Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.02.2019, Az.: 12 KN 152/17

Antragsänderung; Ausschlusswirkung; Bekanntmachung; Bekanntmachungsmangel; ergänzendes Verfahren; Fachplanung; Konzentrationsflächenplanung; Offenlage; Rechtsschutzinteresse; Rückwirkung; Tabuzone; Wiederaufleben; Windenergie; Windkraft; Ziel der Raumordnung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
18.02.2019
Aktenzeichen
12 KN 152/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69640
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Hat eine Kommune die Windenergienutzung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB gesteuert und ist ihr dabei ein Verfahrensfehler (bei der Offenlage) unterlaufen, so kann sie in einem ergänzenden Verfahren ihr ursprüngliches Planungskonzept nicht mit Rückwirkung unverändert beschliessen, wenn sie dieses durch eine zwischenzeitliche Änderung ihres Flächennutzungsplans bereits erheblich verändert hat - hier durch die wesentliche Ausweitung der Konzentrationsflächen.

Tenor:

Der Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin in Gestalt der 25. Änderung vom 17. Dezember 2015 und der 23. Änderung vom 30. August 2016 wird insoweit für unwirksam erklärt, als damit – gemäß Nr. 1 Satz 1 der textlichen Darstellung – die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeigeführt werden sollen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Antragsgegnerin kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragstellerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich als Betreiberin von Windenergieanlagen (= WEA) gegen die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in aktuellen Änderungen des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin, weil danach an dem von ihr, der Antragstellerin, in den Blick genommenen großflächigen Standort im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin - westlich von F. - die Verwirklichung von WEA insgesamt ausgeschlossen ist.

Nach dem von der Antragstellerin vorgelegten Vertrag mit dem Grundeigentümer beabsichtigt sie die Errichtung eines Windparks („G.“) mit bis zu 16 WEA (vgl. Bl. 25, 32 der Gerichtsakte = GA).

Die Windenergieanlagen-Planung der Antragsgegnerin verlief in mehreren Schritten:

In der 16. Änderung des Flächennutzungsplans stellte sie nur ein Sondergebiet für die Errichtung und den Betrieb von WEA dar, und zwar südlich der Ortslage H.. Die Errichtung von WEA im übrigen Gemeindegebiet wurde ausgeschlossen (vgl. Bl. 13 der Begründung Teil A der 23. Änderung des Flächennutzungsplans). Auf dieser Grundlage wurde ein Windpark mit 13 WEA (mit einer Leistung von je 1,6 bis 2 MW) verwirklicht.

Nach dem Wegfall der Ausschlusswirkung im Regionalen Raumordnungsprogramm (= RROP) des Landkreises I. (= Landkreis) sah sich die Antragsgegnerin zu einer Überarbeitung ihrer nunmehr konstitutiven, aber insoweit als von der Entwicklung der Rechtsprechung überholt angesehenen Ausschlussplanung veranlasst. Die Nutzung der Windenergie sollte danach aus Sicht der Antragsgegnerin in ihrem Gebiet erheblich ausgeweitet werden (vgl. Bl. 14 ihrer sog. Entwicklungsplanung). Sie ließ deshalb durch ein beauftragtes Ingenieurbüro die vorbezeichnete sog. Entwicklungsplanung erarbeiten, die nach ihrer Begründung als Grundlage zur 23. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin gedient haben soll. Danach erfolgte die „Beurteilung des Gemeindegebiets in drei Phasen“, nämlich des Ausschlusses von „harten“ und „weichen“ Tabuflächen, einer anschließenden Abwägung unter den verbliebenen Potenzialflächen und der abschließenden Kontrollprüfung, ob damit der Windenergie substanziell Raum verschafft worden sei. Als „harte Tabuflächen“ wurden u. a. „die Siedlungsbereiche (einschließlich der in der Flächennutzungsplanung dargestellten(,) noch nicht bebauten Bereiche) plus einem Mindestabstand von 500 m festgesetzt“. Die Siedlungslagen wurden grundsätzlich „als allgemeine Wohngebiete bzw. Kleinsiedlungsgebiete (entspr. der BauNVO) eingestuft“. Es wurde weiter davon ausgegangen, „dass der Grenzwert von 40 dB(A) von dem angesetzten Standardanlagentyp (200 m Gesamthöhe) unter einem Abstand von 500 m wirtschaftlich nicht eingehalten werden“ könne. Weiterhin wurde der im Gemeindegebiet nur „in sehr geringem Umfang“ vorhandene Wald als „hartes“ Kriterium eingestuft. Gleiches gilt nach der Begründung gestützt auf § 9 FStrG für die Trasse der „geplanten“ – aber noch nicht planfestgestellten – BAB 20 wohl zzgl. eines jeweiligen Seitenabstandes von 100 m. Schließlich wurden „Vogelrast- und Überwinterungsgebiete mit internationaler und nationaler Bedeutung“ als „harte“ Tabuzonen qualifiziert und – auf der Grundlage der Landschaftsrahmenplanung des Landkreises – sieben (von acht) im Übrigen wegen ihrer Bedeutung als Brut- und Rastvogelhabitat als „naturschutzwürdig“ eingestufte Bereiche als „weiche Tabuzonen“. Danach verblieben 12 Potenzialflächen (vgl. Abbildung 15). Nach Abzug der (kleinen) Gebiete, die nur Raum für maximal zwei WEA boten, und derjenigen, die nicht den gewünschten Mindestabstand von drei Kilomatern untereinander einhielten, reduzierte sich die Zahl der Potenzialflächen weiter auf zunächst sechs und nachfolgend vier mit einer Fläche von rd. 400 ha entsprechend der als ausreichend eingestuften „Realisierung von 96 bis ca. 126 MW“ (Leistung). Die beiden größten dieser „Eignungsbereiche“ sind allerdings im – weiterhin aktuellen – RROP des Landkreises jeweils als Vorranggebiete für Grünlandbewirtschaftung ausgewiesen. Als Ergebnis eines Mediationsverfahrens zwischen der Antragsgegnerin und dem Landkreis sollten die betroffenen Gebiete deshalb im Flächennutzungsplan zunächst nicht als Konzentrationszonen für WEA, sondern als Flächen für die Landwirtschaft dargestellt und von der Ausschlusswirkung ausgenommen werden. Entsprechend wurde bei ihrer Darstellung in der 23. Änderung hinsichtlich des sog. Änderungsbereiches 4 und der nördlichen und westlichen Teile des sog. Änderungsbereiches 2 des Flächennutzungsplans verfahren. (Nur) Die beiden weiteren „Eignungsbereiche“ wurden als sog. Änderungsbereiche 1 und 3 zu Konzentrationsflächen erklärt, wobei sich diese Darstellung im Änderungsbereich 1 insgesamt mit einer solchen für „Landwirtschaft“ und partiell zusätzlich mit einer weiteren für den Torfabbau überschneidet. Schließlich wurde als weitere Konzentrationsfläche noch ein sog. Änderungsbereich 5 ganz im Norden des Gemeindegebiets aufgenommen, der allerdings in der Entwicklungsplanung als avifaunitisch wertvoller und damit „weicher Tabu-“Bereich ausgeschieden worden war. Teil A der Begründung der 23. Änderung führt hierzu aus: „Die Fläche stellt eine Ergänzung des angrenzenden Windparks der Gemeinde J. dar. Auf der Fläche wurde bereits eine WEA genehmigt und errichtet. Mit der Aufnahme in ihren Flächennutzungsplan reagiert die Gemeinde K. auf die reale Situation“.

