Landgericht Hannover
Beschl. v. 14.04.2023, Az.: 1 O 78/23

Ausschluss der Annahme der Dringlichkeit durch das eigene Verhalten des Anteilseigners

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
14.04.2023
Aktenzeichen
1 O 78/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 51094
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2023:0414.1O78.23.00

In dem Rechtsstreit
1. xxxx
2. xxxx
Antragstellerinnen,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxx
gegen
xxxx
Antragsgegnerin,
hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Hannover am 14. April 2023 durch die Richterin am Landgericht xxxx beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Antrag der Antragstellerinnen auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Antragsgegnerinnen tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.

  3. 3.

    Streitwert: 1.000.000,- €

Gründe

I.

Die Antragstellerin zu 1 ist Anteilseignerin der Antragstellerin zu 2, die wiederum Aktionärin der Antragsgegnerin ist, deren Grundkapital sich auf 178.520.585 Aktien verteilt. Die Antragsgegnerin strebt an, ihr Kapital zu erhöhen und dazu neue Stammaktien anzubieten; dazu verhält sich eine entsprechende Information auf der Homepage der Antragsgegnerin, wegen deren Einzelheiten auf den von den Antragstellerinnen als Anlage 3 der Antragsschrift zu den Akten gereichten screenshot Bezug genommen wird. Als Erwerberin soll dabei die Antragstellerin zu 2 ausgeschlossen sein, da sie auf der Sanktionsliste der EU-Verordnung- insoweit wird wegen der Einzelheiten auf S. 4 der Antragsschrift Bezug genommen - geführt wird.

Die Antragstellerinnen machen geltend, ihr Stimmenanteil werde durch die Kapitalerhöhung ohne Möglichkeit eines eigenen Aktienerwerbs von bisher 14,2 % zurückgeführt und der Wert des Aktienvermögens der Antragstellerin zu 2 gemindert.

Wegen des Antrags der Antragstellerinnen wird auf S. 2/3 der Antragsschrift vom heutigen Tage Bezug genommen.

II.

Der Antrag der Antragstellerinnen ist zulässig, in der Sache hat er keinen Erfolg. Es kann dahinstehen, ob ihnen ein Verfügungsanspruch zusteht, was im Hinblick auf die Sachbefugnis der Antragstellerin zu 1 deshalb in Frage stehen dürfte, weil sie nicht Aktionärin der Antragsgegnerin ist und damit allenfalls mittelbar wirtschaftlich betroffen wäre. Es fehlt aber bereits an einem Verfügungsgrund. Die Antragstellerinnen haben mit ihrem Antrag bis zum heutigen Tage - und damit über eine Spanne von mehr als 2 Wochen - mit ihrem Antrag gewartet, ohne dafür eine tragfähige Begründung vorzutragen. Sie kann sich insoweit nicht erfolgreich darauf berufen, dass es einer vertieften Klärung der Rechtslage bedurft hätte, da diese zum einen nicht ihre Interessenlage berührt, zum anderen aber fügt es sich nicht, dass sie bei Einbindung fachlicher Berater eine Zeitspanne von Wochen für ihre Entschließung zur Anrufung der Gerichte benötigt hat, während sie diesen - bzw. dem angerufenen Landgericht Hannover - mit der Antragstellung am Freitag vor dem von ihr genannten "letzten" Termin, Montag, 17.04.2023, 11:29 Uhr, keinen nennenswerten Zeitraum für eine Erwägung oder gar Beratung zubilligt. Damit kommt die Figur der sog. Selbstwiderlegung zum Tragen; danach fehlt es an einem Verfügungsgrund, wenn der Antragsteller die Annahme der Dringlichkeit durch sein eigenes Verhalten ausgeschlossen hat, insbesondere weil er nach Eintritt der Gefährdung seines Rechts das Verfügungsverfahren nicht zügig betrieben hat (s. zuletzt OLG Hamburg GRUR-RR 2023, 114ff; zit. nach juris, dort Rz. 41 m. w. Nachw; OLG Potsdam MMR 2022, 970ff; zit. nach juris, dort Rz. 38 m. w. Nachw.). Ebenso verhält es sich hier: Es ist schlechterdings nicht nachvollziehbar, dass die Antragstellerinnen mit ihrem Gesuch bis zum buchstäblich letzten denkbaren Termin gewartet haben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1; 100 Abs. 1 ZPO.

Den Gegenstandswert hat die Kammer mangels Angaben der Antragstellerinnen in der Antragsschrift pauschal bemessen.