Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 21.09.2010, Az.: VgK-37/2010
Die Entscheidung über das Aufheben von Verhandlungsverfahren verletzt den Bieter nicht in seinen Rechten gem. §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB; Ein Verhandlungsverfahren kann gem. § 26 Nr. 1 c) VOB/A analog aus anderen schwerwiegenden Gründen aufgehoben werden; Eine Rüge muss im Vergaberecht grundsätzlich innerhalb von 1 bis 3 Tagen erfolgen; Auch bei notwendiger Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erfüllt ein Rügezeitraum von mehr als einer Woche das Zeitkriterium des § 107 Abs. 3 GWB zumindest regelmäßig nicht
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 21.09.2010
- Aktenzeichen
- VgK-37/2010
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 36730
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 97 Abs. 7 GWB
- § 107 Abs. 2 GWB
- § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB
- § 114 Abs. 1 GWB
- § 26 Nr. 1 c) VOB/A analog
Verfahrensgegenstand
Neubau eines Freizeit- und Erlebnisbades "xxxxxx"
In dem Nachprüfungsverfahren
...
hat die Vergabekammer
durch
die Vorsitzende RD' in Dr. Raab,
die hauptamtliche Beisitzerin BOR' in Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.- Ing. Roloff
auf die mündliche Verhandlung vom 21.09.2010
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
- 3.
Die Kosten werden auf xxxxxx EUR festgesetzt.
- 4.
Die Antragstellerin hat der Auftraggeberin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Auftraggeberin notwendig.
Begründung
I.
Nachdem der Rat der Stadt xxxxxx 2004 beschlossen hat, ein neues Freizeit- und Erlebnisbad mit Hilfe eines Generalunternehmers zu errichten, ist einer Vorlage des Fachbereichs Finanzen der Stadt vom 29.05.2008 Folgendes zu entnehmen:
"Nach der Kostenschätzung zum Zeitpunkt des Ratsbeschusses über den Neubau ergab sich unter Berücksichtigung beschlossener Erweiterungen des Angebotes ein Gesamtinvestitionsvolumen von ca. xxxxxx EUR netto. Bereits in den damaligen Begründungstexten wurde darauf hingewiesen, dass bis zur Auftragsvergabe der Bauleistung Kostenrisiken bei der Baupreisentwicklung bestehen."
Das beauftragte Architekturbüro ermittelte mit Datum vom 12.12.2008 für die Errichtung des Bades eine Kostenberechnung gemäß DIN 276 in Höhe von xxxxxx EUR (brutto). Dieser Kostenberechnung lagen lt. Angaben die Entwurfsplanung mit Baubeschreibung und Flächenermittlung vom 12.12.2008 sowie die Angaben verschiedener Fachingenieure zugrunde.
Es wurden berechnet:
KG 100 (Grundstück) = | 0,00 EUR |
---|---|
KG 200 (Herrichten und Erschließen) = | xxxxxx EUR |
KG 300 (Bauwerk - Baukonstruktion) = | xxxxxx EUR |
KG 400 (Bauwerk - Technische Anlagen) = | xxxxxx EUR |
KG 500 (Außenanlagen) = | xxxxxx EUR |
KG 600 (Ausstattung und Kunstwerke) = | xxxxxx EUR |
KG 700 (Baunebenkosten) = | xxxxxx EUR |
KG 800 (zur Aufrundung) = | xxxxxx EUR |
Gesamtkosten (netto) | xxxxxx EUR |
Der Kostenberechnung des Projektsteuerers vom 26.02.2009 (Datum laut Deckblatt, Berechnung datiert vom 04.02.2010) ist zu entnehmen, dass er eine Kostenberechnung des Architekturbüros vom 15.12.2009 übernommen und aufgrund von Gesprächen mit dem Bauherrn im Februar 2009 korrigiert hat. Dabei ergaben sich folgende Summen:
Architekt Projektsteuerer
KG 100 (Grundstück) = | 0,00 EUR 0,00 EUR |
---|---|
KG 200 (Herrichten und Erschließen) = | xxxxxx EUR xxxxxx EUR |
KG 300 (Bauwerk - Baukonstruktion) = | xxxxxx EUR xxxxxx EUR |
KG 400 (Bauwerk - Technische Anlagen) = | xxxxxx EUR xxxxxx EUR |
KG 500 (Außenanlagen) = | xxxxxx EUR xxxxxx EUR |
KG 600 (Ausstattung und Kunstwerke) = | xxxxxx EUR xxxxxx EUR |
KG 700 (Baunebenkosten) = | xxxxxx EUR xxxxxx EUR |
KG 800 (zur Aufrundung) = | xxxxxx EUR 0,00 EUR |
Gesamtkosten (netto) | xxxxxx EUR xxxxxx EUR |
Gesamtpreis, angepasst auf Preisindex 2008 | xxxxxx EUR |
Ferner wurde auf Seite 17 der Kostenberechnung vom 26.02.2009 festgehalten:
"Für die Wirtschaftlichkeitsberechnung wurde folgender Betrag berücksichtigt: xxxxxx EUR."
Welche Summen in diesem Betrag berücksichtigt worden sind, ist der Vergabeakte nicht zu entnehmen. Lt. Schriftsatz der Auftraggeberin vom 15.09.2010 handelt es sich bei dieser Summe um einen Platzhalter zum Zwecke der Plausibilitätsprüfung.
Der Vergabeakte ist zu entnehmen, dass der beauftragte Projektsteuerer ebenfalls mit Datum vom 26.02.2009 eine weitere Kostenberechnung auf Basis der Entwurfsplanung der beauftragten Architekten vom 15.12.2008 vorgenommen hat. Er ermittelte dabei für die Baumaßnahme ein Gesamtinvestitionsvolumen in Höhe von xxxxxx EUR (abzgl. Einsparpotentiale, zzgl. Umweltpaket) netto. Diese Summe setzt sich lt. Auszug aus der Kostenberechnung der Vergabeakte wie folgt zusammen:
KG 100 (Grundstück) = | 0,00 EUR |
---|---|
KG 200 (Herrichten und Erschließen) = | xxxxxx EUR |
KG 300 (Bauwerk - Baukonstruktion) = | xxxxxx EUR |
KG 400 (Bauwerk - Technische Anlagen) = | xxxxxx EUR |
KG 500 (Außenanlagen) = | xxxxxx EUR |
KG 600 (Ausstattung und Kunstwerke) = | xxxxxx EUR |
KG 700 (Baunebenkosten) = | xxxxxx EUR |
KG 800 (zur Aufrundung) = | 0,00 EUR |
Gesamtkosten (netto) | xxxxxx EUR |
Mit Bekanntmachung vom xxxxxx.2009 hat die Auftraggeberin dann zum Teilnahmewettbewerb aufgerufen, um Bewerber für ein Nichtoffenes Verfahren zum Neubau eines Freizeit- und Erlebnisbades zu finden.
Den den Bietern zur Verfügung gestellten Ausschreibungsunterlagen "Funktionalausschreibung Freizeit- und Erlebnisbad xxxxxx" ist unter den Allgemeinen Vorbemerkungen, Historie u.a. Folgendes zu entnehmen:
"Im Rahmen eines Architektenwettbewerbs mit anschließendem Verhandlungsverfahren wurden xxxxxx Architekten mit der Planung des Objektes beauftragt. Die Bauvoranfrage sowie der Bauantrag wurden abschließend am 07.10.09 von der Stadt xxxxxx unter dem Az. xxxxxx genehmigt."
Aus den Allgemeinen Vorbemerkungen, Vertragsbedingungen, ergibt sich Folgendes:
Unter Ziffer 2. e):
"Weiterhin zum Leistungsumfang des AN gehören:
....
- Die Herbeiführung aller Abnahmen, Gutachten und Prüfungen sowie die Beschaffung mängelfreier Abnahme- und Prüfbescheinigungen, z.B. der Bauordnungsbehörden und des TÜV, die im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben und seiner angestrebten Nutzung stehen, einschließlich der Übernahme der hierdurch entstehenden Kosten, soweit in der Leistungsbeschreibung nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist."
Unter Ziffer 2. f):
"Ausschließlich folgende Leistungen sind nicht Bestandteil der vorliegenden Ausschreibung:
1. Pfahlgründung (wird bauseits erstellt), siehe LV-Text Rohbauarbeiten.
2. Sauna-Innenausstattung im 1. UG + EG (wird durch Saunahersteller erstellt) - siehe auch Anlage Schnittstellenliste Sauna
3. Außensauna + Ruhehaus: Bauleistung des GU nur bis OK-Sohlplatte einschl. Ver- und Entsorgungsleitungen im Außenbereich gem. Schnittstellenliste
4. Sämtliche "Lose Möblierung"
5. Ausstattung Wellnessbereich
6. Ausführungsplanung, soweit diese in der Leistungsbeschreibung nicht ausdrücklich vom Auftragnehmer zu erbringen ist. Ergänzend gilt Nr. 5 dieser Vorbemerkungen."
Unter Ziffer 5. Planung:
"a) Die Ausführungsplanung wird vom Auftraggeber erstellt und dem Auftragnehmer, sofern diese nicht bereits Gegenstand dieser Leistungsbeschreibung ist, baubegleitend übergeben. Der Auftragnehmer hat seine Werk- und Montageplanung auf der Grundlage dieser Ausführungsplanung zu erstellen und diese dem Auftraggeber in dreifacher Ausfertigung zur Prüfung und Freigabe vorzulegen.
...
d) Sämtliche vom Auftraggeber übergebene Pläne müssen vom Auftragnehmer an Ort und Stelle überprüft werden. Benötigte Planungs- und Ausführungsunterlagen sind rechtzeitig beim Auftraggeber anzufordern."
Ferner war diesen Unterlagen eine Liste der von Seiten der Auftraggeberin beteiligten Architekten, Projektsteuerer, Fachingenieure, Innen- und Landschaftsarchitekten beigefügt.
Bei der Angebotseröffnung am xxxxxx.2010 ergab sich, dass lediglich die Antragstellerin und ein weiterer Bieter ein Angebot eingereicht hatten. Das Angebot der Antragstellerin lautete über xxxxxx EUR. Sie hatte zusätzlich 17 Nebenangebote eingereicht und gewährte 2,5% Preisnachlass ohne Bedingungen.
