Landgericht Hannover
Urt. v. 27.03.2023, Az.: 2 O 145/21

Leistungsausschluss wegen Kündigung der Zahnzusatzkostenversicherung

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
27.03.2023
Aktenzeichen
2 O 145/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 24163
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2023:0327.2O145.21.00

Fundstelle

  • r+s 2023, 671-672

In dem Rechtsstreit
(...)
hat das Landgericht Hannover - 2. Zivilkammer - durch den Richter am Landgericht (...) als Einzelrichter auf die mündliche Verhandlung vom 02.03.2023 für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

  3. 3.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

  4. 4.

    Der Streitwert wird festgesetzt auf die Stufe bis 16.000,00 €.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus eigenem und abgetretenem Recht auf Leistungen aus einer Zahnzusatzkostenversicherung in Anspruch.

Der Ehemann der Klägerin unterhielt für diese seit dem 1.1.2010 bei der Beklagten eine Krankenversicherung als ,Ergänzungstarif zahnärztliche Versorgung zur gesetzlichen Krankenversicherung' im Tarif Z100, dessen Bedingungen sich aus Anlage K1 ergeben und die in ihrer Ziffer 11 eine Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Ende des Versicherungsjahres, welches dem Kalenderjahr entspricht, vorsehen. Der Ehemann der Klägerin sprach mit Schreiben vom 30. Dezember 2019 (K2) als Versicherungsnehmer die Kündigung des Vertrages zum nächstmöglichen Termin aus und faxte dieses an die Beklagte, wo es am selben Tag um 18.10 Uhr einging. Die Beklagte wies mit Schreiben vom 2.1.2020 (K3) darauf hin, dass die Kündigung unwirksam sei, wenn nicht die versicherte Person über die Kündigung informiert ist. Die Beklagte erhielt daraufhin am 9.1.2020 das ebenfalls mit K3 bezeichnete Fax, welches aus dem Schreiben der Beklagten vom 2.1.2020 besteht, versehen mit einer handschriftlichen Unterschrift:

Sehr geehrte Damen und Herren

hiermit bestätige ich (...) den Kündigungswunsch mit Fax vom 30.12.2019.

A. (...)

Der Urheber dieser Zeilen ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 13.1.2020 die Kündigung zum 31.12.2020.

Ein weiteres Schreiben vom 9. Januar 2020 zu der betreffenden Versicherungsnummer nimmt Bezug auf die Kündigung vom 30.12. und bittet um Stornierung des Kündigungswunsches wegen Irrtums im Vertrag, dieser solle bitte weiterlaufen, es grüßen der Ehemann der Klägerin und die Klägerin selbst. Die Klägerin behauptet, dieses Schreiben habe ihr Mann am 9. Januar 2020 um 17:16 Uhr gefaxt. Die Beklagte führt hierzu aus, sie habe das Schreiben erst mit weiterem Schreiben des Ehemanns der Klägerin vom 20.1.2021 (BLD 4) erhalten.

Ende 2020 stellte sich umfangreicher zahnärztlicher Behandlungsbedarf der Klägerin u.a. durch eine Implantatversorgung mit einem zu erwartenden Kostenaufwand von rund 16.000,00 € heraus. Aufgrund dessen übermittelte die Klägerin Heil- und Kostenpläne und die Beklagte trat in eine Leistungsprüfung ein. Sie wies mit Schreiben vom 13.1.2021 (K4) insoweit auch auf das Vertragsende zum 31.12.2020 hin.

Im März 2021 entwickelte sich - von Seiten der Klägerin auch anwaltlich geführter - Schriftwechsel über die Frage einer Leistungspflicht der Beklagten und des Fortbestehens des Versicherungsvertrages.

Die Klägerin behauptet, die in ihrem Namen ausgefertigte Bestätigung des Kündigungswunsches sei nicht durch sie erfolgt. Ihr Mann habe diesen handschriftlichen Vermerk auf dem Schreiben der Beklagten angebracht und in ihrem Namen unterzeichnet an diese gefaxt. Als dies im Laufe des Nachmittags erörtert worden sei, sei ihnen klargeworden, dass der falsche Vertrag gekündigt worden sei, weswegen das weitere Schreiben vom 9. Januar 2020 mit der Bitte um Stornierung des Kündigungswunsches und Fortsetzung des Vertrages verfasst und noch am selben Abend von dem Ehemann der Klägerin versandt worden sei. Die Klägerin ist daher der Ansicht, der Versicherungsvertrag bestehe fort, weshalb die Beklagte auch zur Erstattung der bisher entstandenen Behandlungskosten und mit Rechnung aus Mai 2021 berechneten zahnärztlichen Leistungen (K8) verpflichtet sei. Die Klägerin beantragt:

  1. I.

    Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien unter der Versicherungsschein-Nr.: 100402620 bestehende Versicherungsvertragsverhältnis in Bezug auf eine Krankenzusatzversicherung mit dem Tarif "Z100" nicht zum 31.12.2020 beendet wurde, sondern zu unveränderten Bedingungen darüber hinaus fortbesteht,

  2. II.

    hilfsweise wird beantragt,

    festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die notwendige prothetische Versorgung der Zähne 16, 13, 12, 22, 23, 26 im Oberkiefer sowie der Zähne 44, 42, 34, 32 als Versicherungsfall zu behandeln und nach Maßgabe des vereinbarten Tarifes "Z 100" der Versicherungsanteil durch die Beklagte zu zahlen ist,

