Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 21.04.2010, Az.: 14 U 134/09
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 21.04.2010
- Aktenzeichen
- 14 U 134/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 39882
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2010:0421.14U134.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 01.07.2009 - AZ: 6 O 201/05
Fundstellen
- IBR 2010, 667
- IBR 2011, 5
- UBB 2010, 10-11
In dem Rechtsstreit
...
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle mit Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 7. April 2010 eingereicht werden konnten, durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 1. Juli 2009 abgeändert und insgesamt neu gefasst wie folgt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 23.656,16 € nebst Zinsen in Höhe von 1 % über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank seit dem 18. Dezember 2004 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung restlichen Werklohns. Die Beklagte erteilte der Klägerin mit Schreiben vom 22. November 2000 den Zuschlag für die Ausführung von Erd und Deckenbauarbeiten zwischen den Anschlussstellen G. und W. der Bundesautobahn A ... Die VOB/B wurde in den Vertrag einbezogen. Die Klägerin erstellte einen Straßendamm einschließlich der zugehörigen Böschungen. Die Böschungen und Straßenbankette waren von der Klägerin jeweils mit Grassamen anzusäen. Ausweislich der Baubeschreibung sollte die Ableitung des Regenwassers teilweise ungebündelt über die Seitenstreifen und Böschungen sowie in Sickergruben erfolgen. Der Oberboden für die Böschungen und Bankette wurde von der Beklagten gestellt. Am 18. Juni 2002 wurden die Arbeiten der Klägerin abgenommen.
Die Parteien streiten darum, wer für die Verdichtung des Untergrundes und die sachgemäße Oberbodenabdeckung verantwortlich war (vgl. Bl. 22 d. A.). Unstreitig oblag der Klägerin bei der Ausführung der Erd und Deckenbauarbeiten des Loses 1 beim Bauvorhaben BAB A ... der Einbau des Oberbodens. Streitig ist jedoch, ob der Klägerin eine zusätzliche Vergütung für die Nachtragspositionen 3.2.1, 3.2.2 und 3.2.3 (S. 14 der Schlussrechnung vom 23. Oktober 2003 im Anlagenhefter) zusteht, die im Zuge der Einbringung der Straßenentwässerung gestellt wurden. Die Positionen summieren sich auf 23.656,16 € brutto. Dies ist die Klageforderung.
Mit Schreiben vom 21. September 2001 meldete die Klägerin gegenüber dem Straßenbauamt O. gemäß § 4 Nr. 3 VOB/B Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung an (Anlage K 4 im Anlagenband), weil keine ausreichende Ableitung des Oberflächenwassers von den Fahrbahnflächen an den Böschungen der Rampen vorgesehen sei. Die Klägerin legte deshalb Nachtragsangebote vor. Die Bedenkenanmeldung wurde mit Schreiben der Ingenieurgesellschaft L. vom 8. Oktober 2001 zurückgewiesen mit der Begründung, es sei eine von der Klägerin geschuldete Nebenleistung betroffen, für die keine zusätzliche Vergütung verlangt werden könne (Anlage K 7 im Anlagenband). Die Klägerin ersuchte im April 2002 gemäß § 18 Nr. 2 VOB/B das N. L. erfolglos um Entscheidung (Anlagen K 8 und K 9 im Anlagenband). Sie erstellte darauf die Böschungen ohne Maßnahmen zur Längsentwässerung. Es traten erhebliche Erosionsschäden auf (vgl. dazu die Lichtbilder in Anlage K 16 auf Bl. 87 f. d. A.). Die Klägerin ging deshalb auch auf ausdrückliche Anweisung der Beklagten entsprechend ihrem ersten Vorschlag in der Bedenkenanmeldung vom 21. September 2001 vor und verlegte am Fahrbahnrand flexible PVC Ablaufrohre ("Provisorium"), wodurch die weitere Erodierung verhindert wurde. Die Leistung der Klägerin wurde abgenommen, wobei sie allerdings hinsichtlich des hier streitigen Punkts einen Vorbehalt erklärte (Ziffer 7 des Abnahmeprotokolls vom 18. Juni 2002, Anlage K 11 im Anlagenband) und außerdem dabei festgehalten wurde, dass die Aufkantungen am Fahrbahnrand, die im Zuge der Maßnahmen zur Beseitigung und Verhinderung der Erosion aufgebracht wurden, noch beseitigt werden müssten (Punkt 4.9 im Abnahmeprotokoll).