Eine in der Vergabeakte befindliche Kostenverfolgung, Kostenberechnung/Generalunter-nehmerangebote - Vorabzug - ist zu entnehmen, dass bei der KG 300 die Pfahlgründung und der Saunabau (Innen/Außen) nicht berücksichtigt wurden. Es ergab sich lt. Kostenverfolgung vom 19.01.2010 lt. der einzelnen Gewerke für die KG 300 eine Zwischensumme in Höhe von xxxxxx EUR. Von dieser Summe hat die Auftraggeberin die Pfahlgründung und Saunabau abgezogen. Dabei ergaben sich lt. Kostenverfolgung folgende Baukosten:
Summe KG 300 | xxxxxx EUR |
---|---|
Summe KG 400 | xxxxxx EUR (Lt. Projektsteuerer: Kostenverlagerung in KG 300 + 500 noch nicht berücksichtigt) |
Insgesamt | xxxxxx EUR |
Diese Summe hat der Projektsteuerer bei seiner Kostenverfolgung vom 19.01.2010 berücksichtigt. Die sich hieraus ergebende Gesamtsumme setzte sich lt. Projektsteuerer wie folgt zusammen:
Summe Baukosten | xxxxxx EUR |
---|---|
Summe KG 200 | xxxxxx EUR |
Summe KG 500 | xxxxxx EUR |
Summe KG 600 | xxxxxx EUR |
Gesamtsumme (ohne Wartung) | xxxxxx EUR |
Der Projektsteuerer hat sodann aus der Kostenberechnung vom 26.02.2009 die zu erbringenden Generalunternehmerleistungen heraus gezogen. Er ermittelte in einer Gegenüberstellung vom 24.02.2010 für die Kostengruppen 300 und 400 die Summen aus der Kostenverfolgung vom 19.01.2010, dem Angebot des anderen Bieters, dem Angebot der Antragstellerin und das jeweils günstigere Los für die Leistungen innerhalb der Gewerke (= Idealangebot).
Unter Berücksichtigung der KG 200, 500 und 600, abzüglich der Wartungsarbeiten ergaben sich folgende Gesamtsummen (netto):
lt. Kostenberechnung vom 04.02.2009 | xxxxxx EUR, |
---|---|
lt. Kostenverfolgung vom 19.01.2010 | xxxxxx EUR, |
lt. Angebot der Antragstellerin vor den Verhandlungen | xxxxxx EUR, |
lt. jeweils günstigsten Titel der eingereichten Angebote | xxxxxx EUR und |
lt. letztem Angebot der Antragstellerin im Verhandlungsverfahren | xxxxxx EUR. |
Abweichung vom eingeplanten Budget für GU-Leistungen | ca. xxxxxx EUR. |
Einem kurzen sechsseitigen Vergabevermerk des beauftragten Planers vom 05.03.2010 ist zu entnehmen, dass die Antragstellerin die Formblätter 221/222 nicht ausgefüllt habe. Auf deren Nachforderung sei verzichtet worden, da das Angebot der jetzigen Antragstellerin als einzig wertbares Angebot aus Sicht der Planer unangemessen zu hoch erschien, da es deutlich über dem zur Verfügung stehenden Budget liege. Das Angebot des anderen Bieters war von der Wertung ausgeschlossen worden. Ein von dem anderen Bieter beantragtes Nachprüfungsverfahren vom 22.03.2010, Az.: VgK - 19/2010, in dem die jetzige Antragstellerin beigeladen war, wurde zwischenzeitlich mit Kostenbeschluss vom 27.07.2010 beendet.
Letztendlich wurde empfohlen, das Vergabeverfahren aus dem o.g. Grund gemäß § 26 VOB/A aufzuheben. Die Auftraggeberin teilte der Antragstellerin mit, dass das Nichtoffene Verfahren aufgehoben werde und lud sie zum Verhandlungsverfahren ein. Der Vergabeakte ist zu entnehmen, dass es bei diesen Verhandlungen nur um eine Kostenreduzierung ging. Die zu erbringenden Leistungen wurden soweit reduziert bzw. es wurde auf Leistungen verzichtet, so dass sich das letzte Angebot der Antragstellerin vom 14.04.2010 auf xxxxxx EUR netto belief.
In einem vierseitigen Vermerk vom 11.06.2010 stellte der beauftragte Projektsteuerer fest, dass trotz der Verhandlungen und Leistungsreduzierungen der eingeplante Budgetwert von ca. xxxxxx EUR netto für die Generalunternehmerleistungen nicht erreicht wird. Das letzte Angebot der Antragstellerin überschreite das Budget noch immer um ca. 7%, also ca. xxxxxx EUR netto. Der beauftragte Projektsteuerer führte dabei aus, dass das Budget für die Generalunternehmerleistungen auf der geprüften und von der Auftraggeberin freigegebenen Kostenberechnung der Planer unter Berücksichtigung aller Änderungen seit der Genehmigungsplanung basiert und das ursprünglich ausgeschriebene Leistungsprogramm berücksichtigt. Er hielt wörtlich fest:
"Die Kostenermittlung erfolgt auf Grundlage von Massen für Elemente und Einheitspreise entsprechend der geplanten Ausführungsqualität der Elemente. Die in der Berechnung angesetzten Massen sind der Entwurfsplanung entnommen. Die eingesetzten Einheits- oder Elementpreise entstammen Preisdatenbanken, Preisstand: Ende 2008, und beziehen sich auf vergleichbare Bauarten (Stahlbetonbau, Stahlbau, Holzbau, Abdichtungen, Fliesen etc.) und Bauwerke (Schwimmbäder). Preise für einzelne Sonderbauteile, wie z.B. die Foliendächer, wurden beim Hersteller hinterfragt.
Die im Januar 2009 abgeschlossene Kostenberechnung zum Entwurf wurde im Laufe des Jahres 2009 durch Kostenberechnungen und Schätzungen aus Planungsanpassungen, die sich im Laufe der Ausführungsplanung ergeben haben, ergänzt (vgl. Anlage Kostenberechnung). Eine Preissteigerung für 2010 (Beginn der Baudurchführung) musste dabei nicht aufgeschlagen werden, da der Baupreisindex des Statistischen Bundesamtes eine Steigerung von unter 1% für diesen Sektor ausweist.
Aus der Kostenberechnung wurden schließlich die Anteile aufsummiert, die Gegen-stand der Generalunternehmerleistungen sind. Im Ergebnis summiert sich dies auf xxxxxx EUR netto.
Vor dem Hintergrund der Planungsänderungen und Reduzierungen im Rahmen der Verhandlungen wurde die Kostenberechnung der Architekten um einen Vergleich mit dem zum Verhandlungsergebnis kompatiblen Bausoll ergänzt (vgl. Anlage Verhandlungen: Leistungs- und Qualitätsreduzierungen). Im Ergebnis steht dem letzten Angebot des Bieters 1 (Antragstellerin) in Höhe von xxxxxx EUR netto ein Wert aus der Kostenberechnung von xxxxxx EUR gegenüber, der allerdings seinerzeit noch um xxxxxx EUR netto zu reduzieren ist wegen des geänderten Bausolls (vgl. tabellarische Aufstellung der Planer in der Anlage Verhandlungen: Tabellenspalte "Wert der Leistungs- und Qualitätsreduzierungen auf Basis der Kostenberechnung"). Unter Berücksichtigung der Planungsänderungen und Reduzierungen in den Verhandlungen ergibt sich also ein angepasster Wert der Kostenberechnung in Höhe von xxxxxx EUR netto. Die Abweichung des Angebotes des Bieters 1 zum Bausoll beträgt demnach xxxxxx EUR netto, das entspricht 18,9%.
Die für die Reduzierung der Kostenberechnung herangezogenen Werte entsprechen zum Teil der Genauigkeit einer Kostenschätzung, da sich manche Änderungen auf mehrere Gewerke auswirken (z.B. Entfall des dritten UG) und die Einsparungen der Mehrkosten an anderer Stelle verringert wird (z.B. Verlängerung der bereits gesetzten Bohrpfähle). Dennoch ist auch unter Berücksichtigung größerer Toleranzen für die Genauigkeit der Kostenschätzung klar zu erkennen, dass auch das endverhandelte Angebot des verbliebenen Bieters 1 die ursprüngliche Kostenplanung ganz erheblich übersteigt."
Der beauftragte Projektsteuerer kam zu dem Ergebnis, dass die ursprüngliche Kostenplanung bei einer Beauftragung der Antragstellerin um fast 25% überschritten wird. Seiner Auffassung nach hätte eine Beauftragung neben den Kosten aus dem Auftrag für den Generalunternehmer auch weitere Kosten (zusätzliche Planung, Risiken, etc.) zur Folge. Das Budget (zur Verfügung stehende Haushaltsmittel) würde schon allein durch die Beauftragung des Angebotes im hohen Maße überschritten. Er empfahl, das Verhandlungsverfahren wegen der Unwirtschaftlichkeit des einzigen vorliegenden, endverhandelten Angebotes des Bieters 1 (Antragstellerin) durch Aufhebung zu beenden.
Die Auftraggeberin schloss sich dem Vorschlag an und informierte die Antragstellerin mit Schreiben vom 14.06.2010, dass die Aufhebung gemäß § 26 Nr. 1c) VOB/A analog erfolge, da der angebotene Preis wesentlich über der angepassten Kostenberechnung liege, der Angebotsendpreis den freigegebenen Haushaltsmittelansatz für die ausgeschriebene Gesamtmaßnahme wesentlich übersteige und weitere Haushaltsmittel nicht vorhanden seien.
Mit Telefax vom 16.06.2010, eingegangen bei der Auftraggeberin am 17.06.2010, rügte die Antragstellerin die Aufhebung des Verhandlungsverfahrens. Sie sieht selbst bei einer Budgetüberschreitung von 10% keinen derart schwerwiegenden Grund, der eine Aufhebung rechtfertigen könne. Da sie ein ordnungsgemäßes Angebot eingereicht habe, komme eine Aufhebung nicht in Betracht. Sie bestreitet, dass die vom beauftragten Planer durchgeführten Umplanungen zu Kostensenkungen geführt haben. In dem Bietergespräch am 09.04.2010 sei unter TOP 7 eine mögliche Auftragssumme von xxxxxx EUR genannt. Es existiere also lediglich ein Differenzbetrag von xxxxxx EUR oder 3,2%. Außerdem sei ihr aus verschiedenen Veröffentlichungen bekannt, dass die Auftraggeberin von einem Gesamtbaukostenvolumen in Höhe von xxxxxx EUR ausgehe (Anm. der Vergabekammer : In den Veröffentlichungen ist die Rede von xxxxxx EUR). Der beauftragte Planer hätte eine Finanzierungslücke von vornherein noch vor der Ausschreibung erkennen müssen.
Nachdem der Bevollmächtigte der Auftraggeberin der Antragstellerin mitgeteilt und begründet hat, der Rüge nicht abhelfen zu wollen, beantragte die Antragstellerin mit Schreiben vom 09.07.2010, eingegangen bei der Vergabekammer per Telefax am gleichen Tage, die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Sie begründet Ihren Antrag unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Ausführungen in den o. g. Rügeschreiben. Auch aufgrund der eingeschränkten Akteneinsicht, die sie beanstandet, führt sie aus, dass aus ihrer Sicht keine Gründe für eine Aufhebung des Verhandlungsverfahrens vorlägen.
