Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.02.2019, Az.: 1 KN 140/17

Abwägungserheblichkeit; Geringfügigkeitsschwelle; Lärmimmissionen; Nachbar; Normenkontrolle, Antragsbefugnis

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
27.02.2019
Aktenzeichen
1 KN 140/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69652
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Es ist bereits fraglich, ob Nachbarn in einem reinen oder allgemeinen Wohngebiet abwägungserhebliche Lärmschutzbelange gegen eine Mischgebietsfestsetzung im unmittelbar an ihr Grundstück angrenzenden (bisherigen) Außenbereich anführen können.

Jedenfalls fehlt es dann an der Abwägungserheblichkeit, wenn das Nachbargrundstück selbst im Außenbereich und zudem noch in einem Abstand von rund 100 m zum Plangebiet liegt.

Tenor:

Der Normenkontrollantrag wird verworfen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. F. „I. der Antragsgegnerin. Er meint, der den Plan voraussichtlich ausnutzende Kfz-Betrieb werde unzumutbare Immissionen auf seinem nahegelegenen Wohngrundstück verursachen.

Der Geltungsbereich des angegriffenen Bebauungsplans umfasst einen rechteckigen, 40 x 75 m großen, südlich der hier in Ost-West-Richtung verlaufenden J. (K348) gelegenen Teil des Flurstücks K., Flur L. der Gemarkung M. (inzwischen Flurstücke N. und O., postalische Anschrift J. 10a). Das Grundstück war bis zum Inkrafttreten des angegriffenen Bebauungsplans unbeplant. In seinem Osten schließen sich südlich der J. Wohngebäude und Gewerbebetriebe, ferner eine Schule an. Der Bereich südlich und westlich des Plangebiets ist unbebaut und geht in die offene Landschaft über. Etwa 65 m westlich der Plangebietsgrenze steht, 40 m südlich der P. ein Wohnhaus. Weitere rd. 80 m südlich, rd. 100 m südwestlich der Südwestecke des Plangebiets steht das Wohnhaus des Antragstellers. Etwa 100 m westlich dieser beiden Häuser folgt eine zusammenhängende Wohnbebauung. Nördlich der J., gegenüber dem Plangebiet und den zwei separaten Wohngebäuden liegt eine wohl von einem Gartenbaubetrieb genutzte Grünfläche.

Um dessen bisherigen Standort für eine von ihr angestrebte Einzelhandelsnutzung freizumachen, bemühte sich die Antragsgegnerin um die Aussiedlung des Kfz-Reparaturbetriebs des Beigeladenen zu 2. auf das nun überplante Grundstück. Da sie dieses zutreffend als Außenbereichsgrundstück ansah, fasste deren Rat am 15.3.2016 den Aufstellungsbeschluss für den angegriffenen Bebauungsplan. Die frühzeitige Bürger- und Behördenbeteiligung fand im August/September 2016 statt, die öffentliche Auslegung des Plans und die gleichzeitige Beteiligung der Träger öffentlicher Belange vom 14.12.2016 bis zum 13.1.2017. Der Kläger trug fristgerecht Einwendungen vor. In seiner Sitzung vom 7.2.2017 entschied der Rat der Antragsgegnerin über die eingegangenen Stellungnahmen und beschloss den Bebauungsplan als Satzung. Nach Ausfertigung des Plans durch den Bürgermeister am 7.2.2017 machte die Antragsgegnerin den Satzungsbeschluss im Amtsblatt für den Landkreis Ammerland vom 18.8.2017 bekannt.

Der Bebauungsplan setzt etwa die westlichen drei Viertel des Plangebiets als Mischgebiet, das östliche Viertel als private Grünfläche fest. Die textliche Festsetzung Nr. 1 lautet:

„Im MI sind gem. § 1 Abs. 5 BauNVO die unter § 6 Abs. 2 Nr. 1 genannten Wohngebäude nur ausnahmsweise zulässig.

