Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 17.09.2010, Az.: VgK-45/2010
Ein Bieter ist nicht allein aufgrund der Behauptung eines Mitbieters über die Abgabe eines Angebots mit einem unangemessen niedrigen Preis vom Vergabeverfahren auszuschließen; Rechtmäßigkeit der Vergabe von sog. Freistellungsverkehren als Personensonderbeförderung von Schülern; Gesamtpreis bzw. einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses als Maßstab bei der Prüfung der Angemessenheit eines Angebotes; Nichtberücksichtigung des Gebotes wegen eines unangemessen niedrigen Preises; Bieterrechtschutz nach § 25 Nr. 2 Abs. 3 Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) Teil A (VOL/A) hinsichtlich eines sog. marktverdrängenden Dumpingpreises; Zuschlagserteilung auf ein sog. Unterangebot im Vergabeverfahren bei einem offenbaren Missverhältnis des Preises zur Leistung
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 17.09.2010
- Aktenzeichen
- VgK-45/2010
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 36628
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A
- § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A
- § 25 Nr. 3 VOL/A
- § 25a Nr. 1 Abs. 1 VOL/A
Verfahrensgegenstand
Vergabe von Verkehrsleistungen im freigestellten Schülerverkehr
In dem Nachprüfungsverfahren
...
hat die Vergabekammer
durch
den Vorsitzenden MR Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin BOR'in Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn Dipl.-Ök. Brinkmann,
auf die mündliche Verhandlung vom 17.09.2010
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
- 3.
Die Kosten werden auf xxxxxx EUR festgesetzt.
- 4.
Die Antragstellerin hat dem Auftraggeber und der Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war sowohl für den Auftraggeber als auch für die Beigeladene notwendig.
Begründung
I.
Der Auftraggeber hat mit EU-Vergabebekanntmachung xxxxxx vom xxxxxx.2010 die Vergabe von Freistellungsverkehren im Landkreis xxxxxx europaweit im offenen Verfahren als Dienstleistungsauftrag gemäß VOL/A ausgeschrieben. Zu befördern waren insgesamt ca. 415 Schülerinnen und Schüler im freigestellten Schülerverkehr im Landkreis xxxxxx und angrenzenden Bereichen. Die Leistung wurde vom Auftraggeber in 8 Lose aufgeteilt. Die Bieter konnten auf einzelne oder auf alle Lose bieten. Streitbefangen sind vorliegend die Lose 1, 2 und 6. Es war eine Laufzeit von 47 Monaten vom 01.09.2010 bis zum 30.07.2014 vorgesehen. Der Zuschlag sollte auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erfolgen, wobei der Gesamtangebotspreis mit 80%, das Konzept "Kontinuierliche, zuverlässige Leistungserbringung" mit 10% und das Konzept "Effektive Kommunikations-, Reaktions- und Anpassungsfähigkeit" ebenfalls mit 10% gewichtet werden sollten. Als Schlusstermin für den Eingang der Angebote war der 22.06.2010, 10:00 Uhr, vorgesehen.
Im Vorfeld der Ausschreibung nahm der Auftraggeber eine Kostenschätzung vor. Ausgehend von einem Betrag von xxxxxx EUR, der gemäß Auftraggeber zurzeit für einen Beförderungstag für die Schülerbeförderung in den ausgeschriebenen Gebieten aufgewendet werden muss, einer Kostensteigerung von pauschal 2% pro Jahr, 190 Beförderungstagen pro Schuljahr und einer Laufzeit von 47 Monaten schätzte der Auftraggeber die Gesamtkosten für die Schülerbeförderung mit xxxxxx EUR (netto) ein. Dem entsprechend war in der Vergabebekanntmachung der Gesamtwert des Auftrages über alle Lose mit einer Spanne von xxxxxx bis xxxxxx EUR (netto) angegeben.
Wurde bisher beim Auftraggeber die Leistung der Schülerbeförderung nach gefahrenen Kilometern ausgeschrieben und vergütet, stellte er in Bezug auf das vorliegende Vergabeverfahren um auf das Modell "Anzahl berechtigter und einwandfreier Beförderungen/Leistungstag". Hiervon versprach der Auftraggeber sich verschiedene Vorteile, u.a. mehr Eigenverantwortung und Flexibilität der Bieter bei der Tourenplanung und weniger eigenen Verwaltungsaufwand. Hierzu wurde die Leistung "Beförderung" vom Auftraggeber in verschiedene Kategorien unterteilt, die jeweils von den Bietern zu bepreisen waren:
Sitzplatz Gruppe
davon gesonderte Hin-/Rückfahrt Sitzplatz
Sitzplatz Einzel
Rollstuhl Gruppe
davon gesonderte Hin-/Rückfahrt Rollstuhl
Rollstuhl Einzel
Mitbeförderung von individuellen Begleitpersonen, nicht vom Auftragnehmer zu stellen
Gestellung und Beförderung von zusätzlichen Begleitpersonen des Auftragnehmers
Die aufaddierten Summen der einzelnen Kategorien ergaben pro Los den sog. Wertungspreis, d.h. den Preis, den ein Bieter für notwendig hält, um das jeweils angebotene Los an einem Beförderungstag (Schultag) zu bedienen. Als Kalkulationsgrundlage war den Ausschreibungsunterlagen eine Aufstellung beigefügt, aus der die aktuelle Beförderungssituation pro Los in Bezug auf die einzelnen Beförderungskategorien ersichtlich war, d.h. Anzahl Schüler für die Kategorie "Sitzplatz Gruppe", Anzahl Schüler für die Kategorie "Rollstuhl Einzel" usw. Zukünftigen Änderungen an der Beförderungssituation sollte dadurch Rechnung getragen werden, dass bei einer Veränderung der Gesamtzahl der Beförderungsfälle je Los im Durchschnitt eines Jahres um +/- 10% Neuverhandlungen über die Anpassung der Pauschalen vorgesehen waren.
Bis zum Ende der Angebotsfrist legten 7 Bieter Angebote vor, davon wurden die Angebote von 3 Bietern wegen unvollständiger Angebotsunterlagen auf der ersten Wertungsstufe ausgeschlossen. Die Beigeladene hatte auf alle Lose geboten, die Antragstellerin auf die Lose 1, 2 und 6. Nach Angebotsauswertung war die Beigeladene in Bezug auf den Wertungspreis bei allen 8 Losen die niedrigst bietende Bieterin. Sie bot Wertungspreise von xxxxxx EUR (Los 1 und Los 2) und xxxxxx EUR (Los 6) an. Die Antragstellerin bot Wertungspreise von xxxxxx EUR (Los 1), xxxxxx EUR (Los 2) und xxxxxx EUR (Los 6) an.
Im Folgenden wurde von der die Ausschreibung betreuenden Unternehmensberatung xxxxxx die Angemessenheit der Preise überprüft. Geprüft wurde zum einen, ob der Gesamtangebotspreis eines Bieters für ein Los im Vergleich zum hochgerechneten bisherigen Leistungspreis im Bereich dieses Loses unangemessen niedrig erscheint. Dies war in Bezug auf die Angebote der Beigeladenen und der Antragstellerin nicht der Fall. Im Weiteren wurde u.a. bei dem Angebot der Beigeladenen eine Einzelpreisprüfung durchgeführt, da der Angebotspreis pro Beförderungstag in den drei Preiskategorien "Rollstuhl Gruppe", "Rollstuhl Einzel" sowie "Mitbeförderung individueller Begleitpersonen" der Unternehmensberatung als sehr niedrig erschien. Die in Rede stehenden Einzelpreise wurden von der Unternehmensberatung durch Bieternachfrage bei der Beigeladenen aufgeklärt. Die hierzu von der Beigeladenen gemachten Ausführungen wurden im Ergebnis von der Unternehmensberatung als plausibel eingestuft. Der diesbezüglich Vermerk schließt mit dem Ergebnis, dass die angebotenen Einzelpreise unter den von der Beigeladenen geschilderten Umständen als machbar eingestuft wurden.
