Landgericht Hannover
Urt. v. 30.08.2006, Az.: 6 O 185/05
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 30.08.2006
- Aktenzeichen
- 6 O 185/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 43302
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2006:0830.6O185.05.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OLG Celle - 12.07.2007 - AZ: 13 U 191/06
Fundstelle
- BauR 2007, 158-159 (red. Leitsatz)
In dem Rechtsstreit
wegen Leistungen aus Gewährleistungsbürgschaft
hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 08.08.2006 durch ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus übernommenen Gewährleistungsbürgschaften in Anspruch.
Am 01.03.1999 schlössen die Klägerin und die Firma ... je einen Generalunternehmervertrag betreffend die Altbausanierung des Objektes sowie des Objektes ... . Nach § 2. 1 d) der jeweiligen Verträge ist die VOB/B Vertragsbestandteil geworden. Gemäß § 7 des Generalunternehmervertrages wurde zudem eine Gewährleistungsfrist von 5 Jahren vereinbart, die mit der förmlichen Abnahme der gesamten Bauleistung durch die Auftraggeberin beginnen sollte. Die vertraglich vereinbarten Leistungen bzgl. beider Sanierungsobjekte wurden seitens der Auftragnehmerin, der Firma ..., erbracht und am 16.12.1999/ 21.12.1999 durch die Klägerin abgenommen. Gemäß der jeweiligen Bauabnahmeurkunde wurde vereinbart, dass die Gewährleistungszeit entgegen der vertraglichen Regelung für das gesamte Bauvorhaben erst am
28.11.2004 und bzgl. des Objektes am 15.11.2004 endet.
Am 20.11.2000 übernahm die Beklagte zu dem Bauvorhaben Objekt 31 eine Gewährleistungsbürgschaft bis zu einem Betrag in Höhe von 32.645,99 € sowie am 24.11.2000 für das Objekt bis zu einem Betrag in Höhe von 21.525,39 € mit folgendem Wortlaut:
"Für die vertragsmäßige Leistung dieser Lieferung/ Bauarbeit verbürgen wir uns hierdurch selbstschuldnerisch unter Verzicht auf die Einreden der Anfechtung, der Aufrechnung und der Vorausklage (§§ 770, 771 des Bürgerlichen Gesetzbuches).
Die Bürgschaft ist nicht auf bestimmte Zeit begrenzt.
Diese Bürgschaft dient dazu, die vertragsgemäße Gewährleistung für fertig gestellte und abgenommene Arbeiten sicherzustellen."
Wegen der weiteren Einzelheiten der Vereinbarung wird auf die Bürgschaftsurkunden vom 20. und 24.01.2000 verwiesen.
Mit Schreiben vom 22.02.2005 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 04.03.2005 letztmalig erfolglos zur Zahlung der geforderten Summe auf.
Gegen den am 23.03.2005 beantragten Mahnbescheid vom 30.03.2005 legte die Beklagte fristgerecht Widerspruch ein.
Die Klägerin behauptet,
dass die gegenüber der Auftragnehmerin erklärten und durch die eingeholten Privatgutachten festgestellten Mängel durch Schlechtleistung der Auftragnehmerin verursacht worden seien. Die veranschlagten voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten in Höhe von brutto 27.069,54 € für das Objekt ... und 47.084,61 € für das Objekt ... seien notwendig und angemessen.
Die Klägerin beantragt,
1) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 32.645,99 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 288 Abs. 1 BGB seit dem 05.03.2005 zu zahlen.
2) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 21.525,39 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 288 Abs. 1 BGB seit dem 05.03.2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Leistungen aus den Bürgschaften vom 20.11.2000 gemäß § 765 Abs. 1 BGB, § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B i.V.m. den Bürgschaftsverträgen vom 20. und 24.01.2000 gegen die Beklagte, da etwaige Gewährleistungsrechte der Klägerin gegen die Auftragnehmerin, die verjährt sind und die Beklagte gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB die Einrede der Verjährung erhoben hat.
Am 01.03.1999 schlössen die Klägerin und die Firma ... je einen Generalunternehmervertrag betreffend die Altbausanierung des Objektes 98 sowie des Objektes in . Nach § 2. 1 d) der jeweiligen Verträge ist die VOB/B Vertragsbestandteil geworden.
