Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.05.2024, Az.: 1 KN 101/23

Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan wegen Nichtberücksichtigung privatrechtlicher Baubeschränkungen und Grunddienstbarkeiten im Plangebiet; Verletzung des Abwägungsgebots

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
15.05.2024
Aktenzeichen
1 KN 101/23
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 15897
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:0515.1KN101.23.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Überplant eine Gemeinde mittels eines Angebotsbebauungsplans ein Grundstück, das mit privatrechtlichen Baubeschränkungen und Grunddienstbarkeiten belegt ist, muss sie diese auch dann nicht in ihre Abwägung einstellen, wenn der Plan eine über die Beschränkungen hinausgehende Bebauung ermöglicht (Bestätigung des Senatsurt. v. 12.5.2022 - 1 KN 14/20 -, juris).

  2. 2.

    Überplant eine Gemeinde mit einem Angebotsbebauungsplan ein bereits bebautes größeres Gebiet, um eine Nachverdichtung zu ermöglichen, muss sie grundsätzlich nicht von Amts wegen ermitteln, ob alle Grundeigentümer von den gebotenen Möglichkeiten Gebrauch machen oder die Realisierung unter Nutzung privater Rechte verhindern wollen.

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Vollstreckungsschuldnerinnen können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerinnen wenden sich gegen den Bebauungsplan Nr. 88 "Bethelquartier" der Antragsgegnerin, weil sie der Auffassung sind, der Plan berücksichtige privatrechtliche Baubeschränkungen im Plangebiet zu Unrecht nicht.

Die Antragstellerin zu 1. ist Eigentümerin der Grundstücke E-Straße ..., nördlicher Teil (Flurstück N., Flur O., Gemarkung E-Stadt), und ...a (Flurstück P.) im Stadtgebiet der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin zu 2. ist Eigentümerin des Grundstücks E-Straße ..., südlicher Teil (Flurstück Q.). Die Grundstücke, die aus den ehemaligen Flurstücken R. und S. (Grundbuch Band ..., Blatt ...) hervorgegangen sind, liegen im Südosten eines vom Bethelweg im Westen, der Fürst-Ernst-Straße im Norden, der E-Straße im Osten und der Herminenstraße im Süden gebildeten Straßengevierts und sind jeweils mit großzügigen Wohnhäusern und einem wohl gewerblich bzw. für soziale Zwecke genutzten straßenseitigen Geschäftsgebäude bebaut. Der für das Grundstück bislang bestehende Bebauungsplan Nr. 4 d setzte ein allgemeines Wohngebiet fest. Die weitere Umgebung wird überwiegend von Wohngebäuden sowie von Verwaltungseinrichtungen (Gerichtszentrum), Schulen und eher vereinzelten Gewerbebetrieben geprägt.

Westlich benachbart liegt innerhalb des Gevierts an der Herminenstraße das Grundstück des ehemaligen Krankenhauses T.. Der Bebauungsplan Nr. 4 d setzte für dieses Grundstück ein Sondergebiet "Krankenhaus" fest. Baugrenzen beschränkten dessen Ausnutzbarkeit. Für das Grundstück bestehen zudem privatrechtliche Beschränkungen aus den Jahren 1960 und 1971 zugunsten der Antragstellerinnengrundstücke in Gestalt von Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen, die anlässlich einer Aufstockung und Erweiterung des Krankenhauses bewilligt worden waren. Geregelt sind Höhenbeschränkungen für einzelne Gebäudeteile des Krankenhauses, das Verbot, eine begehbare Terrasse auf einem bestimmten Dachteil zu errichten, Vorgaben zur blickdichten Verglasung bestimmter Fenster, Bestimmungen zum Grenzabstand sowie zur Errichtung einer Grenzmauer. Ferner besteht eine privatrechtliche Baubeschränkung zugunsten der Antragstellerinnengrundstücke.

