Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 29.10.2010, Az.: VgK-54/2010
Die fehlende Dokumentation von im Zuge eines Verhandlungsverfahrens durchgeführten Bietergesprächen ist eine Verletzung i.S.d. §§ 97 Abs. 1 GWB und 32 Abs. 1 SektVO; Die Berücksichtigung eines angebotenen Nachlasses ist bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots gem. § 29 SektVO unzulässig; Bei einer Zuordnung des verfahrensgegenständlichen Auftrags zum Bereich der Sektorentätigkeit der Auftraggeberin kann die SektVO angewandt werden; Die mangelnde Dokumentation von Ablauf und Inhalt der Bietergespräche kann einen Bieter in seinen objektiven Bieterrechten beeinträchtigen
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 29.10.2010
- Aktenzeichen
- VgK-54/2010
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 36711
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 97 Abs. 1 GWB
- § 98 Nr. 1, 2, 4 GWB
- § 8 SektVO
- § 29 SektVO
- § 32 Abs. 1 SektVO
Verfahrensgegenstand
Abschluss eines Vertrages über die Ausführung von Fahrzeug-/Stadtbahnreinigung
In dem Nachprüfungsverfahren
...
hat die Vergabekammer
durch
den Vorsitzenden MR Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin BOR'in Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn Sameluck,
auf die mündliche Verhandlung vom 29.10.2010
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Auftraggeberin wird verpflichtet, das Vergabeverfahren hinsichtlich des Loses 1 in das Stadium vor Durchführung der Bietergespräche zurückzuversetzen, die Bietergespräche wie auch das weitere Verfahren in einer den Anforderungen des § 32 SektVO genügenden Weise zu dokumentieren, die Bieter zur Abgabe eines neuen Angebotes aufzufordern und das Verfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer weiterzuführen.
- 2.
Die Kosten werden auf xxxxxx EUR festgesetzt.
- 3.
Die Kosten des Verfahrens haben die Auftraggeberin und die Beigeladene zu je 1/2 zu tragen. Die Auftraggeberin ist jedoch von der Entrichtung des auf sie entfallenden Kostenanteils befreit.
- 4.
Die Auftraggeberin und die Beigeladene haben der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu je 1/2 zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragstellerin notwendig.
Begründung
I.
Die Auftraggeberin ist eine Tochtergesellschaft der xxxxxx (xxxxxx), die eine 100%-ige Tochter der Stadt xxxxxx ist. Mit Bekanntmachung vom xxxxxx.2010, veröffentlicht am xxxxxx.2010, hat sie die Innenreinigung von Stadtbahnen und Omnibussen europaweit im Verhandlungsverfahren für die Zeit vom 01.10.2010 bis zum 30.09.2011 (Los 1) bzw. 01.01.2011 bis zum 31.12.2011 (Los 2), jeweils mit Verlängerungsoption um weitere 2 Jahre, als Sektorenauftrag ausgeschrieben, nachdem sie bereits mit Datum vom 12.05.2010 auf das beabsichtigte Verfahren hingewiesen hatte. Der Bekanntmachung war zu entnehmen, dass eine Unterteilung in zwei Lose vorgesehen ist. Nebenangebote und Änderungsvorschläge waren nicht zugelassen. Hinsichtlich der Teilnahmebedingungen waren zur Beurteilung der persönlichen Lage des Wirtschaftsteilnehmers und dessen Leistungsfähigkeit verschiedene Angaben und Formalitäten gefordert.
Der Zuschlag sollte auf das wirtschaftlich günstigste Angebot aufgrund der in den Verdingungs-/Ausschreibungsunterlagen, der Aufforderung zur Angebotsabgabe oder zur Verhandlung genannten Kriterien erfolgen. Den in der Bekanntmachung genannten Termin zur Abgabe der Teilnahmeanträge korrigierte die Auftraggeberin mit Bekanntmachung vom xxxxxx.2010 auf den 25.06.2010, 13.00 Uhr. Eine Mindest- oder Höchstzahl der Teilnehmer, die zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert werden sollen, war nicht genannt. Von 22 Bewerbern wählte die Auftraggeberin neun Bieter aus, die sie zur Abgabe eines Angebotes aufforderte, unter ihnen die Antragstellerin und die Beigeladene. Diesem Bieterkreis übersandte sie mit E-Mail vom 12.07.2010 die Ausschreibungsunterlagen.
Der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes ist zu entnehmen, dass der Einreichungstermin für die Abgabe des Angebotes der 06.08.2010, 13.00 Uhr, war. Ferner sollte die Zuschlagsfrist am 03.09.2010 enden. Hinsichtlich der Zuschlagskriterien ist unter den Angebotsbedingungen unter Ziffer 1.3 Angebotsbewertung ausgeführt:
Angebotspreis: | 85 |
---|---|
Nachweis Qualitätsmanagement: | 5 |
Nachweis Organisationsstruktur, Schulungskonzept | 5 |
Vorlage Handelsregisterauszug: | 1 |
Vorlage Gewerbezentralregisterauszug: | 1 |
Nachweis Vergütung der eingesetzten Mitarbeiter nach TV Gebäudereiniger | 3 |
Ausschlusskriterium bei Los 2: fehlende Bestätigung über Fahrerlaubnis Klasse D
Die Bieter wurden ferner darauf hingewiesen, dass die o. g. Nachweise zwingend mit dem Angebot einzureichen sind. Unter Ziffer 5.5 der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes ist ferner festgelegt, dass die Abwicklung im Verhandlungsverfahren in verschiedene, aufeinander folgenden Phasen zur Begrenzung der Zahl der Angebote nicht beabsichtigt ist. Mit einer weiteren E-Mail vom 12.07.2010 wurden die Vergabeunterlagen ergänzt bzw. korrigiert.
Bei der Submission ergab sich, dass sieben Bieter ein Angebot eingereicht hatten; unter ihnen die Antragstellerin und die Beigeladene. Im Gegensatz zu den anderen Bietern hatte die Antragstellerin nur auf das Los 1 (Fahrzeuginnenreinigung Stadtbahn) ein Angebot abgegeben.
Der Zusammenfassung der Einzelergebnisse/Auswertung bei gemeinsamer und getrennter Vergabe der Lose 1 und 2 vom 06.08.2010 ist zu entnehmen, dass die getrennte Beauftragung die wirtschaftlichere Variante darstellt. Es wurde empfohlen, die Verhandlungsgespräche aufzunehmen und den Bietern die Möglichkeit einzuräumen, die Angebotspreise zu überarbeiten.
