Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.01.2024, Az.: 1 KN 140/21
Hohes Gewicht des dem nach § 78b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WHG i.R.der planerischen Abwägung zu berücksichtigenden Interesses bzgl. der Vorgabe baulich-technischen Hochwasserschutzes anlässlich einer Bauleitplanung in Hochwasserrisikogebieten außerhalb von Überschwemmungsgebieten; Abwegungsfehlerhaftigkeit der bloßen Zurkenntnisnahme des Hinweises eines Trägers öffentlicher Belange auf diese Norm
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 17.01.2024
- Aktenzeichen
- 1 KN 140/21
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2024, 10563
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2024:0117.1KN140.21.00
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB
- § 1 Abs. 7 BauGB
- § 9 Abs. 1 Nr. 16c BauGB
- § 78b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WHG
Fundstellen
- DÖV 2024, 497
- NordÖR 2024, 181-183
- NuR 2024, 344-346
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Aus der Zusammenschau mit § 78b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WHG folgt, dass dem nach § 78b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WHG im Rahmen der planerischen Abwägung zu berücksichtigenden Interesse, anlässlich einer Bauleitplanung in Hochwasserrisikogebieten außerhalb von Überschwemmungsgebieten baulich-technischen Hochwasserschutz vorzugeben, ein hohes Gewicht zukommt. Will die Gemeinde auf entsprechende Vorgaben verzichten, bedarf es einer auf die konkreten örtlichen Verhältnisse abzielenden Begründung.
- 2.
Die bloße Zurkenntnisnahme des Hinweises eines Trägers öffentlicher Belange auf diese Norm ist abwägungsfeherhaft.
Tenor:
Der vom Rat der Antragsgegnerin am 6. Oktober 2020 als Satzung beschlossene Bebauungsplan Nr. 07-52 "Zwischen Burggraben und Lange Straße" ist unwirksam.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 07-52 "Zwischen Burggraben und Lange Straße".
Sie ist Eigentümerin des im Geltungsbereich des angefochtenen Bebauungsplans liegenden und mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Burggraben 9B-Straße. Das Grundstück lag bisher im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 24 "Zentrum-Lange Straße/Süd" und war als Mischgebiet mit zwingender zweigeschossiger Bebauung, einer Grundflächenzahl (GRZ) von 0,4, einer Geschossflächenzahl (GFZ) von 0,8 und offener Bauweise - nur Einzel- und Doppelhäuser - festgesetzt. Südlich angrenzend lag ein kleineres Mischgebiet mit festgesetzter eingeschossiger Bebauung, einer GRZ von 0,4, einer GFZ von 0,5 und offener Bauweise. Östlich und südlich setzte der Bebauungsplan Nr. 24 ein Kerngebiet mit zwingenden drei Vollgeschossen, einer GRZ von 0,8 und einer GFZ von 1,0 sowie geschlossener Bauweise fest. Westlich an das Gebiet des Bebauungsplans Nr. 24 angrenzend sieht der Bebauungsplan Nr. 07/09 "Alter Markt" unter anderem entlang der B-Straße ebenfalls ein Mischgebiet und südlich ein Kerngebiet mit zwingender zweigeschossiger und möglicher dreigeschossiger Bebauung vor. In westlicher Richtung grenzt ein Wegeflurstück (H.), im Bebauungsplan "Alter Markt" mit der Zweckbestimmung "Fußweg" versehen, unmittelbar an das Grundstück der Antragstellerin an. Hieran wiederum grenzen die Flurstücke I. und J. an, die derzeit als Parkplatz genutzt werden. Nach Darstellung der Antragstellerin wird das Wegeflurstück H. bislang faktisch als Zufahrt für diesen Parkplatz sowie für weitere an es angrenzende Grundstücke genutzt. Das Flurstück ist mit einer Zuwegungsbaulast zugunsten des Grundstücks der Antragstellerin belastet; umgekehrt ist ein schmaler Streifen am Westrand ihres Grundstücks seinerseits mit einer - nach Auffassung der Antragstellerin zu löschenden - Wegebaulast belastet.
