Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 05.05.2010, Az.: VgK-12/10
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 05.05.2010
- Aktenzeichen
- VgK-12/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 40654
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
In dem Nachprüfungsverfahren
...
wegen
VOB-Vergabeverfahren ... , Neubau der Küche und Herrichten der Sicherheitszentrale, Küche, Küchentechnik und -einrichtung
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden MR Gause, die hauptamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Rohn und den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn Bürgermeister Prokop, auf die mündliche Verhandlung vom 28.04.2010 beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Der Auftraggeber wird verpflichtet, erneut in die Angebotswertung einzutreten, diese unter Beachtung der aus den Gründen ersichtlichen Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut durchzuführen und das Angebot der Beigeladenen von der Wertung auszuschließen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens trägt grundsätzlich der Auftraggeber. Der Auftraggeber ist jedoch von der Entrichtung der Kosten befreit.
- 3.
Die Kosten werden auf ... € festgesetzt.
- 4.
Der Auftraggeber hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragstellerin notwendig.
Begründung:
I.
Mit Bekanntmachung vom ... .2009 hat das ... als Auftraggeber das VOB-Vergabeverfahren ... : Neubau der Küche und Herrichten der Sicherheitszentrale, Küche, Küchentechnik und -einrichtung als Nichtoffenes Verfahren mit Teilnehmerwettbewerb europaweit ausgeschrieben. Der Auftrag umfasst Lieferung und Einbau von Großküchen Einrichtungsgegenständen aus Edelstahl und Kochtechnik, sein geschätzter Wert beträgt ... x netto. Für die Arbeiten, die im Sicherheitsbereich einer JVA durchzuführen sind, ist Personal mit bestandener Sicherheitsprüfung einzusetzen. Zum Angebot aufgefordert werden sollten mindestens fünf und höchstens acht Bewerber. Eine Aufteilung in Lose war nicht vorgesehen, Varianten/Alternativangebote waren nicht zulässig. Die Arbeiten sollen am 01.02.2010 begonnen werden und am 30.6.2010 fertig gestellt sein. Als einziges Zuschlagskriterium wurde der Preis bekanntgegeben.
Den erfolgreichen Teilnehmern des Teilnahmewettbewerbs - zu denen die Antragstellerin und die Beigeladene gehören - wurden mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe die Vergabeunterlagen übersandt.
Die Leistungsbeschreibung enthält auf S. 3 folgende Allgemeine Ausführungsbeschreibung (AAB):
Die Leistungsbeschreibung enthält auf S. 3 folgende Allgemeine Ausführungsbeschreibung (AAB):
...
"Material: Grundsätzlich ist Edelstahl mit der Werkstoffbezeichnung CN 18/10, bzw. Chromnickelstahl, CNS, Werkstoff Nr. 1.4201, zu verwenden. Die Oberflächen allgemein geschliffen, mind. Korn 320. Im LV Text wird für diese Materialqualität grundsätzlich die Kurzbezeichnung "CNS" verwendet."
Die Ausführungsbeschreibung enthält unter den Ziffern 1 bis 4 Regelungen für die Ausführung der Arbeitstische, Becken und Spülen, Unterbauten, Wandschränke Borde und Regale.
Angaben zur Höhe der Einbauten über OKF finden sich hier zu Schrankunterbau-Einzelelementen, wo unter Ziffer 2.3 "Aufstellung auf bauseitigem Betonsockel" auf S. 8 angegeben wird:
"Die Sockelhöhe beträgt ca. 200 mm."
Ziffer 8.0 der Ausführungsbeschreibung enthält folgende Regelungen zur Einhaltung von Vorschriften:
"Beachtung der einschlägigen DIN-VDE-Vorschriften, der DVGW-Vorschriften, der VDI-Richtlinien. Die Geräte müssen VDE/DVGW und GS-Zeichen nachweisen, ebenso das CE-Zeichen. Sind TÜV-Abnahmen oder besondere für die Ausführung notwendige Genehmigungen erforderlich, so hat der Auftragnehmer sie auf eigene Rechnung und rechtzeitig vor Abnahme der Leistung zu veranlassen."
Im Leistungsverzeichnis werden für den Standort EG Küche drei Schnellkochkessel 300 l, rechteckig und drei Stand-Druckgarbraisieren 3/1 GN ausgeschrieben.
In Pos. 3.9 wird unter Verweis auf den Plan Pos. 4.22, 4.28 und 4.29 zur Aufstellung der Schnellkochkessel festgelegt:
"Gerät zur bodenfreien Montage an einer 300 mm breiten Installationswand. Lichte Sockelhöhe 200 mm. ..."