Über den Inhalt der Gespräche mit den Bietern, die teilnehmenden Personen und insbesondere zur Frage, bis wann die Bieter noch ein oder mehrere überarbeitete Angebote einreichen konnten, befindet sich kein Vermerk in der Vergabeakte. Es wurde lediglich mit Datum vom 30.08.2010 festgehalten, mit welcher Firma wann ein Bietergespräch geführt wurde.
Sodann befinden sich in der Vergabeakte überarbeitete Angebote der Bieter, die in der Zeit vom 26.08.2010 bis zum 02.09.2010 bei der Auftraggeberin eingingen. Die Angebotspreise wurden per E-Mail, Telefax oder mit der Post gesandt. Die Beigeladene hatte mit Datum vom 31.08.2010 neue Angebotspreise genannt. In einer E-Mail vom 01.09.2010 wies sie darauf hin, dass ihr Angebotspreis nur für das Jahr 2011 gilt und sie die Preise für die Jahre 2012 und 2013 um 3% erhöhen muss.
Einer nicht unterschriebenen Zusammenfassung der Einzelergebnisse/Auswertung bei gemeinsamer und getrennter Vergabe der Lose 1 und 2 vom 02.09.2010 ist zu entnehmen, dass die Antragstellerin bei Los 1, die Beigeladene bei Los 2 und auch bei einer gemeinsamen Beauftragung beider Lose jeweils das wirtschaftlichste Angebot eingereicht hatte. Die Auftraggeberin hatte bei ihrer Zusammenstellung sowohl die 3%ige Erhöhung als auch den Nachlass bei einer gemeinsamen Beauftragung der beiden Lose an die Beigeladene berücksichtigt.
Am 03.09.2010 ging bei der Auftraggeberin um11.25 Uhr per Fax und um 11.39 Uhr per E-Mail ein erneut überarbeitetes, drittes Angebot der Beigeladenen vom 31.08.2010 ein, in dem die Beigeladene neue niedrigere Preise anbot, die jetzt für die gesamte Laufzeit des Vertrages gelten sollen.
Einer unterschriebenen Zusammenfassung der Einzelergebnisse/Auswertung bei gemeinsamer und getrennter Vergabe der Lose 1 und 2 vom 03.09.2010 ist zu entnehmen, dass sowohl bei einer getrennten als auch bei einer gemeinsamen Vergabe die Beigeladene das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat. Auch hier hatte die Auftraggeberin dabei eine 3%ige Erhöhung bei den Angebotspreisen der Beigeladene berücksichtigt, obwohl diese das in ihrem zuletzt überarbeiteten Angebot vom 03.09.2010 nicht angeboten hatte.
Unter Bezugnahme auf den Vergabevermerk vom 03.09.2010 wird dort empfohlen, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen. Lt. Vergabevermerk wird ferner empfohlen, die Absageschreiben sofort zu versenden, damit frühestens nach 15 Kalendertagen der Auftrag erteilt werden kann. Sofern die Bieter auf eine Einspruchsfrist verzichten, wäre eine frühzeitigere Beauftragung möglich. Seitens der Auftraggeberin wurde dem Vergabevorschlag zugestimmt.
Ebenfalls am 03.09.2010, kurz nach Erhalt des 2. überarbeiteten Angebotes der Beigeladenen und der abschließenden Angebotswertung, versandte die Auftraggeberin die Informationen nach § 101a GWB an die Antragstellerin und die anderen nicht berücksichtigten Bieter vorab per E-Mail und bat um Zustimmung zum Einspruchsverzicht bis zum 10.09.2010.
Mit Telefax vom 09.09.2010 rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Vergabe an die Beigeladene und beanstandet, dass die Information nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht, da ihr keine Gründe für die Nichtberücksichtigung genannt worden seien. Ferner führt sie aus, dass in dem Bietergespräch ausdrücklich eine Angebotsabgabe per E-Mail bis zum 03.09.2010 zugelassen war. Sie geht davon aus, dass der Beigeladenen eine zweite Nachbesserungsmöglichkeit gegeben wurde, um noch einen niedrigeren Preis anzubieten.
Nachdem die Auftraggeberin mit Schreiben vom 10.09.2010 (irrtümlich datiert auf den 10.08.2010) zu dem Rügeschreiben Stellung genommen hatte, beantragte die die Antragstellerin mit Schreiben vom 15.09.2010, eingegangen bei der Vergabekammer am 16.09.2010, die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Sie begründet ihren Nachprüfungsantrag unter Zugrundelegung ihres Rügeschreibens.
Ferner führt sie auch aufgrund der eingeschränkten Akteneinsicht aus, dass die Auftraggeberin ihr am 03.09.2010 telefonisch mitgeteilt habe, dass sämtliche Nachbesserungsangebote bereits vorliegen würden und ihr Angebot das zuletzt eingereichte sei. Des Weiteren sei sie informiert worden, dass sie preislich vorne liegt. Der Vertreter der Auftraggeberin habe ihr auch mitgeteilt, dass der Beigeladenen Gelegenheit gegeben wurde, nochmals ein Nachbesserungsangebot abzugeben.
Die Antragstellerin beanstandet, dass die Auftraggeberin Angebote bevorzuge, die einen Nachlass bei einer Gesamtvergabe über beide Lose gewähren, obwohl sie eine losweise Vergabe ausgeschrieben hat. Dies hätte die Auftraggeberin vorher bekannt geben müssen. In diesen Zusammenhang vertritt sie die Auffassung, dass das Angebot der Beigeladenen ausgeschlossen werden müsse, da diese einen Preisnachlass unter der Bedingung einer Gesamtvergabe angeboten habe. Dies sei eindeutig ein nicht zugelassenes Nebenangebot.
Die Antragstellerin trägt vor, dass sie im Bietergespräch durch die Auftraggeberin darauf hingewiesen wurde, dass nurein (Zahlwort) neues Angebot bis zum Ablauf der Angebotsfrist 03.09.2010 abgegeben werden könne. Ein entsprechend überarbeitetes Angebot der Beigeladenen habe zum Zeitpunkt ihrer Angebotsabgabe bereits vorgelegen. Die Beigeladene hätte daher nicht exklusiv die Chance erhalten dürfen, noch ein weiteres, drittes Angebot einzureichen.
Die Antragstellerin beantragt
die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens gem. §§ 107 ff GWB.
Ferner beantragt sie,
- 1.
der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakten gem. § 111 Abs. 1 GWB zu gewähren,
- 2.
die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin für notwendig zu erklären,
- 3.
der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens und die Aufwendungen für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung aufzuerlegen.
