Landgericht Hannover
Urt. v. 25.10.2023, Az.: 23 O 204/23
Kostenentscheidung bei Veranlassung zur Klageerhebung i.R.e. Anspruchs auf Unterlassung wettbewerbswidriger Aussagen
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 25.10.2023
- Aktenzeichen
- 23 O 204/23
- Entscheidungsform
- Anerkenntnisurteil
- Referenz
- WKRS 2023, 51223
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2023:1025.23O204.23.00
Rechtsgrundlage
- § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO
In dem Rechtsstreit
XXX
- Kläger -
Prozessbevollmächtigte:
XXX
gegen
XXX
- Beklagte -
XXX
hat das Landgericht Hannover - 3. Kammer für Handelssachen - durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht XXX an Stelle der Kammer ohne mündliche Verhandlung am 25.10.2023 für Recht erkannt:
Tenor:
- I.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für XXX mit den Angaben:
"XXX";
und/oder
XXX
und/oder
"Die Forschung hat längst belegt, dass der besondere Honig aus den Pollen der XXX Pflanze tatsächlich bei der Einnahme innere Beschwerden lindern und äußerlich bei der Wundheilung sowie bei Hautbeschwerden helfen kann.";
und/oder
"Dementsprechend kostbar ist das natürliche Heilmittel.";
und/oder
"Honig ist spätestens seit der Antike für seine positiven gesundheitlichen Eigenschaften bekannt, denn er beinhaltet natürlichen Zucker, der Bakterien abtöten kann, sowie geringe Mengen eines Wirkstoffs, der sich Methylglyoxal (MGO) nennt und ebenfalls antibakteriell wirkt.";
und/oder
"bakteriell bedingten Magen-Darm-Beschwerden";
und/oder
"oberflächlichen (Schnitt)wunden";
und/oder
"leichten Verbrennungen";
und/oder
"Entzündungen";
und/oder
"Hauterkrankungen wie Akne";
und/oder
"Darüber hinaus soll XXX-Honig bei einer Erkältung genauso hilfreich sein wie zum Beispiel bei Fußpilz - überall dort, wo schädliche Bakterien und Keime im Spiel sind. Es wird sogar vermutet, dass XXX-Honig mit hohem MGO-Gehalt vorbeugend gegen Kariesbefall wirken könnte, da die Kariesbakterien auf der Zahnoberfläche sich zwar von Zucker ernähren, aber durch das Methylglyoxal zugleich abgetötet werden. Eine solche Wirkung wurde jedoch noch nicht wissenschaftlich belegt.",
zu werben,
sofern dies geschieht wie aus der Anlage K 4 ersichtlich:
6 Screenshots (aus Anlage K4) entfernt
- II.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 238,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12. Juli 2023 zu zahlen.
- III.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
- IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
- V.
Der Streitwert für die Gerichtskosten wird auf 30.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger, ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Förderung des lauteren Wettbewerbs gehört, nimmt die Beklagte, XXX, auf Unterlassung wettbewerbswidriger Aussagen in Anspruch.
Die Beklagte warb im Internet unter der Domain XXX am 20. Juni 2023 für die von ihr vertriebenen XXX mit den streitgegenständlichen Angaben, wie aus der Anlage K4 ersichtlich. Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 30. Juni 2023 ab und forderte sie zur Übermittlung einer Unterlassungserklärung sowie Zahlung der Abmahnkosten auf (Anlage K5). Nach Schriftwechsel übermittelte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 17. Juli 2023 eine Unterlassungserklärung, die folgende vom Kläger beanstandete Einschränkungen/Ergänzungen beinhaltet:
"soweit nicht durch Gesetz (insbesondere im Rahmen der HCVO) und/oder höchstrichterliche Rechtsprechung die Verwendung der unter Ziffer 1.-7. Aussagen [ unter bestimmten Voraussetzungen] als zulässig erachtet wird [und die damit verbundenen Voraussetzungen erfüllt werden]."
und
"wobei eine auf ein und denselben Verstoß (konkrete Aussage im Wiederholungsfalle) bezogene, gleichzeitige Verfolgung auf Grundlage des Versäumnisurteils des LG Hannover, Az. 24 0 15/20 vom 08.07.2020 ausgeschlossen ist. Im Falle eines Streits der Parteien über die Angemessenheit der Vertragsstrafe soll das zuständige Gericht über die Angemessenheit entscheiden."
