Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.02.2019, Az.: 13 LB 435/18

Klage eines Bürgers gegen die Inanspruchnahme aus einer ausländerrechtlichen Verpflichtungserklärung; Bestimmung der Geltungsdauer einer anlässlich der Aufnahme syrischer Flüchtlinge abgegebenen Verpflichtungserklärung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
11.02.2019
Aktenzeichen
13 LB 435/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 12269
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG Lüneburg - 14.11.2017

Fundstellen

  • AUAS 2019, 77-81
  • InfAuslR 2019, 192-197
  • NordÖR 2019, 257

Amtlicher Leitsatz

Die Geltungsdauer einer Verpflichtungserklärung, die anlässlich der Aufnahme syrischer Flüchtlinge aufgrund der Aufnahmeanordnungen des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport ab 2013 abgegeben worden ist, endet mit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG wegen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den begünstigten Ausländer.

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - Einzelrichter der 4. Kammer - vom 14. November 2017 geändert.

Der Bescheid des Beklagten vom 3. März 2016 und der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 7. April 2016 werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wehrt sich gegen die Inanspruchnahme aus einer ausländerrechtlichen Verpflichtungserklärung.

Mit schriftlicher Erklärung vom 11. August 2014 verpflichtete sich der am 1938 geborene Kläger gegenüber der Ausländerbehörde des Landkreises Uelzen, die Kosten für Leistungen zum Lebensunterhalt für die syrischen Staatsangehörigen F. (geb. 1973), G. (geb. 1990), H. (geb. 1992) und I. (geb. 1995) zu übernehmen. Zur Dauer der Verpflichtung heißt es in dem verwendeten bundeseinheitlichen Formular, dass sich der Erklärende verpflichtet, "vom Tag der voraussichtlichen Einreise am (im Formular offengelassen) bis zur Beendigung des Aufenthalts (...) oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck nach § 68 des Aufenthaltsgesetzes die Kosten für den Lebensunterhalt und nach §§ 66 und 67 des Aufenthaltsgesetzes die Kosten für die Ausreise (...) zu tragen." Sodann folgt eine Erläuterung, welche Kosten anfallen können bzw. zu erstatten sind. Unter "Bemerkungen" ist zur voraussichtlichen Dauer des Aufenthalts "unbefristet" und zum Zweck des Aufenthalts "FZF aufgrund des Bürgerkrieges" eingetragen.

F., G., H. und I. reisten am 19. September 2014 mit einem zum Zwecke der Aufnahme nach § 23 Abs. 1 AufenthG erteilten Visum in die Bundesrepublik Deutschland ein, das bis zum 16. Dezember 2014 befristet war. Am 30. September 2014 wurde ihnen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG erteilt. Mit Bescheid vom 3. Dezember 2014 wurde den Vorgenannten auf ihren Antrag hin vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ihnen wurde sodann am 7. Dezember 2014 jeweils eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG erteilt.

Der Beklagte gewährte F. Regelleistungen nach dem SGB II, Kosten für Unterkunft und Heizung sowie Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Mit Bescheid vom 3. März 2016, über dessen Zugang sich in den Akten kein Beleg findet, forderte der Beklagte von dem Kläger die Erstattung von 11.133,89 EUR betreffend F. für im Zeitraum vom 5. Januar 2015 bis 31. März 2016 verauslagte Kosten zum Lebensunterhalt. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch des Klägers vom 24. März 2016 wies der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 7. April 2016 zurück.

Der Kläger hat am 9. Mai 2016 Klage erhoben.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Wirksamkeit der Verpflichtungserklärung sei mit Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erloschen, weil der ursprüngliche Aufenthaltszweck nunmehr durch einen anderen ersetzt worden sei. Die Ausländerbehörde habe ihm außerdem mündlich mitgeteilt, dass die Verpflichtungserklärung erlösche, sobald den Begünstigten der Flüchtlingsstatus zuerkannt würde. Darauf habe er vertraut und die Verpflichtungserklärung abgegeben. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 23. Mai 2017 erklärte der Kläger im Rahmen des Klageverfahrens, dass er die Verpflichtungserklärung "wegen Irrtums" anfechte.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 3. März 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2016 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung des Klägers entgegengetreten.

Mit Urteil vom 14. November 2017, das mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung erging, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Es liege eine formwirksame schriftliche Verpflichtungserklärung im Sinne des § 68 AufenthG vor. Die erbrachten Leistungen lägen innerhalb des Haftungszeitraums. Insbesondere sei die Verpflichtung nicht dadurch erloschen, dass den Begünstigten die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt und ihnen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG erteilt worden sei. Denn diese Aufenthaltserlaubnis stelle keinen Aufenthaltstitel zu einem anderen Zweck dar, sondern bestätige den von Anbeginn verfolgten Zweck, eine Einreise aus Furcht vor der in Syrien herrschenden Bürgerkriegssituation und vor Verfolgung zu ermöglichen. Die Verpflichtung sei auch nicht wegen Mehrdeutigkeit/Unklarheit in Bezug auf den Zeitraum der eingegangenen Verpflichtung unwirksam. Ein mangelnder Rechtsbindungswille des Verpflichtungsgebers sei ebenfalls nicht feststellbar. Aus der Verpflichtungsurkunde ergebe sich auch nicht die behauptete Mitteilung der Ausländerbehörde, die Verpflichtungserklärung solle mit der Flüchtlingsanerkennung des Begünstigten enden. Die Verpflichtung sei auch nicht wegen krasser finanzieller Überforderung des Klägers analog § 138 BGB sittenwidrig und unwirksam. Schließlich sei die Verpflichtung nicht durch Anfechtung erloschen, da Anfechtungsgründe nach § 119 BGB oder § 123 BGB nicht vorlägen. Die Heranziehung des Klägers sei auch nicht unverhältnismäßig. Aus der Verpflichtungserklärung ergebe sich, dass dessen finanzielle Leistungsfähigkeit nachgewiesen sei. Finanzielle Engpässe könnten letztlich noch auf der Ebene der Vollstreckung berücksichtigt werden.