In den von der Vergabekammer am 27.07.2010, aufgrund der ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen (zusammengestellte Kostenberechnung des Projektplaners vom 26.02.2009) Kostengruppen 100 bis 800 = xxxxxx EUR Gesamtkosten netto, davon Leistungen für den Generalunternehmer in den Kostengruppen 300 und 400 = xxxxxx EUR netto insgesamt, beanstandet die Antragstellerin, dass bei den für sie als Generalunternehmer von der Auftraggeberin genannten Leistungen nicht alle Kostengruppen berücksichtigt worden seien, die sie bepreist habe. Sie habe auch Leistungen bepreist, die zu der Kostengruppe 500 - Außenanlagen - (xxxxxx EUR) und zu der Kostengruppe 700 - Baunebenkosten - (xxxxxx EUR) gehören. Würde man im Rahmen der Kostenberechnung nur diese Beträge für die Kostengruppen 500 und 700 in Ansatz bringen, ergäbe sich bereits ein Betrag von xxxxxx EUR (xxxxxx EUR + xxxxxx EUR + xxxxxx EUR), der zusätzlich zu berücksichtigen sei. Sie liege mit ihrem finalen Angebot (xxxxxx EUR) eindeutig unter dieser Summe.
Sie stellt ferner Abweichungen innerhalb der Kostenberechnungen/Kostenzusammenstellungen fest. Sie könne nicht nachvollziehen, ob die Kosten für die Generalunternehmerleistungen aus dem Betrag von xxxxxx EUR (lt. Kostenberechnung der Projektsteuerer vom 26.02.2009), aus dem Betrag von xxxxxx EUR (mit Planungsänderungen bis Nov. 2009) oder aus dem Betrag xxxxxx EUR (Gesamtpreis angepasst auf Preisindex 2008) errechnet worden seien. Sie vertritt ferner die Auffassung, dass eine "Anpassung auf den Preisindex 2008" keine Fortschreibung der Kostenberechnungen in den Kostengruppen 300 und 700 sei. Außerdem könne sie nicht nachvollziehen, warum in den Kostengruppen 400 und 500 für die Generalunternehmerleistungen ein Betrag vorgesehen sei, der wesentlich höher sei als in den Kostenberechnungen von Februar 2009 bzw. November 2009.
Einerseits sei in der von der Vergabekammer zusammengestellten Kostenberechnung vom 27.07.2009 keine Summe für den Generalunternehmer in der Kostengruppe 700 angesetzt worden und andererseits in einer anderen Zusammenstellung der Auftraggeberin lediglich xxxxxx EUR (zugehöriger Wert aus der Kostenberechnung/Budgetierung). Dieser Betrag sei jedoch unter Berücksichtigung des vom Generalunternehmer zu erbringenden Leistungsumfangs erheblich zu niedrig angesetzt worden. Realistischer sei der von ihr für diese Kostengruppe angesetzte Betrag in Höhe von xxxxxx EUR.
Aufgrund der ihr zur Verfügung stehenden Informationen aus der Tagespresse müsse sie davon ausgehen, dass der Auftraggeberin für die streitgegenständliche Baumaßnahme ein weitaus größerer Kostenrahmen zur Verfügung stehe als die Auftraggeberin zugestehe. Die von der Auftraggeberin taxierten Baukosten seien mit xxxxxx EUR angegeben worden. Ihr Angebot im Verhandlungsverfahren liege mit xxxxxx EUR weit unter den von der Auftraggeberin geschätzten Baukosten.
Zwar könne eine Aufhebung der Ausschreibung damit begründet werden, dass ein Auftraggeber unter Berücksichtigung sämtlicher eingegangener Angebote über keinen ausreichenden Finanzrahmen mehr verfüge, um das Bauvorhaben wie ursprünglich geplant durchzuführen, die Ausschreibung zu keinem wirtschaftlichen Ergebnis geführt habe. Diese Voraussetzungen lägen jedoch nicht vor, da ein weitaus größerer Kostenrahmen und damit ein ausreichender Finanzrahmen zur Verfügung stehen.
Darüber hinaus sei für die Frage, ob die Aufhebungsentscheidung rechtmäßig sei, ausschlaggebend, ob die von der Auftraggeberin behaupteten Wirtschaftlichkeitsüberlegungen auf einer ordnungsgemäß und vertretbar ermittelten Kostengrundlage beruhen würden. Die Antragstellerin geht davon aus, dass die von der Auftraggeberin behauptete Kostenberechnung nicht ordnungsgemäß sei, also auf unrichtigen Daten beruhe, wichtige Aspekte außer acht lasse, den von den Bietern auf der Grundlage der Ausschreibung geschuldeten Leistungsumfang nicht zutreffend berücksichtige oder aber auch pauschal und ungeprüft Werte übernommen habe, die auf anderen Kalkulationsgrundlagen beruhen würden. Um im Detail ihre Annahme begründen zu können, reiche jedoch die ihr von der Vergabekammer gewährte eingeschränkte Akteneinsicht nicht aus.
Unabhängig hiervon sei die Auftraggeberin verpflichtet, der Ausschreibung eine zeitnahe Kostenberechnung zu Grunde zu legen, die alle bereits erkennbaren Daten in einer der Materie angemessenen und methodisch vertretbaren Weise unter Berücksichtigung vorhersehbarer Kostenentwicklungen beinhalte. Nach ihren Erfahrungen hätten die Baukosten auch in der Zeit vom Frühjahr 2009 bis zum März 2010 erhebliche Steigerungen erfahren. Sie müsse davon ausgehen, dass diese Preissteigerungen bei der Kostenberechnung nicht berücksichtigt worden seien, daher die Kostenberechnung nicht ordnungsgemäß sei und nicht zur Rechtfertigung der Aufhebungsentscheidung herangezogen werden könne. Die Auftraggeberin könne daher auch nicht ihre Kostenberechnung zur Begründung heranziehen, dass ihr Angebot unwirtschaftlich ist, da es 6,9% bzw. 16% über der Kostenberechnung liege. Sie könne auch nicht nachvollziehen, warum eine Steigerung des Baupreisindexes nicht bei der Kostenberechnung berücksichtigt worden sei. Zwar habe die Kostensteigerung für gewerbliche Betriebsgebäude in der Zeit vom 1. Quartal 2009 bis zum 2. Quartal 2010 nur 0,7%, in absoluten Zahlen jedoch xxxxxx EUR, betragen. Aus ihrer Sicht sei es nicht nachvollziehbar, warum die Auftraggeberin diese Preissteigerungsrate nicht in Ansatz gebracht habe.
Sie gehe auch davon aus, dass der Projektsteuerer in der Kostenberechnung eine Vielzahl von Risiken, die vom Generalunternehmer zu übernehmen seien, wie z.B. die "Komplettheitsklausel", nicht berücksichtigt habe. Sie könne auch nicht die zu erwartenden Zusatzkosten und Rückstellungen (in Höhe von xxxxxx EUR) nachvollziehen, die der Auftraggeberin angeblich entstehen würden, wenn sie auf ihr finales Angebot (in Höhe von xxxxxx EUR) den Zuschlag erteile.
Ferner vertritt die Antragstellerin die Auffassung, dass selbst bei einer ordnungsgemäßen Kostenberechnung die Überschreitung keine Aufhebung aus wirtschaftlichen Gründen rechtfertige. Da ihr Angebot die Kostenberechnung weder deutlich noch wesentlich überschreite, lägen keine Gründe für eine rechtmäßige Aufhebung vor.
Sie weist darauf hin, dass bei einer so komplexen Baumaßnahme, wie der kompletten Erstellung eines Freizeit- und Erlebnisbades, Schwankungen des Angebotspreises im Vergleich zur Kostenberechnung unumgänglich seien. Allein die Überschreitung der Kostenberechnung um einen gewissen Prozentsatz bedeute nicht zwangsläufig, dass das Ergebnis des Vergabeverfahrens unwirtschaftlich sei.
Die Antragstellerin bestreitet auch, dass die von der Auftraggeberin angesetzten Baunebenkostenanteile für den Generalunternehmer in Höhe von xxxxxx EUR zutreffend seien. Einer von ihr als Anlage AST 12 beigefügten Tabelle sei zu entnehmen, dass bei ihr Planungskosten in Höhe von xxxxxx EUR und sonstige Kosten in Höhe von xxxxxx EUR, insgesamt xxxxxx EUR, anfallen würden.
Es könne auch nicht auf die mit der Auftragserteilung unmittelbar verbundenen Zusatzkosten abgestellt werden. Es möge sein, dass für die Auftraggeberin die finanzielle Belastung ein wesentliches Vergabekriterium ist, sie habe jedoch versäumt dieses bekannt zu geben. Ferner bestreitet die Antragstellerin, dass die mit der Auftragserteilung unmittelbar verbundenen Zusatzkosten der Auftraggeberin mehr als 20% betragen. Im Übrigen könne die Auftraggeberin im Haushalt eingeplante Kostenansätze nach haushaltsrechtlichen Bestimmungen durchaus revidieren und anpassen.
Die Antragstellerin weist ferner darauf hin, dass der Projektsteuerer auf Seite 17 seiner Kostenberechnung vom 26.02.2010 einen Betrag in Höhe von xxxxxx EUR für die Wirtschaftlichkeitsberechnung zu Grunde gelegt habe, der die Summe in ihrem finalen Angebot (xxxxxx EUR) deutlich überschreite.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
die Aufhebung der Ausschreibung der Baumaßnahme "Neubau eines Freizeit- und Erlebnisbades xxxxxx", Vergabe Nr. xxxxxx (Verhandlungsverfahren) aufzuheben;
- 2.
die Antragsgegnerin zu verpflichten, das unter Ziffer 1 genannte Vergabeverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer fortzusetzen;
- 3.
der Antragsgegnerin zu untersagen, die Baumaßnahme "Neubau eines Freizeit- und Erlebnisbades (xxxxxx)" in einem offenen Verfahren neu auszuschreiben;
- 4.
der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschl. der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin aufzuerlegen;
- 5.
festzustellen, dass die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin notwendig war;
- 6.
der Antragstellerin Akteneinsicht in die Vergabeakten der Antragsgegnerin zu gewähren;
- 7.
der Antragstellerin umfassende Akteneinsicht in die Kostenberechnungen der Antragsgegnerin einschließlich sämtlicher Fortschreibungen/Überarbeitungen der Kostenberechnungen zu gewähren.
Mit Schriftsatz vom 01.09.2010 beantragt die Antragstellerin ferner die Zustellung des Schriftsatzes der Antragsgegnerin vom 18.08.2010 an die Antragstellerin.
Die Auftraggeberin beantragt:
- 1.
die Anträge der Antragstellerin werden zurückgewiesen;
- 2.
die Antragstellerin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens einschl. der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin;
- 3.
die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin wird für notwendig erklärt.
Die Auftraggeberin tritt den Behauptungen und Rechtsauffassungen der Antragstellerin entgegen.
Zunächst erläutert sie die Planung des Bauvorhabens seit 2004. Sie habe dabei die Kostenplanung mit anderen aktuellen Bäderbauten verglichen und fortgeschrieben. Die kalkulierten Gesamtinvestitionskosten beliefen sich im Februar 2009 auf xxxxxx EUR netto. Von diesen Kosten entfielen insgesamt ca. xxxxxx EUR auf die hier streitigen Bauleistungen. Der von der Antragstellerin im Verhandlungsverfahren angebotene finale Angebotsendpreis belief sich auf xxxxxx EUR und lag damit erheblich über der Kostenrechnung.
