Landgericht Hannover
Urt. v. 23.02.2023, Az.: 13 O 40/22

Kein Anspruch auf die Vergütung aus einem als Werkvertrag zu qualifizierenden Internet-System-Vertrag mangels wirksamer Einigung

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
23.02.2023
Aktenzeichen
13 O 40/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 56452
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2023:0223.13O40.22.00

In dem Rechtsstreit
XXX
XXX
- Klägerin und Widerbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
XXX
XXX
gegen
XXX
XXX
- Beklagte und Widerklägerin -
Prozessbevollmächtigter:
XXX
XXX
hat das Landgericht Hannover - 13. Zivilkammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht XXX als Einzelrichter auf die mündliche Verhandlung vom 03.02.2023 für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 1.619,36 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.10.2022 zu zahlen.

  3. 3.

    Auf die Widerklage wird festgestellt, dass der Klägerin keine Zahlungsansprüche in Höhe von 14.719,11 € (31 Monate à 474,81 €, 29.10.2021 - 28.05.2024) aus einem Vertrag vom 29.05.2020, Vertragsnr. 310/06434, zustehen.

  4. 4.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

  5. 5.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Und beschlossen: Der Streitwert wird auf 21.537,44 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Internet-System-Vertrag.

Ohne vorherige Geschäftsbeziehung oder Einwilligung wandte sich die Klägerin telefonisch an die Beklagte, um für ihre Dienstleitung zu werben. Die Parteien vereinbarten daraufhin für den 29.05.2020 einen Termin, bei dem der ZeuXXXder - damals noch unter XXX mit Sitz in Hannover firmierenden - Klägerin und XXX als Geschäftsführer der Beklagten nach einem hinsichtlich seines Inhalts streitigem Gespräch eine

"Vereinbarung über die Erstellung eines Internetauftrittes"

unterzeichneten. Darin ist unter

"I. Gegenstand, Systemumfang, Entgelt und Laufzeit"

geregelt, dass die Klägerin dem Partnerunternehmen - als solches ist die Beklagte handschriftlich in den Vordruck eingetragen - den in der Vereinbarung aufgeführten (und durch Ankreuzen auszuwählenden) Systemumfang zur Nutzung zur Verfügung stellt. Weiter heißt es

"Die genauen Leistungsspezifikationen des Systemumfangs ergeben sich aus den beigefügten Leistungsbeschreibungen. Eine genaue Leistungsbeschreibung wurde dem Partnerunternehmen übergeben."

Der auszuwählende Systemumfang wurde durch handschriftliches Ankreuzen wie folgt ausgewählt:

"☒ Internetauftritt

☒ Suchmaschinenoptimierung

☒ Zusatzleistungen

☒ Bannerwerbung☐ Facebook Fanpage
☒ Responsive Werbedesign☒ Online Redaktion
☒ Google My Business☐ Unternehmervideo
☒ QR Code ...."

Unter dem Wort Suchmaschinenoptimierung ist ein Betrag von 399,00 €/Monat eingetragen, unter den Zusatzleistungen ein solcher von 0,00 €/Monat, als Gesamtpreis 399,00 €/Monat. Weiter war eine Laufzeit von 48 Monaten vereinbart, die Zahlung monatlich im Voraus und einmalig 199,00 € ab Datum der Unterzeichnung zahlbare Anschlusskosten. Auf der Rückseite befanden sich Allgemeine Geschäftsbedingungen. Wegen der genauen Gestaltung und des weiteren Inhalts der Vereinbarung wird auf diese (Bl. 563 Bd. III d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin begann sodann nach einem Medienberatertermin am 05.06.2020 - von der Beklagten für unzureichend erachtete - Leistungen zu erbringen, nach Auffassung der Klägerin war die Homepage am 29.07.2020 erstellt. Die Klägerin buchte vom Konto der Beklagten am 30.07.2020 die Anschlusskosten nebst 16% Umsatzsteuer in Höhe von 230,84 € sowie die erste Rate in Höhe von 462,84 € sowie am 24.08.2020 und am 28.09.2020 weitere Raten in Höhe von jeweils 462,84 € ab.