  3. III.

    die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 3.294,18 € nebst 5 % Zinsen über Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie geht davon aus, den Versicherungsvertrag der ausgesprochenen Kündigung gemäß zum 30.12.2020 beendet zu haben. Sie habe nach Erhalt des Rückfaxes mit dem handschriftlichen Zusatz davon ausgehen dürfen, die Klägerin sei wie erforderlich über die vom Versicherungsnehmer ausgesprochene Kündigung unterrichtet. Im Übrigen hätten die Klägerin und ihr Mann auch auf die Bestätigung der Kündigung mit Schreiben K6 reagieren können, wenn dies nicht wunschgemäß gewesen sei. Das weitere, angeblich unter dem 9. Januar 2020 verfasste Schreiben sei ihr nicht vor dem Schreiben (B4) vom 20. Januar 2021 bekannt geworden und habe insofern angesichts des Vertragsendes Ende Dezember 2020 keine Wirkung mehr entfalten können.

Die Kammer hat nach Maßgabe des Beschlusses vom 14.12.2022 einen Zeugen gehört. Wegen dessen Bekundungen wird auf das Protokoll vom 2.3.2023 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Es kann dahinstehen, ob die Feststellungsanträge zulässig sind, da die Klage insgesamt wegen Beendigung des Vertrages unbegründet ist.

Der zu Gunsten der Klägerin ursprünglich bestehende Krankenversicherungsvertrag ist nämlich durch die durch ihren Ehemann, dem Versicherungsnehmer, unter dem 30. Dezember 2019 ausgesprochene Kündigung wirksam zum Ende 2020 beendet worden. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 2.1.2020 zutreffend auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass die Klägerin als versicherte Person im Sinne von § 13 Abs. 10 MB/KK von der von ihrem Ehemann ausgesprochenen Kündigungserklärung Kenntnis erlangt hat und dies der Versicherungsnehmer der Beklagten gegenüber nachgewiesen würde. Dass die Klägerin von der Kündigungserklärung selbst Anfang Januar 2020 objektiv Kenntnis hatte, ist unstreitig und ergibt sich schon aus dem behaupteten Schreiben vom 9. Januar 2020 über die Stornierung des Kündigungswunsches. Diese Kenntnis hat der Versicherungsnehmer durch das Fax (K3) mit dem handschriftlichen Zusatz der Beklagten auch nachgewiesen, weshalb die Kündigung wirksam geworden ist. Es kann nach Ansicht der Kammer in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob der Ehemann der Klägerin die Zeilen verfasste und unterschrieb, da sie der Beklagten jedenfalls als Nachweis genügten. Die Kammer hält allerdings das entsprechende Vorbringen der Klägerin auch für nicht glaubhaft. Zunächst weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass das Schriftbild der Unterschrift der Klägerin den weiter in der Akte vorhandenen Unterschriften gleicht, welche unstreitig von der Klägerin sind. Auch die Handschrift selbst passt zu dieser Unterschrift und eher nicht zu der, die man aus der Unterschrift des Versicherungsnehmers für diesen erwarten würde. Da darüber hinaus das Ergebnis der Beweisaufnahme in diesem Zusammenhang keine entsprechend gesicherte Überzeugung der Kammer zu Gunsten der Klägerin ergeben hat, würde das Gericht insoweit daher nicht von einer Fälschung ausgehen, was angesichts der eingangs gemachten Ausführungen dahinstehen kann. Zudem ist der Hinweis der Beklagten auf die mangelnde Reaktion auf die Kündigungsbestätigung, die dem auch entgegensteht, zutreffend.

Dass das Schreiben vom 9. Januar 2020 mit der Bitte um Stornierung der Kündigung der Klägerin an diesem Tag oder sonst zeitnah im Zusammenhang mit der Kündigung des Vertrages zugegangen wäre, hat die Klägerin nicht bewiesen. Der Zeuge (...) konnte hierzu nur bekunden, dass er das Schreiben am selben Tag an die Beklagte gefaxt haben will. In dessen lässt sich ein sicherer Schluss darauf nicht aus dem vorgelegten Sendebericht ziehen, da dieser ohne jeden belegten Zusammenhang mit dem angeblich zugehörigen Schreiben steht. Da damit ein Zugang dieser Erklärung bei der Beklagten vor Januar 2021 nicht zugrunde zu legen ist, ist auch nicht an eine rechtzeitige Erklärung der Klägerin im Sinne von § 13 Abs. 10 MB/KK zu denken.

Die Klage war insgesamt abzuweisen, weil der Klägerin daher keine Ansprüche mehr aus der wirksam beendeten Krankenzusatzversicherung zur Seite stehen. Auch die mit dem Antrag zu 3 begehrte Kostenerstattung hinsichtlich der in 2021 durchgeführten Behandlung kann die Klägerin nicht begehren. Denn das Ende des Versicherungsfalles tritt ausweislich § 7 MB/KK mit dem Ende des Versicherungsvertrages ein, unabhängig davon, ob gegebenenfalls Teile der Behandlung noch auf Heil- und Kostenplänen aus versicherter Zeit zurückzuführen sein könnten.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 709 ZPO.

Hermann Richter am Landgericht