Landgericht Hannover
Urt. v. 17.10.2023, Az.: 32 O 170/22

Klage der Betreiberin des Gasversorgungsnetzes Hannover auf Gewährung des Zutritts zu Räumlichkeiten und den Anlagen des Gasnetzanschlusses und Gasverbrauchsgeräte zwecks Sichtprüfung und Dokumentation

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
17.10.2023
Aktenzeichen
32 O 170/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 50374
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2023:1017.32O170.22.00

In dem Rechtsstreit
XXX
- Klägerin -
Prozessbevollmächtigte:
XXX
gegen
1. XXX
2. XXX
- Beklagte -
Prozessbevollmächtigte zu 1. und 2.:
XXX
hat das Landgericht Hannover - 7. Kammer für Handelssachen - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht XXX anstelle der Kammer im schriftlichen Verfahren mit einer Erklärungsfrist bis zum 13.10.2023 für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Es wird festgestellt, dass die Klage, soweit sie gerichtet gewesen ist auf

    1. a)

      Verurteilung der Beklagten, den mit einem Ausweis versehenen Beauftragten der Klägerin Zutritt zu ihren Räumlichkeiten im Haus XXX Hannover einschließlich Keller und Nebenräumen, in denen sich Anlagen des Gasnetzanschlusses oder Gasverbrauchsgeräte befinden, zu gewähren und dort die nachfolgend dargelegten Maßnahmen zu dulden:

      • Sichtprüfung und Dokumentation des dortigen Netzanschlusses und des dortigen Gaszählers auch mittels Anfertigung von Fotos,

      • Sichtprüfung und Dokumentation der dortigen Gasanlage und der dort vorhandenen Gasverbrauchsgeräte einschließlich deren Befestigung nach gegebenenfalls erforderlicher Entfernung von vorhandenen Abdeckungen auch mittels der Anfertigung von Fotos,

      • Sichtprüfung und Dokumentation gegebenenfalls vorhandener Mängel an der Gasanlage auch mittels der Anfertigung von Fotos,

      • Erfassung und Dokumentation der Gerätedaten und der Typenbezeichnung auch mittels der Anfertigung von Fotos,

      • Durchführung und Dokumentation von Abgasmessungen und Analysen auch mittels der Anfertigung von Fotos,

      • Anbringen von Hinweisaufklebern auf dem Gasverbrauchsgerät betreffend u.a. die Geräteerfassung und die ermittelten Messdaten,

      sowie auf

    2. b)

      Anordnung für den Fall der Verweigerung des Zutritts und/oder des sonstigen Widerstands der Beklagten gegen die unter lit. a) angeordneten Maßnahmen im Zuge einer gegebenenfalls erforderlichen Zwangsvollstreckung, dass durch den zuständigen Gerichtsvollzieher verschlossene Zugangseinrichtungen zu den Räumlichkeiten zwangsweise geöffnet werden und der sonstige Widerstand der Beklagten beseitigt wird,

      bei Zustellung der Klageschrift zulässig und begründet gewesen ist und sich nach Rechtshängigkeit der Klage durch ein bestimmtes Ereignis erledigt hat.

  2. 2.

    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin € 49,80 zu zahlen.

  3. 3.

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten jeweils zur Hälfte.

  4. 4.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Betreiberin des Gasversorgungsnetzes in Hannover. Sie will die Gasqualität von L-Gas auf H-Gas umstellen.

Die Beklagten beziehen aufgrund eines mit einem Gasanbieter geschlossenen Vertrags Erdgas für den Eigengebrauch. Ihre frühere Heizungsanlage wurde mit Gas betrieben; gleiches gilt für die jetzige Heizungsanlage.

Am 15. November 2021 suchte ein von der Klägerin beauftragter Techniker das von den Beklagten bewohnte Haus auf, um bei ihnen die erdgasbezogenen Anlagen zu erfassen. Die Beklagten ließen ihn die Erfassungstätigkeit beginnen, waren aber nicht mit der Anfertigung von Fotos einverstanden und verwiesen den Techniker des Hauses, bevor er die Erfassungsarbeiten abgeschlossen hatte.

Der Techniker löschte auf Anweisung des Beklagten zu 2 die von ihm für die Datenerhebung gemachten Fotos. Am 15.11.2021 erhobene Erfassungsdaten hat die Klägerin in ihrem Computersystem nicht gespeichert.

