Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.11.2014, Az.: 7 OA 82/14

Umdeutung der Streitwertbeschwerde des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers in eine solche des Bevollmächtigten selbst; Nachschieben streitwertrelevanter Erklärungen nach Abschluss des Verfahrens

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
04.11.2014
Aktenzeichen
7 OA 82/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 25575
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:1104.7OA82.14.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 31.07.2014 - AZ: 15 A 9581/14

Fundstellen

  • AGS 2015, 41-42
  • AnwBl 2015, 99
  • JurBüro 2015, 141-142
  • NVwZ-RR 2015, 440

Amtlicher Leitsatz

Gegenüber der Umdeutung der Streitwertbeschwerde des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers in eine solche des Bevollmächtigten selbst ist Zurückhaltung geboten. Nach Abschluss des Verfahrens ist für ein Nachschieben streitwertrelevanter Erklärungen kein Raum mehr.

Tenor:

  1. I.

    Die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung durch Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover vom 31. Juli 2014 wird zurückgewiesen.

  2. II.

    Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei.

  3. III.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

Über die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung entscheidet nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 6 Satz 1 GKG der Berichterstatter als Einzelrichter, weil die angefochtene Entscheidung durch die Einzelrichterin erlassen worden ist.

Das Begehren, den Streitwert von 5.000 EUR auf 20.000 EUR heraufzusetzen, hat keinen Erfolg.

Ein anerkennenswertes Rechtsschutzbedürfnis des Klägers an der begehrten Erhöhung des Streitwerts ist nicht erkennbar. Wie jedes Rechtsmittel setzt auch die Streitwertbeschwerde eine Beschwer des Rechtsmittelführers voraus. Da sich die Höhe der Gerichtsgebühren (§ 3 Abs. 2 GKG) und der Rechtsanwaltskosten (§ 11 RVG) nach dem festgesetzten Streitwert richten, kann ein Verfahrensbeteiligter durch die Streitwertfestsetzung grundsätzlich nur beschwert sein, wenn er kostenpflichtig und der Streitwert zu hoch festgesetzt ist. Sein Beschwerdebegehren ist daher grundsätzlich - von dem hier nicht vorgetragenen Fall einer Honorarvereinbarung abgesehen (Nds OVG, Beschl. v. 24.05.2011 - 10 OA 32/11 -, [...] Rn. 7; OVG Meck-Vorp, Beschl. v. 15.1.2013 - 1 O 103/12 -, [...] Rn. 3 mwN) - nur schutzwürdig, wenn es auf eine Herabsetzung des Streitwertes zielt, um die ihm auferlegte Kostenlast zu mindern. Ein Rechtsschutzbedürfnis, den Prozessgegner mit höheren Kosten zu belasten, ist dagegen nicht anzuerkennen (BayVGH, Beschl. v. 30.10.2013 - 9 C 12.2433 -, [...]).

Bei einer zu niedrigen Streitwertfestsetzung kann zwar der Prozessbevollmächtigte des Verfahrensbeteiligten beschwert sein und ihm aus eigenem Recht gemäß § 32 Abs. 2 RVG die Beschwerdebefugnis zustehen (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 03.09.2010 - 3 E 32/10 -, [...] Rn. 2). Gegenüber der Umdeutung der Beschwerde des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers in eine solche des Bevollmächtigten selbst ist indes Zurückhaltung geboten. Es ist davon auszugehen, dass einem Anwalt die verschiedenen Rechtmittel sowie ihre Voraussetzungen geläufig sind und er einen Wechsel in die Parteirolle daher kenntlich macht, indem er - gegebenenfalls - die Beschwerde eindeutig im eigenen Namen erhebt.