Die Beklagte beglich die in Rechnung gestellten Nachträge in Höhe der Klageforderung nicht. Sie ist der Ansicht, Inhalt der geschuldeten Leistung seien auch die Maßnahmen zur Straßenentwässerung bzw. zur Verhinderung der Erosionsschäden gewesen. Insoweit habe es sich nicht um zusätzliche, besonders zu vergütende Maßnahmen gehandelt.
Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme insgesamt abgewiesen. Der Klägerin stehe kein zusätzlicher Vergütungsanspruch zu. Die streitbefangenen Maßnahmen stellten keine besondere Leistung dar, die gesondert vergütungspflichtig sei. Die Maßnahmen zur Längsentwässerung hätten zum vertraglichen Leistungsumfang gehört. Denn sie seien im Rahmen der Leistungsbeschreibung von vornherein im Sinne des § 2 Nr. 1 VOB/B vom Auftragsumfang umfasst und zur Erstellung des Werkes erforderlich gewesen. Auch unter Berücksichtigung der einschlägigen DIN Vorschriften seien sie nicht als besondere Leistung zu qualifizieren. In der von der Beklagten am 18. Juni 2002 erklärten Abnahme der Gesamtleistung läge auch kein einen Vergütungsanspruch der Klägerin begründendes Anerkenntnis im Sinne des § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 VOB/B. Die Klägerin habe ebenso keinen Anspruch auf Schadensersatz. Aus dem Inhalt der Ausschreibungsunterlagen habe sich schon die besondere Erosionsgefährdung des Oberbodens aufgrund seiner Beschaffenheit sowie der vorgegebenen Bankettentwässerung ergeben. Die Auslegung der Ausschreibungsunterlagen aus Sicht der Empfänger der potentiellen Bieter ergebe, dass von einer Fachfirma wie der Klägerin hätte erwartet werden können, sich hier auf eine besondere Erosionsempfindlichkeit einzustellen und diese bei ihrer Planung zu berücksichtigen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei hier nach der vertraglichen Regelung, insbesondere dem Inhalt der Leistungsbeschreibung zu beurteilen, was die Klägerin geschuldet habe. Die Entwässerungsmaßnahmen an den Böschungen hätten nicht dazu gehört. Die Ausschreibungsunterlagen seien unvollständig gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 23.656,16 € nebst Zinsen in Höhe von 1 % über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank seit dem 18. Dezember 2004 zu zahlen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Zustimmung der Parteien (Schriftsatz der Beklagten vom 7. April 2010, Bl. 568 d. A.; Schriftsatz der Klägerin vom 6. April 2010, Bl. 572 d. A.) hat der Senat im schriftlichen Verfahren entschieden (Beschlüsse vom 10. März 2010, Bl. 551 f. d. A. und 12. April 2010, Bl. 573 f. d. A.).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach und Streitstands wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 16. Februar 2010 (Bl. 545 f. d. A.), den Hinweisbeschluss des Senats vom 10. März 2010 (Bl. 551 f. d. A.) sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
Die Berufung hat Erfolg.
1. Anspruch dem Grund nach:
a) Für die Abgrenzung, welche Leistungen von der vertraglich vereinbarten Vergütung erfasst oder nicht erfasst und deshalb zusätzlich zu vergüten sind, kommt es auf den Inhalt der Leistungsbeschreibung an, die im Zusammenhang des gesamten Vertragswerks auszulegen ist. Soweit die Parteien wie hier die Geltung der VOB/B vereinbart haben, gehören dazu auch die allgemeinen technischen Bestimmungen für Bauleistungen der VOB/C (BGH, Urteil vom 27. Juli 2006 VII ZR 202/04, BGHZ 168, 368 = BauR 2006, 2040).
