Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 05.11.2013, Az.: 4 W 192/13

Zulässigkeit einer Bestandteilszuschreibung bei unterschiedlicher Belastung der Grundstücke

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
05.11.2013
Aktenzeichen
4 W 192/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 49558
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2013:1105.4W192.13.0A

Fundstellen

  • BauR 2014, 1049
  • FGPrax 2014, 104
  • MDR 2014, 21-22
  • Rpfleger 2014, 189

Amtlicher Leitsatz

Sind bei der Bestandteilszuschreibung nach § 6 Abs. 1 S. 1 GBO das zuzuschreibende und das aufnehmende Grundstück unterschiedlich belastet, so kann allein hieraus eine Besorgnis der Verwirrung nicht hergeleitet werden.

Tenor:

Auf die Beschwerde des Eigentümers vom 4. Juni 2013 wird das Amtsgericht - Grundbuchamt - S. angewiesen, den Antrag des Eigentümers vom 13. März 2013 nicht aus den Gründen des Beschlusses vom 22. Mai 2013 zurückzuweisen.

Gründe

I.

Der Eigentümer hat einen Antrag auf Bestandteilszuschreibung des unter lfd. Nr. 2 des Bestandsverzeichnisses, Grundbuch von A. Blatt, eingetragenen Flurstücks zu dem unter lfd. Nr. 8 des Bestandsverzeichnisses, Grundbuch von A. Blatt, eingetragenen Grundbesitz gestellt. Das Flurstück ist in Abt. III Nr. 11 mit einer Sicherungshypothek belastet.

Das Grundbuchamt hat eine Zuschreibung gemäß § 6 GBO mit der Begründung verweigert, eine Bestandteilszuschreibung sei nicht möglich, da das zuzuschreibende Grundstück mit Grundpfandrechten in Abt. III des Grundbuchs belastet sei, die nach den Vorschriften der §§ 890, 1131 BGB von dem übernehmenden Grundstück nicht übernommen werden würden. Durch die Bestandteilszuschreibung würde somit eine unterschiedliche Belastung der einzelnen Flurstücke des neu entstandenen Grundstücks in Abt. III des Grundbuchs entstehen, was eine Verwirrung im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 GBO zur Folge haben würde. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Eigentümers.

II.

Die nach § 71 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat Erfolg. Die Begründung des Amtsgerichts in dem angefochtenen Beschluss hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Eine Verwirrung im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 GBO ist zu besorgen, wenn die Eintragungen im Grundbuch durch die Vereinigung derart unübersichtlich und/oder schwer verständlich würden, dass die Rechtslage nicht mehr mit der gebotenen Klarheit und Bestimmtheit erkennbar ist und deshalb die Gefahr von Streitigkeiten eingetragener Berechtigter untereinander mit Dritten oder von Verwicklungen im Fall der Zwangsversteigerung besteht (vgl. z. B. Senat, Beschluss vom 28. August 2013 - 4 W 150/13, nicht veröffentlicht; OLG Brandenburg, Beschluss vom 31. März 2009 - 5 Wx 9/09, juris Rn. 5; BayObLG, Beschluss vom 25. September 1996 - 2Z BR 78/96, juris Rn. 19).

Die unterschiedliche Belastung der zu verbindenden Grundstücke allein begründet - wie § 1131 BGB, der die Verschiedenheit der Belastung voraussetzt, zeigt - regelmäßig nicht die Gefahr der Verwirrung. Solange nämlich aus dem Grundbuch ersichtlich ist, auf welchem Teil des dann einheitlichen Grundstücks welches Recht mit welchem Rang besteht, also die einzelnen Teile nicht katastermäßig verschmolzen sind, ist Verwirrung nicht zu befürchten. Denn die beantragte Zuschreibung als besondere Art der Vereinigung hat lediglich zur Folge, dass die vereinigten Grundstücke ihre Selbständigkeit verlieren. Belastungen bleiben in dem bisherigen Umfang bestehen, keines der früheren Grundstücke haftet für die Lasten der übrigen; die Zwangsvollstreckung kann in jedes der früheren Grundstücke gesondert betrieben werden, wie wenn sie noch selbständige Grundstücke wären. Für die Frage der Beurteilung der Verwirrungsgefahr kommt es dabei auf den Stand des Grundbuchs zum Zeitpunkt der Eintragung der gewünschten Verbindung unter Berücksichtigung gleichzeitig gestellter Anträge an; derzeit nicht beantragte oder in Aussicht stehende Verschmelzungen von Flurstücken - die gegebenenfalls die Annahme der Besorgnis der Verwirrung rechtfertigen könnten -, bleiben für die Beurteilung außer Betracht (vgl. Senat, aaO.; OLG Nürnberg, Beschluss vom 9. Juli 2012 - 10 W 2296/11, juris Rn. 9 unter Bezugnahme auf die dortige - nicht veröffentlichte - Entscheidung vom 28. Dezember 2011 zum Az. 10 W 2043/11; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Juni 2000 - 3 Wx 438/99, juris Rn. 14 f.; OLG Schleswig, Beschluss vom 17. Februar 1982 - 2 W 4/82, juris Rn. 31 f.; Waldner in Bauer/von Oefele, Grundbuchordnung, 3. Aufl., § 6 Rn. 28; anderer Ansicht: Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 636).

2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist durch die beantragte Zuschreibung eine Verwirrung im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 GBO nicht zu befürchten. Es ist nicht ersichtlich, dass ein Antrag auf katastermäßige Verschmelzung bislang gestellt worden ist.

3. Soweit dem Senat unter dem 30. Oktober 2013 zur Kenntnis gebracht worden ist, dass der Eigentümer am ... 2013 verstorben und durch Erbschein vom 23. Oktober 2013 festgestellt worden ist, dass der Erblasser von dem Land N. allein beerbt worden ist, ist auszuführen, dass das Verfahren nicht unterbrochen ist. Die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Unterbrechung und die Aussetzung des Verfahrens (§§ 239 ff. ZPO) sind in den Verfahren nach dem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit grundsätzlich nicht anzuwenden. Die durch die Einlegung eines Rechtsmittels erlangte Rechtsstellung geht in den FGG-Verfahren mit dem Tode des bisherigen Beschwerdeführers grundsätzlich ohne weiteres auf dessen Rechtsnachfolger über. Wer das ist, bestimmt sich nach dem materiellen Recht, das von dem Gericht von Amts wegen zu prüfen und zu ermitteln ist (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Februar 2009 - BLw 12/08, juris Rn. 6, 7).

III.

Eine Kostenentscheidung ist wegen des Erfolgs der Beschwerde nicht veranlasst.