Im Übrigen wäre eine Beschwerde aber auch unbegründet. Nach Abschluss des Verfahrens ist für ein Nachschieben streitwertrelevanter Erklärungen kein Raum mehr (ebenso BayVGH, Beschl. v. 28.5.2001 - 2 C 01.1256 -, [...] Rn. 3; v. 28.7.2010 - 9 C 10.1087 -, [...] Rn. 11; u. v. 21.10.2013 - 9 C 11.1244 -, [...] Rn. 9). Maßgeblich für die Streitwertbemessung ist die Bedeutung der Sache für den Kläger, wie sie sich dem Verwaltungsgericht auf Grund des streitgegenständlichen Antrags darstellt (§ 52 Abs. 1 GKG). Gemäß § 40 GKG, der eine Vereinfachung der Wertberechnung bezweckt, ist für die Wertbemessung der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung, die den Rechtszug einleitet, maßgeblich. Nach § 61 Satz 1 GKG ist bei jedem Antrag eine Angabe zum Streitwert zu machen, deren Berichtigung Satz 2 der Vorschrift "jederzeit" zulässt. Die Regelung zur Berichtigung eröffnet aber nicht die Möglichkeit, in der Antragsschrift unterlassene Erklärungen bis in alle Zukunft nachzuschieben. Die Vorschrift muss im Kontext mit § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG gesehen werden, der das Prozessgericht verpflichtet, den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss festzusetzen, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. Bietet der Sach- und Streitstand bis zu diesen Zeitpunkt keine genügenden Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwerts, ist nach § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000,- EUR anzunehmen (SächsOVG Beschl. v. 07.08.2014 - 5 E 28/14 u. 5 E 64/14 -, [...]). Der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung vertiefte Ermittlungen oder Beweiserhebungen zur Festsetzung des Streitwerts nach Erledigung des Verfahrens ausschließen (insoweit einhellige Auffassung, vgl. BayVGH, Beschl. v. 11.11.2013 - 10 C 11.1183 -, [...] mwN; OVG Berlin, Beschl. v. 21.05.2013 - 10 L 17.13 -, [...]; OVG Meck-Vorp, Beschl. v. 7.2.2008 - 2 O 136/07 -, [...]; Schleswig-Holst. LSG, Beschl. v. 21.7.2008 - L 5 B 154/08 -, [...] Rn. 15 mwN; Hartmann, KostG, § 52 GKG Rn. 20). Der Zusammenschau der genannten Vorschriften ist daher zu entnehmen, dass die Möglichkeit zum Nachschieben einer - entgegen der gesetzlichen Verpflichtung aus § 61 Satz 1 GKG unterlassenen - Angabe zum Streitwert jedenfalls nach der Entscheidung des Prozessgerichts gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG nicht mehr gegeben sein kann.

Vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger bei Einleitung des Verfahrens indes keine Angaben zum Wert des Streitgegenstands gemacht. Auch bei Abgabe der Erledigungserklärung hat er nichts Konkretes zum Streitwert vorgetragen, obwohl das Verwaltungsgericht ihm schon mit der Eingangsverfügung vom 16.05.2014 die vorläufige Streitwertfestsetzung auf 5.000 EUR sowie die dafür maßgeblichen Gründe mitgeteilt hatte. Die - erst mit der Beschwerde aufgestellte - Behauptung "... der Besitz der Fahrerlaubnis ... sei von erheblicher wirtschaftlicher und auch existenzieller Bedeutung (für den Kläger) ... und der Wert der Sache (werde) ... mit mind. 20.000 € eingeschätzt", ist - wie oben dargelegt - nicht (mehr) berücksichtigungsfähig. Sie wäre im Übrigen auch zu wenig konkret, um eine von der verwaltungsgerichtlichen Festsetzung abweichende Streitwertbemessung zu rechtfertigen. Vorliegend hat lediglich eine von mehreren Fahrerlaubnissen im Streit gestanden, nicht hingegen die gesamte gewerbliche Betätigung des Klägers, was nach dem Streitwertkatalog erst den Ansatz eines Streitwertes von 20.000 EUR begründen könnte (vgl. Ziff. 54.2.1 u. 54.2.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, http://www.bverwg.de/medien/ pdf/streitwertkatalog.pdf).

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 68 Abs. 3 GKG.