Mit Informationsschreiben gemäß § 101a GWB teilte der Auftraggeber der Antragstellerin mit Datum vom 04.08.2010, abgesandt per Fax am 05.08.2010, mit, den Zuschlag auf die Lose 1 bis 8 an die Beigeladene zu erteilen. Bei der Gesamtbewertung der Angebote habe die Beigeladene ein besseres Ergebnis als die Antragstellerin erzielt. Mit Schreiben vom 09.08.2010 rügte die Antragstellerin das Vergabeverfahren. Das ihr übersandte Informationsschreiben gemäß § 101a GWB sei unzureichend. Eine nach § 101a GWB zu erteilende Vorabinformation müsse den Grund der Nichtberücksichtigung eines Angebotes hinreichend deutlich machen. Es müsse für den Bieter erkennbar sein, aus welchem Grund sein Angebot nicht zu berücksichtigen war. Es sei vorliegend nicht erkennbar, aufgrund welcher Kriterien und welcher Bewertung der Auftraggeber zu seiner Entscheidung gekommen sei. Die Antragstellerin bat um Darstellung, woraus das "bessere Ergebnis" der Beigeladenen resultiere. Insbesondere wurde um Darlegung der Bewertung der Konzepte und der gewerteten Preispositionen, jeweils bezogen auf das Angebot der Antragstellerin im Verhältnis zum Angebot der Beigeladen gebeten.
Der Auftraggeber beantwortete die Rüge mit Schreiben vom 11.08.2010. Die Antragstellerin habe unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben. In allen drei Losen habe das Angebot der Antragstellerin einen höheren Wertungspreis erreicht als das Angebot der Beigeladenen. Auch im Konzept "Personal und Fahrzeuge" habe die Antragstellerin nicht die höchste Punktzahl erreicht. Lediglich im Konzept "Effektive Kommunikation, Reaktion und Leistungsanpassung" habe die Antragstellerin die beste Punktzahl erreicht. Aus der Gesamtbetrachtung dieser Ergebnisse und dem aufgestellten Wertungsschlüssel stelle sich das Angebot der Antragstellerin nicht als das wirtschaftlichste dar, so dass der Zuschlag nicht auf ihr Angebot erteilt werden durfte. Auf weitere Nachfrage der Antragstellerin übersandte der Auftraggeber dieser eine Aufstellung, in der die Angebote der Beigeladenen und der Antragstellerin in Bezug auf die einzelnen Wertungskriterien und in Bezug auf die Lose 1,2 und 6 in ihrer jeweiligen prozentualen Gewichtung gegenübergestellt wurden. Auf das Schreiben des Auftraggebers hin rügte die Antragstellerin erneut das Vergabeverfahren. Aus der Aufstellung des Auftraggebers sei ersichtlich, dass die Antragstellerin beim Wertungskriterium "Preis" in Bezug auf die Lose 1, 2 und 6 mit 40,1, 41,8 und 36,6% bewertet wurde. Die Beigeladene sei mit jeweils 80% bewertet worden. Angesichts der für alle Bieter im Ergebnis gleichen Sachkosten für die Fahrzeuge, Instandhaltung, Kraft- und Verbrauchsstoffe, Versicherungskosten etc. erscheine der um 100% günstigere Angebotspreis der Beigeladenen ungewöhnlich niedrig. Der Preis der erstplatzierten Beigeladenen weiche von den Durchschnittspreisen der übrigen Bieter und den Erfahrungswerten der wettbewerblichen Preisbildung derart ab, dass ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Preis und Leistung im Sinne von § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A anzunehmen sei. Sie gehe davon aus, dass das Angebot der Erstplatzierten vergaberechtswidrig erfolgt sei und die Abgabe des Unterkostenangebotes eine wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweise darstelle. Es werde insoweit ein Verstoß gegen§ 25 Nr. 2 Abs. 2 und Abs. 3 VOL/A gerügt.
Hieraufhin teilte der Auftraggeber mit Schreiben vom 13.08.2010 der Antragstellerin mit, dass im Vergabeverfahren überprüft wurde, ob die angebotenen Preise plausibel seien. Diese Prüfung sei durch die beauftragte Wirtschaftsberatungsfirma xxxxxx durchgeführt worden. Im Ergebnis dieser Prüfung habe nicht festgestellt werden können, dass das Angebot ein vergaberechtswidriges Unterkostenangebot ist. Über die der Antragstellerin bisher bekannt gegebenen Details hinaus könne der Auftraggeber dieser keine weiteren Informationen zukommen lassen, ohne dabei das Geheimhaltungsgebot zu verletzen. Ein vergaberechtlicher Verstoß sei bei der Bewertung der vorgelegten Angebote nicht zu erkennen.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 13.08.2010 beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfverfahrens. Mit Schreiben vom 12.08.2010 habe der Auftraggeber der Antragstellerin eine Aufstellung der Wertungsergebnisse im Verhältnis zur Beigeladenen übersandt, aus der sich bei der Bewertung des Wertungspreises für die Beigeladene für die Lose 1, 2 und 6 jeweils 80% und für die Antragstellerin 40,1%, 41,8% und 36,6% ergeben hätten. Das bedeute, die von der Erstplatzierten angebotenen Preise könnten nur halb so hoch sein wie die von der Antragstellerin angebotenen Preise. Da die Antragstellerin Rang 2 erreicht habe, müsse der Angebots-Preisunterschied zu den übrigen Bietern entsprechend noch höher liegen. Mit Schreiben vom 13.08.2010 habe die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass der Preis der Erstplatzierten von den Durchschnittswerten der übrigen Anbieter und den Erfahrungswerten der wettbewerblichen Preisbildung derart abweiche, dass ein offenbares Missverhältnis zwischen Preis und Leistung im Sinne von § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A anzunehmen sei. Der Auftraggeber sei verpflichtet, Angebote mit einem ungewöhnlich niedrigen Preis zu prüfen, den Bieter aufzufordern, das Missverhältnis zwischen Preis und Leistung aufzuklären und das Angebot ggf. auszuschließen.
Eine ordnungsgemäße Wertung der Angebote nach § 25 VOL/A sei vorliegend nicht erfolgt. Durch die Verletzung des Vergaberechts drohe der Antragstellerin ein Schaden. Die Antragstellerin habe den zweiten Rang belegt. Sie hätte bei ordnungsgemäßer Überprüfung der Angebote gemäß § 25 VOL/A wegen des notwendigen Ausschlusses der Erstplatzierten aufgrund eines unauskömmlichen Angebotes gute Aussichten auf den Zuschlag gehabt. Dem § 25 Nr. 2 Abs. 2 und 3 VOL/A komme zwar kein Mitbieterschutz zu, womit die Antragstellerin grundsätzlich kein subjektives Recht auf Ausschluss eines unauskömmlichen Angebotes geltend machen könne. Liege jedoch ein Unterkostenangebot vor, muss dieses von der Vergabestelle zwingend ausgeschlossen werden.
Der überwiegende Teil der Angebotspreise bestehe vorliegend aus fixen Sachkosten, die für alle Bieter annähernd gleich seien (Anschaffung Pkw, Busse, Kraftstoffkosten, Wartungs- und Instandhaltungskosten, Kosten der Kommunikation, Versicherungsbeiträge). Es sei von daher nicht möglich, dass ein Mitbewerber die von der Antragstellerin kalkulierten Kosten um 100% unterschreiten könne. Vorliegend habe die Erstplatzierte ein Dumpingangebot unterbreitet, um sich Zugang zum Markt zu verschaffen und die verbleibenden Bieter vom Markt zu verdrängen. Eine zuverlässige, vertragsgerechte Leistungserbringung sei nicht möglich. Die Antragstellerin habe wegen der Abgabe eines unauskömmlichen Angebots durch die Beigeladene und der darin manifestierten wettbewerbsbeschränkenden und unlauteren Absicht aus § 97 Abs. 7 GWB ein Anspruch auf die Einhaltung des § 25 Nr. 2 Abs. und 3 VOL/A.
Nach erfolgter Akteneinsicht und nach Erwiderung durch den Auftraggeber nimmt die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 31.08.2010 erneut Stellung. Aus der Vergabeakte sei erkennbar geworden, dass die Erstplatzierte zumindest für die Lose 1, 2 und 6 in den Kategorien 2 bis 8 zu einem unangemessen niedrigen Preis angeboten habe. Der Eindruck eines ungewöhnlich niedrigen Angebotes könne aufgrund des Vergleichs mit den Preisen eingegangener Konkurrenzangebote oder aber auch auf der Grundlage von Erfahrungswerten aus anderen Ausschreibungen gewonnen werden. Der letztgenannte Vergleich scheide vorliegend aus, da die Erfahrungswerte aus der bisherigen Schülerbeförderung nicht zugrunde gelegt werden könnten. Abweichend vom Schuljahr 2009/2010 erfolge aufgrund der Ausschreibung eine Umstellung von der bisherigen Kilometer-Vergütung auf eine pro Kopf bzw. Sitz- und Stellplatz-Vergütung. Beiden Systemen lägen unterschiedliche Kalkulationen und Preise zugrunde, die gar nicht vergleichbar seien. Im Rahmen der Wertung der Angebote und der Prüfung der Auskömmlichkeit könnten insoweit die bisherigen Durchschnittspreise nicht zugrunde gelegt werden.
