Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 19.06.2024, Az.: VgK-11/2024

Öffentliche Auftraggebereigenschaft in Bezug auf eine Ausschreibung; Gemeinnützige GmbH als eine juristische Person des privaten Rechts; Kein Rechtsweg zu den Vergabekammern für private Fördermittelempfänger

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
19.06.2024
Aktenzeichen
VgK-11/2024
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 23276
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG Celle - AZ: 13 Verg 3/2024

In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragstellerin -
gegen
die xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragsgegnerin -
beigeladen:
xxxxxx,
- Beigeladene -
wegen
Vergabeverfahren "xxxxxx - Beschaffung eines Ressourcenmanagementsystems",
hat die Vergabekammer durch die Vorsitzende RDin von dem Knesebeck, den hauptamtlichen Beisitzer Dipl.-Sozialwirt Tiede und die ehrenamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Gottwald auf die mündliche Verhandlung vom 11.06.2024 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.

  3. 3.

    Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

  4. 4.

    Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten war für die Antragsgegnerin notwendig.

Begründung

I.

Die Antragsgegnerin hat mit EU-Bekanntmachung vom xxxxxx.2024 die Lieferung und Implementierung eines Ressourcenmanagementsystems für den Krankenhausbereich inkl. Systemservice im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Veröffentlichung eines Aufrufs zum Wettbewerb ausgeschrieben.

Nach Ziffer 1.1 der Bekanntmachung handelt es sich bei der Antragsgegnerin um eine Organisation, die einen durch einen öffentlichen Auftraggeber subventionierten Auftrag vergibt.

Gemäß Ziffer 5.1.6 und 5.1.12 erfolgt zudem folgender Hinweis:

Die XXX ist kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB und lediglich aufgrund zuwendungsrechtlicher Nebenbestimmungen zur Anwendung der vergaberechtlichen Bestimmungen verpflichtet. Unternehmen entsteht daher kein vor den Nachprüfungsinstanzen durchsetzbarer Anspruch auf Einhaltung vergaberechtlicher Vorschriften.

Gemäß Ziffer 7 der Nebenbestimmungen zum Förderbescheid des xxxxxx zur Förderung nach § 14a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes i. V. m. §§ 19, 20, 22, 23, 4 Abs. 2 und 6 Abs. 1 Krankenhaustrukturfondsverordnung (KHSFV) für die Einrichtung voll- oder teilautomatisierter klinischer Entscheidungsunterstützungssysteme vom 28.04.2022 gilt:

Bei der Vergabe von Aufträgen sind die Vorgaben des nationalen und europäischen Vergaberechts zu berücksichtigen.

Unter Ziffer 5.1 der Auftragsbekanntmachung wird beschrieben, dass die Antragsgegnerin ein komplexes digitales Krankenhausinformationssystem (xxxxxx) betreibe. Für die ausgeschriebene Leistung gilt:

Die neue Software soll eine automatische Planung von Therapieeinheiten, Raum-, Mitarbeiter- sowie Geräteressourcen unter gesetzeskonformen und hausinternen Anforderungen ermöglichen und muss eine Schnittstelle zum vorhandenen xxxxxx (Terminmanagement) bieten.

Für Referenzen gilt nach Ziffer 5.1.9 der Bekanntmachung zum Nachweis der Eignung für die technische und berufliche Leistungsfähigkeit:

Beschreibung: Eigenerklärungen über mit dem Auftragsgegenstand vergleichbare frühere Aufträge. Es ist mindestens eine Referenzleistung vorzulegen. Dabei gelten folgende Mindestanforderungen hinsichtlich der Vergleichbarkeit:

  • Es muss sich um ein Ressourcenmanagementsystem für den Bereich der Krankenhäuser handeln. Unter einem Ressourcenmanagementsystem versteht der Auftraggeber eine Terminplanungssoftware zur Steuerung der Patiententermine unter automatischen Abgleich von vorhandenen Patienten-, Personal-, Raumund Geräteressourcen.

  • Das Referenzprojekt muss die Anbindung an das xxxxxx der Fa. xxxxxx zum Gegenstand haben.

  • Der Referenzauftrag muss kumulativ Installation, Customizing, Inbetriebsetzung und Pflege des Ressourcenmanagementsystems zum Gegenstand haben.

  • Die Inbetriebnahme der Lösung muss nach dem 01.01.2019 erfolgt sein. Die Lösung muss zwischenzeitlich produktiv im Einsatz sein.

  • Anhand der Kriterien werden die Bewerber ausgewählt, die zur zweiten Phase des Verfahrens eingeladen werden sollen.

  • Gewichtung (Punkte, genau): 100

Mit dem Teilnahmeantrag erfolgte zu einer Referenz in dem eingereichten Referenzblatt folgender Hinweis durch die Antragstellerin: "Durch einen Cybersecurityvorfall ab dem xxxxxx.2024 (siehe Presseportal), musste die Produktivsetzung verschoben werden (ursprünglich xxxxxx.2024). Das System ist eingerichtet und konfiguriert, avisierter Go-Live Mitte 2024. Wir bitten höflich dies positiv zu berücksichtigen. "

Mit Schreiben vom 16.04.2024 teilte die Antragsgegnerin mit, dass der Teilnahmeantrag der Antragstellerin nicht berücksichtigt werden könne, da die Mindestanforderungen an die Eignung (Nachweis mindestens eines produktiv gesetzten Referenzprojektes) nicht erfüllt würden. Die Produktivsetzung des einzig berücksichtigungsfähigen Referenzprojektes "Krankenhaus xxxxxx" sei zwar für xxxxxx/2024 geplant gewesen, habe jedoch wegen eines Cybersecurityvorfalls verschoben werden müssen. Voraussetzung für die Erfüllung der Anforderungen sei mindestens ein bereits produktiv gesetztes Referenzprojekt.

Mit Schreiben vom 26.04.2024 rügte die Antragstellerin, die Nichtberücksichtigung des Teilnahmeantrags wegen angeblich fehlender Eignung. Die Eignungskriterien seien im Ergebnis zu eng ausgestaltet und daher vergaberechtswidrig. Zudem liege ein Verstoß gegen das Gebot der produktneutralen Ausschreibung vor. Die Art und Weise der geforderten Referenzprojekte seien zugunsten der Firma xxxxxx und etwaiger Tochtergesellschaften zugeschnitten. Ferner gehe die Antragstellerin davon aus, dass das ausgeschriebene Vorhaben zu mehr als 50 % subventioniert werde und die Antragsgegnerin, entgegen der Bekanntmachung, als öffentliche Auftraggeberin zu qualifizieren sei.

Am 02.05.2024 teilte die Antragsgegnerin mit, dass sie den Rügen nicht abhelfe. Die Rüge sei verspätet und auch in der Sache unbegründet. Erkennbare Verstöße gegen Vergabevorschriften seien bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung zu rügen. Auch sei nicht zu erkennen, dass überzogene Anforderungen an die Referenzen gestellt worden seien.

Daraufhin reichte die Antragstellerin am 17.05.2024 einen Nachprüfungsantrag ein. Der Nachprüfungsantrag sei sowohl zulässig als auch begründet.

Der Teilnahmeantrag der Antragstellerin sei zu Unrecht ausgeschlossen und der Rüge nicht abgeholfen worden. Die Nichtberücksichtigung des Teilnahmeantrags der Antragstellerin wegen angeblich fehlender Eignung sei vergaberechtswidrig und verstoße gegen den Wettbewerbs- und Transparenzgrundsatz. Zudem sei durch die eingeschränkte und zugeschnittene Leistungsbeschreibung der Bieterkreis vergaberechtswidrig zu eng ausgestaltet worden.

Es handele sich bei der Antragsgegnerin um eine öffentliche Auftraggeberin. Ausschreibungsgegenstand sei ein Dienstleistungsauftrag, der maßgebliche Schwellenwert werde überschritten und es sei kein Ausnahmetatbestand gemäß § 107 GWB einschlägig.

Da die Antragsgegnerin das Vergabeverfahren als EU-weites Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb gemäß GWB und VgV durchführe, müsse sie sich dann auch an den Grundsätzen des GWB messen lassen und einen Rechtsschutz für Bieter gewährleisten. Entgegen der eigenen Qualifizierung sei die Antragsgegnerin öffentliche Auftraggeberin gemäß § 99 Nr. 4 GWB. Der Begriff des Bauprojekts sei im Hinblick auf das Ziel einer fairen, transparenten und nachprüfbaren Vergabe weit auszulegen Die mehr als hälftige Subventionierung begründe in diesen Fällen die für die vergaberechtliche Bindung konstitutive Staatsnähe des Auftraggebers. Die Antragstellerin gehe davon aus, dass entsprechende Fördermittel für das ausgeschriebene Vorhaben eingesetzt würden, so dass dieses Vorhaben zu mehr als 50 % subventioniert werde. Entscheidend sei also, in welcher Höhe die Antragsgegnerin mit Fördermitteln bei der Gesamtkalkulation gerechnet habe.