Zur Ausführung ist u.a. geregelt:
"Gerät mit Ausführungsmerkmalen und mit Zubehör gemäß Allgemeiner Ausführungsbeschreibung (AAB).
Die Plandarstellungen sind jeweils vorrangig zu berücksichtigen. Vollständig aus CNS: Geräterahmen mit Druckstreben, Einhängewinkel, Deckplatte Außenkessel, Kesseldeckel und -griff, Deckeldrehgelenkverkleidung, Geräteverkleidung, Auslaufsieb sowie Innenkesselzarge aus CrNiSt 1.4301; Innenkesselboden aus CrNiMoTiSt 1.4571. Torsionselemente des Deckelscharniers aus Federstahl."
...
"Innenkesselabmessungen ca. (L x B x H): 1200 x 660 x 450 mm; Nutzinhalt bei 4 cm Kochrand:mind. 295 Liter."
...
"Technische Daten geplant:
Nenninhalt:
300 l
Fassungsvermögen:
8 Kocheinsätze GN 1/1-200
Außenabmessungen LxBxH:
1.600 x 900 x 700 mm
Anschlusswert:
37 kW
Stromart:
400 V 3N AC 50 Hz 53 A
Strahlwasserschutz:
IPX5
CE-Zeichen"
In Pos. 3.10 wird unter Verweis auf den Plan Pos. 4.32, 4.33 und 4.34 zur Aufstellung der Stand-Druckgarbraisieren festgelegt:
"Gerät zur bodenfreien Montage an einer 300 mm breiten Installationswand."
Zur Ausführung ist u.a. geregelt:
"Gerät mit Ausführungsmerkmalen und mit Zubehör gemäß Allgemeiner Ausführungsbeschreibung (AAB).
Die Plandarstellungen sind jeweils vorrangig zu berücksichtigen."
...
Tiegelinnenabmessungen ca. (L x B x H):
1000x 550/640 x 300 mm mit Eckradius R = 60 mm und
Bodenradius R = 30 mm; Bratfläche: 0,55 qm. Der Maximalinhalt beträgt 170 Liter; der Nutzinhalt 150 Liter bei 4 cm Kochrand.
"Technische Daten geplant:
Nenninhalt:
150 l
Fassungsvermögen:
3 x GN 1/1-200
Außenabmessungen LxBxH:
1.500 x 900 x 340/410 mm
Anschlusswert:
22 kW
Stromart:
400 V 3N AC 50 Hz 53 A
Strahlwasserschutz:
IPX5
CE-Zeichen"
Im Bieterangabenverzeichnis wurden jeweils Nenninhalt, Fassungsvermögen, Anschlusswert, Stromart, Länge, Breite, Höhe, Hersteller und Typenbezeichnung abgefragt.
Nach Maßgabe der Niederschrift über die Verdingungsverhandlung am ... .2010 hat die Beigeladene mit einer Angebotssumme von ... € das preislich niedrigste Angebot abgegeben. Das Angebot der Antragstellerin liegt mit einem Angebotspreis von ... € auf Rang 2.
Der Auftraggeber hat die Prüfung und Wertung der Angebote unter Ziffer 5 des Vergabevorschlags vom 10.02.2010 dokumentiert. Hiernach wurde sowohl für das Angebot der Antragstellerin als auch für das der Beigeladenen festgestellt, dass beide mit ihren Angeboten die Vorgaben des Leistungsverzeichnisses erfüllen und LV-gerechte Produkte und Komponenten angeboten haben, die eine einwandfreie Funktion erwarten lassen. Die rechnerische Prüfung bestätigte korrekt ermittelte Angebotssummen. Aufklärungsgespräche haben nicht stattgefunden. Ziffer 6 des Vergabevorschlags enthält eine Wertungsübersicht mit Darstellung der Wertungssummen aller Hauptangebote. Nach Maßgabe der Übersicht liegt das Angebot der Beigeladenen auf Rang 1 vor dem Angebot der Antragstellerin. Dementsprechend kommt der Auftraggeber zu dem Ergebnis, dass der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werden soll.