Nach Aufgabe des Krankenhauses im Jahr 2017 beabsichtigt die Antragsgegnerin, das Krankenhausgrundstück einer neuen Nutzung zu Wohnzwecken zuzuführen. Vorgesehen ist eine Mischung aus Wohnformen für junge Familien sowie Angeboten der Altenpflege und des Seniorenwohnens. Zu diesem Zweck setzt der (Angebots-)Plan für das ehemalige Krankenhausgrundstück unter anderem ein allgemeines Wohngebiet, eine Grundflächenzahl von 0,4, maximal zwei Vollgeschosse, eine abweichende Bauweise, die Gebäudelängen von mehr als 50 m zulässt, sowie Baugrenzen und vereinzelt auch Baulinien fest. In den Plan einbezogen sind die weiteren Grundstücke innerhalb des Straßengevierts, darunter die Grundstücke der Antragstellerinnen, die weiterhin als allgemeine Wohngebiete festgesetzt werden. Die Maßfestsetzungen sowie die Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche entsprechen in diesem Bereich im Wesentlichen dem Vorgängerplan. Weiter einbezogen sind Grundstücke südlich der Herminenstraße, die als besondere Wohngebiete festgesetzt werden.

Im Planaufstellungsverfahren, das mit dem Aufstellungsbeschluss vom 25. Januar 2016 begann, äußerten sich die Antragstellerinnen nicht; die Frage privatrechtlicher Beschränkungen spielte in den Beratungen und in der Abwägung keine Rolle. Der Rat der Antragsgegnerin beschloss den Plan am 26. Juni 2019 als Satzung. Bekannt gemacht wurde er im Amtsblatt des Landkreises Schaumburg vom 30. August 2019.

Die Antragstellerinnen haben am 3. Februar 2020 Normenkontrollantrag gestellt. Sie halten den Plan für abwägungsfehlerhaft. Der Plan ermögliche eine bauliche Nutzung, die mit den privatrechtlichen Beschränkungen nicht vereinbar sei. Eine derartige Bebauung wolle die Beigeladene auch explizit verwirklichen; das von ihr geplante Vorhaben verstoße gegen die fortbestehenden und auch für eine Neubebauung geltenden Grunddienstbarkeiten. Für sie bedeute das einen Entzug baulicher Nutzungsmöglichkeiten, der sich wie eine Teilenteignung auswirken könne. Auch ohne Beteiligung der Antragstellerinnen hätte die Antragsgegnerin die Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen im Grundbuch erkennen und in den Abwägungsprozess einführen müssen; zudem sei der entsprechende Vertrag der Antragsgegnerin tatsächlich bekannt gewesen. In der Nichtberücksichtigung lägen ein offensichtlicher Abwägungsfehler sowie ein Verstoß gegen den Gebietserhaltungsanspruch und das Gebot der Rücksichtnahme.

Die Antragstellerinnen beantragen,

festzustellen, dass der Bebauungsplan Nr. 88 "Bethelquartier" vom 19. August 2019, veröffentlicht im Amtsblatt des Landkreises Schaumburg Nr. 8/2019, unwirksam ist.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladenen beantragen,

den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.