Die Auftraggeberin beantragt:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 15.09.2010 wird verworfen, hilfsweise zurückgewiesen.
- 2.
Es wird festgestellt, dass die Hinzuziehung der Bevollmächtigten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragsgegnerin erforderlich gewesen ist.
Sie hält den Nachprüfungsantrag für unzulässig, da der Antragstellerin keinen Schaden entstehen würde. Diesen habe sie nicht einmal im Ansatz dargelegt. Ferner habe die Antragstellerin nicht belegt, dass sie den zu vergebenden Auftrag frist- und fachgerecht erledigen kann.
Soweit der Nachprüfungsantrag nicht unzulässig ist, sei er jedenfalls unbegründet. Sie führt dazu aus, dass keine Verletzung des Geheimwettbewerbs vorliege. Sie habe sich ausdrücklich vorbehalten, die Leistungen insgesamt oder losweise zu vergeben. Einheitlicher Abgabetermin für das jeweils letzte Angebot sei der 03.09.2010 nach Durchführung der Verhandlungen gewesen. Nach dem Angebot der Antragstellerin sei kein weiteres Angebot mehr eingegangen. Das Angebot der Beigeladenen hätte zu dem Zeitpunkt bereits vorgelegen. Der technische Mitarbeiter der Auftraggeberin sei vielmehr nach dem Bietergespräch von der Antragstellerin telefonisch bedrängt worden, ob 3% Nachlass auf das bereits vorliegende Angebot ausreichen würden, um den Zuschlag zu erhalten.
Sie sieht auch keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, da die Beigeladene nach der Angebotsabgabe lt. der ersten Zusammenstellung vom 02.09.2010 hinsichtlich der Gesamtvergabe das wirtschaftlichste Angebot eingereicht hat. Die zweite E-Mail der Beigeladenen sei innerhalb der allen Bietern bekannten Angebotsfrist eingegangen und zu werten gewesen. Es habe allen Bietern frei gestanden, innerhalb der Frist eine unbeschränkte Anzahl an Angeboten zu legen.
Die Auftraggeberin sieht ferner keine Verletzung des Transparenzgebotes. Wesentlich sei, dass bereits nach Vorlage des ersten überarbeiteten Angebotes der Antragstellerin die Beigeladene das wirtschaftlichere Gesamtangebot eingereicht hatte. Damit sei zugleich erläutert, dass die Absageinformationen ausreichend waren. Die Antragstellerin habe aus der Mitteilung vom 03.09.2010, spätestens jedoch aus der Präzisierung vom 10.09.2010 erkennen können, aus welchen Gründen sie nicht den Zuschlag erhalten kann.
Sie sieht ebenfalls keine Verletzung des Wettbewerbs-/Wirtschaftlichkeitsgebotes, da die Beigeladene am 03.09.2010 und damit noch vor Ablauf der Angebotsfrist per E-Mail ein erneutes Angebot gesandt hatte und somit ihre bereits vorher errungene Position als Bestbieter nur noch weiter ausgebaut habe. An der grundsätzlichen Vergabeentscheidung habe es im Nachhinein keine Änderungen in der Reihenfolge gegeben. Selbst unterstellt, sie habe der Beigeladenen das Angebot zur Kenntnis gegeben, hätte dies keine Konsequenzen gehabt, da das Angebot der Beigeladenen bereits vorher günstiger gewesen sei.
Die Beigeladene hat erst im Nachgang zur mündlichen Verhandlung vom 29.10.2010 mit Anwaltsschriftsatz vom 02.11.2010 beantragt,
- 1.
die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen;
- 2.
der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
In der Sache hat sich die Beigeladene den Ausführungen der Auftraggeberin angeschlossen.
Die Vergabekammer hat mit Verfügung des Vorsitzenden vom 08.10.2010 gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 GWB) hinaus bis zum 08.11.2010 verlängert.
Die Vergabekammer hat in der mündlichen Verhandlung vom 29.11.2010 auf Antrag der Antragstellerin einen Mitarbeiter der Auftraggeberin als Zeugen zum Ablauf und Inhalt des von der Auftraggeberin mit der Antragstellerin geführten Bietergesprächs befragt. Zum Inhalt der Zeugenaussage wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung verwiesen.
Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 29.10.2010 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Die Auftraggeberin hat gegen das Transparenzgebot gemäß § 97 Abs. 1 GWB und ihre Dokumentationspflichten aus § 32 Abs. 1 der Sektorenverordnung (SektVO) verstoßen. Sie hat es versäumt, die mit den Bietern im Zuge des Verhandlungsverfahrens im August durchgeführten Bietergespräche in der Vergabeakte zu dokumentieren, so dass die zwischen den Beteiligten streitige Tatsache, ob der Antragstellerin im Zuge des Bietergesprächs erklärt wurde, sie könne noch ein letztes Angebot bis zum Ablauf der Angebotsfrist am 03.09.2010 abgeben, weder belegt noch widerlegt ist. Die Auftraggeberin war und ist ferner nicht berechtigt, bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gemäß § 29 SektVO den von der Beigeladenen unter der Bedingung des Zuschlags auf beide Lose angebotenen Nachlass zu berücksichtigen. Denn die Auftraggeberin hatte Nebenangebote gemäß § 8 SektVO ausdrücklich nicht zugelassen.