Hilfsweise sei die Antragsgegnerin öffentliche Auftraggeberin gemäß § 99 Nr. 2 GWB. Der Organisationszweck sei am Gemeinwohl orientiert und weise dadurch eine funktionale Nähe zu den Aufgaben staatlicher Hoheitsträger auf. Zweck deren Gesellschaft sei die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege, die Förderung des Wohlfahrtswesens sowie die Förderung der Volks- und Berufsbildung. Darüber hinaus verfolge die Gesellschaft ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Die Nichtgewerblichkeit sei der Wohlfahrtpflege ihrer Gemeinnützigkeit wegen immanent, ihre Träger sollen nicht eigenwirtschaftliche, sondern mildtätige Zwecke verfolgen. Zudem sei die Nichtgewerblichkeit aufgrund der hohen privaten und öffentlichen Zuwendungen und des Satzungszwecks gegeben.

Aus der Satzung ergebe sich auch, dass die Wahrnehmung der Gemeinwohlaufgabe seinem spezifischen Gründungszweck entspreche. Auch die Zuwendungen seien zu mehr als 50 % öffentlich.

Der Nachprüfungsantrag sei nicht bezüglich der einzelnen Verstöße präkludiert. Die Antragstellerin habe die Rüge rechtzeitig nach Kenntniserlangung des Vergabeverstoßes erhoben. Erstmalig nach Beratung durch die Verfahrensbevollmächtigten nach dem Ausschluss durch die Antragsgegnerin habe die Antragstellerin die vergaberechtliche Problematik durchdrungen. Das gelte auch für die Fehlerhaftigkeit der Verfahrensausgestaltung im Übrigen.

Es sei nicht klar, was "produktiv im Einsatz" bedeute. Zudem sei die Antragstellerin nicht aufgrund der fehlenden Produktivsetzung des Referenzprojektes auszuschließen gewesen, da der Zeitraum bis zum Leistungsbeginn zu berücksichtigen sei. Ferner seien die Eignungskriterien zu eng ausgestaltet und vergaberechtswidrig. Die Kriterien seien derart spezifisch, dass nur ein begrenzter und vergaberechtswidrig beschränkter Kreis von Anbietern sie erfüllen könne. Mit der Anlage "D01: Referenzblatt" habe die Antragstellerin 7 Referenzprojekte nachgewiesen.

Unabhängig davon verfüge die Antragstellerin aber auch über ein Referenzprojekt für den Bereich der Krankenhäuser, das produktiv im Einsatz sei. Hier werde in einem neuen Projekt die Anbindung durch eine Oberflächenintegration erweitert. Lediglich aufgrund eines Cybersecurityvorfalls ab dem xxxxxx.2024 musste die Produktivsetzung verschoben werden. Das Programm sei zum Zeitpunkt der Abgabe des Teilnahmeantrags vollständig eingerichtet gewesen und sei derzeit in Betrieb, jedoch noch mit alter Version. Das System könne somit als produktiv betrachtet werden, auch wenn es noch nicht vollständig implementiert sei. Die geforderte eine Referenzleistung sollte nur dazu dienen, nachweisen zu können, dass der Bieter in der Lage sei, das Ressourcenmanagementsystem mit der Schnittstelle xxxxxx anzubinden. Dies habe die Antragstellerin nachweisen können, da die Anbindung ohne Probleme durchgeführt werden konnte. Der Cybersecurityvorfall dürfe ihr dabei nicht negativ angelastet werden. Grundsätzlich sei auf den Zeitpunkt des Vertragsbeginns abzustellen, sofern sich der öffentliche Auftraggeber nicht in der Bekanntmachung einen anderen Zeitpunkt vorbehalten habe. Vorliegend habe die Antragsgegnerin keinen speziellen Zeitpunkt festgelegt, denn was "zwischenzeitlich" im Kontext zu "produktiv" meine, bleibe auslegungsbedürftig.

Zudem seien die Eignungskriterien so spezifisch ausgestaltet, dass nur ein sehr begrenzter Kreis von Anbietern sie erfüllen könne. Dabei sei die verlangte Anwendung xxxxxx mit der Anwendung xxxxxx des gleichen Anbieters vergleichbar, die keine grundlegend anderen Leistungsmerkmale aufweise.

Die Anforderung an die Referenzen, dass eine Inbetriebnahme der Lösung nach dem 01.01.2019 erfolgt sein müsse, sei nicht nachvollziehbar. Es werde der Anschein erweckt, dass die Ausschreibung absichtlich so gestaltet worden sei, dass nur der Anbieter des xxxxxx selbst für den Auftrag in Frage komme. Denn sowohl der Antragsgegnerin als auch der Anbieterin des eingesetzten Krankenhausinformationssystems sei bekannt, dass die Antragstellerin eine Anbindung an das verlangte System lediglich vor dem 01.01.2019 durchgeführt habe.

Die Doppelbeschränkung "nach dem 01.01.2019" und "produktiv im Einsatz" führe automatisch zum Ausschluss der Antragstellerin.

Ferner würden die Eignungskriterien gegen die Verpflichtung zur produktneutralen Ausschreibung verstoßen. Durch die Anforderung, dass das Referenzprojekt die Anbindung an das xxxxxx zum Gegenstand haben muss, sei die Art und Weise der geforderten Referenzprojekte zugunsten der Herstellerin und etwaiger Tochtergesellschaften zugeschnitten. Wieso hier nicht auch ein anderer xxxxxx-Anbieter möglich sein solle, erschließe sich nicht. Ein rechtfertigender Grund nach § 31 Abs. 6 Satz 2 VgV sei nicht ersichtlich. Aufgrund der jahrelangen Erfahrung sei die Antragstellerin in der Lage, das geforderte Ressourcenmanagementsystem für den Krankenhausbereich inklusive Systemservice zu liefern, zu implementieren und dabei die Schnittstelle zum xxxxxx zu gewährleisten. Die Antragstellerin besitze alle erforderlichen Qualifikationen und Erfahrungen für die erfolgreiche Durchführung und Umsetzung des Auftrages.

Akteneinsicht sei erforderlich, um die subjektiven Rechte der Antragstellerin durchzusetzen.

Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten sei aufgrund der komplexen Sach- und Rechtslage erforderlich.

Auf die Antragserwiderung vom 24.05.2024 und den Hinweis der Vergabekammer vom 28.05.2024 trägt die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 06.06.2024 ergänzend vor, dass die Antragstellerin berechtigt sei, die Auftragswertschätzung der Antragsgegnerin einzusehen. Zudem sei eine Einsichtnahme und die Offenlegung der Referenz Nr. 1 der Beigeladenen essenziell für die Nachprüfbarkeit des Vergabeprozesses.

Hilfsweise müsse sich die Antragsgegnerin aufgrund Ziffer 7 der Nebenbestimmungen zum Zuwendungsbescheid als öffentliche Auftraggeberin behandeln lassen. Die Nebenbestimmungen seien immer Bestandteil des Zuwendungsbescheides. Wenn die Antragsgegnerin damit zur Einhaltung des nationalen und europäischen Vergaberecht verpflichtet werde, deutet dies auch darauf hin, dass öffentliche Mittel verwendet würden, die den Regeln eines vergabekonformen Verfahrens unterliegen. Damit solle auch der Rechtsschutz für Bieter gewährleistet werden, der ansonsten ins Leere laufen würde. Dies müsse auch dann gelten, wenn die Antragstellerin nicht im Sinne des Kartellvergaberechts als öffentliche Auftraggeberin nach § 99 GWB einzustufen wäre. Zudem handele es sich bei Ziffer 7 der Nebenbestimmungen um eine verpflichtende Regelung und es würde damit kein freiwilliges Unterwerfen in Bezug auf die Einhaltung der Bestimmungen des Vergaberechts vorliegen.

Zudem sei festzuhalten, dass gesetzliche Krankenkassen in Deutschland als öffentliche Auftraggeber einzustufen seien und daher grundsätzlich das Vergaberecht beachten müssten. Somit hätten die gesetzlichen Krankenkassengelder auch öffentlich-rechtlichen Charakter. Die Antragsgegnerin rechne ihre Leistungen gegenüber der Krankenkasse ab und erhalte die Vergütung von der gesetzlichen Krankenkasse. Diese Gelder würden somit eine indirekte Finanzierung im Sinne des § 99 GWB darstellen.

Parallelen könnten darüber hinaus zu den deutschen Rundfunkgebühren gezogen werden, denn eine indirekte Form der "Finanzierung" könne die Erhebung gesetzlich festgelegter Zwangsabgaben (Beiträge, Gebühren) darstellen, deren Aufkommen dem fraglichen Rechtsträger zugutekommt. Eine gesetzlich auferlegte Form der indirekten Finanzierung genüge für den vergaberechtlichen Tatbestand der Staatsverbundenheit durch Finanzierung. Auch die gesetzlichen Krankenkassenbeiträge und Abrechnungen über die DRG-Pauschalen würden eine indirekte Finanzierung darstellen. Sowohl gesetzliche Krankenkassenbeiträge als auch Steuern seien essenzielle Elemente eines funktionierenden Staatswesens. Das GWB gewährleiste die Förderung und den Schutz des Wettbewerbs. Um dessen Rechtsdurchsetzung zu gewährleisten, sei die Antragsgegnerin als öffentlicher Auftraggeber einzustufen.