Am 20.11.2000 übernahm die Beklagte zu dem Bauvorhaben Objekt ... 31 eine Gewährleistungsbürgschaft bis zu einem Betrag in Höhe von 32.645,99 € sowie am 24.11.2000 für das Objekt ... bis zu einem Betrag in Höhe von 21.525,39€.
Nachdem durch die Klägerin diverse Mängel an beiden Sanierungsobjekten festgestellt worden waren, wurden diese dem Insolvenzverwalter der Auftragnehmerin, der Firma ..., mit Schreiben vom 07.03.2003 unter Aufforderung zur Mängelbeseitigung bis zum 10.04.2003 angezeigt. Da die Auftragnehmerin der Klägerin, die Firma ... jegliche Mängelbeseitigung mit Schreiben vom 19.03.2003 abgelehnt hatte, konnte die Klägerin gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/ B die behaupteten Mängel grundsätzlich auf Kosten der Auftragnehmerin beseitigen lassen. Insoweit ist sie auch berechtigt, vor Inangriffnahme der Nachbesserung einen Vorschuss in , Höhe der zur Mängelbeseitigung voraussichtlich erforderlichen Kosten zu verlangen (vgl. Ingenstau/ Korbion, Kommentar zum VOB, 13. Auflage, § 13 Rz. 551), den die Klägerin gemäß den von ihr eingeholten Gutachten mit brutto 27.069,54 € für das Objekt ... und mit brutto 47.084,61 € für das Objekt ... bemisst. Diesen Kostenvorschuss hat sie mit Schreiben vom 23.07.2004 und 30.08.2004 gegenüber der Beklagten, begrenzt auf den jeweiligen Sicherungsbetrag, geltend gemacht. Hierzu war sie auch berechtigt, da die Auftragnehmerin aufgrund der eingetretenen Insolvenz nicht mehr leistungsfähig gewesen wäre, und die Beklagte gemäß den vorgenannten Bürgschaftsverträgen auf die Einrede der Vorausklage nach § 771 BGB verzichtet hatte. Die Beklagte ist daher grundsätzlich gemäß §§ 765 Abs. 1, 767 BGB i.V.m. § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B zur Leistung der Bürgschaftssumme verpflichtet, sofern die von der Klägerin behaupteten Mängel auf dem Werk der Auftragnehmerin, der Firma beruhen. Letzteres wird von der Beklagten bestritten.
Es kann jedoch dahinstehen, ob die Gewerke der Auftragnehmerin, der Firma , mängelbehaftet waren und den von der Klägerin jeweils dargelegten Mängelbeseitigungsaufwand forderten, da die Ansprüche der Klägerin gegen die Auftragnehmerin verjährt sind und die Beklagte gemäß § 768 BGB die Einrede der Verjährung erhoben hat.
Gemäß § 7 des Generalunternehmervertrages wurde eine Gewährleistungsfrist von 5 Jahren vereinbart, die mit der förmlichen Abnahme der gesamten Bauleistung durch die Auftraggeberin beginnen sollte. Unstreitig erfolgte die vereinbarte förmliche Abnahme der Gewerke am 16/21.12.1999, so dass die Gewährleistungsfrist hinsichtlich beider Objekte grundsätzlich am 21.12.2004 abgelaufen gewesen wäre. Gemäß dem jeweiligen Bauabnahmeprotokoll wurde jedoch abweichend vom Generalunternehmervertrag vereinbart, dass die Gewährleistung für das gesamte Bauvorhaben erst am 28.11.2004 und bzgl. des Objektes ... am 15.11.2004 endet. Aufgrund des Verzichtes der Beklagten auf die Einrede der Verjährung hinsichtlich des Bauvorhabens bis zum 31.01.2005 und hinsichtlich des Objektes ... bis zum 31.03.2005 wurde die Gewährleistungszeit für die Beklagte verbindlich bis zu den vorgenannten Fristen verlängert. Die nach § 13 Nr. 5 VOB/B weitergehende "Quasi-Unterbrechung" durch die am 07.03.2003 erfolgte Mängelanzeige gegenüber der Auftragnehmerin zieht das Ende der Verjährungsfrist nicht weiter hinaus, da sich diese ab Zugang des Mängelbeseitigungsschreibens vom 07.03.2003 mit einer Frist von 2 Jahren berechnet. Dass das vorgenannte Mängelbeseitigungsschreiben nach dem 31.03.2003 zugegangen ist, ist nicht vorgetragen worden. Da die Beklagte jedoch vor Ablauf der vorgenannten Fristen keine Verjährungsunterbrechenden Maßnahmen gegen die Auftragnehmerin unternommen hat, ist der Anspruch aus § 13 VOB/B auf Gewährleistung mit Ablauf des 31.01.2005 hinsichtlich des Objektes ... und des 31.03.2005 hinsichtlich des Objektes verjährt, so dass die Beklagte sich grundsätzlich gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Einrede der Verjährung berufen kann. Die Hemmung oder Unterbrechung dieser Verjährung kann nicht dadurch eintreten, dass gegenüber dem Bürgen ein Mahnverfahren mit anschließender Klage in Gang gesetzt wird (vgl. BGH NJW 1980, 1460 ff [BGH 12.03.1980 - VIII ZR 115/79]), so dass der am 23.03.2005 beantragten Mahnbescheid vom 30.03.2005 gegen die Beklagte der Verjährung der Gewährleistungsansprüche nicht entgegensteht.
Die Klägerin kann sich auch nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht nach § 17 Nr. 8 Satz 2 VOB/B berufen. Zwar erkennt die Rechtsprechung ein solches Zurückbehaltungsrecht grundsätzlich an, wenn der Auftraggeber in noch nicht verjährter Zeit die festgestellten Mängel angezeigt hat . Die Rechte des Auftraggebers beschränken sich auch nicht auf die Zurückhaltung der Sicherheit. Der Auftraggeber ist vielmehr auch berechtigt, sie im Sicherungsfall zu verwerten. Dies ergibt sich zwar nicht ausdrücklich aus § 17 Nr. 8 VOB/B, folgt jedoch aus dem mit dieser Regelung verfolgten Zweck, die ordnungsgemäße Herstellung des Werkes sicherzustellen ( BGHZ 121, 168 ff ). Diese Mängelanzeige erfolgte hier mit Schreiben vom 07.03.2003 an den Insolvenzverwalter der Auftragnehmerin und damit vor Ablauf der Gewährleistungsfristen. Allerdings ist die Geltendmachung eines solchen Zurückbehaltungsrechtes dann rechtsmißbräuchlich, wenn der Gewährleistungsbürge nicht die Verpflichtung übernommen hat, den Auftraggeber auch wegen solcher Mängel zu sichern, die dieser wegen der eingetretenen Verjährung nicht gegen den Auftragnehmer durchsetzten kann. Nur dann, wenn die Auslegung der Bürgschaft bzw. ihres Sicherungszweckes ergibt, dass der Bürge auch für wegen Verjährungseintritts nicht mehr durchsetzbare Gewährleistungsbürgschaften einstehen will, ist es dem Bürgen verwehrt, über § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB die dem Auftragnehmer zustehenden Einreden geltend zu machen (vgl. BGHZ 121, 168 ff, LG Halle, BauR 1/2006, 128, 131).
Bei Auslegung der Bürgschaftsurkunden vom 20. und 24.01.2000 und der dortigen Festlegung des Sicherungszweckes ergeben sich jedoch keinerlei Hinweise darauf, dass die Beklagte auch für verjährte Forderungen der Klägerin gegenüber der Auftragnehmerin einstehen wollte. Zwar ist die Bürgschaft entsprechend § 17 Nr. 4 Satz 2 VOB/B nicht auf bestimmte Zeit begrenzt. Aufgrund der Tatsache, dass die Beklagte neben dem nach § 17 Nr. 4 Satz 2 VOB/B sowie § 8 der vorgenannten Generalunternehmerverträge erforderlichen Verzicht auf die Einrede der Vorausklage zusätzlich auf die Einrede der Anfechtung und Aufrechnung, nicht jedoch auch auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat, ergibt sich, dass die Beklagte nur für die vertragsgemäße Sicherung der Gewährleistung, nicht jedoch auch für verjährte Forderungen der Klägerin gegen die Auftragnehmerin einstehen wollte.
Auf diese Rechtsauffassung, die von der im Hinweisbeschluss vom 27.12.2005 geäußerten Auffassung abweicht, wurde die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 08.08.2006 hingewiesen. Die mit Schriftsatz vom 25.08.2006 geäußerten bedenken der Klägerin vermögen an der Entscheidung des Gerichtes nichts zu ändern
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§91, 709 Satz 2 ZPO.