Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 16.04.2010, Az.: VgK-10/10
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 16.04.2010
- Aktenzeichen
- VgK-10/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 40656
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
In dem Nachprüfungsverfahren
...
wegen
Lieferung von zwei Wärmebildkameras, ...
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden MR Gause, die hauptamtliche Beisitzerin BOR'in Schulte und den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn Sameluck, auf die mündliche Verhandlung vom 17.03.2010 beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
- 3.
Die Kosten werden auf ... € festgesetzt.
- 4.
Die Antragstellerin hat dem Auftraggeber und der Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war sowohl für den Auftraggeber als auch für die Beigeladene notwendig.
Begründung:
I.
Der Auftraggeber hatte mit Bekanntmachung vom ....2009 die Lieferung von zwei Wärmebildkameras für die ... europaweit im offenen Verfahren ausgeschrieben, nachdem sie mit Vorinformation vom 16.06.2009 bereits auf die beabsichtigte Beschaffung hingewiesen hatte. Nebenangebote/Alternativangebote waren nicht zugelassen. Es sollte das wirtschaftlich günstigste Angebot den Zuschlag aufgrund der nachfolgenden Kriterien erhalten:
- 1.
technische Leistungsfähigkeit Gewichtung:
38,46 %
- 2.
Preis Gewichtung:
38,46 %
- 3.
Leistung und Wirtschaftlichkeit Gewichtung:
19,23 %
- 4.
Schulung Gewichtung:
3,85 %
Diese Ausschreibung hatte die jetzige Beigeladene u.a. mit der Begründung erfolgreich angefochten, dass die Zuschlagsentscheidung nicht unter ermessensfehlerfreier Verwendung der zuvor bekannt gemachten Zuschlagskriterien erfolgt ist. Aufgrund eines verfahrensbegleitenden Schreibens der Vergabekammer vom 07.12.2009, Az. VgK - 69/2009, erklärte der Auftraggeber mit Schriftsatz vom 09.12.2009, dass er die Ausschreibung in den Stand unmittelbar nach der Bekanntmachung zurücksetzen und den Bietern eine erneute Aufforderung zur Angebotsabgabe inkl. kompletter Bewertungsmatrix zusenden werde. Die seinerzeitige Antragstellerin und jetzige Beigeladene erklärte daraufhin das Nachprüfungsverfahren für erledigt.
Mit Datum vom 22.12.2009 forderte der Auftraggeber die Bieter, die sich an der vorherigen Ausschreibung beteiligt hatten, erneut zur Abgabe eines Angebotes auf. Als Zuschlagskriterien sollten bewertet werden:
- 1.
technische Leistungsfähigkeit
mit 38,46 %
- 2.
Preis (ohne MWSt.)
mit 38,46 %
- 3.
Leistung und Wirtschaftlichkeit
mit 19,23 %
- 4.
Schulung.
mit 3,85 %
In der Leistungsbeschreibung Teil 2 legte der Auftraggeber fest:
"Die zur Integration an einen Hubschrauber geeigneten Wärmebildkameras müssen jeweils folgende Punkte zwingend erfüllen:
1)Einen luftrechtlich zulassungsfähigen IR-Laserpointer
2)Mindestens 4 Achsen kreiselstabilisiert (aktiv)
3)Einen erweiterungsfähigen Gimbal, der den technischen Erneuerungen, taktischen Bedarf oder den finanziellen Möglichkeiten angepasst werden kann (Spottercamera, Laserilluminitor, Laser Rangefinder, Geopointing/Location System)
Zusätzlich müssen die folgenden Minimalanforderungen erfüllt werden:
High Definition CCD Kamera mit mindestens 3-Chip-bestückt und low-light-fähig
Infrarotsensor: Auflösung von mindestens 640x512 Pixel und einem Spectralbereich von 3-5 µm
Optik:
Infrarot: mindestens 2,5° - 20° ohne elektr. Zoom
CCD: mindestens 1° - 20° ohne elektr. Zoom
Schnittstellen:
moving map, target
digital video DVI - D
analog video PAL
GPS Position from aircraft
Turretgewicht von maximal 50 kg
Bereitstellung sämtlicher für die Zulassung erforderlicher Dokumente
Liefertermin einer Anlage in 2009
Leihsystem in Europa verfügbar
Instandsetzung in Europa
Reparaturdurchlauf von maximal 3 Wochen
Eigenwartung und -reparatur
Bediener- und Technikerschulung
Service-Ansprechpartner innerhalb Europas"
Ferner hatte der Auftraggeber den Bietern seine Bewertungsmatrix Wärmebildkamera mit Unterkriterien und deren Gewichtung in Punkte sowie die prozentuale Gewichtung der einzelnen Leistungsmerkmale zur Verfügung gestellt.
Aufgrund einer Bieterfrage eines Dritten, stellte der Auftraggeber klar, dass die Lieferung beider Anlagen im 1. Halbjahr 2010 erwartet wird.
Bei der Verdingungsverhandlung am ....2010 ergab sich, dass 4 Bieter ein Angebot eingereicht hatten. Die Antragstellerin lag mit ihrer ungeprüften Angebotssumme an dritter Stelle und die Beigeladene an zweiter Stelle.
Einer ersten Sichtung der Angebotsunterlagen ist zu entnehmen, dass die Antragstellerin es versäumt hat, den Ort und das Datum des Angebots einzutragen. Zum Angebot der Beigeladenen wurde durch ein "Fragezeichen" vermerkt, dass der Nachweis der Eintragung im Berufsregister nicht eindeutig ist. Ferner fehlt eine Auseinandersetzung mit der Forderung nach einer Bankerklärung zur finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
Die Bewertung der Angebote erfolgte anhand der den Bietern zur Verfügung gestellten Bewertungsmatrix mit den gewichteten Unterkriterien durch den späteren Nutzer (...). Dabei ergab sich lt. einer Mitteilung des späteren Nutzers vom 01.02.2010, dass die Beigeladene mit insgesamt errechneten ... Punkten an erster Stelle lag und die Antragstellerin mit insgesamt ... Punkten auf Rang 2. Der Auftraggeber hielt in einem kurzen Vergabevermerk fest, dass aufgrund der Auswertung durch den späteren Nutzer der Zuschlag an die Beigeladene zu erteilen ist.
Mit Telefax vom 02.02.2010 informierte der Auftraggeber die Antragstellerin, dass er beabsichtigt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, da ihr Hauptangebot nicht das wirtschaftlichste war. Hierfür waren im Einzelnen die Kriterien Preis, Leistung und Wirtschaftlichkeit maßgebend.
Mit Schreiben vom 08.02.2010, eingegangen per Telefax am selben Tage beim Auftraggeber, rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Vergabe an die Beigeladene. Zur Begründung führt sie aus, dass die Information nach § 101a GWB formell zu beanstanden sei, da der Auftraggeber offenbar nicht alle Zuschlagskriterien bei der Wertung berücksichtigt habe. Auch könne sie nicht nachvollziehen, warum ihr Angebot unter Berücksichtigung der bekannt gemachten Unterkriterien nicht das wirtschaftlichste war. Ferner rügte sie die Vergabeentscheidung als materiell rechtswidrig, da sie nicht nachvollziehen kann, wieso ihr Angebot, ursprünglich das wirtschaftlichste war und jetzt sich die Reihenfolge geändert hat. Sie vertritt ferner die Auffassung, dass die jetzige Beigeladene aufgrund des Nachprüfungsverfahrens VgK - 69/2009 Aufschluss über ihr Angebot erhalten habe. Insoweit habe der Auftraggeber mit der Gestaltung des Verfahrens ihre Zuschlagschancen beeinträchtigt.
Mit Schreiben vom 10.02.2010 nahm der Auftraggeber zu dem Rügeschreiben Stellung und erläuterte seine Auffassung. Er erklärte, dass eine Änderung der Vergabeentscheidung nicht in Betracht kommt.