Das Planaufstellungsverfahren für den im Verfahren nach § 13a BauGB aufgestellten Bebauungsplan Nr. 07-52 "Zwischen Burggraben und Lange Straße" verlief wie folgt: Der Verwaltungsausschuss fasste am 20. August 2019 den Aufstellungsbeschluss. Die öffentliche Auslegung des Planentwurfs erfolgte vom 28. Juli 2020 bis 28. August 2020, gleichzeitig wurden die Behörden und die Träger öffentlicher Belange beteiligt. Nach Sichtung und Abwägung der eingegangenen Stellungnahmen beschloss der Rat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung vom 6. Oktober 2020 den angefochtenen Bebauungsplan. Dieser wurde nach Ausfertigung am 13. November 2020 im Amtsblatt Nr. 33 des Landkreises Emsland bekannt gemacht.
Das Plangebiet umfasst eine Fläche von ca. 0,7 ha und wird nach Norden durch den Burggraben, nach Osten durch die Nordstraße und nach Süden durch die Lange Straße begrenzt. Nach Westen schließt es das Grundstück Lange Straße8 sowie das westlich des Grundstücks der Antragstellerin liegende Wegeflurstück (Flurstück H.) ein. Der nördliche Planbereich, bestehend aus dem bisherigen nördlichen Mischgebiet und dem Norden des im Vorgängerplan Nr. 24 ausgewiesenen Kerngebiets, ist als Besonderes Wohngebiet mit zwei bis drei zulässigen Geschossen bei einer GRZ von 0,8 und einer maximalen Firsthöhe von 13,50 m festgesetzt. Der südliche Planbereich, bestehend aus dem südlichen Mischgebiet und dem Süden des Kerngebiets des Vorgängerplans Nr. 24, ist als Kerngebiet mit zwingender dreigeschossiger Bebauung bei einer GRZ von 1,0 und maximaler Firsthöhe von 15,00 m festgesetzt. Für beide Gebiete gilt die geschlossene Bauweise. Am nordwestlichen Planrand setzt der Plan das bisher dem Bebauungsplan Nr. 07/09 unterfallende Wegeflurstück H. als private Verkehrsfläche fest. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans verwiesen.
Auf den südlich an das Grundstück der Antragstellerin anschließenden, bislang teils zum Kern-, teils zum südlichen Mischgebiet gehörenden, durch den Plan einheitlich als Kerngebiet festgesetzten Flurstücken 84/16 und 85/3 (Lange Straße8) wurde am 12. Februar 2021 ein Neubauvorhaben mit 9 Wohneinheiten und medizinischen/sozialen Diensten sowie 22 rückwärtigen, d.h. zum Antragstellergrundstück orientierten und über das Wegeflurstück H. erschlossenen Stellplätzen genehmigt. Die Antragstellerin hat die Genehmigung angefochten (Az. VG Osnabrück VG Osnabrück 2 A 173/21 2 A 173/21), das Vorhaben ist inzwischen fertiggestellt.
Die Antragstellerin hat am 23. September 2021 den vorliegenden Normenkontrollantrag und am 28. Dezember 2021 einen Normenkontrolleilantrag (1 MN 188/21), den der Senat aus auf die Besonderheiten dieser Verfahrensart abstellenden Gründen abgelehnt hat, gestellt. Neben Verfahrensrügen macht sie insbesondere geltend, der Bebauungsplan sei abwägungsfehlerhaft. Die mit der Festsetzung einer privaten Straßenverkehrsfläche verbundenen Lärm- und Verkehrsbetroffenheiten seien nicht ermittelt und bedacht worden; alle Zu- und Abfahrtvorgänge liefen an ihrem Grundstück entlang, das von Stellplätzen umgeben sei. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Vorhaben Lange Straße 4-6 nicht über die Lange Straße erschlossen werde. Ferner sei der Lage des Plangebiets in einem Risikogebiet nach § 78b Abs. 1 Satz 1 WHG trotz entsprechender Aufforderung des Landkreises Emsland in der Abwägung nicht Rechnung getragen worden; die Aufforderung sei lediglich zur Kenntnis genommen worden. Durch den Bebauungsplan werde in wohlabgewogene Altpläne eingegriffen. Eine sorgfältige Bestandsaufnahme der vorhandenen Bebauung fehle; der Parkplatz auf den Flurstücken I. und J. hätte in das Plangebiet einbezogen werden müssen.