Die Ausschlusswirkung für die Gebiete „außerhalb dieser Änderungsflächen und der Änderungsflächen der vorangegangenen 16. Änderung des Flächennutzungsplans“ ist in Nr. 1 Satz 1 der textlichen Darstellung enthalten.

Der Rat der Antragsgegnerin stellte diese 23. Änderung mit Beschluss vom 27. März 2014 fest. Am 23. Januar 2015 machte die Antragsgegnerin die (kraft Fiktion durch Zeitablauf eingetretene) Erteilung der Genehmigung bekannt.

Parallel zu dieser Bauleitplanung der Antragsgegnerin überarbeitete der Landkreis im ersten Halbjahr 2015 seinen Landschaftsrahmenplan; danach sollen die o. a. „weißen Flächen“ nicht mehr die Voraussetzungen für eine Ausweisung als Vorranggebiete für Grünlandbewirtschaftung erfüllen. „Vor diesem Hintergrund habe der Landkreis I. seine Regionalplanung im Rahmen eines Zielabweichungsverfahrens“ – mit Abweichungsbescheid vom 16. April 2015 (vgl. S. 8 der Begründung zur 25. F-Planänderung) – angepasst und so die Voraussetzungen für die bereits ursprünglich geplante Darstellung auch der Änderungsbereiche 2 und 4 als Konzentrationsflächen für die Windenergienutzung geschaffen (vgl. S. 2 der Zusammenfassenden Erklärung zur folgenden 25. Änderung).

Am 30. Juni 2015 beschloss deshalb der Rat der Antragsgegnerin die Aufstellung der 25. Änderung ihres Flächennutzungsplanes, mit der nunmehr auch die beiden o. a., vormals – bezogen auf die Windenergienutzung – „weißen“ Flächen des 4. Änderungsbereiches (i. S. d. 23. Änderung, 1. Änderungsbereich i. S. d. 25. Änderung) und weite Teile des (jeweils) 2. Änderungsbereichs in die Konzentrationsflächen für Windenergie einbezogen werden sollten. Am 17. Dezember 2015 wurde diese 25. Änderung beschlossen. Die am 6. April 2016 erfolgte Erteilung der hierauf bezogenen Genehmigung wurde am 22. April 2016 bekannt gemacht. Dabei wurde als „kartographisch dargestellter Geltungsbereich der 25. Änderung“ (nur) die Fläche der beiden Änderungsbereiche bezeichnet (vgl. die Abdrucke in der Beiakte 1, Teil „Bekanntmachung“).

Bereits zuvor, am 22. Januar 2016, hatte u. a. die Antragstellerin einen Normenkontrollantrag gestellt (12 KN 17/16), der sich zunächst bewusst nur gegen die Flächennutzungsplanung i. d. F. der 23. Änderung gerichtet hatte. Zur Begründung hatte die Antragstellerin ausgeführt: Eine Einbeziehung der – im Zeitpunkt der ursprünglichen Antragsbegründung bereits beschlossenen, aber noch nicht bekannt gemachten – 25. Änderung sei nicht erforderlich, weil die angegriffene Ausschlusswirkung für die von der 25. Änderung betroffenen Flächen bereits zuvor nicht gegolten habe. Ggf. erfolge nach Bekanntmachung (gleichwohl) eine Einbeziehung der 25. Änderung. Mit ihrem Antrag hatte die Antragstellerin u. a. gerügt, bei der 23. Änderung seien die Umweltbelange nicht den Anforderungen des § 3 Abs. 2 BauGB entsprechend beschrieben worden.

Deshalb leitete die Antragsgegnerin am 14. April 2016 insoweit die Durchführung eines ergänzenden Verfahrens gemäß § 214 Abs. 4 BauGB ein. Am 30. August 2016 beschloss der Rat der Antragsgegnerin inhaltlich unverändert die 23. Änderung des Flächennutzungsplans. Die Erteilung der hierauf bezogenen Genehmigung wurde am 11. November 2016 bekannt gemacht. Nach Ansicht der Antragsgegnerin wurde die 23. Änderung (neu) damit rückwirkend zum 23. Januar 2015 wirksam.

Das o. a. erste Normenkontrollverfahren wurde danach für erledigt erklärt und eingestellt.

Am 10. Juli 2017 hat die Antragstellerin einen dem Wortlaut nach gegen die Ausschlusswirkung in dem Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin i. d. F. der 23. Änderung vom 23. August 2016 gerichteten neuen Normenkontrollantrag und – nach gescheiterten Mediationsverhandlungen – am 5. März 2018 ergänzend einen Normenkontrolleilantrag gestellt. Diesen hat der Senat durch Beschluss vom 11. Mai 2018 (- 12 MN 40/18 -) abgelehnt; wegen der Einzelheiten wird auf diesen Beschluss verwiesen.

Die Antragstellerin ist ursprünglich davon ausgegangen, dass durch die 23. Änderung (und nicht erst/schon durch die 25. Änderung) auch die o. a. vormals „weißen“ Flächen (rückwirkend) zu Konzentrationszonen erklärt worden seien. Damit habe kein Anlass bestanden, auch die 25. Änderung des Flächennutzungsplans in ihren Antrag einzubeziehen. Nachdem dieses Verständnis vom Senat in seinem Beschluss vom 11. Mai 2018 abgelehnt worden war, hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 15. Juni 2018 (vgl. Bl. 212 ff. GA) ihren Antrag neu formuliert und darin die 25. Änderung ausdrücklich einbezogen. Sie ist der Ansicht, dass es sich nicht um eine Antragsänderung, sondern nur um eine Klarstellung ihres Antragsbegehrens handele; die Klarstellung sei durch die widersprüchlichen Begründungen der Antragsgegnerin zu der 23. Änderung ihres Flächennutzungsplans und dadurch bedingte Unsicherheiten über das Verhältnis dieser Änderung zum Inhalt der 25. Änderung des Flächennutzungsplans notwendig geworden.

Bei der 23. Änderung (neu) sei unverändert gegen § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB verstoßen worden. Die Antragsgegnerin hätte nach Ansicht der Antragstellerin die ihr, der Antragsgegnerin, vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen nicht nur aufzählen, sondern zusätzlich auch bewerten müssen.

Inhaltlich rügt die Antragstellerin zunächst das rückwirkende Inkrafttreten des Flächennutzungsplans i. d. F. der 23. Änderung (neu) nur für die Zeit zwischen dem 23. Januar 2015 und dem „17. Dezember 2015“; dies überschreite den durch § 214 Abs. 4 BauGB vorgegebenen Rahmen einer zulässigen Rückwirkung. Ferner sei die Auswahl der Konzentrationsflächen mehrfach fehlerhaft. Waldflächen seien zu Unrecht zu den „harten“ Tabuzonen gerechnet worden. Ebenso habe die Antragsgegnerin fehlerhaft unreflektiert die von der Straßenbauverwaltung für notwendig erachteten Abstände zu der geplanten Trasse der BAB 20 übernommen, und diese wohl in 100 m „harten“ und weitere 275 m „weichen“ Abstand untergliedert. Diese Planung sei zu Unrecht für verbindlich erachtet worden. Zudem sei fehlerhaft angenommen worden, bezogen auf diesen Trassenverlauf sei innerhalb der o. a., zu weiten Abstände zwingend der Betrieb von WEA unzulässig. Ferner seien die „harten“ Abstände zu „Siedlungslagen“ ohne tragfähige Begründung auf 500 m (statt nur 400 m) ausgedehnt und in die „Siedlungsflächen“ zu Unrecht auch Bauerwartungsland einbezogen worden. Avifaunistische Gesichtspunkte seien nicht folgerichtig berücksichtigt worden. So sei der o. a. Änderungsbereich 5 zunächst als avifaunistisch wertvoll und deshalb nicht als standorttauglich für eine WEA eingestuft, gleichwohl dort aber eine Konzentrationszone ausgewiesen worden. Demgegenüber sei die von ihr, der Antragstellerin, in den Blick genommene Fläche „F.“ als avifaunistisch wertvoll (endgültig) aus der Auswahl ausgeschieden, obwohl die Antragsgegnerin selbst jedenfalls nach neuen Erkenntnissen von einer insoweit allenfalls noch geringen Bedeutung ausgegangen sei. Der Entwurf des Landschaftsrahmenplanes des Landkreises vom August 2016 habe im Rahmen der hier maßgeblichen 23. Änderung (neu) nicht ausgelegen. Bezogen auf den 1. Änderungsbereich (i. d. F. der 23. Änderung) habe die Antragsgegnerin schließlich die Konflikte zwischen dem Torfabbau und der geplanten Windenergienutzung nicht ordnungsgemäß bewältigt. Mit Schreiben vom 14. März 2017 und 21. Juni 2017 habe sie die Antragsgegnerin auch binnen Jahresfrist (bezogen auf die erneute 23. Änderung) auf Verfahrens- und Abwägungsfehler hingewiesen.