Mit Schreiben vom 17.02.2010 informierte der Auftraggeber die Bieter über das Ergebnis des Vergabeverfahrens und den beabsichtigten Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen. Der Antragstellerin teilte er mit, dass ein niedrigeres Hauptangebot vorliegt.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.02.2010 rügte die Antragstellerin den beabsichtigten Zuschlag auf das aus ihrer Sicht nicht ausschreibungskonforme Angebot der Beigeladenen. In Informationsgesprächen habe sie erfahren, dass die Beigeladene hinsichtlich der ausgeschriebenen Küchengeräte höchstwahrscheinlich Produkte des Herstellers ... angeboten habe. Die Produkte der Fa. ... könnten jedoch die in der Ausschreibung für die Positionen 3.9 und 3.10 vorgegebene lichte Sockelhöhe von 200 mm bei einer Arbeitshöhe von 900 mm nicht erfüllen.
Ausgeschrieben seien zudem
- -
in Pos. 3.9 ein Schnellkochkessel mit 300 l Fassungsvermögen für 8 Kocheinsätze GN1/1-200 mit einem Innenkesselboden aus CrNiMoTiSt mit der Werkstoff-Nr. 1.4571 und
- -
in Pos. 3.10 eine Druckgarbraisiere mit einem Fassungsvermögen von 150 l für den Einsatz von 3 Behältern GN1/1-200.
Die Fa. ... verfüge in ihrem Programm nicht über Produkte, welche diese Vorgaben der Ausschreibung erfüllen können.
Außerdem verfügten die Produkte der Fa. ... auch nicht über die geforderte Innenrahmenkonstruktion aus Chrom-Nickel-Stahl.
Sie forderte den Auftraggeber auf, von einem Zuschlag auf das nicht ausschreibungskonforme Angebot der Beigeladenen abzusehen.
Mit Schreiben vom 24.02.2010 teilte der Auftraggeber per Telefax mit, es treffe zu, dass die Beigeladene Produkte der Fa. ... angeboten habe, ein Grund für eine Änderung seiner Entscheidung bestehe aber nicht.
Die Vergabeunterlagen enthielten keine feste Vorgabe einer Sockelhöhe von 200 mm, bewusst habe man lediglich ca.-Maße angegeben, um eine Produktneutralität der Ausschreibung zu gewährleisten.
Abgesehen hiervon könne der Hersteller ... aktuell eine 200 mm Bodenfreiheit bei 900 mm Arbeitshöhe gewährleisten. Er könne auch die geforderte Druckgarbraisiere für 3 200 mm tiefe GN Behälter 1/1 und einen 300 l Schnellkochkessel für den Einsatz von 8 GN1/1 Kocheinsätzen mit je 200 mm Tiefe liefern. Die angebotene Werkstoffklasse 1.4436 für den Edelstahl-Innenkesselboden sei gleichwertig zur ausgeschriebenen Werkstoffklasse 1.4571.
Mit Email vom 26.02.2010 teilte die Antragstellerin dem Auftraggeber mit, nach ihrer Recherche führe das veröffentlichte Programm der Fa. ... weder einen 300 l Schnellkochkessel noch die Stand-Druckgarbraisiere auf. Es könnten folglich allenfalls Prototypen angeboten worden sein, für welche wahrscheinlich die geforderten Prüfzertifikate noch nicht vorliegen. Sie bat um Mitteilung, woher der Auftraggeber wisse, dass die Fa. ... über diese Produkte verfüge und welche Typenbezeichnungen die Beigeladene im Leistungsverzeichnis angegeben habe.
Eine Antwort hierauf hat die Antragstellerin nicht erhalten.
Per Fax wandte sich die Antragstellerin am 01.03.2010 mit einem Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer. Unter Bezugnahme auf ihre Rüge beanstandet sie den beabsichtigten Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen als vergaberechtswidrig. Nach Maßgabe der Vergabeunterlagen sei die gesamte Küche mit einer Arbeitshöhe von 900 mm geplant und ausgeschrieben worden, wobei die Bodenfreiheit 200 mm betragen soll. An diese Vorgaben sei der Auftraggeber bei seiner Prüfung und Wertung der Angebote gebunden. Die Beigeladene habe zu den Pos. 3.9 und 3.10 des Leistungsverzeichnisses jedoch Produkte der Fa. ... angeboten. Den Vorgaben der Ausschreibung entsprechende Produkte der Fa. ... seien am Markt jedoch nicht erhältlich. Sie müsse daher davon ausgehen, dass die von der Beigeladenen angebotenen Produkte die in den Vergabeunterlagen geforderte lichte Sockelhöhe von 200 mm bei einer Arbeitshöhe von 900 mm und die Forderungen des Leistungsverzeichnisses an die Geräte bezüglich des Fassungsvermögens und der Materialeigenschaften nicht erfüllen können. Sollte entgegen dieser Annahme die Beigeladene Prototypen und Einzelanfertigungen angeboten haben, sei zu bezweifeln, dass diese über die unter Ziffer 8 der Vorbemerkung zum Leistungsverzeichnis geforderte Zertifizierungen verfügen.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
dem Antragsgegner zu untersagen, den Zuschlag der Beigeladenen zu erteilen;
- 2.
