereits vorhandenen Personals ermöglichen. Insofern stehen langfristig auf- und abzubauende Arbeitszeitkonten systematisch betrachtet zwischen der kurzfristigen Anordnung von Mehrarbeit und sehr langfristig wirksamen Neueinstellungen. In Zeiten längerfristig bestehender, aber letztlich zeitlich überschaubarer Mehrbedarfe soll das vorhandene Lehrpersonal mehr arbeiten, während es in Zeiten zu erwartender Minderbedarfe "Stunden abbauen", also weniger arbeiten soll. Damit sollen Neueinstellungen, denen prognostisch keine entsprechenden Bedarfe mehr gegenüberstehen würden, vermieden werden. Der 10%-ige Zuschlag des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nds. ArbZVO-Lehr sollte einen Anreiz dafür bieten, das Hinausschieben des zeitlichen Ausgleichs der "Vorgriffsstunden" zu akzeptieren und damit zusätzliche Neueinstellungen weiterhin zu verhindern bzw. zu verzögern. "Geschäftsgrundlage" dieses "Bonus'" ist also, dass die betreffende Lehrkraft tatsächlich über den gesamten geplanten Zeitraum - also während der Anspar- und Ausgleichsphase - hinweg langfristig einen Personalmehrbedarf deckt und damit Neueinstellungen verhindern bzw. verzögern hilft. Muss die Lehrkraft indes ihren Dienst aufgrund vorzeitigen Eintritts in den Ruhestand beenden, ist insoweit das Ziel der längerfristigen Deckung des Personalbedarfs mit vorhandenen Lehrkräften (statt mit Neueinstellungen) nicht erreicht. Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt es, den Zuschlag nur derjenigen Lehrkraft zugute kommen zu lassen, die den zeitlichen Ausgleich auch tatsächlich durchführt und dem Dienstherrn damit während des gesamten Ausgleichszeitraums noch zur Verfügung steht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO, § 63 Abs. 3 BeamtStG und § 127 BRRG liegen nicht vor.