Nachdem sich der Beklagte zu 2 beim Vorstand der - mit der Klägerin nicht identischen - XXX AG beschwert hatte, erläuterte die Klägerin mit E-Mail vom 1. Dezember 2021 (Ausdruck: Anlage K 3) unter anderem, warum Fotoaufnahmen gefertigt werden.

Am 10. Januar 2022 wurde die Heizungsanlage nach wiederholtem Ausfall gegen eine neue Heizungsanlage ausgetauscht.

Als die Klägerin einen neuen Erfassungstermin am 25. April 2022 ankündigte, erklärte der Beklagte zu 2 mit E-Mail vom 13. April 2022 (Ausdruck: Anlage K 6), nach allen ihnen vorliegenden Informationen gäbe es "weiter keinen Grund, irgendwelche Messungen oder auch Fotoaufnahmen zu akzeptieren". Die Heizung könne gerne visuell erfasst werden, Daten könnten im Wege der Notizen aufgenommen werden. Jedoch werde solange kein von der Klägerin beauftragter Techniker in das Haus gelassen, wie keine Einigkeit in allen in der E-Mail aufgeführten Punkten erzielt sei. Zu jenen Punkten gehört unter anderem die Erstattung des in einer Rechnung vom 27.09.2010 geforderten Betrags. Hierzu führte der Beklagte zu 2 aus "XXX" seien Verursacher einer Fehlfunktion ihrer Gasheizung in der XXX Straße gewesen. Die Klägerin wies die Forderungen des Beklagten zu 2 zurück und bat die Beklagten um Bestätigung des für den 5. August 2022 vorgeschlagenen neuen Erfassungstermins.

Da eine Antwort der Beklagten ausblieb, forderte die Klägerin die Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 18. August 2022 (Anlage K 8) unter Androhung eines gerichtlichen Verfahrens auf, sich mit der Klägerin in Verbindung zu setzen, um einen Erfassungstermin zu vereinbaren. Der Beklagte zu 2 antwortete mit E-Mail vom 25. August 2022, dass er weiterhin keine Fotoaufnahme oder Messungen dulde und dass er darauf bestehe, dass die Erfassung von einem eigenen Techniker der Klägerin durchgeführt werde, nicht von einem bei einem Fremdunternehmen beschäftigten Techniker.

Mit E-Mail vom 3. Oktober 2022 (Ausdruck: Anlagenkonvolut K 10) übersandte der Beklagte zu 2 ein Foto des Typenschilds seiner neuen Heizungsanlage und erklärte, dass urlaubsbedingt noch mit ein paar Verzögerungen gerechnet werden müsse. Die Heizung, deren Typenschild beigefügt sei, sei das einzige gasgebundene Gerät.

Am 1. Dezember 2022 hat die anwaltlich vertretene Klägerin ihre Klageschrift vom 30.11.2022 bei Gericht eingereicht. Sie hat unter Ziffer 1 des Klageantrags beantragt, (a) die Beklagten zu verurteilen, den mit einem Ausweis versehenen Beauftragten der Klägerin Zutritt zu ihren Räumlichkeiten im von ihnen bewohnten Haus, einschließlich Keller und Nebenräumen, in denen sich Anlagen des Gasnetzanschlusses oder Gasverbrauchsgeräte befinden, zu gewähren und dort die in Ziffer 1 der Urteilsformel im Einzelnen aufgeführten Sichtprüfungen, Datenerfassungen, Abgasmessungen und Analysen, Dokumentationen sowie Hinweisaufkleber zu dulden sowie (b) anzuordnen, dass durch den zuständigen Gerichtsvollzieher verschlossene Zugangseinrichtungen zu den Räumlichkeiten im Fall der Verweigerung des Zutritts und/oder des sonstigen Widerstands der Beklagten gegen die unter Ziff. 1 a angeordneten Maßnahmen im Zuge einer gegebenenfalls erforderlichen Zwangsvollstreckung zwangsweise geöffnet werden und der sonstige Widerstand der Beklagten beseitigt wird.

In ihrer Klageerwiderung haben die Beklagten mitgeteilt, dass das Unternehmen "XXX" aus XXX ihnen, den Beklagten, bestätigt habe, es werde die Heizungsanlage zum Zeitpunkt der H-Gas-Schaltung mit den vom Hersteller vorgegebenen H-Gas-Düsen ausrüsten und die für den H-Gasbetrieb gebotenen Einstellungen vornehmen. Auch enthalte die Bestätigung eine Übernahme der Verantwortung des Installationsunternehmens für den sicheren Betrieb des Geräts mit H-Gas.