Die unter § 6 Abs. 2 Nr. 3 aufgeführten Arten von Nutzungen (Einzelhandelsbetriebe), Nr. 6 (Gartenbaubetriebe), Nr. 7 (Tankstellen) und Nr. 8 (Vergnügungsstätten) sind nicht zulässig. Der Einzelhandel mit KFZ-Zubehör ist als untergeordnete Nutzung zur Hauptnutzung (KFZ-Betrieb) zulässig.

Gem. § 1 Abs. 6 BauNVO sind die ausnahmsweise zulässigen Vergnügungsstätten gemäß § 6 Abs. 3 BauNVO nicht Bestandteil des Bebauungsplanes.“

Für das Mischgebiet gilt eine Grundflächenzahl von 0,4, offene Bauweise, eine maximal zulässige Gebäudehöhe von 8,5 m und Traufhöhe von 5,5 m, deren Bemessungspunkte in der textlichen Festsetzung Nr. 2 geregelt sind. Innerhalb des Mischgebiets ist ein 23 x 40 m großes Baufenster festgesetzt. Nebenanlagen in Form von Gebäuden sind nach der textlichen Festsetzung Nr. 3 nur innerhalb des Baufensters zulässig. Die textliche Festsetzung Nr. 4 regelt die Zufahrt zum Baugebiet, die textliche Festsetzung Nr. 5 enthält grünordnerische Regelungen, die textliche Festsetzung Nr. 6 Vorgaben zum passiven Schallschutz zur J. hin.

Am 28.9.2017 erteilte der Landkreis Ammerland der Beigeladenen zu 1. die Baugenehmigung zur Errichtung einer Kfz-Werkstatt mit 5 Hebebühnen, einem Bürotrakt und 30 Stellplätzen im Plangebiet. Die dagegen nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage unter anderem des Antragstellers ist beim Verwaltungsgericht Oldenburg noch unter dem Az. 4 A 896/18 anhängig. Einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat das Verwaltungsgericht (Beschl. v. 18.1.2018 – 4 B 8351/17) abgelehnt; die dagegen gerichtete Beschwerde hat der Senat (Beschl. v. 6.4.2018 – 1 ME 21/18) zurückgewiesen.

Bereits zuvor, am 15.9.2017, hat der Antragsteller den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung führt er aus: Er sei antragsbefugt. Sein Grundstück liege in unmittelbarer Nähe zum Plangebiet; sein Grundstück werde durch die Immissionen des Kfz-Betriebes, dessen Ansiedelung geplant sei, unzumutbar beeinträchtigt werden. Die Antragsgegnerin selbst habe dies für möglich gehalten und deshalb ein Lärmgutachten erstellen lassen, das aber fehlerhaft sei. Auch andere Immissionen (Lacke, Öle, Verdünner etc.) seien möglich. Ferner vermittle ihm § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB eine abwehrfähige Position; für den umgekehrten Fall der an einen emittierenden Betrieb heranrückenden Wohnbebauung sei dies anerkannt. Der Umstand, dass sein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die der Beigeladenen zu 1. erteilte Baugenehmigung erfolglos geblieben sei, lasse sein Rechtsschutzbedürfnis für das Normenkontrollverfahren nicht entfallen. Der Antrag sei auch begründet. Die Auslegungsbekanntmachung vom 6.12.2016 enthalte zu Unrecht einen Hinweis auf § 47 Abs. 2a VwGO, der mittlerweile gestrichen worden sei. Der Schlussbekanntmachung fehle die Anstoßwirkung, da zwar das Plangebiet umrissen, nicht aber der Planinhalt skizziert worden sei. Der Bebauungsplan sei nicht erforderlich, da ein „Etikettenschwindel“ vorliege. Die Antragsgegnerin beabsichtige die Ansiedelung eines das Wohnen wesentlich störenden, im Mischgebiet mithin unzulässigen Gewerbebetriebes. Auch schließe die textliche Festsetzung Nr. 1 das Wohnen als allgemein zulässige Nutzung aus; damit könne das Mischgebiet seine allgemeine Zweckbestimmung nicht mehr wahren; die Festsetzung sei daher nicht von § 1 Abs. 5 BauNVO gedeckt. Der Plan sei abwägungsfehlerhaft. Es sei zweifelhaft, ob überhaupt eine ergebnisoffene Abwägung stattgefunden habe. Jedenfalls seien die planbedingten Immissionen im und außerhalb des Plangebietes nicht ausreichend ermittelt worden. Das für den geplanten Betrieb des Beigeladenen zu 2. vorgelegte Lärmgutachten sei als Privatgutachten unverwertbar und gehe im Übrigen von falschen Voraussetzungen aus. Andere Immissionen als Lärm seien überhaupt nicht untersucht worden.