Die Antragstellerin beantragt,
den Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 07-52 "Zwischen Burggraben und Lange Straße", Satzungsbeschluss vom 6. Oktober 2020, bekannt gemacht am 13. November 2020, für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie führt aus, die Antragstellerin mache im Wesentlichen Einwendungen gegen das sie störende Neubauvorhaben Lange Straße 4-6 geltend, das aber nicht Streitgegenstand des gegen einen Angebotsbebauungsplan gerichteten Normenkontrollverfahrens sei. Die Verkehrssituation am Grundstück der Antragstellerin werde durch die Planung nicht verschlechtert; dieses werde seit mehr als zwanzig Jahren von Stellplätzen umgeben, ohne dass es zu unverträglichen Belästigungen gekommen sei. Das gelte auch mit Blick auf die Festsetzung des Antragstellergrundstücks als Besonderes Wohngebiet, das den Schutzanspruch des bisher festgesetzten Mischgebiets teile. Verkehrs- und Schallgutachten seien daher nicht nötig gewesen, zumal die Antragstellerin im Rahmen der öffentlichen Auslegung keine Einwendungen erhoben habe. Da die Planung die Hochwasserrisikolage nicht verändere, habe es insoweit genügt, die Hinweise des Landkreises schlicht zur Kenntnis zu nehmen. Nutzungsrechte, in die die Planung eingriffe, habe die Antragstellerin nicht benannt. Das Plangebiet sei in seinem Bestand erfasst und in der Planbegründung beschrieben worden; die fehlende Einbeziehung des Parkplatzes verstoße nicht gegen das Konfliktbewältigungsgebot.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
I.
Der zulässige Antrag ist begründet. Der angegriffene Bebauungsplan leidet unter zu seiner Unwirksamkeit führenden Abwägungsmängeln.
Das in § 1 Abs. 7 BauGB verankerte Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 = juris Rn. 29). Zur Unwirksamkeit des Plans führen nur Abwägungsfehler, die offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 214 Abs. 3 Satz 2, 2. Hs. BauGB).
Zu den kraft Gesetzes abwägungserheblichen Belangen gehört nach § 78b Wasserhaushaltsgesetz (WHG) der Hochwasserschutz in Hochwasserrisikogebieten außerhalb festgesetzter Überschwemmungsgebiete. Nach § 78b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WHG sind bei der Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich sowie bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen für nach § 30 Abs. 1 und 2 oder nach § 34 BauGB zu beurteilende Gebiete insbesondere der Schutz von Leben und Gesundheit und die Vermeidung erheblicher Sachschäden in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB zu berücksichtigen.