Später, mit anwaltlichem Schriftsatz vom 06.04.2023, haben die Beklagten als Anlage B 3 die schriftliche "Verantwortungsübernahme des Vertragsinstallateurs im Rahmen der Gasumstellung" des Unternehmers "XXX", zu den Akten gereicht. Daraufhin hat die Klägerin den Klageantrag zu 1 (Teile a und b) für erledigt erklärt.

Die Beklagten haben der Teilerledigungserklärung widersprochen. Die Kammer hatte zuvor mit Verfügung vom 20.04.2023 unter anderem darauf hingewiesen, dass der Klageantrag zu 1 im Fall des Widerspruchs der Beklagten gegen die Teilerledigungserklärung als Feststellungsantrag zu behandeln ist.

Die Klägerin meint, erst mit der Übersendung der Anlage B 3 sei der Rechtsstreit in der Hauptsache bezogen auf den Klageantrag zu 1 erledigt gewesen.

Sie macht geltend, im Rahmen der Überprüfung von Gasverbrauchsgeräten sei grundsätzlich auch eine Abgasmessung erforderlich, zumal bei der Umstellung auf H-Gas strengere Abgasmaßstäbe für Verbrauchsgeräte gelten würden. Im Grundsatz sei eine Messung oder Analyse der Methangaskonzentration in der Raumluft geboten, um mögliche Undichtigkeiten feststellen zu können, die nicht vom Geruchssinn erfasst werden könnten. Zur Fehlervermeidung seien - auch angesichts der großen Zahl der Anschlussnutzer im Netzgebiet - fotografische Aufnahmen der Daten und des Zustands der Anlage zwingend erforderlich.

Die Klägerin beantragt - neben der den Klageantrag zu 1 betreffenden Feststellung - nach Teilrücknahme der Zahlungsklage um € 0,10 zuletzt,

  1. (2.)

    die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtlich entstandene Rechtsverfolgungskosten in Höhe von € 49,80 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie meinen, die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche hätten der Klägerin bei Klageerhebung nicht bzw. nicht mehr zugestanden, weil ihr (der Klägerin) bereits alle notwendigen Daten vorgelegen hätten. So seien der Klägerin Marke und Nummer des Gaszählers seit langem bekannt, da sie jährliche Angaben zum Zählerstand anfordere und erhalte. Bezogen auf die neue Heizungsanlage reiche es aus, dass die Klägerin vorgerichtlich vom Beklagten zu 2 per E-Mail ein Foto erhalten habe, auf dem das Typenschild abgebildet ist. Zusätzliche Informationen und weitere Fotos habe die Klägerin nicht benötigt. Da es sich um eine neue Heizung handele, sei davon auszugehen, dass "keinerlei für die Umstellung von L- auf H-Gas relevanten Mängel vorliegen" könnten und dass deshalb weitere Feststellungen der Klägerin nicht notwendig seien.

Die Beklagten meinen, Messungen der Klägerin seien von § 19a EnWG nicht erfasst und seien offenbar nicht erforderlich, da derartige Messungen auch vom Schornsteinfeger durchgeführt würden oder durchgeführt werden könnten. Jedenfalls fehle es an substantiiertem Vortrag der Klägerin zur Notwendigkeit solcher Messungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vortrag der Parteien wird auf die Ausführungen in den anwaltlichen Schriftsätzen der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig und begründet.

1. Da die Beklagten der Teilerledigungserklärung der Klägerin widersprochen haben, ist der Klageantrag zu 1 nunmehr als Antrag auf Feststellung auszulegen, dass die Klage bezogen auf den für erledigt erklärten Teil zunächst zulässig und begründet gewesen ist und dass die Hauptsache aufgrund eines bestimmten Ereignisses inzwischen erledigt ist.

2. Der Feststellungsantrag hat Erfolg.

a) Die Klage ist zulässig.

(1) Das Landgericht Hannover ist - streitwertunabhängig - sachlich (§ 102 EnWG) und auch örtlich zuständig, gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 3 ZustVO-Justiz a.F. (nunmehr § 8 Abs. 1 ZustVO-Justiz in der Fassung vom 08.06.2023) sogar für das ganze Bundesland Niedersachsen. Die funktionale Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen folgt aus § 94 GVG i.V.m. § 102 Abs. 2 EnWG.