Die Antragstellerin beantragt,

den Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin in der Fassung seiner 23. Änderung vom 30. August 2016, genehmigt mit Bescheid vom 4. November 2016, bekanntgegeben am 11. November 2016, in Gestalt der 25. Änderung vom 17. Dezember 2015, genehmigt mit Bescheid vom 6. April 2016, bekanntgegeben am 22. April 2016, für unwirksam zu erklären, soweit darin durch die Darstellung von Konstellationsflächen für Windenergieanlagen eine rechtliche Ausschlusswirkung für Flächen an anderer Stelle bewirkt wird.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie verneint die Zulässigkeit des Begehrens der Antragstellerin, da die Antragstellerin ihren Antrag zunächst bewusst auf die 23. Änderung des Flächennutzungsplans begrenzt und nunmehr durch Einbeziehung der 25. Änderung geändert habe. Die 25. Änderung stelle sich jedoch als eigenständige, ergänzende Planung nach § 249 Abs. 1 BauGB dar, gegen die binnen Jahresfrist weder ein Normenkontrollantrag gestellt worden sei noch bei ihr, der Antragsgegnerin, Rügen eingegangen seien. Die 25. Änderung enthalte eine „außergebietliche Ausschlusswirkung“, die selbst bei Unwirksamkeit der 23. Änderung erhalten bleibe. Zudem verfolge die Antragstellerin nicht hinreichend ernsthaft die Absicht, im Gebiet der Antragsgegnerin tatsächlich WEA zu errichten.

Jedenfalls sei der Antrag unbegründet. Im Rahmen des ergänzenden Verfahrens bezogen auf die 23. Änderung sei eine andere Darstellung der vormals „weißen“ Flächen, insbesondere eine Darstellung als Konzentrationsflächen, nicht möglich gewesen, weil andernfalls Grundzüge der Planung betroffen gewesen wären.

Sie, die Antragsgegnerin, habe bei der rückwirkenden 23. Änderung ihres Flächennutzungsplans die ihr vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen nach Themenblöcken gegliedert und schlagwortartig bezeichnet, wie dies in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 3 Abs. 2 BauGB gefordert werde; der von der Antragstellerin vermissten eigenen Einschätzung bedürfe es danach nicht.

Ihre Konzentrationsplanung sei auch materiell rechtmäßig erfolgt. Zu Recht habe sie zu den Tabuflächen den ihr von der niedersächsischen Straßenbauverwaltung mitgeteilten Verlauf der Trasse der geplanten BAB 20 gezählt, zzgl. des 1,5 fachen des Rotordurchmesssers plus Nabenhöhe einer Anlage mit einer Gesamthöhe von 200 m, also ca. 375 m, als „weiche“ Tabufläche. Diese „weiche“ Tabufläche verlaufe jedoch „quer“ durch die Fläche „F.“, d. h. den von der Antragstellerin vorgesehenen Windparkstandort. Diese gesamte Fläche sei zusätzlich, u. a. gestützt auf den im August 2016 vorliegenden Entwurf des Landschaftsrahmenplanes des Landkreises I., aus Gründen des vorsorgenden Artenschutzes als „weiche“ Tabuzone gewertet worden. Gleiches gelte für die Fläche „L..“ Dort würden zudem „großflächig zukünftige Ausgleichsflächen der BAB 20 liegen.“ Ihre 23. Änderung des Flächennutzungsplans sei schließlich auch hinsichtlich der Fläche „M.“ abwägungsfehlerfrei. Die Ausweisung dieser Fläche als Vorranggebiet für die Rohstoffgewinnung – hier in Form des Torfabbaus – stehe der gleichzeitigen Nutzung als Windpark nicht entgegen; beide Nutzungen seien nebeneinander möglich. Ebenso wenig würde die – ohnehin nicht raumordnerisch verbindlich – vorgesehene sukzessive Renaturierung der abgetorften Bereiche ein rechtliches Hindernis für die Darstellung als Windpark bilden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten in diesem sowie in den vorhergehenden Verfahren der Beteiligten einschließlich der Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg, weil er zulässig (I.) und begründet (II.) ist.

I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

1. Der Senat versteht den nunmehr gegen den Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin i. d. F. der 23. und der 25. Änderung gerichteten Antrag als eine zulässige Klarstellung des bereits ursprünglich verfolgten Antragsbegehrens.

Nach dem auf ein Antragsverfahren nach § 47 VwGO entsprechend anzuwendenden § 88 VwGO (vgl. Rennert, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl., § 88, Rn. 4) ist das Gericht an das Antragsbegehren, nicht aber an die Fassung der Anträge gebunden. Die Antragstellerin wollte erkennbar bereits mit ihrem ursprünglich angekündigten Antrag den Flächennutzungsplan in der für die Steuerung der Windenergienutzung inhaltlich aktuellen o. a. Fassung angreifen. Dass dem Wortlaut nach ursprünglich nicht auch die 25. Änderung mit einbezogen worden war, beruhte nicht auf der Annahme, diese Änderung sei mit ihrem tatsächlichen Regelungsinhalt unerheblich, sondern vielmehr (zumindest auch) auf einem Irrtum über diesen Regelungsgehalt und das Verhältnis der 23. und der 25. Änderung zueinander. Da dieser Irrtum zumindest auch, wenn nicht überwiegend auf den teilweise widersprüchlichen Begründungen der Antragsgegnerin zur 23. Änderung beruht und zudem durch das – aus den folgenden Gründen materiell zu beanstandende – rückwirkende Inkraftsetzen der 23. Änderung verstärkt worden ist, erscheint eine entsprechend weite, rechtsschutzfreundliche Auslegung auch zur Wahrung effektiven Rechtsschutzes geboten. An ihre zwischenzeitlich abweichende Ansicht in dem ergänzend geführten Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO ist die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren nicht gebunden.