über die Zuschlagserteilung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu zu entscheiden;
- 3.
die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin für notwendig zu erklären;
- 4.
dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin aufzuerlegen.
Der Auftraggeber beantragt,
den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen.
Er trägt hierzu vor, mit den Vergabeunterlagen sei die in Großküchen übliche Arbeitshöhe von 900 mm vorgegeben worden, nicht jedoch eine Bodenfreiheit von 200 mm. Hier habe man sich auf die Angabe eines ca.-Maßes in den Vorbemerkungen beschränkt. Die Bodenfreiheit habe vorliegend keinerlei technische Bedeutung. Man habe eine Bodenfreiheit von 150 mm im Angebot der Beigeladenen als gleichwertig anerkannt. Soweit die Antragstellerin nunmehr vorträgt, dass die diesbezüglichen Angaben der Vorbemerkungen im Widerspruch zu den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses stünden, war dies bereits aus den Vergabeunterlagen erkennbar und hätte im Rahmen der Angebotsphase aufgeklärt werden müssen. Die von der Beigeladenen angebotenen Produkte gehörten zum aktuellen Lieferprogramm der Fa. ... , hätten das geforderte Volumen und trügen das geforderte CE-Kennzeichen. Das Material für den Innenkesselboden der Schnellkochkessel entspreche auch den Vorgaben der Ausschreibung. Gefordert worden sei ein Innenkesselboden aus CrNiMoTiSt mit der Werkstoff-Nr. 1.4571. Der von der Beigeladenen angebotene ... -Kessel sei gleichwertig, denn er habe einen Boden aus dem höherwertigen Werkstoff Nr. 1.4436. Diesbezüglich sei darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin selbst - unbeanstandet - einen Schnellkochkessel mit einem Boden aus dem Werkstoff Nr. 1.4404 angeboten habe. Die Produkte der Fa. ... würden zudem auf Anforderung des jeweiligen Auftragnehmers im Übrigen auch mit einer Innenrahmenkonstruktion aus Chrom-Nickel-Stahl geliefert. Auch die von der Beigeladenen angebotenen Stand-Druckgarbraisieren entsprächen den Vorgaben der Ausschreibung. Sie erfüllten auch die ausgeschriebene Kapazität von 3 GN1/1-200. Auf Grund der günstigeren Tiegelgeometrie seien nur 135 bis 140 l aufzuheizen.
Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt. Sie unterstützt den Vortrag des Auftraggebers.
Die Vergabekammer hat mit Verfügung des Vorsitzenden vom 19.03.2010 gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 GWB) hinaus bis zum 07.05.2010 verlängert.
Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 28.04.2010 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Die Antragstellerin ist im Sinne der § 97 Abs. 7, 114Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt. Der Auftraggeber hat sich nicht im Rahmen seines ihm gemäß 3 21 Nr. 2 VOB/A eingeräumten Ermessens gehalten, als er sich entschieden hat, das Angebot der Beigeladenen zu berücksichtigen, obwohl dieses hinsichtlich der Disposition 3.10 des Leistungsverzeichnisses anzubietenden Druckgarbraisiere für den Einsatz von drei Behältern GN1/1-200 nicht mit dem geforderten Nenninhalt von 150 l, sondern lediglich mit 135 l angeboten hat. Der Auftraggeber war und ist vielmehr gehalten, das Angebot der Beigeladenen gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A i. V. m. § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A wegen Abweichung von den Festlegungen der Verdingungsunterlagen von der Wertung auszuschließen.