Ein Verstoß gegen das Abwägungsgebot liege nicht vor. Für die Antragsgegnerin sei aufgrund der fehlenden Beteiligung der Antragstellerinnen im Planaufstellungsverfahren nicht erkennbar gewesen, dass es möglicherweise privatrechtliche Beschränkungen gebe. Anlass zur Einsichtnahme in alle Grundbücher habe sie nicht gehabt. Selbst wenn der Kaufvertrag für das Krankenhausgrundstück der Antragsgegnerin zur Entscheidung über die Ausübung eines Vorkaufsrechts vorgelegen habe, habe sie keine Veranlassung gehabt, deren Aktualität oder Reichweite zu überprüfen. Die Antragstellerinnen seien in ihrer Entscheidung frei, ob sie die daraus folgenden Rechte überhaupt geltend machten. Die planende Gemeinde sei nicht verpflichtet, von sich aus auf die Suche nach Durchführungshindernissen zu gehen. Zudem seien alle Beschränkungen auf die aufgegebene Krankenhausnutzung bezogen; es sei völlig offen, ob diese auch für eine neue andersartige Nutzung Geltung beanspruchten. Jedenfalls sei der Plan in der Sache abwägungsfehlerfrei. Die Festsetzungen des Plans setzten keinesfalls zwingend Baukörper voraus, die nur unter Missachtung zivilrechtlicher Eigentumsbeschränkungen realisiert werden könnten. Im Gegenteil gebe er als typischer Angebotsplan Raum für bauliche Rücksichtnahmen. Ebenso wie die Baugenehmigung lasse er etwaige private Baubeschränkungen unberührt und greife nicht in daraus folgende Eigentumsrechte ein. Auch ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme sei deshalb nicht gegeben. Der Gebietserhaltungsanspruch sei ebenfalls nicht verletzt, denn für die Grundstücke der Antragstellerinnen ändere sich die zulässige Art der baulichen Nutzung nicht. Ein Anspruch, in ihrer Nachbarschaft ein störungsintensiveres Sondergebiet aufrechtzuerhalten, bestehe nicht.

Mit Urteil vom 12. Mai 2022 (- 1 KN 14/20 -, BauR 2022, 1148 = juris) hat der Senat den Normenkontrollantrag aufgrund des Fehlens der Antragsbefugnis als unzulässig abgelehnt. Diese Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 28. Juni 2023 (- 4 BN 27.22 -, juris) aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Die Antragsbefugnis sei gegeben, weil die Antragstellerinnen über Grundeigentum im Plangebiet verfügten und den Bebauungsplan insgesamt, d.h. auch bezüglich der ihr Grundstück betreffenden Festsetzungen, angriffen. Das ehemalige Krankenhausgrundstück ist mittlerweile vollständig neu bebaut; die erteilten Baugenehmigungen haben die Antragstellerinnen mit Rechtsmitteln angegriffen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der zulässige Normenkontrollantrag, über den der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Der angegriffene Bebauungsplan leidet nicht unter zu seiner Unwirksamkeit führenden Abwägungsfehlern.

Das in § 1 Abs. 7 BauGB verankerte Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 = juris Rn. 29). Zur Unwirksamkeit des Plans führen nur Abwägungsfehler, die offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 214 Abs. 3 Satz 2, 2. Hs. BauGB).

Gemessen daran folgt ein Abwägungsfehler nicht daraus, dass der Bebauungsplan eine Bebauung ermöglicht, die über dasjenige hinausgeht, was bestehende privatrechtliche Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen zulasten des Vorhabengrundstücks der Beigeladenen und zugunsten der Grundstücke der Antragstellerinnen zulassen, und zwar ohne dass der Rat der Antragsgegnerin dies in seiner Abwägung berücksichtigt hat. Dabei unterstellt der Senat an dieser Stelle zu Gunsten der Antragstellerinnen, dass sich die Baubeschränkungen und Grunddienstbarkeiten nicht mit dem Abbruch des Krankenhauses erledigt haben und auch für einen Nachfolgebau mit anderer Nutzung Geltung beanspruchen. Dennoch war der Rat der Antragsgegnerin nicht gehalten, die Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen in seiner Abwägung zu berücksichtigen.