Mit Schreiben vom 10.02.2010, eingegangen in der Vergabekammer am selben Tage, beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Sie ergänzt und vertieft ihren Vortrag in Bezug auf die bereits in dem Rügeschreiben gegenüber dem Auftraggeber monierte Angebotswertung. Sie führt ferner aus, dass sich ihr anhand des Mitteilungsschreibens der Eindruck aufdränge, dass die Zuschlagsentscheidung nicht anhand der bekannt gemachten Zuschlagskriterien, sondern einer geänderten Bewertungsmatrix getroffen wurde.
Sie vermutet, dass der Auftraggeber das Angebot anhand neuer Kriterien, keinesfalls anhand in der Bekanntmachung veröffentlichter Kriterien, bewertet hat. Da sie ursprünglich das wirtschaftlichste Angebot eingereicht hat, ist für sie nicht nachvollziehbar, wieso sich die Reihenfolge der Angebote zwischenzeitlich geändert haben soll.
Ferner befürchtet sie einen unzulässigen Wertbewerbsvorsprung der Beigeladenen durch die Nachprüfungsanträge, denen der Auftraggeber abgeholfen hat. Sie sieht hier einen Verstoß gegen den Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgrundsatz. Aus ihrer Sicht liegt es nahe, dass die nachträglich und erst nach der ersten Angebotsrunde eingeführten Unterkriterien geeignet waren, die Wertung zugunsten des Angebots der Beigeladenen zu verändern.
Nach Durchführung der eingeschränkten Akteneinsicht und der Erwiderung des Auftraggebers führt die Antragstellerin ferner aus, dass das Angebot der Beigeladenen gar nicht gewertet werden durfte, da diese unzulässige Änderungen in den Verdingungsunterlagen vorgenommen habe. Der Auftraggeber habe in seiner Erwiderung vom 18.02.2010 ausgeführt, dass die Beigeladene keine Zusage zur Eigenwartung und -reparatur erteilt hat, sondern die Genehmigung einer Vereinbarung für technische Unterstützung durch das ...-Außenministerium unterliegt. Da das Angebot der Beigeladenen nicht die "Eigenwartung und -reparatur" anbietet, erfüllt es nicht eine Mindestanforderung und ist daher auszuschließen.
Ein weiterer Ausschlussgrund sei, dass die Beigeladene die geforderte Bankerklärung nicht mit dem Angebot vorgelegt habe. Ferner sei zweifelhaft, ob die Beigeladene ihre Eintragung in ein Berufsregister mit dem Angebot nachgewiesen habe.
Der Auftraggeber habe zudem eine fehlerhafte Punktevergabe zu ihren Lasten vorgenommen. Sie hätte im Wertungskriterium "Schulung" die Höchstpunktzahl erhalten müssen. Die im Verhältnis zur Beigeladenen geringere Punktsvergabe im Kriterium "Leistung und Wirtschaftlichkeit" sei angesichts der Bewertung des Angebotes der Beigeladenen im Unterkriterium "Eigenwartung und -reparatur" mit null Punkten nicht nachvollziehbar.
Soweit die Beigeladene in ihrem Schriftsatz vom 24.03.2010 behauptet, dass sie (die Antragstellerin) von der weiteren Wertung auszuschließen sei, da sie die Wärmebildkameras von einem Nachunternehmer beziehe, sei dies spekulativ. Sie habe die auftragsgegenständlichen Leistungen im eigenen Namen und für eigene Rechnung angeboten und setze zur Erbringung von Leistungen an den Auftraggeber keinen Dritten ein. Der Auftraggeber sei auch im Übrigen weder gehalten noch berechtigt, das Angebot der Antragstellerin nunmehr, erstmalig im Zuge des Nachprüfungsverfahrens - nachträglich - auszuschließen.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
das Nachprüfungsverfahren einzuleiten;
- 2.
dem Antragsgegner zu untersagen, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen;
- 3.
dem Antragsgegner aufzugeben, die Angebote unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut zu werten;
hilfsweise zu 3.: den Antragsgegner zu verpflichten, die Ausschreibung aufzuheben;
- 4.
dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin aufzuerlegen;
- 5.
festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin notwendig war.
Der Auftraggeber beantragt,
den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.
Der Auftraggeber tritt den Behauptungen und Rechtsauffassungen der Antragstellerin entgegen.
Er hält den Nachprüfungsantrag bereits für unzulässig, da die Antragstellerin die angebliche Unzulänglichkeit der Vorabinformation nicht unverzüglich gerügt hat. Soweit die Antragstellerin jetzt auch eine vermeintliche Änderung der Zuschlagskriterien rügt, die zu einer Wettbewerbsverzerrung führten, vertritt der Auftraggeber die Auffassung, dass die Rüge der Antragstellerin erst nach 8 Tagen erfolgte und damit zu spät. Ferner führt er aus, dass das Angebot der Antragstellerin unvollständig und daher nicht wertbar sei. Die Antragstellerin habe den Ort und das Datum nicht angegeben. Ferner ist die Zulassungsfähigkeit des Laserpointers nicht nachgewiesen. Auch habe die Antragstellerin das Turretgewicht, das Gewicht der Master Control Unit nicht angegeben, so dass der geforderte Nachweis eines maximalen Turretgewichtes von 50 kg fehlt.
Der Nachprüfungsantrag sei darüber hinaus auch unbegründet. Er habe sämtliche Angebote vollständig und umfassend überprüft. Auch habe er kein Wertungs- und Unterkriterium neu hinzugefügt, verändert oder entfernt. Er habe lediglich beim Preis den Zusatz "inkl. MWSt." in "ohne MWSt." geändert um gleiche Voraussetzungen zwischen inländischen und ausländischen Bietern zu schaffen.
Ferner erklärt der Auftraggeber, dass er lediglich die Bewertungskriterien angekreuzt habe, die im Ergebnis dazu geführt haben, dass das Angebot der Antragstellerin nicht das wirtschaftlichste ist. Bei den anderen Kriterien habe kein Mitbewerber eine höhere Punktzahl als die Antragstellerin erreicht. Die Beigeladene habe gegenüber dem ursprünglichen Angebot einen niedrigeren Preis angeboten, der zu der Höchstpunktzahl geführt habe. Der Antragstellerin sei aufgrund der veröffentlichten Matrix auch bekannt gewesen, welcher Preis zu einer optimalen Punktzahl führt.
Die ergänzende rechtliche Prüfung des Angebotes der Antragstellerin hätte ergeben, dass es unter zusätzlichen Bedingungen steht, die sie nicht beeinflussen kann. Ferner habe die Antragstellerin die Vergabebedingungen unzulässig abgeändert. So heißt es in ihrem Angebot:
Die Ausschreibungssituation bedingt, dass die Erfüllung des Liefertermins im Wesentlichen von externen Entscheidungen abhängt, die die Antragstellerin nicht beeinflussen kann.
Die sind z.B. Zeitpunkt der Bestellung und der Bereitstellung der notwendigen, durch den Anwender bereitzustellenden ab, z.B. Verfügbarkeit eines End-user-Certificate. Vor allem jedoch die Ausstellung der Ausfuhrgenehmigung in ..., nach Einreichung des End-user-Certificates."
Somit stehe das Angebot der Antragstellerin ausdrücklich unter der Bedingung der Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung in .... Durch diese weiteren Vorbehalte habe die Antragstellerin die Vergabebedingungen abgeändert. Ferner habe die Antragstellerin die zwingend vorgeschriebene Eigenreparatur nicht vorgesehen. Zur Begründung verweist der Auftraggeber auf das Angebot der Antragstellerin. Durch ihre ergänzende rechtliche Prüfung ergäbe sich, dass weitere Ausschlussgründe für das Angebot der Antragstellerin vorliegen.
Soweit die Antragstellerin behauptet, dass die Beigeladene durch die beiden vorangegangenen Verfahren einen Kenntnisvorsprung habe, weist er darauf hin, dass durch die Zurücksetzung in den Stand nach der europaweiten Bekanntmachung alle Bieter die gleichen Chancen hatten. Es sei gerade nicht zu Änderungen oder Neuerungen von Wertungskriterien gekommen.
Die Beigeladene beantragt,
den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen.
Ferner beantragt sie
der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Beigeladenen aufzuerlegen,
festzustellen, dass die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Beigeladenen notwendig war.