Darüber hinaus habe der Auftraggeber den Ausschreibungsunterlagen zuwider gehandelt, indem er z.B. bei Los 1 sechs der acht zu bepreisenden Kategorien mit einer derzeitigen Schülerzahl von "0" vorgebe, d.h. er habe eine ausschließlich am Ist-Zustand orientierte Bewertung vorgenommen und die zukünftigen Abweichungsmöglichkeiten völlig außer Acht gelassen. Bezogen auf Los 1 bedeute dies, dass bei der Prüfung der Angemessenheit im Wesentlichen nur die erste Kategorie, d.h. der Grundpreis berücksichtigt wurde. Bei einer Verschiebung des Leistungsspektrums, die nach Angaben des Auftraggebers jederzeit eintreten könne, sei eine wirtschaftliche Leistungserbringung nicht mehr möglich. Zögen z.B. nur zwei Rollstuhlfahrer, die einzeln und zeitgleich mit den anderen Schülern transportiert werden müssten, in den Bereich des Loses 1, entstünden erhebliche Mehrkosten. In einem solchen Fall wäre nicht nur die Anschaffung von zwei Fahrzeugen, sondern auch die Beschäftigung von mindestens zwei weiteren Fahrern erforderlich. Darüber hinaus könne eine Angemessenheit des Preises nicht damit begründet werden, dass die Abweichungen vom Grundpreis "heute und voraussichtlich in Zukunft sehr gering ausfallen" würden. Wenn der Auftraggeber ohnehin nur den Stand aus dem Schuljahr 2009/2010 der Angemessenheitsprüfung zugrunde lege, hätte er auch bei den übrigen Bietern z.B. bei Los 1 nur die ersten beiden Kategorien werten dürfen.
Die von der Erstplatzierten angebotenen Preise seien bezogen auf sieben der acht Kategorien unangemessen niedrig. Bezogen auf den Grundpreis sei das Angebot der Erstplatzierten jedoch höher als das der Antragstellerin und damit für den Auftraggeber sogar wirtschaftlich nachteilig. Der Zuschlag dürfe nur dann auf ein Angebot mit einem niedrigen Preis erteilt werden, sofern der Auftraggeber eine sachlich fundierte, vertretbare Prognose getroffen habe, dass der Bieter die Leistung zuverlässig und vertragsgerecht erbringen könne. Eine solche Prognose wäre vorliegend nur möglich, wenn sich in den nächsten vier Jahren keine Abweichung zum Schuljahr 2009/2010 ergeben würden. Dies sei nach eigener Darstellung des Auftraggebers in den Ausschreibungsunterlagen jedoch nicht zu erwarten.
Die Antragstellerin beantragt:
- 1.
Dem Auftraggeber wird untersagt, den Zuschlag auf das Angebot der Erstplatzierten für die Lose 1, 2 und 6 zu erteilen, da deren Angebot für die Lose 1, 2 und 6 auszuschließen ist.
- 2.
Der Auftraggeber wird verpflichtet, erneut in die Angebotswertung bezüglich der Lose 1, 2 und 6 einzutreten und diese unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut zu prüfen.
- 3.
Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gemäß § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären.
- 4.
Dem Auftraggeber die Kosten des Verfahrens einschl. der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin aufzuerlegen.
Der Auftraggeber beantragt:
- 1.
Der Antrag wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten des Auftraggebers wird gemäß § 128 Abs. 4 GWB für notwendig erklärt.
- 3.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Mit anwaltlichen Schriftsätzen vom 23.08.2010 und 03.09.2010 tritt der Auftraggeber dem Vorbringen der Antragstellerin entgegen. Der Nachprüfungsantrag sei bereits unzulässig, da der Antragstellerin die erforderliche Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB fehle. Die Antragstellerin berufe sich auf einen Verstoß gegen § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A. Diese Norm entfalte einen Bieterschutz lediglich zugunsten desjenigen Bieters, dessen Angebot ohne Überprüfung ausgeschlossen worden sei. Bieterschutz für andere Bieter entfalte die Norm allenfalls dann, wenn Angebote mit der zielgerichteten Absicht abgegeben wurden, bestimmte Wettbewerber vom Markt ganz und nicht nur von einer einzelnen Auftragsvergabe zu verdrängen. Hierfür gebe es vorliegend keine Anhaltspunkte. Die Antragstellerin und auch die anderen unterlegenen Bieter würden allenfalls für einen gewissen Zeitraum von der Durchführung des freigestellten Schülerverkehrs im Landkreis ausgeschlossen. Diese Tatsache sei in einem Vergabeverfahren, nach welchem das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag erhalte und es somit denknotwendig unterlegene Bieter geben müsse, immanent.
Der Nachprüfungsantrag sei darüber hinaus aber auch unbegründet, da kein Verstoß gegen § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A vorliege. Vielmehr sei bei der Angemessenheitsprüfung das derzeitige Mengengerüst des Fahrgastaufkommens zum Vergleich benutzt worden. Die von den Bietern abgegebenen Einzelpreise seien im Verhältnis zum derzeitigen Fahrgastaufkommen multipliziert worden und dann mit den derzeitigen Kosten des Auftraggebers verglichen worden.
Die Angebotswertung basiere auf den vom Bieter für jede Preiskategorie angegebenen Beförderungspauschalpreis. Die Beförderungspauschalpreise seien von den Bietern in eine Preisgebotstabelle einzutragen gewesen, die für jede Preiskategorie in den einzelnen Losen das Wertungsgewicht benannte. Aus den Preisgeboten je Kategorie, multipliziert mit dem genannten Wertungsgewicht, sei im Preisblatt automatisch der Wertungsgesamtpreis ermittelt worden. Dabei sei vom Auftraggeber betont worden, dass der Wertungspreis vom voraussichtlichen Beförderungsgesamtpreis bei Leistungsbeginn insofern abweichen werde, als dass beim Wertungspreis auch zukünftige Bedarfe berücksichtigt wurden, um für den Aufgabenträger ungerechtfertigte Kostensteigerungen zu verhindern. Grundlage dieses - von der Antragstellerin auch nicht gerügten - Vorgehens sei gewesen, dass der Auftraggeber zukünftige Änderungen im Fahrgastaufkommen bereits im Rahmen der Ausschreibung vorhersehen wollte.
Da aber nun der so ermittelte Wertungspreis keine direkten Rückschlüsse auf die Angemessenheit der Preise für die Leistungsausführung zulasse, müsse im Rahmen der Angemessenheitsprüfung eine Hochrechnung der angebotenen Einzelpreise auf das derzeitige Fahrgastaufkommen vorgenommen werden. Dies habe der Auftraggeber getan und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die vom Zuschlagbieter angebotenen Einzelpreise eine angemessene Leistungsausführung ermöglichen würden. Der Auftraggeber wende derzeit pro Schultag durchschnittlich xxxxxx EUR für alle notwendigen Beförderungsleistungen im freigestellten Schülerverkehr auf. Bezogen auf ein Haushaltsjahr beliefen sich die Kosten damit derzeit auf xxxxxx EUR. Hierin seien nicht die derzeit noch durch den Auftraggeber zu erbringenden Leistungen in den Bereichen Fahrplangestaltung, Abstimmung, Beschwerdemanagement und Abrechnung enthalten. Diese seien im Rahmen der streitgegenständlichen Ausschreibung auf die Bieter übertragen worden. Die vom Auftraggeber ermittelten voraussichtlichen jährlichen Beförderungskosten des Zuschlagsbieters seien in dem Bereich wie für die derzeit für die Erbringung der Beförderungsleistung benötigten Haushaltsmittel. Die leichte Kostensteigerung sei durch die zukünftige Zuweisung der vorgenannten Aufgaben vom Auftraggeber an den Zuschlagsbieter erklärbar.
Diese Vorgehensweise des Auftraggebers sei grundsätzlich zulässig, da nach ständiger Rechtsprechung für die Prüfung der Angemessenheit des Angebotes es nicht auf einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses, sondern auf den Gesamtpreis ankomme. Da der Angebotspreis der Beigeladenen aber weder unangemessen niedrig noch unangemessen hoch sei, bestehe keine Veranlassung, ihr Angebot auszuschließen.
Die Beigeladene beantragt,
- 1.
den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen;
- 2.
die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen gemäß § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären;
- 3.
der Antragstellerin die Aufwendungen der Beigeladenen nach § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB aufzuerlegen.