Die Klägerin behauptet, der Zeuge XXX habe den Vertrag wie vorgelegt vorgestellt. Es habe keine mündlichen Zusagen gegeben, von Sonderkonditionen, einer befristeten Marketingaktion oder einem besonders günstigen Angebot sei keine Rede gewesen. Eine bestimmte Platzierung bei google sei nicht versprochen worden, es sei lediglich das Bemühen der Klägerin um eine gute Platzierung im Wege der Leistung "Suchmaschinenoptimierung" erläutert, aber gerade keine Garantie abgegeben worden. Der Zeuge habe der Beklagten auch die Möglichkeit gegeben, die Vertragsurkunde und die Leistungsbeschreibung zu lesen, sämtliche Konditionen nebst den AGB seien besprochen worden. Die Beklagte sei über die Laufzeit, den Leistungsgegenstand, die Vorleistungspflicht und die AGB aufgeklärt worden. Die Beklagte habe erst unterzeichnet, als sie keine Fragen mehr gehabt und der Zeuge danach die Vertragsurkunde ausgefüllt habe. Sie ist der Auffassung, dass der Vertrag hinreichend bestimmt sei. Der Beklagten stehe die Einrede des nicht erfüllten Vertrages nicht zu, weil sie - die Klägerin - die Webseite nach den Wünschen der Beklagten erstellt habe. Der Vertrag sei auch nicht sittenwidrig, das Entgelt für die Leistung angemessen.

Die Klägerin hatte zunächst im Urkundsprozess geklagt, aber mit Schriftsatz vom 12.07.2022 erklärt, davon Abstand zu nehmen.

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.

    die Beklagte zu verurteilen, ihr 5.198,97 € nebst Zinsen in Höhe von neun

    Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus

    462,84 € seit dem 30.11.2020,

    462,84 € seit dem 30.12.2020,

    474,81 € seit dem 30.01.2021,

    474,81 € seit dem 30.02.2021,

    474,81 € seit dem 30.03.2021,

    474,81 € seit dem 30.04.2021,

    474,81 € seit dem 30.05.2021,

    474,81 € seit dem 30.06.2021,

    474,81 € seit dem 30.07.2021,

    474,81 € seit dem 30.08.2021,

    474,81 € seit dem 30.09.2021 zu zahlen,

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, ihr 381,40 € Schadensersatz nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 24.06.2021 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend beantragt sie,

  1. 1.

    die Klägerin zu verurteilen, ihr 1.619,36 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

  2. 2.

    festzustellen, dass der Klägerin keine Zahlungsansprüche in Höhe von 14.719,11 € (31 Monate à 474,81 €, 29.10.2021-28.05.2024) aus einem Vertrag vom 29.05.2020, VertragsnrXXX, zustehen.

Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe den Namen des XXX in irreführender Art und Weise verwendet und so Vertrauen in Anspruch genommen. So sei schon beim telefonischen Erstkontakt der Name der XXX als Einfallstor genutzt und wahrheitswidrig behauptet worden, die Homepage der Beklagten sei schlecht auffindbar, es werde die Erstellung einer Homepage empfohlen, die bei Google immer ganz oben stehe. Der Eindruck, die Beklagte habe es mit der XXX bzw. dem XXX XXX zu tun, sei dann auch in dem Gespräch vor Ort aufrechterhalten worden. Nachdem die Internetseite der Beklagten und deren Auffindbarkeit als schlecht beschrieben und zur vermeintlichen Bestätigung eine Webanalyse präsentiert worden sei, sei zur Änderung eine professionelle Webseite mit fortlaufender und regelmäßiger Suchmaschinenoptimierung angeboten und versprochen worden, dass die Beklagte bei google künftig stets auf Platz 1 oder 2 stehen werde. Die Erstellung der Homepage sei als kostenlos angepriesen worden und es hätten nur Kosten nur für Hosting und Datenpflege anfallen sollen. Die üblichen Kosten seien mit einem Betrag von 10.000,00 € bis 12.000,00 € benannt und angepriesen worden, dass die Beklagte Sonderkonditionen erhalte, das Angebot besonders günstig sei. Nach Ablauf der veranschlagten Zeit sei behauptet worden, das Angebot könne nur hier und jetzt angenommen werden. Der Außendienstmitarbeiter habe den Vertrag ausgefüllt und den Eindruck vermittelt, alles Besprochene finde sich darin wieder, die Beklagte habe diesen aufgrund der angeblichen Einmaligkeit und der erzeugten Drucksituation unterzeichnet. Eine Leistungsbeschreibung habe die Beklagte vor Unterzeichnung des Vertrages nicht erhalten.