Um Vergaberechtsverstöße erkennen zu können, sei die Kenntnis der hierzu ergangenen Entscheidungspraxis der Vergabekammern und Vergabesenate erforderlich. Vergaberechtsverstöße habe die Antragstellerin erst durch eingehende Beratung durch die Verfahrensbevollmächtigten erkennen können.

Die Rüge der Antragstellerin sei rechtzeitig erhoben worden und nicht präkludiert. Für die Referenzen bliebe völlig unklar, was "produktiv im Einsatz" bedeute. Die Antragstellerin habe lediglich alle Tatsachen ihrer Referenz mitgeteilt und sei davon ausgegangen, dass dies ausreiche. Sonst hätte sie auch mitgeteilt wann Go-Live ist. Zudem seien für sie xxxxxx und xxxxxx vergleichbar. Die Antragstellerin habe auch nicht erkennen können, welche Auswirkungen und Reichweite die Kombination aus den Kriterien des Lastenheftes und der geforderten Eignungskriterien habe. Die Rüge sei auch rechtzeitig erfolgt, da eine Vergleichbarkeit der Teilnahmeanträge nicht gewahrt worden sei. Für die Antragstellerin sei nicht erkennbar gewesen, dass Teilnehmer den Termin der "Produktivsetzung" aktiv verschleiern und erst auf Rückfrage der Antragsgegnerin den Termin mitteilen würden.

Der Nachprüfungsantrag sei auch begründet. Die Antragsgegnerin habe die geforderten Eignungskriterien so konstruiert, dass hier nur und ausschließlich eine Bieterin, und zwar die Beigeladene, die ausgewählten Kriterien erfüllen konnte. Zudem habe es weder Dokumentationen über Prognoseentscheidungen noch über die getroffenen Eignungskriterien gegeben.

Dem Vermerk der Prüfung der Teilnahmeanträge sei nicht zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin eine gesicherte Prognose hinsichtlich der Eignung der Antragstellerin durchgeführt habe. Die Eignung müsse grundsätzlich erst zum Zeitpunkt des Vertragsbeginns bzw. der Ausführung des Auftrags vorliegen. Im Ergebnis habe die Antragsgegnerin die Referenz Nr. 1 als ungeeignet eingestuft, weil sie nicht im Produktivbetrieb sei. Es sei weder eine gesicherte Prognose dahin gehend erfolgt, ob das Projekt bis zur Auftragsvergabe produktiv gehen könne, noch welche Auswirkungen der Cybersecurityvorfall tatsächlich hatte. Zudem nehme die Antragsgegnerin zweierlei Maß. Die Beigeladene habe teilweise die geforderten Referenzeckpunkte nicht vollständig angegeben und Gelegenheit zur Vervollständigung bekommen.

Die Eignungskriterien seien auf die Beigeladene derart zugeschnitten worden, dass alle anderen Teilnehmer sicher ausgeschlossen werden konnten. Es habe eine Aufzählung von Eignungskriterien stattgefunden, die sicherstellen, dass die xxxxxx als einziger möglicher Bieter übrigbleibe. Für die besondere zeitliche Anforderung "nach dem 01.01.2019", habe es keinen technischen oder sonstigen sachlichen Grund gegeben. Der Antragsgegnerin sei vielmehr bekannt gewesen, dass die Antragstellerin aufgrund des Cybersecurityvorfalls eine Anbindung nach 2019 nicht nachweisen könne. Ein sachlicher Grund für das Kriterium sei nicht ersichtlich, da der HL7-Standard seit 1993 existiere.

Auch eine Begrenzung auf xxxxxx sei nicht nachvollziehbar, da xxxxxx und xxxxxx vergleichbar seien. Es hätte zumindest "xxxxxx oder ähnlich" ausgeschrieben werden müssen. Auch wenn es sich um grundsätzlich (zwei) verschiedene Software-Lösungen handele, sei die erforderliche Anbindung an die HL7-Schnittstelle identisch. Aufgrund der identischen Anbindung wäre es auch ausreichend gewesen, ein Referenzprojekt dieser Systeme zu fordern.

Sach- oder auftragsbezogene Gründe für eine Produkt- oder Herkunftsvorgabe seien nicht ersichtlich. Zudem liege ein Dokumentationsverstoß vor, da die erforderliche Dokumentation der Vergabeakte nicht zu entnehmen sei. Es sei auch nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin vorab eine Markterkundung vorgenommen habe. Die geforderten Funktionen könnten nur mit der xxxxxx erreicht werden, was den Wettbewerb unzulässig einschränke.

Auf den gewährten Schriftsatznachlass trägt die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 13.06.2024 ergänzend vor, dass für die Einordnung der "Staatsnähe" eine direkte staatliche Finanzierung nicht erforderlich sei und eine indirekte Finanzierung ausreiche. Im dualen Finanzierungssystem würden die Investitionskosten von den Ländern und die Betriebskosten von den Krankenkassen und Selbstzahlern getragen. Wenn die Investitionskosten von den Ländern getragen würden, liege somit eine öffentlich-rechtliche Finanzierung vor. Zudem sei die Förderung nach dem KHG, als Grundlage der Investitionsfinanzierung, öffentlich-rechtlich. Somit könne trotz privater Trägerschaft eine öffentlich-rechtliche Eigenschaft bejaht werden.

Es sei auch fraglich, auf die Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2022 abzustellen. Wenn die Ausschreibung am xxxxxx.2024 bekannt gemacht wurde, sollte der Bezugspunkt auch in dem Haushalts- und Wirtschaftsjahr liegen. Die Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2022 reiche nicht, um festzustellen, ob eine überwiegend staatliche Finanzierung vorliege.

Nach dem von der Antragsgegnerin zitierten Aufsatz ergebe sich für die Antragstellerin eine Auftraggebereigenschaft kraft Zuwendungsbescheid. Aus den Nebenbestimmungen eines Förderbescheids könne eine Verpflichtung zur Beachtung des Vergaberechts erwachsen, auch wenn das private Krankenhaus nicht als öffentlicher Auftraggeber nach dem GWB eingestuft werden könne. Die Verpflichtung zur Beachtung des Vergaberechts würde ohne die Möglichkeit der Überprüfung durch eine Vergabekammer ins Leere laufen. Die Verpflichtung zur Einhaltung des Vergaberechts in einem Förderbescheid stelle somit eine ergänzende und unabhängige Grundlage dar. Hilfsweise sollte in den Fällen, in denen private Einrichtungen durch öffentliche Mittel und Vorgaben gebunden werden, der Rechtsschutz für Bieter analog zu dem bei öffentlichen Auftraggebern gestaltet sein.

Die Rüge sei rechtzeitig erfolgt. Die Antragstellerin sei sich nicht im Klaren darüber gewesen, was genau für die Referenzen mit "Produktivsetzung" gemeint sein könne. Als produktiv könne das System auch betrachtet werden, wenn es noch nicht vollständig implementiert, die Software jedoch eingerichtet sei. Aufgrund der Auslegungsbedürftigkeit sei für die Antragsgegnerin nicht klar zu erkennen gewesen, ob die Referenz gewertet werden könne oder nicht. Zumindest hätte aufgeklärt werden müssen, ob die Antragstellerin aufgrund des angegebenen Referenzprojektes nicht doch die erforderliche Leistungsfähigkeit besitze.

Nachgeschobene Gründe der Antragsgegnerin seien nicht ausreichend und würden die mangelhafte Dokumentation des Vergabevermerks nicht heilen.

Der Vergabevermerk sei hinsichtlich des spezifischen Zuschnitts der gewählten Eignungskriterien auf nur ein Unternehmen unvollständig und damit intransparent. Weshalb fünf Jahre als Referenzzeitraum gewählt worden seien, ergebe sich weder aus dem Vergabevermerk noch aus einer nachgeschobenen Begründung. Wenn es nur auf die Erfahrung angekommen wäre, hätte hier kein Zeitraum gewählt werden müssen. Zudem hätte sich die Antragsgegnerin im Vorfeld erkundigen müssen, wie die Anbindung eines Ressourcenmanagementsystem an ein Krankenhausinformationssystem erfolge und ob es vergleichbare Systeme gebe, die als Referenz geeignet seien.

Die Antragstellerin beantragt,

  1. 1.

    der Antragsgegnerin zu untersagen, dass das vorbezeichnete Vergabeverfahren durch Zuschlagserteilung abgeschlossen wird;

  2. 2.

    der Auftragsgegnerin aufzugeben, den Ausschluss des Teilnahmeantrags der Antragstellerin aufzuheben und die Wertung des Teilnahmeantrags unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Antragstellerin zu wiederholen;

  3. 3.

    der Antragstellerin kurzfristig Einsichtnahme in die Vergabeakten zu gestatten;

  4. 4.

    der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens, einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin aufzuerlegen;

  5. 5.

    die Hinzuziehung der Bevollmächtigten der Antragstellerin für notwendig zu erklären,

  6. 6.

    erweiterte Einsicht in die Vergabeakte durch Offenlegung der Referenz Nr. 1 des Bieters 2 gemäß der Anlage 2 - Prüfung Referenzen (geschwärzt) sowie der weiteren Aufklärung zu den fehlenden Angaben.