Sie vertritt die Auffassung, dass der Nachprüfungsantrag unzulässig ist, da die Antragstellerin die behaupteten Vergabeverstöße hinsichtlich der Form und Inhalt des Vorabinformationsschreibens nicht fristgerecht gerügt habe. Ferner sei der der Nachprüfungsantrag auch hinsichtlich der behaupteten Vergabeverstöße, die aufgrund der Vergabeunterlagen erkennbar waren, präkludiert.
Darüber hinaus sei der Nachprüfungsantrag auch unbegründet, da keine fehlerhafte Wertung der Angebote erfolgte. Zur Begründung verweist sie auf die Erwiderung des Auftraggebers. Es läge auch kein unzulässiger Wertbewerbsvorsprung vor, da die Unterkriterien schon vor Eingang ihres ursprünglichen Nachprüfungsantrages (VgK - 69/2009) fest standen. Der Auftraggeber habe lediglich im jetzt anhängigen Nachprüfungsverfahren die Unterkriterien auch veröffentlicht.
Ihrer Auffassung nach ist das Angebot der Antragstellerin von der Wertung auszuschließen, da sie nicht auf dem Angebotsvordruck Ort und Datum angegeben hat. Gemäß Ziffer 1.2 der Leistungsbeschreibung ist ausdrücklich bestimmt, dass im Angebotsvordruck zwingend der Name (Firma) des Bieters mit Datum einzutragen ist.
Soweit die Antragstellerin die Auffassung vertritt, dass ihr Angebot von der Wertung auszuschließen ist, da die Eigenwartung und -reparatur der Genehmigung einer Vereinbarung für technische Unterstützung durch das ...-Außenministerium unterliegt, weist die Beigeladene darauf hin, dass die Genehmigungspraxis keinesfalls restriktiv ist. Sie habe bereits mehrfach solche Aufträge abgewickelt, die der Genehmigung unterliegen. Bislang sei ihr noch nie diese versagt worden. Im Übrigen vertritt sie die Auffassung dass ihr Hinweis als Erläuterung zu verstehen sei, der für den Vertragsinhalt ohne Bedeutung ist. Eine Änderung in den Verdingungsunterlagen habe sie nicht vorgenommen.
Die Beigeladene geht ferner davon aus, dass die von der Antragstellerin angebotenen Wärmebildkameras nicht von ihr selbst, sondern von einem Drittunternehmen, der ... mit Sitz in ..., hergestellt werden. Diese Firma werde im Internetauftritt der Antragstellerin als Tochterunternehmen vorgestellt, an dem sie zu 70 % beteiligt ist.
Auf diese Feststellung habe die Antragstellerin den Auftraggeber nicht hingewiesen und damit gegen § 7a Nr. 3 Abs. 6 VOL/A verstoßen. Die Antragstellerin hätte dem Auftraggeber spätestens zum Zeitpunkt der beabsichtigten Zuschlagserteilung den Namen des "Nachunternehmers" angeben und entsprechende Verpflichtungserklärungen vorlegen müssen.
Die Vergabekammer hat mit Verfügung des Vorsitzenden vom 09.03.2010 gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist hinaus bis zum 19.04.2010 verlängert.
Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 17.03.2010 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin wird durch die Entscheidung des Auftraggebers, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, nicht in ihren Rechten gemäß §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt. Der Auftraggeber hat in nicht zu beanstandender Weise unter Zugrundelegung sämtlicher bekannt gemachten Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung gemäß § 25a VOL/A das Angebot der Beigeladenen als das wirtschaftlichste Angebot im Sinne des § 25 Nr. 3 VOL/A ermittelt. Der Auftraggeber war auch weder berechtigt noch gehalten, das Angebot der Beigeladenen wegen Abweichung von den Festlegungen der Verdingungsunterlagen gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A oder wegen Unvollständigkeit gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A auszuschließen. Es ist daher vorliegend nicht entscheidungserheblich, ob der Auftraggeber, wie er erstmals im Zuge des Nachprüfungsverfahrens geltend gemacht hat, berechtigt ist, das Angebot der Antragstellerin im Nachhinein wegen fehlender Angaben (Ort und Datum) und des fehlenden Nachweises eines maximalen Turretgewichtes von 50 kg gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A oder wegen eines Angebotsvorbehaltes (Ausfuhrgenehmigung ...) gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A auszuschließen.
- 1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei dem Auftraggeber handelt es sich um das Land Niedersachsen und damit um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftragswert übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den streitgegenständlichen Leistungen handelt es sich um die Lieferung von zwei Wärmebildkameras, verbunden mit Instandsetzungs- und Reparaturservice sowie Bediener- und Technikerschulung. Es handelt sich damit um einen Liefer- und Dienstleistungsauftrag im Sinne von § 1 VOL/A. Für Liefer- und Dienstleistungen gilt gemäß § 2 Nr. 2 VgV in der für dieses Vergabeverfahren geltenden Fassung ein Schwellenwert von 206.000 € (netto). Dieser Schwellenwert wird vorliegend ausweislich der in der Vergabeakte dokumentierten Angebotssummen deutlich überschritten.
Die Antragstellerin ist auch gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterunternehmen im Vergabeverfahren ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie die Auffassung vertritt, der Auftraggeber habe das wirtschaftlichste Angebot nicht anhand der bekannt gemachten Zuschlagskriterien, sondern anhand einer geänderten Bewertungsmatrix getroffen. Ferner sei das Angebot der Beigeladenen ihrer Auffassung nach aus verschiedenen Gründen auszuschließen. Zum einen habe die Beigeladene keine wirksame Zusage zur Eigenwartung und -reparatur erteilt, sondern darauf hingewiesen, dass die Vereinbarung für eine technische Unterstützung einer Genehmigung durch das ...-Außenministerium unterliege. Die Beigeladene habe daher nicht die Mindestanforderung einer "Eigenwartung und -reparatur" vorbehaltlos angeboten und sei daher auszuschließen. Ferner sei das Angebot der Beigeladenen auszuschließen, weil sie nicht die geforderte Bankerklärung mit dem Angebot vorgelegt habe. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen ein durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt, das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Auflage, § 107 GWB, Rdnr. 954). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat zumindest schlüssig vorgetragen, dass sie bei aus ihrer Sicht vergaberechtskonformer Angebotswertung eine Chance auf den Zuschlag hätte. Es ist im Übrigen nicht erforderlich, dass ein Antragsteller schlüssig darlegt, dass er bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.1999, Az.: Verg 1/99, S. 24).
Die Antragsbefugnis der Antragstellerin entfällt vorliegend auch nicht dadurch, dass der Auftraggeber nunmehr im Zuge des Nachprüfungsverfahrens, erstmalig mit Schriftsatz vom Vortag der mündlichen Verhandlung, geltend gemacht hat, das Angebot der Antragstellerin sei im Nachhinein wegen Unvollständigkeit auszuschließen, weil es entgegen der Vorgaben der Vergabeunterlagen Ort und Datum nicht enthalte. Ferner habe die Antragstellerin mit ihrem Angebot die Zulassungsfähigkeit des Laserpointers nicht nachgewiesen, so dass es an einer Darlegung dieser geforderten Mindestvoraussetzung fehle. Auch habe die Antragstellerin versäumt, das Gewicht der Master Control Unit anzugeben, so dass der geforderte Nachweis eines maximalen Turettgewichtes von 50 kg fehle. Schließlich stehe das Angebot der Antragstellerin unter dem Vorbehalt einer Ausstellung der Ausfuhrgenehmigung in ..., nach Einreichung des End-User-Certificates. Die Antragstellerin, die mit diesen Mängelvorhaltungen erstmalig in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer am 17.03.2010 durch die Auftraggeberin konfrontiert wurde, ist diesen Ausschlussgründen entgegengetreten. Die Frage, ob das Angebot der Antragstellerin wegen Unvollständigkeit gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A oder - hinsichtlich des Genehmigungsvorbehaltes - wegen Abweichung von den Vorgaben der Verdingungsunterlagen gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A von der Angebotswertung auszuschließen ist, ist daher im Ergebnis keine Frage der Antragsbefugnis und damit der Zulässigkeit, sondern im Rahmen der Prüfung der Begründetheit des Nachprüfungsantrags zu klären.