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Auftraggeberin, der xxxxxx, handelt es sich vorrangig um eine öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB, die von der Stadt xxxxxx und damit einem öffentlichen Auftraggeber im Sinne des§ 98 Nr. 1 GWB mehrheitlich beherrscht wird. Die Stadt xxxxxx übt ihre Beteiligung über die xxxxxx (xxxxxx) (vormals xxxxxx) aus, die sich wiederum zu 100% im Eigentum der Stadt xxxxxx befindet. Die xxxxxx wiederum hält der 98,7% der Anteile an der xxxxxx (vgl. Internetauftritt der Stadt xxxxxx: www.xxxxxx.de - Städtische Gesellschaften - Unternehmen im Konzern der Stadt xxxxxx - xxxxxx). Die Auftraggeberin ist nicht bei allen Beschaffungen als - vergaberechtlich privilegierte - Sektorenauftraggeberin im Sinne des § 98 Nr. 4 GWB einzustufen. Der Unternehmensgegenstand der Auftraggeberin ist zwar gemäß § 3 Abs. 1 der Unternehmenssatzung der Öffentliche Personennahverkehr und damit auf eine Tätigkeit im Sektorenbereich im Sinne der Nr. 4 der Anlage zu§ 98 Nr. 4 GWB und der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.03.2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. L 134 vom 30.04.2004, S. 1) in der aktuellen Fassung und § 1 der Sektorenverordnung (SektVO) ausgerichtet. Ihr Gesellschaftszweck ist aber nicht vorrangig durch Wirtschaftlichkeitsaspekte geprägt. Von § 98 Nr. 2 GWB werden juristische Personen des privaten Rechts erfasst, die von der öffentlichen Hand überwiegend finanziert werden oder bei denen die öffentliche Hand den beherrschenden Einfluss infolge Aufsicht oder mehrheitlicher Beteiligung ausübt und die im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben nicht gewerblicher Art erfüllen. Erfasst werden damit vor allem Beteiligungsgesellschaften der öffentlichen Hand im Bereich der Daseinsvorsorge (vgl. Rusam/Weyand in: Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 11. Auflage, Vorbemerkungen zur VOB/A, Rdnr. 27). Merkmal der Sektorenauftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 4 GWB und der vormaligen 4. Abschnitte der VOL/A und der VOB/A ist es hingegen gerade, dass Wirtschaftlichkeitsaspekte Vorrang vor Vorsorgeüberlegungen haben. Sektorenauftraggeber nehmen am Marktgeschehen teil wie ein normales Wirtschaftsunternehmen, so dass ihre wirtschaftliche Tätigkeit einen wesentlichen Umfang haben muss, d.h. aber insbesondere, dass sie sich im Wettbewerb mit Konkurrenten mit dem gleichen Geschäftszweck befinden und ihre Tätigkeit in erster Linie gewinnorientiert ist. Aus diesem Grunde fielen kommunale Unternehmen im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehr (wie xxxxxx oder xxxxxx) bereits regelmäßig nicht unter den 4. Abschnitt der VOL/A 2006, da sie nicht vorrangig gewinnorientiert sind. Von § 98 Nr. 2 GWB werden gerade auch Beteiligungsgesellschaften der öffentlichen Hand im Bereich der Daseinsvorsorge erfasst, die besondere Bedeutung im kommunalen Bereich haben. Kommunen erfüllen ihre Aufgaben der Daseinsvorsorge oftmals nicht unmittelbar selbst oder durch rechtlich unselbständige Eigenbetriebe, sondern mitunter durch Gesellschaften, an denen sie wieder zusammen mit privaten Wirtschaftsunternehmen beteiligt sind (sog. gemischtwirtschaftliche Unternehmen) oder - häufiger - durch rechtlich selbständige Eigengesellschaften. In beiden Fällen findet im Grunde genommen lediglich eine Aufgabenverlagerung statt, ohne dass sich der am Allgemeininteresse orientierte Gesellschaftszweck ändert (vgl. Rusam/Weyand, a.a.O., Rdnr. 55).
Es ist jedoch vorliegend vergaberechtlich nicht zu beanstanden, dass sich die Auftraggeberin ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen Vermerks zur Wahl des Vergabeverfahrens vom 03.05.2010 entschlossen hat, den verfahrensgegenständlichen Auftrag als Sektorenauftrag im Sinne der SektVO einzustufen und von einer freien Wahl der Art des Vergabeverfahrens ausgegangen ist. Gemäß § 6 Abs. 1 SektVO können Auftraggeber bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zwischen offenem Verfahren, nicht offenem Verfahren mit Bekanntmachung und Verhandlungsverfahren mit Bekanntmachung wählen. Die am 29.09.2009 in Kraft getretene SektVO (BGBl. 2009 I Nr. 62 vom 28.09.2009) gilt nicht nur für die ausschließlichen Sektorenauftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 4 GWB. Ihr Anwendungsbereich gilt gemäß § 1 SektVO vielmehr ausdrücklich für Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 - 4 GWB. Der sachliche Anwendungsbereich der Sektorenverordnung umfasst wiederum, wie vormals § 8 VgV, die Vergabe von Aufträgen über Sektorentätigkeiten gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 SektVO, die die durch § 1 Abs. 2 SektVO in Bezug genommenen Schwellenwerte erreichen oder übersteigen. Durch diese Regelung hat der Verordnungsgeber eine Abkehr vollzogen von der bisher gültigen (doppelten) Differenzierung der Verdingungsordnungen sowohl zwischen Auftraggebern gemäß § 98 Nr. 1 - 3 GWB und solchen gemäß § 98 Nr. 4 GWB als auch zwischen den verschiedenen Sektorentätigkeiten gemäß § 7 Abs. 1 i.V.m. § 8 Nr. 1, Nr. 4 lit. b, lit. c VgV alte Fassung (a.F.) einerseits und gemäß § 8 Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 4 lit. a VgV a.F. anderseits (vgl. Müller-Wrede, SektVO, § 1, Rdnr. 2, m.w.N.).
Entscheidend für die Anwendbarkeit der SektVO und der damit verbundenen vergaberechtlichen Privilegierungen wie etwa der freien Wahl der Verfahrensart ist somit allein, ob der verfahrensgegenständliche Auftrag dem Bereich der Sektorentätigkeit der Auftraggeberin zuzuordnen ist. Zum Sektorenbereich Verkehr gehört u.a. das Erbringen von Verkehrsleistungen, die Bereitstellung oder das Betreiben von Infrastruktureinrichtungen zur Versorgung der Allgemeinheit im Eisenbahn-, Straßenbahn- oder sonstigem Schienenverkehr, mit Seilbahnen sowie automatischen Systemen, im Öffentlichen Personennahverkehr im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) auch mit Kraftomnibussen und Oberleitungsbussen (vgl. Nr. 4 der Anlage zu § 98 Nr. 4 GWB). Gegenstand des vorliegenden Vergabeverfahrens sind zwar keine unmittelbaren Verkehrsdienstleistungen. Der verfahrensgegenständliche Vertrag über die Ausführung von Fahrzeug-/ Stadtbahnreinigung dient jedoch unmittelbar dem Verkehrsbetrieb der Auftraggeberin und damit einer Sektorentätigkeit im Sinne des § 1 SektVO.