(2) Die Klägerin hat bei Erhebung der Klage auch bezogen auf den Klageantrag zu 1 lit. b ein Rechtsschutzbedürfnis gehabt. Das Vorliegen des Rechtsschutzbedürfnisses ist insoweit zwar nicht offenkundig, weil die Titulierung des Duldungsanspruchs des Netzbetreibers eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für auf den Zutritt zu den maßgeblichen Räumlichkeiten gerichtete Vollstreckungsmaßnahmen durch den Gerichtsvollzieher ist. Der von der Klägerin auf der Grundlage eines zumindest vorläufig vollstreckbaren Duldungstitels beauftragte Gerichtsvollzieher darf seine Mitwirkung bei der Vollstreckung nicht mit der Begründung verweigern, diese erfordere eine zusätzliche richterliche Ermächtigung durch das Prozessgericht, denn § 758a ZPO findet hier keine Anwendung (vgl. BGH, 10.08.2006 - I ZB 126/05). Die beantragte richterliche "Anordnung" soll aber regelmäßig der Klarstellung der Befugnisse des zuständigen Gerichtsvollziehers und der Vermeidung von Verzögerungen bei der Zwangsvollstreckung dienen. Das reicht vorliegend aus.

b) Die auf Duldung (Klageantrag zu 1 lit. a) und "Anordnung" der Widerstandsbeseitigung durch den zuständigen Gerichtsvollzieher im Fall der Zwangsvollstreckung (Klageantrag zu 1 lit. b) gerichtete Klage ist bis zum Zeitpunkt der Erledigung der Hauptsache auch begründet gewesen.

(1) Der Anspruch der Klägerin auf Duldung von Prüfungen, Messungen und Dokumentation beruht auf § 19a Abs. 4 EnWG, § 15 Abs. 1 Satz 1 NDAV. Die von der Klägerin beabsichtigten Maßnahmen waren bis zum Erledigungszeitpunkt erforderlich.

(a) Der Klägerin haben die am 15. November 2021 erhobenen Daten nicht zur Verfügung gestanden; die damals vom Techniker gefertigten Bildaufnahmen sind gelöscht worden.

(b) Fotoaufnahmen sind eine zuverlässige Art der Datenerfassung. Anschlussnehmer und Anschlussnutzer haben deshalb Fotoaufnahmen von zur Gasanlage gehörenden Anlageteilen und Geräten hinzunehmen, soweit die Aufnahmen geeignet und erforderlich sind, Zähler- und sonstige anlagenbezogene Daten sowie den Zustand der Anlage zu erfassen.

(c) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Anspruch der Klägerin auf Erfassung vorhandener Geräte (Typ, Nummer, ggf. Zählerstand) nicht dadurch untergegangen, dass die Beklagten der Klägerin vorgerichtlich oder im Rahmen des Rechtsstreits entsprechende Angaben gemacht und digitale Fotos übermittelt haben. Die Beklagten können die Klägerin nicht darauf verweisen, die von ihr benötigten Informationen lägen der Klägerin inzwischen vor. Die eigene Datenaufnahme durch die Klägerin ist gleichwohl "erforderlich" im Sinne von § 19a Abs. 4 Satz 1 EnWG.

Die Klägerin ist zwar berechtigt, von Anschlussnehmern, Anschlussnutzern, Schornsteinfegern oder anderen Personen übermittelte Informationen als ausreichende Informationsgrundlage anzusehen und der eigenen Datenerhebung gleichzustellen. Dazu ist sie jedoch nicht verpflichtet; sie kann gegenüber Anschlussnehmern und Anschlussnutzern darauf bestehen, eigene Erhebungen durchführen zu wollen. Maßgeblich ist an dieser Stelle, dass es einem Netzbetreiber gestattet sein muss, von Dritten erhaltenen Informationen vor Ort zu überprüfen. Die Gestattung des Zugangs zur Gasanlage und zu den dazugehörigen Geräten für Mitarbeiter oder Beauftragte des Netzbetreibers ist somit stets - zumindest zum Zweck der Überprüfung bereits zuvor übermittelter Informationen - erforderlich. Für den Eigentümer und den Besitzer einer Immobilie macht es keinen nennenswerten Unterschied, ob ein vom Netzbetreiber eingesetzter Techniker "nur" die Richtigkeit der zuvor dem Netzbetreiber übermittelten Daten überprüft, also beispielsweise übersandte Fotoaufnahmen dahingehend überprüft, ob sie den aktuellen Zustand zutreffend abbilden, oder ob eine eigene Datenaufzeichnung durch den Techniker erfolgt, der Techniker also beispielsweise eigene Fotoaufnahmen macht. Für den Netzbetreiber ist die eigenen Datenaufnahme unter arbeitsökonomischen Gesichtspunkten regelmäßig vorzugswürdig. Mit Blick auf die große Zahl der Erfassungsvorgänge und den Aufwand, den die Überprüfung und das Abspeichern von Fotoaufnahmen und Daten, die andere übermittelt haben, im EDV-System des Netzbetreibers mit sich bringt, kann das Anfertigen eigener Aufnahmen durch vom Netzbetreiber eingesetzte Techniker als erforderlich im Sinne von § 19a Abs. 4 Satz 1 EnWG angesehen werden.