Die Antragsgegnerin beantragt:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 17.05.2024 wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Der Antrag der Antragstellerin auf Akteneinsicht wird zurückgewiesen.

  3. 3.

    Der Antragstellerin werden die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin auferlegt.

  4. 4.

    Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten der Antragsgegnerin wird für notwendig erklärt.

Die Antragsgegnerin sei kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB. Für den Primärrechtsschutz sei folglich nicht die Vergabekammer zuständig.

Es gehe vorliegend um keine der unter § 99 Nr. 4 GWB fallenden Maßnahmen, sondern um die Beschaffung eines Softwaresystems. Zwar solle die Beschaffung der Software aus Fördermitteln nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz finanziert werden. Unter Ziffer 7. der Nebenbestimmungen zum Zuwendungsbescheid heiße es jedoch lediglich: "Bei der Vergabe von Aufträgen sind die Vorgaben des nationalen und europäischen Vergaberechts zu berücksichtigen." Diese Nebenbestimmung dürfte dahin zu verstehen sein, dass nur die Zuwendungsempfänger, die ohnehin dem Vergaberecht unterfallen, dieses bei der Vergabe von Aufträgen aus Fördermitteln naturgemäß auch beachten müssten. Diese Nebenbestimmung sei jedoch nicht geeignet, eine öffentliche Auftraggebereigenschaft der Antragsgegnerin im Sinne des § 99 GWB zu begründen.

Die Antragsgegnerin sei auch keine öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 99 Nr. 2a GWB. Demnach seien öffentliche Auftraggeber auch "andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern sie unter anderem überwiegend von Stellen nach § 99 Nr. 1 oder 3 GWB einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden."

Die Antragsgegnerin firmiere als gemeinnützige GmbH. Entsprechend müssten die erwirtschafteten Erträge für gemeinnützige Zwecke verwendet werden. Eine Ausschüttung an die Gesellschafter erfolge nicht. Im Gegenzug sei die gGmbH steuerrechtlich begünstigt.

Auch wenn im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen seien, sei doch die Nichtgewerblichkeit der Antragsgegnerin als privates Klinikum fraglich. Nichtgewerblichkeit knüpfe an den Zweck des funktionalen Auftraggeberbegriffs an, wodurch alle Einrichtungen dem europäischen Vergaberecht unterstellt werden sollen, bei denen die Gefahr bestehe, dass sie sich bei der Auftragsvergabe von anderen als wirtschaftlichen Erwägungen leiten lassen. Dies sei immer dann der Fall, wenn die Vergabestelle bei einer konkreten Tätigkeit nicht oder nicht vollständig den Marktgesetzen unterliege, also nach anderen Kriterien als Effizienz und Rentabilität wirtschaften könne. Das Merkmal der Tätigkeit nichtgewerblicher Art hänge auch nicht zwingend von der Gewinnerzielungsabsicht ab, sondern vielmehr davon, ob das Unternehmen den Kräften des Wettbewerbs ausgesetzt sei.

Insgesamt sei das Tatbestandsmerkmal der Nichtgewerblichkeit hier nicht erfüllt. Denn die Antragsgegnerin trage das vollständige wirtschaftliche Risiko ihrer Tätigkeit. Sie sei insolvenzfähig und nicht durch eine staatliche Stelle vor einem Insolvenzrisiko geschützt. Zudem gebe es keine Gewährsträgerhaftung nach einem Staatsvertrag oder nach einem Gewinnabführungs- oder Verlustausgleichsvertrages.

Auch fehle es zweifellos an der erforderlichen Staatsgebundenheit in Form der von der Antragstellerin behaupteten überwiegenden Finanzierung durch den Staat oder staatliche Stellen. Die Antragsgegnerin finanziere sich ausweislich der Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2022 nahezu ausschließlich aus Erlösen für Krankenhausleistungen (rd. xxxxxx €). Neben Zuwendungen in Höhe von rd. xxxxxx € würden keine weiteren öffentlichen Mittel in die Finanzierung der Antragsgegnerin fließen. Insofern sei die "Staatsgebundenheit" als Voraussetzung für eine öffentliche Auftraggebereigenschaft hier nicht vorhanden.

Weitere Alternativen des § 99 Nr. 2 GWB würden ersichtlich ausscheiden, denn schon aus der Gesellschafterstruktur der Antragsgegnerin ergebe sich, dass keine staatliche Kontrolle vorliege. Die Nebenbestimmungen zum Zuwendungsbescheid seien nicht geeignet, über die abschließende Aufzählung des § 99 GWB hinaus einen weiteren Tatbestand als öffentlicher Auftraggeber zu generieren.

Selbst wenn die Antragsgegnerin öffentliche Auftraggeberin sei, wäre der Nachprüfungsantrag unzulässig. Denn Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar seien, wären spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung genannten Frist zur Bewerbung zu rügen. Die Rüge der Antragstellerin sei jedoch erst am 26.04.2024 erfolgt. Die Frist zur Teilnahme am Vergabeverfahren habe bereits am xxxxxx.2024 geendet. Damit wäre die Rüge präkludiert.

Der Antragstellerin sei der Begriff der Produktivität im Einsatz durchaus klar gewesen, denn sie habe selbst angegeben, dass die Produktivsetzung der von ihr angebotenen Software beim Referenzkunden aufgrund eines Cybersecurityvorfalls verschoben werden musste. Sie gehe also davon aus, dass mit dem produktiven Einsatz der Software beim Referenzkunden erst für Mitte 2024 zu rechnen sei. Dies werde auch durch den "entschuldigenden" Hinweis auf den Cybersecurityvorfall als Hindernis für die Produktivsetzung untermauert. Sollte der Begriff der Produktivsetzung also unklar gewesen sein, wäre sie in der Lage gewesen, dies zu erkennen und innerhalb der Teilnahmefrist zu rügen. Erkennbar wären auch die weiteren behaupteten Vergabeverstöße gewesen, wie etwa die vermeintliche Einengung des Wettbewerbs durch die Formulierung der Eignungsanforderungen und die Ausgestaltung des Lastenheftes. Der in Frage kommende Markt werde nur von wenigen Unternehmen bedient, so dass davon auszugehen sei, dass die Fähigkeiten der wenigen Wettbewerber und die Eigenschaften der "Konkurrenzprodukte" der Antragstellerin als einer Marktführerin ohne weiteres bekannt seien.

Der Nachprüfungsantrag sei auch in der Sache unbegründet. Die definierten Kriterien zur Feststellung der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit seien vergaberechtskonform. Die Antragsgegnerin habe sich darauf beschränkt, eine Referenzleistung zu fordern, bei der es sich um ein Ressourcenmanagementsystem für den Bereich der Krankenhäuser handele und definiert, was unter einem solchen Ressourcenmanagement zu verstehen sei. Zudem müsse das Referenzprojekt die Anbindung an das im Einsatz befindliche Krankenhausinformationssystem der Firma xxxxxx zum Gegenstand haben. Der Referenzauftrag müsse kumulativ die Installation, das Customizing, die Inbetriebsetzung und die Pflege des Ressourcenmanagementsystems zum Gegenstand haben. Die Antragstellerin nehme für sich selbst auch in Anspruch, zur Erbringung der geforderten Leistungen technisch und beruflich leistungsfähig zu sein und an der Produktivsetzung im benannten Referenzprojekt lediglich durch einen Cybersecurityvorfall gehindert worden zu sein.

Damit habe die Antragstellerin in dem für die Eignungsprüfung maßgeblichen Zeitpunkt der Abgabe des Teilnahmeantrages ausdrücklich nicht über die nachzuweisende Eignung verfügt. Es komme allein auf den Zeitpunkt der Eignungsprüfung durch den Auftraggeber an, die spätere Nachreichung von Eignungsnachweisen sei grundsätzlich nicht möglich. Dem stünde auch schon der Wettbewerbsgrundsatz entgegen, da weitere Unternehmen ggf. von einer Bewerbung abgesehen hätten, weil sie über keine entsprechende Referenz verfügt hätten. Zudem würden Bewerber in zweistufigen Vergabeverfahren, dessen Eignung erst einmal festgestellt worden ist, grundsätzlich Vertrauensschutz genießen.

Die Forderung nach mindestens einem erfolgreichen Referenzprojekt sei keinesfalls überambitioniert. Eignungsanforderungen müssten nicht so definiert werden, dass möglichst viele Unternehmen am Verfahren teilnehmen können. Es sei dem Auftraggeber grundsätzlich unbenommen, im Bereich der Eignungskriterien auch ambitionierte Vorgaben zu setzen.

Vorliegend handele es sich um ein komplexes Software-Projekt, das für den reibungslosen Betrieb des Krankenhauses von erheblicher Bedeutung sei. Pannen bei der Implementierung der neuen Software und der Anbindung an das vorhandene Krankenhausinformationssystem würden zu massiven Einschränkungen im Krankenhausbetrieb und der Versorgung der Patienten führen.