Der streitbefangene Auftragswert übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach§ 127 GWB festgelegt sind. Der Anwendungsbereich der SektVO ist gemäß § 1 Abs. 2 SektVO beschränkt auf Auftragsvergaben, die die Schwellenwerte erreichen oder übersteigen, die in Art. 16 der Sektorenrichtlinie (SKR) festgelegt und nach Art. 69 SKR jeweils dynamisch angepasst sind und gelten. Damit nimmt§ 1 Abs. 2 SektVO im Wege einer dynamischen Verweisung direkt auf die unionsrechtlichen Schwellenwerte Bezug . Der für die vorliegende Ausschreibung geltende Schwellenwert liegt bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen gemäß Art. 16 lit. a SKR bei 387.000 EUR (vgl. VO (EG Nr. 1177/2009, ABl. L 314 vom 30.11.2009, 64)). Ausweislich des Vermerks der Auftraggeberin zur Wahl des Vergabeverfahrens vom 03.05.2010 beträgt der geschätzte Gesamtauftragswert vorliegend ca. xxxxxx EUR netto, und übersteigt somit den maßgeblichen Schwellenwert für die Anwendung der SKR.
Die Antragstellerin ist auch gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie die Auffassung vertritt, die Auftraggeberin habe unter Verstoß gegen den vergaberechtlichen Transparenzgrundsatz gemäß § 97 Abs. 1 GWB und den vergaberechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß § 97 Abs. 2 GWB zu Unrecht das Angebot der Beigeladenen als wirtschaftlichstes Angebot im Sinne des § 97 Abs. 5 GWB und § 29 SektVO ermittelt. Die Auftraggeberin sei nicht berechtigt gewesen, den von der Beigeladenen angebotenen Nachlass im Falle eines Zuschlags für beide Lose kostenmindernd zugunsten der Beigeladenen zu berücksichtigen. Ein Angebot für eine Gesamtvergabe und ein damit zusammenhängender Nachlass wäre nur berücksichtigungsfähig gewesen, wenn das Angebot im Wege eines zulässigen Nebenangebotes verbreitet worden wäre. Die Auftraggeberin habe in ihrer Bekanntmachung jedoch keine Nebenangebote gemäß § 8 SektVO zugelassen. Vor allen Dingen aber habe die Auftraggeberin den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, indem sie der Beigeladenen nach Durchführung der Bietergespräche und nach Durchführung der daraufhin eingegangenen überarbeiteten Angebote exklusiv noch einmal Gelegenheit gegeben habe, ein wiederum nachgebessertes Angebot abzugeben. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist weiterhin, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Auflage, § 107 GWB, Rdnr. 954). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat zumindest schlüssig vorgetragen, dass sie bei aus ihrer Sicht konformer Durchführung des Vergabeverfahrens eine Chance auf den Zuschlag hätte. Es ist im Übrigen nicht erforderlich, dass ein Antragsteller schlüssig darlegt, dass er bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten würde (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.1999, Az.: Verg 1/99).
Der Nachprüfungsantrag ist auch nicht mangels rechtzeitiger Rüge gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB unzulässig. Danach ist der Antragsteller verpflichtet, vor Anrufung der Vergabekammer den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich zu rügen. Die Auftraggeberin hatte die Antragstellerin und die übrigen nicht berücksichtigten Bieter vorab per E-Mail am 03.09.2010 und sodann per Fax darüber informiert, dass sie den Zuschlag nicht erhalten wird. Angaben zum frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses sowie den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, enthielt die Information nicht. Die Informationen erfolgten erst in einem weiteren Schreiben der Auftraggeberin vom 10.09.2010 auf die Rüge der Antragstellerin vom 09.09.2010. Die innerhalb von 6 Tagen auf das erste Informationsschreiben der Auftraggeberin abgesetzte Rüge erfolgte unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Antragstellerin zur Prüfung der Sach- und Rechtslage und zur Formulierung des Rügeschreibens in nicht zu beanstandender Weise einen Rechtsanwalt konsultiert hat, noch unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB. Es kann daher vorliegend dahinstehen, ob die Präklusionsregel gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteile vom 28.01.2010 in den Rechtsachen C-406/08 und C-456/08) überhaupt noch anwendbar ist (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 26.04.2010, Az.: 13 Verg 4/10, und Beschluss vom 04.03.2010, Az.: 13 Verg 1/10; a. A. OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010, Az.: WVerg 6/10, zitiert nach ibr-online).
2.
Der Nachprüfungsantrag ist begründet. Die Auftraggeberin hat gegen das Transparenzgebot gemäß § 97 Abs. 1 GWB und ihre Dokumentationspflichten aus § 32 Abs. 1 SektVO verstoßen. Sie hat es versäumt, die mit den Bietern im Zuge des Verhandlungsverfahrens im August 2010 durchgeführten Bietergespräche hinreichend in der Vergabeakte zu dokumentieren, so dass insbesondere der zwischen der Antragstellerin und der Auftraggeberin streitige Ablauf und Inhalt des mit der Antragstellerin durchgeführten Bietergesprächs nicht belegt ist. Infolge der mangelnden Dokumentation kann vorliegend nicht geklärt werden, ob die Bieter nach Ablauf der Bietergespräche lediglich noch berechtigt waren, ein einziges überarbeitetes Angebot abzugeben, wie die Antragstellerin vorträgt, oder ob die Bieter bis zum Ablauf der Angebotsfrist 03.09.2010 beliebig viele überarbeitete Angebote abgeben konnten, wie die Auftraggeberin vorträgt (im Folgenden a). Darüber hinaus war und ist die Auftraggeberin nicht berechtigt, bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gemäß § 29 SektVO den von der Beigeladenen unter der Bedingung des Zuschlags auf beide Lose angebotenen Nachlass zugunsten der Beigeladenen zu berücksichtigen, da die Auftraggeberin keine Nebenangebote im Sinne des § 8 SektVO zugelassen hatte (im Folgenden b).
a)
Die Auftraggeberin hat gegen das vergaberechtliche Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB verstoßen, da die Vergabeakte hinsichtlich Inhalt und Ablauf der von der Auftraggeberin im August 2010 geführten Bietergespräche keine den Anforderungen des § 32 Abs. 1 SektVO genügende Dokumentation enthält. In der Vergabeakte enthalten ist lediglich ein mit "Chronologie Bietergespräche" überschriebenes Blatt vom 30.08.2010, aus dem Datum und Uhrzeit der zwischen dem 13.08. und 30.08.2010 geführten Bietergespräche unter Benennung der einzelnen Firmen hervorgehen. Aussagen zu Inhalt und Ablauf der Gespräche sowie der teilnehmenden Personen sind dort nicht vermerkt. Im Vergabevermerk vom 03.09.2010 ist zu den Bietergesprächen auf S. 2 und 3 lediglich ausgeführt:
"Nach erfolgter Auswertung und interner Durchsprache der Ergebnisse wurde vor dem Hintergrund der geringen Angebotspreisdifferenzen entschieden, bis auf die ... alle weiteren Bieter zu einem Bietergespräch einzuladen. Da alle fachtechnischen Fragen der Unternehmen bzw. der Vergabestelle bereits im Rahmen der Bieterfrist geklärt werden konnten, sollten die Bietergespräche abschließend dazu genutzt werden, den Bietern eine Möglichkeit zu geben, ihren Angebotspreis noch einmal zu überprüfen. Aufgrund von Terminschwierigkeiten bei den Bietern und der Vergabestelle erfolgten die Gespräche im Zeitraum vom 13.08. bis zum 30.08.2010. Die abschließenden Angebotspreise sollten bis zum 03.09.2010 der xxxxxx übersandt werden. ... Von der Möglichkeit der Angebotsüberarbeitung haben alle verbliebenen 6 Firmen Gebrauch gemacht. Die überarbeiteten Angebote sind im Zeitraum 26.08.2010 bis 03.09.2010 fristgemäß eingegangen."
