Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 26.02.2019, Az.: 13 ME 289/18
Arzneimittel; Arzneimittel für neuartige Therapien; autologe Transplantation; Beschwerde; biotechnologisch bearbeitetes Gewebeprodukt; Eigenfetttransplantation; Fettgewebe; Fettzellen; Funktionsänderung; Herstellungserlaubnis; Rhizarthrose; vorläufiger Rechtsschutz; Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 26.02.2019
- Aktenzeichen
- 13 ME 289/18
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2019, 69626
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 21.06.2018 - AZ: 7 B 2260/18
Rechtsgrundlagen
- § 13 Abs 1 S 1 Nr 1 AMG
- § 13 Abs 2b AMG
- § 2 Abs 1 Nr 1 AMG
- § 2 Abs 3 Nr 8 AMG
- § 3 Nr 3 AMG
- § 4 Abs 9 AMG
- § 4a S 1 Nr 3 AMG
- § 2 Abs 1 ATMP-VO
- § 1a Nr 1 TPG
- § 1a Nr 4 TPG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die ärztliche Interposition von autologem Fettgewebe im Sinne des Einhandprinzips zur Behandlung von Rhizarthrose (Eigenfetttransplantation) bedarf einer Herstellungserlaubnis nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG.
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 7. Kammer - vom 21. Juni 2018 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen eine sofort vollziehbare arzneimittelrechtliche Anordnung des Antragsgegners, die ihm die Anwendung des Verfahrens der Interposition von autologem, nicht modifiziertem Fettgewebe im Sinne des Einhandprinzips zur Behandlung von Rhizarthrose (Eigenfetttransplantation) untersagt.
Der Antragsteller ist als Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie mit den Zusatzbezeichnungen Handchirurgie und Notfallmedizin in der Hand- und Plastischen Chirurgie A-Stadt tätig (C.). Dort führt er zur Behandlung der Rhizarthrose auch Eigenfetttransplantationen durch.
Dies untersagte ihm der Antragsgegner nach Anhörung mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 9. Mai 2018. Zur Begründung verwies er darauf, dass für die Eigenfetttransplantation gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG eine Erlaubnis zur Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien (ATMP) erforderlich sei, über die der Antragsteller nicht verfüge. Durch die vom Antragsteller durchgeführte Eigenfetttransplantation werde das entnommene Fettgewebe zu einem Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG, und zwar in Form eines Arzneimittels für neuartige Therapien im Sinne des § 4 Abs. 9 AMG (sog. Advanced Therapy Medicinal Product - ATMP). Das Fettgewebe werde an einer fettreichen Körperstelle des Patienten (bspw. am Bauch oder Oberschenkel) entnommen und nach Bearbeitung in den intraartikulären Gelenkspalt des Daumengelenks appliziert. Die neue Umgebung des Fettgewebes unterscheide sich anatomisch und histologisch von der Entnahmeumgebung. Der Gebrauch des Fettgewebes erfolge nicht homolog, denn die Wirkungsweise der übertragenen Fettzellen verändere sich von einer reinen Volumenfüllung im Entnahmegewebe zur Bildung eines Gleitlagers im Gelenkspalt. Zudem habe der Antragsteller im Internetauftritt der C. und in einem wissenschaftlichen Artikel die regenerative Wirkung der im Fettgewebe enthaltenen Stammzellen und deren Auswirkung auf die Rückbildung der Arthrose postuliert. Die Einstufung als ATMP sei durch das Paul-Ehrlich-Institut - Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel - unter dem 26. Februar 2018 bestätigt worden. Die danach erforderliche Herstellungserlaubnis sei auch nicht ausnahmsweise gemäß § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG oder § 13 Abs. 2b Satz 1 AMG entbehrlich.
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller am 29. Mai 2018 vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg (7 A 2258/18) Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Zugleich hat er beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage wiederherzustellen. Zur Begründung hat er geltend gemacht, die von ihm vorgenommene Eigenfetttransplantation stelle keine arzneimittelrechtlich erlaubnispflichtige Herstellung von ATMP dar.