Die Antragstellerin ist auch entgegen der Auffassung des Auftraggebers ihrer Pflicht gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Voraussetzung ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne von § 107 Abs. 3 Nr. 1b ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt, und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden, vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2002, Az.: Verg 9/00).
Dabei teilt die Vergabekammer die Auffassung des Auftraggebers, dass die in Deutschland geltende Präklusionsregel des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteile vom 28.01.2010 in den Rechtssachen C-406/08 und C-456/08) nach wie vor grundsätzlich anwendbar ist. Aus den o. g. Entscheidungen des EuGH, der sich mit der Rechtswirksamkeit von Präklusionsregeln in irischen und englischen Vorschriften befasst hat, kann nicht der Rückschluss auf eine Europarechtswidrigkeit des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB gezogen werden. Die Regelung des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB ist nicht mit den vom EuGH in den o. g. Urteilen entschiedenen Sachverhalten bzw. Normen identisch oder vergleichbar. Zwar sehen die der Entscheidung des EuGH zugrundeliegenden Regelungen vor, dass ein Nachprüfungsantrag unzulässig ist, wenn das Verfahren nicht unverzüglich eingeleitet wird. Insofern ging es auch dort um die Bestimmtheit des Unverzüglichkeitsbegriffs. Im Gegensatz zum irischen Recht und zum britischen Recht regelt § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB jedoch nicht die Ausschlussfrist für das Nachprüfungsverfahren selbst, sondern nur die Anforderungen an die Rügeobliegenheit als Zulässigkeitsvoraussetzung und damit, ob die Zulässigkeitsvoraussetzung vorliegt oder nicht. Entscheidend aber ist, dass der Begriff der Unverzüglichkeit im deutschen Recht eindeutig definiert ist, nämlich als "ohne schuldhaftes Zögern" im Sinne des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB, was zu dem aufgrund einer ausgeprägten Rechtsprechung zu § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB bzw. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB a. F. auch für das Vergaberecht weitergehend konkretisiert worden ist (vgl. 1. VK Bund, Beschluss vom 05.03.2010, Az.: VK1-16/10).
Die Frage, ob eine Rüge noch unverzüglich nach positiver Kenntniserlangung erfolgt, hängt vom Einzelfall ab. Nach der Rechtsprechung muss die Rüge angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich innerhalb von 1 bis 3 Tagen erfolgen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, Az.: 1 Verg 4/04; Bechtholt, GWB, § 107, Rdnr. 2). Auch bei einer ggf. notwendigen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erfüllt ein Rügezeitraum von mehr als einer Woche das Zeitkriterium des § 107 Abs. 3 GWB zumindest regelmäßig nicht (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 11.09.2006, Az.: WVerg 13/06). Eine Rügefrist von zwei Wochen, die in der Rechtsprechung als Obergrenze anerkannt wird (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau2000, S. 45 ff.), kann einem Bieterunternehmen allenfalls dann zugestanden werden, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sach- und/oder Rechtlage erschwert wird und die Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe erfordert. Die Antragstellerin konnte frühestens am 02.02.2010 Kenntnis von der Zuschlagsentscheidung des Auftraggebers und ihrer Begründung erhalten. Mit Telefax vom 02.02.2010 informierte der Auftraggeber die Antragstellerin, dass er beabsichtigt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, da ihr Hauptangebot nicht das wirtschaftlichste war. Dafür seien im Einzelnen die Kriterien Preis, Leistung und Wirtschaftlichkeit maßgeblich gewesen. Mit Anwaltsschreiben vom 08.02.2010, also 6 Tage danach, rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Vergabe an die Beigeladene gegenüber dem Auftraggeber. Dabei äußerte die Antragstellerin im Hinblick auf die Begründung in der Information nach § 101a GWB die Vermutung, dass der Auftraggeber offenbar nicht alle Zuschlagskriterien bei der Wertung berücksichtigt habe. Auch könne sie, die Antragstellerin, nicht nachvollziehen, warum ihr Angebot unter Berücksichtigung der bekannt gemachten Unterkriterien nicht das wirtschaftlichste gewesen sei, zumal ihr Angebot ausweislich der Erklärung des Auftraggebers ursprünglich das wirtschaftlichste gewesen sei und sich jetzt offenbar die Reihenfolge geändert habe. Ferner äußerte die Antragstellerin die Vermutung, dass die Beigeladene offenbar im Rahmen des vorangegangenen, seinerzeit von der jetzigen Beigeladenen betriebenen Nachprüfungsverfahrens VgK-69/2009, das durch Selbstabhilfe des Auftraggebers beendet wurde, Aufschluss über ihr Angebot und damit einen Informationsvorsprung erhalten habe. Die Antragstellerin macht geltend, dass sie die Einordnung dieser Sachverhalte als vergaberechtswidrig erst aufgrund einer Einholung von Rechtsrat am 08.02.2010 erkannt und am gleichen Tage gerügt habe. Zuvor habe die Antragstellerin das beanstandete Vorgehen des Antragsgegners nicht als vergaberechtwidrig gewertet. Die konkreten vergaberechtlichen Ansatzpunkte seien ihr zuvor nicht bekannt gewesen. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Antragstellerin vor Absetzung der Rüge einen Rechtsanwalt mit der Prüfung der Sach- und Rechtslage beauftragt hat. Die innerhalb von 6 Tagen nach Erhalt des Informationsschreibens nach § 101a GWB gegenüber dem Auftraggeber erhobene Rüge ist daher im Ergebnis noch unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB erfolgt.
- 2.
Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. Die Antragstellerin ist durch die Entscheidung des Auftraggebers, den Zuschlag für die verfahrensgegenständliche Liefer- und Dienstleistung auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, nicht in ihren Rechten i. S. der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt. Der Auftraggeber hat in nicht zu beanstandender Weise das Angebot der Beigeladenen auf der Grundlage der bekannt gemachten Zuschlagskriterien und ihrer ebenfalls bekannt gemachten Gewichtung gem. § 25a VOL/A das wirtschaftlichste Angebot i. S. des § 25 Nr. 3 VOL/A und § 97 Abs. 5 GWB ermittelt und Wertung und Entscheidung in einer den Anforderungen des § 30 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte dokumentiert (im Folgenden a). Der Auftraggeber war auch nicht gehalten, das Angebot der Beigeladenen wegen vermeintlicher Unvollständigkeit gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A oder wegen Abweichung von den Vorgaben der Verdingungsunterlagen gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A auszuschließen. Auch enthalten weder die Vergabeakte noch der Sachverhalt im Übrigen Anhaltspunkte für den Vorwurf der Antragstellerin, die Beigeladene habe im Zuge des vorangegangenen, seinerzeit durch Selbstabhilfe des Auftraggebers beendeten Nachprüfungsverfahrens einen Informationsvorsprung erhalten, der sie in die Lage versetzte, ein konkurrenzfähigeres Angebot abzugeben (im Folgenden b). Da das Angebot der Beigeladenen zu Recht gewertet und als wirtschaftlichstes Angebot ermittelt wurde, ist es vorliegend daher nicht entscheidenserheblich, ob der Auftraggeber, wie er nunmehr erstmalig im Zuge des Nachprüfungsverfahrens geltend macht, berechtigt ist, das Angebot der Antragstellerin wegen Unvollständigkeit gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A auszuschließen (im Folgenden c).