Der Aufforderung des Klägers mit Schreiben vom 17. Juli 2023, auf die vorgenommenen Beschränkungen zu verzichten, kam die Beklagte nicht nach (Anlage K 15). Der Kläger erhob daraufhin Klage mit den aus dem Tenor zu I. und II. ersichtlichen Anträgen, die die Beklagte mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2023 anerkannte und sich dabei gegen die Kostenlast wandte, weil sie keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben habe, § 93 ZPO.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
1. Die Beklagte war in der Hauptsache gemäß ihrem Anerkenntnis zu verurteilen, § 307 Satz 1 ZPO.
2. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, da die Voraussetzung für eine Kostenentscheidung nach § 93 ZPO nicht vorliegen. Die Beklagte hat Veranlassung zur Klageerhebung gegeben, weshalb nicht entschieden werden muss, ob ihr Anerkenntnis vom 11. Oktober 2023 "sofort" im Sinne von § 93 ZPO erfolgt ist.
a) Veranlassung zur Klageerhebung hat der Beklagte gegeben, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn gegenüber dem Kläger so war, dass diese annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen (Zöller-Herget, ZPO, 34. Aufl., § 93, Rn. 3).
b) So liegt der Fall hier. Denn die Beklagte hat mit ihrer Unterlassungserklärung vom 13. Juli 2023 mit der Einschränkung
"soweit nicht durch Gesetz (insbesondere im Rahmen der HCVO) und/oder höchstrichterliche Rechtsprechung die Verwendung der unter Ziffer 1.-7. Aussagen [ unter bestimmten Voraussetzungen] als zulässig erachtet wird [und die damit verbundenen Voraussetzungen erfüllt werden]."
zumindest Unklarheit über die Reichweite der Unterlassungserklärung hervorgerufen, mit der Folge, dass sich der Kläger auf das daraus hervorgehende Risiko eines späteren Fehlverständnisses der Erklärung nicht einlassen musste. Ob die weitere von der Beklagten in ihre Unterlassungserklärung aufgenommene Einschränkung (s. o.) ebenfalls dazu führt, dass die Unterlassungserklärung seitens des Klägers nicht annahmefähig war, kann danach dahingestellt bleiben.
Die von der Beklagten vorgenommene Beschränkung führt zu Unklarheit über die Reichweite der Unterlassungserklärung. Die Beklagte stellt zwar in ihrem Schriftsatz vom 11. Oktober 2023 darauf ab, dass sie mit der Einschränkung auf "eine Änderung der Gesetze (= Änderung der Rechtslage) und/oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung (= Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung) Bezug genommen" habe. Dies ist bei genauer Betrachtung des von ihr formulierten Zusatzes aber nicht der Fall. Denn der von ihr verwendete Zusatz beinhaltet das Wort "Änderung" nicht, weshalb man sich auch auf den Standpunkt stellen könnte, bereits bestehende Bedenken bei der Auslegung/Anwendung der Gesetze und/oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die die beanstandete Werbung als zulässig erscheinen lassen, stünden dem Unterlassungsanspruch des Klägers entgegen. Unter Berücksichtigung dieses Aspekts wären die vom Kläger auf Seite 4 und 5 des Schriftsatzes vom 16. Oktober 2023 aufgezeigten Einwendungen gegen den Unterlassungsanspruch des Klägers denkbar, ohne dass diese auf einer geänderten Rechtslage/höchstrichterlichen Rechtsprechung beruhten. Dies führt dazu, dass sich der Kläger auf die von der Beklagten eingefügte Beschränkung, die zu Unklarheit über die Reichweite der Unterlassungserklärung führt, nicht einlassen musste. Die Unterlassungserklärung war damit nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr auszuräumen. Der Kläger musste, nachdem die Beklagte auf seine Aufforderung mit Schreiben vom 17. Juli 2023, eine uneingeschränkte Unterlassungserklärung abzugeben, davon ausgehen, dass er ohne eine Klage nicht zu seinem Recht gelangen werde (Anlage K 15).