Sie hält den Nachprüfungsantrag bereits für unzulässig, da die Antragstellerin den von ihr geltend gemachten Vergaberechtsverstoß nicht rechtzeitig gerügt habe. Soweit die Antragstellerin eine Aufhebung des Verhandlungsverfahrens wegen Unwirtschaftlichkeit als nicht vergaberechtskonform rüge, da aus ihrer Sicht ausreichend Finanzmittel zur Verfügung ständen, habe sie auch die Aufhebung des Nichtoffenen Vergabeverfahrens im März 2010 rügen müssen bzw. die Vergaberechtswidrigkeit auch dieser Aufhebung zumindest im Verfahren VgK - 19/2010 geltend machen müssen. Sie weist dabei darauf hin, dass das Angebot der Antragstellerin mit einer Angebotssumme von xxxxxx EUR netto endete.
Ihrer Auffassung nach habe die Antragstellerin keine substantiierte Darlegung ihres Rechtsschutzinteresses dargelegt. Sie habe nur Behauptungen aufgestellt und die angebliche Fehlerhaftigkeit der Kostenberechnung nicht belegt. Konkrete, tatsächliche Anhaltspunkte, die es als wahrscheinlich und möglich erscheinen lassen, dass die Kostenberechnung fehlerhaft gewesen sein könne, seien nicht vorgetragen worden.
Würde der Antragstellerin, wie gefordert, eine erweiterte Akteneinsicht in ihre Berechnungen gewährt werden, befürchtet die Auftraggeberin, dass die Wettbewerbsbedingungen in dem geplanten offenen Verfahren wiederum verfälscht werden würden. Bieter, die genaue Kenntnis von der Kostenberechnung hätten, würden ihr Angebot nicht nach den Marktverhältnissen kalkulieren, sondern sich an der Kalkulation der Auftraggeberin orientieren. Dass dies zu unwirtschaftlichen Ergebnissen führen könne, habe das aufgehoben Nichtoffene Verfahren gezeigt.
Soweit der Nachprüfungsantrag nicht unzulässig ist, sei er jedoch unbegründet. Das finale Angebot der Antragstellerin übersteige ihre ursprüngliche Kostenberechnung bereits um ca. xxxxxx EUR. Es sei dabei zu berücksichtigen, dass die in dem Verhandlungsverfahren vorgenommenen Leistungs- und Qualitätsreduzierungen in einer fortgeschriebenen Kostenberechnung zu einem angepassten Wert in Höhe von xxxxxx EUR geführt hätten. Insoweit überschreite das Angebot ihre Kostenplanung um 17,0%. Hinzu käme allerdings, dass die im Verhandlungsverfahren vorgenommenen Leistungsänderungen Zusatzkosten und Rückstellungen verursache, die mit ca. xxxxxx EUR zu Buche schlagen. Diese Summe müsse auf die finale Angebotssumme der Antragstellerin aufgeschlagen werden, sodass sich eine Angebotssumme in Höhe von xxxxxx EUR (xxxxxx EUR + xxxxxx EUR) ergebe. Damit würde das finale Angebot die Kostenberechnung um xxxxxx EUR oder 24,6% (xxxxxx EUR - xxxxxx EUR) überschreiten. Hinzu komme, dass die insgesamt für das Projekt zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel in Höhe von xxxxxx EUR neben den reinen Baukosten auch die Nebenkosten des Neubaues sowie weitere Maßnahmen zur Realisierung des Projekts mit xxxxxx EUR einzuplanen seien. Eine Überschreitung der reinen Baukosten (xxxxxx EUR + xxxxxx EUR = xxxxxx EUR) könne nicht durch Einsparungen oder Umschichtungen an anderer Stelle kompensiert werden.
Soweit die Antragstellerin meine, dass keine schwer wiegenden Gründe für eine Aufhebung vorlägen, berücksichtige diese nicht, dass der § 26 Nr. 1 VOB/A explizit nur für "Ausschreibungen" gelte und nicht für Vergabeverfahren allgemein, hier: Verhandlungsverfahren. Dabei sei zu beachten, dass die Antragstellerin für das Verhandlungsverfahren gerade kein neues Angebot ausarbeiten musste, sondern ihr bereits eingereichtes Angebot zum Gegenstand der Verhandlungen machen konnte. Einen irgendwie gearteten Vertrauensschutz in Bezug auf die Möglichkeit zur Amortisierung ihres Angebotserstellungsaufwandes besitze die Antragstellerin nicht. Sie hätte vielmehr schon mit der Aufhebung des Nichtoffenen Verfahrens das Vergabeverfahren insgesamt beenden können. Sie habe jedoch mit der Durchführung des Verhandlungsverfahrens ein - aus damaliger Sicht - milderes Mittel gewählt und versucht, die Ergebnisse des Nichtoffenen Verfahrens zu verwerten. Die Antragstellerin könne hieraus kein schutzwürdiges Vertrauen ziehen.
Unabhängig von der vorstehenden Auffassung hinsichtlich der Nichtanwendbarkeit des § 26 Nr. 1 VOB/A seien die darin enthaltenen Voraussetzungen für die Aufhebung gleichsam doch erfüllt. Selbst bei einer verbindlichen - oder ggf. auch nur analogen - Anwendung oder Übertragung der Anforderungen des § 26 Nr. 1 VOB/A habe sie diese Anforderung eingehalten. Würde sie trotz einer sorgfältig erstellten Kostenermittlung verpflichtet werden, den Zuschlag auf ein Angebot zu erteilen, das kostenmäßig erheblich über den von ihr veranschlagten KostenanSatz 1iege, würde das Gebot der sparsamen Wirtschaftsführung unterlaufen werden.
Soweit die Antragstellerin behaupte, dass die von der Auftraggeberin aufgestellte Kostenberechnung nicht richtig und sachgemäß sei, habe diese einerseits ihre Zweifel nicht begründet und andererseits nicht berücksichtigt, dass die Kosten für den Neubau des Freizeit- und Erlebnisbades ein hochrangiges Politikum sei. Der Kostenaspekt habe das gesamte Projekt von Anfang an begleitet. Während der gesamten Planungsphase sei die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens immer genauer untersucht und immer wieder überprüft worden.
Sie habe in einer der Materie angemessenen und methodisch vertretbaren Weise unter Berücksichtigung vorhersehbarer Kostenentwicklungen ihre Kostenberechnung aufgestellt. Zu beachten sei weiter, dass eine Kostenberechnung im Vorfeld eines Vergabeverfahrens allenfalls eine Kostenprognose sein könne, und als solche notwendigerweise Schätzungen beinhalten müsse. Insoweit sei eine Kostenberechnung im Vorfeld des Vergabeverfahrens mit Unsicherheiten und Unwägbarkeiten behaftet und könne daher nicht mit den Maßstäben einer Angebotskalkulation gemessen werden.
Soweit die Antragstellerin unterstelle, dass die Kostenberechnung nicht zeitnah vor der Aufforderung zum Teilnahmewettbewerb in März 2010 aufgestellt wurde, weist sie darauf hin, dass sie vor Beginn des Nichtoffenen Verfahrens im August 2009 ihre Kostenberechnung überarbeitet habe. Ferner führt sie aus, das der deutschlandweite Baukostenindex des Statistischen Bundesamtes im ersten Quartal 2010 im Vergleich zum ersten Quartal 2009 nur 0,2% höher lag. "In der hier einschlägigen Kategorie "Nichtwohngebäude", Unterkategorie "Gewerbliche Betriebsgebäude" sei der Baupreisindex sogar um -0,2% gefallen.
Auch die Behauptung der Antragstellerin, sie habe ihr Angebot den Marktverhältnissen entsprechend kalkuliert, bestreitet die Auftraggeberin und weist darauf hin, dass das Angebot der Antragstellerin bereits im Nichtoffenen Verfahren erhebliche und zum Teil nicht plausible Schwankungen sowohl im Vergleich zur Kostenberechnung als auch im Vergleich zum Angebot der aus anderen Gründen ausgeschlossenen Bietergemeinschaft aufweise. Es sei dabei auffällig, dass die Antragstellerin bei einzelnen Gewerken einen um 26% bis 53% höheren Preis als die Bietergemeinschaft angeboten habe, deren Kosten sich bei diesen Losen auf dem Niveau der Kostenberechnung bewegen würden. Auch sonst habe es aus ihrer Sicht unerklärliche Schwankungen der Kalkulationsansätze im Angebot der Antragstellerin sowohl im Vergleich zur Kostenberechnung als auch zum Angebot der Bietergemeinschaft gegeben. Das Angebot der Antragstellerin tauge daher nicht, die Sach- und Angemessenheit der der Kostenberechnung in Frage zu stellen.
Soweit die Antragstellerin darlege, dass sie als Generalunternehmer auch Leistungen der Kostengruppe 500 - Außenanlagen - berücksichtigt habe, weist die Auftraggeberin darauf hin, dass sie noch vor Versendung der Vergabeunterlagen entschieden habe, die Leistungen aus der Kostengruppe 500 - Außenanlagen - nicht gesondert zu vergeben. Diese Leistungen seien in dem zu vergebenden Generalunternehmerleistungen enthalten. Die für die Generalunternehmerleistungen eingeplanten Kosten hätten sich somit (von xxxxxx EUR um xxxxxx EUR) auf xxxxxx EUR erhöht. Es handele sich dabei um eine Verschiebung innerhalb des endgültigen Budgets von xxxxxx EUR. Insoweit habe sie bei den Generalunternehmerleistungen in der Kostengruppe 500 - Außenanlagen - xxxxxx EUR (Differenz zwischen den beiden Summen: xxxxxx EUR) angesetzt. Diese Differenzsumme ergibt sich laut Schreiben der Auftraggeberin vom 19./20.08.2010, Seite 3 aus den Leistungen, die in der Kostengruppe 300 abgezogen wurden und zusätzlichen Leistungen, die nunmehr in der Kostengruppe 500 enthalten seien.
In der Kostengruppe 600 - Ausstattung und Kunstwerke - seien keine Generalunternehmerleistungen enthalten.
Auch bei der Kostengruppe 700 - Baunebenkosten - könne sie nicht nachvollziehen, welche Leistungen im Wert von xxxxxx EUR die Antragstellerin als Generalunternehmer erbringe, die dieser Kostengruppe zuzurechnen seien. Immerhin würde die Antragstellerin bei einer Zuschlagserteilung eine vollständige Ausführungsplanung erhalten. Sie habe bei der Kostenberechnung in der Kostengruppe 700 - Baunebenkosten - daher für die Generalunternehmerleistungen, insbesondere Kalkulation und Bauleitung, einen Wert von xxxxxx EUR angesetzt. Es sei allerdings hinzuzufügen, dass weiterhin ein Aufschlag für die Generalunternehmerleistungen in den Berechnungsansätzen der Kostengruppen 200 bis 500 enthalten sei.