Das Arzneimittelgesetz sei gemäß dessen § 4a Satz 1 Nr. 3 schon nicht anwendbar. Denn das Fettgewebe werde innerhalb eines Behandlungsvorgangs einer Person entnommen und dieser ohne Änderung der stofflichen Beschaffenheit auch wieder rückübertragen. Eine Aufarbeitung der entnommenen Fettzellen finde nicht statt. Diese würden nach einer Lokalanästhesie mit Tumeszenzlösung mittels einer sterilen Einmal-Standard-Spritze entnommen, in einer Zentrifuge von der Tumeszenzlösung getrennt und mit derselben Spritze transplantiert. Die Eigenfetttransplantation unterscheide sich insoweit nicht von anderen autologen Spongiosa-, Knochen-, Haut- oder Weichgewebstransplantationen, bei denen das bloße Schneiden, Zentrifugieren, Filtern, Separieren und Reinigen des entnommenen Gewebes auch keine substanzielle Bearbeitung bewirke. Es handele sich um ein chirurgisches Standardverfahren und eine bloße operative Prozedur, bei der das Gewebe innerhalb eines Behandlungsvorgangs ein- und demselben Patienten entnommen und ohne Änderung der stofflichen Beschaffenheit wieder übertragen werde. Diese Prozedur sei zunächst nach traumatischem, krankheits- oder altersbedingten Volumenverlust von Weichteilen und zur Weichteilaugmentation eingesetzt worden. Nunmehr werde das Eigenfetttransplantat auch zur Pufferung und Bildung einer Gleitschicht bei Gelenksarthrosen eingesetzt.
Jedenfalls stelle die Eigenfetttransplantation keine Herstellung von ATMP im Sinne des § 4 Abs. 9 AMG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien dar. Nach Auffassung der Europäischen Arzneimittelagentur stellten (Eigen-)Fettzellen und -transplantate keine ATMP dar, wenn sie nur mit einem der einfachen Bearbeitungsverfahren des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 bearbeitet worden seien. Die ATMP-Eigenschaft begründende beachtliche Bearbeitungsverfahren seien etwa die enzymatische Bearbeitung, die Zellexpansion oder die genetische Modifikation. Die von ihm durchgeführte Eigenfetttransplantation wende aber nur einfache Bearbeitungsverfahren an, insbesondere das Zentrifugieren. Auch bei der Entnahme des Fettgewebes verwende er in der Tumeszenzlösung nur in Wasser gelöstes Adrenalin, Natriumbicarbonat und Schmerzmittel. Auch der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für plastische rekonstruktive und ästhetische Chirurgie und eine Expertengruppe, die auch die Leitlinie "Eigenfetttransplantation" erstellt habe, hätten festgestellt, dass das autologe und nicht substanziell veränderte Fettgewebetransplantat kein Arzneimittel sei.
Entgegen der Darstellung des Antragsgegners behaupte er auch eine regenerative Wirkung der im Fettgewebe enthaltenen Stammzellen mit Blick auf die Arthrose nicht. Wissenschaftliche Daten zeigten zwar auf, dass im Labor kultivierte Fettstammzellen in Chondrozyten differenzieren und auch im Tiermodell möglicherweise Knorpel regenerieren könnten. Eine solche Therapie mit Stammzellen oder der Stromafraktion des Fettgewebes führe er aber nicht durch.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 21. Juni 2018 abgelehnt. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde. Er verfolgt sein erstinstanzliches Begehren unverändert weiter.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 9. Mai 2018 wiederherzustellen.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise wiederherstellen. Ist - wie hier - die sofortige Vollziehung von der Behörde den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügend angeordnet worden, so setzt die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage eine Abwägung des Interesses des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts bis zur endgültigen Entscheidung über seine Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, gegen das vorrangig öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung voraus (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 16.3.2004 - 8 ME 164/03 -, NJW 2004, 1750 m.w.N.). Dem öffentlichen Vollzugsinteresse kann dabei überhaupt nur dann Vorrang eingeräumt werden, wenn der angefochtene Verwaltungsakt voraussichtlich auch im Hauptsacheverfahren Bestand haben, mithin sich als rechtmäßig erweisen wird. Darüber hinaus muss das von der Behörde geltend gemachte besondere, also über das allgemeine Interesse am Vollzug eines Verwaltungsaktes hinausgehende Vollzugsinteresse tatsächlich vorliegen. Schließlich sind in einer Folgenabwägung gegenüberzustellen die konkreten Nachteile für die gefährdeten Rechtsgüter bei einem Aufschub des Vollzugs, wenn sich die Untersagungsverfügung nachträglich als rechtmäßig erweist, den konkreten Folgen des Sofortvollzugs für den Antragsteller, wenn sich der Untersagungsverfügung nachträglich als rechtswidrig erweisen sollte (vgl. Senatsbeschl. v. 17.10.2018 - 13 ME 107/18 -, GewArch 2019, 45; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 964 ff. m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben fällt die Abwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Die Untersagungsverfügung im Bescheid des Antragsgegners vom 9. Mai 2018 ist voraussichtlich rechtmäßig (1.). Ein besonderes Vollzugsinteresse ist tatsächlich gegeben (2.), und die bei einem Aufschub des Vollzugs eintretenden konkreten Nachteile für die gefährdeten Rechtsgüter überwiegen die den Antragsteller treffenden Folgen der sofortigen Vollziehung (3.).