Der Antragsteller beantragt,

den vom Rat der Antragsgegnerin am 7. Februar 2017 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. F. „Q.“ für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie meint, der Antragsteller sei nicht antragsbefugt, da er nicht von abwägungserheblichen Lärmimmissionen betroffen sei; dies ergebe sich aus ihrem, auch im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung zu berücksichtigenden, substantiierten Gegenvortrag. Der Antragsteller habe auch kein Rechtsschutzbedürfnis, da, wie der Senatsbeschluss vom 6.4.2018 zeige, sein Rechtsbehelf gegen die den Plan weitgehend ausnutzende Baugenehmigung vom 28.9.2017 offensichtlich keine Erfolgsaussichten habe.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist unzulässig. Der Antragsteller ist nicht antragsbefugt.

Erforderlich, aber auch ausreichend für die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird. Wenn es - wie hier - um das Recht auf gerechte Abwägung geht, reicht es aus, dass der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung seiner Belange in der Abwägung als möglich erscheinen lassen. Antragsbefugt ist hiernach, wer sich auf einen abwägungserheblichen Belang, d.h. ein mehr als nur geringfügig schutzwürdiges Interesse, berufen kann. Für die Prüfung der Antragsbefugnis kommt es grundsätzlich auf die Darlegungen des Antragstellers im Normenkontrollverfahren an. Allerdings ist die Antragsbefugnis nicht schon dann zu bejahen, wenn solche Tatsachen im gerichtlichen Verfahren behauptet werden und der Vortrag in Bezug auf den geltend gemachten Abwägungsfehler schlüssig ist. Zwar ist die Prüfung der Antragsbefugnis nicht unter Auswertung des gesamten Prozessstoffes und in einem Umfang und einer Intensität vorzunehmen, die einer Begründetheitsprüfung gleichkommt. Das Normenkontrollgericht ist insbesondere nicht befugt, für die Entscheidung über die Antragsbefugnis den Sachverhalt von sich aus weiter aufzuklären. Andererseits muss es widerstreitendes Vorbringen des Antragsgegners, auf dessen Grundlage sich die maßgeblichen Tatsachenbehauptungen in der Antragsschrift als offensichtlich unrichtig erweisen, nicht ausblenden, sondern kann auf der Grundlage des wechselseitigen Schriftverkehrs darüber befinden, ob es einen abwägungserheblichen Belang des Antragstellers geben kann (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 10.7.2012 - 4 BN 16.12 -, BauR 2012, 1771 = BRS 79 Nr. 61 m.w.N.).

Abwägungserheblich in diesem Sinne kann auch das Interesse des Eigentümers eines dem Plangebiet benachbarten Grundstücks sein, von belastenden Einwirkungen der durch den Plan ermöglichten Nutzungen verschont zu bleiben; dies allerdings nur, wenn die planbedingten Beeinträchtigungen (Nachteile, Gefahren) in einem adäquat-kausalen Zusammenhang mit der Planung stehen und nicht von geringfügiger Art sind (BVerwG, Urt. v. 21.3.2002 – 4 CN 14.00 -, BVerwGE 116, 144 = juris Rn. 14 m.w.N.). Daran fehlt es hier offenkundig.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können sogar schon Eigentümer von Wohngrundstücken am Rande eines Außenbereichs nicht damit rechnen, dass in ihrer Nachbarschaft keine emittierenden Nutzungen oder höchstens ebenfalls nur eine Wohnnutzung entsteht; sie dürfen lediglich darauf vertrauen, dass keine mit der Wohnnutzung unverträgliche Nutzung entsteht (BVerwG, Beschl. v. 30.11.1992 – 4 NB 41.92 –, juris Rn. 10, explizit zur Abwägungsrelevanz). Das ist nicht der Fall, wenn die Lärmbelastung nicht über das in einem Misch- oder Dorfgebiet zulässige Maß hinausgeht, denn auch diese Gebiete dienen dem Wohnen (BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990 – 4 N 6.88 –, NVwZ 1991, 881 = DVBl. 1991, 442 = juris Rn. 29). Die ruhige Wohnlage, die einem an den bisherigen Außenbereich angrenzenden Grundstück im allgemeinen faktisch zukommt, begründet als solche keine Antragsbefugnis; denn einen Rechtsanspruch oder auch nur ein schutzwürdiges Interesse auf Beibehaltung dieser Außenbereichslage gibt es nicht (BVerwG, Urt. v. 21.10.1999 – 4 CN 1.98 – juris Rn. 17).