Soweit die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 06.09.2010 auf einen unklaren Betrag in Höhe von xxxxxx EUR Bezug nimmt, weist die Auftraggeberin darauf hin, dass es sich bei diesem Betrag um einen Platzhalter zum Zwecke der Plausibilitätsprüfung handelt. Hintergrund sei, dass das Projekt zum Zeitpunkt der Kostenberechnung bereits aus verschiedenen Gründen mehrfach umgeplant worden sei. Dies hätte erhebliche Nebenkosten zur Folge gehabt, die die Gesamtkosten gegenüber vergleichbaren Projekten verteuern würden. Der beauftragte Projektsteuerer habe diesen Weg gewählt, um auf einem zweiten Rechenweg die Plausibilität der Wirtschaftlichkeitsberechnung anhand von Erfahrungssätzen und Kostenkennzahlen aus vergleichbaren Bäderbauten nachvollziehen zu können. Der Wert stehe in keinem Zusammenhang zu den in der Kostenberechnung enthaltenen Beträgen oder den streitgegenständigen Beträgen.
Das Verhandlungsverfahren habe zu dem Ergebnis geführt, dass das einzige verbliebene endverhandelte Angebot der Antragstellerin unwirtschaftlich sei, da es die geplanten Kosten und die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel erheblich übersteige. Ob ein Vergabeverfahren aufgehoben werde, stehe in ihrem Ermessen. Sie habe die von der Antragstellerin im Rahmen der Verhandlungen angebotenen Leistungs- und Qualitätsreduzierungen bewertet und in die ursprüngliche Kostenberechnung eingestellt. Der sich ergebende Minderbetrag sei in der fortgeschriebenen Kostenplanung dem Ergebnis des Vergabeverfahrens gegenüber gestellt worden. Dabei ergab sich die eingangs erwähnte Differenz von insgesamt 24,8%. Eine Kostensteigerung in dieser Höhe würde u.a. den Bezug zu den Wirtschaftlichkeitsüberlegungen verlieren, die seinerzeit zur Entscheidung für einen Neubau geführt haben. Hinzu komme, dass sie für diese erhebliche Überschreitung der Kostenberechnung nicht ausreichend Haushaltsmittel zur Realisierung des Vorhabens zur Verfügung habe.
Sie beabsichtige daher, das Projekt einschneidend neu zu planen und an verschiedenen Stellen Kosten senkend zu verändern. Ferner plane sie, die Leistungen losweise zu vergeben. Von dieser Maßnahme verspricht sich die Auftraggeberin nach eigenen Angaben erhebliche Einspareffekte.
Die Vergabekammer hat mit Verfügung der Vorsitzenden vom 12.08.2010 gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist hinaus bis zum 01.10.2010 verlängert.
Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, das Protokoll der mündlichen Verhandlung und die Vergabeakte Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin wird durch die Entscheidung der Auftraggeberin, das Verhandlungsverfahren aufzuheben, nicht in ihren Rechten gemäß §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt. Die Auftraggeberin hat in nicht zu beanstandender Weise von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht und das Verhandlungsverfahren gemäß § 26 Nr. 1 c) VOB/A analog aus anderen schwerwiegenden Gründen aufgehoben, weil die Ausschreibung kein wirtschaftliches Ergebnis gehabt hat.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Auftraggeberin handelt es sich um die xxxxxx, eine 100%ige Tochter der Stadt xxxxxx und damit um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. Der streitbefangene Auftragswert übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den streitgegenständlichen Leistungen handelt es sich um den Neubau eines Freizeit- und Erlebnisbades. Es handelt sich damit um einen Bauauftrag im Sinne von § 1 VOB/A. Für Bauleistungen gilt gemäß § 2 Nr. 4 VgV in der für dieses Vergabeverfahren geltenden Fassung ein Schwellenwert von 4.845.000 EUR netto. Dieser Schwellenwert wird vorliegend ausweislich der in der Vergabeakte dokumentierten finalen Angebotssumme der Antragstellerin von xxxxxx EUR netto deutlich überschritten.
Die Antragstellerin ist auch gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterunternehmen im Vergabeverfahren ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie die Auffassung vertritt, die Auftraggeberin habe das lediglich mit der Antragstellerin geführte Verhandlungsverfahren zu Unrecht aufgehoben. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen ein durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt, das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Auflage, § 107 GWB, Rdnr. 954). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat zumindest schlüssig vorgetragen, die Auftraggeberin habe eine fehlerhafte Kostenberechnung zugrunde gelegt und behauptet, es ständen nicht lediglich xxxxxx EUR für die Generalunternehmerleistungen zur Verfügung. Zudem bedeute eine Überschreitung des Budgets von lediglich 7% keinen Aufhebungsgrund.
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer die behaupteten Verstöße gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber der Auftraggeberin unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Voraussetzung ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne von § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt, und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden, vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2002, Az.: Verg 9/00.
Dabei teilt die Vergabekammer die Auffassung der Auftraggeberin, dass die in Deutschland geltende Präklusionsregel des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteile vom 28.01.2010 in den Rechtssachen C-406/08 und C-456/08) nach wie vor grundsätzlich anwendbar ist. Aus den o. g. Entscheidungen des EuGH, der sich mit der Rechtswirksamkeit von Präklusionsregeln in irischen und englischen Vorschriften befasst hat, kann nicht der Rückschluss auf eine Europarechtswidrigkeit des§ 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB gezogen werden. Die Regelung des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB ist nicht mit den vom EuGH in den o. g. Urteilen entschiedenen Sachverhalten bzw. Normen identisch oder vergleichbar. Zwar sehen die der Entscheidung des EuGH zugrundeliegenden Regelungen vor, dass ein Nachprüfungsantrag unzulässig ist, wenn das Verfahren nicht unverzüglich eingeleitet wird. Insofern ging es auch dort um die Bestimmtheit des Unverzüglichkeitsbegriffs. Im Gegensatz zum irischen Recht und zum britischen Recht regelt § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB jedoch nicht die Ausschlussfrist für das Nachprüfungsverfahren selbst, sondern nur die Anforderungen an die Rügeobliegenheit als Zulässigkeitsvoraussetzung und damit, ob die Zulässigkeitsvoraussetzung vorliegt oder nicht. Entscheidend aber ist, dass der Begriff der Unverzüglichkeit im deutschen Recht eindeutig definiert ist, nämlich als "ohne schuldhaftes Zögern" im Sinne des§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB, was zu dem aufgrund einer ausgeprägten Rechtsprechung zu § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB bzw. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB a.F. auch für das Vergaberecht weitergehend konkretisiert worden ist (vgl. 1. VK Bund, Beschluss vom 05.03.2010, Az.: VK1-16/10).
Die Frage, ob eine Rüge noch unverzüglich nach positiver Kenntniserlangung erfolgt, hängt vom Einzelfall ab. Nach der Rechtsprechung muss die Rüge angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich innerhalb von 1 bis 3 Tagen erfolgen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, Az.: 1 Verg 4/04; Bechtholt, GWB, § 107, Rdnr. 2). Auch bei einer ggf. notwendigen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erfüllt ein Rügezeitraum von mehr als einer Woche das Zeitkriterium des § 107 Abs. 3 GWB zumindest regelmäßig nicht (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 11.09.2006, Az.: WVerg 13/06). Eine Rügefrist von zwei Wochen, die in der Rechtsprechung als Obergrenze anerkannt wird (vgl. OLG Düsseldorf, NZBau2000, S. 45 ff. [OLG Düsseldorf 13.04.1999 - Verg 1/99]), kann einem Bieterunternehmen allenfalls dann zugestanden werden, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sach- und/oder Rechtlage erschwert wird und die Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe erfordert. Die Antragstellerin hat mit den per Fax abgesendeten Informationsschreiben vom 14.06.2010 Kenntnis von der Entscheidung der Auftraggeberin, das Verhandlungsverfahren aufzuheben, und ihrer Begründung erhalten. Die Auftraggeberin informierte die Antragstellerin, dass sie gemäß § 26 Nr. 1c VOB/A analog aus schwerwiegenden Gründen, zu denen auch wirtschaftliche Gründe gehören, das Verhandlungsverfahren aufhebe. Es sei kein wirtschaftliches Ergebnis erzielt worden, da der von der Antragstellerin angebotene Preis wesentlich über der angepassten Kostenberechnung liegen würde. Der Angebotsendpreis übersteige den freigegebenen Haushaltsmittelansatz für die ausgeschriebene Gesamtmaßnahme wesentlich, weitere Haushaltsmittel seien nicht vorhanden. Mit Schreiben vom 16.06.2010, per Fax übersandt am 17.06.2010, also bereits 3 Tage danach, rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Aufhebung des Verhandlungsverfahrens. Dabei äußerte die Antragstellerin im Hinblick auf die Begründung in der Information Zweifel an der von der Auftraggeberin vorgetragenen Budgetüberschreitung und führte aus, dass selbst bei einer Budgetüberschreitung von 10% kein schwerwiegender Grund gegeben wäre. Ohne Kenntnis von der Kostenberechnung sei eine rechtmäßige Ausübung des Aufhebungsermessen nicht nachvollziehbar. Immerhin sei ein Gesamtbaukostenvolumen von xxxxxx. Euro netto veröffentlicht. Auch sei die Aufgabe der Vergabeabsicht nicht gegeben. Die innerhalb von 3 Tagen nach Erhalt des Informationsschreibens gegenüber der Auftraggeberin erhobene Rüge ist unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB erfolgt. Nach Auffassung der Vergabekammer ist die Antragstellerin nicht deshalb mit ihrem Vorbringen präkludiert, weil sie die Aufhebung des Nichtoffenes Verfahrens nicht gerügt hat. Das Verhandlungsverfahren ist ein neues Vergabeverfahren, das formal getrennt zu betrachten ist, für sich den Anforderungen des Vergaberechts genügen muss.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. Die Antragstellerin ist durch die Entscheidung der Auftraggeberin, das Verhandlungsverfahren aufzuheben, nicht in ihren Rechten i. S. der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt.
Denn die Auftraggeberin hat in vergaberechtlich nicht zu beanstandender Weise von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht und die Ausschreibung gemäß § 26 Nr. 1c) VOB/A analog aus anderen schwerwiegenden Gründen aufgehoben, weil die Ausschreibung kein wirtschaftliches Ergebnis gehabt hat.
Nach 26 Nr. 1c) VOB/A - dessen Anwendbarkeit im Verhandlungsverfahren vorausgesetzt - kann die Ausschreibung "aus anderen schwerwiegenden Gründen" aufgehoben werden. Dies gilt unter anderem, wenn die Ausschreibung kein wirtschaftliches Ergebnis gehabt hat. Die Aufhebung eines Vergabeverfahrens ist eine von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbare Ermessensentscheidung (VK Nordbayern, Beschluss vom 27.06.2008, 21 VK-3194-23/08; OLG Celle, Beschluss vom 10.06.2010 - 13 Verg 18/09). In vollem Umfang überprüfbar sind lediglich die Voraussetzungen, von denen § 26 Nr.1 VOB/A die Aufhebung abhängig macht.
Die Auftraggeberin hatte § 26 Nr. 1c) VOB/A als Maßstab für ihre Aufhebungsentscheidung gewählt, um unabhängig von der Frage der Anwendbarkeit jedenfalls dem Vergaberecht entsprechend zu handeln. Damit hat sie sich im Wege der Selbstbindung an die Voraussetzungen der Vorschrift gebunden, wobei sie aber sowohl bei der Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "anderen schwerwiegenden Gründen" als auch im Rahmen ihrer Ermessensausübung durchaus den Besonderheiten des Verhandlungsverfahrens Rechnung tragen durfte.