- a)
Der Auftraggeber hat das Angebot der Beigeladenen ausweislich der Dokumentation in der Vergabeakte unter Zugrundelegung der bekannt gemachten Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung gem. § 25a VOL/A vergabeberechtlich in nicht zu beanstandender Weise als das wirtschaftlichste Angebot i. S. § 25 Nr. 3 VOL/A ermittelt. Gemäß § 97 Abs. 5 GWB und § 25 Nr. 3 Satz 1 VOL/A ist der Zuschlag auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Gemäß § 25 Nr. 3 Satz 2 VOL/A ist der niedrigste Angebotspreis - grundsätzlich - nicht allein entscheidend. Die Vergaberichtlinien der EU legen übereinstimmend fest, dass für die Auftragsvergabe grundsätzlich zwei Kriterien maßgebend sein dürfen. Der öffentliche Auftraggeber darf entweder den Anbieter auswählen, der den niedrigsten Preis anbietet oder denjenigen Anbieter, der das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben hat (vgl. Art. 53 u. 54 der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG (VKR)). Der deutsche Gesetzgeber hat sich in § 97 Abs. 5 GWB jedoch zulässigerweise ausdrücklich dafür entschieden, dem Kriterium "wirtschaftlichstes Angebot" den Vorzug vor dem ebenfalls europarechtlich zulässigen Kriterium "niedrigster Preis" zu geben. Das deutsche Recht schließt damit nicht aus, dass die preisliche Beurteilung des Angebots im Rahmen der Prüfung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes eine maßgebliche Rolle spielt. Der Preis ist nach dem deutschen Vergaberecht vielmehr regelmäßig das wichtigste, aber eben nicht das allein entscheidende Kriterium (vgl. Boesen, VergR, § 97, Rdnr. 144). Der Auftraggeber ist bei der Angebotswertung an die von ihm festzulegenden bekannt zu machenden Zuschlagskriterien und ihrer ebenfalls festzulegenden und bekannt zu machenden Gewichtung gem. § 9a Nr. 1 lit. c VOL/A und § 25 Nr. 1 VOL/A gebunden. Gemäß § 25a Nr. 1 Abs. 2 VOL/A darf der Auftraggeber bei der Wertung des Angebotes ausdrücklich nur die Kriterien berücksichtigen, die in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen genannt sind.
Vorliegend hatte der Auftraggeber in der europaweiten Vergabebekanntmachung vom ....2009 unter IV 2.1 ausdrücklich folgende Zuschlagskriterien mit Gewichtung festgelegt:
"1. Technische Leistungsfähigkeit 38,46 %
2. Preis 38,46 %
3. Leistung und Wirtschaftlichkeit 19,23 %
4. Schulung 3,85 %"
Mit Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 22.12.2009 wiederholte der Auftraggeber die Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung. Beim Zuschlagskriterium "Preis" legte er jedoch ergänzend fest:
"(ohne Mehrwertsteuer)".
Die für die Angebotswertung nach den einzelnen Zuschlagskriterien erforderlichen Unterkriterien nebst Gewichtung, deren Bekanntmachung der Auftraggeber im vorangegangenen, dem Nachprüfungsverfahren VgK 69-2009 zu Grunde liegenden Vergabeverfahren, seinerzeit versäumt hatte, hatte der Auftraggeber seinerzeit auf den verfahrensbegleitenden Hinweis der Vergabekammer vom 07.12.2009 allen Bietern in Form einer Bewertungsmatrix mit Schreiben vom 22.12.2009 bekannt gemacht, nachdem er im Wege der Selbstabhilfe mit Schreiben vom gleichen Tage das Vergabeverfahren in den Stand unmittelbar nach der Vergabebekanntmachung zurückgesetzt hatte.
Ausweislich der Dokumentation in der Vergabeakte hat der Auftraggeber die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes allein und vollständig auf der Grundlage der bekannt gemachten Zuschlagskriterien nebst Unterkriterien und ihrer Gewichtung durchgeführt. Die Beigeladene hatte ausweislich der in der Vergabeakte unter "Auswertung 01.02.10" enthaltenen, ausgefüllten Bewertungsmatrix mit einem Angebotspreis von ... € das preislich zweitniedrigste Angebot abgegeben und erhielt für das Zuschlagskriterium "Preis" nach einer Bewertung des Auftraggebers ... Punkte. Die Antragstellerin folgte mit einem Angebotspreis von ... € auf Rang 3 und erhielt dafür ... Punkte. Das Zuschlagskriterium "Schulung" erzielten sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene ... Punkte. Beim Kriterium "Leistung und Wirtschaftlichkeit" erzielte das Angebot der Antragstellerin ... Punkte gegenüber ... Punkte für das Angebot der Beigeladenen. Beim Zuschlagskriterium "Technische Bewertung" wiederum lag das Angebot der Beigeladenen mit ... Punkten vor dem Angebot der Antragstellerin mit ... Punkten. Diese bei den einzelnen Zuschlagskriterien als Zwischenergebnis erzielten Punktestände hat der Auftraggeber ausweislich der Bewertungsmatrix sodann mit den festgelegten und bekannt gemachten Gewichtungen multipliziert. Im Ergebnis hat dadurch das Angebot der Beigeladenen mit ... Punkten das höchste Ergebnis vor dem Angebot der Antragstellerin mit ... Punkten erzielt. Durch die Dokumentation in der Vergabeakte wird belegt, dass der Auftraggeber keine anderen als die bekannt gemachten Zuschlagskriterien, Unterkriterien und Gewichtungen berücksichtigt hat. Die Antragstellerin hat nach Durchführung der Akteneinsicht geltend gemacht, sie hätte im Wertungskriterium "Schulung" die Höchstpunktzahl erhalten müssen. Ausweislich der Vergabeakte hat die Antragstellerin dort, wie die übrigen Bieter auch, ... von ... möglichen Punkten erzielt. Ausweislich der Bewertungsmatrix gab es für die dortigen Unterkriterien "Schulung-Bediener", "Schulung-Technik" und "Schulung-Ansprechpartner/Service" jeweils die höchste erzielbare Teilpunktzahl von ... Punkten, wenn und soweit die Schulung Inhouse angeboten wurde. Während alle Angebote für die ersten beiden genannten Bereiche die Höchstpunktzahl von ... Punkten erzielten, erzielten die Angebote im Bereich "Schulung-Ansprechpartner/Service" lediglich ... Punkte. Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass sie auch für diesen Schulungsbereich Leistungen ausdrücklich als Inhouse-Schulung angeboten hat. Sie räumt zwar ein, dass sie die in ihrem Angebot Inhouse-Schulung nicht ausdrücklich auf den Bereich "Ansprechpartner/Service" bezogen hat. Sie habe das Inhouse-Angebot vielmehr allgemein auf die Bereiche "Operations" und "Wartung" des Antragsgegners erstreckt. Der Bereich "Wartung" umfasse jedoch nicht nur die Technik, sondern auch den Ansprechpartner für den Service. Es ist jedoch angesichts der eindeutigen, den Bietern für die Angebotskalkulation bekannt gemachten Bewertungsmatrix nicht zu beanstanden, dass der Auftraggeber erwartet hat, dass die Bieter in ihrem Angebot eindeutige Angaben für alle Schulungsbereiche dazu machen, ob sie die Schulung Inhouse, in Deutschland oder außerhalb Deutschlands anbieten. Der Auftraggeber hat sich daher im Rahmen des ihm zukommenden Beurteilungsspielraums gehalten, dass er für das Unterkriterium "Schulung-Ansprechpartner/Service" das Angebot der Antragstellerin, wie im Übrigen für alle anderen Angebote auch, lediglich ... von max. ... möglichen Punkten vergab.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist auch die Bewertung hinsichtlich des Zuschlagskriteriums "Leistung und Wirtschaftlichkeit" nicht zu beanstanden. Vielmehr hat dort das Angebot der Antragstellerin mit einem Zwischenergebnis von ... Punkten eine deutlich höhere Punktzahl als das Angebot der Beigeladenen mit ... Punkten erzielt. Diese Differenz ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass das Angebot der Beigeladenen beim Unterkriterium "Instandsetzung: Eigenwartung und Reparatur" mit "... Punkte" bewertet wurde, weil die Beigeladene in ihrem Angebot darauf hingewiesen hatte, dass die damit verbundenen Dienstleistungen einer Genehmigung durch das ...-Außenministerium unterliegen.
Die Angebotswertung, insbesondere die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes und ihre Dokumentation in der Vergabeakte sind somit nicht zu beanstanden. Damit hat der Auftraggeber nachvollziehbar ermittelt und dokumentiert, dass die Beigeladene das wirtschaftlichste Angebot i. S. des § 25 Nr. 3 VOL/A abgegeben hat.