2. Hinsichtlich der angegriffenen, dem Wortlaut nach in Nr. 1 sowohl der 23. als auch der 25. Änderung des Flächennutzungsplans zum Ausdruck kommenden Darstellung der Ausschlusswirkung ist der Normenkontrollantrag in entsprechender Anwendung von § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaft (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.1.2013 - 4 CN 1/12 -, juris, Rn. 11 ff.), hierauf nach der Rechtsprechung des Senats aber auch begrenzt (vgl. etwa Beschl. v. 26.10.2017 - 12 KN 16/16 - sowie Senatsurt. v. 23.6.2016 - 12 KN 64/16 - juris, Rn. 59, sowie lediglich ergänzend nunmehr BVerwG, Urt. v. 13.12.2018 - 4 CN 3/18 -).

3. Die Antragstellerin ist insoweit gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Sie verfügt über vertragliche Nutzungsrechte für die Windenergie bezogen auf ein Gebiet, auf das sich die von ihr angegriffene Ausschlusswirkung bezieht. Dadurch kann sie also in ihrem Recht verletzt sein, dort WEA zu errichten und zu betreiben. Der Senat hat keine Zweifel, dass die Antragstellerin ernsthaft bemüht ist, von dieser Nutzungsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Dass sie bislang noch keinen immissionsschutzrechtlichen Antrag gestellt hat, beruht angesichts der entgegenstehenden streitgegenständlichen Darstellungen auf nachvollziehbaren wirtschaftlichen Überlegungen.

4. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO wurde gewahrt.

Zwar führt die Neubekanntmachung einer Gesamtregelung nicht notwendigerweise dazu, dass damit die Antragsfrist für alle Normen der Regelung und nicht lediglich für neu erlassene/geänderte zu laufen beginnt. Die Antragsfrist beginnt jedoch insgesamt neu zu laufen, wenn in der Neuregelung bestimmt ist, dass sie als Gesamtregelung an die Stelle der alten Regelung in Kraft tritt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl., § 47, Rn. 83, m. w. N.). Letzteres ist hier - unabhängig von der Frage nach der materiellen Wirksamkeit der Rückwirkung der 23. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin - der Fall.

Denn zeitlich zuletzt, am 11. November 2016, ist die Genehmigung der 23. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin bekannt gemacht worden. Diese Änderung bestimmte auch den Umfang der hier maßgebenden Ausschlusswirkung wesentlich mit. Eine abweichende Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass bereits zuvor, nämlich am 22. April 2016, die (Genehmigung der) Bekanntmachung der 25. Änderung erfolgt ist, mit der der gegenwärtige Umfang der Konzentrationsflächen nochmals erweitert worden ist. Denn erstens ist dadurch der Umfang der Ausschlusswirkung unverändert geblieben. Zweitens hat gerade auch aus Sicht der Antragsgegnerin ihre Windenergieanlagenplanung durch den Flächennutzungsplan den maßgebenden Gesamtinhalt erst durch den nochmaligen, rückwirkenden Erlass der 23. Änderung gefunden, weil sie die Rügen der Antragstellerin gegen die Wirksamkeit der vorhergehenden 23. Änderung wohl für gerechtfertigt, diese also für unwirksam hielt und damit die 25. Änderung, der kein eigenständiges materielles Ausschlusskonzept zugrundeliegt, ins Leere gegangen wäre, wenn nicht danach und nach Abschluss der Fehlerbehebung in einem ergänzenden Verfahren nochmals die 23. Änderung erfolgt wäre.

Bezogen auf die demnach fristauslösende Bekanntmachung am 11. November 2016 hat die Antragstellerin mit ihrem Antrag vom 10. Juli 2017 die Jahresfrist gewahrt. Dieses Antragsbegehren schloss nach den vorhergehenden Ausführungen unter 1. bereits anfänglich die Fassung des nunmehr gestellten Antrages ein.

5. Der Antragstellerin mangelt es nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.

a) Wie sich aus den Gründen des Senatsbeschlusses vom 11. Mai 2018 (- 12 MN 40/18 -) ergibt, auf die insoweit verwiesen wird, besteht ein solches Rechtsschutzbedürfnis grundsätzlich nur für einen Antrag nach § 47 VwGO, der sich gegen die aktuell geltende Fassung dieser „Norm“ bezieht. Dies ist nunmehr der Fall – wie ausgeführt.

b) Dem Rechtschutzbedürfnis steht ferner nicht ein etwaiges „Wiederaufleben“ der Ausschlusswirkung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin in der Fassung der 16. Änderung entgegen.

Wie ebenfalls bereits in dem Senatsbeschluss vom 11. Mai 2018 ausgeführt, spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragsgegnerin nach der im Rahmen des Tatbestandes referierten Begründung bereits beim Erlass der 23. Änderung ihres Flächennutzungsplans selbst davon ausgegangen ist, die erheblich weiter gehende Ausschluss-wirkung i. d. F. der 16. Änderung entspreche mit der dafür ursprünglich gewählten Be-gründung den zwischenzeitlich in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen nicht (mehr); sie solle damit selbst im Falle der Unwirksamkeit der nachfolgenden (23. und 25.) Änderungen nicht wieder aufleben (vgl. Senatsurt. v. 15.5.2009 - 12 KN 49/07 -, juris, Rn. 17), sondern in jedem Falle aufgehoben werden, zumal es sonst nicht rechtmäßig zu der gewollten und durch zwischenzeitlich für die neuen Windparkbereiche erteilte Genehmigungen eingeleiteten, erheblichen Ausweitung der Windenergienutzung im Gemeindegebiet käme. Da die Ausschlusswirkung nicht einmal ausdrücklich textlich dargestellt werden muss, sondern sich auch aus der Begründung ergeben kann (vgl. Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 2. Aufl., Rn. 111, m. w. N.), spricht gegen die Verneinung eines Wiederauflebens der Ausschlusswirkung in der Fassung der 16. Änderung nicht durchgreifend, dass sich die hiergegen sprechenden Gründe „nur“ aus der Begründung zur 23. Änderung ergeben.

Selbst bei Annahme eines formellen Wiederauflebens der Ausschlusswirkung i. d. F. der 16. Änderung entfiele jedoch nicht das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin. Denn dann wäre jedenfalls aus den vorbezeichneten Gründen anzunehmen, dass die Antragsgegnerin ihren Flächennutzungsplan hinsichtlich der Steuerung der Windenergie erneut überarbeitet und sich damit für die Antragstellerin die Chance ergibt, dass „ihre“ Flächen nicht mehr von der Ausschlusswirkung umfasst sind. Diese Möglichkeit reicht zur Bejahung des Rechtsschutzbedürfnisses aus. Denn ein erfolgreicher Normenkontrollantrag muss den Antragsteller nicht unmittelbar zu seinem Ziel, sondern nur näher dahin führen (vgl. bereits Senatsurt. 23.1.2014 - 12 KN 285/12 -, juris, Rn. 15, m. w. N.).

II. Der demnach zulässige Antrag ist auch begründet. Der Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin entfaltet in der Fassung seiner 23. und 25. Änderung keine wirksame Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hinsichtlich der Nutzung von Windkraft. Diese Ausschlusswirkung ist schon als solche nicht wirksam (1.); im Übrigen setzt sie eine rechtmäßige, d. h. nicht an erheblichen Fehlern leidende Planung und Darstellung der Konzentrationsflächen voraus, an der es hier ebenfalls mangelt (2.).