Die Auslegung der Leistungsbeschreibung ergibt, dass die Entwässerungsmaßnahmen gemäß den Nachträgen nicht Gegenstand der vertraglich vereinbarten Leistung waren:
aa) Nach der Allgemeinen Beschreibung der Leistungen (Anlage K 20, Bl. 329 f. d. A.) schuldete die Klägerin Erd und Deckenbauarbeiten für den Neubau eines Streckenabschnitts der BAB A ... E. B. Als auszuführende Leistungen wurden u. a. der Bau von Mulden, Gräben und Entwässerungsleitungen im Zuge der herzustellenden Straßen und Wege bestimmt (Nr. 1.1.4 der Baubeschreibung, Bl. 329 R d. A.), ferner Maßnahmen des Landschaftsbaus wie Oberboden- und Einsaatarbeiten sowie landschaftspflegerische Erdarbeiten (Bl. 334 R f. d. A.). Die Allgemeine Baubeschreibung enthielt überdies eine Beschreibung des Untergrundes und Unterbaus sowie der ersten Tragschicht (Frostschutzschicht) einschließlich Angaben zur Bodenqualität (Bl. 331 f. d. A.) und zur Entwässerung (Bl. 332 R d. A. bzw. Anlage K 3 im Anlagenband). Die hier streitigen Maßnahmen der Bodenentwässerung waren danach nicht geschuldet. Insbesondere handelte es sich bei den Maßnahmen nicht um den Bau von Entwässerungsleitungen, sondern um provisorische Längsentwässerungen, die auch im Leistungsverzeichnis (Bl. 348 f. d. A.) keine Erwähnung finden. Nach der Baubeschreibung sollte die Oberflächenentwässerung der BAB sowie der Überführungen teilweise ungebündelt über Seitenstreifen und Böschungen sowie in Sickermulden und teilweise durch Sammlung des anfallenden Oberflächenwassers in Mulden und Straßenseitengräben erfolgen (Bl. 323 R d. A.). Gesonderte Längsentwässerungen waren danach nicht vorgesehen.
bb) Ebenso ergibt sich keine Pflicht der Klägerin zur Erbringung der Entwässerungsmaßnahmen nach den technischen bzw. zusätzlichen technischen Vorschriften in der drei Monate vor Ablauf der Angebotsfrist gültigen Fassung (Ziffer 5 der Baubeschreibung, Bl. 346 d. A.):
(1) Gesondert ausgeführt wurden unter Ziffer 5.1 der Baubeschreibung die zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Landschaftsbauarbeiten im Straßenbau - ZTVLa StB 99 (Ausgabe 1999, Bl. 346 R und Bl. 186 f. d. A.). In der ZTVLa StB 99 heißt es unter Ziffer 3.2 (Bl. 189 d. A.): "In der Leistungsbeschreibung sind die Bodengruppen nach DIN 18915 zu beschreiben". Angaben zu diesen Bodengruppen sind in der Baubeschreibung wie auch im Leistungsverzeichnis (Bl. 349 f. d. A.) aber nicht vorhanden. Für die Oberbodenandeckung im Rahmen der Bauausführung bestimmt die ZTVLa StB 99 in Ziffer 4.2.4 (Bl. 191 d. A.), dass dann, wenn anfallendes Oberflächenwasser zu Schäden führen kann, Maßnahmen zur Wasserabführung und gegebenenfalls Behelfsbauten vorzusehen sind, die wirksam bleiben, bis die neue Vegetationsdecke ausreichenden Erosionsschutz gewährleistet. Derartige Maßnahmen hätten aber gem. Ziffer 4.2.1 ZTVLa-StB 99 (Bl. 189 R d. A.) in die Leistungsbeschreibung aufgenommen werden müssen, was hier nicht der Fall war.
(2) Die Beklagte kann sich auch nicht auf Ziffer 4.5 der ZTVE-StB 94 (Fassung 1997, Bl. 27 d. A.) berufen. Danach sind zwar erosionsempfindliche Oberbodenflächen durch Schutzmaßnahmen gegen Niederschlagswasser aus Flächen außerhalb der Baustelle zu schützen. Entsprechende Maßnahmen hätten jedoch gem. Ziffer 4.5 ZTVE-StB 94 wiederum in die Leistungsbeschreibung aufgenommen werden müssen.