Wie der Antragstellerin aus der Information der Auftraggeberin vom 23.03.2010 bekannt ist, hatte das Nichtoffene Vergabeverfahren kein wirtschaftliches Ergebnis gebracht. Es wurde daher in Anbetracht der vorgenommenen Kostenschätzung und der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel aufgehoben. Nur mit der Antragstellerin wurde ein Verhandlungsverfahren durchgeführt. Die geführten Verhandlungen ergaben laut einer E-Mail der Antragstellerin an die Auftraggeberin vom 14.04.2010 eine letztmalig angebotene Kostenreduzierung für die von ihr zu erbringenden Leistungen auf xxxxxx EUR (netto).
Der verantwortliche Projektsteuerer der Auftraggeberin hatte laut Kostenverfolgung (Stand 19.01.2010), xxxxxx EUR für die Generalunternehmer-Leistungen insgesamt ermittelt.
Angesichts der immer noch zu verzeichnenden Überschreitung des Budgets um ca. xxxxxx EUR hat die Auftraggeberin ohne Ermessensfehler entschieden, auch das Verhandlungsverfahren aufzuheben. Ein Betrag von xxxxxx EUR sind im Haushalt einer Kommune von 241.930 Einwohnern (Stand 31.12.2009) eine beträchtliche Summe, die angesichts der allgemein bekannten Situation der öffentlichen Haushalte keinesfalls vernachlässigt werden kann. Es ist im Gegenteil so, dass die öffentlichen Haushalte bis ins letzte Detail ausgereizt werden. Keinesfalls kann mit der Auffassung der Antragstellerin davon ausgegangen werden, dass eine Überschreitung des Budgets von mindestens 50% vorliegen müsse, um eine Aufhebung überhaupt rechtfertigen zu können. Die von der Antragstellerin zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 13.12.2006, Az.: VII-Verg 54/06) bezieht sich auf einen anders zu beurteilenden Einzelfall, der im Offenen Verfahren ausgeschrieben war und bei dem es zudem um eine gesetzlich festgelegte Pflichtaufgabe der öffentlichen Hand geht. "Andere schwerwiegende Gründe" sind im Nichtoffenen und im Verhandlungsverfahren nicht identisch zu beurteilen, denn es geht um verschiedene Verfahren und dementsprechend ist der unbestimmte Rechtsbegriff auszufüllen. Die Auftraggeberin hat während des gesamten Ausschreibungsverfahrens auf die Einhaltung ihres Budgets bestanden. Dies zieht sich wie ein "roter Faden" durch die Vergabeakte.
Unter § 26 Nr. 1 c) VOB/A bzw. VOL/A ist nämlich ohne weiteres auch der Fall zu subsumieren, dass selbst das Mindestangebot für zu hoch befunden wird (VK Südbayern, B. v. 21.8.2003 - Az.: 32-07/03).
Die dem öffentlichen Auftraggeber insoweit gegebene Aufhebungsmöglichkeit leitet sich aus dem für die öffentliche Hand geltenden Gebot sparsamer Wirtschaftsführung ab. Hierzu stünde es im Widerspruch, wenn ein Auftraggeber trotz einer mit der gebotenen Sorgfalt ermittelten Kostenschätzung verpflichtet würde, den Zuschlag auf ein Angebot zu erteilen, dass den von ihm veranschlagten Kostenrahmen erheblich übersteigt. Zweck des Vergaberechts ist es, dem Auftraggeber in einem solchen Fall die Möglichkeit einzuräumen, eine Ausschreibung vorzeitig zu beenden, um so der öffentlichen Hand eine sparsame Verwendung der ihr anvertrauten Mittel zu ermöglichen. Mit diesem Zweck wäre es unvereinbar, wenn in jedem eingeleiteten Vergabeverfahren auch ein Zuschlag erteilt werden müsste. Auch der Bieter, der im Rahmen einer Ausschreibung das annehmbarste Angebot abgegeben hat, hat deshalb nicht von vornherein Anlass, darauf zu vertrauen, dass ihm der ausgeschriebene Auftrag erteilt wird (VK Berlin, B. v. 05.11.2009 - Az.: VK - B 2 - 35/09; 1. VK Bund, B. v. 11.06.2008 - Az.: VK 1 - 63/08; B. v. 17.01.2008 - Az.: VK 1 - 152/07).
Insoweit liegt das finale Angebot der Antragstellerin erheblich, nämlich ca. xxxxxx EUR, d.h. 7%, über der Kostenberechnung des Projektsteuerers und den zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel für die Kostengruppen 300 bis 500 und Teile der Kostengruppen 200 und 700. Dabei kann zunächst dahingestellt bleiben, um wie viel sich die Angebotssumme des finalen Angebotes durch zusätzlich entstehende Kosten, insbesondere Folgekosten, erhöht. Jedenfalls ermöglicht es eine Überschreitung des Budgets um beträchtliche xxxxxx Euro das Verhandlungsverfahren mangels wirtschaftlichen Ergebnisses aufzuheben. Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht darauf an, dass es sich um eine Überschreitung von "nur" 7% handelt.
Hinzu kam, dass sich durch die Änderungen des Bausolls im Verhandlungsverfahren eine erhebliche Abweichung zur ursprünglichen Kostenberechnung der Auftraggeberin ergab. Die Auftraggeberin hatte laut Kostenverfolgung (Stand 19.01.2010) xxxxxx EUR für die Generalunternehmerleistungen berechnet, die nunmehr zur Kostensenkung Leistungsreduzierungen erfuhren. Der angepasste Wert der Kostenberechnung der Auftraggeberin beträgt xxxxxx EUR netto. Die Abweichung des Angebotes der Antragstellerin zum Bausoll beträgt demnach xxxxxx EUR netto, das entspricht 18,9%.
Des Weiteren stellte die Auftraggeberin Berechnungen zu Folgekosten an. Notwendige Umplanungen durch die vorgenommenen Veränderungen und Absenkungen von Standards bedeuteten zusätzliche Honorarforderungen z.B. der Planer für Architektur, Haustechnik und Tragwerksplanung, sowie u.a. Kosten für Anpassung von Gutachten und etwaige weitere Nachträge für Unvorhergesehenes in Höhe von ca. 5% des Auftragswertes, so dass sich eine Überschreitung der ursprünglichen Kostenplanung von fast 25% ergibt.
Soweit die Antragstellerin vorträgt, dass sie mehr Leistungen anbiete, als in den Generalunternehmerleistungen gefordert, ist dies ohne Bedeutung. Aus den "Allgemeinen Vorbemerkungen, Vertragsbedingungen" ergibt sich unter Ziffer 2 f) ausdrücklich und unmissverständlich, welche Leistungen nicht in den Generalunternehmerleistungen enthalten waren.
Es ist vergaberechtlich auch nicht zu beanstanden, dass die Auftraggeberin isoliert auf das für die Generalunternehmerleistungen bereitgestellte Budget abstellt, und nicht auf das Gesamtbaukostenvolumen von xxxxxx Euro netto. Gegenstand des Ausschreibungsverfahrens sind lediglich die Generalunternehmerleistungen, so dass auch nur auf deren Budget abgestellt werden kann. Hier liegt es völlig anders, als bei einer in Lose aufgeteilten Ausschreibung, bei der das Gesamtbudget maßgeblich ist. Die Auftraggeberin musste sogar auf die Generalunternehmerleistungen als Gegenstand der Ausschreibung abstellen. Zudem ist es für alle Beteiligten aus den eben zitierten "Allgemeinen Vorbemerkungen, Vertragsbedingungen" offensichtlich, dass für die Baunebenkosten, Pfahlgründung, u.a., ebenfalls die veranschlagten Haushaltsmittel zur Verfügung stehen müssen. Die Antragstellerin kann daher nicht die Fortführung des Verhandlungsverfahrens u.a. mit der Begründung fordern, dass nach der Veröffentlichung des Finanz- und Personalausschusses der Stadt xxxxxx zur öffentlichen Sitzung vom 16.03.2010 die Auftraggeberin für die Baumaßnahme mit xxxxxx EUR plus Grunderwerbskosten rechne. Die in der Kostenberechnung des Projektsteuerers veranschlagten Gesamtkosten des Projektes in Höhe von ca. xxxxxx EUR beinhalten nicht nur die vom Generalunternehmer zu erbringenden Leistungen, sondern die Baunebenkosten (ca. xxxxxx Euro) sowie weitere Maßnahmen zur Realisierung des Projekts (ca. xxxxxx Euro für Pfahlgründungen, Brunnenbohrungen, Erschließung, Beleuchtung, Straßenbau, Saunaausstattung, lose Einrichtung, Gastronomiebestuhlung usw.), die von der Auftraggeberin gesondert zu beauftragen und zu vergüten sind. Laut Erklärung der Auftraggeberin in der mündlichen Verhandlung sind diese Kosten weitgehend sogar schon angefallen.
Ermessensfehler der Auftraggeberin sind nicht ersichtlich.
Es ist zunächst unschädlich, dass die Auftraggeberin in ihrer Aufhebungsentscheidung vom 07.06.2010 zur Begründung im Vordruck auf eine Anlage verweist, die vier Tage später am 11.06.2010 als vierseitiger Vermerk ihres Projektsteuerers niedergelegt wurde. Die Auftraggeberin durfte die Grundlage ihrer Entscheidung auch zeitnah wenige Tage später schriftlich niederlegen lassen. Die Entscheidung und die Dokumentation der Entscheidung sind auseinanderzuhalten. Die Entscheidung beruht offensichtlich auf den im Vermerk niedergelegten Gründen, die sich die Auftraggeberin zu Eigen gemacht hat. Es ist lebensfern, dass vor jeder Entscheidung die Gründe schriftlich vorliegen. Vielmehr geht einer Entscheidung häufig - so auch hier - ein mündlicher Vortrag voraus.