1. Die Ausschlusswirkung als solche ist unwirksam, weil sie in der Fassung der 23. Planänderung zu Unrecht rückwirkend beschlossen (a) und in der Fassung der 25. Planänderung jedenfalls nicht wirksam bekannt gegeben worden ist (b).

a) § 214 Abs. 4 BauGB ermächtigt eine Gemeinde als Trägerin der Bauleitplanung, zur Behebung von Fehlern u. a. ihren Flächennutzungsplan auch rückwirkend in Kraft zu setzen. Dabei ist das Verfahren zur Aufstellung des Bauleitplans ab dem Stadium zu wiederholen, in dem der Fehler begangen worden ist. Bedarf es danach einer erneuten Beschlussfassung mit Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB, so ist für die Rechtmäßigkeit dieser Abwägung nach dem Wortlaut des § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der erneuten Beschlussfassung maßgeblich (vgl. Senatsurt v. 5.3.2018 - 12 KN 41/17 -, juris, Rn. 75, m. w. N.). Eine auch nur partielle Ausnahme von diesem maßgebenden Zeitpunkt enthält § 214 BauGB (oder eine andere gesetzliche Bestimmung) nicht. Soweit in der Rechtsprechung der Wortlaut des § 214 Abs. 3 BauGB gleichwohl einengend verstanden und der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung des Bauleitplans auf den Zeitpunkt des gewollten Inkrafttretens verlagert worden ist (vgl. die Nachweise bei Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 130. Ergänzungslieferung August 2018, § 214, Rn. 132), betraf dies Fälle, in denen das Inkrafttreten (deutlich) nach der Beschlussfassung und nicht - wie hier - davor erfolgen sollte. Würde man auch für die letztgenannte Fallgestaltung eine ungeschriebene Ausnahme zulassen und für die Rechtmäßigkeit der Abwägung den in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt der erstmaligen (fehlerhaften) Abwägungsentscheidung auch im Fehlerbehebungsverfahren für maßgebend erachten, so mangelte es nicht nur an der gebotenen Aktualität der neuen Abwägungsentscheidung; vielmehr hätte diese Vorverlagerung des maßgeblichen Zeitpunktes auch Auswirkungen auf die zu wiederholenden, davor liegenden Schritte des Verfahrens, also etwa die Beteiligung. Von den betroffenen natürlichen Personen eine Stellungnahme zur Situation in der Vergangenheit zu erwarten, wäre jedoch nicht nur lebensfremd - und ist hier im Übrigen auch nicht erfolgt -, sondern würde die Grenzen einer richterlichen „Auslegung“ des § 214 BauGB überschreiten. Für die in Rede stehende Fallgestaltung bleibt es daher beim Wortlaut des § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB, d. h. abzustellen ist auf die Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt, in dem der erneute (Feststellungs-)Beschluss über den Bauleitplan erfolgt ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.1.2009 - 4 BN 27/08 -, juris, Rn. 6)

Daraus ergibt sich, dass jedenfalls erhebliche inhaltliche Änderungen der Sach- und Rechtslage, die zwischen der vorhergehenden, aber fehlerhaften Beschlussfassung und der zur rückwirkenden Fehlerbehebung in Aussicht genommenen erneuten Beschlussfassung erfolgt sind, einem solchen neuen Feststellungsbeschluss mit Rückwirkung inhaltlich entgegenstehen. Denn würden sie entsprechend § 214 Abs. 3 BauGB bei der erneuten Beschlussfassung inhaltlich beachtet, so könnte die Änderung jedenfalls inhaltlich unverändert nicht mehr beschlossen werden, ggf. wären darüber hinaus Grundzüge der Planung betroffen – wie die Antragsgegnerin vorliegend bezogen auf die 23. Änderung ihres Flächennutzungsplans bei Berücksichtigung der 25. Änderung selbst geltend macht. Blendet man hingegen entsprechende zwischenzeitliche Änderungen aus – wie dies wohl die Antragsgegnerin hier getan hat –, so steht dies im Widerspruch zu der aus § 214 Abs. 3 BauGB folgenden Verpflichtung, sich an der aktuellen Sach- und Rechtslage zu orientieren. Im Ergebnis schließt § 214 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 BauGB damit die Schaffung eines inhaltlich in wesentlichen Punkten nur für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt geltenden – und damit nur der Legitimation bereits getroffener Entscheidungen dienenden – Bauleitplans aus (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.2.1995 - 4 NB 30/95 -, Buchholz 406.11 § 215 BauGB Nr. 6 Leitsatz 2). Ob es verfassungsrechtlich zulässig wäre, auch insoweit eine weiter gehende gesetzliche Ermächtigung zur rückwirkenden Heilung zu schaffen, kann offenbleiben – hiervon hat der Bundesgesetzgeber im Baugesetzbuch jedenfalls keinen Gebrauch gemacht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.11.2005 - 4 BN 51/05 -, Buchholz 406.11 § 214 BauGB Nr. 21, Rn. 17, u. a. mit Bezug auf seinen Beschl. v. 7.11.1997 - 4 NB 48/96 - Buchholz 406.11 § 215 Nr. 12 (1 b)).

aa) Hieran gemessen konnte die 23. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin von ihr am 30. August 2016 nicht mehr wirksam rückwirkend zum 23. Januar 2015 in Kraft gesetzt werden. Denn zwischenzeitlich war bereits die 25. Änderung bekannt gemacht worden. Diese hatte zwar den Umfang der von der Ausschlusswirkung betroffenen Flächen unberührt gelassen, dafür aber die Flächen, die zu einer Konzentrationszone zur Nutzung der Windenergie gehören, unter Einbeziehung der vormals insoweit „weißen Flächen“ erheblich vergrößert. Da die Rechtmäßigkeit der Ausschlusswirkung wesentlich (auch) von der Rechtmäßigkeit der Auswahl der Konzentrationsflächen abhängt, stand diese zwischenzeitlich erfolgte wesentliche Vergrößerung der Konzentrationsflächen der rückwirkenden Änderung entgegen.

bb) Die 23. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin kann auch nicht partiell, nämlich nur mit Wirkung für die Zukunft ab dem 30. August 2016 aufrechterhalten bleiben. Denn dann wären die Änderungsbereiche 4 und überwiegend 2 (i. d. F. der 23. Änderung) entgegen der Vorstellungen der Antragsgegnerin nicht Bestandteil ihrer Konzentrationsflächen.

cc) Der damit gegebene Verstoß gegen die Grenzen der Rückwirkung nach § 214 Abs. 3 und 4 BauGB ist nicht nach § 214 Abs. 2 oder 3 Satz 2 Halbsatz 2, § 215 BauGB unbeachtlich. Denn es handelt sich um einen stets beachtlichen Mangel im Abwägungsergebnis (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.3.2010 - 4 BN 66/09 -, juris, Rn. 31), weil ein solches Ergebnis der Planung nach den vorherigen Ausführungen rechtlich ausgeschlossen ist (vgl. Berkemann, jM 2015, 470, 478).

b) aa) Es kann offenbleiben, ob mit der 25. Änderung erneut die Ausschlusswirkung beschlossen worden ist. Dafür spricht zwar die textliche Darstellung Nr. 1 Satz 1, wonach „außerhalb dieser Änderungsflächen und der … der … 16. und 23. Änderung … keine weiteren WEA …zulässig sind“. Gegen einen entsprechenden Regelungswillen ist aber anzuführen, dass die Unzulässigkeit von WEA nach Nr. 5.3.1 der „Zusammenfassenden Erklärung“ zur 25. Änderung bereits „mit der 16. und 23. Änderung des Flächennutzungsplans abschließend geregelt“ worden sei und dementsprechend dort (Nr. 7) als Planungsinhalt der 25. Änderung nicht der Ausschluss weiterer WEA, sondern lediglich die Ausweisung von zwei Sondergebieten bezeichnet wird.

bb) Selbst wenn man dennoch annimmt, die Ausschlusswirkung sei im Rahmen der 25. Änderung erneut beschlossen worden, so ist dann jedenfalls die Genehmigung eines so verstandenen Änderungsinhalts nicht hinreichend i. S. d. § 6 Abs. 5 Satz 1 BauGB bekannt gemacht worden und damit die 25. Änderung zumindest aus diesem Grunde insoweit nicht wirksam. Denn aus der öffentlichen Bekanntmachung der Genehmigung der Änderung des Flächennutzungsplans muss der räumliche Geltungsbereich der Änderung zu erkennen sein (vgl. Senatsurt. v. 5.3.2018 - 12 KN 144/17 -, juris, Rn. 41 ff.). Vorliegend ist laut Bekanntmachung der Geltungsbereich der 25. Änderung kartographisch in den mitveröffentlichen Kartenausschnitten dargestellt worden. Diese Karten zeigen aber nur die beiden sog. Änderungsbereiche 1 und 2 (i. d. F. der 25. Änderung) und erfassen nicht darüber hinaus das gesamte Gebiet der Antragsgegnerin bzw. zumindest deren vollständigen Außenbereich, auf den sich die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB bezieht.

cc) Auch ein solcher Fehler ist nach §§ 214, 215 BauGB stets beachtlich.