Gemäß § 32 Abs. 1 SektVO sind Auftraggeber verpflichtet, sachdienliche Unterlagen über jede Auftragsvergabe zeitnah zu erstellen und die Entscheidungen über die Auswahl der Unternehmen und der Auftragsvergabe, die Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung und die Nichtanwendung der Vergabevorschriften nachvollziehbar zu dokumentieren. Die Pflicht zur zeitnahen Erstellung sachdienlicher Unterlagen über jede Auftragsvergabe entspricht dem Grundsatz der Transparenz des § 97 Abs. 1 GWB, der für den Nicht-Sektorenbereich in den Dokumentationspflichten des§ 20 VOL/A (vormals § 30 VOL/A), § 24 EGVOL/A (vormals § 30a VOL/A), § 20 VOB/A (vormals § 30 VOB/A) und § 12 VOF (vormals § 18 VOF) geregelt ist. Ein Verstoß gegen diese Transparenzanforderungen resultiert daher stets auch in einem Verstoß gegen § 97 Abs. 1 GWB. Die Dokumentation dient einerseits der Überprüfbarkeit der Entscheidung durch Nachprüfungsinstanzen. Andererseits soll sie Bewerbern und Bietern ermöglichen, spätestens im Nachprüfungsverfahren nachzuvollziehen, warum der Auftraggeber bei der Prüfung und Wertung ihrer Unterlagen zum jeweiligen Ergebnis kam, sowie, ob die im Verfahren verbleibenden Bieter aufgrund sachgerechter, nachvollziehbarer und ermessensfehlerfreier Entscheidung bestimmt worden sind (vgl. Diehl in: Müller-Wrede, SektVO, § 32, Rdnr. 4, m.w.N.). Der Weg zur Vergabeentscheidung soll vom Bieter nachvollzogen und auch kontrolliert werden können. Durch die Dokumentationsvorschriften soll eine erleichterte Nachprüfung der Richtigkeit der getroffenen Feststellungen und der jeweiligen Verfahren ermöglicht werden (vgl. Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, Vergaberecht, § 97, Rdnr. 101). Diese Ex-post-Transparenz ist schließlich auch für einen effektiven Rechtschutz erforderlich, so dass alle Entscheidungsschritte grundsätzlich zu dokumentieren sind und nicht erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens vorliegen müssen (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 03.08.1999, NZBau 2000, S. 44 ff.). Der Anwendungsbereich des § 32 SektVO erstreckt sich dabei ebenso wie im Falle des § 20 VOL/A, § 24 EGVOL/A, § 20 VOB/A und § 12 VOF sowohl auf den formalen Verfahrensablauf als auch materiell auf die Maßnahmen, Feststellungen und Begründungen der einzelnen Entscheidungen. Zwar muss die Dokumentation nicht notwendigerweise in einem zusammenhängen Vergabevermerk erfolgen. Es ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass das Verfahren lückenlos dokumentiert wird, wobei der Vermerk aus mehreren Teilen bestehen kann (vgl.OLG Schleswig, Beschluss vom 20.03.2008, Az.: 1 Verg 6/07; OLG Koblenz, Beschluss vom 06.11.2008, Az.: 1 Verg 3/08). Dies galt bereits nach alter Rechtslage, wo der Wortlaut der Normen noch den Begriff des Vergabevermerks verwandte. Die Dokumentation muss gemäß § 32 SektVO jedoch ausdrücklich zeitnah erstellt und darum laufend fortgeschrieben werden. Die einzelnen Maßnahmen, Entscheidungen und deren Gründe sind daher jeweils zeitnah zu dokumentieren (vgl. Diehl, SektVO, § 32, Rdnr. 27). Gerade bei mehrere Monate dauernden Verfahren wird nur auf diese Weise gewährleistet, dass die jeweiligen Vorüberlegungen, Erwägungen und Entscheidungen möglichst genau und unverfälscht dokumentiert werden. Durch die Pflicht zur laufenden Dokumentation werden zudem nachträgliche Manipulationsmöglichkeiten verringert. Nicht ausreichend ist es daher, wenn der Vermerk z.B. erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens und Zuschlagserteilung oder gar erst anlässlich eines Nachprüfungsantrags angefertigt wird (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 20.03.2008 - 1 Verg 6/07).
Die mangelnde Dokumentation von Ablauf und Inhalt der Bietergespräche - insbesondere des mit der Antragstellerin am 25.08.2010 geführten Bietergesprächs - beeinträchtigt vorliegend die Antragstellerin auch in ihren objektiven Bieterrechten. Denn aufgrund dieser mangelhaften Dokumentation kann vorliegend die zwischen der Antragstellerin und der Auftraggeberin strittige Frage nicht geklärt werden, ob der Antragstellerin in dem Bietergespräch bedeutet wurde, dass im Nachgang zum Bietergespräch lediglich noch ein einziges, überarbeitetes Angebot abgegeben werden durfte, oder ob die Auftraggeberin, wie sie vorträgt, es ausdrücklich offen gelassen und den Bietern anheim gestellt hat, wie viele überarbeitete Angebote sie noch bis zum Ablauf der Angebotsfrist am 03.09.2010 abgeben wollten. Die Frage hat Auswirkungen auf die Zuschlagschancen der Antragstellerin, denn die Antragstellerin hat auf der Basis der mit ihrem überarbeiteten Angebot eingereichten neuen Stundenverrechnungssätze vom 02.09.2010 ausweislich der Vergabeakte das preislich niedrigste und damit wirtschaftlichste Angebot abgegeben (Angebotswertung, Stand: 02.09.2010). Erst bei Berücksichtigung des von der Beigeladenen am 03.09.2010 abgegebenen dritten Angebotes hat die Beigeladene auch hinsichtlich des Loses 1 das preislich niedrigste Angebot abgegeben.