Es werde überdies bestritten, dass xxxxxx und xxxxxx in der Anbindung am zu liefernden RMS technisch vergleichbar seien. Es handele sich um grundsätzlich unterschiedliche Softwaresysteme, die beim Hersteller als unterschiedliche Produktlinien angeboten werden. Eine kostspielige und langwierige Prozedur, wenn die Schnittstelle im HL7-Standard erst geschaffen und konfiguriert werden müsse, könne nur vermieden werden, wenn von beiden Seiten bereits eine fertige, auf diese spezifischen Softwareprodukte zugeschnittene Schnittstelle (also Integration) bereits existiere. Zudem würde die einfache Existenz des Standards HL7 nicht bedeuten, dass eine Integration schon als gegeben angesehen werden könne.

Die geforderte Inbetriebnahme der Referenzlösung nach dem 01.01.2019 sei der Vorgabe des § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV geschuldet, der die Forderung nach Referenzprojekten auf die letzten höchstens drei Jahre beschränkt. Der Referenzzeitraum sei sogar über diese drei Jahre hinaus erweitert worden. Die zeitlichen Vorgaben seien für die Bewerber schon in der Teilnahmephase erkennbar gewesen.

Es sei auch kein Verstoß gegen § 31 Abs. 6 Satz 1 VgV erkennbar. Eine Festlegung der Referenzen an die Version 4 der Software der Antragstellerin ist entgegen deren Vortrag nicht erfolgt. Gefordert sei in den Eignungskriterien, dass es sich um ein Ressourcenmanagementsystem für den Bereich der Krankenhäuser handeln müsse. Insofern wäre eine Referenz zu der Version 3 ausreichend gewesen. Neben der noch nicht produktiv gesetzten Referenz habe die Antragstellerin nur Referenzen mit einer jeweiligen Anbindung an ein Rehainformationssystem der Firma xxxxxx benannt. Diese seien jedoch nicht vergleichbar.

Die Frage, warum als Referenz nicht auch ein anderer xxxxxx-Anbieter (als Bestandssystem) möglich gewesen wäre, erschließe sich nicht. Das vorhandene System der Firma xxxxxx sei seit Jahren im Einsatz. Nur ein erfolgreiches Referenzprojekt inklusive einer Anbindung an das bestehende Krankenhausinformationssystem der Firma xxxxxx biete die erforderliche Grundlage für eine Prognose hinsichtlich der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit der Bewerber.

Dem Antrag auf Akteneinsicht sei zu widersprechen, denn der Nachprüfungsantrag sei aufgrund der fehlenden Eigenschaft der Antragsgegnerin als öffentlicher Auftraggeber unzulässig. Die Frage der Unzulässigkeit sei auch ohne Einsicht in die Vergabeakte zu klären.

Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten bei der Antragsgegnerin sei erforderlich gewesen, da diese als privatrechtliches Unternehmen regelmäßig nicht mit Fragen des Vergaberechts befasst sei. Sie verfüge daher über keine entsprechende eigene rechtliche Expertise im Unternehmen.

Mit Schriftsatz vom 10.06.2024 trägt die Antragsgegnerin vertiefend und ergänzend vor, dass sich die Analogien zu Rundfunkanstalten und Krankenkassen nicht auf private Krankenhäuser übertragen lassen würden. Da den Zahlungen der Krankenkassen medizinische Leistungen der Antragsgegnerin gegenüberstehen würden, werde die Antragsgegnerin nicht überwiegend öffentlich finanziert. Die "Staatsgebundenheit" als Voraussetzung für eine öffentliche Auftraggebereigenschaft im Sinne des § 99 Nr. 2 lit. a) GWB sei daher nicht vorhanden.

Die Antragsgegnerin sei auch nicht durch den Zuwendungsbescheid zur Einhaltung des Vergaberechts "verpflichtet" worden. Durch die Nebenbestimmungen seien dem Fördermittelgeber lediglich Möglichkeiten eröffnet worden, Fördermittel zurückzufordern.

Die geforderte "Produktivsetzung" eines Referenzsystems sei auch nicht auslegungsbedürftig. Der Antragstellerin sei völlig klar gewesen, was mit "Produktivsetzung" gemeint gewesen sei. Die Behauptung, Teilnehmer hätten den Termin der "Produktivsetzung" aktiv "verschleiern" können, sei sachfremd und für die in Rede stehende Präklusion irrelevant. Für eine Aufklärungspflicht müsse ein tatsächlicher Aufklärungsbedarf bestehen, der hier nicht vorgelegen habe. Eine Produktivsetzung sei ohne Zweifel bislang nicht erfolgt.

Da die Antragstellerin die Mindestanforderungen nicht erfüllt habe, sei sie zwingend auszuschließen. Entscheidend sei allein, dass die geforderte Produktivsetzung nicht erfolgt sei. Ob eine spätere Produktivsetzung erfolgsversprechend werde, könne von der Antragsgegnerin nicht beurteilt werden und sei auch nicht relevant. Eine Prognoseentscheidung sei dahin gehend nicht möglich.

In der Ausschreibung sei gerade keine Produktvorgabe erfolgt, sondern nur die Vorgabe, dass die geforderte Erfahrung in der Anbindung an das vorhandene xxxxxx der Antragsgegnerin vorhanden sein müsse.

Zudem trägt die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 14.06.2024 vor, dass die Inhalte aus dem zitierten Aufsatz aus dem Kontext gerissen und falsch wiedergegeben worden seien und durch Nebenbestimmungen eben gerade nicht die Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber begründet werden könne.

Hinsichtlich der Gewinn- und Verlustrechnung seien die Zahlen für das Jahr 2023 noch nicht veröffentlicht worden, so dass auf 2022 abzustellen sei.

Die Beigeladene hat keine Anträge gestellt.

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.06.2024 verwiesen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig. Der Rechtsweg zur Vergabekammer ist nicht eröffnet. Die Antragsgegnerin ist keine öffentliche Auftraggeberin i. S. v. § 99 GWB. Sie unterfällt weder § 99 Nr. 2a GWB noch § 99 Nr. 4 GWB. Die Antragsgegnerin ist als gemeinnützige GmbH eine juristische Person des privaten Rechts, die im Allgemeininteresse liegende Aufgaben erfüllt, allerdings fehlt es an der erforderlichen Staatsnähe durch eine überwiegende Finanzierung von Stellen nach Nr. 1 und Nr. 3 des § 99 GWB. Weiter handelt es sich bei der zu vergebenden Leistung weder um eine Baumaßnahme noch um eine damit in Verbindung stehende Dienstleistung i. S. d. § 99 Nr. 4 GWB. Auf die Höhe der Förderung kommt es daher nicht an. Darüber hinaus wird eine Person des privaten Rechts nicht über die Nebenbestimmung eines Fördermittelbescheides zum öffentlichen Auftraggeber. § 99 GWB ist abschließend zu verstehen (vgl. 1 a).

Selbst wenn man aber mit der Antragstellerin die Auffassung vertreten würde, dass der Rechtsweg zur Vergabekammer eröffnet ist, ist der Nachprüfungsantrag gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB unzulässig, da die Beanstandungen der Antragstellerin, die Anforderungen an die Referenzen seien unklar sowie auf einen Bieter zugeschnitten und würden durch ihre Ausgestaltung gegen den Grundsatz der Produktneutralität nach § 31 Abs. 6 S. 1 VgV verstoßen, präkludiert sind. Für die Antragstellerin waren bereits mit Erstellung des Teilnahmeantrags anhand der Auftragsbekanntmachung und der Vergabeunterlagen sowohl die Referenzanforderungen als auch die Leistungsmerkmale erkennbar. Der Hinzuziehung der Bevollmächtigten bedurfte es dafür nicht. Die Antragstellerin hätte ihre Rügen bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber erheben müssen (vgl. 1 b).

Eine weitergehende Akteneinsicht wird nicht gewährt. Der Antragstellerin wurden bereits alle für ihre Rechtsverfolgung notwendigen Unterlagen zur Verfügung gestellt (vgl. 1 c).

Sowohl die Eröffnung des Rechtsweges als auch die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages unterstellt, ist der Nachprüfungsantrag unbegründet. Die Anforderungen an die Referenzen sowie an die Leistung sind durch den Auftragsgegenstand begründet (vgl. 2).

1. Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig.

a. Der Rechtsweg zur Vergabekammer ist nicht eröffnet. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich nicht um eine öffentliche Auftraggeberin i. S. v. § 99 GWB.

Eine der Voraussetzungen für die Eröffnung des Rechtswegs zur Vergabekammer besteht darin, dass die ausschreibende Stelle öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB ist (vgl. VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 29.09.2023 - VK-SH 13/23).