cc) Entgegen der Ansicht der Beklagten waren die Sicherungsmaßnahmen gegen Oberflächenwasser auch nicht "offensichtlich" notwendig und deshalb "ohne weiteres" zu erbringen. Das gilt auch im Hinblick auf Ziffer 2.7 der Baubeschreibung (Bl. 338 d. A.), wonach es im Bereich der gesamten Trasse Bodenaufschlussbohrungen gegeben hat, über die ein ingenieur geologisches Streckengutachten vorlag. Denn dessen Inhalt wurde in der Baubeschreibung nicht dargestellt (vgl. Bl. 358 d. A.). Es ist zwar richtig, dass in dem Gutachten ausgeführt wird (Punkt 5.2, Bl. 279 d. A.), im bodenmechanischen Sinne handele es sich um humos durchsetzte Sand Schluff Gemische oder Sand Torf Mischböden; in bautechnischer Hinsicht sei der Mutterboden wenig tragfähig und gering bis mittel frostempfindlich, weshalb er im Bereich des Austauschprofils vollständig zu entfernen und durch gut zu verdichtenden nicht bindigen Boden zu ersetzen sei.
Ob diese Angaben genügten, um eine erhöhte Erosionsempfindlichkeit und dementsprechend von vornherein die Notwendigkeit von besonderen Entwässerungsmaßnahmen annehmen zu müssen, kann nach Ansicht des Senats gleichwohl offen bleiben. Denn in den Ausschreibungsunterlagen war kein Hinweis enthalten, dass eine Wasserableitung nach Abschluss der Bodenarbeiten gesondert angelegt oder zumindest in Erwägung gezogen werden musste. Darauf kommt es jedoch an. Denn ein Leistungsverzeichnis, das einer Ausschreibung nach VOB/A zugrunde liegt, ist so auszulegen, dass es den Anforderungen von § 9 VOB/A entspricht. Der Bieter darf es bei Auslegungszweifeln deshalb so verstehen, wie es den Anforderungen der VOB/A entsprechend verstanden werden müsste, d. h. er kann von einer erschöpfenden Beschreibung der von ihm zu erbringenden Leistung ausgehen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 1997 - VII ZR 259/95, BGHZ 134, 245 = BauR 1997, 466, insb. juris Rdnr. 18 m. w. N.). Für die Unvollständigkeit der Ausschreibungsunterlagen spricht im Übrigen auch der unbestrittene Vortrag der Klägerin, in Folgelos 31.2 seien die hier umstrittenen Maßnahmen von vornherein in die Ausschreibungsunterlagen aufgenommen worden (vgl. Bl. 83 f. d. A.).
dd) Unter Berücksichtigung der einschlägigen DIN ergibt sich kein anderes Ergebnis:
(1) Leitlinie für die Abgrenzung der verschiedenen DIN ist der jeweilige Hauptinhalt der Leistung (vgl. nur Putzier/Katzenbach/Giere, Beck?scher VOB Kommentar Teil C, DIN 18300, Rdnr. 34). Nach DIN 18299, Abschnitt 1 haben allerdings abweichende Regelungen in den ATV der DIN 18300 f. Vorrang vor den allgemeinen Regelungen, weil das dem anerkannten Grundsatz entspricht, dass allgemeine Regelungen hinter den spezielleren zurücktreten (a. a. O., Rdnr. 35).
(2) Der Senat folgt nicht der Ansicht der Klägerin, es sei hier vorrangig die DIN 18915 anzuwenden. Diese DIN gilt bei Bodenarbeiten für vegetationstechnische Zwecke und Oberflächenschutz durch Schichtenaufbau für Dachbegrünungen (vgl. auch Ziffer 3.2 DIN 18320). Hingegen ist für Bodenarbeiten, die anderen als vegetationstechnischen Zwecken dienen, weder die DIN 18915 noch die DIN 18320 "Landschaftsbauarbeiten" anzuwenden, sondern die DIN 18300 "Erdarbeiten" (vgl. Ziffer 1.2 DIN 18320).
Die Abgrenzung der verschiedenen DIN ist allerdings insoweit für diesen Rechtsstreit unerheblich, als Maßnahmen zur Wasserableitung auch gem. Ziffer 4.2.5 DIN 18320 als Besondere Leistungen zusätzlich zu vergüten sind (vgl. Kainz/Kolb in Beck?scher VOB-Kommentar Teil C, DIN 18320, Rdnr. 89). Im Ergebnis stünde der Klägerin also auch danach ein Vergütungsanspruch zu.