Außerdem fehlt es an der rechtmäßigen Ausweisung der Konzentrationszonen als Voraussetzung für die Ausschlusswirkung, und zwar jedenfalls wegen fehlerhafter Darstellung (a) sowie wegen erheblicher Abwägungsfehler (b). Ob die Planung an weiteren von der Antragstellerin vorgetragenen Mängel leidet, ist deshalb nicht zu klären.

a)Die Darstellungen des Flächennutzungsplans, insbesondere eines solchen mit Ausschlusswirkung, müssen hinreichend bestimmt sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.2.1994 - 4 C 4/92 -, NVwZ 1995, 267 f.). Ob es danach außerhalb des – hier nicht einschlägigen – sachlichen Anwendungsbereichs von § 9 Abs. 2 BauGB bereits grundsätzlich ausgeschlossen ist, alternativ bzw. kumulativ (sich überlagernde) Darstellungen zu treffen (so Mitschang, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl., § 5, Rn. 11), kann offenbleiben. Jedenfalls muss sich dann aber zur Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes (vgl. Senatsurt. v. 27.9.2018 - 12 KN 191/17 -, juris; Rn. 62, sowie v. 5.3.2018 - 12 KN 41/17-, juris, Rn. 68, m. w. N.) das Verhältnis mehrerer sich überlagernder Nutzungen aus dem Flächennutzungsplan einschließlich seiner Begründung hinreichend deutlich ergeben.

Dies ist jedenfalls bezogen auf den Änderungsbereich 1 der 23. Änderung („Culturweg“) nicht der Fall. Hier überlagern sich teilweise drei unterschiedliche Nutzungen, nämlich für den Torfabbau, die Windenergienutzung sowie die Landwirtschaft. Ihr Verhältnis zueinander ist ausdrücklich weder in den textlichen Darstellungen noch in der Begründung geklärt. In der Begründung findet sich (S. 18) nur die These, „die Nutzungen des Torfabbaus wie der Landwirtschaft sind durch die Doppelnutzung nur untergeordnet betroffen. Die einzelnen Nutzungen sind weiterhin gegeben.“ Weder daraus noch sinngemäß aus dem Flächennutzungsplan im Übrigen lässt sich eine eindeutige Klärung des Verhältnisses dieser unterschiedlichen Nutzungen zueinander mit der gebotenen Eindeutigkeit entnehmen. Dies gilt insbesondere für das Verhältnis der Windenergienutzung zum Torfabbau. Dass die Errichtung der in den Positivflächen konzentrierten Anlagen, hier also der WEA, regelmäßig nicht an nach § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB entgegenstehenden Belangen scheitern darf (vgl. Gatz, a. a. O., Rn. 85), spricht – wie das o. a. Zitat aus der Begründung – zwar für einen Vorrang der Windenergienutzung auch gegenüber dem Bodenabbau. Dem steht aber gegenüber, dass das Gebiet raumordnerisch als Vorranggebiet gerade für den Bodenabbau und nicht für die Nutzung der Windenergie vorgesehen ist. Der Konflikt kann auch nicht negiert werden, solange der genaue Ablauf und Umfang des nach Aktenlage zumindest noch bis zum Jahr 2035 vorgesehenen Bodenabbaus nicht verbindlich feststehen. Erst recht ist nicht zu erkennen, in welchem Umfang dann noch Raum für eine landwirtschaftliche Nutzung der Fläche sein soll, etwa temporär bis zu einer Abtorfung oder nachgehend trotz Renaturierungs- und Vernässungspflicht.

Die mangelnde Bestimmtheit von Darstellungen im Flächennutzungsplan kann nicht nach §§ 214, 215 BauGB unbeachtlich werden (vgl. Berkemann, jM 2015, 470, 476).

Die insoweit gegebene Teilunwirksamkeit der 23. Änderung kann schließlich nicht auf die Darstellung des sog. Änderungsbereichs 1 begrenzt werden, sondern zieht bereits für sich genommen die Unwirksamkeit der gesamten 23. Änderung nach sich. Denn die Unwirksamkeit einzelner Darstellungen führt nach den allgemeinen Grundsätzen über die teilweise Nichtigkeit von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften (nur) dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit eines Bauleitplans, wenn die übrigen Darstellungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und außerdem hinzukommt, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte; die Teilunwirksamkeit stellt dabei eine von besonderen Umständen abhängende Ausnahme zur Gesamtunwirksamkeit dar (vgl. zu Bebauungsplänen: BVerwG, Urt. v. 5.5.2015 - 4 CN 4/14 -, juris, Rn. 19, m. w. N.). Der betroffene Änderungsbereich 1 der 23. Änderung ist jedoch von den drei „neuen“ Änderungsbereichen, die in dieser 23. Änderung als Konzentrationszonen dargestellt sind, mit 70 ha der mit Abstand größte; ohne ihn verbleiben als „Neuflächen“ nur 27 ha, nämlich 16 ha für den Änderungsbereich 3 und 11 ha für den Änderungsbereich 5. Eine (auch nur temporäre) Beschränkung der Windenergienutzung allein auf diese beiden neuen Änderungsbereiche war nach der Begründung nicht gewollt, wäre aller Voraussicht nach mangels hinreichend substantieller Ausweisung von Windenergieflächen nicht rechtmäßig gewesen und kann daher nicht zu einer insoweit teilwirksamen Konzentrationsflächenplanung führen. Sie konnte auch nicht erst nachträglich durch die Einbeziehung weiterer Konzentrationsflächen durch die 25. Änderung erfolgen.

b)Die Antragsgegnerin hat nach ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa Senatsurt. v. 26.10.2017 - 12 KN 119/16 -, juris, Rn. 62, m. w. N.) ihrer Konzentrationsflächenplanung ein Planungskonzept zu Grunde zu legen, in dessen erstem Arbeitsschritt diejenigen Bereiche als „Tabuzonen“ zu ermitteln sind, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in „harte“ und „weiche“ untergliedern. Diesen Unterschied muss sich der Planungsträger auf dieser ersten Stufe des Planungsprozesses bewusstmachen und ihn dokumentieren. Das ist dem Umstand geschuldet, dass die beiden Arten der Tabuzonen nicht demselben rechtlichen Regime unterliegen. Bei den „harten Tabuzonen“ handelt es sich um Flächen, deren Bereitstellung für die Windenergienutzung an § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB scheitert. Hat die Gemeinde von der Gesamtheit der Außenbereichsflächen die beiden o. a. Tabuflächen abgezogen, bleiben die Potenzialflächen, die in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen sind (vgl. Gatz, a. a. O., Rn. 84). Nach Anwendung dieses dritten Schrittes der „Subtraktionsmethode“ verbleibt die Kontrollüberlegung, ob mit der/den danach dargestellten Konzentrationsfläche(n) der Windenergie substantiell Raum geschaffen worden ist.