Für die Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber kommt es (nur) darauf an, ob die Tatbestandsvoraussetzungen der jeweils einschlägigen Tatbestandsvariante für die betreffende Einrichtung bei objektiver Betrachtung erfüllt sind. Subjektive Vorstellungen sind insoweit unerheblich. Dies gilt sowohl für den Fall, dass die betreffende Person oder Einrichtung irrtümlicherweise annimmt, sie sei kein öffentlicher Auftraggeber i. S. d. § 99, als auch in der umgekehrten Situation, dass fälschlicherweise vom Vorliegen der öffentlichen Auftraggebereigenschaft ausgegangen wird. Auch dann, wenn die den Auftrag vergebende Stelle positiv erkennt, kein öffentlicher Auftraggeber zu sein, sich freiwillig aber gleichwohl den Regeln des Vergaberechts unterwerfen willen, wird sie nicht zum öffentlichen Auftraggeber, so dass der perönliche Anwendungsbereich der betreffenden kartellvergaberechtlichen Vorschriften und insbesondere auch das kartellvergaberechtliche Rechtsschutzsystem nicht eröffnet sind (vgl. MüKoEuWettbR/ Ganske, 4. Aufl. 2022, GWB § 99, Rn. 12).

  • Bei der Antragsgegnerin handelt es sich nicht um eine öffentliche Auftraggeberin nach § 99 Nr. 2a GWB.

Gemäß § 99 Nr. 2 GWB sind öffentliche Auftraggeber andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern

a. sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,

b. ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder

c. mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;

dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat.

Zwar handelt es sich bei der Antragsgegnerin als gemeinnützige GmbH um eine juristische Person des privaten Rechts. Sie nimmt im Allgemeininteresse liegende Aufgaben wahr und es sprechen gute Gründe dafür, dass die psychiatrische Versorgung der Bevölkerung durch die Antragsgegnerin auch in nichtgewerblicher Art erfolgt. Letztlich kann es jedoch dahingestellt bleiben, denn die Antragsgegnerin wird nicht aus öffentlichen Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert. Es fehlt somit an der nach § 99 Nr. 2a GWB erforderlichen Staatsnähe.

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist unter dem Begriff der Finanzierung in § 99 Nr. 2 GWB ein Transfer von Finanzmitteln zu verstehen, der ohne spezifische Gegenleistung mit dem Ziel vorgenommen werde, die Tätigkeit der betreffenden Einrichtung zu unterstützen. Da dieser Begriff funktional auszulegen ist, schließt das Kriterium der überwiegenden Finanzierung durch öffentliche Stellen auch eine mittelbare Finanzierungsweise ein. Zahlungen, die im Rahmen eines Leistungsaustausches gewährt werden, stellen hingegen keine öffentliche Finanzierung dar (vgl. EuGH, Urteil vom 12.09.2013 - C-526/11, BeckRS 2013, 81710, beck-online; Urteil vom 13.12.2007 - C-337/06, IBRRS 2007, 5001, beck-online).

Die Zahlungen der gesetzlichen Krankenkassen beinhalten keine Finanzierung i.S. von § 99 Nr. 2a GWB, da sie als spezifische Gegenleistungen für erbrachte Krankenhausbehandlungen geleistet werden. Entgelte für eine konkrete Dienstleistung stellen nach herrschender Meinung keine öffentliche Finanzierung dar (vgl. OLG München, Beschluss vom 19.03.2019 - Verg 3/19; OLG Celle, Beschluss vom 13.10.2016 - 13 Verg 6/16, zu Pflegeentgelten; VK Niedersachsen, Beschluss vom 25.04.2018 - VgK-07/2018).

Der Vergütungsanspruch eines für die Behandlung gesetzlich versicherter Patienten zugelassenen Krankenhauses gegen eine gesetzliche Krankenkasse wird nur begründet, wenn der Versicherte eine Sachleistung i.S.v. § 39 SGB V in Anspruch nimmt (vgl. BeckOK SozR/Kingreen/Bogan, 51. Ed. 01.12.18, § 109, Rn. 44). In welcher Höhe und Umfang ein Krankenhaus Zahlungen von Krankenkassen bezieht, ist daher ausschließlich von den vorgenommenen Krankenhausbehandlungen abhängig und stellt keine Finanzierung ohne spezifische Gegenleistung dar. Es ist allein auf den Inhalt der Rechtsbeziehungen zwischen dem Krankenhausträger und der gesetzlichen Krankenkasse abzustellen, so dass unerheblich ist, dass die gesetzlichen Krankenkassen nach der Rechtsprechung des EuGH als öffentliche Auftraggeber einzustufen sind (vgl. EuGH, Urteil vom 11.06.2009 - C-300/07, OLG München a.a.O.).

Die Antragsgegnerin finanziert sich ausweislich der Gewinn- und Verlustrechnung (vgl. Anlage AG 3) fast nahezu ausschließlich aus Erlösen aus Krankenhausleistungen. Maßgeblich für die Beurteilung des Vorliegens einer Finanzierung sind die im Rahmen der Rechtsbeziehung zwischen der Antragsgegnerin und den Krankenkassen vorgenommenen Zahlungen. Sie erhält von den Krankenkassen für die von ihr gegenüber den Patienten erbrachten Dienstleistungen ein Entgelt. Die Höhe und der Umfang des Entgeltes ist dabei abhängig von der jeweils vorgenommen Versorgung der Antragsgegnerin. Es handelt sich also um eine spezifische Zahlung, die im Rahmen dieses Leistungsaustausches gewährt wird.

Aus der Qualifizierung der Krankenkassen als öffentlicher Auftraggeber, die unstreitig überwiegend durch ihre Mitgliedsbeiträge ohne spezifische Gegenleistung finanziert werden, lässt sich keine indirekte Finanzierung und damit verbundene öffentliche Auftraggebereigenschaft der Antragsgegnerin ableiten. Die von der Antragstellerin angeführten EuGH-Entscheidungen (EuGH, Urteil vom 13.12.2007 - C-337/06 - Bayerischer Rundfunk u.a.; Urteil vom 11.06.2009 - C-300/07 - Hans [~amp]amp; Christophorus Oymanns GbR/AOK Rheinland/Hamburg) lassen sich auf den hier streitgegenständlichen Fall nicht übertragen. Der EuGH hat sich in diesen Entscheidungen eindeutig dahin gehend positioniert, dass es sich bei den Rundfunkanstalten bzw. Krankenkassen um öffentliche Auftraggeber handelt, da den Anstalten bzw. Krankenkassen die Mittel bzw. Beiträge ohne spezifische Gegenleistung zur Verfügung gestellt werden und diese Zahlungen nicht mit einer konkreten vertraglichen Gegenleistung verbunden sind. Für die Konstruktion einer mittelbaren Finanzierung durch die Zahlung von Behandlungsentgelten der Krankenkassen an die Antragsgegnerin für konkret erbrachte Leistungen ist kein Raum.

Eine besondere Staatsnähe i. S. v. § 99 Nr. 2a GWB liegt nicht vor.

  • Die öffentliche Auftraggebereigenschaft der Antragsgegnerin ergibt sich auch nicht aus § 99 Nr. 4 GWB. Hiernach sind natürliche und juristische Personen des Privatrechts als öffentliche Auftraggeber zu qualifizieren, soweit sie für bestimmte Tiefbaumaßnahmen oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen öffentliche Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu über 50 % finanziert werden.

Von einer solchen Verbindung kann nur gesprochen werden, wenn nach einer Gesamtbewertung aller Umstände Bau- und Dienstleistungsauftrag in einem funktionalen Verhältnis zueinanderstehen - sei es, dass der Dienstleistungsauftrag die Ausführung des Bauauftrags erst ermöglichen soll (z. B. Projektierungen und Planungen), sei es, dass er die Nutzung des errichteten Bauwerks betrifft (z. B. Betreiberleistungen) (vgl. Ziekow/Völlink/Ziekow, 5. Aufl. 2024, GWB § 99, Rn. 129). Dabei ist zu fordern, dass die Beschaffungsmaßnahme insoweit auf das Bauvorhaben als solches ausgerichtet und zugeschnitten ist, d.h. die zu beschaffenden Gegenstände speziell auf die Situation im Gebäude angepasst werden müssen und es sich nicht um standardisierte Geräte oder in bestimmten Zyklen zu ersetzende Geräte handelt, sondern auf dauerhaften Einsatz in dem Gebäude bzw. Krankenhaus abgestellt sind (vgl. OLG München, Beschluss vom 19.03.2019 - Verg 3/19).

Vorliegend handelt es sich um die Lieferung und Implementierung eines Ressourcenmanagementsystems (Software) für den Krankenhausbereich inkl. Systemservice und damit weder um eine Tiefbauleistung noch um eine Dienstleistung, die speziell auf die Situation im Gebäude angepasst werden muss und zu einer solchen in einem funktionalen Verhältnis steht. Auf die Höhe der Förderung kommt es damit nicht mehr an.

Die Antragsgegnerin ist folglich auch keine öffentliche Auftraggeberin nach § 99 Nr. 4 GWB.

  • Die Eigenschaft der Antragsgegnerin als öffentliche Auftraggeberin kann auch nicht durch die Nebenbestimmungen des Fördermittelbescheides begründet werden. Die Antragsgegnerin ist nicht als Auftraggeberin "sui generis" anzusehen. Die Regelungen des § 99 GWB sind abschließend.

Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen enthält insoweit keine planwidrige Regelungslücke, die es gebieten würde, sie durch analoge Auslegung zuschließen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.10.2016 - 13 Verg 6/16).

Das Nachprüfungsverfahren vor den Vergabekammern gemäß §§ 155 ff GWB steht Bietern nur offen, wenn das GWB auf das konkrete Vergabeverfahren anwendbar ist. Dafür ist erforderlich, dass es sich bei dem Fördermittelempfänger um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des GWB handelt. Dies ist wie bereits aufgezeigt nicht der Fall.

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch nicht aus dem Aufsatz "Private Krankenhausträger als Regelungsadressaten des Vergaberechts" (Götz in MedR, 2022, 466-472). Der Aufsatz knüpft richtigerweise ebenfalls an die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 99 GWB für die Begründung der Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber an.

Gegen einen privaten Fördermittelempfänger steht der Rechtsweg vor den Vergabekammern demnach nicht zur Verfügung.

Folglich ist der Rechtsweg zur Vergabekammer nicht eröffnet.

b. Selbst wenn man aber mit der Antragstellerin die Auffassung vertreten würde, dass der Rechtsweg zur Vergabekammer gemäß §§ 155 ff. GWB eröffnet ist, ist der Nachprü- fungsantrag unzulässig. Soweit die Antragstellerin beanstandet, die Anforderungen an die Referenzen seien unklar sowie auf einen Bieter zugeschnitten und würden durch ihre Ausgestaltung gegen den Grundsatz der Produktneutralität nach § 31 Abs. 6 S. 1 VgV verstoßen, ist sie mit diesem Vorbringen gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB präkludiert. Die Frist zur Abgabe des Teilnahmeantrags endete am xxxxxx.2024. Die Rüge der Antragstellerin erfolgte jedoch erst am 26.04.2024.

Gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit er sich auf Verstöße gegen Vergabevorschriften stützt, die aufgrund der Vergabeunterlagen erkennbar sind, aber nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt worden sind.

Es kommt bei der Präklusion nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB auf die objektive Erkennbarkeit für einen durchschnittlichen Anbieter an, nicht auf die tatsächliche Erkenntnis beim Antragsteller. Der Prüfungsmaßstab ist enger. Die Rechtsprechung bemüht sich um eine einheitliche Definition der Erkennbarkeit (OLG Celle, Beschluss vom 12.04.2016 - 13 Verg 1/16; OLG Celle, Beschluss vom 07.11.2013 - 13 Verg 8/13; differenzierend VK Niedersachsen, Beschluss vom 07.02.2014 - VgK-51/2013). Das OLG Celle wies in der Entscheidung von 2016 darauf hin, dass in Rechtsprechung und Literatur umstritten sei, ob der Vergaberechtsverstoß für einen Durchschnittsanbieter (vgl. BayObLG, Beschluss vom 23.11.2000 - Verg 12/00; OLG Stuttgart, NZBau 2001, 462, 463) oder für den konkreten Antragsteller (OLG Düsseldorf, VergabeR 2007, 200, 203 f.; VK Bund, Beschluss vom 18.01.2020 - VK 2-94/19; KG, BauR 2000, 1620, 1621 f.; OLG Frankfurt, ZfBR 2009, 86, 89; Wiese in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, § 160, Rn. 168) erkennbar sein müsse.

§ 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB hält die Bieter dazu an, die Vergabeunterlagen auf etwaige Vergabeverstöße zu prüfen und diese ggf. bis zur Abgabe des Angebots bzw. der Bewerbung zu rügen. In der Praxis wird dies für einen Bieter kein Problem darstellen, da vermeintliche Fehler der Vergabeunterlagen regelmäßig dann augenfällig werden, wenn er sich im Zuge der Angebots-/Bewerbungserstellung mit diesen Unterlagen auseinandersetzt (vgl. Burgi/Dreher/Opitz/Horn/Hofmann, 4. Aufl. 2022, GWB § 160, Rn. 56).

Prüfungsobliegenheiten, insbesondere einer Obliegenheit, ggf. Rechtsrat einzuholen, sind die Bieter im Rahmen des § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB nicht unterworfen. Erforderlich ist immer eine Betrachtung des Einzelfalls, sowohl im Hinblick auf den Bieterkreis als auch bezogen auf das konkrete Verfahren (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.03.2018 - Verg 54/17, ZfBR 2019, 74, beck-online). Erkennbar ist nach Auffassung der Vergabekammer, was dem Anbieter bei Erstellung des Teilnahmeantrags auffallen muss.

Ziffer 5.1 der Auftragsbekanntmachung führte aus:

"[...] Dazu betreibt das xxxxxx ein komplexes digitales Krankenhausinformationssystem (xxxxxx). Die neue Software soll eine automatische Planung von Therapieeinheiten, Raum-, Mitarbeiter- sowie Geräteressourcen unter gesetzeskonformen und hausinternen Anforderungen ermöglichen und muss eine Schnittstelle zum vorhandenen xxxxxx (Terminmanagement) bieten. [...]."

[Hervorhebung durch die Vergabekammer]

Ziffer 5.1.9 der Auftragsbekanntmachung war unter anderem zu entnehmen:

"[...]

  • Das Referenzprojekt muss die Anbindung an das xxxxxx der Fa. xxxxxx zum Gegenstand haben.

  • Der Referenzauftrag muss kumulativ Installation, Customizing, Inbetriebsetzung und Pflege des Ressourcenmanagementsystems zum Gegenstand haben.

  • Die Inbetriebnahme der Lösung muss nach dem 01.01.2019 erfolgt sein. Die Lösung muss zwischenzeitlich produktiv im Einsatz sein."

[Hervorhebung durch die Vergabekammer]

Ob diese Anforderungen erfüllt werden, mussten die Bewerber im Rahmen der Anlage D01 "Referenzblatt" angeben.

Die vorgenannten Angaben waren übersichtlich dargestellt und klar formuliert. Die Bewerber konnten durch das bloße Lesen der Unterlagen erkennen, welche Anforderungen an die einzureichenden Referenzen und die Leistung gestellt werden.

Diese waren auch für die Antragstellerin erkennbar, was durch den Hinweis der Antragstellerin in ihren Teilnahmeantrag zur Referenz "Krankenhaus xxxxxx" deutlich wird:

"[...] Durch einen CyberSecurityvorfall ab dem xxxxxx.2024 (siehe Presseportal), musste die Produktivsetzung verschoben werden (ursprünglich xxxxxx.2024). Das System ist eingerichtet und konfiguriert, avisierter Go-Live Mitte 2024. Wir bitten höflich dies positiv zu berücksichtigen. "

Dem Hinweis ist zu entnehmen, dass für die Antragstellerin einerseits mit der Erstellung des Teilnahmeantrags klar war, dass das Referenzprojekt die Anbindung an das xxxxxx der Firma xxxxxx zum Gegenstand haben und andererseits, dass die Inbetriebnahme (Produktivsetzung) der Lösung nach dem 01.01.2019 erfolgt sein muss. Hätte die Antragstellerin ein anderes Verständnis, insbesondere in Bezug auf die Formulierung "produktiv im Einsatz" zugrunde gelegt oder aber nicht gewusst, was die Antragsgegnerin mit dieser Formulierung gemeint hat, wäre die Aufnahme des Hinweises nicht erforderlich gewesen.

Des Weiteren ergibt sich auch aus dem Vortrag der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung, dass sie die Anforderungen an die Referenzen und die Leistung sehr wohl verstanden und erkannt hatte. Sie macht in der mündlichen Verhandlung detaillierte Angaben zur Marktstruktur. Insbesondere führt sie aus, dass es neben der Beigeladenen und ihr nur bis 2020 einen weiteren Mitbewerber geben habe. Dieser sei jedoch 2020 von der Beigeladenen aufgekauft worden. Die Beigeladene als xxxxxx-Hersteller müsse aktiv dazu beitragen, damit eine neue Anwendung an ihr System aktiviert bzw. angebunden werden könne. Sie habe daher gewusst, dass seit 2019 keine Anbindung von anderen Firmen an deren xxxxxx-System über den Schnittstellenstandard HL7 stattgefunden habe. Die Beigeladene habe von der Referenz "Krankenhaus xxxxxx" der Antragstellerin aufgrund der fehlenden Anbindung bislang keine Kenntnis gehabt. Daher sei aus Sicht der Antragstellerin dies ihre einzige Chance gewesen, in diesem Verfahren überhaupt eine Referenz einreichen zu können, die den Vorgaben entspreche.

Der Vortrag der Antragstellerin verdeutlicht ihre sehr gute Marktkenntnis sowie ihr Verständnis der Vergabeunterlagen bei Erstellung ihres Teilnahmeantrags. Dabei hat sie die Anforderungen an die Referenzen und an die Leistung gleichermaßen verstanden wie die Antragsgegnerin. Nämlich dahin gehend, dass das Referenzprojekt bereits vollständig angebunden und in Betrieb genommen sein musste.