1. Die Untersagungsverfügung im Bescheid des Antragsgegners vom 9. Mai 2018 beruht auf der Ermächtigungsgrundlage in § 69 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln in der hier maßgeblichen, zuletzt durch Gesetz vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2757) geänderten Fassung (Arzneimittelgesetz - AMG -). Danach treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Diese Befugnis ermächtigt die zuständigen Behörden insbesondere bei Missachtung arzneimittelrechtlicher Vorschriften zum Einschreiten (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.3.2008 - BVerwG 3 C 27.07 -, BVerwGE 131, 1, 3 - juris Rn. 15).
Eine solche Missachtung arzneimittelrechtlicher Vorschriften ist hier gegeben. Der Antragsteller wendet das Verfahren der Interposition von autologem Fettgewebe im Sinne des Einhandprinzips zur Behandlung von Rhizarthrose (Eigenfetttransplantation) an, ohne dass ihm die hierfür nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG erforderliche Erlaubnis erteilt worden ist.
a. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG bedarf einer Erlaubnis der zuständigen Behörde, wer Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG gewerbs- oder berufsmäßig herstellt. Mit der Entnahme von Fettgewebe an fettreichen Körperstellen sowie dessen Bearbeitung zum Zwecke der Transplantation in den intraartikulären Gelenkspalt des Daumengelenks wird ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG hergestellt im Sinne des § 4 Abs. 14 AMG, und zwar berufsmäßig durch den Antragsteller.
(1) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG sind Arzneimittel auch Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind.
Stoffe in diesem Sinne sind gemäß § 3 Nr. 3 AMG auch Körperbestandteile des Menschen, gleich ob sich diese in bearbeitetem oder in unbearbeitetem Zustand befinden. Körperbestandteile sind die Stoffe, aus denen der Körper besteht, insbesondere Zellen, Gewebe und Blut (vgl. Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl. 2016, § 3 Rn. 24 m.w.N.), mithin auch die hier streitrelevanten Fettgewebe und -zellen.
Diese sind auch als Mittel mit Eigenschaften jedenfalls zur Linderung krankhafter Beschwerden bestimmt. Denn die Transplantation der Fettgewebe und -zellen in den intraartikulären Gelenkspalt des Daumengelenks erfolgt nach den Einlassungen des Antragstellers auch mit dem Ziel, die mit einer Rhizarthrose (Gelenkverschleiß (Arthrose) im Daumensattelgelenk) verbundenen gesundheitlichen Störungen wenigstens abzumildern. Ob das Eigenfetttransplantat darüber hinaus auch die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG erfüllen (vgl. hier das Senatsurt. v. 2.11.2017 - 13 LB 31/14 -, juris Rn. 39 ff.), bedarf hier keiner Entscheidung mehr.
(2) Der Annahme der Arzneimitteleigenschaft steht entgegen der Auffassung des Antragstellers auch § 2 Abs. 3 Nr. 8 AMG nicht entgegen. Danach sind Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes keine Arzneimittel, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.
Den hier streitrelevanten Fettgeweben und -zellen fehlen die Eigenschaften eines Organs im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes (TPG). Organe sind nach dieser Bestimmung, mit Ausnahme der Haut, alle aus verschiedenen Geweben bestehenden, differenzierten Teile des menschlichen Körpers, die in Bezug auf Struktur, Blutgefäßversorgung und Fähigkeit zum Vollzug physiologischer Funktionen eine funktionale Einheit bilden, einschließlich der Organteile und einzelnen Gewebe eines Organs, die unter Aufrechterhaltung der Anforderungen an Struktur und Blutgefäßversorgung zum gleichen Zweck wie das ganze Organ im menschlichen Körper verwendet werden können, mit Ausnahme solcher Gewebe, die zur Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne des § 4 Abs. 9 AMG bestimmt sind.