Auch wenn § 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB bereits vor Einführung des § 78b WHG durch das Hochwasserschutzgesetz II (G. v. 30.6.2017 - BGBl. S. 2193) den Gemeinden die Berücksichtigung angemessenen baulich-technischen Hochwasserschutzes in der Abwägung aufgab (BVerwG, Urt. v. 3.6.2014 - 4 CN 6.12 -, BVerwGE 149, 377 = juris Rn. 38), kommt § 78b WHG in der Abwägung mehr als nur deklaratorische Bedeutung zu (a.A. Czychowski/Reinhardt, WHG, 13. Aufl. 2023, § 78b Rn. 13). Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 dieser Norm ist im Zusammenhang mit § 78b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WHG zu sehen, wonach außerhalb der von Nr. 1 erfassten Gebiete - also im Außen- und im unbeplanten Innenbereich - bauliche Anlagen nur in einer dem jeweiligen Hochwasserrisiko angepassten Bauweise nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet oder wesentlich erweitert werden sollen, soweit eine solche Bauweise nach Art und Funktion der Anlage technisch möglich ist; bei den Anforderungen an die Bauweise sollen auch die Lage des betroffenen Grundstücks und die Höhe des möglichen Schadens angemessen berücksichtigt werden. Für Gebiete, die nach Nr. 1 überplant sind, greift eine derartige unmittelbar an den Bauherrn gerichtete Regelvorgabe nicht. Das heißt aber nicht, dass der Gesetzgeber überplante Gebiete per se für weniger schutzbedürftig als unbeplante erachtet hat. Er ist vielmehr davon ausgegangen, dass die Vorgabe angemessenen baulich-technischen Hochwasserschutzes in diesen Gebieten Aufgabe des Plangebers sei und von ihm auch umgesetzt würde (BT-Drs. 18/12404: "Insbesondere sind, soweit erforderlich, in bestimmten Gebieten auch Anforderungen an das hochwasserangepasste Bauen aufgrund der erweiterten Möglichkeiten im Baurecht (s. Artikel 2 Nummer 3 des Gesetzentwurfs mit den Änderungen in § 9 Absatz 1 Nummer 16 BauGB) zu stellen"). Das Instrumentarium hierfür hat er den Gemeinden im gleichzeitig mit § 78b WHG eingeführten § 9 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c BauGB an die Hand gegeben.
Hieraus folgt, dass die planende Gemeinde im Rahmen ihrer Abwägung im Ausgangspunkt von einem hohen Gewicht des Interesses an baulich-technischem Hochwasserschutz in Hochwasserrisikogebieten nach § 78b WHG ausgehen muss. Von entsprechenden Festsetzungen kann sie freilich - das ergibt sich aus der Vorgabe in Nr. 1, die dort erwähnten Belange lediglich zu "berücksichtigen" - in verschiedenen Fallkonstellationen absehen, etwa dann, wenn eine hochwasserangepasste Bauweise unmöglich oder unter Berücksichtigung des zu erwartenden Schadens und der Eintrittswahrscheinlichkeit unverhältnismäßig wäre. Ein Absehen ist auch denkbar, wenn die Gemeinde im Rahmen des in Rede stehenden Plans oder eines planübergreifenden Konzepts entschieden hat, die Vorgabe einer hochwasserangepassten Bauweise durch andere Maßnahmen zur Risikosenkung (z.B. Deichbau, Retention) zu ersetzen. Ein Absehen kommt ferner bei Planänderungen in Betracht, die keinen Bezug zur Hochwasservorsorge haben, etwa weil sie keinen Austausch von Bausubstanz erwarten lassen und auch keine empfindlicheren Nutzungen als bisher in das Plangebiet "ziehen". Weiter mag ein Absehen auch dann denkbar sein, wenn im Einzelfall Planungsziele von übergeordnetem Gewicht - etwa die Notwendigkeit schneller und billiger Schaffung neuen Wohnraums in einer wohnungspolitischen Notlage - eine Zurückstellung des hochwasserbedingten Schadensrisikos rechtfertigen. Ob dies der Fall ist, entscheidet die Gemeinde innerhalb der allgemeinen Grenzen ihres Planungsermessens (§ 1 Abs. 7 BauGB, s.o.).
Diesen Anforderungen genügt die aus der Planbegründung und der Behandlung der eingegangenen Stellungnahmen ersichtliche Abwägung der Antragsgegnerin nicht. Die Planbegründung (dort S. 22) begnügt sich mit einem Hinweis auf die Lage des Plangebiets in einem Hochwasserrisikogebiet nach § 78b WHG und dessen Definition; rechtlich folgt hieraus für die planunterworfenen Bauherren indes nichts. Die ausdrückliche Forderung des Fachbereichs Wasserwirtschaft des Landkreises Emsland, die Vorgabe des § 78b WHG zu beachten und entsprechende Ausführungen zu ergänzen, hat die Antragsgegnerin lediglich zur Kenntnis genommen (Planbegründung S. 15 f.). Angesichts dessen ist nicht ersichtlich, dass der Rat der Antragsgegnerin die Festsetzung von Vorgaben zum baulich-technischen Hochwasserschutz auch nur in Erwägung gezogen, geschweige denn, aus welchen Gründen er diese verworfen haben könnte.