- b)
Der Auftraggeber war entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht gehalten, das Angebot der Beigeladenen wegen vermeintlicher Unvollständigkeit gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A oder wegen Abweichung von den Festlegungen der Verdingungsunterlagen gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d. VOL/A von der Angebotswertung auszuschließen. Die Antragstellerin hat nach Durchführung der Akteneinsicht und in Erwiderung auf den Vortrag des Auftraggebers vom 18.02.2010 die Auffassung vertreten, dass der Auftraggeber verpflichtet sei, das Angebot der Beigeladenen wegen Unvollständigkeit auszuschließen, weil die Beigeladene keine Zusage zur Eigenwartung und -reparatur erteilt habe, sondern diese Leistung unter dem Vorbehalt der Genehmigung einer Vereinbarung für technische Unterstützung durch das ...-Außenministerium gestellt habe. Da das Angebot der Beigeladenen somit nicht die "Eigenwartung und -reparatur" enthalte, erfülle es eine Mindestanforderung des Auftraggebers nicht und sei daher auszuschließen. Darüber hinaus sei das Angebot der Beigeladenen auszuschließen, weil die Beigeladene nicht die geforderte Bankerklärung mit dem Angebot vorgelegt habe. Auch sei zweifelhaft, ob die Beigeladene ihre Eintragung in ein Berufsregister mit dem Angebot nachgewiesen habe. Tatsächlich enthält das Anschreiben vom 21.01.2010 abgegebene Angebot der Beigeladenen auf dem Beiblatt (Modell und dazugehöriger Preis) vom 11.01.2010 folgenden Hinweis:
"Dieses Produkt unterliegt der Kontrolle durch das ...-Außenministerium im Rahmen der International Traffic in Arms Regulations (Internationales Waffenkontrollgesetz für Flugverkehr), Kategorie XII (c), und darf infolge dessen nur mit Genehmigung des ...-Außenministeriums aus den ... ausgeführt werden."
Auch das Beiblatt zu Teil 2 der Leistungsbeschreibung enthält zur Eigenwartung und -reparatur folgenden Hinweis:
"Die Eigenwartung und -reparatur unterliegt der Genehmigung einer Vereinbarung für technische Unterstützung (Technical Assistance Agreement, TAA) durch das ...-Außenministerium."
Unter einen entsprechenden Genehmigungsvorbehalt hat die Beigeladene das Angebot jedoch nicht gestellt. Die Beigeladene vertritt deshalb die Auffassung, dass sie auch die Teilleistung "Eigenwartung und -reparatur", wie ausgeschrieben, angeboten habe. Den Hinweis im Angebot habe sie lediglich aufgenommen, weil die Eigenwartung und -reparatur der Genehmigung einer Vereinbarung für Technische Unterstützung (Technical Assistants Agreement, TAA) durch das ...-Außenministerium unterliege. Sie weist den Vorhalt der Antragstellerin zurück, die Genehmigungspraxis des ...-Außenministeriums sei im Hinblick auf TAA eher restriktiv. Sie, die Beigeladene, habe vielmehr mehrfach Aufträge für das ...-Außenministerium bzw. solche Aufträge abgewickelt, die einer Genehmigung des Ministeriums bedurften. Bislang sei ihr in keinem Fall eine Genehmigung versagt worden. Im Gegenteil: Aufgrund ihrer Reputation könne sie, zumindest wenn ihr Geschäftspartner über eine so gute Reputation wie ein deutsches Bundesland verfüge, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von der Erteilung einer Genehmigung ausgehen. Ferner hätten diverse weitere Bundesländer in der jüngeren Vergangenheit Aufträge über Wärmebildkameras auf der Grundlage eines TAA vergeben. Die Genehmigungen des ...-Außenministeriums seien stets erteilt worden. Ferner sei Deutschland vom ...-Außenministerium als sog. "A-Land" registriert worden. An Behörden aus solchen A-Ländern seien nach den Richtlinien des ...-Außenministeriums Genehmigungen im Bereich TAA grundsätzlich zu erteilen. Unabhängig davon habe sie die Eigenwartung und -reparatur unbedingt und vorbehaltlos angeboten. Der Auftraggeber trage im Falle des Zuschlags auf das Angebot der Beigeladenen kein erhöhtes Nichterfüllungsrisiko. Der Auftraggeber hat diesen Vortrag der Beigeladenen unterstützt und sieht keinen Anlass für einen Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen. Das Angebot sei uneingeschränkt erfolgt und habe nicht unter einem Genehmigungsvorbehalt gestanden. Vielmehr habe die Beigeladene, insbesondere in der mündlichen Verhandlung schlüssig und nachvollziehbar die Erklärungen in dem eingereichten Angebot erläutert. Der Auftraggeber habe keinen Zweifel daran, dass die Beigeladene zur Leistungserfüllung in der Lage sei.
Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A können Angebote, die nicht die geforderten Angaben und Erklärungen gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A enthalten, ausgeschlossen werden. Grundsätzlich steht dem Auftraggeber bei der Bewertung ein weiter Ermessensspielraum zu. Dieser Spielraum engt sich jedoch dann ein, wenn der Auftraggeber selbst dieses weite Ermessen durch Angabe von zulässigen Mindestvoraussetzungen erklärt. Er ist dann an diese Voraussetzungen gebunden und darf nicht nachträglich von ihnen abweichen (vgl. VK Sachsen, Beschluss vom 06.05.2002, Az.: 1/SVK/034-02; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.01.2006, Az.: VII-Verg 93/05). Ein auf Transparenz, Gleichbehandlung und Wettbewerb ausgerichtetes Vergabeverfahren bedingt, dass ein Auftraggeber, um Willkürentscheidungen und subjektiv motivierte Vergabeentscheidungen zu verhindern, an einmal festgelegte Mindestanforderungen gebunden ist (vgl. Weyand, Vergaberecht, 2. Auflage 2007, Rdnr. 7442). Dabei ist dem öffentlichen Auftraggeber insbesondere untersagt, das einmal definierte Anforderungsniveau im Laufe des Vergabeverfahrens nachträglich abzusenken. Die Vorschriften der §§ 21 Nr. 1, 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A sind als bieterschützend zu qualifizieren. Denn diese Verhaltensanforderungen an den öffentlichen Auftraggeber dienen der Sicherheit der Grundsätze des § 97 Abs. 1 GWB nicht nur objektiv rechtlich, sondern auch im Interesse der übrigen Bewerber. Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs wertet die Vergabekammer den Hinweis der Beigeladenen auf die Genehmigungspflichtigkeit ihrer Liefer- und Dienstleistung durch das ...-Außenministerium nicht als Einschränkung ihres Angebots selbst. Denn die Beigeladene hat ihr Angebot ausdrücklich vorbehaltlos angeboten. Sie ist aber ihrerseits als ... Unternehmen an den Genehmigungsvorbehalt des ...-Außenministeriums für Vereinbarungen für Technische Unterstützung (TAA) gebunden. Ein genereller Ausschluss von ausländischen Unternehmen aufgrund eines Genehmigungsvorbehaltes in ihren Heimatländern würde zudem generell den Kreis der Wettbewerber regelmäßig verringern und damit dem Sinn und Zweck des Vergaberechts, dass gerade auch auf einen möglichst breiten Wettbewerb ausgerichtet ist, zuwiderlaufen.
Anders wäre der Sachverhalt nur zu beurteilen, wenn der Auftraggeber mit seinen Ausschreibungsunterlagen von ausländischen Bieterunternehmen die Beibringung etwaig erforderlicher Ausfuhrgenehmigungen mit Angebotsabgabe und unter Androhung des Ausschlusses im Nichtbeibringungsfall vorgegeben hätte. Dies ist aber nicht der Fall. Auch im Übrigen hat sich der Auftraggeber im Rahmen seines Beurteilungsspielraums gehalten, als er zu dem Schluss gelangte, dass der gesetzliche Genehmigungsvorbehalt des ...-Außenministeriums keinen Anlass zu der Besorgnis bietet, dass die Beigeladene die angebotenen Leistungen nicht würde erbringen können.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist das Angebot der Beigeladenen auch nicht wegen vermeintlich fehlender Eignungsnachweise auszuschließen. Der Auftraggeber hatte unter der lfd. Nr. 1.6 der Leistungsbeschreibung (S. 5, 6) von den Bietern den Nachweis der Eignung und die Benennung der in den letzten drei Jahren vergleichbaren Leistungen (Referenzen) gefordert. Ferner hatten die Bieter die den Angebotsvordrucken beigefügten vier Eigenerklärungen zur Zuverlässigkeit, Vermeidung ausbeuterischer Kinderarbeit, Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards sowie zur finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dem Angebot im Original beizufügen. Ferner hatten die Bieter zu erklären, dass sie ihre Verpflichtung zur Zahlung von Steuern und Abgaben sowie der Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung ordnungsgemäß erfüllen und die gewerblichen Voraussetzungen für die Ausführung der angebotenen Leistungen erfüllen. Ergänzend enthält Ziff. 1.6 der Leistungsbeschreibung einen Hinweis auf die beigefügte "Auflistung der geforderten Nachweise von den Bietern". Eine entsprechende Auflistung mit Datum vom 22.07.2009 enthält unter der lfd. Nr. 6 die Forderung:
"Bankerklärung zur finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens."