Die Fettgewebe und -zellen sind ersichtlich schon keine aus verschiedenen Geweben bestehenden, differenzierten Teile des menschlichen Körpers, die in Bezug auf Struktur, Blutgefäßversorgung und Fähigkeit zum Vollzug physiologischer Funktionen eine funktionale Einheit bilden. Ebenso wenig sind sie einzelnes Gewebe eines Organs (oder besser: bloßer Bestandteil eines solchen Organgewebes), das unter Aufrechterhaltung der Anforderungen an Struktur und Blutgefäßversorgung zum gleichen Zweck wie das ganze Organ im menschlichen Körper verwendet werden kann (vgl. zu den Anforderungen an das Vorliegen eines Organs im Sinne des § 1a Nr. 1 TPG im Einzelnen: Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes über Qualität und Sicherheit von menschlichen Geweben und Zellen (Gewebegesetz), BT-Drs. 16/3146, S. 24; Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl. 2016, § 2 Rn. 224 ff. und § 4 Rn. 234; Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl. 2018, TPG, § 1a Rn. 3).
Unabhängig davon sind die entnommenen Fettgewebe und -zellen zur Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne des § 4 Abs. 9 AMG bestimmt (siehe im Einzelnen unten II.1.b.).
(3) Schließlich ist die Anwendung der Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes nicht nach § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG ausgeschlossen.
Hiernach findet das Arzneimittelgesetz keine Anwendung auf Gewebe, die innerhalb eines Behandlungsvorgangs einer Person entnommen werden, um auf diese ohne Änderung ihrer stofflichen Beschaffenheit rückübertragen zu werden.
"Gewebe" im Sinne des § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG sind in Anlehnung an § 1a Nr. 4 TPG alle aus Zellen bestehenden Bestandteile des menschlichen Körpers, die keine Organe nach §1a Nr. 1 TPG sind, einschließlich einzelner menschlicher Zellen (vgl. Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl. 2016, § 4a Rn. 16). Die Voraussetzung, dass das Gewebe "einer Person entnommen" und dieser wieder "rückübertragen" werden muss, beschränkt den Anwendungsbereich des § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG auf autologe Gewebetransplantationen. Diese müssen zudem "innerhalb eines Behandlungsvorgangs" erfolgen, mithin in einem engen fachlichen, medizinisch bedingten Zusammenhang stehen (vgl. Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl. 2016, § 4a Rn. 16 f.; Faltus/Schulz, Die arzneimittelrechtliche Handhabung zellbasierter Therapien in Point-of-Care-Behandlungsmodellen, in: PharmR 2015, 228, 234, und deutlich restriktiver Art. 2 der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Spende, Beschaffung, Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen (ABl. L 102 v. 7.4.2004, S. 48) sowie § 1 Abs. 3 Nr. 1 TPG: "innerhalb ein und desselben chirurgischen Eingriffs").
Diese Voraussetzungen des § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG dürfte die vom Antragsteller vorgenommene Interposition von autologem Fettgewebe im Sinne des Einhandprinzips zur Behandlung von Rhizarthrose erfüllen.
Es fehlt aber an der weiteren Voraussetzung, dass die Transplantation der Gewebe "ohne Änderung ihrer stofflichen Beschaffenheit" erfolgen muss. Während der Regierungsentwurf noch vorsah, dass nur die Transplantation des gänzlich "unbearbeiteten" Gewebes vom Anwendungsbereich des Arzneimittelgesetzes ausgenommen sein soll (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, BT-Drs. 16/12256, S. 10 und 43), hat der Bundesgesetzgeber festgelegt, dass im Rahmen eines Behandlungsvorgangs vorgenommene Bearbeitungen der Gewebe "ohne Änderung ihrer stofflichen Beschaffenheit" ausnahmsweise arzneimittelrechtlich irrelevant sein sollen. Als solche Bearbeitungen sieht der Gesetzgeber indes lediglich geringfügige Arbeitsschritte innerhalb eines Behandlungsvorgangs an, die im Hinblick auf die Anwendungsfähigkeit des Gewebes erforderlich sein können. Dies betrifft etwa das Säubern und Spülen des autologen Gewebes, das Glätten seiner Schutzränder oder seine sachgerechte Aufbewahrung bis zur Anwendung (so ausdrücklich Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, BT-Drs. 16/13428, S. 84). Die Zentrifugation von Gewebe stellt hingegen eine erhebliche Be- oder Verarbeitung dar, die es ausschließt, eine Rückübertragung der Gewebe "ohne Änderung ihrer stofflichen Beschaffenheit" im Sinne des § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG anzunehmen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezubereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften, BT-Drs. 18/11488, S. 45 (zu § 1 Abs. 3 Nr. 1 TPG); Brucklacher/Walles, Nationale und europäische Rahmenbedingungen für Tissue Engineering, in: PharmR 2010, 581, 583 f.; Scherer/Seitz/Cichutek, Wenn Ärzte "Arzneimittel" im OP oder am Krankenbett herstellen - Autologe Zellpräparationen am Point of Care: Rechtliche Verpflichtungen und notwendige Interaktionen mit den Behörden, in: Dt. Ärzteblatt 2013, A-872 f.).