Die Auftraggeberin hat ihr Entschließungsermessen, also ihr Ermessen über das "Ob" der Aufhebung ordnungsgemäß ausgeübt. Sie hatte sich ursprünglich entschlossen, das Nichtoffene Verfahren aufzuheben, um im nur mit der Antragstellerin geführten Verhandlungsverfahren eine Reduzierung der Kosten bis zur Einhaltung ihres Budgets zu erreichen. Damit wollte sie - gleichsam als milderes Mittel zu einer "endgültigen" Aufhebung - die Ergebnisse des Nichtoffenen Verfahrens einer sinnvollen Verwertung zuführen. Die Auftraggeberin hat ihre Ermessenserwägungen, die zur Aufhebung auch des Verhandlungsverfahren führten in einem 4-seitigen "Vergabevermerk GU-Leistungen: Anlage zu EFB 351: Begründung der Entscheidung über die Aufhebung" ihres Projektsteuerers vom 11.06.2010 ausführlich dargestellt. So war insbesondere die beträchtliche Budgetüberschreitung, also die Tatsache, dass ca. xxxxxx EUR (bzw. 7%) nach einem unstreitig finalen Angebot fehlten, maßgeblicher Beweggrund. Die Auftraggeberin wies auch darauf hin, dass weitere Haushaltsmittel nicht vorhanden seien. Außerdem berücksichtigte die Auftraggeberin laut Vermerk, dass die Abweichungen vom Bausoll durch die Leistungsreduzierungen im Verhandlungsverfahren bedeuteten, dass sie sich immer weiter von ihren ursprünglichen Wirtschaftlichkeitsüberlegungen entfernen müsse. Eine Anpassung ihrer Kostenberechnung an die Abweichung vom Bausoll ergebe, dass das finale Angebot der Antragstellerin ihre Berechnung nicht nur um 7%, sondern sogar um 18,9% überschreite, da sie für die verbliebenen Leistungen lediglich xxxxxx EUR eingeplant habe. Schließlich stellte die Auftraggeberin das zusätzliche Risiko von Folgekosten in ihre Abwägung ein. Notwendige Umplanungen durch die vorgenommenen Leistungsreduzierungen würden zusätzliche Honorarforderungen z.B. der Planer für Architektur, Haustechnik und Tragwerksplanung, sowie Kosten für Anpassung von Gutachten u.a. und etwaige weitere Nachträge für Unvorhergesehenes in Höhe von ca. 5% des Auftragswertes bedeuten, so dass sich eine Überschreitung der ursprünglichen Kostenplanung von fast 25% ergebe. In der mündlichen Verhandlung wies die Auftraggeberin ergänzend darauf hin, dass auf Seiten der Antragstellerin, die die Aufhebung des Nichtoffenen Verfahrens nicht gerügt habe, demgegenüber kaum zusätzliche Angebotserstellungskosten angefallen seien, so dass ihre Interessen nicht so erheblich betroffen seien. Die Auftraggeberin hat in ihrer Information der Antragstellerin vom 14.06.2010 auch zum Ausdruck gebracht, dass die Erwägungen für sie zu einem eindeutigen Ergebnis geführt haben: "Der durch Sie angebotene Preis liegt wesentlich über der angepassten Kostenberechnung. Darüber hinaus muss die Aufhebung erfolgen, da Ihr Angebotsendpreis den freigegebenen Haushaltsmittelansatz für die ausgeschriebene Gesamtmaßnahme wesentlich übersteigt und weitere Haushaltsmittel nicht vorhanden sind". Damit hat die Auftraggeberin hinreichend deutlich gemacht, dass für sie letztlich die erhebliche Budgetüberschreitung, das Fehlen weiterer Haushaltsmittel und die Unwirtschaftlichkeit des Angebots infolge der Leitungsreduzierungen ausschlaggebend gewesen sind und insgesamt eine ermessensfehlerfreie Entscheidung getroffen.
Auch die Grundlagen der Ermessensentscheidung bieten keinen Anlass zu vergaberechtlicher Beanstandung.
In der Tat haben die Unternehmen, die sich an einer Ausschreibung beteiligen, für die der Ausschreibende die Einhaltung der Regeln der VOB/A bzw. VOL/A zugesagt hat, zur Recht die Erwartung, dass der Ausschreibende sich im Hinblick darauf bereits im Vorfeld der Ausschreibung entsprechend verhalten hat. Die Bieter dürfen deshalb davon ausgehen, dass nur Leistungen ausgeschrieben sind, von denen der Ausschreibende bei pflichtgemäßer Ermittlung ihrer voraussichtlichen Kosten annehmen kann, sie mit den hierfür zur Verfügung stehenden Mitteln auch bezahlen zu können. Bei dem gebotenen strengen Maßstab, der insoweit anzulegen ist, ist demgemäß eine Aufhebung der Ausschreibung regelmäßig dann nicht nach § 26 Nr. 1 c VOB/A gerechtfertigt, wenn die fehlende Finanzierung bei einer mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführten Ermittlung des Kostenbedarfs bereits vor der Ausschreibung dem Ausschreibenden hätte bekannt sein müssen (BGH, Urteil vom 5.11.2002 - Az.: X ZR 232/00; OLG Koblenz, B. v. 15.01.2007 - Az.: 12 U 1016/05; 1. VK Bund, B. v. 11.06.2008 - Az.: VK 1 - 63/08; B. v. 17.01.2008 - Az.: VK 1 - 152/07).
Die Kostenberechnungen müssen also methodisch vertretbar und angemessen sein, allerdings ist zu berücksichtigen, dass sie im Vorfeld einer Maßnahme durch Prognosen und Schätzungen notwendigerweise gewisse Ungenauigkeiten enthalten. Der Auftraggeberin steht hier aus der Natur der Sache ein Spielraum zu. Es kommt lediglich darauf an, ob sie ordnungsgemäß berechnet und geschätzt hat, nicht aber darauf, wie die Antragstellerin selbst die Berechnungen und Schätzungen angestellt hätte.
Die der Vergabekammer vorliegenden Unterlagen der Auftraggeberin dokumentieren aber entgegen der Ansicht der Antragstellerin sowohl, dass die Kostenberechnung des Projektsteuerers nicht unrealistisch ist, als auch, dass die zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichen, die Baumaßnahme in der beabsichtigten Form durchzuführen. Gründe, dass die Kostenberechnung nicht mit der gebotenen Sorgfalt aufgestellt und fortgeschrieben wurde, vermag die Vergabekammer nicht zu erkennen.
Allem voran ist dem in den Schriftsätzen und ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung geäußerten Verdacht der Antragstellerin zu begegnen, die Auftraggeberin habe Zahlen für das Budget der Generalunternehmerleistungen derart "angepasst", dass eine Aufhebung des Verhandlungsverfahren erst möglich geworden sei. Die Vergabeakten mit allen Kostenberechnungen befanden sich seit Ende März 2010 anlässlich des vorausgegangenen Verfahrens VgK-19/2010 vollständig bei der Vergabekammer. Lediglich ein Ordner mit den neuesten, das Verhandlungsverfahren betreffenden Unterlagen kam hinzu. Eine Manipulation ist demnach ausgeschlossen.
Voraussetzung für eine Aufhebung, die den Anforderungen des § 26 Nr. 1c) VOB/A genügt, ist eine zeitnahe Aufstellung der Kostenschätzung durch die beauftragten Architekten/Projektsteuerer. Eine realistische Kostenschätzung ist nur durch eine zeitnahe Aufstellung, die alle bereits bei der Ausarbeitung erkennbaren Daten in einer der Materie angemessenen und methodisch vertretbaren Weise unter Einbeziehung vorhersehbarer Kostenentwicklungen berücksichtigt, möglich. Ob eine solche Kostenermittlung gegeben ist, ist eine Frage des Einzelfalls (ibr-online-Kommentar Vergaberecht, Weyand, Rdnr. 5926 m.w.N.).
Die von der Auftraggeberin beauftragten Architekten und Projektsteuerer haben sich sogar entgegen den üblichen Gepflogenheiten angesichts der insgesamt für die Baumaßnahme zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel in Höhe von xxxxxx EUR und des großen öffentlichen Interesses an der Baumaßnahme bei ihrer Kostenschätzung im Vorfeld der Ausschreibung nicht auf eine grobe Kostenschätzung unter Einbeziehung der Kostengruppen verlassen, sondern während der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen parallel eine sehr ausführliche Kostenberechnung aufgestellt. Bei der Kostenermittlung wurde dabei nicht nur, wie in der DIN 276 vorgegeben, eine Kostengliederung bis in die 3. Ebene vorgenommen, sondern sogar noch weiter spezifiziert. Es wurden - fast vergleichbar einer Ausschreibung - Positionen einzelner Lose aufgeschlüsselt nach Menge, Einheitspreis und Gesamtpreis für die Leistung zusammengefasst. Dabei wurden die Mengen, Einheitspreise und Gesamtpreise für die einzelnen "Positionen" ermittelt. Diese Art der Ermittlung der Gesamtpreise erfolgte für die Kostengruppen 200 - 700. Lediglich für die Kostengruppe 100 - Grundstück - wurde keine Summe angesetzt und auch bei der Ermittlung der Gesamtkosten für die Baumaßnahme und der Generalunternehmerangebote nicht berücksichtigt.
Auf Seite 17 der Kostenberechnung vom 26.02.2009 ist festgehalten:"Für die Wirtschaftlichkeitsberechnung wurde folgender Betrag berücksichtigt: xxxxxx EUR." Entgegen der Vermutung der Antragsstellerin handelt es sich dabei nicht um einen neuen, abweichenden Betrag für die Generalunternehmerleistungen, sondern wie im Schriftsatz der Auftraggeberin vom 15.09.2010 erläutert, um einen gegriffenen Betrag zum Zwecke der Plausibilitätsprüfung. Die Vergabekammer konnte dies ohne weiteres nachvollziehen.
Die Auftraggeberin konnte aufgrund ihrer ausführlichen Kostenberechnung, die sie zusätzlich wegen der begrenzt zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel durch eine "Wirtschaftlichkeitsberechnung" abgesichert hat, mit Recht davon ausgehen, dass ihre Kostenschätzung zutreffend ist. Es ist deshalb schon im Ansatz verfehlt, wenn die Antragstellerin der von der Auftraggeberin durchgeführten Kostenschätzung entgegen hält, selbst das günstigste Bieterangebot habe deutlich über der Kostenschätzung gelegen und schon aus dieser Differenz ableitet, die Kostenschätzung der beauftragten Architekten und Projektsteuerer sei offensichtlich falsch gewesen. Abgesehen davon wäre ohnehin schon fragwürdig, ob zwei Bieter insoweit bei einer Baumaßnahme dieser Dimension überhaupt ein Maßstab sein können. Es ist nämlich auch auffällig, dass z.B. bei der aufgehobenen Funktionalausschreibung, die Grundlage für das Verhandlungsverfahren mit der Antragstellerin war, nicht nur die prozentualen Abweichungen zur Kostenschätzung teilweise sehr groß waren, sondern auch die Unterschiede zwischen den beiden eingereichten Angeboten. Auch ist zu berücksichtigen, dass der Projektsteuerer zutreffend im o. a. Vermerk vom 11.06.2010 darauf hinweist, dass der Generalunternehmerzuschlag von fast 21% im Angebot der Antragstellerin außergewöhnlich hoch sei und dass sie keine Verhandlungsgewinne aus Verhandlungen mit Nachunternehmern weitergegeben habe.
Die von der Auftraggeberin beauftragten Architekten und Projektsteuerer haben auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass in der Zeit von Februar 2009 (Stand der letzten Kostenberechnung vor der Ausschreibung) bis zum August 2009 (Bekanntmachung der Aufforderung zur Teilnahme am Nichtoffenen Verfahren) der Baupreisindex nach den Veröffentlichungen des Statischen Bundesamtes für gewerbliche Betriebsgebäude sogar leicht gefallen ist, für Wohn- und Bürogebäude stagnierte und auch seit der Zeit (Februar 2010) bei gewerblichen Betriebsgebäuden weiter leicht gefallen ist, eine realistische Kostenschätzung durchgeführt. Es ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, sondern richtig, dass im Hinblick auf die Entwicklung der Baupreise keine neue Kostenberechnung aufgestellt wurde. Insoweit genügt auch die im Februar 2009 aufgestellte Kostenberechnung den Anforderungen, die an eine zeitnahe Kostenberechnung gestellt werden. Die abgeschlossene und vom Projektsteuerer geprüfte Kostenberechnung vom 26.02.2009 wurde im Laufe des Jahres 2009 lediglich durch Kostenberechnungen und Schätzungen aus Planungsanpassungen, die sich im Laufe der Ausführungsplanung ergeben haben, ergänzt.