Die Auflistung endet mit folgendem Hinweis:
"Zu Nr. 1 bis 9: Ein Angebot kann von der Wertung ausgeschlossen werden, wenn eine der vorgenannten Erklärungen nicht beigefügt wurde."
Lediglich zur Forderung Nr. 10 - "Lieferkontinuität: Eigene Darstellung des Auftraggebers zur Lieferfähigkeit der angefragten Artikel. Ein Nachreichen dieser Angaben ist nach Angebotsfrist nicht mehr möglich." - enthält die Auflistung folgenden Hinweis:
"Zu Nr. 10: Das Angebot ist zwingend auszuschließen, wenn die Erklärung fehlt."
Aus dieser Abstufung folgt eindeutig, dass der Auftraggeber nur die Darstellung zur Lieferkontinuität zum Mindestkriterium erhoben hat. Die übrigen Eignungsnachweise, darunter auch die Bankerklärung, hat der Auftraggeber dagegen zwar ebenfalls mit Angebotsabgabe gefordert. Ein automatischer Ausschluss im Falle der Nichtbeibringung wurde jedoch ausdrücklich nicht angedroht. Daraus folgt, dass sich der Auftraggeber bezüglich dieser Nachweise das Ausschlussermessen nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A ausdrücklich weiterhin vorbehalten und das Ermessen gerade nicht auf einen zwingenden Ausschluss reduziert hat.
Das Angebot der Beigeladenen enthält die geforderten Eignungsnachweise. Insbesondere sind die geforderten Eigenerklärungen enthalten. Lediglich einen "Banknachweis" hat die Beigeladene nicht beigefügt. Statt dessen hat sie im Anhang 6 zu ihrem Angebot zum Nachweis ihrer finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auf die dortigen Zusatzseiten verwiesen. Auf dem dortigen Beiblatt 1 ist eine "Finanzberichterstattung (Statement von Financial Responsibility) an die Aktionäre von ...", ihrem Mutterkonzern, abgedruckt. Ferner ist dort ein Link für den kompletten Geschäftsbericht enthalten. Auf dem folgenden Beiblatt 2 heißt es:
"Auf Anfrage wird ein ...-Bericht von ... bereitgestellt."
Der Auftraggeber hat in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die Vergabeakte erklärt, dass er die Eignung der Beigeladenen auch hinsichtlich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit überprüft hat und zu dem Schluss gelangt sei, dass die Eignung der Beigeladenen nachgewiesen ist. Im Übrigen hat er darauf hingewiesen, dass er die Forderung der Bankerklärung nicht als Mindestkriterium charakterisiert hat und keinen Ausschluss im Falle der Nichtbeibringung angedroht hat. Die Beigeladene vertritt die Auffassung, dass der angebotene Bericht von ... das gleiche Gewicht habe wie eine Bankenerklärung. Der Auftraggeber hat sich im Rahmen des ihm durch § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A und § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A eingeräumten Beurteilungsspielraums gehalten als er das Angebot der Beigeladenen auch im Hinblick auf die beizubringenden Eignungsnachweise als vollständig und die Eignung der Beigeladenen als nachgewiesen beurteilt hat. Die Durchführung der Eignungsprüfung hat der Auftraggeber in der Vergabeakte als Anlage zur Niederschrift über die Öffnung, Prüfung und Wertung von Angeboten im Wege einer für alle Angebote gesondert ausgefüllten "Checkliste Ausschreibung" dokumentiert.
Das Angebot der Beigeladenen ist somit nicht von der Angebotswertung auszuschließen. Da der Auftraggeber, wie oben unter II.2.a ausgeführt, das Angebot der Beigeladenen zu Recht als wirtschaftlichstes Angebot im Sinne des § 25 Nr. 3 VOL/A ermittelt hat, ist die Entscheidung des Auftraggebers zur Zuschlagserteilung nicht zu beanstanden.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin geben weder die Vergabeakte noch der Sachverhalt im Übrigen Anlass für die Besorgnis eines einseitigen Informationsvorsprungs oder einer sonstigen, gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 97 Abs. 2 GWB verstoßenden Bevorzugung der Beigeladenen aufgrund des von dieser betriebenen im Wege der Selbstabhilfe des Auftraggebers erledigten vormaligen Nachprüfungsverfahrens zum Az.: VgK-69/2009. Dadurch, dass der Auftraggeber die Bieter mit Schreiben vom 22.12.2009 darauf hingewiesen hat, dass er aufgrund des vormaligen Nachprüfungsverfahrens das Vergabeverfahren in den Stand unmittelbar nach der Vergabebekanntmachung zurückgesetzt und den Bietern insbesondere die bis dahin vorenthaltene Bewertungsmatrix inkl. sämtlicher Unterkriterien und ihrer Gewichtung offengelegt hatte, hatten alle Bieter die Möglichkeit, ihre Angebotspreise neu zu kalkulieren.
- c)
Es ist daher vorliegend nicht mehr entscheidungserheblich, ob der Auftraggeber vorliegend berechtigt ist, das Angebot der Antragstellerin nachträglich wegen Abweichung von den Vorgaben der Verdingungsunterlagen gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A oder wegen Unvollständigkeit gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A auszuschließen. Der Auftraggeber hat erstmalig mit Schriftsatz vom 16.03.2010, einen Tag vor der mündlichen Verhandlung, vorgetragen, dass im Angebot der Antragstellerin entgegen den Vorgaben der Unterlagen Ort und Datum nicht angegeben sind. Dementsprechend könne das Angebot nicht eindeutig zugeordnet und spezifiziert werden. Ferner habe es die Antragstellerin versäumt, die Zulassungsfähigkeit des Laserpointers nachzuweisen, so dass es an der Darlegung einer geforderten Mindestvoraussetzung fehle. Außerdem fehle es an der Angabe des Turretgewichtes. Das Gewicht der Master Control Unit sei nicht angegeben, so dass der geforderte Nachweis eines maximalen Turretgewichtes von 50 kg fehle. Die Prüfung des Originalangebotes der Antragstellerin hat ergeben, dass der verwendete, unterschriebene Angebotsvordruck zwar Angebotsgegenstand und Preisangaben enthält, Angaben zu Ort und Datum, wie unter der Unterschriftszeile vorgesehen, hat die Antragstellerin jedoch nicht gemacht. Der Ort ergibt sich allerdings aus dem Angebotsvordruck selbst, da er oben die vollständige Anschrift der Beigeladenen enthält. Das Datum - 15.01.2010 - ergibt sich bereits aus dem Angebotsanschreiben. Wenngleich der Auftraggeber in der Leistungsbeschreibung unter Ziff. 1 ausdrücklich vorgegeben hat, dass der Angebotsvordruck zwingend mit dem Namen (Firma des Bieters) sowie mit dem Datum zu versehen ist, bewertet die Vergabekammer vorliegend das Fehlen des Datums, das ohne weiteres bereits auf der ersten Seite des Angebotsschreibens zu ersehen ist, nicht als so erheblich, dass es zum Ausschluss des Angebotes wegen Unvollständigkeit berechtigt.