- 1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei dem Auftraggeber handelt es sich um das Land Niedersachsen, vertreten durch das ... , und damit um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Bauauftrag im Sinne des § 1 VOB/A, für den gemäß § 2 Nr. 4 VgV in der zur Zeit der Bekanntmachung dieses Auftrags geltenden Fassung ein Schwellenwert von 5.150. 000 € gilt. Werden Gesamtbaumaßnahmen, wie im vorliegenden Fall, losweise ausgeschrieben, gilt gemäß § 2 Nr. 7 VgV ein Schwellenwert von 1 Mio. € oder bei Losen unterhalb 1 Mio. € deren addierter Wert ab 20 % des Gesamtwertes aller Lose. Der hier streitbefangene Auftrag ist Teil der Gesamtbaumaßnahme ... , Neubau Küche und Sicherheitszentrale. Der Wert der hier streitgegenständlichen Lieferung und des Einbaus der Kücheneinrichtungen für die Großküche erreicht zwar ausweislich der Dokumentation in der Vergabeakte nicht den Teilschwellenwert von 1. Mio. €. Der Auftraggeber hat jedoch das streitbefangene Los EU-weit im nicht offenen Verfahren gemäß § 3a VOB/A ausgeschrieben und die Vergabekammer Niedersachsen beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Regierungsvertretung Lüneburg - als zuständige Stelle für Nachprüfverfahren in der europaweiten Bekanntmachung angegeben. Dadurch hat der Auftraggeber den rechtlichen Rahmen (§§ 102 ff. GWB) für die Nachprüfung festgelegt. Die Wirkung dieser Festlegung besteht in einer Selbstbindung des Auftraggebers, dass er das streitgegenständliche Los nicht dem 20 %-Kontingent nach § 2 Abs. 7 VgV zuordnet, für welches das Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet wäre (vgl. BayObLG, Beschluss vom 20.08.2001, Az.: Verg 9/01; BGH NJW, S. 3636 ff., 3638). Der Wert der hier streitbefangenen Teilleistung steht daher einer Nachprüfung durch die Vergabekammer nicht entgegen.
Die Antragstellerin ist auch gemäß § 107 Abs. 1 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie vorträgt, der Auftraggeber habe ihr eigenes Angebot nur deshalb nicht als wirtschaftlichstes Angebot ermittelt, weil er zu Unrecht das Angebot der Beigeladenen berücksichtigt habe, obwohl die von der Beigeladenen angebotenen Produkte in mehrfacher Hinsicht von den Vorgaben der Leistungsbeschreibung abweichen und daher ausgeschlossen werden müssten. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen ein durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, 1. Auflage, § 107, Rdnr. 52). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis dargelegt, indem sie vorträgt, dass sie ohne ihrer Auffassung nach rechtswidrige Berücksichtigung des Angebotes der Beigeladenen eine Chance auf den Erhalt des Zuschlags gehabt hätte. Es ist nicht erforderlich, dass die Antragstellerin auch schlüssig darlegt, dass sie bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.1999, Az.: 1/99, S. 24).
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer den geltend gemachten Verstoß gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Der Auftraggeber hatte die Antragstellerin mit Schreiben vom 17.02.2010 gemäß § 101a GWB über das Ergebnis des Vergabeverfahrens und den beabsichtigten Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen informiert. Der Antragstellerin teilte er zugleich mit, dass ein niedriges Hauptangebot vorliege. Bereits mit anwaltlichem Schreiben vom 22.02.2010 rügte die Antragstellerin den beabsichtigten Zuschlag auf das aus ihrer Sicht nicht ausschreibungskonforme Angebot der Beigeladenen. Sie wies darauf hin, dass sie erfahren habe, dass die Beigeladene hinsichtlich der ausgeschriebenen Küchengeräte höchstwahrscheinlich Produkte des Herstellers ... angeboten habe. Diese Produkte könnten jedoch nicht die in der Ausschreibung vorgegebene lichte Sockelhöhe von 200 mm bei einer Arbeitshöhe von 900 mm erfüllen. Ferner verfüge die Firma ... in ihrem Programm nicht über einen Schnellkochkessel und eine Druckgarbraisiere mit dem ausgeschriebenen Fassungsvermögen von 300 l bzw.150 l. Die Frage, ob eine Rüge noch unverzüglich nach positiver Kenntniserlangung erfolgt, hängt vom Einzelfall ab. Nach der Rechtsprechung muss die Rüge angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich binnen ein bis drei Tagen nach positiver Kenntnisnahme erfolgen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, Az.: 1 Verg 4/03; Bechtholt, GWB, § 107, Rdnr. 2). Die Antragstellerin hat das Informationsschreiben des Auftraggebers vom 17.02.2010 am 18.02.2010 (Eingangsstempel) erhalten. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Antragstellerin in nicht zu beanstandender Weise einen Rechtsanwalt mit der Prüfung des Sachverhalts und Absetzung der Rüge beauftragt hat, erfolgte die mit Anwaltsschreiben vom 22.02.2010 abgesetzte Rüge noch unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB.
- 2.
Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Der Auftraggeber war und ist gehalten, das Angebot der Beigeladenen gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A i. V. m. § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A wegen Abweichung von den Festlegungen der Verdingungsunterlagen von der Wertung auszuschließen.
Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A i. V. m. § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A sind Angebote, in denen an den Verdingungsunterlagen Änderungen vorgenommen wurden, zwingend von der Angebotswertung auszuschließen. Das Verbot der Änderung der Vorgaben in den Verdingungsunterlagen trägt dem Umstand Rechnung, dass ein fairer Wettbewerb vergleichbare Angebote verlangt. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass das Angebot den ausgeschriebenen Leistungen und sonstigen Verdingungsunterlagen entspricht (vgl. Rusam in: Heiermann/Riedel/Rusam, VOB, 11. Auflage, A § 21, Rdnr. 11, m. w. N.). Der durch eine Ausschreibung eröffnete Wettbewerb kann nur gewährleistet werden, wenn Änderungen an den Verdingungsunterlagen unterbunden werden, weil anderenfalls die Vergleichbarkeit der Angebote leidet. Angebote, die gegen § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A verstoßen, müssen deshalb von der Wertung ausgeschlossen werden (vgl. BGH, Urteil vom 08.09.1998, Az.: X ZR 109/96 = NJW 1998, Seite 3644 ff., 3645). Nur wenn Änderungen an den Verdingungsunterlagen ausgeschlossen werden, wird der transparente und diskriminierungsfreie Wettbewerb der Bieter gewährleistet (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 08.10.2003, Az.: Verg 49/02, zitiert nach Ibr-online). Die Bieter müssen daher grundsätzlich davon ausgehen, dass der Auftraggeber die Leistung auch so angeboten haben will, wie er sie in den Verdingungsunterlagen festgelegt hat (vgl. Franke/Grünhagen, VOB, 2. Auflage, § 21 VOB/A, Rdnr. 140). Wollen oder können die Bewerber die Leistung nicht nach Maßgabe der Verdingungsunterlagen anbieten, so steht es ihnen frei, Änderungsvorschläge oder Nebenangebote zu unterbreiten, sofern sie vom Auftraggeber nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurden. Weicht der Bieter dagegen, wie im vorliegenden Fall, im Rahmen seines Angebotes von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses ab, so führt dies zum zwingenden Ausschluss nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A.
Von diesem - grds. - zwingenden Ausschluss eines abweichenden Hauptangebotes kann und ggf. muss der Auftraggeber gem. § 21 Nr. 2 VOB/A lediglich dann absehen, wenn die angebotene Leistung zwar von den vorgesehenen technischen Spezifikationen abweicht, aber gleichwohl mit dem geforderten Schutzniveau in Bezug auf Sicherheit, Gesundheit und - vorliegend relevant - Gebrauchstauglichkeit gleichwertig ist. Eine solche Abweichung muss gem. § 21 Nr. 2 Satz 2 VOB/A im Angebot eindeutig bezeichnet sein. Ergibt die Prüfung des Auftraggebers, dass sich die Abweichung im Hauptangebot im Rahmen des § 21 Nr. 2 VOB/A hält, ist das Angebot zu werten. Anderenfalls ist das Angebot zwingend auszuschließen. Gemäß § 21 Nr. 2 Satz 3 VOB/A ist die Gleichwertigkeit eines in technischer Sicht abweichenden Angebotes allerdings mit dem Angebot nachzuweisen.
Der Auftraggeber hatte im Leistungsverzeichnis exakte technische Vorgaben für die anzubietenden Produkte gemacht. In Position 3.10 des Leistungsverzeichnisses (Seite 93 ff.) werden unter Verweis auf den Plan Position 4.32, 4.33 und 4.34 zur Aufstellung der Stand-Druckgarbraisieren festgelegt:
"Gerät zur bodenfreien Montage an einer 300 mm breiten Installationswand."
Zur Ausführung wird dort u. a. geregelt (Seite 94):
"Tiegelinnenabmessungen ca. (L x B x H) :
1000 x 550 / 640 x 300 ml mit Eckradius R = 60 mm und Bodenradius R = 30 mm; Bratfläche: 0,55 qm. Der Maximalinhalt beträgt 170 l; der Nutzinhalt 150 l bei 4 cm Kochrand."