Gemessen daran ist bereits fraglich, ob bei der Überplanung bisherigen Außenbereichs mit einem Mischgebiet Lärmschutzbelange desjenigen Nachbarn abwägungserheblich sind, der unmittelbar an das Plangebiet angrenzend in einem reinen oder allgemeinen Wohngebiet lebt. Jedenfalls fehlt es dann an der Abwägungserheblichkeit, wenn wie hier, das Nachbargrundstück selbst im Außenbereich und zudem noch in einem die Lärmimmissionen nicht unbeträchtlich dämpfenden Abstand von rund 100 m zum Plangebiet liegt. Entsprechendes gilt für sämtliche weiteren potentiell in einem Mischgebiet zulässigerweise entstehenden Emissionen wie Stäube, Dämpfe etc..

Etwas Anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Antragsgegnerin in der textlichen Festsetzung Nr. 1 die mischgebietstypische Wohnnutzung auf eine Ausnahmenutzung reduziert hat. Dieser Umstand ändert nämlich nichts daran, dass regelmäßig zulässig im festgesetzten Baugebiet nur das Wohnen (im Plangebiet selbst, d.h. Wand an Wand) nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe sind.

Die Berechtigung der vorstehenden abstrakten Erwägungen wird – ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankäme – ergänzend verdeutlicht durch die voraussichtlich durch das Vorhaben des Beigeladenen verursachten Immissionen. Zwar sind nicht diese, sondern die aus einem Mischgebiet abstrakt zulässigerweise möglichen Immissionen maßgeblich für die Beurteilung der Abwägungserheblichkeit. Wäre, wie der Antragsteller geltend macht, der Betrieb des Beigeladenen nach seinen Lärmemissionen schon kein mischgebietsverträglicher, das Wohnen nicht wesentlich störender Gewerbebetrieb mehr, sondern gehörte er in ein Gewerbegebiet (vgl. insbesondere S. 16 des Schriftsatzes vom 11.9.2017, GA Bl. 16) so wären die von ihm ausgehenden Immissionen nicht planbedingt, da der Betrieb nicht auf der Grundlage des Plans angesiedelt werden könnte. Allerdings lässt sich im Erst-Rechts-Schluss ableiten, dass dann, wenn sogar ein solcher Betrieb nicht zu abwägungserheblichen Lärmimmissionen am Wohnhaus des Antragstellers führt, erst recht alle von mischgebietstypischer Nutzung ausgehenden Immissionen geringfügig sein müssen.