Der daraus folgende, von der Antragstellerin innerhalb der Frist des § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB gerügte Fehler im Abwägungsvorgang ist nicht deshalb nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB unbeachtlich, weil er sich nicht auf das Abwägungsergebnis ausgewirkt haben könnte. Im Gegenteil sind wenig Gründe vorstellbar, die hier ein gänzliches Absehen von Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c BauGB rechtfertigen könnten. Die Planung ist namentlich nicht "hochwasserneutral". Die Erhöhung der Grundflächenzahlen im Plangebiet schafft - anders als die bloße Ermöglichung von Aufstockungen - die Grundlage, gerade auch im überflutungsträchtigen bodennahen Bereich zusätzliche sachschadensgeneigte und zudem Retentionsflächen verdrängende Bausubstanz zu realisieren. Der Umstand, dass ein Großteil des Stadtgebiets der Antragsgegnerin, wie diese in der mündlichen Verhandlung zutreffend ausgeführt hat, im Hochwasserrisikogebiet nach § 78b WHG liegt, lässt die Festsetzung einer hochwasserangepassten Bauweise nicht als entbehrlich, sondern als in besonderem Maße wünschenswert erscheinen. Das Hochwasserrisiko im Plangebiet liegt nicht im Bagatellbereich: Der maßgebliche Risikopegel beträgt nach Angaben des Landkreises 11,83 m, die natürliche Geländehöhe liegt nach dem NiedersächsischenNiedersächsischen Bodeninformationssystem (https://nibis.lbeg.de/cardomap3/?TH=1016) unter 10,50 m. Der Umstand, dass der Planung konkrete Bauwünsche - unter anderem ein Vorhaben mit Tiefgarage - zugrunde lagen, machte die Möglichkeit der Antragsgegnerin, mit Vorgaben zur hochwasserangepassten Bauweise zeitnah einen Beitrag zur Verbesserung der in ihrem Stadtgebiet flächendeckend prekären Risikolage zu leisten, besonders plastisch. Dass jegliche hochwasserangepasste Bauweise vorliegend unmöglich, städtebaulich unvertretbar oder wirtschaftlich unverhältnismäßig wäre, ist nicht erkennbar; eine dahingehende pauschale, nicht aus Besonderheiten der konkreten örtlichen Situation abgeleitete Annahme wäre mit dem Sinn und Zweck des § 78b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WHG unvereinbar.
II.
Angesichts des Vorstehenden erübrigen sich Ausführungen zu den sonstigen Rügen der Antragstellerin, die voraussichtlich nicht durchgegriffen hätten. Lediglich mit Blick auf das Hauptanliegen der Antragstellerin, die Festsetzung des westlich an ihr Grundstück angrenzenden Wegeflurstücks als private Verkehrsfläche ohne Beschränkung auf den Fußgängerverkehr zu verhindern, ist Folgendes anzumerken: Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses war das Interesse der Antragstellerin, Kfz-Verkehr auf diesem Flurstück zu verhindern, schon deshalb nicht abwägungserheblich, weil es für den Rat der Antragsgegnerin nicht erkennbar war. Die Antragstellerin und ihre Rechtsvorgänger hatten den faktisch auf dem Flurstück stattfindenden Verkehr nicht nur seit Jahrzehnten geduldet, sondern dieses auch selbst als Zufahrt zu ihren rückwärtigen Stellplätzen genutzt; zudem hatte die Antragstellerin im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung keine Stellungnahme abgegeben. Im Falle der Durchführung eines ergänzenden Verfahrens mit erneutem Ratsbeschluss über den Plan wäre die Erkennbarkeit hingegen gegeben; das langjährige unbeanstandete Bestehen einer mit Kfz befahrbaren Zufahrt, auf das sich die Nachbarschaft eingestellt hat, mag - ebenso wie die bisherige Lage des Antragstellergrundstücks in einem Mischgebiet - allerdings das Gewicht der Belange der Antragstellerin in der Abwägung senken.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10 (analog), 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.