Der Senat sieht derzeit auch keinen Anlass, den so verstandenen Anwendungsbereich des § 4a Abs. 1 Nr. 3 AMG entgegen seinem "Ausnahmecharakter" (so ausdrücklich Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, BT-Drs. 16/12256, S. 43) auszudehnen und in Anlehnung an Art. 2 Abs. 1 Buchst. b 1. Tiret der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien - ATMP-VO - und zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 121) nur solche Gewebe der Anwendung des Arzneimittelgesetzes zu unterstellen, die "substanziell bearbeitet" worden sind, "so dass biologische Merkmale, physiologische Funktionen oder strukturelle Eigenschaften, die für die beabsichtigte Regeneration, Wiederherstellung oder den Ersatz relevant sind, erzielt werden", wobei nicht als substanzielle Bearbeitungsverfahren insbesondere die in Anhang I zur ATMP-VO aufgeführten Bearbeitungsverfahren gelten (vgl. dahin tendierend: Faltus/Schulz, Die arzneimittelrechtliche Handhabung zellbasierter Therapien in Point-of-Care-Behandlungsmodellen, in: PharmR 2015, 228, 233 f.). Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Auslegung unionsrechtlich geboten wäre, bestehen derzeit nicht, und der Bundesgesetzgeber hat sich in Kenntnis der Diskrepanz zu den unionsrechtlichen Anforderungen an das Vorliegen eines ATMP für die nationale restriktive Regelung entschieden (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, BT-Drs. 16/13428, S. 78, und den dort abgelehnten Vorschlag, die Beschränkung des Anwendungsbereichs der Ausnahmevorschrift in § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG mangels unionsrechtlicher Erforderlichkeit zu streichen).
Dies zugrunde gelegt, erfolgt die vom Antragsteller vorgenommene Interposition von autologem Fettgewebe im Sinne des Einhandprinzips zur Behandlung von Rhizarthrose nicht ohne Änderung der stofflichen Beschaffenheit des Fettgewebes. Schon die vom Antragsteller im Rahmen der Methode nach Sydney Coleman (vgl. die Beschreibung auf Blatt 91 ff. der Gerichtsakte) vorgenommene etwa 30 Sekunden dauernde Zentrifugation des Fettgewebes stellt nach dem Willen des Gesetzgebers eine signifikante, den Anwendungsbereich des § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG überschreitende Bearbeitung des Gewebes dar. Diese Zentrifugation führt im konkreten Fall auch ersichtlich zu einer Änderung der stofflichen Beschaffenheit des zentrifugierten Fettgewebes selbst. Denn durch die Zentrifugation wird ein, wenn auch geringer Teil von Fettgewebe und -zellen zerstört und es bildet sich neben der zellulären Phase (intakte Fettzellen nebst Stammzellen) eine ölige Phase (Fett zerstörter Fettzellen). Zudem bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die darüber hinaus entstehende wässrige Phase nicht nur die abzuscheidende Tumeszenzlösung, sondern auch Gewebereste und Gewebsflüssigkeit enthält (vgl. Blatt 92 der Gerichtsakte und Faltus/Schulz, Die arzneimittelrechtliche Handhabung zellbasierter Therapien in Point-of-Care-Behandlungsmodellen, in: PharmR 2015, 228, 233), was wiederum eine Änderung der stofflichen Beschaffenheit auch des entnommenen Fettgewebes nahelegt.
b. Die danach gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG bestehende Erlaubnispflicht ist auch nicht ausnahmsweise nach § 13 Abs. 2b Satz 1 AMG entfallen.