Dass die Lärmemissionen des genehmigten Vorhabens nach keiner denkbaren Betrachtungsweise die Schwelle der Abwägungserheblichkeit überschreiten, ergibt sich deutlich aus dem für dieses Vorhaben erstellten schalltechnischen Gutachten des itap vom 18.11.2016 und den Beschlüssen des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 18.1.2018 – 4 B 8351/17 – sowie des Senats vom 6.4.2018 – 1 ME 21/18 –. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass am Wohnhaus des Antragstellers Dauerschallpegel von 36,6 dB(A) und Spitzenpegel von 45,2 dB(A) zu erwarten seien. Sie liegen damit um über 23 dB(A) unter den Richtwerten der DIN 18005 und der TA Lärm für Dorf- und Mischgebiete von 60 dB(A). Damit liegt das Wohnhaus deutlich außerhalb des Einwirkungsbereichs des Vorhabens, der über einen Beurteilungspegel von weniger als 10 dB(A) unter dem für die Fläche maßgeblichen Immissionsrichtwert oder Spitzenpegel in Höhe dieses Richtwertes definiert wird (zur Indizwirkung des Einwirkungsbereichs für die Abwägungserheblichkeit von Lärmimmissionen jüngst OVG Koblenz, Urt. v. 6.2.2018 – 8 C 11325/17BauR 2019, 93 = juris Rn. 21). Zu den Angriffen des Antragstellers gegen die Feststellungen des Gutachtens hatte der Senat ausgeführt:

„Soweit die Antragsteller rügen, die Anzahl der Stellplätze sei im itap-Gutachten mit 20 statt der genehmigten 30 berücksichtigt worden, hat die Beigeladene zu 2. durch Vorlage eines überarbeiteten Gutachtens der itap vom 12.1.2018 (GA Bl. 254 ff.) nachgewiesen, dass sich hieraus lediglich eine Schallpegelerhöhung auf 37,0 dB(A) am Grundstück des Antragstellers zu 1. [des Antragstellers im Normenkontrollverfahren, Anm. d. Senats] und 40,8 dB(A) tags am Grundstück des Antragstellers zu 2. ergibt. Dass dieses Gutachten erst nach Erteilung der Baugenehmigung erstellt wurde, ist unerheblich. Abgesehen davon, dass es nur im Detail verdeutlicht, was bereits bei einer auch der Genehmigungsbehörde (und dem Verwaltungsgericht) möglichen überschlägigen Betrachtung auf der Hand lag, hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass eine etwaige Unzulänglichkeit der bei Genehmigungserteilung vorhandenen Bauvorlagen für sich genommen Nachbarrechte nicht verletzt, sofern nur die Annahme, eine Rechtsverletzung in der Sache sei ausgeschlossen, im Ergebnis zutrifft; letzteres ist ggf. im gerichtlichen Verfahren aufzuklären, was hier geschehen ist.

Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Antragsteller, die im ursprünglichen itap-Gutachten zur Bestimmung des Schalldämmmaßes der Außenwände unterstellte Verwendung von Sandwichpaneelen sei durch die Baugenehmigung nicht vorgeschrieben. Dieses Material der Außenwände wird zwar nicht in der Baubeschreibung (Bl. 35 der Bauakte), wohl aber im Brandschutznachweis (Bl. 30 der Bauakte), der ebenfalls durch Grünstempel Bestandteil der Baugenehmigung geworden ist, vorgegeben. Dass es Sandwichpaneele gibt, die eine substanziell geringere Dämmwirkung haben, machen auch die Antragsteller und der von ihnen bemühte Sachverständige Donner (Bl. 199 f. der Gerichtsakte) nicht geltend.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch angenommen, die dem Gutachten zugrundeliegende Annahme, es würden pro Tag maximal 15 Kraftfahrzeuge repariert, wirke sich nicht entscheidend auf die Lärmimmissionen an den Grundstücken der Antragsteller aus. Bei der Anzahl der Fahrzeugbewegungen auf den Stellplätzen ist dies ohnehin nicht berücksichtigt; dort geht das Gutachten von 5 (Ursprungsfassung) bzw. 7,5 (überarbeitete Fassung vom 12.1.2018) Kundenbesuchen pro Stunde, mithin rund 47 bzw. 71 Kundenbesuchen innerhalb der 9,5-stündigen Betriebszeit aus. Aber auch auf den Umfang des Lärms des Reparaturbetriebs hat die unterstellte Anzahl der Reparaturvorgänge keine Auswirkungen; diesen hat das Gutachten nicht anhand einer Einzelbewertung jedes Reparaturvorgangs, sondern einen für Kfz-Reparaturbetriebe typischen Innenpegel von 75 dB(A) für die gesamte Betriebszeit zugrunde gelegt und konservativ auf 80 dB(A) erhöht (S. 14 des Gutachtens, Bl. 74 der Gerichtsakte). Im Übrigen wären selbst in dem äußerst unrealistischen Fall, dass eine höhere Anzahl von Reparaturvorgängen zur Folge hätte, dass der Betrieb permanent den als Spitzenpegel veranschlagten Wert von 110 dB(A) emittierte, an den Häusern der Antragsteller lediglich Dauerschallpegel von 51,9 bzw. 47,6 dB(A) wahrnehmbar (Bl. 263 der Gerichtsakte). Selbst diese lägen noch deutlich unter der Zumutbarkeitsgrenze.