Die Beigeladene unterstützt den Auftraggeber in seinem Vortrag. Ergänzend trägt sie insbesondere hinsichtlich der Kalkulation ihres eigenen Angebotes vor.
Die von der Beigeladenen angebotenen Preise seien allesamt unter Ausschöpfung bestehender Synergiepotenziale auskömmlich kalkuliert worden. So habe die Beigeladene ihre Fahrzeuggrößen, Auslastung und Tourenplanung sowie auch das einzusetzende Personal derart angeboten, dass die Notwendigkeit einer Anschaffung weiterer Fahrzeuge während der Vertragslaufzeit auch bei dem von der Antragstellerin als Beispiel genannten Zuzug von zwei weiteren einzeln zu befördernden Rollstuhlfahrern nicht erforderlich sei. Sie habe in den Preis für den "Sitzplatz Gruppe" bewusst Leerkapazitäten eingeplant, um auf Tourenveränderungen sofort reagieren zu können und um kostenintensive Einzeltransporte zu vermeiden. Ferner habe sie ihr Angebot auf der Grundlage von Fahrzeugen erstellt, die Platz für mehrere Rollstühle bieten würden (Sprinter/Crafter mit langem Radstand). Derartige Fahrzeuge weisen bei voller Bestuhlung 8 Plätze zuzüglich Fahrerplatz auf. Je nach Bedarf könne sofort auf 6 Sitzplätze und 2 Rollstuhlplätze bzw. 4 Sitzplätze und 4 Rollstuhlplätze umgestellt werden. Der Einsatz dieser Fahrzeuge biete daher größtmögliche Freiheit bei der Tourenplanung und decke auch Veränderungen des Bedarfs bzw. Mehrbedarfs problemlos ab. Ähnlich verhalte es sich mit den Personalkosten. Auch bei der Personalgestellung habe die Beigeladene bei der Konzeption ihres Angebotes darauf geachtet, dass die Rekrutierung und Einarbeitung neuen Personals nicht erforderlich sei.
Zu den von der Antragstellerin angeführten kostenintensiven Einzelbeförderungen sei grundsätzlich anzumerken, dass mit solchen nach den Vorgaben des Auftraggebers generell nur in extrem geringem Umfang zu rechnen sei. Dies müsse erst recht für die Einzelbeförderung von Rollstuhlfahrern gelten, die noch viel seltener erforderlich sein werden, als die Einzelbeförderung von Kindern auf einem normalen Sitzplatz. Bei der Kalkulation der Angebote sei es u.a. auch Aufgabe der Bieter, Risikoabschätzungen vorzunehmen. Es könne der Beigeladenen angesichts der Vorgaben des Auftraggebers nicht vorgeworfen werden, dass sie das Risiko einer gehäuften Anzahl von Einzelbeförderungen von Rollstuhlfahrern auf der Grundlage ihrer langjährigen Erfahrungen als minimal eingestuft und die Preiskalkulation entsprechend vorgenommen habe. Auf den hier streitgegenständlichen Losen würden derzeit insgesamt nur zwei Rollstuhlfahrer transportiert. Von diesen benötige derzeit keiner eine Einzelbeförderung. Es sei davon auszugehen, dass dieses Zahlenverhältnis auch in Zukunft in etwa beibehalten werde.
In Bezug auf die Auskömmlichkeit der Kalkulation der Beigeladenen sei hierbei zudem zu beachten, dass die Vergabeunterlagen im Unterpunkt 4 vorsehen hätten, dass bei einer Veränderung der Gesamtzahl der Beförderungsfälle je Kategorie im Durchschnitt eines Jahres um +/- 10% Neuverhandlungen über die Anpassung der Pauschalen stattfinden können. Dies wäre bei der Kategorie "Rollstuhl Einzel" unter Zugrundelegung der genannten tatsächlichen Fallzahlen bereits bei der Einzelbeförderung von mehr als ein bis maximal zwei zusätzlichen Kindern der Fall.
Die Vergabekammer hat mit Verfügung des Vorsitzenden vom 07.09.2010 gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 GWB) hinaus bis zum 30.09.2010 verlängert.
Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 17.09.2010 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin wird durch die Entscheidung des Auftraggebers, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, nicht in ihren Rechten gemäß §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt. Der Auftraggeber hat in vergaberechtlich nicht zu beanstandender Weise auf der Grundlage der gemäß § 25 a VOL/A bekannt gemachten Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung das Angebot der Beigeladenen als wirtschaftlichstes Angebot im Sinne des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A ermittelt. Er war nicht gehalten, das Angebot der Beigeladenen wegen eines unangemessen niedrigen Preises gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A unberücksichtigt zu lassen. Die vom Auftraggeber durchgeführte, in der Vergabeakte dokumentierte Plausibilitätsprüfung genügt den Anforderungen des § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei dem Auftraggeber handelt es sich um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragwerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag im Verkehrsbereich, für den gemäß § 2 Nr. 1 der Vergabeverordnung (VgV), in der seit 01.01.2010 aktualisierten Fassung ein Schwellenwert von 412.000 EUR gilt. Der vom Auftraggeber gemäß § 1 VgV vorab geschätzte Wert des Gesamtauftrags beträgt gemäß II.2.1 der Bekanntmachung vom xxxxxx.2010 xxxxxx EUR bis xxxxxx EUR.
Die Antragstellerin ist auch entgegen der Auffassung des Auftraggebers und der Beigeladenen gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterunternehmen im Vergabeverfahren ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie die Auffassung vertritt, der Auftraggeber dürfe das Angebot der Beigeladenen bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A nicht berücksichtigen, da die Beigeladene einen unangemessen niedrigen Preis angeboten habe. Entgegen der Auffassung des Auftraggebers und der Beigeladenen ist die Antragstellerin vorliegend nicht gehindert, sich als mit der Beigeladenen konkurrierendes Bieterunternehmen auf einen Verstoß gegen § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A zu berufen. Diese Norm entfaltet nicht lediglich einen Bieterschutz zugunsten desjenigen Bieters, dessen Angebot ohne Überprüfung ausgeschlossen worden ist. Auch für die konkurrierenden Bieter entfaltet diese Vorschrift Bieterschutz, wenn und soweit der Antragsteller substantiiert geltend macht, dass das Gebot, wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen der Bieter im Sinne des § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A zu bekämpfen, vom Auftraggeber den Ausschluss des betreffenden Angebotes fordert (vgl. Dicks in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, § 25, Rdnr. 148, m.w.N.). Dazu zählen zum einen Angebote mit einem unverhältnismäßig niedrigen Preis, die in der zielgerichteten Absicht einer Marktverdrängung abgegeben worden sind oder zumindest die Gefahr begründen, dass bestimmte Wettbewerber vom Markt ganz (und nicht nur von einer einzelnen Auftragsvergabe) verdrängt werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.09.2006, Az.: Verg 49/06). Für eine derartige, zielgerichtete Marktverdrängungsabsicht der Beigeladenen bietet der vorliegende Sachverhalt allerdings keinen Anhaltspunkt. Eine Marktverdrängungsabsicht vom ganzen Markt muss von der Antragstellerin substantiiert dargelegt werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.10.2005 - Verg 37/05). Zu Recht hat der Auftraggeber darauf hingewiesen, dass die im streitbefangenen Vergabeverfahren unterlegenen Bieter allenfalls für einen gewissen Zeitraum von der Durchführung des freigestellten Schülerverkehrs im Landkreis xxxxxx ausgeschlossen werden. Da sich die Unternehmen bundesweit an Ausschreibungen auf dem Gebiet des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und auch des freistellten Schülerverkehrs beteiligen können, kann aus der Tatsache, dass die Beigeladene im vorliegenden Verfahren den mit Abstand niedrigsten Preis angeboten hat, keine Verdrängungsabsicht vom gesamten Markt des freigestellten Schülerverkehrs abgeleitet werden.