Die Beklagte ist der Auffassung, ein Vertrag sei schon nicht wirksam geschlossen worden, weil eine Einigung über die wesentlichen Vertragsbestandteile in dem Vertrag nicht getroffen sei. Auch sei der Vertrag schon deswegen nicht bestimmt, weil der geschuldete Erfolg von vornherein nicht erreicht habe werden können, weil die Klägerin nach dem Vertrag nicht verpflichtet gewesen wäre, eine gesetzeskonforme Datenschutzerklärung zu verfassen und/oder ordnungsgemäße Cookie-Hinweise zu erstellen. Zudem stünden Leistung und Gegenleistung in einem auffallend krassen Missverhältnis. Ferner bestünden Bedenken gegen die vereinbarte Vorleistungspflicht, von der die Beklagte auch abgewichen sei und ihre eigene Leistungspflicht gerade nicht von der vorherigen Zahlung abhängig gemacht habe; außerdem wären die Leistungen nicht ordnungsgemäß erbracht worden. Die Beklagte habe das ihr eingeräumte Widerrufsrecht ausgenutzt und wirksam die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erklärt. Zudem sei der Rücktritt wirksam erklärt und außerordentlich genkündigt worden. Die Beklagte erklärt hilfsweise die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen und äußerst hilfsweise ein Zurückbehaltungsrecht

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Der Widerklageschriftsatz vom 23.08.2022 ist der Klägerin am 14.10.2022 zugestellt worden.

Die Kammer hat den Geschäftsführer der Beklagten angehört sowie gemäß Verfügung vom 19.08.2022 (Bl. 343 ff. Bd. II d. A.) den prozessleitend geladenen Zeugen XXX vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Anhörung wird auf das Protokoll vom 03.02.2023 (Bl. 558 ff. Bd. III d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

1. Die Klägerin hat mangels einer wirksamen Einigung den Parteien keinen werkvertraglichen Anspruch aus der am 29.05.2022 unterzeichneten Vereinbarung i.V.m. § 631 Abs. 1 BGB.

Die Klägerin macht einen Anspruch auf die Vergütung aus einem als Werkvertrag zu qualifizierenden Internet-System-Vertrag (vgl. BGH, Urteil vom 04.03.2010 - III ZR 79/09 -, BGHZ 184, 345-357, Rn. 24) i.V.m. § 631 Abs. 1 BGB geltend. Ihr ist indes der Beweis der dem Vergütungsanspruch zugrundeliegende Tatsache des Abschlusses einer (wirksamen) Vereinbarung nicht gelungen.

a. Soweit die Klägerin die Vertragsurkunde vom 07.08.2020 über den zwischen den Parteien geschlossenen Internet-System-Vertrag vorgelegt hat, ergibt sich allein daraus keine Einigung über alle wesentlichen Vertragsbestandteile.

Die Einigung zwischen den Parteien hätte zumindest auch die Bestimmung der von der Klägerin als der Unternehmerin zu erbringenden Werkleistung als wesentlichen Vertragsbestandteil erfassen müssen (vgl. OLG München, Urteil vom 12.04.2011 - 9 U 4323/09 -, Rn. 45, juris). Dafür reicht allein die unterschriebene Vertragsurkunde mit den darin getroffenen Angaben "Internetauftritt" und "Suchmaschinenoptimierung" ohne das Leistungsverzeichnis mit dem weiteren und detaillierten Leistungsumfang nicht aus. Der von der Klägerin danach geschuldete Erfolg lässt sich allein aus dem Vertrag nicht bestimmen. Ein "Internetauftritt" kann aus einer einzelnen Internetseite ohne jegliche Unterseite bestehen, gleichermaßen aber auch aus einer Vielzahl von Unterseiten. Es können Verlinkungen enthalten sein, auch z.B. zu externen Inhalten wie Google-Maps. Es können Funktionalitäten implementiert werden wie z.B. ein Kontaktformular. Es kann die einmalige Erstellung oder auch die fortlaufende Pflege geschuldet sein. All das ergibt sich weder ausdrücklich aus der Urkunde selbst noch lässt es sich durch deren Auslegung bestimmen. Soweit das OLG München (a.a.O.) bei einem Werkvertrag über die Durchführung von Baureinigungsarbeiten auf einer Großbaustelle für ein "Deluxe Hotel" mangels Leistungsbeschreibung keine Einigung über die wesentlichen Vertragsbestandteile angenommen hat, hat der BGH zwar dagegen Bedenken geäußert; indes hat er gerade nicht eine weitere Leistungsbeschreibung für entbehrlich und die Vereinbarung über die Durchführung von Baureinigungsarbeiten bereits für ausreichend erachtet; vielmehr hat er den Leistungsinhalt (nur) deswegen für hinreichend bestimmt erachtet, weil sich - wie hier nicht - aus weiteren Anlagen die zu erbringenden Leistungen ergeben haben (vgl. BGH, Beschluss vom 23.05.2012 - VII ZR 113/11 -, Rn. 1, juris). Dieses Hinweises des BGH hätte es aber gerade nicht bedurft, wenn die grobe Umschreibung Baureinigungsarbeiten bereits die Bestimmtheit bewirkt hätte.