Private Belange muss die Gemeinde in der Abwägung nur berücksichtigen, wenn die Belange in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben. Daran fehlt es hier, weil sich der angegriffene Bebauungsplan auf die zugunsten der Grundstücke der Antragstellerinnen bestehenden Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen nicht auswirkt und insofern nicht Inhalt und Schranken ihres Grundeigentums i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG bestimmt. Wie der Senat bereits in seinem vorangegangenen Urteil vom 12. Mai 2022 (- 1 KN 14/20 -, BauR 2022, 1148 = juris Rn. 17) - dort allerdings zur Frage der Antragsbefugnis - ausgeführt hat, setzt ein Bebauungsplan lediglich den Rahmen, in dem sich der jeweilige Grundstückseigentümer unter vollständiger Beachtung der privatrechtlichen Grenzen seines Eigentums bewegen darf. Die Ausnutzbarkeit des Plans, das baurechtliche "Dürfen", steht unter dem Vorbehalt des privatrechtlichen "Könnens". Wenn daher privatrechtliche Baubeschränkungen und Grunddienstbarkeiten zulasten des Vorhabengrundstücks der Beigeladenen und zugunsten der Antragstellerinnengrundstücke bestehen, lässt der Bebauungsplan diese Grenzen des Grundeigentums der Beigeladenen unberührt. Die Beigeladenen können in diesem Fall den eine maximale Ausnutzung nicht erzwingenden Plan nur soweit ausnutzen, wie es ihnen ihr Eigentum unter Beachtung der auf ihm liegenden Lasten und Beschränkungen gestattet. Auch in diesem Fall sind die Planungsziele der Antragsgegnerin ohne relevante Abstriche erreichbar, sodass auch die Erforderlichkeit des Plans (§ 1 Abs. 3 BauGB) und die Realisierbarkeit der Planungsziele nicht in Frage stehen. Wirkt sich der Plan damit nicht auf etwa bestehende Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen aus und ist er auch bei Beachtung der privatrechtlichen Grenzen in seinen städtebaulichen Zielsetzungen realisierbar, folgt daraus auch kein Belang, der von der Antragsgegnerin im Rahmen der Abwägung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB zu berücksichtigen war.

Abwägungserheblich waren die Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen zudem deshalb nicht, weil - die generelle Abwägungserheblichkeit entgegen der vorigen Ausführungen unterstellt - ihr Bestehen und ihre Bedeutung für den Rat der Antragsgegnerin bei der Entscheidung über den Bebauungsplan nicht erkennbar waren (vgl. zum rechtlichen Maßstab insoweit zuletzt Senatsurt. v. 17.1.2024 - 1 KN 140/21 -, juris Rn. 20). Richtig ist zwar, dass der Antragsgegnerin der Grundstückskaufvertrag für das Vorhabengrundstück der Beigeladenen zur Prüfung, ob ein Vorkaufsrecht ausgeübt werden sollte, vor dem Satzungsbeschluss vorgelegen hatte. Aus diesem Vertrag ergab sich das Bestehen der Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen ebenso wie aus dem Grundbuch, dessen Einsichtnahme der Antragsgegnerin jederzeit möglich gewesen wäre. Das führt jedoch nicht dazu, dass die Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen für den Rat der Antragsgegnerin erkennbar waren.

Privatrechtliche Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen gewähren dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks die rechtliche Möglichkeit, von dem Eigentümer des dienenden Grundstücks ein Tun, Dulden oder Unterlassen zu verlangen. Ob und wenn ja in welcher Weise der berechtigte Eigentümer seine Rechte geltend macht, ist - worauf die Antragsgegnerin zu Recht hingewiesen hat - eine privatautonome Entscheidung. Der berechtigte Eigentümer kann auf der Einhaltung seiner Rechte bestehen, darauf verzichten, oder die Beteiligten können alternative Lösungen erarbeiten. Ob aus privatrechtlichen Beschränkungen ein Bebauungshindernis folgt, liegt in seinen Händen. Vor diesem Hintergrund kann nur er der planenden Gemeinde Auskunft darüber geben, ob er sich der geplanten Bebauung widersetzen möchte. Äußert er sich - wie hier - im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht, hat die planende Gemeinde, genauer ihr Rat, keinen Anhaltspunkt dafür, dass ihre Planung mit Durchführungsschwierigkeiten behaftet ist. Sie trifft keine Ermittlungspflicht gemäß § 2 Abs. 3 BauGB; sie muss daher weder im eigenen Haus Erkundigungen einziehen, ob privatrechtliche Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen bekannt sind, noch das Grundbuch einsehen oder von sich aus auf Grundstückseigentümer zugehen. Die Frage ist insofern nicht anders zu beurteilen, als die Frage, ob ein Grundeigentümer bei der Überplanung seiner Flächen zur Realisierung der Planung bereit und in der Lage ist. Auch diesen Umstand muss die Antragsgegnerin bei einem Angebotsbebauungsplan grundsätzlich nicht von Amts wegen ermitteln und in ihre Überlegungen einstellen; sie darf vielmehr in der Regel davon ausgehen, dass neue Bebauungsmöglichkeiten auf Interesse stoßen. Es ist deshalb eine Obliegenheit des Eigentümers, seine individuellen abweichenden Interessen der planenden Gemeinde im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung zur Kenntnis zu geben.