Gegen dieses Urteil, das dem Kläger am 20. November 2017 zugestellt worden ist, hat dieser am 19. Dezember 2017 die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 5. Oktober 2018 hat der Senat die Berufung wegen besonderer rechtlicher und tatsächlicher Schwierigkeiten zugelassen.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor, die Verpflichtungserklärung vom 11. August 2014 sei sittenwidrig und damit unwirksam, da er von der Ausländerbehörde nicht über Umfang und Tragweite der Verpflichtungserklärung aufgeklärt worden sei. Auch die erforderliche Bonitätsprüfung habe die Ausländerbehörde nicht durchgeführt. Die Verpflichtung sei zudem sittenwidrig, da er durch sie über sein Vermögen im Ganzen verfügt habe, ohne dass seine Ehefrau die nach § 1365 Abs. 1 BGB erforderliche Einwilligung erteilt habe. Er sei davon ausgegangen, dass die Verpflichtung allenfalls bis zum Ablauf des erteilten Visums, spätestens aber bei Stellung eines Asylantrags erlösche. Seine Heranziehung sei auch ermessensfehlerhaft erfolgt, da trotz fehlender Bonitätsprüfung keine Ermessensentscheidung getroffen worden sei. Im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung seien seine Unterhaltsverpflichtungen sowie sein Alter und die damit erforderlichen finanziellen Vorsorgeaufwendungen für etwaige Pflegekosten zu berücksichtigen gewesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - Einzelrichter der 4. Kammer - vom 14. November 2017 zu ändern und den Bescheid vom 3. März 2016 sowie den Widerspruchsbescheid vom 7. April 2016 aufzuheben.

Der Beklagte stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Ausländerbehörde verwiesen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe

Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 3. März 2016 und der Widerspruchsbescheid vom 7. April 2016 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

A. Die Klage ist zulässig.

Der Zulässigkeit der Klage steht von vorneherein nicht entgegen, dass vor ihrer Erhebung ein Widerspruchsverfahren durchgeführt worden ist. Die Durchführung eines Vorverfahrens war nach § 68 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 VwGO i. V. m. § 80 Abs. 1 des Gesetzes über die Neuordnung von Vorschriften in der Justiz (NJG) vom 16. Dezember 2014, in der zuletzt durch Gesetz vom 25. Oktober 2018 (Nds. GVBl. S. 223) geänderten Fassung, nicht vorgesehen, ist aber unschädlich.

Die Erhebung der Klage am 9. Mai 2016 wahrt auch die Klagefrist. Denn aufgrund der unrichtig erteilten Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 3. März 2016, in dem unzutreffend auf die Möglichkeit der Einlegung eines Widerspruchs hingewiesen worden ist, gilt die Jahresfrist nach § 74 Abs. 1 in Verbindung mit § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO.

B. Die Klage ist auch begründet.

I. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.1.2017 - BVerwG 1 C 10.16 -, BVerwGE 157, 208, 212 - juris Rn. 17 m.w.N.), hier des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2016.

II. Der Bescheid des Beklagten vom 3. März 2016 über die Heranziehung zu Kosten in Höhe von 11.133,89 EUR, die der Beklagte für den Lebensunterhalt des syrischen Staatsangehörigen F. im Zeitraum vom 5. Januar 2015 bis zum 31. März 2016 aufgewandt hat, sowie der Widerspruchsbescheid vom 7. April 2016 sind rechtswidrig.

Wer sich der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, hat nach § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen. Aufwendungen, die auf einer Beitragsleistung beruhen, sind hiervon nach § 68 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ausgenommen. Gemäß § 68 Abs. 2 Satz 1 AufenthG bedarf die Verpflichtung der Schriftform. Der Erstattungsanspruch steht nach § 68 Abs. 2 Satz 3 AufenthG der öffentlichen Stelle zu, die die öffentlichen Mittel aufgewendet hat. Diese Regelung setzt die Befugnis der erstattungsberechtigten Stelle voraus, den Erstattungsanspruch durch Verwaltungsakt (Leistungsbescheid) geltend zu machen (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.2.2014 - BVerwG 1 C 4.13 -, BVerwGE 149, 65, 68 - juris Rn. 8 m.w.N.).