b. Damit kommt es auf eine Einbeziehung des Leistungsverzeichnisses mit einer präziseren Beschreibung der Werkleistung für die Frage einer wirksamen Einigung über alle essentialia negotii an.

aa. Nicht bereits ausreichend ist, dass in der von der Klägerin verwendeten Vertragskurkunde ausdrücklich angegeben ist, dass eine genaue Leistungsbeschreibung der Beklagten (als "dem Partnerunternehmen") übergeben wurde.

Bei dem Text des Vordrucks handelt es sich um AGB i.S.d. § 305 Abs. 1 BGB. In solchen ist aber eine Bestätigung der Übergabe von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam (MüKoBGB/Wurmnest, 9. Aufl. 2022, BGB § 309 Abs. 12 Rn. 18), weil es sich dabei um eine Tatsachenbetätigung im Sinne des § 309 Nr. 12 Buchst. b) BGB handelt (vgl. Lapp/Salamon in:

Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 309 BGB (Stand: 23.03.2022), Rn. 246 u.a. für das Beispiel: "Die anliegende Hausordnung ist Bestandteil dieses Vertrages"). Tatsachenbestätigungen sind aber ein Unterfall der Beweislastverschiebung (vgl. Lapp/Salamon a.a.O., Rn. 245) und das Verbot von Beweislastklauseln ist gemäß §§ 307 Abs. 1, 310 Abs. 1 BGB grundsätzlich auch auf Verträge - wie hier - zwischen Unternehmen anzuwenden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.11.2005 - I-15 U 117/04 -, Rn. 24, juris; KG, Urteil vom 10.09.2012 - 23 U 161/11, NJW-RR 2013, 54, beck-online; Grünberg/Grünberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 82. Aufl., § 309 Rn. 110; (BeckOGK/Weiler, 1.12.2021, BGB § 309 Nr. 12 Rn. 126, 127). Auch der BGH qualifiziert Klauseln, die dem Vertragspartner des Verwenders entgegen § 309 Nr. 12 Buchst. a BGB die Beweislast für einen Umstand auferlegen, der dem Verantwortungsbereich des Verwenders zuzurechnen ist, als auch im unternehmerischen Verkehr in der Regel unangemessen und deshalb unwirksam (vgl. BGH, Urteil vom 17.11.2020 - XI ZR 294/19 -, BGHZ 227, 343-365, Rn. 29; BGH, Beschluss vom 06.02.2014 - VII ZR 160/12 -, Rn. 19, juris).

bb. Die streitige Tatsache auch der Übergabe des Leistungsverzeichnisses vor Unterzeichnung der Vereinbarung hat die Klägerin nicht beweisen können.

(1) Eine streitige Tatsache ist gem. § 286 ZPO bewiesen, wenn das Gericht sie nach freier Überzeugung für wahr erachtet. Diese Überzeugung setzt eine persönliche Gewissheit voraus, welche den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urteile vom 17.02 1970 - III ZR 139/67 -, BGHZ 53, 245-264, Rn. 72, vom 14.01.1993 - IX ZR 238/91 -, Rn. 16, juris, vom 23.11.2011 - IV ZR 70/11 -, Rn. 16, juris; vom 16.04.2013 - VI ZR 44/12 -, Rn. 8, juris; vom 23.06.2020 - VI ZR 435/19 -, Rn. 13, juris und vom 29.07.2021 - VI ZR 1118/20 -, Rn. 19, juris; ZöllerGreger, Zivilprozessordnung, 34. Aufl., § 286 ZPO, Rn. 19). Es bedarf also keiner absoluten Gewissheit. Ein bloßes Glauben, Wähnen oder auch ein Fürwahrscheinlichhalten berechtigt den Richter dagegen nicht, eine streitige Tatsache für erwiesen zu erachten.