(d) Selbst, wenn der Techniker am 15. November 2021 Aufnahmen gemacht haben sollte, auf denen der Keller "zu weiträumig" abgebildet wurde, hätte dies an der anfänglichen Begründetheit der Klage bezogen auf den Klageantrag zu 1 lit. a nichts geändert. Der Klageantrag ist nicht darauf gerichtet, dass die Beklagten uneingeschränkt Bildaufnahmen zu dulden hätten. Die Pflicht der Beklagten, das Anfertigen von Fotos zu dulden, ist von Anfang an auf die Dokumentation des Gasnetz-Anschlusses, des Gaszählers, der Gasanlage und vorhandener Gasverbrauchsgeräte sowie auf Fotos von angezeigten Daten im Fall abgasbezogener Messungen und Analysen gerichtet. Es versteht sich von selbst, dass Fotos nicht mehr abbilden dürfen, als die im Klageantrag genannten Objekte. Etwaige Streitigkeiten, ob klägerseitig gewünschte Aufnahmen darüber hinausgehen, wären gegebenenfalls im Einzelfall gesondert zu klären.

(e) Die Klage ist auch begründet gewesen, soweit die Klägerin die Duldung etwaiger Abgasmessungen und Analysen begehrt.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 NDAV ist der Netzbetreiber berechtigt, die Anlage vor und - um unzulässige Rückwirkungen auf Einrichtungen des Netzbetreibers oder Dritter auszuschließen - nach ihrer Inbetriebsetzung zu überprüfen. Der Begriff "Anlage" ist in der Verordnung in § 13 Abs. 1 Satz 1 NDAV definiert. "Anlage" ist die Gasanlage hinter der Hauptsperreinrichtung. Dass auch Gasgeräte dazugehören, ist in § 13 Abs. 2 Satz 5 - 8 NDAV klargestellt.

(2) Die Klage ist zudem begründet gewesen, soweit sie auf eine als "Anordnung" formulierte Feststellung der Zulässigkeit von Zwangsmaßnahmen des zuständigen Gerichtsvollziehers im Fall der Zwangsvollstreckung gerichtet ist. Die Feststellung kann im Fall einer anschließenden Zwangsvollstreckung für die Klägerin insoweit von Vorteil sein, als sie bei dem Vollstreckungsschuldner und bei dem zuständigen Gerichtsvollzieher für Rechtsklarheit sorgt und somit zu einer schnellen und reibungslosen Durchführung von Erfassungsmaßnahmen der Klägerin beitragen kann.

c) Die erhobene Klage ist bezogen auf den Klageantrag zu 1 in der Hauptsache inzwischen erledigt, wobei die Erledigung erst nach Rechtshängigkeit der Klage erfolgt ist. Dabei kann offenbleiben, ob erst die Vorlage der Anlage B 3 als erledigendes Ereignis anzusehen ist, wozu die Kammer neigt, oder ob es ausreicht, dass die Beklagten in der Klageerwiderung schriftsätzlich mitgeteilt haben, dass das - namentlich angegebene - Installationsunternehmen die Übernahme der Verantwortung erklärt hat.

3. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten zu. Die Klägerin durfte davon ausgehen, dass die Einschaltung einer sie vertretenden Rechtsanwaltskanzlei ausreichen könnte, um die Durchsetzung ihres sich aus § 19a Abs. 4 EnWG ergebenden Anspruchs zu erreichen und einen Rechtsstreit zu vermeiden.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO. Bezogen auf die zunächst angestrebte Verurteilung gemäß Ziffer 1 des ursprünglichen Klageantrags wären die Beklagten keine Gesamtschuldner. Sie sind auch nicht Gesamtschuldnern gleichgestellt, denn im Fall des Widerstands des einen Beklagten reicht das Dulden des anderen nicht aus, um den Anspruch der Klägerin zu erfüllen.

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.