Der Bieterrechtschutz der Regelung des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A beschränkt sich jedoch entgegen der Auffassung des Auftraggebers und der Beigeladenen nicht nur auf die Fallgruppe des marktverdrängenden Dumpingpreises. Zwar dient die Vorschrift neben dem Schutz des zu Unrecht ausgeschlossenen Bieters in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers. Denn der Auftraggeber muss ein Interesse daran haben, nicht mit einer Zuschlagserteilung auf ein sog. Unterangebot Gefahr zu laufen, dass der Auftragnehmer den Auftrag nicht ordnungsgemäß erfüllen kann (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.12.2000, Az.: Verg 28/00). Die Vorschriften schützen aber auch den Mitbewerber, der sich gleichfalls an der Ausschreibung beteiligt hat und zu Recht erwartet, dass seinem Angebot nicht ein unseriös kalkuliertes Angebot vorgezogen wird, bei dem die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung möglicherweise nicht sichergestellt ist (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 18.12.2003, Az.: 13 Verg 22/03 = VergabeR 3/2004, S. 397 ff., S. 405). Bieter im Vergabeverfahren haben deshalb einen Anspruch darauf, dass der Zuschlag nicht auf ein Angebot erteilt wird, bei dem die Preisgestaltung den Auftragnehmer voraussichtlich in so große wirtschaftliche Schwierigkeiten bringt, dass er die Vertragsausführung abbrechen muss. Die wettbewerbsbeschränkende Wirkung ist in jenen Fällen in der begründeten Besorgnis zu sehen, dass die am Vergabeverfahren beteiligten Wettbewerber, welche die Leistung zu einem angemessen Preis angeboten haben, aus welchen Gründen auch immer nicht mehr in die Ausführung des Auftrags eintreten können, weil eine Übernahme wegen der weiteren Entwicklung ihrer geschäftlichen Verhältnisse, insbesondere einer anderweitigen Bindung der Leistungskapazitäten, ausgeschlossen ist (vgl. Dicks, a.a.O., § 25, Rdnr. 148, m.w.N.). Einen derartigen Sachverhalt macht die Antragstellerin vorliegend geltend, indem sie darauf hinweist, dass die Beigeladene im vorliegenden Verfahren für die vom Auftraggeber vorgegebenen Beförderungskategorien "Sitzplatz Einzel", "Rollstuhl Gruppe" und "Rollstuhl Einzel" und die diesbezüglich abgefragten Zuschläge für eine gesonderte Hin- und Rückfahrt erheblich niedrigere Preise fordert als alle anderen Bieter. Der Vortrag der Antragstellerin auf Basis des ihr bekannten Sachverhalts genügt den Anforderungen an die Darlegung der Antragsbefugnis. Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach§ 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Auflage, § 107, Rdnr. 954). Die Antragstellerin hat entsprechendes Rechtschutzbedürfnis dargelegt, indem sie auf den augenfällig deutlichen Preisabstand des Angebotes der Beigeladenen im Hinblick auf die erörterten, besonders kostenintensiven Beförderungskategorien hingewiesen hat. Die Frage, ob der von der Beigeladenen angebotene Preis tatsächlich im Sinne des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A in einem offenbaren Missverhältnis zur Leistung steht und ob der Auftraggeber die Angemessenheit des Angebotspreises in einer den Anforderungen des § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A genügenden Weise geprüft hat, ist vielmehr im Rahmen der Prüfung der Begründetheit des Nachprüfungsantrags zu entscheiden.
Der Nachprüfungsantrag ist auch nicht mangels rechtzeitiger Rüge gemäß § 107 Abs. 3 GWB unzulässig. Die Antragstellerin ist insbesondere auch ihrer Pflicht gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren selbst gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich zu rügen. Die Antragstellerin hat erstmals mit Informationsschreiben des Auftraggebers gemäß § 101a GWB vom 04.08.2010, übersandt per Telefax am 05.08.2010, erfahren, dass beabsichtigt ist, den Zuschlag auf die Lose 1 bis 8 an die Beigeladene zu erteilen. Zur Begründung hat der Auftraggeber lediglich ausgeführt, dass die Beigeladene bei der Gesamtbewertung der Angebote ein besseres Ergebnis als die Antragstellerin erzielt habe. Mit Schreiben vom 09.08.2010 hat die Antragstellerin daraufhin gerügt, dass das ihr übersandte Informationsschreiben gemäß § 101a GWB unzureichend sei. Daraufhin hat der Auftraggeber der Antragstellerin mit Schreiben vom 11.08.2010 ergänzend mitgeteilt, dass sie unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nicht das wirtschaftlichste Angebot abgeben habe, und ihr in der Folge auf weitere Nachfrage der Antragstellerin noch eine Aufstellung übersandt, in der die Angebote der Beigeladenen und der Antragstellerin in Bezug auf die einzelnen Wertungskriterien und in Bezug auf die vorliegenden streitbefangenen Lose 1, 2 und 6 in ihrer jeweiligen prozentualen Gewichtung gegenübergestellt wurden. Erst aufgrund dieser mit Schreiben des Auftraggebers vom 12.08.2010 erteilten Informationen erhielt die Antragstellerin positive Kenntnis von den Ergebnissen der Bewertung der einzelnen Zuschlagskriterien und damit zumindest auch von den prozentualen Abständen ihres Angebotes zum Angebot der Beigeladenen. Darauf reagierte die Antragstellerin bereits mit einem am 13.08.2010 per Telefax übersandten weiteren Rügeschreiben unter dem Datum 11.08.2010. Diese Rüge erfolgte unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB. Es kann daher vorliegend dahin stehen, ob die in § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB vorgesehene Pflicht zur unverzüglichen Rüge auch nach den Urteilen des EuGH vom 28.01.2010 (Rs. C-406/08, VergabeR 2010, S. 451 ff. und Rs. C-456/08, VergabeR 2010, S. 457 ff.[EuGH 28.01.2010 - Rs. C-456/08]) noch als eine hinreichend genaue, klare und vorhersehbare Fristenregelung anzusehen ist, die mit der Rechtsmittellinie 89/665/EWG in Einklang steht (bejahend OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010, Az.: WVerg 6/10, zitiert nach ibr-online; offen gelassen OLG Celle, Beschluss vom 16.09.2010, Az.: 13 Verg 8/10).
2. Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. Der Auftraggeber hat das Angebot der Beigeladenen auf der Grundlage der gemäß § 25a VOL/A bekannt gemachten Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung zu Recht als wirtschaftlichstes Angebot im Sinne des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A ermittelt (im Folgenden a). Er war nicht gehalten, das Angebot der Beigeladenen wegen eines unangemessen niedrigen Preises gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A unberücksichtigt zu lassen (im Folgenden b).
a)
Der Auftraggeber hat das Angebot der Beigeladenen ausweislich der Dokumentation im vorliegenden Vergabevermerk vom 19.08.2010 und des als Anlage 12 beigefügten Bewertungsergebnisses der vom Auftraggeber mit der Angebotsauswertung beauftragten Unternehmensberatung xxxxxx in nicht zu beanstandender Weise als das wirtschaftlichste Angebot im Sinne des § 25 Nr. 3 VOL/A ermittelt. Er hat dabei die Vorgabe des § 25a Nr. 1 Abs. 1 VOL/A beachtet und die Bewertung ausschließlich auf der Grundlage der gemäß § 9a Nr. 1 lit. c VOL/A den Bietern bekannt gemachten Zuschlagskriterien und ihrer ebenfalls bekannt gemachten Gewichtung durchgeführt. Gemäß § 97 Abs. 5 GWB und § 25 Nr. 3 Satz 1 VOL/A ist der Zuschlag auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Gemäß § 25 Nr. 3 Satz 2 VOL/A ist der niedrigste Angebotspreis zwar - grundsätzlich - nicht allein entscheidend. Die Vergaberichtlinien der EU legen übereinstimmend fest, dass für die Auftragsvergabe grundsätzlich zwei Kriterien maßgebend sein dürfen. Der öffentliche Auftraggeber darf entweder den Anbieter auswählen, der den niedrigsten Preis anbietet, oder denjenigen Anbieter, der das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben hat (vgl. Art. 53 und 54 der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG (VKR)). Dem steht nicht entgegen, dass der Auftraggeber sich vorliegend entschieden hat, dem jeweiligen Gesamtangebotspreis für die einzelnen Lose mit 80% das überragende Gewicht gegenüber den beiden übrigen Zuschlagskriterien "Konzept Kontinuierliche, zuverlässige Leistungserbringung" und "Konzept Effektive Kommunikations-, Reaktions- und Anpassungsfähigkeit" mit jeweils 10% einzuräumen. Zwar hat sich der deutsche Gesetzgeber in § 97 Abs. 5 GWB ausdrücklich dafür entschieden, dem Kriterium "Wirtschaftlichstes Angebot" den Vorzug vor dem ebenfalls zulässigen Kriterium "Niedrigster Preis" zu geben. Das deutsche Recht schließt damit jedoch nicht aus, dass die preisliche Beurteilung des Angebotes im Rahmen der Prüfung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes eine maßgebliche Rolle spielt. Der Preis ist nach dem deutschen Vergaberecht vielmehr regelmäßig zwar nicht das allein entscheidende, aber das wichtigste Zuschlagskriterium (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 97, Rdnr. 144).