Nach dieser Bestimmung bedarf einer Erlaubnis nach § 13 Abs. 1 AMG nicht eine Person, die Arzt ist oder sonst zur Ausübung der Heilkunde bei Menschen befugt ist, soweit die Arzneimittel unter ihrer unmittelbaren fachlichen Verantwortung zum Zwecke der persönlichen Anwendung bei einem bestimmten Patienten hergestellt werden. Es liegt zwar nahe, dass diese Voraussetzungen bei einer autologen Fetttransplantation durch den Arzt grundsätzlich erfüllt sein können.
Eine Anwendung dieser Ausnahmeregelung ist hier aber gemäß § 13 Abs. 2b Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 AMG ausgeschlossen. Danach findet § 13 Abs. 2b Satz 1 AMG keine Anwendung auf Arzneimittel für neuartige Therapien.
Die hier streitrelevanten an einer fettreichen Körperstelle des Patienten (bspw. am Bauch oder Oberschenkel) entnommenen und nach Bearbeitung in den intraartikulären Gelenkspalt des Daumengelenks applizierten Fettgewebe und -zellen sind indes solche Arzneimittel für neuartige Therapien.
Arzneimittel für neuartige Therapien sind gemäß § 4 Abs. 9 AMG Gentherapeutika, somatische Zelltherapeutika oder biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a ATMP-VO. Ein biotechnologisch bearbeitetes Gewebeprodukt ist gemäß § 4 Abs. 9 AMG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Buchst. a 3. Tiret und Buchst. b Satz 1 ATMP-VO ein Produkt, das biotechnologisch bearbeitete Zellen oder Gewebe enthält oder aus ihnen besteht und dem Eigenschaften zur Regeneration, Wiederherstellung oder zum Ersatz menschlichen Gewebes zugeschrieben werden oder das zu diesem Zweck verwendet oder Menschen verabreicht wird. Zellen oder Gewebe gelten gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. c ATMP-VO als "biotechnologisch bearbeitet", wenn sie wenigstens eine der folgenden Bedingungen erfüllen. Erstens: Die Zellen oder Gewebe wurden substanziell bearbeitet, so dass biologische Merkmale, physiologische Funktionen oder strukturelle Eigenschaften, die für die beabsichtigte Regeneration, Wiederherstellung oder den Ersatz relevant sind, erzielt werden. Nicht als substanzielle Bearbeitungsverfahren gelten insbesondere die in Anhang I der ATMP-VO aufgeführten Bearbeitungsverfahren. Zweitens: Die Zellen oder Gewebe sind nicht dazu bestimmt, im Empfänger im Wesentlichen dieselbe(n) Funktion(en) auszuüben wie im Spender.
Der Antragsteller weist zwar zutreffend daraufhin, dass das Zentrifugieren der Fettgewebe und -zellen gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. c 1. Tiret in Verbindung mit Anhang I 4. Tiret ATMP-VO - anders als im Rahmen der Ausnahmeregelung des § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG (siehe oben II.1.a.(3); kritisch zu diesem Auseinanderfallen: Faltus/Schulz, Die arzneimittelrechtliche Handhabung zellbasierter Therapien in Point-of-Care-Behandlungsmodellen, PharmR 2015, 228, 233 f.) - nicht als substanzielles Bearbeitungsverfahren gilt, das zu biotechnologisch bearbeiteten Geweben oder Zellen führt.
Das Verwaltungsgericht hat aber zu Recht herausgestellt, dass für die Annahme biotechnologisch bearbeiteter Gewebe oder Zellen hinreichend ist, dass e i n e der in Art. 2 Abs. 1 Buchst. c ATMP-VO alternativ genannten Voraussetzungen erfüllt ist (vgl. EMA, Reflection paper on classification of advanced therapy medicinal products, v. 21.5.2015, S. 11 (EMA/CAT/600280/2010 rev.1); Faltus/Schulz, Die arzneimittelrechtliche Handhabung zellbasierter Therapien in Point-of-Care-Behandlungsmodellen, in: PharmR 2015, 228, 231; Boergen/Jäkel/Spiegel: Lebende Arzneimittel - Ein Überblick über die Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien, in: PharmR 2008, 357, 359) und dass die hier streitrelevanten Fettzellen schon deshalb als "biotechnologisch bearbeitet" im Art. 2 Abs. 1 Buchst. a 3. Tiret und Buchst. b Satz 1 ATMP-VO gelten, weil sie im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Buchst. c 2. Tiret ATMP-VO nicht dazu bestimmt sind, im Empfänger "im Wesentlichen dieselbe(n) Funktion(en) auszuüben" wie im Spender. Dieselbe wesentliche Funktion üben Zellen (in einer Zellpopulation) nur aus, wenn sie nach der Entfernung aus ihrer ursprünglichen Umgebung im menschlichen Körper, dazu verwendet werden, die ursprüngliche Funktion an anderer Stelle im menschlichen Körper, aber in derselben anatomischen oder histologischen Umgebung aufrechtzuerhalten (vgl. EMA, Reflection paper on classification of advanced therapy medicinal products, v. 21.5.2015, S. 11 f. (EMA/CAT/600280/2010 rev.1)). Entgegen der Auffassung des Antragstellers unerheblich ist dabei, ob Empfänger und Spender identisch sind, mithin die Zelltransplantation autolog erfolgt (vgl. EMA, Reflection paper on classification of advanced therapy medicinal products, v. 21.5.2015, S. 16 (EMA/CAT/600280/2010 rev.1).
Dies zugrunde gelegt ist eine homologe Verwendung der hier streitrelevanten Fettgewebe und -zellen nicht gegeben (vgl. im Einzelnen die Stellungnahme des Paul-Ehrlich-Instituts - Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel - v. 26.2.2018, Blatt 20 ff. der Beiakte 1). Diese werden vielmehr in eine andere anatomische (vor der Transplantation: Bauch oder Oberschenkel; nach der Transplantation: Daumengelenk) und auch andere histologische (vor der Transplantation: Fettgewebe in der Unterhaut; nach der Transplantation: Knorpelgewebe) Umgebung verpflanzt. Sie erfüllen nach der Transplantation auch offensichtlich eine andere als die ursprüngliche Funktion (vor der Transplantation: Fettgewebe als Speicher-, Depot- oder Isolierfett; nach der Transplantation: Fettzellen als Gleitlager im intraartikulären Gelenkspalt des Daumengelenks). Gegen eine danach wesentliche Funktionsänderung spricht entgegen der Beschwerde nicht, dass Fettgewebe an bestimmten Stellen des Körpers auch als mechanischer Schutz in Form eines druckelastischen Polsters wirkt, etwa im Kniegelenk (Hoffa-Fettkörper), im Nierenlager (Capsula adiposa) oder unter dem Augapfel (Corpus adiposum orbitae), und dass diese Funktion der des Gleitlagers im intraartikulären Gelenkspalt des Daumengelenks durchaus vergleichbar ist. Denn der Antragsteller entnimmt nicht solches "Baufett", um die Eigenfetttransplantation durchzuführen, sondern ausschließlich subkutanes "Speicher-, Depot- oder Isolierfett", das als solches dem mechanischen Schutz in Form eines druckelastischen Fettpolsters gerade nicht dient. Aufgrund der wesentlichen Funktionsänderung der transplantierten Zellen unterscheidet sich die vom Antragsteller vorgenommene Interposition von autologem Fettgewebe im Sinne des Einhandprinzips zur Behandlung von Rhizarthrose auch signifikant von den in der Beschwerdebegründungsschrift vom 25. Juli 2018, dort S. 7 ff., skizzierten anderen Transplantationsverfahren, in denen eine wesentliche Funktionsänderung des verwendeten Transplantats gerade nicht ersichtlich ist.
Stellt sich danach der Wechsel von der ursprünglichen Speicher-, Depot- oder Isolierfunktion hin zur Funktion als mechanisches Gleitlager im intraartikulären Gelenkspalt des Daumengelenks als wesentlich dar, bedarf es im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes keiner Entscheidung mehr, ob das Eigenfetttransplantat (oder besser: die in diesem enthaltenen Stammzellen) über die Funktion eines mechanischen Gleitlagers hinaus auch eine regenerative Wirkung für das Knorpelgewebe im Daumengelenk entfaltet (vgl. hierzu die Publikation des Antragstellers u.a., Eigenfettinjektion in das Sattelgelenk zur Behandlung der Rizarthrose - eine vielversprechende Therapieoption, in: Handchir Mikrochir Plast Chir 2014, 46: 108, 109).
Unerheblich ist schließlich, ob die Eigenfetttransplantation mangels Abgabe einer Genehmigung nach § 4b Abs. 3 AMG nicht bedarf. Denn das allein an die Herstellung anknüpfende Erlaubniserfordernis nach § 13 Abs. 1 Satz 1 AMG bleibt hiervon unberührt (vgl. § 4b Abs. 1 Satz 2 AMG; Faltus/Schulz, Die arzneimittelrechtliche Handhabung zellbasierter Therapien in Point-of-Care-Behandlungsmodellen, in: PharmR 2015, 228, 234 f.).
c. Der Antragsgegner hat das gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG eröffnete Ermessen erkannt und ausgeübt. Nach § 114 Satz 1 VwGO relevante Ermessensfehler sind für den Senat derzeit nicht ersichtlich.
2. Es besteht auch tatsächlich ein besonderes Interesse am sofortigen Vollzug der Untersagungsverfügung im Bescheid des Antragsgegners vom 9. Mai 2018.
Die sofortige Einstellung der Herstellung von Arzneimitteln ohne die erforderliche Erlaubnis dient dem Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung, der Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln, dem Schutz der am Arzneimittelverkehr Beteiligten, dass Arzneimittel nur entsprechend den gesetzlichen Vorgaben hergestellt werden, und damit auch dem Schutz der menschlichen Gesundheit. Mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ist der Sofortvollzug mithin von überragend wichtigen Gemeinwohlbelangen getragen (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008 - 1 BvR 3262/07 u.a. -, BVerfGE 121, 317, 350 m.w.N.). Darüber hinaus dient er dem Schutz vor Wettbewerbsverzerrungen, da sich der Antragsteller durch die Herstellung von Arzneimitteln ohne die erforderliche Herstellungserlaubnis einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Ärzten verschafft, die sich an die arzneimittelrechtlichen Vorschriften halten.
Dass diese Interessen am sofortigen Vollzug mit den öffentlichen Interessen am Erlass und der Durchsetzung der Untersagungsverfügung als solcher weitgehend übereinstimmen, steht der Annahme eines besonderen Vollzugsinteresses nicht entgegen. Die Untersagung dient der Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und ist auf den Schutz überragend wichtiger Gemeinwohlbelange gerichtet. Das öffentliche Interesse an einer effektiven Gefahrenabwehr begründet für sich ein hinreichendes besonderes Interesse an einer sofortigen Vollziehung (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 15.1.2008 - 3 M 196/07 -, juris Rn. 5; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 20.9.2006 - 8 ME 115/06 -, juris Rn. 21 ff.; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 759 jeweils m.w.N.).
3. Die bei einem Aufschub des Vollzugs eintretenden konkreten Nachteile für die gefährdeten Rechtsgüter überwiegen die den Antragsteller treffenden Folgen der sofortigen Vollziehung.
Bei einem Aufschub des Vollzugs bis zur Entscheidung in der Hauptsache dürfte der Antragsteller weiterhin das Verfahren der Interposition von autologem Fettgewebe im Sinne des Einhandprinzips zur Behandlung von Rhizarthrose anwenden. Die hiermit verbundenen, den Sofortvollzug rechtfertigenden Gefahren würden irreparabel realisiert. Auch die befürchteten Wettbewerbsverzerrungen und die hiermit verbundenen nachteiligen Folgen für Mitbewerber könnten unabänderlich eintreten (siehe oben II.2.).
Diesen erheblichen Nachteilen auch für überragend wichtige Rechtsgüter stehen schwerwiegende Folgen für den Antragsteller bei einer sofortigen Vollziehung nicht gegenüber. Zwar wird seine wirtschaftliche Betätigungsfreiheit beschränkt. Diese Beschränkung weist aber mit Blick auf die vom Antragsteller im Schriftsatz vom 5. Juni 2018 geschilderten Umsatzeinbußen von 30.000 EUR im Jahr ein überschaubares Ausmaß auf und ist vom Antragsteller jedenfalls für die Dauer bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren hinzunehmen. Denn die Untersagung tangiert die Ausübung des Berufs als Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie mit den Zusatzbezeichnungen Handchirurgie und Notfallmedizin und die praktische Tätigkeit in der Hand- und Plastischen Chirurgie A-Stadt (HPC) nicht grundlegend, sondern nur ein bestimmtes therapeutisches Verfahren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).