Das gilt hier in besonderer Weise, weil die Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen vor dem Hintergrund der Erweiterung und Aufstockung des zuvor bestehenden Krankenhauses auf dem Vorhabengrundstück bewilligt worden und damit auf dieses bezogen waren. Die Eintragungen im Grundbuch gehen offensichtlich von einem konkreten Baukörper (etwa "gynäkologischer Flügel des Krankenhauses Bethel", "Dach des aufgestockten Baukörpers", "Räume an der Grundstücksgrenze") und einer konkreten Nutzung als Krankenhaus aus. Vor diesem Hintergrund drängt es sich jedenfalls nicht auf, dass die Grunddienstbarkeiten und Baubeschränkungen Geltung auch für einen Nachfolgerbau mit gänzlich anderem Baukörper und anderer Nutzung entfalten können. Ebenso wenig drängt sich auf, dass die Antragstellerinnen eine aus Anlass einer konkreten, nunmehr aber entfallenen Situation an der Grundstücksgrenze erlangte Rechtsposition nunmehr weiterhin geltend machen wollen. Bei unbefangener Betrachtung ist vielmehr davon auszugehen, dass sich die entsprechenden Dienstbarkeiten und Beschränkungen erledigt hatten. Schon deshalb war es hier nicht Sache der Antragsgegnerin, von Amts wegen dahingehende Ermittlungen anzustellen.

Sonstige Abwägungsfehler sind weder innerhalb der Frist des § 215 Abs. 1 BauGB konkret dargetan noch - soweit von Ergebnisrelevanz - ersichtlich. Soweit die Antragstellerinnen allgemein auf ihren "Gebietserhaltungsanspruch" bzw. das "Gebot der Rücksichtnahme" und damit auf Begriffe aus dem Vorhabenzulassungsrecht verwiesen haben, folgt daraus auch bei der gebotenen "Übersetzung" auf die Ebene der Bauleitplanung kein Abwägungsfehler. Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung passt der Bebauungsplan die zulässige Nutzung auf dem Vorhabengrundstück an diejenige in der näheren Umgebung an. An die Stelle eines störintensiveren Sondergebietes Krankenhaus ist ein Allgemeines Wohngebiet unter Ausschluss der Nutzungen des § 4 Abs. 3 Nr. 3 bis 5 BauNVO getreten. Dass daraus abwägungsrelevante Nachteile für die Nachbarschaft erwachsen könnten, ist weder dargetan noch ersichtlich. Zu Recht ist die Antragsgegnerin davon ausgegangen, dass sich die vorgesehene Nutzungsstruktur in das bestehende Wohnumfeld einfügt (Planbegründung S. 22). Das Maß der baulichen Nutzung geht ebenfalls nicht wesentlich über das hinaus, was auf dem Krankenhausgrundstück bislang möglich war. Soweit Baugrenzen verändert worden sind, schützen die bauordnungsrechtlichen Regelungen die Interessen der Nachbarn. Auf die Notwendigkeit, im Rahmen der Vorhabenzulassung Rücksicht auf die Nachbarschaft zu nehmen, verweist zutreffend auch der Bebauungsplan (Planbegründung S. 31). Dass dies nicht ausreichend sein könnte, ist weder dargetan noch ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 709 Satz 2, § 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.