Vorliegend hat die Beigeladene das wirtschaftlichste Angebot abgegeben, weil sie auch für die im vorliegenden Nachprüfungsverfahren streitbefangenen Lose mit Abstand den jeweils geringsten Wertungspreis angeboten hat. So hat sie für das Los 1 einen Preis von xxxxxx EUR (netto)/Tag angeboten. Demgegenüber hat die zweitplatzierte Antragstellerin einen Wertungspreis von xxxxx EUR/Tag angeboten. Auf ähnlich hohem Niveau liegt der Preisabstand bei den beiden übrigen streitbefangenen Losen. Die Beigeladene hat für das Los 2 einen Wertungspreis von ebenfalls xxxxxx EUR/Tag angeboten. Das Angebot der Antragstellerin beläuft sich auf xxxxxx EUR/Tag. Beim Los 6 liegt der Abstand sogar über 100%. Hier hat die Beigeladene einen Wertungspreis von xxxxxx EUR/Tag angeboten, während die hier ebenfalls zweitplatzierte Antragstellerin Leistungen für xxxxx EUR/Tag angeboten hat. Dieser deutliche Abstand der Wertungspreise ist darauf zurückzuführen, dass der Auftraggeber das Zuschlagskriterium Wertungspreis ausdrücklich auf mehrere Beförderungskategorien aufgeteilt und den einzelnen Kategorien eine feste Gewichtung zugemessen hat, an die der Auftraggeber bei der Angebotswertung gemäß § 25a Nr. 1 Abs. 1 VOL/A gebunden ist. So hatte der Auftraggeber sich ausweislich des den Bietern mit den Verdingungsunterlagen vorgegebenen Preisblattes darauf festgelegt, dass der Wertungspreis die Beförderungskategorie "Sitzplatz Gruppe", die ausweislich des den Bietern ebenfalls auf dem Preisblatt mitgeteilten Status quo (Anzahl Beförderungstage - Stand Mai 2010) derzeit fast ausschließlich zum Tragen kommt, lediglich ein Wertungsgewicht von 50% eingeräumt. Der Auftraggeber hatte bei der Ausschreibung jedoch ausdrücklich auch Preise für kostenintensivere Beförderungskategorien abgefragt, die derzeit nach den Angaben des Auftraggebers in den Ausschreibungsunterlagen zwar noch keine Rolle spielen, aber gleichwohl bei der Angebotswertung ebenfalls mit insgesamt 50% zur Bewertung des Wertungspreises einbezogen werden sollten. So sollten die Bieter einen prozentualen Zuschlag für die Kategorie "Gesonderte Hin- und Rückfahrt Sitzplatz" anbieten, der mit 5% bei der Wertung berücksichtigt werden sollte. Für die Beförderungskategorie "Sitzplatz Einzel" war ein Preis in Euro anzugeben, der ebenfalls mit 5% berücksichtigt werden sollte. Mit 20% berücksichtigt werden sollte ausdrücklich ein Pauschalpreis für die Beförderungskategorie "Rollstuhl Gruppe". Für den Fall, dass für diese Beförderungskategorie eine gesonderte Hin- und Rückfahrt erforderlich wird, war darüber hinaus ein prozentualer Zuschlag anzugeben, der mit 5% in die Wertung einfließen sollte. Für die Beförderungskategorie "Rollstuhl Einzel" war ein Preis einzutragen, der mit 5% berücksichtigt werden sollte. Für den Fall, dass die Mitbeförderung von individuellen Begleitpersonen notwendig wird, die entweder vom Auftragnehmer selbst zu stellen sind oder nicht vom Auftragnehmer zu stellen sind, hatten die Bieter noch einmal Einzelpreise anzugeben, die jeweils mit 5% für das Zuschlagskriterium Wertungspreis berücksichtigt werden sollten. Der Auftraggeber hatte den Bietern auf Seite 2 des Preisblattes ausdrücklich Hinweise für die Ausfüllung des Preisblattes gegeben und die Bewertung der einzelnen Preiskategorien erläutert. An diese Vorgaben hat sich der Auftraggeber bei der Auswertung der Angebote gehalten.
Bei der Gegenüberstellung der Preisblätter in den vorliegenden Originalangeboten der Antragstellerin und der Beigeladenen wird deutlich, dass die Antragstellerin in den streitbefangenen Losen 1, 2 und 6 zwar für die nach den aktuellen Beförderungszahlen fast ausschließlich zum Tragen kommende Beförderungskategorie "Sitzplatz Gruppe" den niedrigsten Wertungspreis gefordert hat (xxxxxx, xxxxxx und xxxxxx EUR (netto)/Tag). Die Beigeladene hat für die Lose 1 und 2 jeweils xxxxxx EUR und für das Los 6 xxxxxx EUR (netto)/Tag für die Beförderungskategorie "Sitzplatz Gruppe" gefordert. Der deutlich niedrigere Gesamt wertungspreis je Los ist allein darauf zurückzuführen, dass die Beigeladene für die o. g. besonderen, aufwendigeren Beförderungskategorien erheblich niedrigere Wertungspreise und Zuschläge gefordert hat als die Antragstellerin. Besonders zum Tragen kommt dabei der Preisabstand für die Beförderungskategorie "Rollstuhl Gruppe", der mit 20% bei der Ermittlung des Gesamtwertungspreises eingeflossen ist. Dort hat die Beigeladene einen Preis von xxxxxx EUR pro Beförderungstag angeboten, während die Antragstellerin einen Preis von xxxxxx EUR für das Los xxxxxx EUR für das Los 2 und xxxxxx EUR für das Los 6 angeboten hat. Auch bei den übrigen als Preis in Euro oder als prozentualer Zuschlag anzubietenden Kategorien, die jeweils mit 5% in die Gesamtwertung eingeflossen sind, liegt ein großer Preisabstand vor. So hat die Antragstellerin für die Beförderungskategorie "Rollstuhl Einzel" für das Los 1 xxxxxx EUR, für das Los 2 xxxxxx EUR und für das Los 6 xxxxxx EUR/Tag gefordert. Im Angebot der Beigeladenen ist für diese Beförderungskategorie lediglich xxxxxx EUR/Tag eingetragen. Rechnerisch korrekt hat die Auftraggeberin auf der Grundlage der von ihr festgelegten und bekannt gemachten Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung ermittelt, dass die Beigeladene für alle Lose für das Hauptzuschlagskriterium "Wertungspreis" aufgrund des jeweils niedrigsten losbezogenen Gesamtwertungspreises für dieses Kriterium die maximal möglichen 80% erhalten hat, während die Antragstellerin als jeweils zweitgünstigste Bieterin - dem Preisabstand angemessen - für das Los 1 40,1%, für das Los 2 41,8% und für das Los 6 36,6% erzielt hat. Angesichts dieses deutlichen Punkteabstandes im Hauptzuschlagskriterium kamen die leichten Punktevorteile der Antragstellerin in den jeweils nur mit 10% gewichteten Zuschlagskriterien "Konzeptwertung Reaktion, Kommunikation, Leistungsanpassung" und "Konzeptwertung Personal und Fahrzeuge" nicht mehr zum Tragen. Die Beigeladene hat das wirtschaftlichste Angebot im Sinne des § 25 Nr. 3 VOL/A angeboten.
b)
Der Auftraggeber war auch nicht gehalten, dass Angebot der Beigeladenen wegen eines offenbaren Missverhältnisses des Preises zur Leistung gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A auszuschließen. Allerdings hatte der Auftraggeber aufgrund des deutlichen Abstandes der von der Beigeladenen für die streitbefangenen Lose angebotenen Gesamtwertungspreise zu den jeweils zweitplatzierten Angeboten der Antragstellerin und insbesondere aber auch aufgrund der auffällig niedrigen Zuschläge für die vom Auftraggeber abgefragten Besonderen Beförderungskategorien allen Anlass, die von der Beigeladenen angebotenen Angebotspreise gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A auf ihre Angemessenheit zu überprüfen.
Gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A darf auf Angebote, deren Preise im offenbaren Missverhältnis zur Leistung stehen, der Zuschlag nicht erteilt werden. Erscheinen dem Auftraggeber Angebote im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, so hat der Auftraggeber gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A vor der Vergabe des Auftrages die Einzelposten dieser Angebote zu überprüfen. Zu diesem Zweck muss er in Textform vom Bieter die erforderlichen Belege verlangen und bei der Vergabe das Ergebnis der Überprüfung berücksichtigen. Die Frage, ab welchem Preisabstand der Auftraggeber Anlass zu Zweifeln an der Angemessenheit des Preises haben muss, hängt vom Einzelfall, insbesondere vom Auftragsgegenstand und von der Marktsituation ab. Gemäß § 5 Abs. 1 des Niedersächsischen Landesvergabegesetzes (LVergabeG) in der Fassung vom 15.12.2008 (Niedersächsisches GVBl., S. 411) kann die Vergabestelle die Kalkulation eines unangemessen niedrigen Angebotes, auf das der Zuschlag erteilt werden könnte, überprüfen; bei einer Abweichung von mindestens 10 vom Hundert vom nächst höheren Angebot ist sie hierzu verpflichtet. Das Landesvergabegesetz gilt jedoch ausweislich seiner Präambel und seiner Regelung in § 2 Abs. 1 Landesvergabegesetz ausdrücklich nur für öffentliche Bauaufträge. Für Liefer- und Dienstleistungen im Sinne des VOL/A gibt es eine derart verbindliche Aufgreifschwelle nicht. Rechtsprechung und Schrifttum orientieren sich zumindest für den Liefer- und Dienstleistungsbereich mehrheitlich an einer 20-%-Schwelle (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.03.2005, VII-Verg 77/04; OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 30.03.2004, Az.: 11 Verg 4/04; BayObLG, VergabeR 2004, S. 742 ff.; Dicks in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, § 25, Rdnr. 139, m.w.N.; Noch in: Müller-Wrede, VOL/A, 2. Auflage, § 25, Rdnr. 249, m.w.N.). In einer aktuelleren Entscheidung hat das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 23.01.2008, Az.: VII-Verg 36/07) ebenfalls entschieden, dass in einem Fall, in dem der Abstand des Angebotes der dort erstplatzierten Beigeladenen zu 1 zu dem nächsthöheren Angebot der Beigeladenen zu 2 sowie der Abstand zwischen diesem und dem nächstplatzierten Angebot eines dritten Bieters weniger als 20% betrug, die Aufgreifschwelle, die ein im Verhältnis zur angebotenen Leistung ungewöhnlich niedrigen Angebotspreis indiziert, nicht erreicht ist.
Vorliegend wird die Aufgreifschwelle bei den streitbefangenen Losen 1, 2 und 6 deutlich überschritten. Die Abstände zwischen den von der Beigeladenen angebotenen Wertungspreisen zu den jeweils zweitplatzierten Angebotspreisen der Antragstellerin betragen zwischen 91% (Los 2) und 118% (Los 6), wenn man die Angebote der Beigeladenen mit 100% als Basis berücksichtigt. Nimmt man die zweitplatzierten Angebote der Antragstellerin als Basis, beträgt der Abstand immer noch zwischen 48% und 54%.
Die erforderliche Angemessenheitsprüfung hat der Auftraggeber jedoch ausweislich der Dokumentation in der Vergabeakte auch durchgeführt. Die vom Auftraggeber beauftragte Unternehmensberatung xxxxxx hat die Angemessenheitsprüfung durchgeführt und Prüfung und Ergebnis in einem dem Vergabevermerk vom 19.08.2010 als Anlage 12 beigefügten Vermerk ("Memo Vergabevorschlag") dokumentiert. Dort heißt es auf S. 4 ff. unter Nr. 2.3 zur Einzelpreisprüfung Firma xxxxxx (Beigeladene):
"Im Fall der Firma xxxxxx erschien der Angebotspreis pro Beförderungstag in den drei Preiskategorien "Rollstuhl Gruppe", "Rollstuhl Einzel" sowie "Mitbeförderung individueller Begleitpersonen" mit je EUR xxxxxx unangemessen niedrig. Auf Nachfrage teilte die Firma xxxxxx mit, dass diese sehr günstigen Preise deshalb gewährt werden könnten, weil laut vom Landkreis zur Verfügung gestelltem Datenmaterial die Anzahl dieser Leistungen heute und voraussichtlich auch in Zukunft sehr gering ausfallen werde und man daher über genügend Fahrzeug- und Personalkapazitäten verfüge, die wenigen Rollstuhlfahrer und Begleiter auf den (vermutlich wegen der Qualitätsvorgabe bezüglich der Maximalfahrtzeit ohnehin nicht voll ausgelasteten) bestehenden Touren zu geringen Mehrkosten mitzubefördern. Diese Auffassung erscheint bei dem bei Firma xxxxxx vorhandenen Fahrzeug- und Personalbestand plausibel. Unter diesen Umständen kann der Einzelpreis als machbar eingestuft werden."
Der Auftraggeber ist der Bewertung der Unternehmensberatung xxxxxx ausweislich der Ausführungen auf S. 12 des Vergabevermerks vom 19.08.2010 gefolgt. Unter Hinweis auf die beigefügte Anlage 12 hat der Auftraggeber dort ausgeführt:
"In seiner Analyse hat Herr xxxxxx von der xxxxxx Unternehmensberatung ausgeführt, dass die von Firma xxxxxx angebotenen Preise machbar sind. Insgesamt übersteigen die Gesamtkosten in der beabsichtigten Vertragslaufzeit nur leicht die vom Landkreis xxxxxx angestellte Kostenschätzung. Der Landkreis xxxxxx kann deshalb davon ausgehen, dass die notwendigen Beförderungsleistungen für die Schülerinnen und Schüler zu den angebotenen Preisen dauerhaft realisiert werden können. Insofern folgt die Kreisverwaltung der vorgelegten Analyse der Angebote und formuliert einen entsprechenden Vergabevorschlag an das Entscheidungsgremium."
Es ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass der Auftraggeber die losbezogenen Gesamtwertungspreise der Beigeladenen auf der Grundlage der von ihm durchgeführten Plausibilitätsprüfung nach § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A als angemessen bewertet hat. Zwar vermag nach Auffassung der Vergabekammer die von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung, sie habe für die an sich aufwendigeren, gemäß Preisblatt abgefragten Beförderungskategorien deshalb so niedrige Preise kalkuliert, weil sie dort lediglich die kalkulatorischen Grenzkosten berücksichtigt habe, für sich genommen nicht zu überzeugen. Die Einzelbeförderung eines Rollstuhlfahrers etwa kann mit einer Veranschlagung von lediglich xxxxxx EUR oder xxxxxx EUR für ein gesamtes Los nicht kostendeckend sein, da die Einzelbeförderung schon begrifflich eben auch nicht durch entsprechende Reservekapazitäten in ausreichend groß bemessenen Fahrzeugen kompensiert werden kann. Die Gesamtschau der in der Vergabeakte dokumentierten Vorgaben des Auftraggebers für die Bieter ergibt jedoch gleichwohl, dass die losbezogenen Wertungspreise der Beigeladenen durch den Auftraggeber als angemessen bewertet werden durften. Das folgt zum einen daraus, dass der Auftraggeber ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen "Ersten Vermerks" (Anhang D zum Vergabevermerk) bei seiner ex ante Kostenschätzung den voraussichtlichen Gesamtauftragswert von xxxxxx bis xxxxxx EUR über die ausgeschriebene 4-jährige Vertragslaufzeit berechnet und diesen geschätzten Betrag den Bietern auch in der EU-weiten Bekanntmachung bekannt gegeben hat. Der Auftraggeber hat errechnet und dargelegt, dass der von der Beigeladenen angebotene Gesamtpreis über die gesamte ausgeschriebene Vertragslaufzeit und über alle Lose hochgerechnet ca. xxxxxx EUR in der selben Größenordnung liegt, wie die derzeit im Beförderungsgebiet vom Landkreis aufgewendeten Kosten und sich damit auch fast exakt mit den ex ante vom Auftraggeber geschätzten Vertragskosten decken. Der Auftraggeber hat erklärt, dass er derzeit pro Schultag durchschnittlich xxxxxx EUR für alle notwendigen Beförderungsleistungen im freigestellten Schülerverkehr aufwendet. Bezogen auf ein Haushaltsjahr (unter Zugrundelegung von ca. 190 Schultagen) beliefen sich die Kosten derzeit auf xxxxxx EUR. Das Angebot der Beigeladenen liegt mit einer Gesamtsumme über alle Lose von xxxxxx EUR netto p.a. und xxxxxx EUR brutto p.a. genau in dieser Größenordnung.