Ob die Antragsgegnerin diesen verfahrensrechtlichen Anforderungen hier bereits grundsätzlich nicht gerecht geworden ist, ist in Ermangelung so lautender, gemäß § 215 Abs. 1 BauGB fristgerechter Rügen nicht zu klären.

Beachtlich, weil innerhalb der vorbezeichneten Jahresfrist noch hinreichend gerügt, offensichtlich und auch auf das Ergebnis der 23. Änderung gemäß § 214 BauGB von Einfluss, sind aber die nachfolgend aufgezeigten Fehler im Abwägungsvorgang.

Abgestellt wird dabei auf die sog. Entwicklungsplanung der Antragsgegnerin nach dem Stand vom 31.7.2013, die nach Seite 13 der Begründung „Grundlage für die vorliegende Flächennutzungsplanänderung und Bestandteil dieser Begründung“ sei und sich im Anhang zu dieser findet (jeweils Beiakte 12). Dass diese Begründung trotz entsprechenden Hinweises bei der „Auswertung der Anregungen“, dort etwa S. 51 bezogen auf Einwendungen der Vertreter der Antragstellerin, einschließlich der Entwicklungsplanung nicht an die Verhältnisse des Jahres 2016, in dem die erneute Beschlussfassung über die 23. Änderung erfolgte, angepasst, d. h. aktualisiert worden ist, dürfte einen weiteren – allerdings als solchen ebenfalls nicht hinreichend gerügten – Fehler darstellen, steht aber der Annahme nicht entgegen, sie gebe die aus Sicht der Antragsgegnerin entscheidende Begründung wieder.

aa) Nach Nr. 3.3 gehören zu den „harten Tabuzonen“ u. a. alle „Siedlungsbereiche (einschließlich der in der Flächennutzungsplanung dargestellten noch nicht bebauten Bereiche)“, ausgenommen aber Gewerbegebiete; zu diesen Siedlungsbereichen war ein „harter“ Abstand von 500 m einzuhalten. Dieser Abstand wurde „zum einen mit der bedrängenden Wirkung“ der WEA des „angesetzten Standardanlagentyps (200 m Gesamthöhe)“ und „zum anderen mit dem zu gewährenden Immissionsschutz“ begründet. Denn die Siedlungslagen/-bereiche wurden „grundsätzlich als allgemeine Wohn- bzw. Kleinsiedlungsgebiete“ einstuft, und es wurde weiter angenommen, der damit maßgebende Nachtwert von 40 dB(A) sei von der o. a. Referenzanlage unter einem Abstand von 500 m wirtschaftlich nicht einzuhalten. Dieser Begründungsatz ist mehrfach fehlerhaft.

In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass Bauerwartungsland im Außenbereich nicht zu den „harten“ Tabuflächen zu rechnen ist (vgl. auch zum Folgenden das o. a. Senatsurt. v. 5.3.2018 - 12 KN 144/17 -, juris, Rn. 56, m. w. N.); denn insoweit hat es die planende Kommune grundsätzlich selbst in der Hand, eine entsprechende Darstellung in ihrem Flächennutzungsplan zu ändern.

Außerdem ist mit der bedrängenden Wirkung nur ein Mindestabstand von 2 H, hier also - bei einer Referenzanlage mit einer Gesamthöhe von 200 m - von 400 m und nicht von 500 m, zu begründen.

Der Versuch, diese weiteren 100 m Mindestabstand mit Lärmschutzgründen zu rechtfertigen (vgl. zu entsprechenden Ansätzen zuletzt Senatsurt. v. 25.10.2018 - 12 LB 118/16 -, juris, Leitsatz 6, sowie Rn. 174 ff.), ist misslungen. Dies gilt schon deshalb, weil die Antragsgegnerin trotz gerichtlicher Nachfrage nichts Näheres dazu ausgeführt hat, ob und in welchem Umfang unter ihren Siedlungsbereichen nicht auch solche sind, die als Mischgebiete ausgewiesen (§ 30 BauGB) oder zu qualifizieren sind (§ 34 BauGB) und zu denen deshalb ein Nachtwert von „nur“ 45 dB(A) einzuhalten ist; ein solcher Wert lässt sich aber – wie sich aus der weiteren Begründung ergibt – auch aus Sicht der Antragsgegnerin „schon“ bei einem Mindestabstand von nur 400 m wahren. Zudem fehlt trotz gerichtlicher Nachfrage jede nähere, aber erforderliche Begründung für die Annahme, warum bei einem Abstand unter 500 m generell im Gebiet der Antragsgegnerin eine WEA mit einer Höhe von 200 m nicht „wirtschaftlich“ zu betreiben sei. Eine entsprechende Erkenntnis drängt sich auch dem Senat mit der Erfahrung aus einer Vielzahl von WEA-Verfahren nicht auf. Vielmehr dürfte die Wirtschaftlichkeit einer entsprechenden Anlage von einer Mehrzahl von Faktoren abhängig sein, zu denen neben der Höhe der öffentlichen Förderung insbesondere die Windhöffigkeit des jeweiligen Standortes gehört.

bb) Weiterhin hat die Antragsgegnerin – was wesentlich gerade zum Ausschluss des von der Antragstellerin präferierten Gebiets geführt hat – beruhend auf einer Stellungnahme der NLStBV ihrer Bauleitplanung den ihr von dieser Behörde mitgeteilten beabsichtigten Trassenverlauf der zukünftigen BAB 20 zzgl. eines Abstandes von 375 m zum Tabubereich erklärt. Insoweit liegen ebenfalls mehrere Fehler vor.

So hat die Antragsgegnerin zur Begründung auf § 9 FStrG Bezug genommen. Wie sich insbesondere aus § 9a FStrG ergibt, der eine Veränderungssperre ab dem Beginn der Auslegung der Pläne im Planfeststellungsverfahren regelt, setzt § 9 FStrG aber eine bereits planfestgestellte Trasse voraus. Hier hatte die Planung der künftigen BAB 20 im nach § 214 Abs. 3 BauGB maßgebenden Zeitpunkt des Feststellungsbeschlusses der Antragsgegnerin aber noch nicht einmal das in § 9a FStrG bezeichnete Stadium erreicht. Wie sich der homepage der NLStBV entnehmen lässt und in der mündlichen Verhandlung erörtert worden ist, ist das Planfeststellungsverfahren für den hier betroffenen zweiten Bauabschnitt der künftigen BAB 20 vielmehr erst am 1. Dezember 2017 und damit deutlich nach dem letzten Feststellungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 30. August 2016 eingeleitet worden. Dementsprechend ist die Antragsgegnerin also schon zu Unrecht davon ausgegangen, nach § 9 FStrG an die damals rechtlich noch nicht hinreichend konkretisierte Trassenplanung der Fachbehörde gebunden gewesen zu sein. Wie sich u. a. aus § 5 Abs. 4 Satz 2 BauGB ergibt, besteht eine Bindung des Trägers der Bauleitplanung an eine bislang lediglich „in Aussicht genommene Fachplanung“ jedoch bauplanerisch nicht (vgl. Schrödter/Otto, in: Schrödter, BauGB, 9. Auflage, § 5 BauGB, Rn. 90).