Die Auftraggeberin hat im Zuge des Nachprüfungsverfahrens schriftsätzlich und auch in der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2010 erklärt, dass sie allen Bietern in den Bietergesprächen lediglich bedeutet hätte, dass sie noch etwas am Preis machen sollten und diesbezüglich ausdrücklich nicht lediglich ein weiteres Angebot abgeben durften. Die Beigeladene hat für das mit ihr geführte Gespräch den Vortrag der Auftraggeberin bestätigt. Die Antragstellerin ist bei ihrem Vortrag geblieben, dass ihr bedeutet wurde, sie dürfe noch lediglich ein überarbeitetes Angebot bis zum Ablauf der Angebotsfrist am 03.09.2010 einreichen. Die Vergabekammer hat auf Antrag der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung zu der Frage, wie das Verhandlungsgespräch zwischen der Auftraggeberin und der Antragstellerin am 25.08. verlaufen ist, Beweis erhoben durch Befragung des von der Antragstellerin benannten Mitarbeiters der Auftraggeberin, Herrn xxxxxx, der beim Bietergespräch zugegen war. Der Zeuge hat ausgesagt, dass er sich an das Gespräch vom 25.08.2010 mit der Antragstellerin erinnere. Er habe das Gespräch von Seiten der Auftraggeberin aber nicht geführt. Er habe an dem Gespräch lediglich teilgenommen für den Fall, dass irgendwelche technischen Fragen zu erörtern waren. Er erinnere sich daran, dass der Antragstellerin bedeutet wurde, dass sie noch Gelegenheit habe, am Preis nachzubessern, und auch daran, dass dieses bearbeitete Angebot noch bis zum 03.09.2010 abgegeben werden konnte. Eine genaue Uhrzeit sei seines Wissens nicht festgelegt worden. Er wisse nicht, ob gesagt wurde, dass noch ein Angebot abgegeben werden konnte. Vielmehr sei nach seiner Erinnerung allgemein gesagt worden, dass der Preis noch nachgebessert werden könnte bis zum 03.09.2010. Auf Nachfrage der Antragstellerin hat der Zeuge dann erklärt, er habe die Verhandlungen nicht so verstanden, dass lediglich eine bestimmte Anzahl oder gar nur ein einzelnes Angebot noch abgegeben werden konnte.
Auch unter Berücksichtigung dieser Zeugenaussage kann vorliegend nicht geklärt werden, ob die Auftraggeberin der Antragstellerin im Bietergespräch lediglich, wie von der Antragstellerin vorgetragen, eingeräumt hat, noch ein preislich überarbeitetes Angebot bis zum Ablauf der Angebotsfrist am 03.09.2010 abzugeben oder ob der Antragstellerin und den übrigen Bietern, wie von der Auftraggeberin vorgetragen, eingeräumt wurde, beliebig viele, preislich überarbeitete Angebote bis zum Ablauf der Angebotsfrist einzureichen. Diese Ungewissheit geht zulasten der Auftraggeberin, die insoweit ihrer Dokumentationspflicht aus § 32 SektVO nicht nachgekommen ist. Dokumentationsmängel im Vergabeverfahren, die sich - wie vorliegend - tatsächlich zulasten eines Bieters auswirken, führen nach der Rechtsprechung dazu, dass das Verfahren ab diesem Zeitpunkt zu wiederholen ist (vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 08.11.2006, Az.: 11 Verg 4/06). Dies hat vorliegend zur Folge, dass die Auftraggeberin nicht nur gehalten ist, die Bietergespräche selbst zu wiederholen und in einer den Anforderungen des§ 32 SektVO genügenden Weise zu dokumentieren. Auch die auf der Grundlage der nicht dokumentierten Bietergespräche abgegebenen überarbeiteten Angebote kann die Auftraggeberin bei der Entscheidung über den Zuschlag nicht berücksichtigen. Vielmehr ist die Auftraggeberin gehalten, den Bietern in den erneut durchzuführenden Bietergesprächen eindeutig mitzuteilen, ob und bis zu welchem Zeitpunkt sie ein oder mehrere preislich überarbeitete Angebote abgeben können.
b)
Die Auftraggeberin war und ist auch nicht berechtigt, bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gemäß § 29 SektVO den von der Beigeladenen unter der Bedingung des Zuschlags auf beide Lose angebotenen Nachlass zugunsten der Beigeladenen kostenmindernd zu berücksichtigen. Einen derartigen Nachlass für den Fall eines Gesamtzuschlages hätte die Auftraggeberin nur im Rahmen eines zulässigen Nebenangebotes berücksichtigen können. Nebenangebote gemäß § 8 der SektVO hatte die Auftraggeberin jedoch in ihrer Bekanntmachung nicht zugelassen.
Die Beigeladene hat mit Schreiben vom 03.08.2010 ein Angebot für beide Lose abgegeben. Im Nachgang zum Bietergespräch hat sie mit Schreiben vom 31.08.2010 der Auftraggeberin ein preislich überarbeitetes Angebot vorgelegt und dabei unter der Bedingung der Vergabe von Los 1 und Los 2 im Paket einen Preisnachlass von 4.200 EUR angeboten. In einem dritten, ebenfalls auf den 31.08.2010 datierten überarbeiteten Angebot hat die Beigeladene den Nachlass noch einmal erhöht und auch ihre Preise für Los 1 und Los 2 gesenkt. Die Auftraggeberin hat in ihrem Vergabevermerk vom 03.09.2010 festgehalten:
"Die Firma xxxxxx (Beigeladene) hat sowohl bei der Einzel- als auch bei der Gesamtvergabe das wirtschaftlichste Angebot abgegeben. Im Ergebnis ist festzustellen, dass eine Gesamtvergabe an die Firma xxxxxx aufgrund des durch den Anbieter gewährten Preisnachlasses bei der Gesamtvergabe die wirtschaftlichere Variante darstellt."
Als Vergabeempfehlung hält der Vermerk fest:
"Aus diesem Grund wird seitens der Vergabestelle vorgeschlagen, der Firma xxxxxx (Beigeladene) auf Basis der Ausschreibungsunterlagen sowie des abschließenden Angebotes vom 03.09.2010 den Zuschlag für beide Lose als Gesamtvergabe zu erteilen."