Die Beigeladene hat im Zuge des Nachprüfungsverfahrens gegenüber der Vergabekammer betont, dass sie bei ihrer Kalkulation in erster Linie von den ihr aus ihrer bisherigen Tätigkeit für den Auftraggeber bereits bekannten bisherigen Kosten ausgegangen ist, was angesichts des vom Auftraggeber den Bietern mitgeteilten geschätzten Kostenrahmens auch nicht zu beanstanden ist. Entscheidend aber ist vor allem, dass die Beigeladene bei ihrer Kalkulation für die an sich aufwendigeren und kostenintensiveren Beförderungskategorien ("Sitzplatz Einzel", "Rollstuhl Gruppe", "Rollstuhl Einzel" etc.) davon ausgehen durfte, dass sie nur ein vergleichsweise geringes unternehmerisches Risiko eingeht, wenn sie für diese besonderen Beförderungskategorien im Gegensatz zur Standardkategorie ("Sitzplatz Gruppe") nur äußerst geringe, nahezu symbolische Preise fordert. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Auftraggeber den Bietern mit dem Preisblatt (S. 1/3) nach den einzelnen Beförderungskategorien die aktuelle Anzahl der Beförderungstage (Stand: Mai 2010) mitgeteilt hatte. Daraus ergibt sich, dass zumindest aktuell nahezu ausschließlich für alle Lose nur die Standardbeförderungskategorie "Sitzplatz Gruppe" zum Tragen kommt. Die Beförderungskategorien "Sitzplatz Einzel" und "Rollstuhl Einzel" kommen nach dieser Aufstellung derzeit gar nicht, die Kategorie "Rollstuhl Gruppe" entweder gar nicht (Los 1, Los 3) oder nur sporadisch (zwischen 1 und 4 Beförderungstage) zum Tragen. Die Beigeladene hat sowohl im Rahmen der Angemessenheitsprüfung gegenüber der vom Auftraggeber beauftragten Unternehmensberatung xxxxxx als auch gegenüber der Vergabekammer im Nachprüfungsverfahren betont, dass sie bei der Kalkulation davon ausgegangen ist, dass diese besonderen Leistungen heute und voraussichtlich auch in Zukunft sehr gering ausfallen werden und sie daher über genügend Fahrzeug- und Personalkapazitäten verfüge, die wenigen Rollstuhlfahrer und Begleiter auf den bestehenden Touren zu geringen Mehrkosten mitzubefördern. Diese Erwägungen der Beigeladenen bei der Kalkulation sind angesichts der den Bietern vom Auftraggeber mitgeteilten aktuellen Beförderungszahlen zumindest nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Der Auftraggeber brauchte im Rahmen seiner Angemessenheitsprüfung nicht zu besorgen, dass die Beigeladene den Auftrag im Zuschlagsfall zum angebotenen Preis nicht zuverlässig durchführen kann. Vielmehr dürfte die Beigeladene im Ergebnis auf ihre Kosten kommen, da sie für die Standardbeförderungskategorie "Sitzplatz Gruppe" mit Preisen von xxxxxx EUR (Los 1, Los 2) bis xxxxxx EUR (Los 6) einen vergleichsweise hohen Preis angeboten hat, der isoliert betrachtet deutlich über dem diesbezüglichen Angebotspreis der insgesamt zweitplatzierten Antragstellerin liegt (xxxxxx EUR bis xxxxxx EUR).
Der Auftraggeber hat sich somit im Rahmen seines ihm durch § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A eingeräumten Beurteilungsermessens gehalten, als er den von der Beigeladenen angebotenen Preis als insgesamt angemessen beurteilte. Ohnehin ist zu berücksichtigen, dass der Bieter mangels verbindlicher Kalkulationsregeln grundsätzlich in seiner Preisgestaltung frei bleibt. Dabei ist auch für die Prüfung der Angemessenheit des Angebotes nicht auf einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses, sondern auf den Gesamtpreis, die Endsumme des Angebotes abzustellen, was sich vorliegend zumindest im Rahmen der vom Auftraggeber ex ante geschätzten Gesamtkosten hält. Auch ist ein öffentlicher Auftraggeber nicht verpflichtet, nur "auskömmliche" Angebote anzunehmen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 08.11.2001, Az.: 13 Verg 12/01, m.w.N.). Bei einem grundsätzlich leistungsfähigen Bieter kann es verschiedenste Gründe geben, im Einzelfall auch ein nicht auskömmliches oder jedenfalls sehr knapp kalkuliertes Angebot abzugeben. Derartige Angebote sind im Sinne eines Wettbewerbs erwünscht, solange an der ordnungsgemäßen Durchführung der Leistung keine Zweifel bestehen. Zu derartigen Zweifeln aber bietet das Angebot der Beigeladenen im Ergebnis vorliegend keinen Anlass.
Der Nachprüfungsantrag war daher als unbegründet zurückzuweisen.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790). Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt nach wie vor 2.500 EUR, die Höchstgebühr nunmehr 50.000 EUR und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 EUR.
Es wird eine Gebühr in Höhe von xxxxxx EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt xxxxxx EUR (brutto). Dieser Wert entspricht dem in der Vergabeakte (S. 2 der Anl. 12 zum Vergabevermerk) dokumentierten, von der Unternehmensberatung xxxxxx auf Basis der von der Antragstellerin für die streitgegenständlichen Lose 1, 2 und 6 angebotenen Wertungspreise errechneten Gesamtangebotspreis der Antragstellerin für die ausgeschriebene Vertragslaufzeit von 4 (Schul-) Jahren (xxxxxx EUR netto = xxxxxx EUR brutto p.a. X 4) und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der z. Zt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 EUR (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten für Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.
Die in Ziffer 2 des Tenors geregelte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin keinen Erfolg hatte.
Die Erstattungspflicht bezüglich der Kosten des Auftraggebers, die diesem zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG. Danach war festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch den Auftraggeber im konkreten Verfahren erforderlich war.
Auch wenn man von öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich verlangen darf, dass sie über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A und der VOB/A verfügen, bedurfte der Auftraggeber für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen öffentlichen Auftraggeber ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.
Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306). Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdnr. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rdnr. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Zugunsten der Ausgangsbehörde im Verwaltungsverfahren wird demgegenüber die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nur in besonders gelagerten Einzelfällen angenommen, da die Ausgangsbehörde in der Regel mit eigenem Fachpersonal so gut ausgestattet sein muss, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit, zu der auch die Mitwirkung im Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) gehört, ohne fremde Unterstützung ausführen kann. Diese für die Situation der Ausgangsbehörde in einem Widerspruchsverfahren zutreffende Auffassung kann jedoch nicht auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren übertragen werden. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.
Kosten der Beigeladenen:
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen folgt aus analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO. Dort ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geregelt, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig sind, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Die analoge Anwendung dieser Vorschrift zugunsten eines obsiegenden Beigeladenen ist im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer geboten (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, S. 155, 158 [OLG Düsseldorf 12.01.2000 - Verg 3/99]; sowie OLG Düsseldorf, Beschluss v. 15.06.2000, Az.: Verg 6/00). Die für eine analoge Anwendung von Vorschriften erforderliche Regelungslücke ergibt sich daraus, dass gem. § 128 Abs. 4 Satz 2 lediglich geregelt wird: "Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen. § 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend." Eine daraus folgende Ungleichbehandlung eines Beigeladenen gegenüber den anderen Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens wäre jedoch nicht sachgerecht, zumal der Beigeladene schließlich gem. § 109 GWB deshalb den Beteiligten-Status erhält, weil "dessen Interessen durch die Entscheidung schwerwiegend berührt werden".
Einerseits darf daher zwar für den Antragsteller durch (mögliche) Beiladungen kein unkalkulierbares und damit abschreckendes Kostenrisiko entstehen. Andererseits dürfen aber auch Kosten des Beigeladenen nicht zu einer Waffenungleichheit zu seinen Lasten führen (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 128, Rdnr. 1034).
Unter Berücksichtigung dieser sachgerechten Grundsätze entspricht es im vorliegenden Fall der Billigkeit i.S.d. hier analog anzuwendenden § 162 Abs. 3 VwGO, dass die unterlegene Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Nachprüfungsverfahren erforderlichen Aufwendungen der Beigeladenen, zu denen auch die Kosten einer in einem derartig komplexen, nicht nur materielles Vergaberecht, sondern auch prozessuale Rechtsfragen berührenden Verfahren ohne weiteres erforderlichen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts gehören, zu tragen hat.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx EUR unter Angabe des Kassenzeichens
xxxxxx
auf folgendes Konto zu überweisen:
xxxxxx.
IV. Rechtsbehelf
Gemäß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden.
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Schulte
Brinkmann