Eine Hinzuziehung eines spezialisierten Rechtsberaters war für ein Erkennenkönnen durch die Antragstellerin nicht erforderlich. Wie sich aus dem Vortrag der Antragstellerin in ihrem Teilnahmeantrag und in der mündlichen Verhandlung ergibt, musste sie über detaillierte Kenntnisse der vergaberechtlichen Rechtsprechung nicht verfügen, um die Mindestanforderungen der Antragsgegnerin an die Leistung verstehen zu können. Sie allein verfügte über die erforderliche Marktkenntnis, um eine solche Beurteilung vornehmen zu können.

Hätte die Antragstellerin darüber hinaus Unklarheiten in Bezug auf die Referenzvorgaben oder ihre Auswirkungen gesehen, hätte sie diesbezüglich Bieterfragen stellen und die ggf. ungenügende(n) Antworten im Anschluss rügen können. Trotz der intensiven Auseinandersetzung der fachlich versierten Antragstellerin mit den Unterlagen ist dies bis zum Ablauf der Teilnahmefrist nicht geschehen. Sie bemängelte das Vorgehen der Antragsgegnerin erst, als sie mitgeteilt bekam, nicht für die Aufforderung zur Angebotsabgabe vorgesehen zu sein. Sie ist daher mit ihren Einwänden insoweit präkludiert.

Der Nachprüfungsantrag ist somit unzulässig.

c. Soweit die Antragstellerin weitergehende Akteneinsicht beantragt hat, konnte dem nicht entsprochen werden.

Im Nachprüfungsverfahren vermittelt § 165 Abs. 1 GWB keinen Anspruch der Bieter, in nicht entscheidungsrelevante Teile der Akten Einblick nehmen zu können (vgl. OLG München, Beschluss vom 19.03.2019 - Verg 3/19; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.09.2017 - Verg 119/17). Das Recht auf Akteneinsicht besteht in dem Umfang, in dem es zur effektiven Durchsetzung subjektiver Rechte der Antragstellerin erforderlich ist, was nur bezüglich entscheidungsrelevanter Aktenbestandteile gilt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.03.2021 - Verg 9/21).

Die Vergabekammer hat der Antragstellerin im Rahmen der Akteneinsicht bereits die Bestandteile der Vergabeakte zur Verfügung gestellt, die in Zusammenhang mit der Frage der Eröffnung des Rechtswegs stehen und die insoweit für die Rechtsverfolgung notwendig waren. Die Vergabeakte enthielt hierzu nur wenige Ausführungen. Die geschwärzten Angaben zur Auftragswertschätzung waren aus Sicht der Vergabekammer für die Rechtsverfolgung nicht notwendig. Darüber hinaus erhielt die Antragstellerin im Rahmen der Akteneinsicht noch ihre Eignungsprüfung betreffende Unterlagen. Weitere Angaben zu den Referenz- und Prüfungsinhalten des Teilnahmeantrags der Beigeladenen werden nicht offengelegt. Diese Angaben sind für die Rechtsverfolgung der Antragstellerin nicht erforderlich.

2. Selbst wenn man mit der Antragstellerin die Auffassung vertritt, der Rechtsweg zur Vergabekammer ist eröffnet und der Nachprüfungsantrag ist zulässig, ist der Nachprüfungsantrag jedoch unbegründet.

Die an die Referenzen zu stellenden Mindestanforderungen müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen (vgl. Leinemann/Otting/Kirch/Homann/Lück/Radeloff, 1. Aufl. 2024, VgV, § 46, Rn. 33).

Die Antragsgegnerin erläutert plausibel, dass das Referenzprojekt die Anbindung an das bei der Antragsgegnerin bereits seit Jahren produktiv im Einsatz befindliche Krankenhausinformationssystem (xxxxxx) der Firma xxxxxx zum Gegenstand haben muss. Durch diese Anforderung will die Antragsgegnerin sicherstellen, dass der Auftrag an ein Unternehmen geht, das die erforderlichen Erfahrungen für die Umsetzung des Projektes im Hause der Antragsgegnerin und damit die erforderliche Leistungsfähigkeit besitzt. Die zeitliche Beschränkung in § 46 VgV auf die "letzten höchstens drei Jahre" kann bei Dienstleistungen für spezialisierte Märkte dazu führen, dass nur wenige Bewerber oder Bieter die aufgestellten Referenzvorgaben erfüllen, so dass der Wettbewerb stark eingeschränkt wird. In diesen Fällen ist eine Ausweitung des Referenzzeitraumes gerechtfertigt.

Die Anforderungen an die Referenzen konnte die Antragstellerin mit den von ihren eingereichten Referenzen nicht erfüllen. Die Angaben der Antragstellerin im Teilnahmeantrag gaben keine Anhaltspunkte für einen Aufklärung.

Ein Verstoß gegen die Produktneutralität gemäß § 31 Abs. 6 S. 1 VgV kann durch Referenzanforderungen nicht begründet werden. § 31 VgV stellt auf die Leistungsbeschreibung ab und gibt insoweit einen Regelungsrahmen vor. Im Übrigen wird in Ziffer 2 der Leistungsbeschreibung lediglich gefordert, dass die Software eine Schnittstelle zum xxxxxx (Terminmanagement) bieten soll. Eine Festlegung auf einen bestimmten Hersteller erfolgte nicht. Zudem erfüllt die von der Antragstellerin vertriebene Software nach Aussage der Antragsgegnerin die Anforderungen des Lastenheftes.

Der Nachprüfungsantrag ist auch unbegründet.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 182 GWB. Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung aus Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 182 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 182 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 - 1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.

Der zugrunde zu legende Gegenstandswert beträgt ausweislich der Kostenschätzung gemäß Vergabeakte für die ausgeschriebene Leistung und einer 36-monatigen Laufzeit xxxxxx € netto. Es ist gemäß des xxxxxx-Systemvertrags (Seite 11) eine Verlängerungsoption um weitere 12 Monate zu berücksichtigen.

Die Verlängerungsoptionen stellen einen wirtschaftlichen Wert dar, der dem Ausschreibungsgegenstand innewohnt und das Interesse der Bieter am Auftrag mitbestimmt. Die Ungewissheit darüber, ob der Auftraggeber das Optionsrecht ausüben wird, ist mit einem angemessenen Abschlag vom vollen Auftragswert zu berücksichtigen, der rechnerisch während der optionalen Vertragslaufzeit erzielt werden könnte; im Regelfall ist es angezeigt, diesen Abschlag auf 50 % zu veranschlagen (vgl. BGH, Beschluss vom 18.03.2014 - X ZB 12/13).

Somit erhöht sich der fiktive Gesamtbetrag in Höhe von xxxxxx € netto um die Hälfte der Kosten für die Verlängerungsoption auf insgesamt xxxxxx € netto. Dieser geschätzte Gesamtwert zuzüglich 19 % Umsatzsteuer in Höhe von xxxxxx € ergibt einen fiktiven Bruttoauftragswert in Höhe von xxxxxx €, welcher dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag entspricht.

Bei einer Gesamtsumme von xxxxxx € ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein.

Die in Ziffer 3 des Tenors verfügte Kostentragungspflicht folgt aus § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag keinen Erfolg hatte.

Aufwendungen der Antragsgegnerin:

Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat die Antragstellerin der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen gemäß § 182 Abs. 4 GWB zu erstatten. Die Hinzuziehung einer Rechtsanwaltskanzlei war erforderlich. Die anwaltliche Vertretung des Auftraggebers im Nachprüfungsverfahren gehört nicht grundsätzlich zu den notwendigen Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Grundsätzlich ist der Auftraggeber gehalten, im Rahmen seiner Möglichkeiten vorhandenes juristisch geschultes Personal auch im Nachprüfungsverfahren einzusetzen. Daher kann die Vergabekammer die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch den Antragsgegner regelmäßig nicht als notwendig ansehen.

Kommen jedoch noch weitere - nicht einfache - Rechtsprobleme und solche des vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens hinzu, ist eine restriktive Beurteilung der Notwendigkeit der Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts nicht angezeigt. Ein Beispiel solcher besonderen Probleme ist etwa die Einhaltung der Rügeobliegenheiten (vgl. Burgi/Dreher/Opitz/Krohn, 4. Aufl. 2022, GWB, § 182, Rn. 64).

Das vorliegende Nachprüfungsverfahren betrifft rechtlich wie tatsächlich komplexe und anspruchsvolle Fragestellungen. Die Antragsgegnerin ist als privatrechtliches Unternehmen regelmäßig nicht mit Fragen des Vergaberechts befasst und verfügt daher über keine entsprechende eigene rechtliche Expertise im Unternehmen. Die Antragsgegnerin hatte ihre Verfahrensbevollmächtigten aus diesem Grund bereits mit der Durchführung des Vergabeverfahrens an sich beauftragt.

Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war daher für die Antragsgegnerin insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit in diesem Fall als notwendig anzuerkennen (vgl. VK Niedersachsen, Beschluss vom 31.01.2012 - VgK-58/2011; Beschluss vom 18.09.2012 -VgK-36/2012).

Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses die Gebühr in Höhe von xxxxxx €unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

xxxxxx

V. Rechtsbehelf

...

von dem Knesebeck
Tiede
Gottwald