Die Rüge, das Gutachten habe nicht berücksichtigt, dass die Hallenfenster zur Belüftung gelegentlich geöffnet sein könnten, kann unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zu einer Erhöhung der Immissionswerte auf ein unzumutbares Maß begründen. Den Dämmwert der Fenster hat der Gutachter auf 25 dB(A) veranschlagt. Nach den genehmigten Bauzeichnungen sind an der dem Wohnhaus des Antragstellers zu 2. zugewandten Westseite des Gebäudes keine Fenster vorgesehen; lediglich auf der Südseite, die immerhin schräg zum Wohnhaus des Antragstellers zu 1. weist, sind zwei der 5 Werkstattfenster zu einem Drittel kippbar, das kleine Fenster des Kompressorraums ist dreh- und kippbar. Selbst wenn man unterstellte, dass für letzteres durchgängig kein Schalldämmmaß, für erstere in Teilflächen lediglich das bei gekippten Fenstern übliche Schalldämmmaß von 10-15 dB(A) anzusetzen wäre, könnten die Lärmbeiträge dieser Quellen die Summe der Lärmpegel nicht in einem Umfang erhöhen, der auch nur in die Nähe der Zumutbarkeitsgrenze käme. Aus der Tabelle am Ende der itap-Gutachten ergibt sich, dass die von den Fenstern ausgehenden Einzelschallpegel an den Häusern der Antragsteller zwischen 6,9 und 15,2 dB(A) liegen (vgl. Bl. 265 der Gerichtsakte). Erhöhte man am Haus des Antragstellers zu 2 einen Fensterschallpegel um 25 dB(A), zwei weitere um je 15 dB(A), so würde sich der Summenpegel von 40,8 lediglich um ca. 2-3 dB(A) erhöhen (berechnet beispielsweise nach den Lärmpegelrechnern unter http://www.sengpielaudio.com/Rechner-spl30.htm oder http://www.staedtebauliche-laermfibel.de/rechner/addumitt.html).

Die Detailtiefe dieser Erwägungen darf nicht über das Gesamtergebnis hinwegtäuschen, dass keiner der Angriffe des Antragstellers auch nur ansatzweise Anlass zu der Annahme bietet, die Immissionspegel an seinem Wohnhaus könnten mehr als wenige Dezibel über den im Gutachten errechneten Werten liegen. Im Normenkontrollverfahren hat der Antragsteller keine Argumente vorgetragen, die Anlass geben könnten, die Erwägungen des Senats in Zweifel zu ziehen. Soweit er meint, die Vorgaben des Brandschutznachweises nützten ihm als Nachbarn wenig, ändert dies nichts daran, dass der Brandschutznachweis Bestandteil der Baugenehmigung ist. Wenn darin eine bestimmte Bauweise vorgesehen ist, kann diese auch der Lärmberechnung zugrunde gelegt werden. Dass der Antragsteller die übrigen Erwägungen des Senats als „– um das Mindeste zu sagen – überraschend“ bezeichnet, ersetzt keine substantiierte Auseinandersetzung mit ihnen; diese fehlt.

Dass die Antragsgegnerin die erhebliche Erweiterung des Plangebiets plane (Antragstellerschriftsatz vom 1.6.2018, S. 3), kann die Antragsbefugnis nicht begründen; Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist nur der angegriffene Plan.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 709 Satz 1, 2 ZPO.