Auf der bezeichneten Fehlvorstellung beruhend hat die Antragsgegnerin dann zu Unrecht entsprechende Sicherheitsabstände zu dem vermeintlich bindenden Trassenverlauf addiert. Zusätzlich ist unklar, ob und in welchem Umfang dieser Abstand „hart“ bzw. „weich“ gewesen sein soll. Der Bezug auf das Anbauverbot nach § 9 FStrG von 40 m und die folgende ausdrückliche Bezeichnung eines Abstandes von 100 m als „hart“ auf S. 22 der Begründung zu Nr. 3.3 (den harten Tabuzonen) sprechen für die Annahme, bezüglich dieser 100 m solle es sich um ein hartes Tabu handeln. Eine entsprechende Bauverbotszone ist in der Legende zur folgenden Abbildung 13 noch aufgeführt, aber nicht (erkennbar) Bestandteil der Karte selbst geworden. Auf S. 27 wird dann zu Nr. 3.4 („weiche Tabuzonen“) unter Bezug auf eine „Forderung“ der NLStBV von einem „zusätzlichen Abstand von 375 m“ als „weiche“ Tabuzone gesprochen. Ein solcher ist dann wohl auch in die Abbildung 14 als weiche Tabuzone ausgewiesen. Geht man davon aus, dass davon 100 m „hart“ sein sollen, so ist dies schon deshalb fehlerhaft, weil es eine Rechtsnorm, die innerhalb dieser Zone u. a. WEA verhindert, nicht gibt und § 9 FStrG aus den o. a. Gründen nicht gilt. Andernfalls bleibt zumindest unklar, in welchem Umfang der Abstand von bis zu 375 m nun „hart“ oder „weich“ sein soll. In beiden Fällen stellt es zudem einen Abwägungsfehler dar, dass sich die Antragsgegnerin offenbar an die so bezeichnete „Forderung“ der NLStBV gebunden gefühlt hat, jedenfalls aber ansonsten notwendige Ausführungen dazu fehlen, warum aus ihrer Sicht ein solcher Abstand geboten sei. Solche finden sich auch auf S. 48 der „Abwägung“ nicht.

Der o. a. Fehler ist schließlich nicht etwa deshalb unerheblich, weil die Antragsgegnerin innerhalb des (voll – oder zumindest teilidentischen) Sektors der geplanten Autobahntrasse aus anderen Gründen ohnehin keine WEA hätte planen dürfen, der gesamte Sektor sich also aus einem anderen Rechtsgrund, nämlich nach § 1 Abs. 4 BauGB ohnehin als harte Tabuzone darstellte. Zwar ist in dem niedersächsischen LROP (Anlage 2 Karte) eine Zone für den Verlauf der BAB 20 vorgesehen. Allerdings lässt sich der Karte angesichts ihres Maßstabes schon keine hinreichend konkrete Breite des Korridors entnehmen und dem LROP im Übrigen auch nicht, dass nun innerhalb dieses Korridors sämtliche Bauvorhaben einschließlich von WEA unzulässig sein sollen und dies ggf. auch dann noch, wenn – wie hier im Jahr 2016 – die Trassenplanung inzwischen weiter fortgeschritten gewesen ist. Vielmehr sieht Ziffer 4.1.3.03 des LROP eine räumlich nähere Festlegung in dem jeweiligen Regionalen Raumordnungsprogramm vor.

cc) Die Antragsgegnerin hat unter Nr. 3.3 (S. 22) weiterhin Wald als „hartes Tabu“ bezeichnet und dazu ausgeführt: „Die Flächen werden entsprechend einer Luftbildauswertung kartiert“. Zur Begründung für die Einstufung von Wald als „harte Tabufläche“ findet sich allein der Verweis auf den im Gemeindegebiet nur sehr geringen Umfang von Wald. Das reicht aber nach der Senatsrechtsprechung (vgl. Urt. v. 26.10.2017 - 12 KN 119/16 -, juris, Rn. 76) nicht aus, zumal sich der weiteren Begründung einschließlich der Karten nicht entnehmen lässt, in welchem Umfang nun tatsächlich eine Luftbildauswertung erfolgt ist und zur Sperrung von Gebieten geführt hat. Sollte dies unterblieben sein, wäre dies nach der Systematik der Antragsgegnerin ein weiterer Fehler.

ddd) Schließlich ist der Umgang der Antragsgegnerin mit dem „Tabu-Merkmal“ der „Avifauna“ ebenfalls zu beanstanden.

Zunächst gilt dies insoweit, als dazu in der Entwicklungsplanung nach dem Stand vom 31.7.2013 jeweils (S. 22 und 26) auf die Fortschreibung des Landschaftsrahmenplanes des Landkreises I. verwiesen wurde, dessen Ergebnisse im Entwurf, aber noch nicht abschließend bzw. differenziert vorliegen würden. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die seit dem Jahr 2013 erfolgte Weiterentwicklung dieses Plans bei der erneuten Beschlussfassung im August 2016 hinreichend berücksichtigt worden ist, obwohl sich die Antragstellerin hinsichtlich „ihres“ Bereichs ausdrücklich auf neuere, darin eingeflossene Erkenntnisse berufen hatte. Denn die Entwicklungsplanung ist – wie ausgeführt – unberührt geblieben und auch in der Abwägung wird nur pauschal, ohne nähere Ausführungen partiell auf den „aktuell vorliegenden finalen Entwurf“ verwiesen. Dieser findet sich auch nicht in den bekannt gemachten Unterlagen mit umweltbezogenen Informationen – hier wird unverändert auf den als weiteren Teil der Begründung beschlossenen Umweltbericht mit dem Stand des Jahres 2013 verwiesen.

Außerdem wurden nach der Begründung der Entwicklungsplanung (S. 26) grundsätzlich die in dem Entwurf des Landschaftsrahmenplanes 2013 als avifaunistisch von (regionaler) Bedeutung und als „naturschutzwürdig“ eingestuften acht Gebiete zu den [„weichen“] Tabuzonen gerechnet, hiervon wurde aber zugunsten der Änderungsbereiche 1 und 5 (s. Abbildung 14) abgewichen. Die Abweichung hinsichtlich des Änderungsbereichs 1 wurde damit begründet, dass dessen Bedeutung erst nach der Wiedervernässung mit Moorneubildung eintreten werde und dies erst ab 2037 zu erwarten sei. Dabei ist jedoch die abschnittsweise vorgegebene Wiedervernässung nicht hinreichend in den Blick genommen worden. Erst recht fehlt jede Begründung für die Abweichung bezogen auf den Änderungsbereich 5. Wie ausgeführt, findet sich insoweit in der Begründung, also nicht in der Entwicklungsplanung, nur der Verweis auf eine dort schon verwirklichte WEA, die wiederum als Bestandteil eines weiter nördlich und damit bereits in der Nachbargemeinde bestehenden Windparks eingestuft werde. Dieser Hinweis ersetzt die erforderliche Begründung für die Planung mit Steuerungscharakter nicht.

ee) Wären der Antragsgegnerin die bezeichneten, aus den zitierten Planunterlagen ersichtlichen und damit i. S. d. § 214 BauGB offensichtlichen Fehler im Abwägungsvorgang nicht unterlaufen, so hätte sie nach ihrem Konzept Konzentrationsflächen an anderer Stelle bzw. mehr von ihnen darstellen können, d. h. die Fehler waren jeweils für sich genommen auch ergebnisrelevant.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO in entsprechender Anwendung i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Normenkontrollverfahren auf 30.000 EUR festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).