(2) Daran gemessen hat die Klägerin den ihr obliegenden Beweis der von ihr behaupteten Übergabe der Leistungsbeschreibung nicht geführt. Der von ihr dafür benannte Zeuge HerrXXX hat auf Vorhalt des Vordrucks für die Vereinbarung bestätigt, dass dieser Gegenstand des Gesprächs gewesen sei. Zu dem, was er an weiteren Unterlagen zu dem Gespräch mitgenommen hatte und was er HerrnXXX als Geschäftsführer der Beklagten übergeben hatte, hat der Zeuge aber ersichtlich überhaupt keine Erinnerung mehr, wenn er (S. 7 des Protokolls, Bl. 561 Bd. III d.A.) ausführt:

"... Der Vertrag lag nicht von Angang offen auf dem Tisch. Ich werde eine Mappe dabeigehabt haben, in die der Vertrag regelmäßig eingelegt war. Der Vertrag war also in einer Mappe. Was sonst in der Mappe, weiß ich nicht. Wahrscheinlich werde ich ihn aus der Mappe rausgeholt haben, als es zum Vertragsschluss vor Ort kam. Ausgefüllt habe ich den Vertrag in der Regel vor Ort.

Was Inhalt der Mappe außer dem Vertrag war, kann ich nicht sagen, auch nicht, was ich alles daraus rausgeholt habe.

Wenn mir die Leistungsbeschreibung (Bl. 20, 21 d. A.) gezeigt wird, so weiß ich nicht, ob das in der Mappe war. An diese Leistungsbeschreibung kann ich mich nicht erinnern. ..."

XXX war damit im Sinne der Beweisfrage mangels irgendeiner Erinnerung schon daran, ob die Leistungsbeschreibung überhaupt Teil der Herrn XXX übergebenen Mappe war, und damit auch daran, ob und wann über diese gesprochen worden ist, unergiebig.

Demgegenüber hat Herr XXX das Gespräch plakativ, authentisch und detailreich (unter Angabe konkreter Zahlen, mit der Erinnerung an ein mehrfaches Ausfüllen des Vordrucks und der falsch platzierten Unterschrift von Herrn XXX, mit dem gut nachvollziehbaren Hinweis darauf, dass die niXXXr bei der telefonischen Akquise, sondern auch in dem Gespräch genannt worden sei, weil er nur mit dieser XXX Bezeichnung, nicht aber mit dem habe etwas anfangen können) hinsichtlich seines Ablaufs und des Inhalts beschrieben und deutlich gemacht, dass Herr XXX ihm nur eine Seite in die Hand gegeben habe, diese habe er unterschrieben. Die ihm vorgehaltene Leistungsbeschreibung habe er bei dem Termin ganz sicher nicht gesehen, wisse auch nicht, ob die in der Mappe gewesen sei (S. 7 des Protokolls, Bl. 561 Bd. III d.A.).

Die Kammer ist danach nicht nur nicht davon überzeugt, dass die Leistungsbeschreibung übergeben wurde. Vielmehr hat die Beklagte das Gegenteil beweisen können: die Kammer hat nach der Beweisaufnahme aufgrund der Angaben des Herrn XXX die Überzeugung gewonnen, dass die Leistungsbeschreibung ihm - jedenfalls vor Unterzeichnung der Vereinbarung - nicht mit übergeben oder auch nur gezeigt und besprochen wurde.

c. Dass der Zeuge XXX sonst die Leistungen der Klägerin vor Unterzeichnung der Vereinbarung in dem Verkaufsgespräch hinreichend konkret vorgestellt und beschrieben hat, lässt sich ebenfalls nicht feststellen, weil der Zeuge weder an den Inhalt des konkreten Gesprächs noch an sein übliches Vorgehen eine belastbare Erinnerung hat. Vielmehr hat er sich inhaltsleer lediglich darauf zurückziehen können, dass es eine Art Drehbuch, ein Wording für das Verkaufsgespräch gegeben und er sich daran gehalten habe. Weiter hat er beschrieben, das Produkt vorgestellt und den Preis dargestellt zu haben (S. 6 f. Protokoll, Bl. 560 R f. Bd. III d.A.). Was aber nach dem Drehbuch, dem Wording konkret durchzuführen war, was er inhaltlich zu dem Produkt gesagt und welche Preise er wofür dargestellt hat, das hat der Zeuge nicht im Ansatz schildern können.