Auch nach der Angebotseröffnung im Februar 2010 wurde die Kostenberechnung unter Einbeziehung der aktuellen Preisentwicklungen fortgeschrieben, bevor die Auftraggeberin sich letztendlich für die Aufhebung entschlossen hat. Auch hier ist zu berücksichtigen, dass der Baupreisindex des statistischen Bundesamtes für gewerbliche Betriebsgebäude von Februar 2009 bis Februar 2010 insgesamt leicht gefallen ist, während er für Wohn- und Bürogebäude jeweils leicht gestiegen ist.
Die eigene Prüfung der Vergabekammer ergab, dass die von der Auftraggeberin zugrunde gelegten Einzelpreise während der ganzen Phase der Berechnungen im Wesentlichen gleich blieben.
Auch mit ihrem Argument, die Auftraggeberin habe die Baunebenkosten weit überhöht angesetzt, vermag die Antragstellerin nicht durchzudringen.
Die Antragstellerin führt laut ihrer Anlage AST 12 (Schriftsatz vom 06.09.2010) aus, dass die Baunebenkosten der Kostengruppe 700 nach ihren Ermittlungen insgesamt höchstens xxxxxx EUR betragen dürfen. Sie hat diesen Betrag unterteilt in Planungskosten und sonstige Kosten und diese beiden Bereiche weiter aufgeschlüsselt. Grundlage für die Ermittlung der Honorarkosten ist hier die bis zum 17.08.2009 geltende HOAI 1996, da die europaweite Bekanntmachung vom xxxxxx.2009 datiert.
Ausweislich der Verdingungsunterlagen waren gemäß den Allgemeinen Vorbemerkungen, Historie, (Seite 4) Teile der Leistungsbilder 1-7 der HOAI nicht Gegenstand der Generalunternehmerleistungen. Lediglich einzelne Aufgaben aus dem Leistungsbild 8 der HOAI wie z.B. Teile der Bauüberwachung gehören zu den Baunebenkosten, die in der Kostengruppe 700 zu erfassen sind, da sie nicht den Kosten der einzelnen Kostengruppen zugeordnet werden können.
Gleiches gilt sinngemäß für die Tragwerksplanung, technische Gebäudeausrüstung und Lichtplantechnik. Auch diese Dienstleistungen hat die Auftraggeberin ausweislich der Allgemeinen Vorbemerkungen grundsätzlich nicht dem Leistungsumfang des Generalunternehmers zugeordnet, soweit sich aus der Leistungsbeschreibung nichts anderes ergibt.
Die Auftraggeberin hat hinter den Allgemeinen Vorbemerkungen eine Projektbeteiligtenliste beigefügt, in der neben anderen Facharchitekten und Fachingenieuren auch der Architekt, der Projektsteuerer, der Tragwerksplaner, der für die technische Gebäudeausrüstung zuständige Ingenieur und der für die Lichtplanung zuständige Innenarchitekt benannt waren. Unter Berücksichtigung der o. g. Ausführungen in den Allgemeinen Vorbemerkungen ist daraus ersichtlich, dass die von dem Personenkreis zu erbringenden Leistungen der Kostengruppe 700 nicht zu Lasten des Generalunternehmers gehen. Es kann dabei dahingestellt bleiben, wie viel an sonstigen Kosten, die der Kostengruppe 700 zuzurechnen sind, tatsächlich von dem Generalunternehmer zu erbringen sind.
Soweit die Antragstellerin in der Funktionalausschreibung auf planerische Anforderungen in dem Leistungsteil 1.6 "Rohbau" wie: (Seite 45 Mitte) "Sämtliche Arbeitsfugen sind auf das notwendige Minimum zu beschränken und vor Baubeginn sorgfältig zu planen. Die Ausbildung der Arbeitsfugen ist zu detaillieren und in Ausführungszeichnungen darzustellen und dem Tragwerksplaner des Auftraggebers zur Genehmigung vorzulegen." verweist, gilt, dass die Kosten für diese Anforderungen bei den Rohbauarbeiten zu berücksichtigen sind und daher der Kostengruppe 300 - Bauwerk - Baukonstruktionen - zuzuordnen sind und nicht der Kostengruppe 700 - Baunebenkosten -.
Aufgrund der langen Planungsphase, der Umplanungen aufgrund der geforderten Kosten reduzierenden Maßnahmen und anderer unvorhersehbarer Ereignisse ergaben sich höhere Baunebenkosten, als ursprünglich geplant. Diese Posten hat die Antragstellerin in ihrer Anlage AST 12 nicht einbezogen. Ferner ist auch zu beachten, dass die Antragstellerin in ihrer Zusammenstellung der Baunebenkosten auch weitere Leistungen nicht erfasst hat, z.B. die Honorare für die übrigen Facharchitekten und -ingenieure.
Insgesamt kann demnach nicht davon ausgegangen werden, dass die von den beauftragten Architekten und Projektsteuerer erstellte Kostenberechnung inklusive des relativ hohen Anteils für die Kostengruppe 700 unvollkommen oder so fehlerhaft ist, dass die Beteiligten sie nicht als vertretbar hinzunehmen haben. Diese Situation läge nur vor, wenn die Kostenschätzung auf erkennbar unrichtigen Daten beruht und auf ungeprüfte andere Kalkulationsgrundlagen beruhende Werte übernimmt. (ibr-online-Kommentar Vergaberecht, a.a.O., Rdnr. 5927 m.w.N.). Im Gegenteil: Die Vergabekammer hat nach gründlicher Überprüfung der Kostenschätzung keinen Anlass, an ihrer Richtigkeit zu zweifeln. Denn einerseits erfolgte die Kostenberechnung zeitnah und ungewöhnlich detailliert, andererseits wurden die Berechnungen durch die Wirtschaftlichkeitsberechnungen mit vergleichbaren Baumaßnahmen überprüft.
Nach pflichtgemäßer Berechnung der voraussichtlichen Kosten und der Feststellung, dass selbst das Mindestangebot der Antragstellerin die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel um ca. xxxxxx Euro übersteigt, hat die Auftraggeberin ohne Ermessensfehler auch von dem Verhandlungsverfahren Abstand genommen. Gründe für eine Fortführung des Verhandlungsverfahrens sieht die Vergabekammer nicht.
Schließlich hat die Auftraggeberin auch die Vergabeabsicht aufgegeben, so dass ein Anspruch der Antragstellerin auf Aufhebung der Aufhebung sowie auf die Fortführung des Verhandlungsverfahrens nicht gegeben ist. Die Auftraggeberin beabsichtigt nunmehr, die Bauleistungen für ihr Projekt gewerkeweise in Lose aufgeteilt im Offenen Verfahren zu vergeben. Die ursprüngliche gewerkeübergreifende Generalunternehmerleistung wird nicht mehr ausgeschrieben werden.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die aus ihrer Sicht "völlig unzureichend" seitens der Vergabekammer gewährte Akteneinsicht. Der von ihr zur Begründung herangezogene Beschluss des OLG Düsseldorf vom 28.12.2007, Az. Verg. 40/07 vermag einen weitergehenden Anspruch nicht zu rechtfertigen. Auch das OLG Düsseldorf geht von der Notwendigkeit einer Abwägung der Interessen aus und setzt selbstverständlich voraus, dass das Begehren auf Einsicht in eine Kostenermittlung eines Auftraggebers mit tatsächlichen Anhaltspunkten für Fehler in dieser Kostenermittlung begründet wird. Ein nur willkürlich oder ins Blaue hinein angebrachter Vortrag ist unbeachtlich. Auf die Schriftsätze der Antragstellerin vom 29.07.2010 und 06.08.2010 hin stellte die Vergabekammer der Antragstellerin mit verfahrensbegleitenden Schreiben vom 30.08.2010 weitere Unterlagen zur Verfügung und überprüfte das gesamte Berechnungswerk der Auftraggeberin von Grund auf. Die Aufklärung von bestimmten auf den ersten Blick missverständlichen Zahlen erfolgte unmittelbar durch einen Schriftsatz der Auftraggeberin. Die Vergabekammer sah und sieht angesichts ihrer Feststellungen keinen Anlass, der Antragstellerin weitere Zahlen zur Verfügung zu stellen. Die Interessen der Auftraggeberin an der Geheimhaltung ihrer Kostenermittlung sind besonders groß vor dem Hintergrund, dass sie eine erneute gewerkeweise Ausschreibung im Offenen Verfahren vornehmen möchte.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790). Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt nach wie vor 2.500 EUR, die Höchstgebühr nunmehr 50.000 EUR und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 EUR.
Es wird eine Gebühr in Höhe von xxxxxx EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zugrunde zu legende Gegenstandswert beträgt vorliegend xxxxxx EUR. Dieser Wert entspricht ausweislich der Vergabeakte dem finalen Brutto-Angebotspreis der Antragstellerin für die Generalunternehmerleistungen und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR(§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 EUR (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von insgesamt xxxxxx EUR ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.
Die in Ziffer 2 des Tenors geregelte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin keinen Erfolg hatte.
Die Erstattungspflicht bezüglich der Kosten der Auftraggeberin, die dieser zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG. Danach war festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Auftraggeberin im konkreten Verfahren erforderlich war.
Auch wenn man von öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich verlangen darf, dass sie über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A und der VOB/A verfügen, bedurfte die Auftraggeberin für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen öffentlichen Auftraggeber ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.
Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306). Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdnr. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rdnr. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Zugunsten der Ausgangsbehörde im Verwaltungsverfahren wird demgegenüber die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nur in besonders gelagerten Einzelfällen angenommen, da die Ausgangsbehörde in der Regel mit eigenem Fachpersonal so gut ausgestattet sein muss, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit, zu der auch die Mitwirkung im Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) gehört, ohne fremde Unterstützung ausführen kann. Diese für die Situation der Ausgangsbehörde in einem Widerspruchsverfahren zutreffende Auffassung kann jedoch nicht auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren übertragen werden. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx EUR unter Angabe des Kassenzeichens
xxxxxx
auf folgendes Konto zu überweisen:
xxxxxx.
IV. Rechtsbehelf
Gemäß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden.
:::
Die Beschwerde ist gem. § 117 GWB binnen einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung einzulegen.
Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.
Die sofortige Beschwerde ist gem. § 117 Abs. 2 GWB mit ihrer Einlegung zu begründen.
Die Beschwerdebegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Kammer angefochten wird und eine
abweichende Entscheidung beantragt wird,
- 2.
die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt.
Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten. Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer.
Schulte
Roloff