(3) In Bezug auf Niederschlagswasser ist auch nicht die DIN 18299, Abschnitte 4.1.10 und 4.2.6 vorrangig (vgl. Putzier/Katzenbach/Giere in Beck?scher VOB-Kommentar Teil C, DIN 18300, Rdnr. 148). Danach sind Sicherungen gegen Niederschlagswasser, mit dem normalerweise gerechnet werden muss, und seine erforderliche Beseitigung Nebenleistungen; darüber hinausgehende besondere Schutzmaßnahmen gegen Witterungsschäden sind Besondere Leistungen. Das Sichern der Arbeiten gegen Niederschlagswasser kann damit im Erdbau bedeuten, dass noch nicht befestigte Böschungen gegen Rutschung oder Ausspülung geschützt werden müssen. Ob solche Schutzmaßnahmen Besondere Leistungen sind, hängt davon ab, ob die Regenmenge das zu erwartende Maß überschritten hat (a. a. O.). Denn gemäß Ziffer 4.2.6 DIN 18299 gilt zwar, dass die dort aufgeführten Leistungen Besondere Leistungen sind, die nur dann zur vertraglichen Leistung gehören, wenn sie in der Leistungsbeschreibung besonders erwähnt sind. Demgegenüber sind aber gemäß Ziffer 4.1.10 DIN 18299 solche Sicherungsmaßnahmen gegen Niederschlagswasser, mit dem normalerweise gerechnet werden muss, Nebenleistungen, die auch ohne Erwähnung im Vertrag zur vertraglichen Leistung gehören.
Das Landgericht hat jedoch im Ergebnis zu Recht die DIN 18300 gegenüber den Regelungen der DIN 18299 für vorrangig gehalten (vgl. Ziffer 2 g der Entscheidungsgründe). Denn gemäß Ziffer 1.4 DIN 18300 gelten zwar die ATV DIN 18299, Abschnitte 1 bis 5; bei Widersprüchen gehen aber die Regelungen der ATV DIN 18300 vor. Wegen der überschneidenden Regelungen der verschiedenen DIN ist somit die DIN 18300 vorrangig , insbesondere Ziffer 3.8 ("Herstellen der Böschungen von Erdbauwerken"), nicht jedoch Ziffer 3.3 ("Wasserabfluss"), weil sich diese Regelung auf die Beseitigung von Grund-, Quell- und Sickerwasser u. ä. bezieht, um das es hier nicht geht. Damit ist hier auch nicht Ziffer 3.5.1 der ZTVE-StB 94 (Bl. 27 d. A.) einschlägig.
Im Regelungsbereich der DIN 18300 Ziffer 3.8 gilt nach Ziffer 4.5 der ZTVE-StB 94 (Bl. 28 d. A.), dass erosionsempfindliche Oberbodenflächen zu schützen sind; der Auftragnehmer hat dabei auch Schutzmaßnahmen gegen Niederschlagswasser aus Flächen außerhalb der Baustelle zu regeln. Solche Maßnahmen sind aber in die Leistungsbeschreibung aufzunehmen. Das war hier - wie erwähnt - nicht der Fall.
b) Die technischen Gegebenheiten bzw. die Herstellung eines funktionsgerechten Werkes (dazu BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - VII ZR 350/96, BGHZ 139, 244 = BauR 1999, 37) erforderten ebenfalls nicht die hier streitigen Maßnahmen gegen die Erodierung der Böschungen. Denn dies hätte die Erkenntnis der Klägerin erfordert, dass eine entsprechende Gefahr bestand und damit solche Sicherungsmaßnahmen erforderlich waren. Dafür fehlt es aber - wie dargelegt - an den erforderlichen Anhaltspunkten insbesondere in der Leistungsbeschreibung.
c) Die Klägerin hat somit eine vertraglich nicht geschuldete Zusatzleistung erbracht, für die sie gem. § 2 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B (2000) eine gesonderte Vergütung beanspruchen kann.
2. Die Klageforderung ist der Höhe nach nicht umstritten. Sie ergibt sich aus der Schlussrechnung (Anlage K 12).
Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus § 16 Nr. 5 Abs. 3 Satz 2 VOB/B i. V. m. Art. 229 § 7 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 ZPO).