d. Danach lässt sich nicht feststellen, dass der Vertragsgegenstand hinreichend konkret beschrieben und die Beklagte ein ihr auf dieser Grundlage unterbreitetes Angebot über die wesentlichen Vertragsbestandteile angenommen hat. Durch das bloße Unterschreiben der Vereinbarung ist danach noch kein wirksamer Vertrag zwischen den Parteien geschlossen worden.

e. Ein Vertragsschluss folgt schließlich auch nicht daraus, dass die Klägerin in der Folge Leistungen erbracht und die Beklagte - im Wege der Abbuchung - Zahlungen an die Klägerin geleistet hat. Auch insoweit lässt sich nicht feststellen, dass dem Handeln der Beklagten eine Vorstellung von den wesentlichen Vertragsbestandteilen allein aufgrund der Arbeiten der Klägerin an der Internetseite der Beklagten zugrunde lag.

2. Mangels Hauptforderung kann die Klägerin von der Beklagten nicht gem. §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4, 288 Abs. 1 BGB den Ersatz ihrer außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden und Verzugszinsen verlangen.

II.

Die Widerklage ist zulässig und begründet.

A. Die Widerklage ist zulässig.

Insbesondere hat die Beklagte ein Feststellungsinteresse gem. § 256 Abs. 1 ZPO für die von ihr begehrte Feststellung, dass der Klägerin aus dem Vertrag vom 29.05.2020 für die Zeit ab dem 29.10.2021 keine Ansprüche in Höhe von 14.719,11 € zustehen. Die Klägerin berühmt sich einer Forderung aus einem Werkvertrag ihr gegenüber und hätte für den von der begehrten Feststellung umfassten Zeitraum (der an den von der Leistungsklage der Klägerin erfassten Zeitraum anschließt und deswegen einen anderen Streitgegenstand betrifft, vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2011 - II ZR 297/08 -, Rn. 28, juris) keinen vertraglichen Vergütungsanspruch, wenn der Werkvertrag nicht wirksam geschlossen wäre.

B. Die Widerklage ist auch begründet.

1. Die Beklagte kann von der Klägerin die Zahlung eines Betrages in Höhe von 1.619,36 € aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB aufgrund der von der Beklagten geleisteten Zahlungen (resp. der von der Klägerin vorgenommenen Abbuchungen) verlangen.

a. Die Klägerin hat von der Beklagten Beträge in Höhe von (230,84 € + 462,84 € + 462,84 € + 462,84 € =) 1.619,36 € abgebucht und damit etwas im Sinne des § 812 Abs.

1 Satz 1 BGB erlangt.

b. Bei der Zahlung durch die Abbuchung im Rahmen des Lastschriftverfahrens handelt es sich auch um eine Leistung der Beklagte, da diese von ihr autorisiert war (vgl. Martinek/Heine in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10.

Aufl., § 812 BGB (Stand: 01.02.2023), Rn. 134).

c. Die Leistung hat die Klägerin ohne Rechtsgrund erhalten, da die Parteien nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keinen wirksamen Werkvertrag abgeschlossen haben (s.o.) und die Beklagte damit das Fehlen eines (resp. des von der Klägerin behaupteten) Rechtsgrundes zur Überzeugung der Kammer bewiesen hat.

2. Die Klägerin kann aufgrund der Zustellung des Widerklageschriftsatzes 23.08.2022 am 14.10.2022 Prozesszinsen gem. §§ 291, 288 Abs. 1, 187 Abs. 1 (entspr.; vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2017 - XI ZR 555/16 -, Rn. 21, juris) BGB, §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO ab dem 15.10.2022 verlangen.

3. Schließlich war mangels wirksamen Werkvertrages weiter antragsgemäß festzustellen, die die Klägerin auch keine Zahlungsansprüche für die weiteren Raten, die nicht Gegenstand der Klage sind, vom 29.10.2021 bis zum 28.05.2024 in Höhe von (31 Monate x 474,81 € / Monat =) 14.719,11 € hat.

III.

Der nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 17.02.2023 nimmt zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung und gibt insoweit keinen Anlass, die Verhandlung wiederzueröffnen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Die Wertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 3 ZPO, § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und berücksichtigt die Klage mit einem Betrag vom 5.198,97 € und die Widerklage mit einem Betrag in Höhe von 1.619,36 € für den Antrag zu 1. sowie in Höhe von 14.719,11 € für den Antrag zu 2.