Die hier maßgebliche Verpflichtungserklärung des Klägers vom 11. August 2014, die dieser gegenüber der Ausländerbehörde des Landkreises Uelzen abgegeben hat, bietet keine Grundlage für seine Heranziehung zu den genannten Kosten (1.), jedenfalls aber ist die Heranziehung des Klägers auf Grundlage dieser Verpflichtungserklärung rechtswidrig (2.).

1. Die Verpflichtungserklärung zur Begründung eines entsprechenden Kostenerstattungsanspruches der Ausländerbehörde ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung; einer vertraglichen Vereinbarung bedarf es nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1998 - BVerwG 1 C 33.97-, BVerwGE 108, 1, 5 - juris Rn. 26; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 8.12.2017 - 18 A 1197/16 -, juris Rn. 42; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 23.7.2015 - 7 A 11145/14 -, juris Rn. 23; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 5.7.2013 - 4 LC 317/11 -, juris Rn. 27; Bayerischer VGH, Urt. v. 26.4.2012 - 10 B 11.2838 -, juris Rn. 24; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 5.6.2007 - 11 LC 88/06 -, juris Rn. 6). Inhalt und Reichweite einer Verpflichtungserklärung, insbesondere für welchen Aufenthaltszweck und für welche Dauer sie gelten soll, sind durch Auslegung anhand der objektiv erkennbaren Umstände zum Zeitpunkt der Unterzeichnung zu ermitteln (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.1.2017, a.a.O., S. 216 ff. - juris Rn. 27 ff.; Urt. v. 24.11.1998, a.a.O., S. 6 f. - juris Rn. 34). Maßgebend ist grundsätzlich der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger der Erklärung bei objektiver Würdigung verstehen musste. Dieser Auslegungshorizont ändert sich ausnahmsweise dann, wenn die Verpflichtungserklärung durch Unterzeichnung eines von der Ausländerbehörde verwendeten Vordrucks mit vorformulierten Erklärungen und Erläuterungen und gegebenenfalls maßgeblich von der Ausländerbehörde vorgenommenen Änderungen oder Ergänzungen erteilt wird. In diesem Fall ist darauf abzustellen, wie der Erklärende die Erklärung bei objektiver Würdigung verstehen durfte. Verbleiben insoweit Unklarheiten, gehen diese zu Lasten der den Vordruck verwendenden Ausländerbehörde (vgl. Senatsurt. v. 3.5.2018 - 13 LB 2/17 -, juris Rn. 33; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 12.7.2017 - 11 S 2338/16 -, juris Rn. 29; OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 7.8.2013 - 4 LB 14/12 -, juris Rn. 34; Bayerischer VGH, Urt. v. 26.4.2012, a.a.O., Rn. 26 f.; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 5.6.2007, a.a.O., Rn. 6; zweifelnd: OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 8.12.2017, a.a.O., Rn. 41 ff.).

Unter Anwendung dieses Maßstabs endete die Dauer der Verpflichtung im vorliegenden Fall mit der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 2 AufenthG am 7. Dezember 2014 aufgrund Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch Bescheid des Bundesamtes vom 3. Dezember 2014.

Die durch die Verpflichtungserklärung des Klägers vom 11. August 2014 Begünstigten waren vor der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 2 AufenthG ursprünglich im Besitz eines Visums für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG, das auf der Grundlage der Aufnahmeanordnung des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport (RdErl. v. 30.8.2013 - 12230/1-8 (§ 23 Abs. 1 AufenthG) -, im folgenden: Nds. Aufnahmeanordnung 2013; verlängert durch RdErl. v. 3.3.2014 - 12230/1-8 (§ 23 Abs. 1 AufenthG) -, im folgenden: Nds. Aufnahmeanordnung 2014) erteilt worden war, sowie einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Januar 2017 - BVerwG 1 C 10.16 - begründet die aufgrund einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 25 Abs. 2 AufenthG erteilte Aufenthaltserlaubnis keinen anderen Aufenthaltszweck als ein Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Die Verpflichtung nach § 68 AufenthG gilt mithin grundsätzlich über die Zuerkennung der Flüchtlingsanerkennung und die auf dieser Grundlage den Begünstigten erteilte Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG hinaus fort.

Auch die hier streitrelevante Verpflichtungserklärung vom 11. August 2014 enthält zur Dauer der Verpflichtung nur den bundeseinheitlich formularmäßig vorgegebenen Inhalt, sie gelte bis zur Beendigung des Aufenthalts des genannten Ausländers oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck. Bei der gebotenen objektiven Würdigung des Aussagegehalts der Erklärung unter Berücksichtigung alle erkennbaren Begleitumstände ist aus der insoweit maßgeblichen Sicht der die Erklärung entgegennehmenden Ausländerbehörde des Landkreises Uelzen jedoch die zum damaligen Zeitpunkt (vgl. zur fehlenden Bedeutung nachträglicher Erlasse: BVerwG, Urt. v. 26.1.2017, a.a.O., S. 218 - juris Rn. 31) geltende niedersächsische Erlasslage zur Geltungsdauer derartiger Verpflichtungserklärungen zu berücksichtigen (vgl. dazu bereits: VG Hannover, Urt. v. 27.4.2018 - 12 A 60/17 -, juris Rn. 36 ff.). Diese Erlasslage prägte den Empfängerhorizont der niedersächsischen Ausländerbehörden in maßgeblicher Weise.

Bereits die Nds. Aufnahmeanordnungen 2013 und 2014 knüpfen jeweils unter Nr. II.3.1. das Erfordernis einer Verpflichtungserklärung allein an die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG. Denn danach setzt nur die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG aufgrund der Aufnahmeanordnung voraus, dass eine Verpflichtungserklärung abgegeben worden ist (vgl. zur mangelnden rechtlichen Notwendigkeit einer solchen Verknüpfung in einer Landesaufnahmeanordnung: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke u.a., Aktueller Stand der Einreisen und der Aufnahme von Syrien-Flüchtlingen, BT-Drs. 18/3627, S. 12). Schon dies legt nahe, dass die Verpflichtungserklärung sich nur auf die Geltungsdauer eines Aufenthaltstitels nach § 23 Abs. 1 AufenthG erstrecken sollte.

Noch deutlicher heißt es zur Geltungsdauer der unter Nr. II.3. der Nds. Aufnahmeanordnungen 2013 und 2014 geforderten Verpflichtungserklärungen in dem ergänzend an alle Ausländerbehörden in Niedersachsen sowie an die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen gerichteten Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 15. Mai 2014 (- 62.21 - 12235 - 2.4.5) unter

"III. Fortgeltung der Wirkungen von Verpflichtungserklärungen:

Schutzbedürftigen, die im Rahmen der humanitären Aufnahmeprogramme nach Deutschland eingereist sind, kann schon aus Rechtsgründen das Betreiben eines Asylverfahrens nicht verweigert werden. Weder die europarechtlichen noch die nationalen Rechtsvorschriften sehen eine Grundlage für den Ausschluss von der Antragstellung vor. Auch für eine Ablehnung wegen Unzuverlässigkeit oder Unbeachtlichkeit lässt sich in den einschlägigen Rechtsvorschriften keine Grundlage finden. Sofern Schutzbedürftige oder deren Verpflichtungsgeber bei den Ausländerbehörden vorsprechen, sind diese im Sinne einer ergänzenden Klarstellung der Sach- und Rechtslage darauf hinzuweisen, dass

- die Pflicht zur Erstattung von Sozialleistungen, die ein Dritter gegenüber der Ausländerbehörde zugunsten eines Ausländers übernommen hat, nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Februar 2014 (BVerwG 1 C 4.13) nicht rückwirkend mit dessen Flüchtlingsanerkennung entfällt und

- die Verpflichtungserklärung bis zur Flüchtlingsanerkennung ungeachtet des Asylbegehrens uneingeschränkt auch für die Kosten in Haftung genommen werden, die dem Land Niedersachsen für die Unterbringung und Versorgung der Asylbegehrenden während des Aufenthalts der Asylbegehrenden in der Aufnahmeeinrichtung entstehen (einschließlich der Kosten für die medizinische Versorgung)."

Dies belegt, dass das Niedersächsische Innenministerium bereits zum hier entscheidenden Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärung davon ausging, dass bei Ausländern, die auf Grundlage einer Aufnahmeanordnung einen Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 1 AufenthG (oder ein vorausgehendes Visum) erhalten hatten, im Falle einer nachträglichen Asylantragstellung eine zur Erfüllung der Voraussetzungen der Aufnahmeanordnung zuvor formularmäßig ohne besondere Zusätze abgegebene Verpflichtungserklärung nur den Zeitraum bis zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft (und der Erteilung einer entsprechenden Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG) umfasste und auch nur umfassen sollte. Gegenstand der mit dem Erlass getroffenen Regelung ist zwar in erster Linie die Frage, ob nach erfolgter Flüchtlingsanerkennung die Verpflichtung rückwirkend entfällt, sowie die Bestimmung des Umfangs der Haftung. Die Haftung sollte aber eindeutig nur "bis zur Flüchtlingsanerkennung" andauern. Diese zeitliche Begrenzung wurde in dem zitierten Erlass ausdrücklich vorausgesetzt. Nur so konnten und durften die niedersächsischen Ausländerbehörden als Adressaten dieses Erlasses eine derartige Verpflichtungserklärung verstehen, zumal es ihre Aufgabe war, die Schutzbedürftigen bzw. deren Verpflichtungsgeber im Falle der Vorsprache auf die Reichweite der Verpflichtungserklärung hinzuweisen. Ob und in welchem Umfang sie diese Belehrung tatsächlich vorgenommen haben (vgl. dazu: Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen u.a., Wie viele Verpflichtungserklärungen für syrische Flüchtlinge wurden in Niedersachsen abgegeben?, LT-Drs. 18/185, S. 6 ff. unter 5. und 6.), bedarf an dieser Stelle keiner näheren Erörterung. Der Belehrung sollte jedenfalls ersichtlich eine Warnfunktion gegenüber den Verpflichtungsgebern zukommen, um ihnen unter anderem die mögliche Geltungsdauer der Verpflichtungserklärung und die damit verbundenen, insbesondere finanziellen Risiken vor Augen zu führen. Diesem Zweck entsprechend sollte durch die Konkretisierung der möglichen Geltungsdauer im Sinne der Angabe "bis zur Flüchtlingsanerkennung" nicht etwa eine für den Verpflichtungsgeber noch relativ günstige Dauer beschrieben werden, sondern ihm vielmehr die Möglichkeit einer durchaus langen Geltungsdauer der von ihm abgegebenen Verpflichtungserklärung verdeutlicht werden. Dies konnte und kann nur so verstanden werden, dass eine Verpflichtung gemäß § 68 AufenthG für Zeiträume auch nach der Asylanerkennung oder der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach der Nds. Aufnahmeanordnung schlicht nicht vorgesehen war und von den Ausländerbehörden nicht eingefordert werden durfte. Das damit verbundene zeitliche Haftungsrisiko wäre nämlich noch deutlich über das hinausgegangen, das mit einer Verpflichtung (lediglich) für den Zeitraum bis zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft verbunden war, und hätte hinsichtlich der Geltungsdauer in Konsequenz der ohnehin vorgeschriebenen Belehrung einen dementsprechenden weitergehenden Hinweis nahegelegt. Anderenfalls hätte der Warnhinweis seine Bestimmung verfehlt und einen geradezu gegenteiligen Effekt gehabt, indem er den begünstigten Ausländer und insbesondere den Verpflichtungsgeber durch die Wendung "bis zur Flüchtlingsanerkennung" über die Dauer der Verpflichtung in die Irre führte.

Die derart vom Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport gegenüber den Ausländerbehörden verbindlich geäußerte Auffassung, dass im Falle einer nachträglichen Asylantragstellung eine zur Erfüllung der Voraussetzungen der Aufnahmeanordnung zuvor formularmäßig ohne besondere Zusätze abgegebene Verpflichtungserklärung nur den Zeitraum bis zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (und der Erteilung einer entsprechenden Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG) umfasste und auch nur umfassen sollte, ist in der Folge auch unter Berücksichtigung widerstreitender (Rechts-)Auffassungen ausdrücklich bestätigt worden. So teilte das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport den niedersächsischen Ausländerbehörden am 18. Dezember 2014 mit (vgl. Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen u.a., Wie viele Verpflichtungserklärungen für syrische Flüchtlinge wurden in Niedersachsen abgegeben?, LT-Drs. 18/185, S. 2):

"Darüber hinaus weise ich darauf hin, dass in der nachstehenden E-Mail die Rechtsauffassung dieses Hauses dargestellt ist, welche in Bezug auf die fachaufsichtlichen Vorgaben zwar für die Ausländerbehörden, jedoch nicht für die Leistungsbehörden maßgeblich ist. Inwieweit die hiesige Rechtsauffassung von allen Leistungsbehörden geteilt werden wird, kann nicht abschließend abgeschätzt werden. Sollte eine Leistungsbehörde eine abweichende Meinung vertreten und von einer fortdauernden Geltung der Verpflichtungserklärung ausgehen, kann es evtl. zur entsprechenden Geltendmachung von Erstattungsansprüchen gegenüber den Verpflichtungsgebern kommen."

Am 10. April 2015 wies das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport die niedersächsischen Ausländerbehörden ergänzend auf Folgendes hin (vgl. Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen u.a., Wie viele Verpflichtungserklärungen für syrische Flüchtlinge wurden in Niedersachsen abgegeben?, LT-Drs. 18/185, S. 2):

"(...) wurden Sie darauf hingewiesen, dass nach hiesiger Auffassung ein Aufenthaltstitel bei Aufenthaltsgewährung durch die oberste Landesbehörde (§ 23 Abs. 1 AufenthG) im Vergleich zu einem Aufenthaltstitel für anerkannte Flüchtlinge nach der Genfer Konvention (§ 25 Abs. 2 AufenthG) einen anderen Aufenthaltszweck begründet. Folglich endet danach die Dauer der Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG für im Rahmen der niedersächsischen Aufnahmeanordnung eingereiste Syrer mit der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 2 AufenthG."

Die danach vom Niedersächsischen Innenministerium vertretene und für die niedersächsischen Ausländerbehörden bei der Auslegung der hier maßgeblichen Verpflichtungserklärungen verbindliche Auffassung zum tatsächlichen Erklärungsinhalt des formularmäßig verwendeten Passus "bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck" wurde daher wiederholt und auch im Wissen um die Existenz abweichender Rechtsauffassungen aufrechterhalten und fachaufsichtlich bekräftigt. Auch der Niedersächsische Innenminister hat namens der Landesregierung gegenüber dem Landtag ausdrücklich bestätigt, dass das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport bis zu der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Januar 2017 auch gegenüber den niedersächsischen Ausländerbehörden stets die Auffassung vertreten hat, dass ein Aufenthaltstitel zur Aufenthaltsgewährung durch die oberste Landesbehörde (§ 23 Abs. 1 AufenthG) im Vergleich zu einem Aufenthaltstitel für anerkannte Flüchtlinge (§ 25 Abs. 2 AufenthG) einen anderen Aufenthaltszweck begründet und die Gültigkeitsdauer einer Verpflichtungserklärung damit endet (vgl. Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen u.a., Wie viele Verpflichtungserklärungen für syrische Flüchtlinge wurden in Niedersachsen abgegeben?, LT-Drs. 18/185, S. 2, und noch prägnanter der Innenminister in der Aktuellen Stunde im Landtag am 13.12.2017, PlProt. 4/18, S. 78, und die darauf bezogene Pressemitteilung v. 14.12.2017, veröffentlicht unter https://www.mi.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/aus_landtag/beantwortung-der-muendl-anfrage-der-fdp-zu-buergschaften-fuer-fluechtlinge-160333.html, abgerufen am 11.2.2019).

Daraus und aus den auch nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Januar 2017 fortdauernden Bemühungen der Niedersächsischen Landesregierung um eine Begrenzung möglicher Auswirkungen dieser Entscheidung (vgl. etwa die Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen u.a., Wie viele Verpflichtungserklärungen für syrische Flüchtlinge wurden in Niedersachsen abgegeben?, LT-Drs. 18/185, S. 2; Bericht der Lüneburger Landeszeitung v. 12.12.2018; Bericht des Politikjournals für Niedersachen - Rundblick v. 12.1.2018) folgt zur Überzeugung des Senats, dass in Niedersachsen seit Erlass der Nds. Aufnahmeanordnung 2013 über eine bloße Rechtsauffassung hinausgehend auch der politische Wille bestand, die Haftung aus einer im Rahmen des Landesaufnahmeprogramms abgegebenen Verpflichtungserklärung nur auf solche Zeiträume zu erstrecken, in denen der begünstigte Ausländer einen Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 1 AufenthG innehat, mithin ab einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und der Erteilung einer entsprechenden Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG die Haftung enden zu lassen. Dieser politische Wille hat in der gegenüber den niedersächsischen Ausländerbehörden bindenden Erlasslage einen hinreichenden Niederschlag gefunden und ist daher bei der Auslegung der aufgrund der Nds. Aufnahmeanordnungen 2013 und 2014 erteilten Verpflichtungserklärungen zu berücksichtigen. Den niedersächsischen Ausländerbehörden, auf deren Empfängerhorizont es nach dem oben Gesagten ankommt, war es mithin - ohne eindeutig abweichende Erklärung im formularmäßig vorgegebenen Verpflichtungstext - verwehrt, von einer Fortdauer der Verpflichtung über den Zeitpunkt der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG hinaus auszugehen.

Ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankommt, ist im vorliegenden Fall zudem belegt, dass die Ausländerbehörde des Landkreises Uelzen die hier zu beurteilende Verpflichtungserklärung auch (subjektiv) tatsächlich so verstanden hat. Denn in einem Aktenvermerk des Beklagten vom 20. Februar 2015 (Blatt 11 der Verwaltungsakte) heißt es:

"Nach telefonischer Rücksprache mit Herrn J. LK Uelzen Ausländerbehörde, gilt eine Verpflichtungserklärung eigentlich so lange, wie sich die Person in der Bundesrepublik aufhält.

In diesem Fall ist durch die Anerkennung nach § 25 Abs. 2 ein "Zweckwechsel" entstanden und die Verpflichtungserklärung ist ab Anerkennung nach § 25 Abs. 2 hinfällig. Diese Personen sind dann zum Bezug von Leistungen berechtigt."

Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die Auffassung der Ausländerbehörde rechtlich zutreffend ist. Entscheidend ist vielmehr, dass sie die vom Kläger abgegebene Erklärung tatsächlich in der durch das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport beabsichtigten einschränkenden Weise verstanden hat.

Eine derartige politisch gewollte Begrenzung der Haftung ist auch zulässig, jedenfalls wirksam. Die Rechtsordnung überlässt es der Entscheidung des Einzelnen, ob und in welchem Umfang er für den Unterhalt eines Ausländers im Bundesgebiet aufkommen und damit die Voraussetzungen für dessen Aufenthalt schaffen will. Dementsprechend ist allein im Wege der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) der jeweiligen Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG konkret zu bestimmen, für welchen Aufenthaltszweck und welche (Gesamt-)Aufenthaltsdauer sie gelten soll. Maßgeblich für den Haftungsumfang ist daher in erster Linie die Auslegung der Verpflichtungserklärung. Hingegen ist es für den inhaltlichen und zeitlichen Umfang der Verpflichtungserklärung ohne Einfluss, ob und in welchem Umfang sie Erstattungsansprüche anderer Behörden als der Ausländerbehörde inhaltlich oder zeitlich beschränkt. Selbst wenn die Ausländerbehörde durch die Entgegennahme der Verpflichtungserklärung ihrerseits Verpflichtungen gegenüber anderen Behörden verletzt haben sollte, ist dies ohne Einfluss auf den Inhalt der für den Ausländer abgegebenen Verpflichtungserklärung (vgl. BVerwG, Beschl v. 18.4.2018 - BVerwG 1 B 6.18 -, juris Rn. 7 m.w.N.).

2. Aber auch dann, wenn man der unter 1. dargestellten Auslegung der vom Kläger erteilten Verpflichtungserklärung nicht folgen wollte und die Erklärung deshalb Grundlage einer Heranziehung des Klägers zu den Kosten der Herrn F. im fraglichen Zeitraum gewährten Leistungen sein könnte, erweisen sich der Bescheid des Beklagten vom 3. März 2016 und der Widerspruchsbescheid vom 7. April 2016 gleichwohl als rechtswidrig. Denn der Beklagte hat die im vorliegenden Fall erforderliche Ermessensentscheidung nicht getroffen.

Der aus einer Erklärung nach § 68 AufenthG Verpflichtete ist zwar im Regelfall zur Erstattung heranzuziehen, ohne dass es dahingehender Ermessenserwägungen bedarf. Ein Regelfall liegt vor, wenn die Voraussetzungen der Aufenthaltsgenehmigung einschließlich der finanziellen Leistungsfähigkeit des Verpflichteten im Verwaltungsverfahren geprüft worden sind und nichts dafür spricht, dass die Heranziehung zu einer unzumutbaren Belastung führen könnte. Hingegen hat die erstattungsberechtigte Stelle bei atypischen Gegebenheiten im Wege des Ermessens zu entscheiden, in welchem Umfang der Anspruch geltend gemacht wird und welche Zahlungserleichterungen dem Verpflichteten gegebenenfalls eingeräumt werden. Wann in diesem Sinne ein Ausnahmefall vorliegt, ist anhand einer wertenden Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden und unterliegt voller gerichtlicher Nachprüfung (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.2.2014, a.a.O., S. 73 - juris Rn. 16 m.w.N.).

Davon ausgehend ist hier ein atypischer Fall gegeben.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 19.9.2000 - BVerwG 1 C 19.99 -, juris Rn. 17) unterlagen Anordnungen nach der Vorläuferregelung des § 32 AuslG 1990 nicht den für Gesetze geltenden Auslegungsgrundsätzen. Vielmehr waren sie als Willenserklärung der obersten Landesbehörde unter Berücksichtigung des wirklichen Willens des Erklärenden und ihrer tatsächlichen Handhabung, d.h. der vom Urheber gebilligten und geduldeten tatsächlichen Verwaltungspraxis auszulegen und anzuwenden. Bei Unklarheiten hatte die Ausländerbehörde den wirklichen Willen der obersten Landesbehörde - erforderlichenfalls durch Rückfrage - zu ermitteln. Wich die Ausländerbehörde von der landeseinheitlichen Handhabung der Anordnung ab, so erwuchs dem Ausländer aus Art. 3 Abs. 1 GG ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Gleichbehandlung nach Maßgabe der tatsächlichen allgemeinen Anwendung der Anordnung durch die Ausländerbehörden. Denn es war gerade der Sinn der Regelung, eine einheitliche Anwendung innerhalb eines Bundeslandes zu erreichen. Die für Anordnungen nach § 32 AuslG 1990 entwickelten Auslegungsmaßstäbe gelten auch für Anordnungen nach § 23 Abs. 1 AufenthG (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 8.12.2017 - 18 A 1125/16 -, juris Rn. 57).

Nach den hier maßgeblichen Erlassen des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport (siehe oben 1.) sollte im Falle der Asylantragstellung die Verpflichtungserklärung nur den Zeitraum bis zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und der Erteilung einer entsprechenden Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG umfassen. Über die Reichweite der Verpflichtungserklärung waren der Verpflichtungsgeber und der Ausländer bei Vorsprache zu unterrichten. Wie bereits ausgeführt, sollte dieser Belehrung ersichtlich eine Warnfunktion gegenüber den Verpflichtungsgebern zukommen, um ihnen unter anderem die mögliche Geltungsdauer und die damit verbundenen insbesondere finanziellen Risiken vor Augen zu führen. Diesem Zweck entsprechend sollte durch die Konkretisierung der möglichen Geltungsdauer im Sinne der Angabe "bis zur Flüchtlingsanerkennung" nicht etwa eine für den Verpflichtungsgeber noch relativ günstige Dauer beschrieben werden, sondern ihm vielmehr die Möglichkeit einer durchaus langen Dauer verdeutlicht werden. Dies konnte und kann nur so verstanden werden, dass eine Haftung auch nach Asylanerkennung oder Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in der Aufnahmeanordnung nicht vorgesehen war und von den Ausländerbehörden nicht eingefordert werden durfte. Das damit verbundene zeitliche Haftungsrisiko wäre nämlich noch deutlich über das hinausgegangen, das mit einer Verpflichtung (lediglich) für den Zeitraum bis zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft verbunden war, und hätte hinsichtlich der Geltungsdauer in Konsequenz der ohnehin vorgeschriebenen Belehrung einen dementsprechenden weitergehenden Hinweis nahegelegt (vgl. zu einem vergleichbaren Fall: OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 8.12.2017, a.a.O., Rn. 59).

Sofern die vom Kläger ausgesprochene Verpflichtungserklärung nicht auf die unter 1. erfolgte Weise im Sinne einer zeitlichen Begrenzung bis zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 2 AufenthG ausgelegt werden könnte, ginge sie über die erkennbaren und bindenden Vorstellungen des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport hinaus und widerspräche der dort für angemessen gehaltenen Lastenverteilung zwischen Verpflichtungsgebern und der öffentlichen Hand. Sie wäre mithin als atypisch anzusehen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 8.12.2017, a.a.O., Rn. 60) und erforderte eine Ermessensentscheidung bei der Heranziehung durch den Beklagten, die im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG nur in einem Verzicht auf die Erstattung der nach der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 2 AufenthG entstandenen Kosten bestehen kann.

b) Darüber hinaus ist ein atypischer Fall auch deshalb gegeben, weil die Ausländerbehörde des Landkreises Uelzen die finanzielle Leistungsfähigkeit des sich verpflichtenden Klägers nicht ordnungsgemäß überprüft hat. In dem Formular der Verpflichtungserklärung vom 11. August 2014 ist angekreuzt, die finanzielle Leistungsfähigkeit des sich Verpflichtenden sei nachgewiesen worden. In dem zugehörigen Verwaltungsvorgang findet sich eine Bezügeabrechnung des Klägers vom 16. März 2014 sowie eine Berechnung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Klägers durch die Ausländerbehörde nach Sozialhilfesätzen vom 11. August 2014. Diese Berechnung ist jedoch offensichtlich fehlerhaft. Zunächst ist es bereits vom Ansatz her verfehlt, den Eigenbehalt der "einladenden Familie" nach Sozialhilfesätzen zu berechnen. Hier sind vielmehr die - erheblich höheren - Pfändungsfreigrenzen der §§ 850 ff. ZPO zugrundezulegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.4.2013 - BVerwG 10 C 10.12 -, BVerwGE 146, 198, 213 f. - juris Rn. 33 ff.). Nur der diese Grenzen übersteigende Betrag kann letztlich aufgrund der Verpflichtungserklärung gegen den Kläger vollstreckt werden und steht der öffentlichen Hand zur Abdeckung der verauslagten Kosten des Lebensunterhalts zur Verfügung. Es ist auch verfehlt, das Einkommen der Ehefrau des Klägers (in vollem Umfang) zur Deckung des Bedarfs der "Gastfamilie" heranzuziehen, da die Ehefrau selbst keine Verpflichtungserklärung abgegeben hat. Insofern kann allenfalls ein ihr gegenüber bestehender Unterhaltsanspruch ihres Ehemannes hinzugerechnet werden. Insgesamt bedarf es zur Feststellung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Klägers einer konkreten Berechnung seines zur Verfügung stehenden Einkommens und nicht einer überschlägigen Schätzung anhand der Sozialhilfesätze und "sonstiger" Ausgaben (vgl. Nr. 68.1.2.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz - AVwV AufenthG - v. 26.10.2009, GMBl. S. 877). Gerade im Hinblick auf die Übernahme der Verpflichtung des Lebensunterhalts für vier erwachsene Personen war eine genauere Prüfung der finanziellen Leitungsfähigkeit des Verpflichtungsgebers bereits zum Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärung geboten.

Die Entgegennahme einer Verpflichtungserklärung eines 76-jährigen Pensionärs für den Unterhalt von vier Personen nach lediglich kursorischer Bonitätsprüfung und ohne Berücksichtigung von Unterkunftskosten bekräftigt letztlich auch das unter 1. gefundene Auslegungsergebnis. Die Ausländerbehörde ist erkennbar zu keinem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass der Kläger den Unterhalt der begünstigten Ausländer für einen längeren Zeitraum sicherstellen wollte und sicherstellen sollte.

c) Die danach aus mehreren Gründen erforderliche Ermessensentscheidung über die Heranziehung des Klägers auf Grundlage der Verpflichtungserklärung hat der Beklagte nicht getroffen. Im angefochtenen Bescheid vom 3. März 2016 - und auch im Widerspruchsbescheid vom 7. April 2016 - finden sich keinerlei Erwägungen, die erkennen lassen, dass der Beklagte die Notwendigkeit einer Ermessensentscheidung erkannt und das ihm zukommende Ermessen betätigt hat. Insbesondere die im Ausgangsbescheid enthaltene Wendung "Unter Abwägung aller Gesichtspunkte, bin ich zu der Entscheidung gekommen, Sie zur Erstattung der für F. geleisteten Hilfen aufzufordern." belegt keine Ermessensbetätigung. Denn im weiteren Verlauf des Bescheides führt der Beklagte aus: "Es begründet sich kein atypischer Fall, der die Heranziehung des Garantiegebers nur im Wege einer Ermessensentscheidung ermöglichen würde. Sie sind daher ohne weitere Ermessensausübung zur Erstattung heranzuziehen." Die daraus folgende Ermessensfehlerhaftigkeit im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO, hier in Form des Ermessensausfalls, konnte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch eine Nachholung von Ermessenserwägungen nicht geheilt werden. § 114 Satz 2 VwGO schafft die prozessualen Voraussetzungen lediglich dafür, dass die Behörde defizitäre Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen kann, nicht hingegen dafür, dass sie ihr Ermessen nachträglich erstmals ausübt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.7.2013 - BVerwG 9 B 30.13 -, juris Rn. 8; Urt. v. 5.9.2006 - BVerwG 1 C 20.05 -, juris Rn. 22 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.