Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 29.01.2024, Az.: 12 OB 5/24

Unanfechtbarkeit von sitzungspolizeilichen Maßnahmen des Verwaltungsgerichts

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
29.01.2024
Aktenzeichen
12 OB 5/24
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 10414
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:0129.12OB5.24.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Osnabrück - 01.12.2023 - AZ: 3 A 113/23

Amtlicher Leitsatz

Ordnet das Verwaltungsgericht als Maßnahme der Sitzungspolizei die Fesselung eines Beteiligten an, ist diese Anordnung grundsätzlich unanfechtbar.

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 3. Kammer (Einzelrichter) - vom 1. Dezember 2023 wird verworfen, soweit sie sich dagegen richtet, dass sitzungs-polizeiliche Maßnahmen zur Durchführung der mündlichen Verhandlung (auch) in dem unter dem Aktenzeichen geführten Verfahren angeordnet worden sind.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 1. Dezember 2023 bleibt als unstatthaft erfolglos.

Sie fällt in die Zuständigkeit des beschließenden Senats, soweit - im unmittelbaren Anschluss an die am 1. Dezember 2023 (Bl. 110, erster Absatz, und Bl. 113 der Gerichtsakte - GA -) vorgenommenen Verbindung der unter den Aktenzeichen und 3 A 278/23 geführten Sachen zur (nur) gemeinsamen (mündlichen) Verhandlung - durch den hier angefochtenen weiteren Beschluss (Bl. 114 GA ff.) sitzungspolizeiliche Maßnahmen (auch) für die erstgenannte dieser beiden Sachen angeordnet worden sind. Diese Maßnahmen umfassten eine Leibesvisitation des Klägers vor Betreten des Sitzungssaals, seine Begleitung und Bewachung durch zwei Justizbedienstete (als Voraussetzung seiner Verhandlungsteilnahme) sowie seine unterdessen fortdauernde Fesselung.

Die Beschwerde ist als unstatthaft zu verwerfen, weil ein Rechtsmittel gegen Maßnahmen der Sitzungspolizei, zu denen auch eine Fesselung von Beteiligten zählt (vgl. BFH, Beschl. v. 10.8.2023 - X B 136/22 -, BFH/NV 2023, 1228 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 21) gesetzlich nicht vorgesehen ist.

Es mag dahinstehen, ob dies schon daraus folgt, dass solche Maßnahmen prozessleitende Verfügungen sind, die nach § 146 Abs. 2 VwGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden können, oder ob es sich aus einer historischen und gesetzessystematischen Auslegung (vgl. BGH, Beschl. v. 13.10.2015 - StB 10/15 -, NJW 2015, 3671 f., hier zitiert nach juris, Rnrn. 5 ff.) der §§ 176 ff. GVG (i. V. m. § 55 VwGO) ergibt (vgl. eingehend VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 1.8.2022 - 2 S 437/22 -, NJW 2022, 2865 f. [VGH Baden-Württemberg 01.08.2022 - 2 S 437/22][VGH Baden-Württemberg 01.08.2022 - 2 S 437/22], hier zitiert nach juris, Rnrn. 18 ff.). Soweit von dieser Sichtweise in der jüngeren Rechtsprechung eine Ausnahme unter der Voraussetzung (vgl. VGH Bad.-Württ., a. a. O., Rn. 22) gemacht wird, dass der sitzungspolizeilichen Anordnung eine über die Dauer der Hauptverhandlung oder sogar über die Rechtskraft des Urteils hinausgehende Wirkung zukommt und insbesondere Grundrechte oder andere Rechtspositionen des von einer sitzungspolizeilichen Maßnahme Betroffenen dauerhaft tangiert und beeinträchtigt werden, kann dahinstehen, ob eine solche Ausnahme zu rechtfertigen wäre. Denn eine über die Dauer der Hauptverhandlung oder sogar über die Rechtskraft des Urteils hinausgehende Wirkung der hier angefochtenen sitzungspolizeilichen Anordnungen ist nicht zu erkennen, zumal dem Kläger in der Sitzung gestattet worden ist, an der mündlichen Verhandlung (nur) in Fuß- statt in Handfesseln teilzunehmen, und er sodann einen Sachantrag gestellt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da in dem Beschwerdeverfahren gemäß Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anl. 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) lediglich eine Festgebühr anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).