Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 18.02.2019, Az.: 11 OA 645/18

glücksspielrechtliche Erlaubnis; Mindestbetrag; Spielhalle; Streitwert

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
18.02.2019
Aktenzeichen
11 OA 645/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69618
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 18.05.2018 - AZ: 1 A 691/17

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Im gerichtlichen Verfahren auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für eine Spielhalle ist in der Regel gemäß § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in den Nummern 54.1 und 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von 2013 der in dem Vorschlag des Katalogs genannte Mindestbetrag von 15.000 EUR je Spielhalle und kein höherer Mindestbetrag festzusetzen.

Tenor:

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen die Streitwertfestsetzung in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück - Einzelrichterin der 1. Kammer - vom 18. Mai 2018 wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

Die Beschwerde, über die gemäß §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 6 Satz 1 GKG der Berichterstatter als Einzelrichter entscheidet, ist statthaft. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten sind gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG befugt, in eigenem Namen gegen die aus ihrer Sicht zu niedrige Streitwertfestsetzung Beschwerde einzulegen.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Streitwertfestsetzung in Höhe von 45.000 EUR (15.000 EUR je Spielhalle) ist nicht zu beanstanden.

Mit der Beschwerde wird vorgetragen, dass der vom Verwaltungsgericht angesetzte Betrag von 15.000 EUR je Spielhallenerlaubnis das Interesse des Spielhallenbetreibers an einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nicht einmal ansatzweise widerspiegele. Der Betrag liege weit unter dem durchschnittlich mindestens zu erwartenden Gewinn pro Wirtschaftsjahr. Zur weiteren Begründung verweisen die Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf die Ausführungen in dem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. Juni 2018 (- 8 B 1903/17 -, juris, Rn. 50 ff.), nach denen von einer Gewinnerwartung je Wirtschaftsjahr von mindestens 60.000 EUR pro Spielhalle auszugehen sei. Dieses Vorbringen der Prozessbevollmächtigten der Beklagten rechtfertigt nicht eine Abänderung des vom Verwaltungsgericht festgesetzten Streitwerts.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1 GKG. Nach dieser Vorschrift ist der Streitwert, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bei der Bemessung des Wertes orientieren sich die Verwaltungsgerichte im Interesse der Einheitlichkeit und Vorhersehbarkeit der Streitwertfestsetzung grundsätzlich an den Empfehlungen in dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung aus dem 2013 (NordÖR 2014, 11). Unter dem Unterpunkt „Wirtschaftsverwaltungsrecht“ des Katalogs wird in der Nummer 54.1 bzw. in der Nummer 54.2.1 im Falle einer Gewerbeerlaubnis bzw. eines ausgeübten Gewerbes vorgeschlagen, den Streitwert auf den Jahresbetrag des erzielten oder erwarteten Gewinns, mindestens auf 15.000 EUR festzusetzen. Da der Streitwertkatalog für das Glücksspielrecht keine gesonderte Empfehlung ausspricht und bezogen auf die hier streitgegenständliche Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle eine sachliche Nähe zwischen dem Gewerberecht und dem Glücksspielrecht besteht, zieht der Senat den dort genannten Mindestbetrag für den Jahresgewinn von 15.000 EUR je Spielhalle als Grundlage der Wertfestsetzung in Verfahren der vorliegenden Art heran (Senatsbeschl. v. 7.3.2017 - 11 LA 17/17 -, NdsVBl. 2017, 253, juris, Rn. 16, und v. 23.4.2018 - 11 ME 552/17 -, juris, Rn. 43). Diese Rechtsprechung wird von zahlreichen anderen Obergerichten geteilt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 4.10.2018 - 4 B 1605/17 -, juris, Rn. 9; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 4.4.2014 - 6 S 1795/13 -, NVwZ-RR 2014, 643, juris, Rn. 21; OVG Thüringen, Beschl. v. 14.8.2018 - 3 EO 604/17 -, juris, Rn. 54: OVG Saarland, Beschl. v. 20.12.2018 - 1 B 232/18 -, juris, Rn. 94).

Nach Ansicht des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in dem vorgenannten Beschluss belegen die dem Gericht vorliegenden statistischen Erhebungen und die dem Gericht in zahlreichen bereits entschiedenen Verwaltungsstreitverfahren im Glücksspielrecht bekannt gewordenen durchschnittlichen Gewinnbeträge, dass der bisher angesetzte Betrag von 15.000 EUR je Spielhallenerlaubnis nicht hinreichend das Interesse des Spielhallenbetreibers an einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis widerspiegele, da er weit unter dem durchschnittlich mindestens zu erwartenden Gewinn pro Wirtschaftsjahr liege. Deshalb sei zukünftig von einer Gewinnerwartung von mindestens 60.000 EUR je Spielhalle pro Wirtschaftsjahr auszugehen. Der Senat sieht keinen Anlass, sich dieser Rechtsprechung anzuschließen.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof bezieht sich zur Begründung seiner Ansicht auf statistische Quellen, denen zufolge Spielhallen und der Betrieb von Spielautomaten im Jahr 2016 einen Jahresgesamtumsatz von 5,614 Milliarden EUR bei insgesamt 6015 steuerpflichtigen Betreibern erzielten (Publikation des Statistischen Bundesamtes) bzw. die Umsätze von Unterhaltungsautomaten mit Geldgewinnmöglichkeit in den Jahren 2015 6,3 Milliarden EUR (auf der Grundlage von 267.000 Geldspielgeräten) und 2016 6,85 Milliarden EUR (auf der Grundlage von 264.000 Geldspielgeräten) bei einer Steuerbelastung von 28,7 Prozent betrugen (Gutachten des ifo-Instituts „Wirtschaftsentwicklung Unterhaltungsautomaten 2016 und Ausblick 2017“). Aus diesem Zahlenwerk leitet das zweitinstanzliche Gericht ab, dass sich für die durchschnittliche Umsatzerwartung nach Abzug von Steuern ein Wert für 2015 von 16.823,59 EUR und für 2016 von 18.500,18 EUR je Spielgerät und Jahr ergebe. Selbst bei einer großzügigen Bemessung der dem Betreiber für den Spielhallenbetrieb entstehenden Unkosten für Material, Miete und Personal belegten diese Zahlen, dass der bisher angesetzte Betrag von 15.000,- EUR je Spielhallenerlaubnis deutlich zu niedrig sei. Wie bereits ausgeführt, folgt der Senat den Vorschlägen zur Berechnung des Streitwerts in dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Nach dessen Nummern 54.1 und 54.2.1 ist vorrangig als Streitwert der „Jahresbetrag des erzielten oder erwarteten Gewinns“ zugrunde zu legen. Mit diesem Betrag soll die wirtschaftliche Bedeutung der Sache für den Kläger im Sinne des § 52 Abs. 1 GKG in dem konkreten Einzelfall bestimmt werden. Das von dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof genannte Zahlenwerk kann im vorliegenden Fall weder zur Bestimmung des Jahresbetrages des erzielten oder erwarteten Gewinns noch der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache für die Klägerin herangezogen werden. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof nimmt in dem von ihm zu entscheidenden Verfahren nicht eine Einzelfallbetrachtung vor, sondern pauschaliert den Streitwert auf einen Betrag von 60.000 EUR. Eine Übertragung auf den vorliegenden Fall ist daher nicht möglich.

Erkenntnisse, die eine annähernd realistische Ermittlung des Jahresbetrags des erzielten oder erwarteten Gewinns im vorliegenden Fall ermöglichen könnten, lassen sich weder den Gerichtsakten noch dem Vortrag der Klägerin und der Beklagten entnehmen. Der erzielte oder zu erwartende Gewinn kann damit nicht hinreichend sicher bestimmt werden. Weitergehende Aufklärungsmaßnahmen des Gerichts sind nicht angezeigt.

In Ermangelung von Angaben eines erzielten oder zu erwartenden Jahresgewinns und aus Gründen einer möglichst einheitlichen Praxis der Gerichte ist folglich im vorliegenden Verfahren ein Mindestbetrag von 15.000 EUR je Spielhalle, mithin ein Streitwert von insgesamt 45.000 EUR zugrunde zu legen. Ein Abweichen vom Mindeststreitwert nach oben, also eine Festsetzung eines Mindestbetrages von 60.000 EUR statt eines Mindestbetrages von 15.000 EUR, sehen die Empfehlungen in den Nummern 54.1 und 54.2.1 des Streitwertkatalogs nicht vor.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 68 Abs. 3 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).