Soweit der Auftraggeber den nachträglichen Angebotsausschluss der Antragstellerin auf den unterbliebenen Nachweis der Zulassungsfähigkeit des angebotenen Laserpointers stützen will, verweist die Antragstellerin zu Recht darauf, dass der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen einen derartigen Nachweis der Zulassungsfähigkeit mit Angebotsabgabe nicht gefordert hat. Auch die Auflistung des Auftraggebers über die in den Verdingungsunterlagen geforderten Nachweise geben keinen Hinweis auf einen notwendigen Nachweis der Zulassungsfähigkeit des Laserpointers. Die Bieter hatten lediglich gemäß Ziff. 1 des Teils 2 der Leistungsbeschreibung ausdrücklich die Vorgabe erhalten, dass die angebotenen Wärmebildkameras über einen luftrechtlich zulassungsfähigen IR-Laserpointer verfügen müssen. Einen entsprechenden IR-Laserpointer hat die Antragstellerin ausdrücklich angeboten. Einen Nachweis für die Zulassungsfähigkeit hat der Auftraggeber in den Unterlagen nicht gefordert. Werden Erklärungen oder Nachweise nicht eindeutig gefordert, so kann ihr Fehlen bei Angebotsabgabe nicht zur Begründung eines Angebotsausschlusses nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A herangezogen werden (vgl. BGH, Urteil vom 10.06.2008, Az.: X 78/07 = NZBau 2008, S. 592 ff. [BGH 10.06.2008 - X ZR 78/07]).
Gleiches gilt für den nunmehr vom Auftraggeber im Angebot der Antragstellerin vermissten Nachweis eines Turretgewichts von max. 50 kg. Auch hier ergibt sich aus Teil 2 der Leistungsbeschreibung lediglich, dass der Auftraggeber als Minimalanforderung ein Turretgewicht von max. 50 kg verlangt hat. Auch diese Anforderung ist durch die Unterschrift der Antragstellerin Bestandteil ihres Angebotes geworden. Ein diesbezüglicher Nachweis oder eine Angabe des Gewichts der Master Control Unit war in den Ausschreibungsunterlagen nicht gefordert.
Aber auch soweit der Auftraggeber nunmehr die Auffassung vertritt, dass das Angebot der Antragstellerin wegen Abweichung von den Vorgaben der Verdingungsunterlagen gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A auszuschließen ist, trägt der vorliegende Sachverhalt einen nachträglichen Ausschluss nicht. Das Angebot der Beigeladenen enthält im Anhang zum Angebotsvordruck gemäß Leistungsbeschreibung Teil 2 "Wärmbildkamera" folgenden Hinweis:
"Zu 7 erfüllt - ... (Antragstellerin) ist bestrebt - und geht nach heutiger Lage der Dinge davon aus - Teil der Anlagen im ersten Halbjahr 2010 liefern zu können. Die Ausschreibungssituation bedingt, dass die Erfüllung des Liefertermins im Wesentlichen von externen Entscheidungen abhängt, die ... nicht beeinflussen kann. Dies sind z.B. der Zeitpunkt der Bestellung und der Bereitstellung der notwendigen, durch den Anwender bereitzustellenden Dokumente ab, z.B. die Verfügbarkeit eines End-User-Certificates. Vor allem jedoch die Ausstellung der Ausfuhrgenehmigung in ..., nach Einreichung des End-User-Certificates."
Ebenso wie oben unter II.2.b zum Hinweis auf den Genehmigungsvorbehalt des ... Außenministeriums im Falle des Angebotes der Beigeladenen ausgeführt, handelt es sich auch bei diesem Hinweis der Antragstellerin nicht um eine Abänderung der Vertragsbedingungen. Auch die Antragstellerin hat die nach den Ausschreibungsunterlagen geforderten Leistungen ausdrücklich uneingeschränkt angeboten. Auf für die Ausfuhrgenehmigung notwendige Handlungen des Auftraggebers und vom Auftraggeber als Anwender bereitzustellenden Dokumente, wie den Zeitpunkt der Bestellung und die Verfügbarkeit eines End-user-Certificates, hat die Antragstellerin keinen unmittelbaren Einfluss.
Da der Auftraggeber jedoch, wie dargelegt, das Angebot der Beigeladenen zu Recht berücksichtigt und als das wirtschaftlichste Angebot im Sinne des § 25 Nr. 3 VOL/A ermittelt hat, war der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin als unbegründet zurückzuweisen.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790). Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt nach wie vor 2.500 €, die Höchstgebühr nunmehr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.
Es wird eine Gebühr in Höhe von ... € gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zugrunde zu legende Gegenstandswert beträgt vorliegend ... €. Dieser Wert entspricht ausweislich der Vergabeakte dem vom Auftraggeber geprüften Angebotspreis der Antragstellerin und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der z. Zt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von ... € ergibt sich eine Gebühr in Höhe von ... €.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.
Die in Ziffer 3 des Tenors geregelte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin keinen Erfolg hatte.
Die Erstattungspflicht bezüglich der Kosten des Auftraggebers, die diesem zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG. Danach war festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch den Auftraggeber im konkreten Verfahren erforderlich war.
Auch wenn man von öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich verlangen darf, dass sie über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A und der VOB/A verfügen, bedurfte der Auftraggeber für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen öffentlichen Auftraggeber ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.
Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306). Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdnr. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rdnr. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Zugunsten der Ausgangsbehörde im Verwaltungsverfahren wird demgegenüber die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nur in besonders gelagerten Einzelfällen angenommen, da die Ausgangsbehörde in der Regel mit eigenem Fachpersonal so gut ausgestattet sein muss, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit, zu der auch die Mitwirkung im Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) gehört, ohne fremde Unterstützung ausführen kann. Diese für die Situation der Ausgangsbehörde in einem Widerspruchsverfahren zutreffende Auffassung kann jedoch nicht auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren übertragen werden. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.
Kosten der Beigeladenen:
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen zu 1) folgt aus analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO. Dort ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geregelt, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig sind, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Die analoge Anwendung dieser Vorschrift zugunsten eines obsiegenden Beigeladenen ist im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer geboten (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, S. 155, 158 [OLG Düsseldorf 12.01.2000 - Verg 3/99]; sowie OLG Düsseldorf, Beschluss v. 15.06.2000, Az.: Verg 6/00). Die für eine analoge Anwendung von Vorschriften erforderliche Regelungslücke ergibt sich daraus, dass gem. § 128 Abs. 4 Satz 2 lediglich geregelt wird: "Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen. § 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend." Eine daraus folgende Ungleichbehandlung eines Beigeladenen gegenüber den anderen Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens wäre jedoch nicht sachgerecht, zumal der Beigeladene schließlich gem. § 109 GWB deshalb den Beteiligten-Status erhält, weil "dessen Interessen durch die Entscheidung schwerwiegend berührt werden".
Einerseits darf daher zwar für den Antragsteller durch (mögliche) Beiladungen kein unkalkulierbares und damit abschreckendes Kostenrisiko entstehen. Andererseits dürfen aber auch Kosten des Beigeladenen nicht zu einer Waffenungleichheit zu seinen Lasten führen (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 128, Rdnr. 1034).
Unter Berücksichtigung dieser sachgerechten Grundsätze entspricht es im vorliegenden Fall der Billigkeit i.S.d. hier analog anzuwendenden § 162 Abs. 3 VwGO, dass die unterlegene Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Nachprüfungsverfahren erforderlichen Aufwendungen der Beigeladenen, zu denen auch die Kosten einer in einem derartig komplexen, nicht nur materielles Vergaberecht, sondern auch prozessuale Rechtsfragen berührenden Verfahren ohne weiteres erforderlichen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts gehören, zu tragen hat.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von ... unter Angabe des Kassenzeichens
...
auf folgendes Konto zu überweisen:
...
IV. Rechtsbehelf
Gemäß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden. Diese ist beim Oberlandesgericht Celle, Schloßplatz 2, 29221 Celle, schriftlich einzulegen. Die Beschwerde ist gem. § 117 GWB binnen einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung einzulegen.
Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.
Die sofortige Beschwerde ist gem. § 117 Abs. 2 GWB mit ihrer Einlegung zu begründen.
Die Beschwerdebegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Kammer angefochten wird und eine abweichende Entscheidung beantragt wird,
- 2.
die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt.
Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten. Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer.