Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 22.02.2019, Az.: 4 ME 48/19

artenschutzrechtliches Tötungsverbot; Entnahme; Population; Schaden; Tötungsverbot; Verschlechterungsverbot; Wolf; Wolfspopulation

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
22.02.2019
Aktenzeichen
4 ME 48/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69615
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 15.02.2019 - AZ: 5 B 472/19

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein Wolf, der nachweislich wiederholt Rinder aus Herden mit normalerweise ausreichender Selbstverteidigungsfähigkeit gerissen hat, darf ausnahmsweise nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG getötet werden.

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 5. Kammer - vom 15. Februar 2019 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den erstinstanzlichen Beschluss ist unbegründet. Denn die von dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat sich nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, geben keinen Anlass, den erstinstanzlichen Beschluss zu ändern.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Ausnahmegenehmigung des Antragsgegners vom 23. Januar 2019, mit der die zielgerichtete letale Entnahme eines Individuums der streng geschützten Tierart Wolf (canis lupus) mit dem genetischen Code GW717m aus der Natur in den Landkreisen Nienburg und Heidekreis sowie in der Region Hannover befristet bis zum 28. Februar 2019 erlaubt wird, mit der Begründung abgelehnt, dass der Antrag unbegründet sei, weil nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage alles dafür spreche, dass die Ausnahmegenehmigung rechtmäßig sei. Dafür hat das Verwaltungsgericht entsprechend § 117 Abs. 5 VwGO auf die Ausführungen des Antragsgegners im Bescheid vom 23. Januar 2019 Bezug genommen und ergänzende Ausführungen zur formellen und materiellen Rechtmäßigkeit dieses Bescheides gemacht. Den formell-rechtlichen Anforderungen an die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung sei genügt worden. Die Frage, ob der Antragsteller überhaupt antragsbefugt sei, könne bei dieser Sachlage offenbleiben.

Die Einwände des Antragstellers stellen bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sachlage die Richtigkeit Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht in Frage.

Der Antragsteller hat gerügt, dass das Verwaltungsgericht den Inhalt der Ausnahmeregelung des § 45 Abs. 7 BNatSchG verkannt habe, indem es bezweifelt habe, dass der Wolf zu Recht als streng geschützte Art anzusehen sei. Dieser Einwand übersieht, dass das Verwaltungsgericht die in seinem Beschluss aufgeworfene Frage, „ob der Wolf aufgrund der derzeitigen Populationsentwicklung noch zu Recht als streng geschützte Art nach Anhang IV der FFH-Richtlinie anzusehen ist“, ausdrücklich hat dahinstehen lassen. Damit war diese vom Antragsteller beanstandete Frage für das erstinstanzliche Gericht bereits nicht entscheidungserheblich und hat folglich auch nicht zu einer Verkennung des Inhalts von § 45 Abs. 7 BNatSchG führen können.

Der Antragsteller hat weiter gerügt, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht die Erheblichkeit des wirtschaftlichen Schadens bejaht habe. Dies hat er zum einen damit begründet, dass die Feststellungen zu den Schäden aufgrund der Rissereignisse vom 23. April 2018 und vom 25. Oktober 2018, die sicher dem Wolf GW717m zuzuordnen seien und auf die sich die angegriffene Ausnahmegenehmigung in erster Linie stütze, eine Schadenserheblichkeit im Sinne einer Existenzgefährdung eines einzelnen Betriebes offenkundig nicht zu tragen vermöchten. Zum anderen hat der Antragsteller sich auch gegen die Prognose in Bezug auf zukünftige Schadensereignisse gewandt. Die Rissfälle, auf die sich der Bescheid stütze, hätten durch 120 cm hohe Schutzzäune vermieden werden können. Daher müssten die Schutzvorkehrungen nachgebessert werden. Es sei versäumt worden, die gerissenen Tiere und die Herden näher zu untersuchen um auszuschließen, dass möglicherweise gar kein schützender Herdenverband bestanden habe. Die Annahme, dass das Individuum GW717m auch weiter zum Selbstschutz befähigte Rinderherden angreifen und seine Erfahrungen an andere Wölfe weitergeben werde, sei zwar im Grundansatz plausibel, trage jedoch die daran anknüpfenden Wertungen nicht, weil nicht aufgezeigt worden sei, dass tatsächlich die erforderliche Schadenserheblichkeitsgrenze erreicht werde. Außerdem seien bei der Beurteilung der Erheblichkeit die vom Land Niedersachsen geleisteten Ausgleichszahlungen zu berücksichtigen, weil diese gerade die entstandenen wirtschaftlichen Schäden, auf die es nach dem Wortlaut des § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG allein ankomme, kompensierten und so eine existenzielle Gefährdung einzelner Betriebe vermieden werde.

Die Ausführungen des Antragstellers zur fehlenden Erheblichkeit der Schäden, die dem Wolf GW717m bisher sicher zugeordnet werden können und die an Herden, die nach Auffassung des Antragsgegners über eine ausreichende Selbstschutzfähigkeit verfügten, entstanden sind, sind bereits nicht entscheidungserheblich, weil sowohl der Antragsgegner in seinem Bescheid als auch das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss davon ausgegangen sind, dass es nicht auf die bereits verursachten Schäden, sondern auf die noch drohenden Schäden ankomme. Diese Grundannahme ist rechtlich nicht zu beanstanden, weil auch drohende Schäden abhängig von den Umständen des Einzelfalles eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verboten rechtfertigen können (Schütte/Gerbig, in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Aufl., § 45 Rn. 24). Dem weiteren Einwand, dass geleistete oder zu erwartende Ausgleichzahlungen bei der Frage der Schadenserheblichkeit zu Unrecht nicht berücksichtigt worden seien, ist nicht zu folgen. Das vom Antragsteller vertretene rein wirtschaftlich-monetäre Schadensverständnis wird der Regelung des § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG nicht gerecht. Denn dieser Ausnahmetatbestand ist an einschlägige Vorgaben des Europäischen Artenschutzrechts, insbesondere aus Art. 16 Abs. 1b der FFH-Richtlinie angepasst, wonach Ausnahmen u.a. vom artenschutzrechtlichen Tötungsverbot zur Verhütung ernster Schäden insbesondere an Kulturen und in der Tierhaltung sowie an Wäldern Fischgründen und Gewässern sowie an sonstigen Formen von Eigentum zugelassen werden können. Die EU-rechtlichen Vorschriften tragen dem grundrechtlichen Schutz des Privateigentums im Unionsrecht Rechnung, so dass im Kontext des § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG Entsprechendes zu gelten hat (vgl. Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Juli 2018, § 45 BNatSchG Rn. 20; Schütte/Gerbig, in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Aufl., § 45 Rn. 23). Das spricht dafür, dass die Bezugnahme auf wirtschaftliche Schäden in § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG gerade nicht rein monetär zu verstehen ist, sondern in erster Linie der Abgrenzung zu bloßen Beeinträchtigungen von Freizeitaktivitäten dient (vgl. Schütte/Gerbig, in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Aufl., § 45 Rn. 24 a.E.). Daher begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass das Verwaltungsgericht auf die durch Risse verursachte Eigentumsverletzung abgestellt hat, die durch eine Kompensationsleistung Dritter nicht unbeachtlich wird. Soweit der Antragsteller die im Bescheid getroffene Prognose, dass angesichts der zu erwartenden Fortsetzung der Angriffe durch den Wolf GW717m selbst sowie durch weitere Rudelmitglieder und Nachfahren, denen er seine Angriffstechnik beibringt, die zu erwartenden Schäden den Erheblichkeitsbereich erreichen dürften, für nicht ausreichend belegt hält, ist ihm entgegenzuhalten, dass jeder Prognose ein gewisses Moment der Unwägbarkeit innewohnt. Die vom Antragsgegner getroffene Schadensprognose, der das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss gefolgt ist, ist angesichts der Grundannahmen in Bezug auf das zukünftige Verhalten von GW717m, die der Antragsteller im Übrigen selbst für plausibel hält, auch nach Auffassung des Senats nachvollziehbar. Denn gerade im Fall der Weitergabe der Jagdtechniken würde das Schadensrisiko trotz eines im Normalfall ausreichenden Herdenschutzes zunehmend unkalkulierbar und könnte in Einzelfällen auch den betrieblich relevanten Bereich erreichen, was für die Bejahung eines erheblichen wirtschaftlichen Schadens ausreichend ist (vgl. OVG LSA, Urt. v. 22.11.2017 - 2 K 127/15 -; VG Freiburg, Urt. v. 17.2.2009 - 3 K 805/08 -). Wenn der Antragsteller der Ansicht ist, dass in die Schadenprognose die zukünftige Errichtung effektiverer Schutzmaßnahmen, insbesondere höherer Zäune einzubeziehen sei, hat er übersehen, dass solche Schutzmaßnahmen nur dann ergriffen werden müssten, wenn sie zumutbar sind. Davon ist aber – wie sogleich ausgeführt wird – nicht auszugehen. Die Prognose in Bezug auf die zukünftigen Schäden ist schließlich auch nicht deshalb fehlerhaft, weil die gerissenen Tiere und ihre Herden nicht näher untersucht worden sind. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner und ihm folgend das Verwaltungsgericht davon ausgegangen sind, dass bei den Rissen vom 23. April 2018 und vom 25. Oktober 2018 ein im Normalfall ausreichender Herdenschutz gegen Wolfsangriffe bestanden hat. Der Ausgangspunkt des Antragstellers, dass bereits aus dem Wolfsangriff auf eine besondere Schwäche der Herde bzw. der gerissenen Tiere geschlossen werden könne, ist rein spekulativ und kann daher keine Berücksichtigung finden.

Der Annahme des Antragstellers, die Ausnahmegenehmigung habe nicht erteilt werden dürfen, weil es zumutbare Alternativen im Sinne des § 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG insbesondere durch die Errichtung von ausreichend hohen, elektrifizierten Zäunen für Rinderherden gebe, ist nicht zu folgen. Dieser Einwand könnte nur dann überzeugen, wenn die Prämissen des Antragsgegners und des ihm folgenden Verwaltungsgerichts zum ausreichenden Herdenschutz gegen Wolfsangriffe fachlich nicht vertretbar wären. Davon kann aber bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung keine Rede sein. Der Antragsgegner hat seine Annahmen zu den Voraussetzungen eines ausreichenden Selbstschutzes von Rinderherden gegenüber Wolfsangriffen in der Ausnahmegenehmigung vom 23. Januar 2019 nachvollziehbar dargelegt. Im Normalfall lässt sich danach ausreichender Herdenschutz verwirklichen, wenn eine ausreichende Anzahl gesunder, erwachsener Tiere zusammen auf der Weide gehalten wird. Diesen Annahmen ist der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung nicht substantiiert entgegengetreten. Seine Hinweise auf die Broschüre „Bericht zu wolfsverursachten Schäden, Präventions- und Ausgleichszahlungen in Deutschland 2017“ der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW), das vom Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz erstellte „Niedersächsische Wolfskonzept“ und die Vorlage des Bundesumweltministeriums vom 30. Oktober 2018 legen eine andere Beurteilung als die vom Antragsgegner getroffene nicht nahe. Die Einschätzungen, auf die der Antragsteller sich bezogen hat, gehen allesamt davon aus, dass in Fällen, in denen einzelne Wölfe gelernt haben, empfohlene Präventionsmaßnahmen zu überwinden und Rinder zu reißen, diese geschützt werden müssten, zumal die Gewöhnung der Wölfe an diese Tiere als Beutetiere und eine entsprechende Spezialisierung vermieden werden müssten (vgl. Niedersächsisches Wolfskonzept, S. 33). Dies unterstützt aber gerade die Annahmen des Antragsgegners zum im Normalfall ausreichenden Herdenschutz bei Rindern, weil es sich eben um vereinzelt vorkommende Sonderfälle handelt. Bei einer Spezialisierung auf das Töten von Rindern geht auch das Niedersächsische Wolfskonzept davon aus, dass die Entnahme eines Einzeltiers die letzte Handlungsoption darstellen kann. Aufgrund seit April 2018 dem Wolf GW717m sicher nachgewiesener Risse sowie weiterer Rissereignisse, für die er als Urheber mit einiger Wahrscheinlichkeit in Betracht kommt, ist es bei summarischer Prüfung nicht fehlerhaft davon auszugehen, dass eine solche Spezialisierung bei ihm bereits erfolgt ist oder doch zumindest konkret droht. Da zwei der sicher nachgewiesenen Rissereignisse Rinder mit im Normalfall ausreichendem Herdenschutz betrafen, wäre auf dem Territorium des Rodewalder Rudels, deren Leitwolf GW717m ist, sicherer Herdenschutz nur durch weitere Maßnahmen wie Errichtung höherer Elektrozäune, Behirtung oder Verbringung der Tiere in Nachtpferche zu erreichen. Diese Maßnahmen müssten zudem von sämtlichen Rinderhaltern umgesetzt werden, um sicherzugehen, dass es nicht zu weiteren Rissen kommt. Das überschreitet aber offenkundig die Grenzen des Zumutbaren, so dass allein die zweifelsohne gegebene Möglichkeit weiterer Schutzmaßnahmen, wie sie der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung aufgezeigt hat, der Ausnahmegenehmigung nicht nach § 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG entgegensteht.

Die vom Antragsteller beschriebene Narkotisierung und Verbringung des Wolfes GW717m in eine Auffangstation o.ä. ist entgegen seiner Ansicht keine zumutbare Alternative zur letalen Entnahme. Dies gilt bereits deshalb, weil eine Immobilisierung des Wolfes durch eine Betäubung ausweislich der nachvollziehbaren und mit der Beschwerde nicht in Frage gestellten Ausführungen des Antragsgegners in der Ausnahmegenehmigung eine ungewöhnlich geringe Schussdistanz von 30 m und zudem Gelände- und Lichtverhältnisse erfordert, die eine Nachsuche ermöglichen. Das Individuum GW717m unter solchen Idealbedingungen anzutreffen, erscheint aber angesichts der Tatsache, dass es nicht mit einem Sender ausgestattet und daher nicht im Vorfeld lokalisierbar ist, als äußerst unwahrscheinlich, so dass es sich hierbei bereits nicht um eine gleich geeignete Maßnahme zur Schadensabwendung gegenüber der aus deutlich größerer Schussdistanz möglichen gezielten Tötung handelt. Auf die Frage, ob überhaupt eine art- und tierschutzgerechte Haltung des Wolfes GW717m in einem Gehege o.ä. in Betracht käme, kommt es daher nicht an. Entgegen der Annahme des Antragstellers sind finanzielle Ausgleichzahlungen ebenfalls keine geeignete Alternative, weil dadurch die durch Risse verursachten Eigentumsbeeinträchtigungen der Rinderhalter nicht verhindert werden. Sein Einwand, dass das Verwaltungsgericht verkannt habe, dass es sich bei der Tötung des Tieres um eine ultima ratio handele, geht offensichtlich fehl, weil der Antragsgegner dies in seinem Bescheid, auf den das Verwaltungsgericht Bezug genommen hat, ausdrücklich ausgeführt hat.

Zuletzt ist dem Einwand, dass der Entnahme von GW717m die nach § 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG unzulässige Verschlechterung des Erhaltungszustandes der Populationen einer Art entgegenstehe, nicht zu folgen. Der Antragsteller hat selbst darauf hingewiesen, dass der angegriffene Bescheid unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH zu den finnischen Wölfen (EuGH, Urt. v. 14.6.2007 - C-342/05 -) zutreffend davon ausgegangen ist, dass ein derzeit noch nicht günstiger Erhaltungszustand der Wolfspopulationen in der atlantischen biogeographischen Region Deutschlands der Erteilung einer Ausnahme jedenfalls nicht entgegensteht, wenn die Vollziehung der Ausnahme die nötige Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands dieser Population nicht behindert. Auch das Bundesverwaltungsgericht versteht § 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG dahingehend, dass im Falle eines ungünstigen Erhaltungszustandes der Populationen der betroffenen Art Ausnahmen zulässig sind, wenn sachgemäß nachgewiesen ist, dass sie weder den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen weiter verschlechtern noch die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands dieser Populationen behindern (BVerwG, Beschl. v. 17.4.2010 - 9 B 5.10 -; Schütte/Gerbig, in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Aufl., § 45 Rn. 52). Die Auffassung des Antragstellers, dass die Prüfung dieser Voraussetzungen allein auf der Grundlage der im angegriffenen Bescheid ausnahmsweise zugelassenen Tötung des konkreten Individuums GW717m rechtsfehlerhaft sei, ist nicht nachvollziehbar. Der Antragsteller hat bereits übersehen, dass die Begründung des Bescheides nicht nur von der abstrakten Annahme ausgeht, dass angesichts der Wolfspopulationsdynamik in Deutschland in der Regel nicht davon auszugehen ist, dass die Entnahme eines Einzeltieres zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes führt oder die Erreichung eines günstigen Erhaltungszustandes behindert. Vielmehr hat der Antragsgegner in der Ausnahmegenehmigung vom 23. Januar 2019 ausdrücklich klargestellt, dass die Entnahme des Wolfsrüden GW717m zum jetzigen Zeitpunkt den Erhaltungszustand der Population nicht nachhaltig verschlechtern würde, da dieser sich in einem Gebiet mit mehreren reproduzierenden Wolfsrudeln aufhalte, so dass der Verlust rasch wieder ausgeglichen werden könne. Angesichts dieser einzelfallbezogenen Begründung, an deren sachlicher Richtigkeit Zweifel nicht geltend gemacht worden und auch nicht angebracht sind, steht es für den Senat außer Frage, dass die ausnahmsweise genehmigte Entnahme von GW717m nicht gegen das Verschlechterungsverbot des § 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG verstößt. Dies gilt umso mehr, weil § 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG eine gebietsbezogene Gesamtbetrachtung der Art innerhalb ihres gesamten natürlichen Verbreitungsgebiets erfordert und nicht nur des unmittelbar betroffenen lokalen Vorkommens (BVerwG, Urt. v. 9.6.2010 - 9 A 20.08 -; Schütte/Gerbig, in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Aufl., § 45 Rn. 44).

Die Ausführungen des Antragstellers zu seiner Antragsbefugnis sind nicht geeignet, seiner Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen, weil das Verwaltungsgericht seinen Beschluss nicht tragend auf die fehlende Antragsbefugnis des Antragstellers gestützt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an den Ziffern 1.2. und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.