Landgericht Hannover
Beschl. v. 09.06.2006, Az.: 10 T 12/06

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
09.06.2006
Aktenzeichen
10 T 12/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 43284
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2006:0609.10T12.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - AZ: 45 XIV 1/06 L

In der Beschwerdesache

hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Hannover am 09.06.2006 durch den Präsidenten des Landgerichts ... den Richter am Landgericht ... und den Richter am Landgericht ...

beschlossen:

Tenor:

  1. Die sofortige Beschwerde vom 7. Juni 2006 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 7. Juni 2006 wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

Gründe

1

I.

Am 6. Juni 2006 hielten sich der Beschwerdeführer, bei dem es sich um einen strafrechtlich bereits mehrfach in Erscheinung getretenen rechtsextremen Skinhead handelt, und ein weiterer Skinhead in den Geschäftsräumen der Handelskette "..." auf. Im Kassenbereich stießen beide einen mexikanischen Staatsbürger weg und riefen "Ausländer raus". Der Beschwerdeführer stand zu diesem Zeitpunkt deutlich unter Alkoholeinfluss. Im Zuge der Festnahme äußerte der Beschwerdeführer gegenüber einem dunkelhäutigen Polizeibeamten "Pass auf, ich schick dir dreihundert meiner Jungs zu dir nach Hause". Auf Grund seines aggressiven Auftretens musste der Beschwerdeführer mit Handfesseln fixiert werden.

2

Die Anordnung des Verhinderungsgewahrsams (§ 18 Abs. 1 Zf. 2 SOG) vom 6. Juni 2006, die im Hinblick auf die Veranstaltungen im Rahmen des Begleitprogramms zur Fußballweltmeisterschaft erfolgte, ist mit Beschluss des Amtsgerichts vom 7. Juni 2006 bestätigt und die Fortdauer des Gewahrsams bis zum 15. Juni 2006, 03.00 Uhr, beschlossen worden (§ 19 Abs. 1 NdsSOG).

3

Der Beschwerdeführer hat sein Rechtsmittel nicht weiter begründet; in der richterlichen Anhörung hat der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorgetragen, der Vorfall tue ihm leid und dass derartige Vorfälle nicht wieder vorkommen würden. Zudem interessiere er sich gar nicht für Fußball.

4

II.

Die nach § 19 Abs. 4 NdsSOG (i.V.m. Art. 7 Nds. FGG und § 22 FGG) statthafte und im Übrigen auch zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

5

Zu Recht ist gegen den Beschwerdeführer nach § 18 Abs. 1 Zf. 2 lit. a NdsSOG der so genannte Unterbindungsgewahrsam angeordnet worden. Die Ingewahrsamnahme war unerlässlich, um die unmittelbar bevorstehende Begehung von Straftaten zu unterbinden.

6

Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen mehrfach bereits strafrechtlich in Erscheinung getretenen gewaltbereiten und rechtsextremen Skinhead. Noch am 2. Juni 2006 versah er in der Öffentlichkeit eine Deutschlandfahne mit Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Diesen Vorfall hat der Beschwerdeführer in seiner Anhörung eingeräumt. Des Weiteren wird gegen den Beschwerdeführer wegen eines Vorfalls am 11. Mai 2006 ermittelt. Der Beschwerdeführer soll unter Alkoholeinfluß Ausländern gegenüber rechtsextreme Parolen gegrölt und den so genannten Hitlergruß entboten haben. Gegenüber den Feststellungen der Ermittlungsbehörden erscheint das pauschale Bestreiten des Vorfalls durch den Beschwerdeführer als nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer ist bereits wegen Bedrohung, Körperverletzung und Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen unter anderem mit Jugendstrafe belegt worden.

7

In den kommenden Tagen und Wochen werden im Zuge des Begleitprogramms unter dem Motto "Die Welt zu Gast bei Freunden" zahlreiche Veranstaltungen stattfinden, an denen Alkohol ausgeschenkt wird und an denen - so ist es ausdrücklich erwünscht -zahlreiche ausländische Gäste teilnehmen werden.

8

Aus diesen Umständen ergibt sich eine Sachlage, bei der mit weiteren Straftaten des Beschwerdeführers zu rechnen ist. Gegenüber den Polizeibeamten hat der Beschwerdeführer geäußert, er sei Fußball-Fan. Die beiden Vorfälle vom 2. und 6. Juni 2006 fanden im Innenstadtbereich statt. Die einschlägigen Vorverurteilungen haben dem Beschwerdeführer weder zur Warnung gereicht noch zu einer veränderten Einstellung geführt. Vielmehr belegt das aktuelle Auftreten des Beschwerdeführers, dass er es nachgerade auf eine Konfrontation mit ausländischen Mitbürgern und Gästen anlegt. Das Verhalten des Beschwerdeführers zeigt auch, dass allein schon der Anblick dunkelhäutiger Menschen bei ihm zu Ausfällen führt. Seine Bekundungen gegenüber dem Amtsrichter, derartige Vorfälle würden nicht mehr vorkommen, sind aus Sicht der Kammer allein schon vor dem Hintergrund der Rückfallintensität als reine Schutzbehauptung zu werten. Für einen Unterbindungsgewahrsam nach § 18 Abs. 1 Zf. 2 lit. a StGB können - wie hier - die Vergehen nach § 86 a StGB herangezogen werden (Saipa, Kommentar zum SOG, Std. 12/05, § 18 Rdzf. 5). Ob der Beschwerdeführer sich für Fußball interessiert, kann letztlich dahinstehen. Die wahrscheinlichen Konfliktbereiche sind nicht auf den unmittelbaren Bereich des Fußballstadions einzugrenzen.

9

Die sofortige weitere Beschwerde wird nicht zugelassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat.