Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 05.02.2019, Az.: 2 LB 17/17

Altersdiskriminierung; Altersstudiengebühren; Seniorenstudiengebühren; Studiengebühr; Studiengebühren

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
05.02.2019
Aktenzeichen
2 LB 17/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69666
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 08.06.2016 - AZ: 6 A 80/16

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Regelung in § 13 Abs. 4 NHG über die Erhebung einer Studiengebühr in Höhe von 800 Euro je Semester von Studierenden, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, ist mit höherrangigem Recht vereinbar.

2. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) enthält kein allgemeines Benachteiligungsverbot, das über den Schutz der Beschäftigten sowie den Schutz im Zivilrechtsverkehr hinausgehen würde.

3. Der Begriff der Bildung in § 2 Abs. 1 Nr. 7 AGG erfasst lediglich privatrechtliche Verträge im Bildungssektor, nicht jedoch das öffentlich-rechtliche Hochschulverhältnis.

4. Die Erhebung der Seniorenstudiengebühr nach § 13 Abs. 4 NHG verstößt nicht gegen das aus Art. 12 GG abgeleitete Teilhaberecht des Einzelnen an in staatlicher Verantwortung betriebenen Ausbildungseinrichtungen und stellt keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG dar.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichter der 6. Kammer - vom 8. Juni 2016 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von
110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Studiengebühren durch die Beklagte.

Der am 1943 geborene Kläger ist bei der Beklagten im Studiengang Meteorologie eingeschrieben. Mit Bescheid vom 9. Dezember 2015 zog ihn die Beklagte für das Sommersemester 2016 zur Zahlung einer Studiengebühr in Höhe von insgesamt 1183,32 EUR heran. Hierin enthalten war ein Betrag in Höhe von 800,00 EUR gemäß § 13 Abs. 4 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG). Da der Kläger zu Beginn des Sommersemesters 2016 das 60. Lebensjahr vollendet habe, sei die Studiengebühr von ihm zu erheben. Solle eine Studiengebührenbefreiung aufgrund eines Härtefalls geltend gemacht werden, werde um Vorlage entsprechender Nachweise gebeten.

Hiergegen hat der Kläger am 5. Januar 2016 Klage erhoben und geltend gemacht, dass die Gebührenerhebung für Studierende, die das 60. Lebensjahr vollendet hätten, eine unzulässige Altersdiskriminierung darstelle. Die Regelung verstoße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Es liege eine unzulässige Ungleichbehandlung aufgrund des Alters vor. Sinn der Vorschrift des § 13 Abs. 4 NHG sei es, dass ältere Studierende, die nicht mehr zwingend auf den Besuch einer Hochschule angewiesen seien, Jüngeren keinen Studienplatz wegnehmen sollten. In wenig populären und nicht zulassungsbeschränkten Studienfächern wie der Meteorologie drohe dies jedoch nicht. Die Vorschrift des § 13 Abs. 4 NHG sei aufgrund der unzulässigen Altersdiskriminierung auch als verfassungswidrig anzusehen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 9. Dezember 2015 (Sommersemester 2016) aufzuheben, soweit dieser einen Betrag festsetzt, der 383,32 EUR überschreitet.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

und ist den Ausführungen des Klägers entgegengetreten.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angegriffenen Urteil vom 8. Juni 2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die in § 13 Abs. 4 NHG bestimmte Altersgrenze von 60 Jahren für die Erhebung der Studiengebühr mit höherrangigem Recht vereinbar sei. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung bestünden nicht; eine unzulässige Altersdiskriminierung werde durch sie nicht begründet. Aus dem Inkrafttreten des AGG ergebe sich nichts Anderes, wobei offenbleiben könne, ob das AGG überhaupt auf das öffentlich-rechtliche Hochschulverhältnis anwendbar sei. Eine benachteiligende Behandlung liege bei einer sich unmittelbar aus einer Rechtsvorschrift ergebenden Gebührenpflicht nicht vor. Auch eine mittelbare Benachteiligung könne nicht angenommen werden, da die Regelung des § 13 Abs. 4 NHG durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und zu dessen Erreichung angemessen und erforderlich sei. Aufgabe der Hochschulen in der Lehre sei es, Studierende auf einen Beruf vorzubereiten. Es sei nicht zu beanstanden, wenn ein Personenkreis, dessen Studium regelmäßig nicht mehr dazu diene, die darin erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten später in einem Beruf umzusetzen, anders behandelt werde. Hiervon könne der Gesetzgeber in pauschalisierender Betrachtungsweise bei Studierenden, die das 60. Lebensjahr erreicht hätten, ausgehen. Auch im Einzelfall des Klägers spreche vieles dafür, dass sein erst nach Abschluss seines Berufslebens als Lehrer begonnenes Studium nicht auf die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit abziele, sondern eher als Freizeitbeschäftigung anzusehen sei, die nicht dem Schutz des Art. 12 GG unterfalle. Selbst wenn dies ausnahmsweise anders zu beurteilen wäre, könne dies im Rahmen der Härtefallregelung nach § 14 Abs. 2 NHG berücksichtigt werden, was aber in einem gesonderten Antragsverfahren geltend zu machen sei.

Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts richtet sich die Berufung des Klägers, die der Senat mit Beschluss vom 19. Januar 2017 (2 LA 134/16) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor, die landesgesetzliche Regelung in § 13 Abs. 4 NHG verstoße gegen das bundesrechtliche Benachteiligungsverbot nach §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 7 AGG. Der Anwendungsbereich des AGG sei eröffnet, da die Teilnahme am Lehrbetrieb einer Universität unter das weite Tatbestandsmerkmal der „Bildung“ in § 2 Abs. 1 Nr. 7 AGG zu subsumieren sei. Die Gebührenerhebung nach
§ 13 Abs. 4 NHG stelle auch eine benachteiligende Behandlung dar. Das in §§ 1, 2 AGG angeordnete Benachteiligungsverbot sei als Ausdruck einer grundlegenden, objektiven Wertordnung zu verstehen, der sich nachgeordnete Rechtsbeziehungen unterzuordnen hätten. Das AGG gelte als Prüfungsmaßstab bei Ungleichbehandlungen generell und unabhängig von einer Unterscheidung in öffentliches und privates Recht. Dem Anwendungsvorrang des bundesrechtlichen AGG könne eine fehlende Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Bereich des allgemeinen Hochschulrechtes nicht entgegengehalten werden. Immatrikulationsgebühren unterfielen der Materie des Hochschulzulassungsrechtes, zu welchem dem Bund das konkurrierende Gesetzgebungsrecht zustehe. Der von § 13 Abs. 4 NHG verfolgte Zweck, knappe Studienkapazitäten der Berufsausbildung jüngerer Bürger vorzubehalten, sei mit dem AGG nicht vereinbar. Es sei zudem zu beachten, dass das AGG auf der Richtlinie 2000/78/EG beruhe, die absoluten Anwendungsvorrang vor mitgliedsstaatlichem Recht genieße. Auch nach der Richtlinie stelle die Erhebung von Studiengebühren für Bürger, die das 60. Lebensjahr vollendet hätten, eine unmittelbare Diskriminierung dar. Im Übrigen unterliege § 13 Abs. 4 NHG der Kontrolle am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG, der das Recht auf Zulassung zum Studium gewährleiste. § 13 Abs. 4 NHG begründe eine finanzielle Hürde zur Aufnahme oder Fortführung eines Studiums und stelle eine relative Zulassungsbeschränkung dar, die nicht gerechtfertigt sei.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Bescheid der Beklagten vom 9. Dezember 2015 aufzuheben, soweit er einen Betrag festsetzt, der 383,32 EUR überschreitet.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt aus, dass § 13 Abs. 4 NHG nicht gegen das AGG verstoße. Es erscheine zweifelhaft, ob die Regelungen den AGG auf den hier in Rede stehenden Fall des Hochschulzugangs bzw. des Hochschulstudiums anwendbar seien. Daraus, dass dem Bund die Gesetzgebungskompetenz für das Bildungswesen weitgehend fehle, sei zu schließen, dass § 2 Abs. 1 Nr. 7 AGG nur privatrechtliche Verträge erfasse, die auf die Erbringung von Bildungsleistungen gerichtet seien. Aber selbst wenn man von einer Anwendbarkeit des AGG auf ein Hochschulstudium ausgehe, sei ein Verstoß nicht gegeben. Mit § 13 Abs. 4 NHG werde das Ziel verfolgt, die begrenzten und kostenintensiven Studienplätze kostenfrei vorwiegend den Studierenden vorzubehalten, denen es um den Erwerb eines ersten berufsqualifizierenden Abschlusses zum Einstieg in das Berufsleben und die damit verbundene Begründung einer beruflichen Existenzgrundlage gehe. Ein Studium solle nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NHG auf eine bestimmte berufliche Tätigkeit vorbereiten. Der Aspekt der Berufsqualifikation und Existenzsicherung trage für über 60-jährige Menschen regelmäßig nicht mehr. Auch wenn bei ihnen eine spätere Berufsausübung nicht auszuschließen sei, rechtfertige es dieser Umstand, von Studierenden ab dem 60. Lebensjahr, anders als von jüngeren Studierenden, Studiengebühren zu erheben. Da es sog. Seniorenstudierenden grundsätzlich nicht um die Aufnahme einer Berufstätigkeit nach Abschluss des Studiums gehen dürfte, könnten sie sich in der Regel auch nicht auf Art. 12 GG berufen. Ohne eine konkret vorgetragene Absicht, zukünftig einen Beruf ausüben zu wollen, handele es sich bei dem Studium des Klägers lediglich um eine Freizeitbeschäftigung. Aber selbst dann, wenn man den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG als eröffnet ansehen würde, beinhalte das aus Art. 12 Abs. 1 GG abgeleitete Teilhaberecht auf Zulassung zu Ausbildungseinrichtungen jedenfalls keinen Anspruch auf ein kostenloses Studium. Auch die Höhe der Studiengebühr von 800,00 EUR pro Semester sei nicht zu beanstanden und entspreche dem Äquivalenzprinzip. Im Übrigen werde im Rahmen der Gebührenerhebung der unterschiedlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Studierenden durch die Härtefallregelung in § 14 Abs. 2 Satz 1 NHG ausreichend Rechnung getragen. Einen entsprechenden Härtefallantrag habe der Kläger nicht gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakte verwiesen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 9. Dezember 2015 ist, soweit ihn der Kläger angefochten hat, rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Rechtsgrundlage für die im Streit stehende Erhebung einer Seniorenstudiengebühr in Höhe von 800,00 EUR für das Sommersemester 2016 ist § 13 Abs. 4 NHG in der seit dem 1. September 2014 geltenden Fassung (zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Chancengleichheit durch Abschaffung und Kompensation der Studienbeiträge, Nds. GVBl. 2013, 287). Nach dieser Vorschrift erheben die Hochschulen in staatlicher Verantwortung von Studierenden, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, je Semester eine Studiengebühr von 800,00 EUR. Diese Tatbestandsvoraussetzungen liegen bei dem im Jahr 1943 geborenen Kläger, der im Sommersemester 2016 bei der Beklagten im Studiengang Meteorologie eingeschrieben war, vor.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die landesrechtliche Vorschrift des
§ 13 Abs. 4 NHG mit höherrangigem Recht vereinbar und begründet keine unzulässige Altersdiskriminierung. Die Norm steht zunächst nicht in Widerspruch zu den bundesrechtlichen Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), da dieses auf das öffentlich-rechtliche Hochschulverhältnis nicht anwendbar ist (dazu unter 1.). Die Erhebung einer allein an die Vollendung des 60. Lebensjahres geknüpften Studiengebühr in Höhe von 800,00 EUR pro Semester verstößt auch nicht gegen das aus Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. dem Gleichheitsgrundsatz und dem Sozialstaatsprinzip folgende Teilhaberecht des Klägers auf Zugang zu einem Hochschulstudium seiner Wahl (dazu unter 2.). Im Verhältnis zu jüngeren Studierenden liegt zudem kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor (dazu unter 3.). Schließlich ist die Höhe der Gebühr von 800 Euro pro Semester am Maßstab des Äquivalenzprinzips nicht zu beanstanden (dazu unter 4.).

1. Die Vorschriften des AGG stehen der Erhebung von Seniorenstudiengebühren durch die Beklagte nicht entgegen, da sie im öffentlich-rechtlichen Hochschulverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten nicht anwendbar sind. Das am 18. August 2006 in Kraft getretene AGG gliedert sich im Wesentlichen in einen arbeitsrechtlichen Teil (Abschnitt 2, §§ 6 bis 18) sowie einen zivilrechtlichen Teil (Abschnitt 3, §§ 19 bis 21). Dem folgen in Abschnitt 4 (§§ 22 f.) ein prozessualer Teil und daran anschließend weitere Vorschriften. Dem Gesetz vorangestellt ist in Abschnitt 1 (§§ 1 bis 5) ein „Allgemeiner Teil“, der Grundsatzfragen regelt, die sowohl für den arbeitsrechtlichen wie für den zivilrechtlichen Teil maßgebend sind (vgl. Däubler, in: Däubler/Bertzbach, AGG, 4. Aufl. 2018, Einl. Rn. 13). Das arbeitsrechtliche Benachteiligungsverbot des AGG, welches für Beschäftigte i.S.d. § 6 AGG gilt, findet sich in § 7 AGG. Das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot, welches sich auf zivilrechtliche Massengeschäfte sowie privatrechtliche Versicherungsverträge bezieht, ist in § 19 AGG verankert. Auf beide Benachteiligungsverbote kann sich der Kläger im Verhältnis zu der Beklagten nicht berufen, da er kein Beschäftigter i.S.d. § 6 AGG ist und das Hochschulverhältnis, in dessen Rahmen die Beklagte von dem Kläger Seniorenstudiengebühren erhebt, auch nicht zivilrechtlicher, sondern öffentlich-rechtlicher Natur ist.

Die Ansicht des Klägers, § 1 AGG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 7 AGG enthalte ein allgemeines Benachteiligungsverbot wegen des Alters in Bezug auf die Bildung, auf welches er sich gegenüber der Beklagten berufen könne, ist unzutreffend.

Gemäß § 1 AGG ist es Ziel des Gesetzes, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Diese Vorschrift enthält als gesetzliche Zielbestimmung keinen eigenen Tatbestand und sieht auch keine Rechtsfolge vor. Ihre Bedeutung erlangt sie erst in Verbindung mit den anderen Normen des AGG, in welchen auf § 1 AGG Bezug genommen wird (vgl. Block, in: BeckOGK, Stand 1.12.2018, AGG § 1 Rn. 1).

Auch aus § 2 Abs. 1 Nr. 7 AGG i. V. m. § 1 AGG ergibt sich kein allgemeines Benachteiligungsverbot in Bezug auf das Alter. § 2 Abs. 1 AGG lautet dahingehend, dass Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund nach Maßgabe dieses Gesetzes in Bezug auf die im Einzelnen aufgezählten Bereiche, unter anderem nach Nr. 7 die Bildung, unzulässig sind. Diese Bestimmung ist zwar dem Wortlaut nach als Verbotsnorm formuliert, sie definiert jedoch lediglich - i. V. m. den Vorschriften der Abschnitte 2 bis 5 des AGG - den sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes und enthält kein eigenständiges Benachteiligungsverbot (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/1780, S. 31; Adomeit/Mohr, AGG, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn. 1; Thüsing, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2018, AGG § 2 Rn. 1; Meinel/Heyn/Herms, AGG, 2. Aufl. 2010, § 2 Rn. 1; Däubler, in: Däubler/Bertzbach, AGG, § 2 Rn. 1; Block, in: BeckOGK, AGG § 2 Rn. 1, 3). Entgegen der Ansicht des Klägers entfaltet das AGG daher keine Wirkung in öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen, sondern bleibt in seinem sachlichen Anwendungsbereich auf das Arbeitsrecht und das Zivilrecht beschränkt (vgl. Ernst/Braunroth/ Wascher, AGG, 2. Aufl. 2013, Einl. Rn. 15 f.). Dementsprechend ist unter dem Begriff der Bildung in § 2 Abs. 1 Nr. 7 AGG zwar jede Form der Wissensvermittlung auch ohne berufsbildende Tendenz zu verstehen. Erfasst werden aber lediglich privatrechtliche Verträge im Bildungssektor (etwa Unterrichtsverträge mit privaten (Hoch)schulen, Fortbildungsakademien, Musik-, Reit-, Sprach-, oder Fahrschulen), bei denen das Benachteiligungsverbot nach § 19 AGG zu beachten ist (vgl. BT-Drs. 16/1780, S. 31 f.; Meinel/Heyn/Herms, AGG, § 2 Rn. 45; Adomeit/Mohr, AGG, § 2 Rn. 140). Für den öffentlich-rechtlichen Bildungssektor gilt das AGG dagegen nicht (vgl. Däubler/Bertzbach, AGG, § 2 Rn. 52; Thüsing, in: Münchener Kommentar zum BGB, AGG § 2 Rn. 25; a.A. jedoch Becker, in Epping, NHG, 1. Aufl. 2016, § 13 Rn. 25).

Dass aus der Bestimmung des Anwendungsbereiches des Gesetzes in § 2 Abs. 1 AGG kein eigenständiges, über den Anwendungsbereich des arbeitsrechtlichen Benachteiligungsverbotes (§ 7 AGG) bzw. des zivilrechtlichen Benachteiligungsverbotes (§ 19 AGG) hinausgehendes Benachteiligungsverbot folgt, ist trotz der Formulierung als Verbotsnorm bereits im Wortlaut selbst angelegt. Denn nach § 2 Abs. 1 AGG werden Benachteiligungen aus einem in § 1 AGG genannten Grund nur nach Maßgabe dieses Gesetzes in Bezug auf die im Einzelnen genannten Bereiche für unzulässig erklärt. Bereits hieraus wird deutlich, dass die Bestimmung nicht als eigenständiges Benachteiligungsverbot unter Außerachtlassung der weiteren Vorschriften des AGG angesehen werden kann, insbesondere derjenigen im arbeitsrechtlichen und zivilrechtlichen Teil des Gesetzes, die sowohl den sachlichen als auch den personellen Anwendungsbereich der dort geregelten Benachteiligungsverbote konkretisieren und in den §§ 8 - 10 AGG sowie § 20 AGG auch eine Reihe von Durchbrechungsmöglichkeiten enthalten.

Des Weiteren ist in systematischer Hinsicht zu berücksichtigen, dass die gesetzliche Überschrift des § 2 AGG lediglich „Anwendungsbereich“ lautet, wohingegen die Vorschriften in § 7 AGG bzw. § 19 AGG vom Gesetzgeber mit „Benachteiligungsverbot“ bzw. „Zivilrechtliches Benachteiligungsverbot“ überschrieben worden sind. Dies spricht ebenso wie die Stellung des § 2 AGG im mit „Allgemeiner Teil“ überschriebenen ersten Abschnitt des AGG dagegen, die Norm als ein eigenständiges, umfassend geltendes Benachteiligungsverbot aufzufassen. Die Gesetzgebungstechnik, den einzelnen Regelungen eines Gesetzes einen allgemeinen Teil voranzustellen, der gleichsam vor die Klammer gezogen diejenigen generellen Bestimmungen enthält, die für alle nachfolgenden Einzelregelungen von Bedeutung sind, hat der Gesetzgeber auch bei der Formulierung des AGG übernommen. Hieraus lässt sich ableiten, dass die maßgebliche Bedeutung der Vorschriften im ersten Abschnitt des AGG darin besteht, Grundlagenbestimmungen für die nachfolgenden Abschnitte zu treffen, nicht aber darin, bereits an dieser Stelle abschließend ein eigenständiges Benachteiligungsverbot zu statuieren, welches im Übrigen - anders als dies im arbeitsrechtlichen und im zivilrechtlichen Teil des Gesetzes für die dort geregelten Benachteiligungsverbote der Fall ist - keine weiteren Konkretisierungen des sachlichen und persönlichen Anwendungsbereiches und auch keine gesetzlichen Durchbrechungsmöglichkeiten aufweisen würde. So enthält etwa § 10 AGG für den arbeitsrechtlichen Teil des Gesetzes ausdrücklich eine Bestimmung, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters - wie sie hier zur Rede steht - zulässig ist. Diese Bestimmung wäre -ebenso wie die weiteren konkretisierenden Vorschriften im arbeitsrechtlichen und zivilrechtlichen Teil des Gesetzes - entweder überflüssig, wenn aus §§ 1, 2 Abs. 1 AGG ohnehin ein allgemein zu beachtendes Benachteiligungsverbot ohne Einschränkungen folgen würde, oder es ergäbe sich das sinnwidrige Ergebnis, dass zwar im Arbeitsrecht und Zivilrecht weitgehende Einschränkungen des Benachteiligungsschutzes gelten würden, in anderen Rechtsgebieten hingegen nicht. Ferner zeigt auch § 2 Abs. 3 AGG, dass durch das AGG ein umfassendes Benachteiligungsverbot nicht geschaffen worden ist. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 AGG wird die Geltung sonstiger Benachteiligungsverbote oder Gebote der Gleichbehandlung durch dieses Gesetz nicht berührt wird. Dies gilt gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 AGG auch für öffentlich-rechtliche Vorschriften, die dem Schutz bestimmter Personengruppen dienen. Hieraus wird deutlich, dass der Gesetzgeber mit dem Erlass des AGG gerade keine vollständige und abschließende Regelung zum Schutz vor Benachteiligungen schaffen wollte (vgl. BT-Drs. 16/1780, S. 32).

Auch aus der Entstehungsgeschichte des AGG und den seinem Erlass zugrundeliegenden unionsrechtlichen Richtlinien lässt sich ableiten, dass der Gesetzgeber in §§ 1, 2 Abs. 1 AGG kein allgemeines, auch im öffentlich-rechtlichen Hochschulverhältnis geltendes Benachteiligungsverbot schaffen wollte. Der Erlass des AGG diente lediglich der Umsetzung von vier EU-Richtlinien im Bereich Beschäftigung und Beruf sowie im zivilrechtlichen Bereich (BT-Drs. 16/1780, S. 1, 32). Bei den umgesetzten Richtlinien handelt es sich erstens um die Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft - „Anti-Rassismus-Richtlinie“ - (ABl. EG L 180, S. 22). Diese ist für die vom Kläger geltend gemachte Altersdiskriminierung nicht von Bedeutung, da sie nach ihrem Art. 2 Abs. 1 lediglich Diskriminierungen aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft erfasst. Zweitens handelt es sich um die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf - „Rahmenrichtlinie“ - (ABl. EG L 303, S. 16). Diese Richtlinie erfasst zwar nach ihrem Art. 1 auch Diskriminierungen wegen des Alters. Ihr Geltungsbereich erstreckt sich gemäß Art. 3 Abs. 1 Rahmenrichtlinie aber allein auf die Bedingungen für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit (lit. a), den Zugang zu allen Formen der Berufsberatung, der Berufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung (lit. b), die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen und das Arbeitsentgelt (lit. c) sowie die Mitgliedschaft in einer Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberorganisation (lit. d). Fraglich ist bereits, ob das Hochschulstudium unter den allenfalls in Betracht kommenden Begriff der „Berufsausbildung“ i.S.d. Art. 3 Abs. 1 lit. b Rahmenrichtlinie subsumiert werden könnte. Hinzu kommt, dass das öffentlich-rechtliche organisierte Hochschulwesen in Deutschland ohnehin nicht in den Anwendungsbereich der Rahmenrichtlinie fallen dürfte, da Art. 3 Abs. 3 Rahmenrichtlinie bestimmt, dass sie nicht für Leistungen jeder Art seitens der staatlichen Systeme oder der damit gleichgestellten Systeme gilt. Das öffentlich-rechtliche Hochschulverhältnis in Deutschland stellt einen Unterfall der staatlichen Leistungsverwaltung in Form der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung dar. Die drittens umgesetzte Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 (ABl. EG L 269, S. 15) zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG, welche nunmehr durch die Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen - „Gender-Richtlinie Arbeitsrecht“ (ABl. EU L 204, S. 23) neugefasst worden ist, erfasst lediglich Diskriminierungen aufgrund des Geschlechtes. Selbiges gilt für die vierte umgesetzte Richtlinie, die Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen - sog. „Gender-Richtlinie Zivilrecht“ - (ABl. EU L 373, S. 37).

Gegen ein aus §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 7 AGG folgendes allgemeines Benachteiligungsverbot mit Geltung für das öffentlich-rechtliche Hochschulrecht spricht schließlich, dass dem Bundesgesetzgeber insofern keine Gesetzgebungskompetenz zukommt (vgl. Block, in: BeckOGK, AGG § 2 Rn. 61). Gesetzgebungskompetenzen für das öffentlich-rechtlich organisierte Hochschulwesen fehlen dem Bund weitgehend; sie liegen vielmehr bei den Ländern. Lediglich in Bezug auf das Recht der Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse hat der Bund gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 33 GG das konkurrierende Gesetzgebungsrecht inne. Soweit sich der Kläger darauf beruft, die Erhebung von Seniorenstudiengebühren nach § 13 Abs. 4 NHG stelle eine Regelung auf dem Gebiet der Hochschulzulassung dar, geht er hiermit fehl, weil die Erhebung von Studiengebühren keine Voraussetzungen für den Zugang zum Studium aufstellt, sondern die Studienbedingungen ausgestaltet (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.7.2001 - 6 C 8.00 -, juris Rn. 25). Der Gesetzgeber selbst hat den Erlass des AGG auch ausschließlich auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG (Arbeitsrecht einschließlich des Arbeitsschutzes), auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (bürgerliches Recht, das gerichtliche Verfahren und die Rechtsberatung) sowie auf in Bezug auf § 2 Abs. 2 AGG auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG (öffentliche Fürsorge) gestützt (vgl. BT-Drs. 16/1780, S. 28).

2. Die Erhebung der Seniorenstudiengebühr durch die Beklagte verstößt auch nicht gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG, das allen Deutschen garantiert, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.

Es erscheint bereits fraglich, ob im Fall des Klägers, der zu Beginn des streitbefangenen Sommersemesters 2016 bereits 72 Jahre alt gewesen ist, überhaupt der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG eröffnet ist, da sich aus seinem Vortrag nicht ergibt, dass es ihm noch um die Aufnahme eines Berufes nach Abschluss seines Studiums der Meteorologie bei der Beklagten geht und dies aufgrund seines fortgeschrittenen Alters auch nicht ohne weiteres mehr zu erwarten ist (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 17.11.1998 - 10 L 5099/96 -, juris Rn. 38).

Selbst wenn man den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG als eröffnet ansehen würde, da grundsätzlich auch eine Beschäftigung im Ruhestand, wenn sie wesensmäßig auf Dauerhaftigkeit angelegt ist und auch geeignet sein kann, als Grundlage der Lebensführung zu dienen, als Beruf i.S.d. Art. 12 Abs. 1 GG angesehen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.12.1989 - 6 C 52.87 -, juris Rn. 22), folgt aus Art. 12 Abs. 1 GG jedenfalls kein Anspruch auf ein kostenloses Studium.

Zwar beinhaltet Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. dem Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG sowie dem in Art. 20 Abs. 1 GG verankerten Sozialstaatsprinzip neben seiner traditionellen Abwehrfunktion auch ein derivatives Teilhaberecht des Einzelnen an in staatlicher Verantwortung betriebenen Ausbildungseinrichtungen, insbesondere im Hochschulbereich. Dem die Qualifikationsvoraussetzungen erfüllenden Bewerber vermittelt dieses ein subjektiv-öffentliches Recht auf Aufnahme in eine solche Einrichtung, welches durch die vorhandenen Ausbildungskapazitäten beschränkt ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 18.7.1972 - 1 BvL 32/70 u. 1 BvL 25/71 -, BVerfGE 33, 303 (332 f.); Mann, in: Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 12 Rn. 160, m. w. N.). Dem Einzelnen steht dieses Teilhaberecht aber nur unter dem Vorbehalt dessen zu, was er vernünftigerweise von der Gesellschaft verlangen kann. Der Gesetzgeber ist daher nicht gehalten, die Inanspruchnahme der Hochschule als öffentliche Einrichtung ebenso wie die Inanspruchnahme anderer öffentlicher Leistungen oder Einrichtungen, die regelmäßig eine Gebührenpflicht auslöst, dauerhaft kostenfrei zu ermöglichen. Er muss stattdessen nur sicherstellen, dass die konkrete Ausgestaltung der Studiengebührenerhebung dem Einzelnen ungeachtet seiner sozialen Herkunft und anderen Umständen, die sich auf seine finanziellen Verhältnisse auswirken können, ermöglicht, ein an seinen Fähigkeiten ausgerichtetes Hochschulstudium zu absolvieren. Dabei ist eine Studiengebühr wie eine Regelung der Berufsausübung zu beurteilen. Die Erhebung einer Studiengebühr stellt keine Voraussetzungen für den Zugang zum Studium auf, sondern gestaltet die Studienbedingungen. Als Berufsausübungsregel ist eine solche Studiengebühr verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn sie von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.7.2001 - 6 C 8.00 -, juris Rn. 23 ff.; Senatsbeschl. v. 13.1.2004 - 2 ME 364/03 -, juris Rn. 11 ff.; VerfGH RP, Beschl. v. 13.12.2004 - VGH B 16/04 -, juris Rn. 24 ff.).

Gemessen hieran kommt der in § 13 Abs. 4 NHG verankerten Pflicht zur Entrichtung von Seniorenstudiengebühren eine von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragene Finanzierungsfunktion zu. Wie auch die in § 13 Abs. 1 NHG verankerten Langzeitstudiengebühren, die alle Studierenden nach Verbrauch des ihnen gemäß
§ 12 NHG zustehenden Studienguthabens zu entrichten haben, kann sich die Seniorenstudiengebühr nach § 13 Abs. 4 NHG zunächst darauf stützen, dass eine zeitlich unbegrenzte Inanspruchnahme von Hochschulleistungen für jedes Studium und jeden Personenkreis angesichts der begrenzten Ausbildungskapazitäten und der finanziellen Belastungen der Hochschulen finanz- und bildungspolitisch nicht geboten ist. Bei Studierenden, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, kommt hinzu, dass sie bei generalisierender Betrachtungsweise in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle ihr Studium allein aus ihrem allgemeinen Bildungsinteresse heraus betreiben und es ihnen nicht mehr darum geht, sich mittels eines Hochschulabschlusses eine berufliche Existenzgrundlage zu schaffen. Bei realistischer Betrachtungsweise besteht bei dieser Gruppe unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Studienzeit von fünf Jahren auch regelmäßig auf dem Arbeitsmarkt gar keine Möglichkeit mehr, den ggf. angestrebten akademischen Beruf auszuüben (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 11.1.2001 - 13 B 1691/00 -, juris Rn. 4). Dies lässt bei Studierenden, die das 60. Lebensjahr bereits vollendet haben, das öffentliche Finanzierungsinteresse über das private Interesse an der Gebührenfreiheit des Studiums überwiegen. Dass Seniorenstudierenden durch die Erhebung der Studiengebühr in Höhe von 800,00 EUR regelmäßig aus wirtschaftlichen Gründen der Zugang zum Hochschulstudium verwehrt würde, kann ebenfalls nicht angenommen werden. Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass viele Seniorenstudierende - ebenso wie der Kläger - ihr Studium erst nach Abschluss ihres Berufslebens aufnehmen und dementsprechend zu erwarten ist, dass sie über ein geregeltes Einkommen in Form einer Rente oder von Ruhestandsbezügen verfügen. Sollte sich die Erhebung der Gebühr in Einzelfall dennoch als unbillige Härte darstellen, kann dem über einen Härtefallantrag nach § 14 Abs. 2 Satz 1 NHG begegnet werden. Einen dementsprechenden Antrag hat der Kläger jedoch nicht gestellt und auch nicht vorgetragen, dass die Studiengebührenerhebung für ihn aus wirtschaftlichen Gründen eine Härte begründen würde.

3. § 13 Abs. 4 NHG verstößt auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Die mit der Regelung verbundene Ungleichbehandlung von Studierenden, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, und jüngeren Studierenden, denen gemäß
§§ 12, 13 Abs. 1 NHG ein kostenfreies Studienguthaben eingeräumt wird, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Auch bei einer strengeren Verhältnismäßigkeitskontrolle, deren Notwendigkeit sich im Falle der Erhebung der Seniorenstudiengebühr nach § 13 Abs. 4 NHG daraus ergibt, dass das Lebensalter als alleiniges Differenzierungskriterium für die Gebührenerhebung für den Betroffenen nicht verfügbar ist (vgl. Nußberger, in: Sachs, GG, Art. 3
Rn. 32), ist die Regelung als verfassungsrechtlich gerechtfertigt anzusehen.

Zwischen der Fallkonstellation, dass ein junger Mensch durch ein Studium einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss erreicht, sowie der Fallkonstellation, dass ein über 60 Jahre alter Mensch ein Studium als gewissermaßen nicht existenznotwendige Freizeitbeschäftigung betreibt, ist ein erheblicher Unterschied zu sehen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 17.11.1998 - 10 L 5099/96 -, juris Rn. 36). Dementsprechend durfte sich der Gesetzgeber davon leiten lassen, dass im fortgeschrittenen Alter ein Studium in den meisten Fällen nicht mehr zum Erwerb eines berufsqualifizierenden Abschlusses betrieben wird, sondern andere Gründe wie der Wunsch nach Erweiterung der Allgemeinbildung im Vordergrund stehen dürfte (vgl. Senatsbeschl. v. 12.11.2003 - 2 LA 280/03 -, juris Rn. 10). Dass der Zweck eines Hochschulstudiums nicht nur in ideellen Gründen liegt, sondern vor allem darin zu sehen ist, einen berufsqualifizierenden Abschluss im Hinblick auf einen nachfolgenden Berufseinstieg zu vermitteln, zeigt sich auch in § 3
Abs. 1 Nr. 2 NHG. Hiernach ist es Aufgabe der Hochschulen, auf berufliche Tätigkeiten vorzubereiten, die die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden oder die Fähigkeit zu künstlerischer Gestaltung voraussetzen. Dieser Zweck wird bei Seniorenstudierenden aber regelmäßig nicht mehr erreicht. Angesichts des Ausbildungsauftrages der Hochschulen ist eine Differenzierung anhand des Lebensalters bei der Erhebung von Studiengebühren dem Grunde nach als sachlicher Differenzierungsgrund anzuerkennen (vgl. Becker, in Epping, NHG, § 13 Rn. 23, 25). Zudem ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der kostenlosen Zurverfügungstellung einer aus allgemeinen Steuermitteln finanzierten staatlichen Einrichtung an einen begrenzten Nutzerkreis um eine Ausnahme von der Regel handelt, wonach für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen von den Nutzern Gebühren erhoben werden können. Diese Ausnahme findet ihre Rechtfertigung in bildungs- und sozialpolitischen Erwägungen, die auch in der Gestaltung des Studienkontenmodelles nach §§ 12, 13 Abs. 1 NHG zum Ausdruck kommen. Gesellschaftspolitisch besteht das Ziel, junge Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten für das Hochschulstudium zu gewinnen, weshalb der Zugang hierzu nicht durch Studiengebühren erschwert werden soll. Der sachliche Grund für die Einräumung einer Gebührenfreiheit für den Zeitraum des Erststudiums zuzüglich einer Karenzzeit wird durch den Bezug der akademischen Ausbildung zum anschließenden Berufsleben deutlich. Der gesamtgesellschaftliche Nutzen des Hochschulstudiums besteht darin, dass die Studierenden ihre im Studium erworbene wissenschaftliche Qualifikation im anschließenden Berufsleben anwenden und damit auch der Allgemeinheit zugutekommen lassen. Wo dieser Nutzen nicht mehr oder nur noch in geringem Umfang zum Tragen kommt, wie dies bei Seniorenstudierenden regelmäßig anzunehmen ist, entfällt die Rechtfertigung für ein gebührenfreies Studium (vgl. VerfGH RP, Beschl. v. 13.12.2004 - VGH B 16/04 -, juris Rn. 32 f.; OVG NRW, Beschl. v. 23.6.2008 - 15 A 1932/05 -, juris Rn. 19 f.).

Der Gesetzgeber war auch befugt, in generalisierender und typisierender Betrachtungsweise den Beginn der Seniorenstudiengebührenpflicht auf die Vollendung des 60. Lebensjahres festzusetzen. Gerade im Abgabenrecht kommt dem Gesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zu. Auch wenn sich aus Art. 3 Abs. 1 GG Beschränkungen bei der Ausübung dieser Gestaltungsfreiheit ergeben, braucht er nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen (BVerfG, Beschl. v. 8.10.1991 - 1 BvL 50/86 -, BVerfGE 84, 348 (359)). Insbesondere bei der Ordnung von Massenerscheinungen darf der Gesetzgeber typisierende und pauschalierende Regelungen verwenden, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen. Er kann daher auch Stichtagsregelungen wie die hier an die Vollendung des 60. Lebensjahres geknüpfte Entstehung der Gebührenpflicht treffen, auch wenn hiermit zwangsläufig Härten verbunden sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.9.2005 - 10 BN 2.05 -, juris Rn. 8; Senatsbeschl. v. 12.11.2003 - 2 LA 280/03 -, juris Rn. 9; OVG NRW, Beschl. v. 23.6.2008 - 15 A 1932/05 -, juris Rn. 23). Demgemäß durfte der Gesetzgeber pauschalisierend davon ausgehen, dass Studierende ab Vollendung des 60. Lebensjahres, auch wenn eine nach Abschluss des Studiums erfolgende Aufnahme eines akademischen Berufes nicht gänzlich ausgeschlossen erscheint, in aller Regel keine berufliche Tätigkeit mehr aufnehmen. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre eine noch mögliche Berufsphase jedenfalls deutlich knapper bemessen, als dies bei jüngeren Studierenden der Fall ist. Auch der gesamtgesellschaftliche Nutzen des Hochschulstudiums fällt daher entsprechend niedriger aus (vgl. VerfGH RP, Beschl. v. 13.12.2004 - VGH B 16/04 -, juris Rn. 34; OVG NRW, Beschl. v. 23.6.2008 - 15 A 1932/05 -, juris Rn. 28). Eventuell sich ergebenden Härten kann, wie bereits ausgeführt, im Rahmen eines Härtefallantrages nach § 14 Abs. 2 Satz 1 NHG begegnet werden.

Eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Seniorenstudierenden ist schließlich auch nicht im Verhältnis zu solchen jüngeren Studierenden zu sehen, die ihr Studienguthaben nach § 12 NHG bereits aufgebraucht haben und deshalb zur Zahlung von Langzeitstudiengebühren herangezogen werden. Diese betragen nach § 13 Abs. 1 Satz 1 pro Semester 500,00 EUR, wohingegen die Seniorenstudiengebühr nach § 13 Abs. 4 NHG 800,00 EUR pro Semester beträgt. Zwar ist nicht anzunehmen, dass Studierende, die das 60. Lebensjahr bereits vollendet haben, die ausbildungsbezogenen Ressourcen der Hochschule in höherem Maße in Anspruch nehmen, als dies bei jüngeren Studierenden der Fall ist (a. A. deshalb Becker, in Epping, NHG, § 13 Rn. 24 f.). Jedoch ergibt sich die Rechtfertigung der unterschiedlichen Gebührenhöhe im Vergleich zu Langzeitstudierenden daraus, dass bei diesen, auch wenn sie zur Erreichung eines Hochschulstudiums einen längeren Zeitraum benötigen als in Gestalt der Regelstudienzeiten zuzüglich eines Karenzaufschlages vorgesehen, regelmäßig noch eine auf das Hochschulstudium aufbauende berufliche Tätigkeit von erheblicher Dauer zu erwarten ist. Dies ist, wie bereits ausgeführt, bei Seniorenstudierenden dagegen regelmäßig nicht mehr anzunehmen. Zudem kann hier auch berücksichtigt werden, dass Seniorenstudierende in aller Regel bereits ein Berufsleben hinter sich haben und dementsprechend bei generalisierender Betrachtungsweise bei ihnen erwartet werden kann, über höhere finanzielle Mittel zu verfügen, als dies bei Langzeitstudierenden anzunehmen ist.

4. Die Höhe der Gebühr nach § 13 Abs. 4 NHG von 800,00 EUR pro Semester steht schließlich auch gemessen an dem sich aus Art. 3 Abs. 1 GG und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergebenden gebührenrechtlichen Äquivalenzprinzip nicht außer Verhältnis zwischen Ausbildungsaufwand der Hochschule und dem Nutzen des Studierenden (vgl. zu einer Seniorenstudiengebühr in Höhe von 650,00 EUR pro Semester
VerfGH RP, Beschl. v. 13.12.2004 - VGH B 16/04 -, juris Rn. 28; OVG NRW, Beschl. v. 23.6.2008 - 15 A 1932/05 -, juris Rn. 19). Nach den von der Beklagten angeführten Angaben des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2016 (vgl. www.destatis.de/DE/ ZahlenFakten/GesellschaftStaat/BildungForschungKultur/BildungKulturfinanzen/
Tabellen/LaufendeGrundmittelFaechergruppe.html) beliefen sich die laufenden Ausgaben (Grundmittel) der Hochschulen in Deutschland je Studierendem im Durchschnitt aller Fächer auf 7.140,00 EUR pro Jahr (3.570,00 EUR pro Semester). Im Fach Rechtswissenschaften, in welchem erfahrungsgemäß geringe Ausgaben für die technisch-sächliche Ausstattung von Studienplätzen anfallen und zudem eine hohe Anzahl von Studierenden auf die vorhandenen Lehrkräfte trifft, beliefen sich die Ausgaben im Jahr 2016 hiernach auf 4.040,00 EUR (2.020,00 EUR pro Semester). In der Fächergruppe Mathematik/Naturwissenschaften, worunter auch das vom Kläger gewählte Studienfach zu fassen ist, beliefen sich die Ausgaben im Jahr 2016 auf 11.470,00 EUR (5.735,00 EUR pro Semester). Aus diesen Zahlen wird deutlich, dass die generell für alle Fächer erhobene Seniorenstudiengebühr nicht ansatzweise kostendeckend ist, sondern lediglich einen verhältnismäßigen Anteil des Seniorenstudierenden an den Kosten seines Studienplatzes abdeckt. Auf die von der Beklagten weiter vorgelegten Zahlen hinsichtlich einer eigenen, älteren Erhebung der Kosten aus dem Jahr 1993 unter anderem im Diplomstudiengang Meteorologie kommt es demgegenüber nicht an, da die Gebühr nach § 13 Abs. 4 NHG nicht nach einzelnen Fächern differenziert. Zu einer solchen Pauschalisierung war der Landesgesetzgeber im Hinblick auf seinen abgabenrechtlichen Gestaltungsspielraum auch befugt.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.