Sowohl die in der Vergabeakte enthaltene Angebotsauswertung Stand: 02.09.2010 auf der Basis der ersten überarbeiteten Angebote der Bieter als auch die abschließende Angebotsauwertung Stand: 03.09.2010 unter Berücksichtigung des zweiten überarbeiteten Angebotes der Beigeladenen enthält eine Gegenüberstellung der Angebotspreise für den Fall der getrennten Beauftragung sowie eine Gegenüberstellung für den Fall der gemeinsamen Beauftragung beider Lose. Während die Antragstellerin unter Zugrundelegung der ersten überarbeiteten Angebote (Angebotsauswertung Stand: 02.09.2010) für den Fall der getrennten Beauftragung für das hier verfahrensgegenständliche Los das preislich niedrigste Angebot abgegeben hatte und die Beigeladene nur für den Fall der Gesamtvergabe unter Berücksichtigung ihres Nachlasses auf Rang 1 lag, lag die Beigeladene unter Berücksichtigung ihres zweiten überarbeiteten Angebotes (Angebotsauswertung Stand: 03.09.2010) sowohl für den Fall der getrennten Beauftragung als auch für den Fall der gemeinsamen Beauftragung auf Rang 1.
Da die Beigeladene den Preisnachlass jedoch unter der Bedingung der Beauftragung beider Lose angeboten hat, war der Auftraggeber nicht berechtigt, den Preisnachlass bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gemäß § 29 SektVO zu berücksichtigen. Preisnachlässe mit Bedingungen können nur als (kaufmännisches) Nebenangebot angeboten werden (vgl. Stolz in: Willenbruch-Bischoff, Vergaberecht, § 21 VOB/A, Rdnr. 28; von Wietersheim, SektVO, § 29, Rdnr. 58). Voraussetzung für die Berücksichtigungsfähigkeit derartiger kaufmännischer Nebenangebote in Form von unter Bedingung angebotenen Nachlässen ist jedoch, dass der Auftraggeber überhaupt Nebenangebote zugelassen hat. Gemäß § 8 SektVO kann der Auftraggeber Nebenangebote zulassen. Er muss dies aber in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen angeben. Vorliegend hatte sich der Auftraggeber jedoch ausdrücklich darauf festgelegt, keine Nebenangebote zuzulassen. In der europaweiten Bekanntmachung vom 09.07.2010 heißt es unter 5.2 ausdrücklich:
"Nebenangebote sind nicht zugelassen."
Die Auftraggeberin ist daher gehalten, im Rahmen der erneut durchzuführenden Angebotswertung auf Basis der bei erneuter Durchführung von Bietergesprächen abzufordernden bearbeiteten Angebote etwaige von den Bietern für den Fall der Gesamtbeauftragung beider Lose gewährte Nachlässe bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes nicht zu berücksichtigen. Dem steht nicht entgegen, dass ein derartiger Nachlass vertraglich gleichwohl wirksam wird, wenn ein Bieter sowohl für das hier verfahrensgegenständliche Los 1 als auch für das Los 2 getrennt betrachtet die wirtschaftlichsten Angebote abgegeben hat.
Gemäß § 114 Abs. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Aufgrund der unter II.2. festgestellten Tatsache, dass die Auftraggeberin durch die mangelnde Dokumentation der Bietergespräche gegen das Transparenzgebot gemäß § 97 Abs. 1 GWB und ihre Dokumentationspflichten aus § 32 Abs. 1 SektVO verstoßen hat und unabhängig davon auch bei der Angebotswertung vergaberechtswidrig den unter der Bedingung des Zuschlags für beide Lose von der Beigeladenen angebotenen Nachlass berücksichtigt hat, war die Auftraggeberin zu verpflichten, das Vergabeverfahren hinsichtlich des allein verfahrensgegenständlichen Loses 1 in das Stadium vor Durchführung der Bietergespräche zurückzuversetzen, die Bietergespräche wie auch das weitere Verfahren in einer den Anforderungen des § 32 SektVO genügenden Weise zu dokumentieren, die Bieter zur Abgabe eines neuen Angebotes aufzufordern und das Verfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer weiterzuführen.
Die Vergabekammer darauf hin, dass die Auftraggeberin nicht berechtigt war, die abschließende Angebotswertung vor Ablauf der von ihr festgelegten Frist für die Abgabe der überarbeiteten Angebote und unmittelbar nach Eingang des 2. überarbeiteten Angebotes der Beigeladenen durchzuführen. Die Frist endete in Ermangelung einer festgelegten Uhrzeit erst am 03.09.2010 um 24:00 Uhr.
Ferner weist die Vergabekammer darauf hin, das auch die überarbeiteten Angebote unterschrieben sein müssen (vgl. von Wietersheim in: Müller-Wrede, SektVO, § 26, Rdnr. 23,24). Eine Übersendung per E-Mail genügt nicht.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790). Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt nach wie vor 2.500 EUR, die Höchstgebühr nunmehr 50.000 EUR und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 EUR.
Es wird eine Gebühr in Höhe von xxxxxx EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt xxxxxx EUR. Dieser Betrag entspricht ausweislich der Vergabeakte der Angebotssumme der Antragstellerin in der Fassung ihres überarbeiteten Angebotes für das Los 1 vom 02.09.2010 über die ausgeschriebene einjährige Vertragslaufzeit zzgl. der maximalen Verlängerungsoption für zwei weitere Jahre (xxxxxx EUR netto mtl. X 36 Monate zzgl. 19% MwSt) und damit dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR(§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 EUR (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt.
Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx EUR ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.
Die in Ziffer 2 des Tenors geregelte Aufteilung der Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass sowohl die Auftraggeberin als auch die Beigeladene, die im Nachgang zur mündlichen Verhandlung eigene Anträge gestellt hat, unterlegen ist.
Die Auftraggeberin ist jedoch von der Pflicht zur Entrichtung der Kosten gemäß § 128 Abs. 1 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 Nds. VwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04).
Die Auftraggeberin und die Beigeladene haben der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten und damit die Anwaltskosten zu je 1/2 zu erstatten. Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.
Angesichts der Tatsache, dass die Auftraggeberin und die Beigeladene im Nachprüfungsverfahren unterlegen sind, haben sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.
Die Beigeladene wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den auf sie entfallenden Betrag von xxxxxxEUR unter Angabe des Kassenzeichens
xxxxxx
auf folgendes Konto zu überweisen:
xxxxxx.
Schulte
Herr Sameluck, ehrenamtlicher Beisitzer, kann wegen dienstlich bedingter Abwesenheit nicht selbst unterschreiben
Gause