Auf Seite 95 des Leistungsverzeichnisses heißt es weiter:
"Technische Daten geplant:
Nenninhalt: 150 l, Fassungsvermögen: 3 x N 1/1-200; Außenabmessungen L x B x H: 1500 x 900 x 340/410 mm, Anschlusswert: 22 kW, Stromart: 400 V 3 N AC 50 Hz 53 A, Strahlwasserschutz: IPX 5 CE-Zeichen"
Die Beigeladene hatte in ihrem Angebot vom 27.01.2010 zur Position 3.10 eine Stand-Druckgarbraisiere des Herstellers ... , Typenbezeichnung: EBD 135 EBF angeboten. In Abweichung von den im Leistungsverzeichnis geplanten Außenabmessungen hat die Beigeladene eine Länge von 1350 mm, eine Breite von 920 mm und eine Höhe von 750 mm angegeben. Die übrigen technischen Daten hat die Beigeladene entsprechend den lt. Leistungsverzeichnis geplanten technischen Daten angegeben und auch den Nenninhalt gab sie dementsprechend mit 150 l an.
Tatsächlich hat die von der Beigeladenen angebotene Stand-Druckgarbraisiere des Herstellers ... vom Typ EBD 135 EBF einen geringeren Nenninhalt und Nutzinhalt von lediglich 135 l. Dies folgt eindeutig aus den technischen Angaben des Herstellers. Aus dem vorliegenden Datenblatt der Firma ... "System 900-Elektrostand-Druckgarbraisiere mit elektronischer Steuerung - GN 3/1 x 235", dass die Beigeladene der Vergabekammer in der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat, hat die von ihr angebotene Druckgarbraisiere einen Nenninhalt von 135 l und einen Nutzinhalt von 110 l.
In der Vergabeakte ist nicht dokumentiert, ob der Auftraggeber die Abweichungen der von der Beigeladenen angebotenen Produkte vom Leistungsverzeichnis erkannt und wie er diese ggf. bewertet hat.
Die technische und wirtschaftliche Prüfung des Angebotes der Beigeladenen hat der Auftraggeber unter Nr. 5.5.1 des in der Vergabeakte enthaltenen Vergabevorschlags vom 10.02.2010 (Seite 16) dokumentiert. Dort heißt es:
Die technische und wirtschaftliche Prüfung (VOB/A bzw. VOL/A § 23) hat hinsichtlich der Qualität und Quantität der angebotenen Produkte (Fabrikate) Folgendes ergeben: Die Vorgaben des LV sind erfüllt, der Bieter hat LV-gerechte Produkte und Komponenten angeboten, die eine einwandfreie Funktion erwarten lassen."
Der Auftraggeber hat im Zuge des Nachprüfungsverfahrens und auch in der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2010 erläutert, warum er die Vorgabe "150 l" hinsichtlich der Druckgarbraisiere nicht als derartig fix angesehen hat, dass jede Abweichung davon zum Ausschluss führen müsste. Wichtig sei ihm vielmehr gewesen, dass die übrigen Anforderungen an die Druckgarbraisiere eingehalten werden. Abweichungen vom Nenninhalt seien nicht so erheblich, dass sie sich in irgendeiner Weise auswirken könnten. Wichtiger sei vielmehr gewesen, dass die Druckgarbraisiere die Vorgabe "3 x GN 1/1-200" für die einzuhängenden Kochbehälter einhalte. Diese Vorgaben würden auch durch das Angebot der Beigeladenen erfüllt. Die Beigeladene vertritt die Auffassung, dass das von ihr angebotene Produkt die geforderte Funktionsfähigkeit gewährleistet. Maßgeblich sei, dass die geforderten 3 Gastronormbehälter 1/1-200 eingehängt werden können. Das sei bei dem angebotenen Produkt gewährleistet. Es komme deshalb nicht darauf an, ob exakt der Nenninhalt von 150 l gewährleistet werde.
Demgegenüber hat die Antragstellerin jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass mit der Druckgarbraisiere - unstreitig - auch unmittelbar Mahlzeiten zubereitet werden - ohne Verwendung dieser Gastronormbehälter. In diesem Fall aber ist der Nenninhalt durchaus von Bedeutung. Mit der im Leistungsverzeichnis ausgeschriebenen Druckgarbraisiere mit einem Nutzinhalt von 150 l und einem Maximalinhalt können in einem Kochvorgang größere Speisemengen zubereitet werden als in der von der Beigeladenen angebotenen Druckgarbraisiere mit einem Nutzinhalt von 110 l und einem Nenninhalt von 135 l. Es handelt sich somit zumindest bei dieser Position um eine technische Abweichung von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses, die nicht mehr als gleichwertig i. S. des § 21 Nr. 2 VOB/A gewertet werden kann.
Die Folge ist, dass das Angebot der Beigeladenen bereits wegen dieser Abweichung gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A i. V. m. § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A von der Wertung ausgeschlossen werden muss. Es ist daher vorliegend nicht entscheidungserheblich, ob der Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen auch deshalb geboten ist, weil die Beigeladene sowohl die Stand-Druckgarbraisiere als auch die gem. Position 3.9 des Leistungsverzeichnisses anzubietenden drei Schnellkochkessel mit 300 l nicht mit der geforderten Sockelhöhe von 200 mm, sondern lediglich mit einer Sockelhöhe von 150 mm angeboten hat. Der Auftraggeber und die Beigeladene haben geltend gemacht, dass diese Höhenabweichung von immerhin 25 % auf die Funktionsfähigkeit keine Auswirkungen habe. Auch bei einer Reduzierung um 50 mm sei die Möglichkeit, unter den Geräten zu reinigen, gewährleistet. Der Auftraggeber hat betont, dass zumindest bei den Geräten, die nicht auf einen Betonsockel gestellt werden sollen, nicht unbedingt eine Sockelhöhe von 200 mm einzuhalten sei. Deshalb habe sie im Leistungsverzeichnis lediglich ein Cir-ca-Maß von 200 mm vorgegeben. Soweit sie unter der Position 3.2 "Schnellkochkessel 60 l rund" ein fixes Maß von 200 mm gefordert habe, sei dies nur irrtümlich so formuliert worden. Es sei vorgesehen gewesen, durchgängig ein Circa-Maß von 200 mm zu fordern. Die Beigeladene hat betont, dass unter exakt der gleichen Bezeichnung "... GNKE 300 EBF" vom Hersteller auch Produkte geliefert werden, die eine Sockelhöhe von 200 mm gewährleisten. Mit 700 mm bis 900 mm Höhe decke das Produkt die gesamte Bandbreite ab. Der Auftraggeber hat erklärt, dass es ihm hinsichtlich der Maße in erster Linie auf die einheitliche lichte Arbeitshöhe von 900 mm ankam. Diese werde durch die von der Beigeladenen angebotenen Produkte gewährleistet.
Es mag vorliegend so sein, dass die Abweichungen der von der Beigeladenen angebotenen Produkte im Blick auf die Außenabmessungen im Ergebnis die technische Funktionsfähigkeit nicht beeinträchtigen und möglicherweise als im Ergebnis noch zulässige technische Abweichungen i. S. des § 21 Nr. 2 VOB/A zu bewerten sind. Andererseits wäre der Auftraggeber jedoch auch ohne weiteres in der Lage gewesen, hinsichtlich der Maße Bandbreiten vorzugeben. Tatsächlich jedoch hat er hinsichtlich sämtlicher Maße exakte Millimeterangaben gefordert. Selbst wenn er sich bezüglich dieser Abweichungen noch im Rahmen seines Ermessens gem. § 21 Nr. 2 VOB/A gehalten hat, ist dieses Ermessen jedoch überschritten, soweit er die Abweichung der von der Beigeladenen angebotenen Druckgarbraisiere im Hinblick auf den Nenninhalt und Nutzinhalt akzeptiert hat. Bereits diese erhebliche Abweichung von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses führt gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A i. V. m. § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A zum zwingenden Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen.
Gemäß § 114 Abs. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Aufgrund der oben unter II. 2. festgestellten Tatsache, dass die Beigeladene mit ihrem Angebot von den Festlegungen der Verdingungsunterlagen abgewichen ist, war festzustellen, dass die Antragstellerin durch die Entscheidung des Auftraggebers, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen, in ihren Rechten verletzt ist. Der Auftraggeber war daher zu verpflichten, erneut in die Angebotswertung einzutreten, diese unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut durchzuführen und das Angebot der Beigeladenen auszuschließen.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790). Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt nach wie vor 2. 500 €, die Höchstgebühr nunmehr 50. 000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100. 000 €.
Es wird eine Gebühr in Höhe von ... € gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt ... €. Der Betrag entspricht der vom Auftraggeber dokumentierten Angebotssumme der Antragstellerin und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2. 500 € (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80. 000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50. 000 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt.
Bei einer Ausschreibungssumme von ... € ergibt sich eine Gebühr in Höhe von ... €.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.
Der Auftraggeber ist jedoch von der Pflicht zur Entrichtung der Kosten gemäß § 128 Abs. 1 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 Nds. VwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04).
Der Auftraggeber hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten und damit die Anwaltskosten zu erstatten. Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i. V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.
Angesichts der Tatsache, dass der Auftraggeber im Nachprüfungsverfahren unterlegen ist, hat sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.
IV. Rechtsbehelf
Gemäß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden.